Programm 2008 Psychologie FSU Jena Foyer, EAP 17.07.2008 Inhaltsverzeichnis Gruppe 1 Intentionale Vorbereitung von automatischen Verhaltenstendenzen der Annäherung und Vermeidung………………………………………………………………………............... 6 Stephanie Bauer, Konstantin Falk, Claudia Herold, Karolin Kempfert, Michael Rost Gruppe 2 Strafe muss sein - wenn ich's mir recht überlege... Systematische Infoverarbeitung und Bewertung von Normabweichlern.…………………………………………………….………. 8 Angelika Bühler, Nils Kupfer, Flora Mehrabi, Volkan Yildirim, Sebastian Zietz Gruppe 3 Wann ist Inhibition ein effektiver kognitiver Kontrollmechanismus?.................................. 10 Oliver Adler, Christoph Düker, Nele Fischer, Carolin Hunger, Sebastian Phieler Gruppe 4 Machos und Ausländer? Die Rolle von Wärme und Kompetenz bei der Kategorisierung sozialer Gruppen unter Konkurrenz…………………………………………………………… 12 Johannes Adler, Anna Hartung, Remo Kamm, Jan Rehbein, Yvonne Steinmann Gruppe 5 Wenn schwarze Schafe mich fertig machen - Die Rolle von Stimmung und Verarbeitungstiefe bei der Bewertung von Normabweichlern…………………………….... 14 Judith Berles, Nicole Hoffmann, Anika Matthes, Juliane Seiler, Claudia Weise Gruppe 6 Gesichterlernen mit links? EKP-Korrelate abstrakter und bildabhängiger Gesichterrepräsentationen……………………………...…………………………….............. 16 Louisa Arnold, Maria Engel, Katharina Schierz, Juliette Toth, Johanna Tränkner Gruppe 7 Mächtig aufgeflogen - Vorhersage verschiedener Komponenten des Machtmotivs durch implizite und explizite Messmethoden………………………………………………………… 18 Olena Fluyerar, Franziska Meichsner, Swantje Puls, Martin Richter, Benedikt Werner Gruppe 8 Frühe Indikatoren unseres Gehirns für Ungerechtigkeitsempfinden: ein elektrophysiologisches Korrelat………………………………………………………….... 20 Anett Siebenmorgen, Pino Nagel, Annelie Tuchscherer, Saskia Schöler, Melanie Spate Gruppe 9 Die Macht der Sterne - wie Sie sehen, sehen Sie nichts………………………………….... 22 Rico Zimmermann, Shanglei Jia, Marie Penzold Gruppe 10 Gesichter die man nie vergisst - Gesichterlernen & funktionelle Lateralisation……….…. 24 Angy Bornschein, Simone Döring, Kathleen Kemter, Manuela Richter, René Taubenrauch Gruppe 11 Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte - Audiovisuelle Integration bei der Identifikation von unbekannten Personen………………………………………….... 26 Sarah Fischer, Nadine Förtsch, Carolin Gottwalt, Christin Kästner, Katja Stübchen Gruppe 12 Gefühlte Handlung - Antizipative Handlungssteuerung durch affektive Bewegungskonsequenzen…………………………………………………….........................28 Anne Tzschach, Armin Walter, Katharina Bohl Gruppe 13 Beeinflusst die Persönlichkeit Evaluative Konditionierungseffekte?.................................. 30 Julia Köhn, Inga Kröger, Lea Langguth, Johanna Paulat, Anna Szagarus Gruppe 14 Maskiertes Priming von Gesichtern: Subliminaler Einfluss von kategorialer oder assoziativer Verknüpfung?................................................................................................ 32 Christin Knorr, Patrick Lorenz, André Preis, Ina Udhardt Gruppe 15 Umtausch nur mit Kassenbon - und reduzierter Zufriedenheit!......................................... 34 Katrin Blarr, Christina Heitmann, Kirsten Lüdke, Vivien Raffel, Stefanie Reinsch Gruppe 16 Hörst Du mein Gesicht? - Audiovisuelle Integration……………………………………….... 36 Henrike Daßler, Kristin Gottschlich, Marlena Itz, Anja Knösing, Michael Temmerman Gruppe 17 „Was soll mal aus mir werden?