Wahleinsatz Unfallkrankenhaus - Wannsee

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Bericht über einen Wahleinsatz in der
Rettungsstelle des Unfallkrankenhauses Berlin
20.01.2014 - 23.02.2014
von Stephanie Kaiser (F12.1)
Die Rettungsstelle der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik* gliedert sich in
verschiedene Bereiche. Vor Schichtbeginn machen die Pflegekräfte untereinander aus, in
welchem Bereich sie an diesem Tag arbeiten möchten. Dies funktioniert frei nach dem
Prinzip dass man in jedem Bereich der Rettungsstelle arbeiten und Verantwortung
übernehmen können muss. Zu verteilen gibt es den Internistischen Bereich mit
Überwachungseinheiten, den größeren chirurgischen Bereich, den Schockraum, den
Gipsraum und den Triagetower. Die Arbeit in der Rettungsstelle des UKB ist sehr
abwechslungsreich, man kann in jedem Bereich arbeiten und so auch sein praktisches
und theoretisches Know How im Bereich der Notfallmedizin stets aufrechterhalten.
Ein außergewöhnlicher Start
Am 20.1.2014 dem diesjährigen “Berliner Glatteistag” war auch mein erster Arbeitstag
in Deutschlands größter Rettungsstelle. Keiner
wusste davon, dass es an diesem Tag drunter
und drüber gehen würde. Nachdem wir uns
umgezogen hatten, wurden wir zuerst einmal
einer Pflegekraft zugeteilt die uns durch den Tag
begleiten sollte. Auf Grund der gegen Vormittag
um
11.00
Uhr
herausgegebenen
Katastrophenwarnung
über
das
Nachrichtensystem KATWARN war es allerdings
schwer,
uns
bei
einem
so
hohen
Patientenaufkommen die Rettungsstelle genau
zu
erklären.
Patienten
wurden
mit
Löschfahrzeugen in die Rettungsstelle gebracht,
weil es nicht genug Rettungswägen im Raum Berlin gab. Da ich an diesem Tag im
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
chirurgischen Bereich mithelfen sollte, leistete ich mit dem Rest der Pflegekräfte
Akkordarbeit. Die Arbeit bestand darin, die Patienten aus dem Triage-Bereich
abzuholen, Vitalzeichenkontrolle, Blutentnahme und gegebenenfalls Weitertransport
vor das Röntgenlabor, sodass gleich der nächste Patient einen Platz hatte und
anbehandelt werden konnte. Keiner war darauf eingestellt dass es an diesem Tag ein
derart hohes Patientenaufkommen geben könnte, somit war die Rettungsstelle überfüllt
und das Personal vorerst unterbesetzt. Der Patientenstrom wollte nicht abreißen. Man
selbst musste sich seine Wege bahnen zwischen einem Wirrwarr von schmerzverzerrten
Gesichtern, Gestöhne und damit nicht genug, nein auch die Presse des UKB hatte es an
diesem Tag in die Rettungsstelle geschafft, so konnte es auch noch sein, dass man sich
vor den Kameras hüten musste. Alles in allem kam mir der erste Tag vor wie ein
riesengroßes Durcheinander, es gab nicht genug Betten im Haus, die anderen
Krankenhäuser hatten mit denselben Problemen zu kämpfen, also führte es im Endeffekt
dazu, dass Patienten, die stationär aufgenommen werden mussten, teilweise Betten auf
den Gängen der Stationen hatten, aus 2Bettzimmern wurden 4Bettzimmer, usw.
Personal musste aufgestockt werden, jede Pflegekraft die keine Kinder zu versorgen
hatte wurde ins Krankenhaus einbestellt, die Kollegen aus dem Frühdienst (Beginn
6.30Uhr) hatten die offizielle Anordnung bis 20.00 Uhr im Dienst zu bleiben. Wir
Auszubildende hatten allerdings das Glück, dass es rechtlich nicht vorgesehen war,
Überstunden zu machen, also hatten wir pünktlich Dienstschluss. Müde und geschafft
ging es nach Hause, aber mit einem guten Gefühl, Massenanfälle von Verletzten kommen
in der Berliner Region nicht unbedingt oft vor und es war eine tolle Erfahrung so etwas
miterlebt haben zu dürfen.
Die restlichen Tage verliefen ruhiger, was gut war, denn in einer solch großen
Rettungsstelle muss man sich erst einmal zurechtfinden!
