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Der komplette Fall
DAP-Technik:
Vereinfachtes digitales
Protokoll für die Behandlung
mit Zahnimplantaten
Darstellung eines klinischen Falls
Zahnarzt Dr. Carlos Repullo
Die neuen Technologien verändern die moderne Zahnmedizin. Die Einführung der 3D-Radiologie
und der klinischen CAD/CAM-Systeme ermöglichten eine Erweiterung der Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für unsere Patienten. Im Zuge der Weiterentwicklung dieser Systeme wurden
die Anwendungen auf weitere Felder der Zahnmedizin ausgeweitet. Waren die Behandlungsmöglichkeiten anfangs noch auf die konservative Zahnmedizin beschränkt, erstrecken sie sich heute
auch auf die Kieferorthopädie und die Implantologie, wobei letztere im Laufe der letzten Jahre die
größte Entwicklung erfahren hat.
Die heutige Technologie ermöglicht die Durchführung einer vollständig digitalen Behandlung mit
Implantaten – von der Planung bis zur Restauration, das heißt ohne die Notwendigkeit von Abformungen, Gipsmodellen, diagnostischen Wax-Ups, radiologischen Schienen oder Ähnlichem.
Mit der DAP-Technik (digitally assisted protocol for dental implants procedures – digital gestütztes
Protokoll für Zahnimplantatverfahren) wird das Protokoll der Implantat-Behandlung unter Anwendung der CAD/CAM-Technologie in der zahnärztlichen Praxis optimiert. Dadurch können die Anzahl
der Zahnarztbesuche des Patienten sowie die für die Behandlung notwendigen Schritte reduziert
werden, was letztlich zu verbesserten ästhetischen und funktionellen Ergebnissen führt. Die DAPTechnik ist in drei unterschiedlichen Situationen anwendbar:
1. Zur gezielten Formung der Gingiva und nach Abheilung der Gingiva;
2.Bei Vorliegen eines Zahns beziehungsweise einer Zahnwurzel, durch deren digitale optische
Abformung eine Kopie des derzeitigen Emergenzprofils erstellt werden kann;
3.Bei Vorliegen eines Zahns beziehungsweise einer Zahnwurzel und Extraktionsalveolen, indem
die Emergenzprofile kopiert und die knöchernen Alveolen versiegelt werden.
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Der komplette Fall
Abb. 1: Fraktur von Zahn 24. Die Wurzelreste werden extrahiert und
eine sofortige Implantatinsertion vorgenommen.
Abb. 2: Die Anatomie des Wurzelteils wird noch vor der Behandlung
mittels einer digitalen optischen Abformung erfasst.
Diese Technik basiert auf dem Ziel, eine klinische Situation in nur zwei Arbeitsschritten zu versorgen:
Zunächst wird ein individualisierter „Gingivaformer“ aus einem provisorischen Restaurationsmaterial
hergestellt, der mithilfe eines CAD/CAM-Systems gefertigt wird. Die bereits zuvor digital gestaltete
Anatomie der endgültigen Restauration dient dafür als Ausgangsbasis und wird in ihrem Design auf
den für das Gingiva-Management erforderlichen Teil reduziert. Zeitgleich wird das Implantat zur
Insertion vorbereitet. Damit erhält man eine provisorische Versorgung, die am selben Tag eingesetzt
wird wie das Implantat und mit der ein individuelles Gingiva-Management erfolgen kann. Das Provisorium wird somit auf Gingivaebene verwendet.
Gleichzeitig wird die endgültige Restauration hergestellt, deren Gingivaebene derjenigen des zum
Gingiva-Management verwendeten Provisoriums entspricht. Subgingival sind die provisorische und
die definitive Versorgungslösung folglich identisch. Die definitive Versorgungslösung wird entsprechend direkt nach Beendigung des Osseointegrationszeitraums zur Insertion bereitstehen.
Der individualisierte Gingivaformer wird als Provisorium aus einem Telio® CAD PMMA-Block (Ivoclar
Vivadent) hergestellt, was eine Erleichterung des Verfahrens sowie eine Kostensenkung zur Folge
hat.
Telio CAD sind hochvernetze Polymerblöcke für das Schleifen provisorischer Versorgungen mit mittlerer Tragedauer. Die Blöcke zeichnen sich durch ihre große Homogenität aus und können wahlweise mit einem System der CAD/CAM-Partner oder über externe Fräszentren verarbeitet werden.
