Anaphylaxie: Was macht den anaphylaktischen Schock so gefährlich?

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Anaphylaxie: Was
macht den
anaphylaktischen
Schock so gefährlich?
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10 MÄR 2017, Autor: S. Jossé/L.Klimek, Advertorial mit
Unterstützung von Mylan MEDA Pharma, www.mein-allergieportal.com
Eine Anaphylaxie, man sagt auch „anaphylaktische Reaktion“, „anaphylaktischer
Schock“ oder „Allergieschock“, ist die schwerste Verlaufsform einer allergischen
Reaktion. Die ersten Anzeichen können harmlos aussehen und werden deshalb oft
nicht erkannt. Warum das gefährlich sein kann, erklärt Prof. Ludger Klimek, Leiter
des Zentrums für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden und Präsident beim
Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) e.V. für MeinAllergiePortal.
Herr Prof. Klimek, was versteht man unter
Anaphylaxie?
Eine Anaphylaxie ist eine systemische allergische Reaktion, bei der der Körper heftig
auf den Allergenkontakt reagiert. Typisch für eine Anaphylaxie ist, dass die
Symptome plötzlich und an mindestens zwei Organsystemen auftreten, das heißt in
einer Kombination von Atemwegen, Magen-Darm-Trakt, Haut oder Herz-KreislaufSystem.
Eine Anaphylaxie kann sehr schnell, innerhalb von Minuten, voranschreiten und der
Schweregrad kann sehr unterschiedlich sein. Im schlimmsten Fall ist ein
anaphylaktischer Schock lebensgefährlich.
Wer kann von einer Anaphylaxie betroffen
sein?
Zunächst sind alle Patienten, die bereits eine starke allergische Reaktion hatten,
ganz besonders gefährdet.
Auch bei Menschen mit Lebensmittelallergien, Insektengiftallergien oder
Arzneimittelallergien ist die Anaphylaxiegefahr grundsätzlich erhöht.
Was den wenigsten Menschen bewusst ist: Anaphylaktische Reaktionen können
prinzipiell bei jedem auftreten, auch wenn es zuvor noch nie zu allergischen
Reaktionen gekommen ist. Die Gefahr, die von der Anaphylaxie ausgeht, wird
vielfach unterschätzt. Eine Anaphylaxie kann sich nämlich auch ausbilden, ohne
dass zuvor sogenannte IgE-Antikörper gebildet wurden.
Warum wird die Anaphylaxie unterschätzt
und was macht die Anaphylaxie so
gefährlich?
Ein Grund, warum die Anaphylaxie unterschätzt wird, ist, dass die Symptome sehr
vielfältig und zum Teil auch unspezifisch sein können. Ähnliche Symptome können
auch bei anderen Erkrankungen auftreten und werden deshalb nicht immer mit einer
Anaphylaxie in Verbindung gebracht. Selbst für Ärzte ist es nicht immer so leicht,
Anaphylaxie-Symptome entsprechend zuzuordnen.
Oft unterschätzen aber auch die Patienten selbst die Anaphylaxie, obwohl die
Diagnose gestellt ist, weil sie z.B. stets nur leichte Symptome hatten und davon
ausgehen, dass dies so bleibt. Oft sind die betroffenen Patienten lange Zeit
symptomfrei.
Was viele aber nicht wissen: Selbst wenn man jahrelang nur leichte allergische
Reaktionen hatte, kann es jederzeit zu einer schweren Anaphylaxie kommen. Diese
Gefahr wird häufig nicht ernst genug genommen.
Ebenso wird häufig unterschätzt, wie schnell eine Anaphylaxie fortschreiten kann,
manchmal innerhalb von Minuten. Wenn dann nicht in kürzester Zeit Adrenalin
verabreicht wird, kann dies schlimme Folgen haben.
Gibt es auch Patienten, die noch keinen
Anaphylaxie-Vorfall hatten, die aber dennoch
Risikopatienten sind und wie kann man diese
Risikopatienten erkennen?
Grundsätzlich kann bei Kindern oder Erwachsenen mit Asthma, älteren Erwachsenen
mit Herz-Kreislauferkrankungen und Patienten, die Herz- Kreislauf-Medikamente
einnehmen, das Risiko eine Anaphylaxie zu entwickeln erhöht sein. Auch
bei Mastozytose-Patienten kann das Anaphylaxie-Risiko erhöht sein.
Wodurch kann es zur Anaphylaxie kommen
und welche Rolle spielt die Allergenmenge?