Weitere Highlights
Hier möchte ich die für mich interessantesten Dinge, die ich in der Rettungsstelle des
UKB erlebt und gelernt habe, nun kurz erläutern.
Spannende Situationen ergaben sich bei der Versorgung von Brandverletzten, bei denen
die Erstversorgung oft auch in der Notaufnahme stattfindet, wenn diese nicht gleich im
angeschlossenen Brandverletztenzentrum versorgt werden. Des weiteren ist die
Notaufnahme eine Anlaufstelle für Polytraumen durch verschiedenste Arten von
Unfällen in den verschiedensten Schweregraden. Dies war für mich oft eine spannende
Situation, da alles fix gehen musste und mit Hilfe des gesamten Teams (Unfallchirurg,
Anästhesist, Neurologe, Radiologe, Pflegekräfte) nach dem ABCDE-Schema (Airway –
Breathing – Circulation – Disability – Exposure) strukturiert, fehlerfrei und schnell
gearbeitet werden konnte.
ATLS
Einige der in der Rettungsstelle des UKB arbeitenden Pfleger und Pflegerinnen haben
die Zusatzfortbilung ATLS (Advanced Traume Life Support) absolviert. Diese
Pflegekräfte verfügen über ein ausführliches Wissen im Bereich der Notfallmedizin und
waren in Notfallsituationen sehr bewandert, sodass man viel von ihnen lernen konnte
und diese eine Vorbildfunktion für mich erfüllten. ATLS® ist ein weltweites
Ausbildungskonzept,
das
ein
standardisiertes,
prioritätenorientiertes
Schockraummanagement von Traumapatienten lehrt. Ziele sind die schnelle und genaue
Einschätzung des Zustandes des Traumapatienten, die prioritätenorientierte
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
Behandlung und die Entscheidung, ob die eigenen Ressourcen zur Behandlung des
Patienten ausreichen oder ein Transfer des Patienten zu erwägen ist. Über allem steht
der Gedanke Sekundärschäden zu vermeiden, die Zeit nicht aus den Augen zu verlieren
und eine gleichbleibende Qualität der Versorgung zu sichern. Der Kurs vermittelt hierzu
systematisches Wissen, Techniken, Fertigkeiten und Verhalten in Diagnostik und
Therapie. Die Kurse richten sich an alle Fachrichtungen, die an der Traumaversorgung
im Schockraum beteiligt sind. Techniken über die die Pflegekräfte verfügten, waren
beispielsweise das Legen einer Thoraxdrainage, das Legen eines arteriellen Zugangs und
viele mehr. Zudem hatten diese das Wissen EKGs zu interpretieren und
Variablenanpassungen bei bestimmten Überwachungsschemata durchzuführen, auch
die Medikamentenlehre kam dabei nicht zu kurz. Durch den ATLS kommt es zu einer
interdisziplinären Schnittstelle zwischen Ärzteteam und Pflegekräften, was dazu führt,
dass effizientere Handlungsabläufe erfolgen und das Arbeiten im Team erleichtert ist.
Für mich persönlich würde diese Fortbildung sofort in Frage kommen, sollte ich eines
Tages die Möglichkeit haben, in einer Rettungsstelle größeren Umfangs zu arbeiten.
Intraaortale Ballonpumpe (IABP)
Die intraaortale Ballonpumpe ist ein Gerät, welches zur Therapievorbereitung eines
kardiogenen Schocks hauptsächlich in der Intensivmedizin angewandt wird. Ein äußerst
tolles Gerät, welches Leben rettet. Der Patient, an welchem ich den Einsatz dieses Geräts
miterleben durfte, wurde auf Grund eines kardiogenen Schocks in den Schockraum
gebracht. Der Blutdruck des Patienten betrug bei Einlieferung 60/40. Im
Herzkatheterlabor wurde ihm dann der Ballonkatheter eingesetzt.
Über die
Arteria'femoralis wird der Ballon bis zur Aorta'descendens vorgeschoben und kommt
dort zum Einsatz. Die Länge des Ballons ist abhängig von Körpergröße des Patienten.
Kurz nach dem Schluss der Aortenklappe wird der Ballon mit einem bestimmten Druck
aufgeblasen und verschließt so die Aorta zum distalen Ende hin. Dies führt dazu, dass
die obere Körperhälfte inklusive Koronararterien besser durchblutet wird, da der Druck
zwischen Ballon und Aortenklappe (dort Beginn der Koronargefäße) deutlich ansteigt.