Telio CAD A16 dient der Herstellung temporärer Hybrid-Abutment-Kronen. Diese eignen sich für
den Einsatz im Front- und Seitenzahnbereich und können direkt nach der Insertion des Implantats
verwendet werden. Damit unterstützt Telio CAD A16 die Gingivagestaltung bereits in der ersten
Behandlungsphase. Die endgültige Restauration wird aus der hochfesten und hochästhetischen
Lithium-Disilikat-Glaskeramik IPS e.max® CAD (Ivoclar Vivadent) angefertigt. IPS e.max CAD gibt es
als Keramik-Blöcke für die Verarbeitung in CAD/CAM-Geräten wie CEREC (Sirona). IPS e.max CAD
eignet sich optimal zur Anfertigung individueller Hybrid-Abutments oder Hybrid-Abutment-Kronen.
Der größte Teil der Arbeit wird in der ersten Sitzung durchgeführt, sodass in der zweiten Sitzung nur
noch das Verschrauben der endgültigen Restauration erfolgen muss. Der Austausch der provisorischen Versorgungslösung durch die definitive ist innerhalb von kurzer Zeit und ohne Betäubung
durchführbar. Die Behandlung ist somit nach nur zwei Sitzungen abgeschlossen.
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Abb. 3: 3Nach der Wurzelextraktion wird das Implantat
eingesetzt.
Abb. 4: Um die Position des Implantats digital zu
erfassen, wird ein Scanbody eingesetzt.
Abb. 5: Scan des Scanbodys
Abb. 6: Das digitale Modell
zeigt den Wurzelteil des Zahns
vor der Extraktion sowie die
Position des Implantats und
die Kontur des natürlichen
Emergenzprofils.
Abb. 7: Basierend auf der so entstandenen Kontur
erstellt die Software einen Vorschlag für die endgültige Restauration.
Abb. 8: Die Restauration besitzt ein Emergenzprofil,
das dem natürlichen Profil entspricht.
Im vorliegenden Fall wird die digitale Abformung der Restwurzel zur Imitation des naturgetreuen
Emergenzprofils herangezogen. Abbildung 1 zeigt den Patienten mit Fraktur des Zahns 24, der die
Zahnarztpraxis zur Extraktion der Wurzelreste und zur sofortigen Implantatinsertion aufsucht. Vor
Beginn der Behandlung erfolgt eine sofortige digitale optische Abformung zur Erfassung der Anatomie des Wurzelteils (Abb. 2). Damit kann später das zu diesem Zeitpunkt bestehende Emergenzprofil
auf die endgültige Restauration übertragen werden. Der digitale Andruck dient somit als GingivaVorlage.
Nach der Wurzelextraktion wird das Implantat eingesetzt (Xive S, Dentsply). Es wird beschlossen, das
Implantat in der palatinalen Wurzel einzusetzen, da sie ein enges interradikuläres Septum aufweist
(Abb. 3).
Anschließend erfolgt eine weitere indirekte optische Abformung mithilfe eines Scanners und einer
speziellen Abdruckkappe, des sogenannten Scanbody, um die Position des Implantats im digitalen
Modell zu erfassen (Abb. 4, 5).
Es stehen nun zwei Bilder zur Verfügung, ein digitales Modell mit dem positionierten Implantat und
das erste digitale Modell, das den Ausgangszustand darstellt und das wir als Zahnfleischmaske verwenden werden. Die Software findet die gemeinsamen Punkte der beiden Modelle und verbindet
die beiden Bilder miteinander. Es entsteht ein neues Modell, das die Position des Implantats und den
Wurzelteil des Zahns vor der Extraktion umfasst (Abb. 6).
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Abb. 9: Die Kontur der endgültigen Restauration
dient als Ausgangspunkt für das Profil des Gingivaformers.
Abb. 10: Die Form der endgültigen Restauration
wird zur Herstellung des Provisoriums auf GingivaEbene reduziert.
Abb. 11: Das Provisorium ist aus
Telio CAD A16 gefertigt und besitzt
subgingival dieselbe Anatomie wie
die endgültige Restauration.
Abb. 11a: Durch die integrierte Schnittstelle, kann
Telio CAD A16 direkt mit der Titanbasis verklebt
werden.
