GESUND SEITE 44 l NORDWEST-ZEITUNG l NR. 282 c Liebe Leserin, lieber Leser, diese Seite entsteht unter Mitwirkung eines medizinischen Beirats. Ihm gehören an: Dr. Gerd Pommer (Oldenburg), Jens Wagenknecht (Varel) und Prof. Dr. Andreas Weyland (Oldenburg). ALLES GUTE DIE GEFAHR für die Gesundheit durch krebserregende Substanzen im Tabakrauch wurde durch das Rauchverbot in öffentlichen Räumen und Gaststätten deutlich verringert. Messungen des Deutschen Krebsforschungsinstituts haben ergeben, dass die Belastung durch Tabakrauchpartikel um 80 Prozent zurückgegangen ist. JUNIOR-ABC Fachleute erklären in dem kleinen Junior-Abc kurz und auch für Kinder verständlich Fachbegriffe aus dem Gesundheitsbereich. Heute geht die Zahnärztin Judith Dunkhase von Hinkeldey auf den Begriff (Ü)berbiss ein. Ü berbiss ist die Bezeichnung für eine bestimmte Fehlstellung des Gebisses. Zum Beispiel liegt ein sogenannter vertikaler Schneidezahnüberbiss vor, wenn die Schneidezahnkronen um etwa ein Drittel über die Schneidezahnkronen im Unterkiefer herausragen. Die Fehlstellung kann mit etwas Geduld des Patienten mittels einer zahnärztlichen und kieferchirurgischen Behandlung reguliert werden. SERVICE FRAUEN mit einer familiären Disposition sollten schon ab 25 einmal im Jahr an einer Krebsvorsorgeuntersuchung teilnehmen, so Prof. Dr. Lars Steinsträßer. Frauen sollten ihre Brust ansonsten spätestens ab 50 regelmäßig per Ultraschall oder einer Magnetresonanztomographie auf Veränderungen untersuchen lassen. Warnzeichen sind neben Knötchen in der Brust unerklärliche Hautveränderungen und Ausfluss aus der Brustwarze. TERMINE ERKRANKUNGEN an der Wirbelsäule – operieren wir zu viel, ist am 10. Dezember der Titel eines Vortrags mit Dr. Ingke Jürgensen im Klinikum Oldenburg. Die Direktorin der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie wird berichten, wann eine Operation erforderlich ist. Beginn ist um 19.30 Uhr im Vortragsraum des Gesundheitshauses (Gebäude rechts neben dem Haupteingang). Eine Anmeldung ist nicht nötig. INFORMATIONEN, Vorträge und Workshops über Themen wie gesunde Ernährung, Reiki oder Yoga gibt es am 7. und 8. Dezember bei der Messe Para Vital in Oldenburg. Die Messe ist jeweils von 11 bis 18 Uhr im Kulturzentrum PFL, Peterstraße 3, geöffnet. Verantwortlich: Lore Timme-Hänsel t 0441/9988-2065 HEIT DIENSTAG, 3. DEZEMBER 2013 Die Brust sieht aus wie zuvor PLASTISCHE CHIRURGIE Nach Krebstherapie Rekonstruktion mit Eigengewebe Die Diagnose Brustkrebs hat auch nach einer erfolgreichen Therapie schwerwiegende Folgen. Viele Frauen leiden darunter, wenn ein Großteil der Brust verloren geht. BRUSTDRÜSE VERSORGT NEUGEBORENE MIT MUTTERMILCH Als Langzeitlösung sei am besten die Verwendung von Eigengewebe aus anderen Körperregionen geeignet. Das meistens aus dem großen Rückenmuskel, dem Unterbauch, der Gesäßhaut oder dem Oberschenkel gewonnene Gewebematerial kann von erfahrenen, darauf spezialisierten Ärzten mit einem chirurgischen Eingriff unter die erhaltene Brusthaut eingebracht werden, erklärt Prof. Dr. Steinsträßer: „Mit modernen Verfahren kann man so sehr gute Ergebnisse erzielen. Eine fachgerecht rekonstruierte Brust unterscheidet sich in den meisten Fällen kaum von dem Original und fühlt sich für die betroffenen Frauen auch fast genau so an.“ Anders als ein vom Organismus immer als Fremdkörper wahrgenommenes Silikonimplantat wächst das Eigengewebe nach und nach in die Brust ein und passt sich dort der körperlichen Entwicklung an. Weil das Eigengewebe ein natürlicher Bestandteil des Körpers bleibt, stellen sich nach einer erfolgreichen Rekonstruktion-OP in VON KLAUS HILKMANN Prof. Dr. Lars Steinsträßer ist mit seinem Team im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg auf verschiedene erfolgreiche Verfahren zur Brustkonstruktion spezialisiert. BILDER: HILKMANN Bei einem Eingriff zur Brustrekonstruktion ist die Komplikationsrate