Kurz vor Beginn der Systole wird der Ballon durch die Pumpe aktiv geleert. Der
wesentliche Effekt der intraaortalen Ballongegenpulsation besteht darin, die
myokardiale
Sauerstoffversorgung
zu
erhöhen
und
den
myokardialen
Sauerstoffverbrauch zu senken:
Das Aufblasen des IABP in der Diastole erhöht den Blutfluss in der oberen
Körperhälfte und verbessert damit die Blutversorgung von Gehirn und Herz
Das aktive Entleeren der IABP verringert den enddiastolischen Aortendruck und
reduziert so die Arbeitsleistung des linken Herz Ventrikels. Zusammengefasst kommt es
dadurch zu einer Erhöhung des myokardialen Sauerstoffangebots und einer Senkung
des Sauerstoffbedarfs durch Nachlastverringerung. So kann das Herzzeitvolumen um bis
zu 40% erhöht werden.
Beim Patienten konnte durch die IABP ein Blutdruck von 130/70 hergestellt werden,
und er konnte mit dem durchaus fragilen aber dennoch schweren und großen Gerät
mittels Intensivtransportwagen in das auf Kardiologie spezialisiertere Krankenhaus
Charité Berlin Mitte verlegt werden. Nachdem die IABP eingesetzt wurde, war der
Patient wach und wurde über eine Beatmungsmaske angeschlossen an einem
Beatmungsgerät beatmet. Ich erwähne die IABP hier besonders, weil es mich fasziniert
hat, wie weit die Medizintechnik heute bereits ist, und durch welch kleine Eingriffe sich
das Blatt auch bei tödlichen Notfallsituationen noch einmal wenden kann.
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
Kardioversion
Als
Kardioversion
bezeichnet
man
die
iatrogene
Konversion
von
Herzrhythmusstörungen in einem Sinusrhythmus. Eine Kardioversion ist indiziert,
wenn der Patient unter Vorhofflattern, Vorhofflimmern oder unter tachykarden
ventrikulären Rhythmusstörungen leidet. Es gibt zwei verschiedene Arten der
Kardioversion, welche gewöhnlich im Schockraum der Rettungsstelle unter ärztlicher
Aufsicht durchgeführt werden.
Medikamentöse Kardioversion
Die medikamentöse Kardioversion ist Patienten vorbehalten, die unter persistierendem
Vorhofflimmern leiden. Dabei wird der Patient an ein EKG-Gerät angeschlossen und mit
Hilfe eines i.v. Medikaments – wahlweise Amiodaron, Propafenon oder Flecainid – wird
eine Sinusrhythmuskonversion erzwungen. Es ist interessant zu sehen, wie das Herz
wenige Sekunden nach Verabreichung der Medikamente wieder im Sinusrhythmus
schlägt. Beweismittel ist hierbei das EKG das während des Eingriffs mitläuft. Die
Patienten sind immer wach und können genau berichten, wann das Herz sozusagen den
‘Reset-Knopf’ drückt.
Elektrische Kardioversion
Es gibt verschiedenste Arten der elektrischen'Kardioversion. Ich möchte hier auf die
externe elektrische Kardioversion eingehen, bei welcher ich selbst Hand anlegen und
Zeuge sein durfte. Der Patient bekommt eine Kurznarkose (Propofol und Midazolam)
nachdem die Paddles eines Defibrillatorgerätes auf die Vorder- und Hinterseite des
Brustkorbs aufgeklebt wurden. Wichtig hierbei ist wieder das EKG-Gerät, welches
zusätzlich zu den EKG-Elektroden des Defibrillators angeschlossen sein und mitlaufen
muss. Der Arzt testet die Wachheit des Patienten. Ist der Patient eingeschlafen, wird
unter Überprüfung der EKGB Ableitungen ein elektrischer Schock von 200Joule
abgegeben (im Gegensatz zur Defibrillation: 360Joule) um das Herz zu repolarisieren.
Erfahrungen außerhalb der Rettungsstelle
Gegen Ende meines Einsatzes hatte ich die Möglichkeit, einen Ausflug aufs Dach zu
unternehmen, wo ich einen Führung durch die Garage des Rettungshubschraubers
bekam, ich den Rettungshubschrauber von innen erklärt bekommen habe und das Team
kennenlernen durfte. Auch hier bieten sich Möglichkeiten zur Weiterbildung, um die
Arbeit in der Rettungsstelle mit der Luftrettung zu kombinieren. Zudem konnte ich
einer Obduktion in der Pathologie des UKB beiwohnen, ein Eindruck der sich lohnt und
der die in Büchern beschriebene Anatomie veranschaulicht und erklärbar macht.