“ - Eine querschnittliche Studie zur beruflichen Identität bei Schülern der gymnasialen Oberstufe……………………………………………………...38 Linda Gräfe, Katharina Krause, Johannes Kuban, Bettina Möller, Franziska Seidel Gruppe 18 Autoritarismus - wie das Festhalten an Traditionen und Normen den Lernstil beeinflusst…………………………………………………………………………..................... 40 Slawek Altenstein, Jennifer Baumbach, Magdalena Beyer, Ji Ae Jeong, Alexandra Kuhn Gruppe 19 Berufliche Zufriedenheit der Eltern und Berufsfindung Jugendlicher…………………….... 42 Jan Bier, Beatrice Gauler, Doreen Gräßler, Alice Wollniok, Fleur Zeunert Gruppe 20 Geschlechtsunterschiede bei der visuellen Suche…………………………………………...44 Stefanie Broncel, Juliane Grunitz, Cornelia Hankel, Jessica Lenz, Tanja Oswald Kurzberichte der Empiriepraktikumsgruppen Gruppe 1 Intentionale Vorbereitung von automatischen Verhaltenstendenzen der Annäherung und Vermeidung Stephanie Bauer, Konstantin Falk, Claudia Herold, Karolin Kempfert, Michael Rost Leitung: Dr. Andreas Eder 1. Einleitung Es ist weithin akzeptiert, dass Menschen dazu tendieren, auf einen Reiz positiver Valenz automatisch mit Annäherungs- und auf einen Reiz negativer Valenz mit Vermeidungsverhalten zu reagieren. Diese Kompatibilität von Valenz und Verhalten (positiv-Annäherung, negativVermeidung) konnte wiederholt in Aufgaben nachgewiesen werden, in denen Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen affektiven Reizklassifikationen zugewiesen werden sollten (sog. Mappingaufgaben). Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen sind schneller und fehlerfreier, wenn sie einer kompatiblen Valenz, statt einer inkompatiblen, zugeordnet werden (Mappingeffekt). Ebenso werden affektive Simon-Effekte berichtet, wobei Schnelligkeit und Korrektheit der Reaktionen bei Kompatibilität der Reize und Reaktionen ebenfalls erhöht ist, obwohl hier nicht auf die Valenz der Reize reagiert werden muss. Diese Befunde werden meist auf Langzeitassoziationen (LZA) zwischen affektiven Reizen und Reaktionen der Annäherung und Vermeidung zurückgeführt, die motivational vermittelt sind (z.B. Lang, 1995). Allerdings treten im Leben der Menschen häufig Situationen auf, in denen sie sich intentional auf bestimmte affektive Ereignisse vorbereiten, um inkompatible Reaktionen zu zeigen, wie z.B. auf einer Trauerfeier nicht zu weinen, oder beim Anblick des geöffneten Kühlschranks nicht gierig nach dem letzten Stück Kuchen zu greifen. Hier tritt eine Vorab-Spezifikation passender Verhaltensweisen auf, die durch affektive Hinweisreize in gegebenen Situationen automatisch ausgelöst werden. So können intentional hergestellte Kurzzeitassoziationen (KZA) zwischen affektiven Reizen und Reaktionen zu zielgerichtetem affektiven Verhalten befähigen. Es soll nun untersucht werden, welchen Einfluss diese KZA auf automatische Verhaltenstendenzen haben. Im vorliegenden Experiment werden bewertungsrelevante „Mapping“-Durchgänge (entweder kongruent: positiv-Annäherung, negativ-Vermeidung oder inkongruent: negativAnnäherung, positiv-Vermeidung), die eine explizite Reaktion auf die Valenz eines Reizes erfordern, mit bewertungsirrelevanten „Simon“-Durchgängen gemischt. Wenn KZA automatische Reaktionen auf affektive Reize vorbereiten, dann sollte sich: 1. der affektive Simoneffekt im Vergleich zu einer puren Simonaufgabe verstärken, wenn die Mappingaufgaben kompatibel sind, da LZA und KZA in die gleiche Richtung wirken, und 2. der affektive Simoneffekt umkehren, wenn die Mappingaufgabe inkompatibel ist, da die KZA den LZA entgegenwirken bzw. sie überschreiben. 