eher niedrig, betont Prof. Dr. Lars Steinsträßer. Nach einer Einheilungszeit von sechs bis acht Monaten kann aus körpereigenem Hautgewebe die Brustwarze und der Warzenvorhof konstruiert werden. Die rekonstruierte Brust erfüllt zwar nicht mehr ihre eigentliche Funktion. Vom Ausseder Regel keine größeren Folgebeschwerden ein. Bei einem großen Teil der Patientinnen ist der Tumor bei der Behandlung noch so klein, dass man das erkrankte Gewebe und die benachbarten Verdachtsstrukturen mittels einer feinen Nadel aus der Brust herausziehen kann. Wenn das nicht ausreicht, ist ein chirurgischer Eingriff zur Tumorbeseitigung nötig, bei der mitunter ein großer Teil oder die komplette Brustdrüse entfernt werden muss. Für viele Betroffene ist die Brustrekonstruktion ein wesentlicher Teil des Heilungsprozesses. „Eine Brustdrüsenentfernung bedeutet für die ohnehin psychisch und körperlich stark beanspruchten Patientinnen fast immer eine hohe zusätzliche Belastung“, so Prof. Dr. Steinsträßer. Die Frauen leiden dann nicht nur unter der oft als Mangel empfundenen Veränderung ihres Aussehens: „Oft stellen sich hen und Gefühl her ähnelt sie aber dem Original. Die weibliche Brustdrüse erfüllt die Funktion, dass die Mutter ihr Kind nach der Geburt mit der Muttermilch stillen und somit mit allen lebenswichtigen Nahrungsbestandteilen versorgen kann. Der Warzenvorhof und die Brustwarze sind der Ausgang der Brustdrüse, die auf dem Brustmuskel sitzt darüber hinaus tief gehende Verlustgefühle des Körperschemas ein, die bei vielen Patientinnen eine im Zuge der Krebstherapie begonnene psychologische Behandlung verlängern oder diese erst erforderlich machen.“ Absprache vor der OP Ob und welches Verfahren für eine Brustrekonstruktion gewählt wird, sollte schon vor der Tumorbehandlung genau mit der Patientin besprochen werden. So gebe es zum Beispiel auch Patientinnen, die sich dafür entscheiden, dass die tumorfreie Brust angepasst oder das entnommene Gewebe nicht ersetzt werden soll. Für eine Rekonstruktion könne ein interdisziplinäres Brustzentrum, in dem alle relevanten Fachdisziplinen Hand in Hand zusammenarbeiten, die besten Erfolgsaussichten bieten, betont und im Wesentlichen aus Fettgewebe und Haut besteht. Für den Brustaufbau während des Wachstums sowie die Milchproduktion in der Schwangerschaft sind unterschiedliche weibliche Hormone wie vor allem die Östrogene verantwortlich. Das Gleiche gilt für die während und nach der Schwangerschaft übliche Vergrößerung der Brustdrüsen. Prof. Dr. Steinsträßer. In Oldenburg funktioniere das mit der Kooperation des Evangelischen Krankenhauses mit dem Pius-Hospital bereits sehr gut. Vor dem Einsatz von Eigengewebe zur Wiederherstellung der ursprünglichen Brustform sollte durch umfangreiche Nachuntersuchungen sichergestellt sein, dass der Tumor auch wirklich vollständig entfernt wurde. Damit sich die Außenhaut – etwa in Folge einer nach der OP oft nötigen Bestrahlung – nicht zusammenzieht, kann den Patientinnen zur Überbrückung der Zwischenzeit ein künstliches Implantat eingesetzt werden. Sobald die Krebsfreiheit gesichert ist, kann dieser Platzhalter durch körpereigenes Gewebe ersetzt werden. Die in der Regel drei bis fünf Stunden dauernde Operation sei für erfahrene, Rekonstruktiv- Plastische Chirurgen standardisiert durchführbar. Erhaltene Muskulatur sichert Stabilität OPERATIONSTECHNIK OLDENBURG/HIL – Für die Brustrekonstruktion mit Eigengewebe haben sich verschiedene Verfahren bewährt. Dazu gehören zum Beispiel Eingriffe, bei denen das Muskelgewebe aus dem großen Rückenmuskel oder dem Unterbauch entnommen und ohne Verletzung der Blutgefäße unter die Haut der betroffenen Brust geschoben wird. Der Vorteil dieser Methoden ist, dass sich die mit dem körpereigenem Gewebe aufgefüllte Brust natürlich weiterentwickelt. Ein Nachteil ist, dass die entnommenen Muskeln ihre eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen können. Die Entnahme von Unterbauchmuskulatur ist zum Bei- Dauerlösung ohne Schmerzen Dr. Lucian Petru Jiga (Bild) ist Leitender Oberarzt in der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg. OLDENBURG – Nach aktuellen Sehr gute Ergebnisse INTERVIEW BILD: EV. KRANKENHAUS VON KLAUS HILKMANN Untersuchungen werden in Deutschland pro Jahr rund 60 000 Brustkrebs-Neuerkrankungen festgestellt. Bei etwa einem Drittel der betroffenen Frauen kann nicht brusterhaltend operiert und muss die komplette Brustdrüse entfernt werden, um sicher sein zu können, dass der bösartige Tumor vollständig herausgetrennt wurde. Häufig kann der Hautmantel nach der Entfernung des erkrankten Gewebes erhalten bleiben, ohne dass damit ein erhöhtes Risiko für eine erneute Krebserkrankung verbunden ist. „In diesen Fällen ermöglichen verschiedene gut bewährte Techniken eine natürliche Rekonstruktion der Brust“, berichtet Prof. Dr. Lars Steinsträßer, Chefarzt der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie im Evangelischen Krankenhaus Oldenburg. c Mikrochirurgische Feinarbeit verringert Folgeprobleme Eine gut rekonstruierte Brust unterscheidet sich bei den meisten Frauen nur unwesentlich von dem Original. spiel mit einer erhöhten Bauchwandschwäche verbunden. Mit der relativ neuen, sogenannten DIEP-Technik können diese Folgeprobleme deutlich verringert werden. Bei dieser Rekonstruktionsmethode wird auf die Entnahme von Muskulatur aus dem Unterbauch verzichtet. Der Operateur verwendet stattdessen einen Gewebeblock, der lediglich aus Haut, Unterhautfett und den dazu passenden Blutgefäßen besteht. „Dabei müssen die feinen Gefäße und Strukturen unbeschädigt entnommen und in mikrochirurgischer Feinarbeit wieder zusammengesetzt werden“, erklärt Prof. Dr. Lars Steinsträßer. Die Patientinnen profitieren vor allem deshalb von dieser Technik, weil die verbliebene Muskulatur die Stabilität der Bauchdecke wie gewohnt sicherstellen kann. FRAGE: Was ist das Besondere des DIEP-Verfahrens? JIGA: Darunter versteht man eine besondere Lappenplastik, die aus Hautund Fettgewebe aus dem Bauchraum sowie dem dazu gehörenden Gefäßstiel besteht. Dieser Lappen wird mittels eines mikrochirurgischen Verfahrens in die Brust transferiert. Mit dieser Methode sind wir in der Lage, feinste Gewebe- und Gefäßstrukturen unverletzt zu entnehmen und an der gewünschten Stelle fest und sicher anzusetzen, so dass die Haut und das Untergewebe dort gut durchblutet werden, was wiederum Voraussetzung für ein natürliches Einwachsen der eingesetzten Strukturen ist. FRAGE: Was sind die Vorteile gegenüber anderen Verfahren? JIGA: Man entnimmt nur Haut- und Fettgewebe und belässt den Muskel im Unterbauch. Damit bleibt die Muskelfunktion an dieser Stelle erhalten. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei, dass die Patientin mit der Entnahme von Fettgewebe auch eine Bauchstraffung bekommt. FRAGE: Wie wirkt sich das Verfahren auf die Brust aus? JIGA: Für eine erfolgreiche Rekonstruktion mit dem DIEP-Verfahren ist grundsätzlich hohe Fachkompetent sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener chirurgischer Fachrichtungen erforderlich. Im Idealfall lässt sich so die Form einer entfernten Brust mit einer Genauigkeit von mehr als 95 Prozent wiederherstellen. Die Patientinnen können dauerhaft ohne Schmerzen damit leben, und es entwickelt sich bei vielen Frauen sogar wieder Gefühl in der Brust. Auf Dauer ohne Beschwerden OLDENBURG/HIL – Bei einer Brustrekonstruktion dauert der Krankenhausaufenthalt in der Regel rund eine Woche, berichtet Dr. Lucian Petru JiAnzeige Schuhänderungen Tel. 0441-87251 • www.gesunde-schuhe.org Alexanderstraße 53 • Oldenburg ga. Abgesehen von der erst einige Monate später möglichen Ausformung der Brustwarze und des Warzenvorhofs sei meistens kein weiterer Eingriff erforderlich. Zurück bleibe nach der Operation nur eine vergleichsweise kleine Narbe.