Zu einer Anaphylaxie kann es im Grunde durch jeden Allergenkontakt kommen. Da
auch viele Kinder von Allergien betroffen sind, sind diese ganz besonders stark
gefährdet. Auch wenn man noch so vorsichtig ist, einen Allergenkontakt vollständig
ausschließen kann man für manche Allergene nicht.
Hinzu kommt, dass manche Anaphylaxie-Patienten bereits auf geringste
Allergenmengen mit extrem starken allergischen Reaktionen reagieren können. Bei
manchen Erdnussallergikern reichen schon Allergenspuren in der Luft, um einen
Allergieschock auszulösen.
Welche Auslöser führen besonders häufig zu
einer Anaphylaxie?
Häufige Auslöser schwerer anaphylaktischer Reaktionen sind:
1. Allergene aus Nahrungsmitteln, insbesondere das aggressive Erdnuss-Allergen,
wobei hier Kinder häufiger betroffen sind als Erwachsene.
2.
Insektenstiche - hier sind die Erwachsenen stärker betroffen als die Kinder.
3. Arzneimittel, die ebenfalls häufiger bei Erwachsenen zu schweren AnaphylaxieSymptomen führen können.
Dabei können sich verschiedene Faktoren verstärkend auf die Schwere der
Symptome auswirken. Zum Beispiel kann ein Allergenkontakt dann zu besonders
schweren allergischen Reaktionen führen, wenn er zeitlich mit körperlicher
Anstrengung zusammenfällt. Auch Alkohol, vorausgegangene Infektionen,
Medikamente oder Stress können verstärkend wirken.
Eine häufiger vorkommende Form der Anaphylaxie, die nur in der Kombination von
Anstrengung in Verbindung mit dem Verzehr von Weizen vorkommt, ist
die nahrungsallergeninduzierte anstrengungsgetriggerte Anaphylaxie oder fooddependent exercise- induced anaphylaxis (FDEIA).1)
Was passiert, wenn man eine
anaphylaktische Reaktion hat bzw. welche
Symptome sind möglich und in welcher
Ausprägung?
Es gibt eine Schweregradskala zur Klassifizierung anaphylaktischer Reaktionen, die
vier Grade beschreibt, wobei keines der Symptome obligatorisch ist. Zu Beginn der
Anaphylaxie kann es zu unspezifischen Beschwerden wie Juckreiz bzw. Brennen an
Handinnenflächen und Fußsohlen oder im Genitalbereich kommen. Auch ein
metallischer Geschmack im Mund, Angstgefühle, Kopfschmerzen oder
Desorientierung können auftreten.
Beim ersten Schweregrad können leichtere Symptome an der Haut wie Juckreiz,
Rötungen, Urtikaria, Angioödem oder Flush, ein Hitzegefühl an der Haut, auftreten.
Beim zweiten Schweregrad können zu diesen Symptomen Magen- Darm-Symptome
wie Übelkeit, Krämpfe oder Erbrechen hinzukommen. Weiter kann es zu
Nasenlaufen, Heiserkeit und Atemnot kommen, sowie zu Herzrhythmusstörungen
bzw. Herzrasen.
Beim dritten Schweregrad können Erbrechen und ungewollter Stuhlabgang
hinzukommen, die Atemwegsmuskulatur kann verkrampfen, es kann zu einer
Schwellung im Bereich des Kehlkopfes kommen und die Patienten können „blau
anlaufen“. Auch ein Kreislaufschock ist möglich.
Beim vierten Schweregrad schließlich kann es zum Atemstillstand und
Kreislaufstillstand kommen.
Wenn die Diagnose „Risikopatient für
Anaphylaxie“ gestellt wurde, oder ein Patient
bereits einen Anaphylaxie-Vorfall erlitten hat,
erhält der Patient unter anderem einen
Adrenalin-Autoinjektor (AAI). Wie sollte
dieser gehandhabt werden und wann sollte
dieser eingesetzt werden, nur im äußersten
Notfall?
Zunächst muss der Patient, bzw. bei Kindern die betreuende Person, wissen, woran
man erkennt, dass sich eine Anaphylaxie anbahnt. Treten beispielsweise Atemnot
und Kreislaufsymptome auf, sollte der Adrenalin-Autoinjektor (AAI) umgehend
angewendet werden. Im Zweifelsfall ist es besser, den AAI zu früh als zu spät
anzuwenden.