Fazit
Alles in allem hatte ich einen tollen Wahleinsatz und kann jedem, der Interesse an der
Arbeit in einer Notaufnahme im interdisziplinären Team hat, einen Einsatz in der
Rettungsstelle des UKB Marzahn wärmstens empfehlen!
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
Allgemeine Daten zur Klinik
Eröffnung 1997
klinisches Zentrum zur Behandlung Schwerkranker und zur Rettung und
Rehabilitation Schwerverletzter aus dem gesamten Bundesgebiet
klinisches Zentrum der Alice-Salomon-Hochschule Berlin
Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité Universitätsmedizin Berlin
Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik
550 Betten
Jährlich ca. 87.000 Patienten
13 Operationssäle, davon 2 iSuite-OPs
> 1500 Mitarbeiter
Fachbereiche und Abteilungen
Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie
Klinik für Urologie und Neuro-Urologie
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Klinik für Neurochirurgie
Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
Klinik für Innere Medizin – Interventionelle Kardiologie mit 2
Herzkatheterlaboren
Klinik für Neurologie mit überregionaler Stroke Unit und Frührehabilitation
Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie
Institut für Radiologie
Institut für Pathologie
Institut für Laboratoriumsmedizin
Institut für Telemedizin
Zentrum für Schwerbrandverletzte mit Plastischer Chirurgie
Zentrum für spezialisierte rehabilitative Medizin
Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte
Zentrum für Sportmedizin
Zentrum für Klinische Forschung
Zentrum für Klinische Technologieforschung
Zentrum für neurovaskuläre Diagnostik und Therapie
Zentrum für Notfalltraining
Abteilung für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie
Abteilung Psychotraumatologie
Abteilung für Physikalische Therapie und Rehabilitation
Zentralapotheke
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
Angaben zur Rettungsstelle (Wahleinsatzort)
Ausstattung
37 Behandlungsplätze (davon 18 Überwachungsplätze)
Schockraum für 4 Parallelbehandlungen auf 156 m²
großzügiger Wartebereich mit 60 Sitzplätzen plus Liegend-Wartebereich mit 6
Plätzen
2 Eingriffsräume (Septischer und Aseptischer OP), 2 Isolationsräume, großer
Gipsraum, Funktionsräume HNO, MKG, Sonographie, CT, Röntgen
Gliederung der Arbeitsbereiche durch Funktionsmöbel und große
Glastrennwände
Trennvorhänge zur Wahrung der Privatsphäre
Funktionsmöbel mit geschlossenen Schrankfronten und integrierte
Modulsysteme
Im Schockraum Decken-Versorgungseinheiten (Ampeln, keine Stolperfallen,
reduzierte Keimbelastung) mit Monitoring, Beatmungsgeräten, Infusionstechnik,
Digitaleinheit zur Darstellung und Betrachtung von externen Bildquellen,
Röntgenbildern etc.
Materialschränke nach ABC-Prinzip bestückt (ATLS-Standard) – Schrank für
Kindernotfall – alle Materialien nach Alter/Größe des Kindes geordnet.
Farbkonzept: helle, frische und freundliche Farbtöne in Creme- und Holztönen
Personal
18 Ärzte im täglichen Anwesenheitsdienst plus 1 Ärztlicher Koordinator
45 Notfallmedizinische Fachpflegekräfte sowie zusätzliche Arzthelfer und
Verwaltungskräfte zur Unterstützung (insgesamt 11 neue Stellen)
2 Patienten- und Angehörigenbetreuer
Leistungsschwerpunkte
24 h OP-Bereitschaft (alle chirurgischen Fachrichten)
24 h Herzkatheterversorgung und Kardiologische Intensivüberwachung
24 h Brandverletztenversorgung
24 h Schlaganfallversorgung (Stroke Unit)
24 h Rückenmarkverletztenversorgung
3 Helikopterlandeplätze auf dem Dach – 1 Hubschrauber fest am UKB stationiert
*Fakten zum Unfallkrankenhaus Berlin befinden sich am Ende des Berichtes oder unter: www.ukb.de
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