2. Methode Stichprobe. Jeweils 28 Studenten in gemischt-kongruenter und gemischt-inkongruenter Bedingung, 31 Studenten in der puren Simonbedingung Material. 96 positive und 96 negative Wörter (48 Adjektive, 48 Substantive) Prozedur. Als Operationalisierung von Reaktionen der Annäherung und Vermeidung wurden Bewegungen eines Joystick-Hebels hin (Annäherung) und weg (Vermeidung) vom Körper eingesetzt (vgl. Chen & Bargh, 1999). In der puren Simon-Bedingung sollten mit den Hebelbewegungen positive und negative Wörter als Adjektiv und Substantiv klassifiziert werden. 6 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Die gemischten Bedingungen bestanden aus bewertungsirrelevanten Durchgängen und affektiven Mappingdurchgängen. In den bewertungsrelevanten Mappingdurchgängen sollten Wörter hinsichtlich ihrer Valenz klassifiziert werden. Die Simondurchgänge werden dabei entweder mit inkongruenten Mappingdurchgängen (gemischt-inkongruente Bedingung) oder mit kongruenten Mappingdurchgängen (gemischt-kongruente Bedingung) kombiniert. Der Aufgabenhinweis (Hintergrundfarbe: blau vs. orange) erschien zeitgleich mit dem Wort. 3. Ergebnisse Bewertungsirrelevante Durchgänge Eine Varianzanalyse der Reaktionszeiten mit den Faktoren Kompatibilität (kompatibel vs. inkompatibel) und Aufgabentyp (gemischt-kongruent vs. gemischt-inkongruent) ergab keinen Haupteffekt des Aufgabentyps, F<1, aber eine gekreuzte Interaktion, F(1,51) = 15.06, p<.001. In der gemischt-kongruenten Bedingung erfolgten die Klassifikationen schneller bei kompatiblen als bei inkompatiblen Reiz-Reaktions-Kombinationen (∆M = 31 ms), F(1,25)=9.08, p<.05. In der gemischt-inkongruenten Bedingung erfolgten die Klassifikationen schneller bei inkompatiblen als bei kompatiblen Reiz-Reaktions-Kombinationen F(1,26)=6.19, p<.05. Der Simoneffekt kehrt sich in seiner Richtung um (∆M = 36 ms). Die pure Simonbedingung ergab einen Null-Effekt, F(1,29)=0.002, p=0.96. Bei Betrachtung der Fehlerzahlen zeigte sich ein ähnliches Muster. Aufgabe pure gemischtkongruent gemischtinkongruent Reiz-Reaktions-Kompatibilität Kompatible Inkompatible RZ (ms) SD RZ (ms) SD Affektiver Simon-Effekt RZ (ms) 691 60 691 62 0 1017 148 1048 138 31 1067 116 1031 127 - 36 Bewertunsrelevante Durchgänge Eine Varianzanalyse der Reaktionszeiten mit dem Faktor Kompatibilität (kompatibel vs. inkompatibel) ergab einen Mapping-Effekt. Reaktionen bei kongruentem Mapping waren schneller (1051ms, SD = 145) als bei inkongruentem (1110ms, SD = 104), F(1,51) = 2.88, p< .05. 4. Diskussion Die Ergebnisse zeigen, dass Handlungsabsichten gegenüber affektiven Reizen automatische Reaktionsaktivierungen ermöglichen. Dies ist ein Beleg für die Wirksamkeit von KZA. LZA konnten durch den gefundenen Mappingeffekt ebenfalls nachgewiesen werden, welcher auf „Voreinstellungen“ des Annäherungs-Vermeidungssystems hinweist. Der initiale Verhaltensimpuls (LZA) wird durch Handlungsabsichten (KZA) verstärkt oder sogar umgekehrt. Überraschend ist, dass sich der Simon-Effekt symmetrisch umkehrte, ohne dass sich dabei Prozessverluste zeigten, die beim Überschreiben der LZA durch die KZA entstehen sollten. Entgegen der Grundannahmen zeigt sich kein Simoneffekt in der puren Simon-Aufgabe. Dies könnte mit der geringen Valenzstärke der Joystickbewegung oder nicht ausreichenden evaluativen Fokus begründet werden. 