Erfahrungsbericht Auslandspraktikum Anja Balik und Isabelle Trinkl, HEB_BSc4 Institution: Dauer: Abteilungen: Landspitali Reykjavik- Island 04. Juni – 05. September 2012 Schwangerenbetreuung, Geburtshilfe und Nachbetreuung Im Rahmen des Studiums an der fh gesundheit bot sich die Gelegenheit eines der sechs Praktika, welche im Laufe der Ausbildung zu absolvieren sind, im Ausland zu verrichten. Eine solch einzi gartige Chance wollten wir nicht ungenutzt lassen und so starteten wir mit Juni 2012 unser dreimonatiges Praktikum am Landspitali in Reykjavik. Insgesamt waren wir auf fünf verschiedenen Stationen, was uns einen umfangreichen Überblick auf die komplette Schwangerenbetreuung, Geburtshilfe und Nachbetreuung bot. Schwangerenbetreuung in Island Bei physiologischem Schwangerschaftsverlauf wird die werdende Mutter ausschließlich von einer Hebamme betreut. Dies geschieht in sogenannten Health Clinics. Diese peripheren Einrichtungen sorgen mit Hebammen, Krankenschwestern, Allgemeinmedizinern und weiterem Personal für die Gesundheit der im Umkreis lebenden Patienten. Für Primipare Frauen sehen die Hebammen mindestens zehn Besuche im Laufe der Schwangerschaft vor. Multiparas wird angeraten, die Hebamme mindestens sieben mal zu besuchen. Zu einer Routine Kontrolle gehören wie bei uns zu Lande die Kontrolle von Blutdruck, Gewicht und Urin. Weiters wird das Wachstum der Schwangerschaft mittels Symphysen-Fundus-Abstand kontrolliert und die kindlichen Herztöne mittels Dop-Ton überprüft. Bei eventuellen Auffälligkeiten werden die Frauen von den Hebammen an die Klinik zur weiteren Abklärung überwiesen. Verläuft die Schwangerschaft regelrecht, sind in Island zwei Ultraschallkontrollen vorgesehen (12.-20. SSW). Erfahrungsbericht_Anja Balik_Isabelle Trinkl_HEB BSc4 Seite 1/2 Was uns bei den Kontrollbesuchen sehr schnell auffiel, war die Kommunikation zwischen Hebamme und der Schwangeren. Die meiste Zeit des Besuchs wurde damit verbracht zu reden. Im Falle einer auffälligen Schwangerschaft oder dem Vorliegen von Risikofaktoren werden die Kontrollen im Krankenhaus abgehalten. Auch hier sind jedoch die Hebammen die primären Ko ntaktpersonen der Frauen. Wie zuvor beschrieben haben die Frauen Kontrolltermine bei einer He bamme, die bei Bedarf den/die Gynäkolog/in beizieht. Geburtenstation Hreidrid (ungefähr 750 Geburten/Jahr) Im Laufe des Praktikums waren wir auf zwei unterschiedlichen Entbindungsstationen eingeteilt. Hreidrid in jenem Kreißsaal können ausschließlich Frauen entbinden, deren Schwangerschaft physiologisch verlief und keine primären Interventionen benötigt werden. Hreidrid bedeutet übersetzt so viel wie „das Nest“ und soll den Frauen eine Art Hausgeburt im klinischen Setting bieten. Die betreuenden Hebammen bieten eins zu eins Betreuung und arbeiten sehr intensiv und eng agiert mit den Gebärenden. Der dortige Kreißsaal unterscheidet sich sehr von jenen in unseren Kreisen. Das Gebärbett besteht aus einem herkömmlichen großflächigen Doppelbett in welchem nicht nur die Gebärende, sondern auch der begleitende Partner, Partnerin, Mutter oder Schwester ruht. Weiters steht in jedem Gebärzimmer eine großzügige Wanne, die sehr oft in Verwendung ist. Die größten Unterschiede zur Geburt in unseren Häusern lagen jedoch weniger in der Ausstattung als im Vorgehen während der Geburt. Bestand kein Bedarf wurden beispie lsweise die Herztöne lediglich mittels Dopton alle 20 min. während und nach der Wehe geprüft und somit bis zuletzt aufs CTG verzichtet. Der Nabelschnur-ph wurde ebenfalls nicht gemessen, sofern ein schlechter APGAR das nicht verlangte. Die Kinder wurden nach Auspulsieren der Nabelschnur abgenabelt. Die 10 IE Syntocinon zur Blutungsprophylaxe wurden den Frauen i.m. appliziert, da ihnen keine Leitung gelegt wurde. Nach der Geburt der Plazenta wird die Naht, sofern es sich nicht um einen Dammriss III handelt, durch die Hebamme versorgt. Wie hierzulande verbringen auch die dortigen Frauen die ersten 2 Stunden post partal im Krei ßzimmer, bevor sie in ein gemütliches Einzelzimmer mit Doppelbett für sich und den Par tner/Begleiter, verlegt werden. Feidingardeild Dies ist sozusagen der Interventionskreißsaal. In jenem Kreißsaal entbinden Frauen deren Schwangerschaft in welcher Form auch immer auffällig war. Hier haben die Frauen auch die Mö glichkeit eine PDA (sogenannten Kreuzstich) zu erhalten. Weiters wird den Frau en die Möglichkeit gegeben, bei physiologischen Verlauf der Schwangerschaft und bei Einwilligung der Mutter, auch Zwillinge oder Beckenendlagen vaginal zu entbinden. Dass erklärt auch die niedrige Sectiorate von 13% (im Vergleich liegt sie bei uns im Durchschnitt bei 35%). Nachbetreuung Ein weiterer großer Unterschied in der Betreuung kommt nun zum Vorschein. Bei physiologischer Geburt werden die Wöchnerinnen nach spätestens 24h entlassen. Mehrgebärende verlassen das Krankenhaus oft schon nach wenigen Stunden. Ermöglicht wird dies durch die flächendeckende Nachbetreuung durch Hebammen. Mindestens sieben Tage wird jede Wöchnerin zu Hause von einer Hebamme nachbetreut. Bei Bedarf kommt die Hebamme auch zweimal täglich, um die Mutter zu unterstützen. Für uns war dieses Auslandssemester eine einmalige Chance, die wir nicht missen möchten. Man profitiert nicht nur von der Möglichkeit ein anderes Land und eine etwas andere Kultur kennenz ulernen, sondern auch davon wie unterschiedlich die Arbeit im gleichen Beru f sein kann. Die Zeit von drei Monaten nutzten wir natürlich auch um Island und seine Bewohner näher kennenzulernen und obwohl uns die Sprache am Anfang als die größte Barriere erschien konnten wir uns am Schluss doch mit jedem verständigen. (Manchmal reichte die Verständigung mit Händen und Füßen nicht mehr aus, dann wurde einfach auf Englisch fröhlich weitergeplaudert) ; -) Erfahrungsbericht_Anja Balik_Isabelle Trinkl_HEB BSc4 Seite 2/2