Abb. 12: Telio CAD A16 erhält die Weichgewebskontur in ihrer ursprünglichen Form, ohne dabei
funktionelle Belastung durch den Antagonisten
zu erfahren.
Abb. 13: Die Osseointegration ist nach drei Monaten
erfolgreich abgeschlossen.
Das Provisorium kann entfernt
werden.
Wenn die Software dazu auffordert, das Emergenzprofil beziehungsweise den Rand der neuen Restauration abzugrenzen, zeichnen wir zunächst die natürliche Kontur von Zahn 24 nach, indem wir
die Konturen der Wurzel einzeichnen und damit ihr natürliches Emergenzprofil aufnehmen (Abb. 6).
Die Software erstellt darauf basierend den Entwurf der endgültigen Restauration über dieser Kontur
(Abb. 7, 8). So erhalten wir das Design einer Restauration, deren Emergenzprofil mit dem natürlichen
Profil identisch ist. Das Weichgewebe bleibt folglich in seiner ursprünglichen Position erhalten.
Da es sich um ein Einzelzahnimplantat mit geringer Primärstabilität handelt, entscheiden wir uns
in diesem Fall zur Durchführung einer Behandlungsvariante, bei der wir die definitive Versorgungslösung erst nach drei Monaten Einheilzeit einsetzen werden. Dazu wird ein individualisierter Gingivaformer eingesetzt, den wir durch Reduktion des für die endgültige Restauration hergestellen
Designs erhalten (Abb. 9, 10).
Das bestehende Design wird auf Gingiva-Ebene gekürzt. Das so hergestellte Provisorium weist folglich dieselbe subgingivale Anatomie wie die endgültige Restauration auf. Es erhält die Weichgewebskontur in ihrer ursprünglichen Form, erfährt jedoch keine funktionelle Belastung durch den
Antagonisten.
Der individualisierte Gingivaformer wird aus einem Telio CAD-Block der Grösse A16 angefertigt.
Dieser enthält eine integrierte Schnittstelle, um das gefräste Formteil mittels des selbsthärtenden
Befestigungscomposites Multilink® Hybrid Abutment (Ivoclar Vivadent) mit einer Sirona Ti-Base zu
verkleben (Abb. 11, 11a. 12).
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Abb. 14: An die Stelle des Provisoriums tritt die definitive Versorgungslösung: Eine Hybrid-Abutment-Krone aus
IPS e.max CAD. Das Ergebnis ist sowohl funktionell als auch ästhetisch sehr zufriedenstellend.
Zur Herstellung der endgültigen Restauration müssen wir lediglich die verkleinerte Darstellung der
Restauration wieder in das ursprüngliche Design der definitiven Versorgungslösung zurückführen.
Auf dieser Basis wird dann die endgültige Krone in ihrer vollständigen Größe hergestellt. Sie wird
aus einem definitiven Versorgungsmaterial geschliffen, in diesem Fall aus der hochfesten LithiumDisilikat-Glaskeramik IPS e.max® CAD. Auch die gefertigte Hybrid-Abutment-Krone wird mittels Multilink Hybrid Abutment zuverlässig mit einer Sirona Ti-Base verklebt. Die Konditionierung erfolgt mit
Monobond® Plus oder Monobond® Etch & Prime für die Glaskeramik und Monobond Plus für die
Ti-Base.
Nach Ablauf des Osseointegrationszeitraums von drei Monaten (Abb. 13) wird das aus Telio CAD
hergestellte Provisorium entfernt und an dessen Stelle die individuell gefertigte definitive HybridAbutment-Krone aus IPS e.max CAD platziert. Sie wird verschraubt und der Schraubenkanal mit
Composite verschlossen (Abb. 14).
Zur Durchführung der Behandlung waren nur zwei Termine nötig. Sowohl funktionell als auch ästhetisch ist das Ergebnis mehr als zufriedenstellend. Die beiden Restaurationen, sowohl provisorisch als
auch definitiv, wurden monolithisch und ohne die Verwendung von Schichtkeramik hergestellt. Die
Hybrid-Abutment-Krone aus IPS e.max CAD wurde abschließend lediglich bemalt.
Dr. Carlos Repullo
Zahnarzt
Diploma in Implant Dentistry and
Adv Cert Royal College of Surgeons
of England. Certified CEREC-Trainer,
ISCD.
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