5. Literatur Chen, M., & Bargh, J. A. (1999). Consequences of automatic evaluation: Immediate behavioral predispositions to approach or avoid the stimulus. Personality and Social Psychology Bulletin, 25, 215-224. De Houwer, J., Crombez, G., Baeyens, F., & Hermans, D. (2001). On the generality of the affective Simon effect. Cognition and Emotion, 15, 189-206. Lang, P. J. (1995). The emotion probe: Studies of motivation and attention. American Psychologist, 50, 372-385. 7 Gruppe 2 Strafe muss sein - wenn ich's mir recht überlege... Systematische Infoverarbeitung und Bewertung von Normabweichlern. Angelika Bühler, Nils Kupfer, Flora Mehrabi, Volkan Yildirim, Sebastian Zietz Leitung: Gerhard Reese 1. Einleitung Individuen definieren ihre eigene Identität zum Teil durch Mitgliedschaften in sozialen Gruppen (Social Identity Theory (SIT)) (Tajfel & Turner, 1979, 1986). Dabei werden im Rahmen von Intergruppensituationen positive Ingroupmitglieder in der Regel besser bewertet als positive Outgroupmitglieder. Normabweichende IG-Mitglieder werden von der eigenen Gruppe allerdings negativer bewertet als OG-Mitglieder, die dasselbe negative Verhalten zeigen (black-sheep-effect (BSE)) (Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. 1988). Dieses Phänomen erscheint auf den ersten Blick kontraintuitiv, da man annehmen könnte, dass eigene Gruppenmitglieder in Schutz genommen werden. Antwort darauf gibt die SIT: Ein negatives IG- Mitglied bedeutet einen Angriff auf die Gruppenidentität und auf den Selbstwert. Um dem entgegenzuwirken streben die Gruppenmitglieder eine negative Bewertung des Normabweichlers an, um dessen Verhalten als atypisch für die IG herauszustellen. Das Resultat ist eine stärkere Bestrafung des devianten IGMitglieds. Bei Konfrontation mit einem abweichenden IG-Mitglied sind hoch Identifizierte (HI) Gruppenmitglieder stärker motiviert das IG-Mitglied zu analysieren als niedrig Identifizierte (NI) (Coull, A., Yzerbyt, V. Y., Castano, E., Paladino, M. P., & Leemans, V. 2001). Daher ist eine systematische, also präzisere Informationsverarbeitung bei HI wahrscheinlicher. NI hingegen verarbeiten urteilsrelevante Informationen heuristisch, kognitiv sparsam und ungenau. Der BSE bedarf also systematischer Verarbeitung. Diese kann allerdings nicht erfolgen, wenn die kognitiven Ressourcen stark beansprucht sind (z.B. durch Zusatzaufgaben). In diesem Fall sollte der BSE verhindert werden, da Informationen über das Verhalten des IG-Mitglieds nicht mehr systematisch verarbeitet werden können. Ausgehend von diesen Befunden ergeben sich für unser Forschungsprojekt folgende Hypothesen: H1.: Die Verarbeitung des devianten Verhaltens eines IG-Mitglieds erfolgt systematischer, als die eines OG-Mitgliedes, während die Verarbeitung von deviantem Verhalten eines OG-Mitglieds heuristischer als die eines IG-Mitgliedes verläuft. H2.: Kognitive Belastung der Probanden eliminiert systematische Informationsverarbeitung und somit auch den black-sheep Effekt. 2. Methode Die Untersuchung bestand aus einer computerbasierten Fragebogen–Studie. Die Gesamtstichprobe umfasste 90 studentische Versuchspersonen mit einem Durchschnittsalter von M = 22 (SD = 2.41). Bei der Untersuchung handelte es sich um ein 2 (cognitive load vs. no cognitive load) * 2 (IG- vs OG-Deviant) Between-Subjects–Design. Als abhängige Variablen wurden Bestrafung und Informationsverarbeitung erhoben. Nach einer Einverständniserklärung begann das eigentliche Experiment mit der Messung der Ingroup Identifikation mittels sechs Items auf einer siebenstufigen Skala (α= .82). Bsp.-Item: „Ich identifiziere mich mit den Uni–/FH–Studenten.