Den Joint auf Rezept brauchen wir nicht

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PressegesprächzurJahrestagungderÖsterreichischenSchmerzgesellschaft(Veldenam
Wörthersee,19.-21.Mai2016)
Schmerzspezialisten:„DenJointaufRezeptbrauchenwirnicht“
In Deutschland sollen Cannabisblüten und -extrakt für medizinische Zwecke legalisiert
werden. Österreichische Schmerztherapeuten wollen stattdessen lieber den Zugang zu
bereitsguterforschtenundwirksamenCannabinoid-Medikamentenerleichtern.
Klagenfurt,18.Mai2016–DieNachrichthatfüreinigeEmotionengesorgt:InDeutschland
sollen ab dem kommenden Jahr Schwerkranke, denen andere Therapien nicht helfen,
getrocknete Cannabisblüten und -extrakt auf Rezept erhalten. So sieht es ein von der
deutschen Bundesregierung bereits abgesegneter Gesetzesentwurf vor. Darin ist auch die
Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen vorgesehen. Die sollen allerdings nur
erstattet werden, wenn die Therapie wissenschaftlich begleitet wird. Für den Import der
Hanf-Pflanzen und -Extrakte soll eine noch zu gründende Cannabis-Agentur sorgen. In der
Folge, so kündigte die Regierung an, soll es sogar einen eigenen, staatlich kontrollierten
AnbauvonMedizinal-Hanfgeben.
ÖsterreichischeExpertenskeptisch
Österreichische Experten halten diese Strategie nicht für nachahmenswert. „Wir brauchen
keineLegalisierungvonHaschischoderMarihuana“,sagtePrim.Univ.-Prof.Dr.RudolfLikar,
Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft und Leiter der Abteilung für
Anästhesie und Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt, im Vorfeld der in Velden
stattfindenden ÖSG-Jahrestagung. Der wichtigste österreichische Schmerzkongress
beschäftigt sich in diesem Jahr unter anderem mit dem medizinischen Potenzial von
Cannabis. „Uns stehen bereits jetzt wirksame und standardisierte CannabinoidMedikamentezurVerfügung,derenWirksamkeitineinigenIndikationengutbelegtist.“
CannabisausdemPharma-Labor
InÖsterreichstehenbereitseinigeCannabinoid-PräparatezurtherapeutischenAnwendung
zurVerfügung:DronabinolalsmagistraleZubereitungenvonpflanzlichemodersynthetisch
hergestelltem delta-9-THC; das synthetische Cannabinoid Nabilone sowie Sativex, das
standardisierte Extrakte der Cannabis-Pflanze mit definiertem Gehalt an THC und CBD
enthält.DazukommenneueCannabidiol-Zubereitungen.
„DassindallesProdukte,dieihreWirksamkeitundarzneimitteltechnischeSicherheitbereits
bewiesen haben“, erklärt Prof. Likar. Beim Konsum der Pflanze ließen sich dagegen
Probleme wie mikrobielle und chemische Verunreinigungen nicht ausschließen. Zudem
würde der „Joint auf Rezept“ keine genaue Dosierung der medizinisch wirksamen
Komponenten erlauben und sei mit den gesundheitlichen Gefahren des Tabakrauchens
verbunden.„EsgibtauchkeinenBeweisdafür,dassdiemedizinischeWirkungvonCannabis
oder Marihuana besser wäre als die bereits verfügbaren therapeutischen CannabinoidReinsubstanzen",betontProf.Likar.
VielversprechendeStudienlage
Auch wenn deutsche Schmerzexperten rund um die Zulassung von Hanfprodukten auch
darauf hinwiesen, dass die Studienlage noch nicht ausreichend sei, gab es in den
vergangenen Jahren durchaus vielversprechende Ergebnisse und Behandlungserfahrungen.
SokonnteineinerReihevonUntersuchungeneinüberraschendbreitesWirkungsspektrum
vonCannabinoidennachgewiesenwerden.„Gutbelegtsindvorallembrechreizhemmende,
appetitsteigernde und krampflösende Effekte“, erklärt Schmerztherapeut Prof. Likar.
„Zudem lindern Cannabinoide Angst, verbessern die Lebensqualität und können in
multimodaleBehandlungskonzeptegutintegriertwerden.“
Wurden THC-haltige Arzneimittel bis vor wenigen Jahren vor allem bei Tumor- und HIVPatienten eingesetzt, belegen inzwischen immer mehr Daten wesentlich breitere
Anwendungsmöglichkeiten: Erst vor Kurzem zeigte eine italienische Studie, dass CannabisMedikamente künftig auch in der Behandlung von neuropathischen Schmerzen eine Rolle
spielenkönnten.Schonlängergiltalserweisen,dassTHCauchbeiMultiplerSklerose,dem
Querschnittssysndrom oder anderen spastischen Schmerzen wirkt. Darüber hinaus gibt es
vielversprechende Hinweise auf ein Potenzial dieser Arzneimittel in der Behandlung
verschiedener chronisch-entzündlicher Erkrankungen, wie Rheumatoider Arthritis oder
chronisch-entzündlicherDarmerkrankungen.
„BesonderssynergetischistdieKombinationmiteinerOpioid-Therapie“,erklärtProf.Likar.
„Anders als Opioide führen Cannabinoide auch bei Überdosierung zu keiner potenziell
lebensgefährlichen Atemdepression und auch zu keiner Unterdrückung der wichtigen
AbwehrfunktiongegeninfektiöseKeime.”
Medikamentesollenbezahltwerden
InderdurchdieEntscheidungderdeutschenBundesregierungneuaufgeflammtenDebatte
um die Legalisierung von Cannabis wünscht sich der österreichische Experte mehr
Sachlichkeit. „Die gegenwärtige Diskussion darf keine ungünstigen Auswirkungen auf den
Einsatz von Cannabinoid-Medikamenten in der Schmerz- und Palliativmedizin haben“,
fordertProf.Likar.„AngesichtsdesgutbelegtenNutzenssolltendieseSubstanzenmöglichst
vielenPatienten,diedavonprofitierenkönnten,zugänglichgemachtwerden.Dazumüssen
nicht nur gelegentlich noch vorhandene Vorurteile gegenüber Cannabinoid-Medikamenten
abgebaut werden, sondern auch bürokratische Hürden“. Bisher werden die in Österreich
zugelassenen Präparate von den Krankenkassen nur sehr restriktiv und erst nach
chefärztlicher Genehmigung erstattet. „Wünschenswert“, so Prof. Likar, „wäre eine
Vereinfachung der Erstattung durch die Krankenkassen und dass zur Verschreibung kein
Suchtgiftrezeptmehrerforderlichist.“
Medienkontakt:
B&KBettschart&KoflerKommunikationsberatung
Dr.BirgitKofler
06766368930;013194378
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