Die Voraussetzung dafür ist, dass der AAI immer mitgeführt wird. Weiter ist es im
Notfall wichtig, dass der AAI sicher und korrekt gehandhabt wird. Deshalb sollte jeder
Anaphylaxie-Patient eine Schulung erhalten, die den korrekten Umgang mit dem
Adrenalin- Autoinjektor vermittelt und dies auch regelmäßig mit einem Dummy üben.
Der Ablauf bei der Anwendung des AAI sieht wie folgt aus:
1.
Den AAI in die dominante Hand nehmen
2.
Die Sicherheitskappe abnehmen
3. Die Injektionsnadel des AAI direkt in den großen Muskel des Oberschenkels
stechen, wenn nötig durch die Hose
4.
Bis 10 zählen und dann erst den AAI zurückziehen
Sie erwähnten, dass der Patient den
Adrenalin-Autoinjektor immer dabei haben
sollte. Wäre es sinnvoll, jeweils einen AAI an
unterschiedlichen Orten zu deponieren?
Das kann man nur im Einzelfall entscheiden.
Sie haben betont, dass die Anwendung des
Adrenalin-Autoinjektors regelmäßig geübt
werden muss...
Im Notfall muss der Patient bzw. der Betreuer eines Kindes den Umgang mit dem
AAI „wie im Schlaf“ beherrschen, das ist überlebenswichtig.
Damit Anaphylaxie-Patienten auf einen Notfall besser vorbereitet sind, hat die
Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie Training und Edukation (AGATE) ein spezielles 2tägiges Trainingsprogramm entwickelt. Dabei können nicht nur die AnaphylaxiePatienten selbst geschult werden, sondern alle Kontaktpersonen des Patienten, d.h.
Familie, Freunde, das Kita- und Hortpersonal, die Lehrer etc..
Was kann passieren, wenn diese Routine
fehlt und der AAI falsch angewendet wird?
Wird der AAI nicht richtig angewendet kann es passieren, dass der lebensrettende
Wirkstoff Adrenalin nicht oder in nicht auseichender Menge appliziert wird, oder gar
nicht im Oberschenkelmuskel des Patienten landet und somit seine Wirkung nicht
entfalten kann. Für den Patienten bedeutet dies akute Lebensgefahr.
Die Routine im Umgang mit dem Adrenalin-Autoinjektor ist von größter Wichtigkeit
und das bedeutet auch, dass das Modell, das der Patient verwendet, immer das
gleiche sein sollte. Insofern stellt die aktuelle Aut-idem-Regelung ein Risiko für die
sichere Versorgung von Anaphylaxie-Patienten dar.
Inwiefern stellt die aktuelle Aut-idemRegelung ein Versorgungsrisiko für
Anaphylaxie-Patienten dar?
Gesetzliche Krankenkassen können mit Pharmaunternehmen für bestimmte
Medikamente sogenannte „Rabattverträge“ abschließen. Das bedeutet, dass der
Patient nicht das vom Arzt verordnete Medikament bekommen kann, sondern ein
preiswerteres Medikament gleichen Wirkstoffs, wenn seine Krankenkasse mit dessen
Hersteller einen entsprechenden Rabattvertrag geschlossen hat. Man nennt das
auch „Aut idem“ für lateinisch „oder ein Gleiches“. Im Falle der AdrenalinAutoinjektoren kann dies den Effekt haben, dass ein Patient in der Apotheke ein
anderes Modell erhält, dessen Handhabung er dann erneut einüben muss, denn die
verschiedenen Autoinjektoren unterscheiden sich in ihrer Anwendung erheblich
voneinander. Bei Kindern ist zudem noch das gesamte betreuende Umfeld von
neuen Schulungsmaßnahmen betroffen. Damit steigt das Risiko für
lebensbedrohliche Fehlanwendungen.
Muss man den AAI über Jahre hinweg bei
sich tragen oder kann man auf den AAI
verzichten, wenn man ein Jahr lang keine
Anaphylaxie erlitten hat?
Auch dies ist vom Einzelfall und eventuellen zwischenzeitlichen
Therapiemaßnahmen, wie einer Immuntherapie, abhängig. Generell gilt jedoch, dass
ein Verzicht nur in Absprache mit dem Allergologen erfolgen sollte.
Herr Prof. Klimek, herzlichen Dank für dieses
Interview!
Quellen:
1) Johannes Ring et.al. Management der Anaphylaxie, Allergo J Int 2014; 23:
96 http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/065025_AWMF_S2k_Akuttherapie_anaphylaktischer_Reaktionen_2013- 12Allergo-J-Int-2014.pdf
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