“ Im zweiten Schritt folgte die Manipulation der IG/OG (Uni – vs- FH – Student) durch eine Belastungsaufgabe während den Versuchspersonen ein Text präsentiert wurde. In der cognitive load–Bedingung sollte die Auftretenshäufigkeit eines Stimulus gezählt werden. Außerdem wurde die Präsentation des Textes auf 48 Sekunden beschränkt. In der noload – Bedingung wurde nur der Text präsentiert und die Lesegeschwindigkeit war frei variierbar. Im Anschluss erfolgte die explizite Messung der aV „punishment“ anhand elf Items (α=.86). Bsp.-Item: „Die Person sollte für ihre Handlung zur 8 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Rechenschaft gezogen werden.“ Dem folgte die Messung der Verarbeitungstiefe durch acht Items, jeweils 4 für systematische (α= .67) und 4 für heuristische (α= .75) Verarbeitung. Zuletzt erfassten wir die soziodemographischen Daten. Als Aufwandentschädigung bekamen alle Teilnehmer Schokolade. 3. Ergebnisse Der BSE trat in unserer Studie in keiner der Arbeitsbelastungsbedingungen auf - es wurden Fremdgruppenmitglieder sogar in beiden Fällen geringfügig stärker bestraft, jedoch nicht signifikant. Allerdings zeigte sich ein marginal signifikanter Haupteffekt der Loadmanipulation, F(1, 86) = 3.24, p=.075, η2 = .04 - Normabweichendes Verhalten wurde signifikant stärker in der no-Load als in der Load-Bedingung bestraft (M = 4.26 vs. M = 3.83 ) und es wurde signifikant heuristischer verarbeitet in der Load-Bedingung (M = 4.33 gegenüber M = 3.68 ; p = .017, η2 = .07 ). Bezüglich der systematischen Verarbeitung fand sich hier jedoch kein signifikanter Unterschied. Es gab weiterhin einen Zusammenhang zwischen der Länge der Zeit, die die Probanden zum Lesen der Situationsbeschreibung verwendeten und dem Ausmaß der von ihnen angegebenen systematischen Verarbeitung, (r = .37; p < .05) bzw. heuristischen Verarbeitung (r = -.27; p < .05), was für die konvergente Validität unserer Verarbeitungsitems spricht. Zuletzt sind systematische und heuristische Verarbeitung negativ korreliert (r = -.427; p < .01). 4. Diskussion Es ist anzunehmen, dass in unserer Studie der BSE nicht aufgetreten ist, da sich die Probanden eher mit der übergeordneten Gruppe der Studierenden identifiziert haben könnten, als mit der Eigengruppe der Uni-Studierenden in Relation zu FH-Studierenden. Die Fremdgruppe könnte also als solche gar nicht wahrgenommen worden sein, infolgedessen wurde in beiden Bedingungen gleichermaßen bestraft. Interessanterweise liegt eine signifikante Korrelation zwischen dem Ausmaß, in dem sich die Probanden mit ihrer Gruppe identifizieren und der Bestrafungsintensität vor (r= .44, p<.05). Dies deutet im Einklang mit der Social Identity Theory darauf hin, dass Personen, die sich stärker über ihre Gruppe identifizieren auch stärker auf eine wahrgenommene Bedrohung der (übergeordneten) Gruppenidentität durch einen Normverstoß reagieren. Die höheren Bestrafungswerte könnten auch damit zusammenhängen, dass hoch Identifizierte im Gegensatz zu niedrig Identifizierten marginal signifikant systematischer verarbeiten (M = 4.28 gegenüber M = 3.83 ; p = .087 , η2 = .03), d.h. für ihre Gruppe relevante Informationen präziser durchdenken und eine Bedrohung eher wahrnehmen. Faszinierend ist, dass in unserer Studie erstmals ein Zusammenhang zwischen Verarbeitungsressourcen und Bestrafung festgestellt werden konnte, dessen Gesetzmäßigkeiten in weiteren Studien untersucht werden sollte. 5. Literatur Abrams, D., Marques, J.M., Brown, N., Henson, M. (2000), Pro-norm and anti-norm deviance within and between groups. Journal of Personality and Social Psychology, Vol. 78 pp.906-12. Chen, S., & Chaiken, S. (1999). The Heursitic-systematic model in its broader context. In: Chaiken , S., & Trope, Y. (Eds.). Dual Process Theories in Social Psychology. Pages: 73-97. Coull, A., Yzerbyt, V. Y., Castano, E., Paladino, M. P., & Leemans, V. (2001). Protecting the Ingroup: Motivated Allocation of Cognitive Resources in the Presence of Threatening Ingroup Members. Group Processes and Intergroup Relations, 4, 327-339. Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. (1988). The black sheep-effect: Judgmental extremity towards ingroup members in inter- and intra-group situations. European Journal of Social Psychology, 18, 287-292. Tajfel, H. & Turner, J. C. (1986). The social identity theory of intergroup behaviour. In S. Worchel & W. G. Austin (Eds.), Psychology of intergroup relation (2nd ed., p. 7-24). Chicago: Nilson-Hall. 9 Gruppe 3 Wann ist Inhibition ein effektiver kognitiver Kontrollmechanismus? Oliver Adler, Christoph Düker, Nele Fischer, Carolin Hunger, Sebastian Phieler Leitung: Dipl.-Psych. Jutta Eber 1. Einleitung Im alltäglichen Leben erfüllen wir häufig kognitive Aufgaben hintereinander oder sind gezwungen bei der Bearbeitung, auf eine andere zu wechseln. Bearbeitungszeiten sind nach einem Aufgabenwechsel wesentlich länger, und stärker mit Fehlern behaftet, so genannte Wechselkosten treten auf (Monsell, 2003). Zur Erklärung der Wechselkosten werden mehrere Ursachen in Betracht gezogen. Darunter das Wirken eines kognitiven Kontrollprozesses, der sog. Backward Inhibition (BI). Diese ermöglicht die Kontrolle einer Serie von Aufgaben, indem eine beendete Aufgabe mit einer Hemmung belegt wird, um eine gerade aktuelle Aufgabe besser bearbeiten zu können. Die Theorie der Backward Inhibition wird durch experimentelle Befunde gestützt, in denen Personen längere Reaktionszeiten zeigen, wenn sie nach Bearbeitung einer anderen Aufgabe zu einer zuvor bewältigten zurückkehren. So ist die Reaktionszeit auf die letzte Aufgabe in der Sequenz ABA deutlich länger als bei einer CBA Sequenz (Mayr & Keele, 2000). Es gibt Hinweise darauf, dass BI nur unter bestimmten Bedingungen auftritt, z.B. nur wenn keine direkte Aufgabenwiederholung vorliegt (Philipp & Koch, 2006). In diesem Experiment wurden die Wechselkosten und BI untersucht, sowie der Einfluss der Aufgabenanzahl und der Aufgabenwiederholung auf diese beiden Maße. Folgende Forschungsfragen: Kann der BI-Effekt repliziert werden für Aufgabenwechselparadigmen mit und ohne direkter Aufgabenwiederholung? Wirkt sich die Aufgabenanzahl auf den BI-Effekt aus? Treten Wechselkosten auf und hat die Aufgabenanzahl einen Einfluss auf diese? 2. Methode Insgesamt nahmen 143 Studenten der FSU am Experiment teil. Nach einer Filterung der Daten konnten 130 ausgewertet werden. Die Aufgabe der Probanden bestand darin, auf einen Stimulus (geometrische Figur) dem ein Hinweisreiz (Buchstabe) vorausging, schnellstmöglich mit Drücken einer Antworttaste zu reagieren. Eine Versuchsperson sollte 3 oder 4 Aufgaben bearbeiten. Eine Gestaltaufgabe (G) bestehend aus Viereck oder Kreis. Eine Farbaufgabe (F), bei der die Gestalt grün oder blau war. Eine Linienaufgabe (L) zeigte die Gestalt entweder mit dicker oder dünner Linie gezeichnet. Die 4Aufgabengruppe bearbeitete zusätzlich eine Zentrumsaufgabe (Z). Hierfür wurde die Gestalt mit waagerechten oder senkrechten Linien gefüllt. Das Experiment dauerte etwa 35 Minuten. Nach 2 Übungsblöcken folgte die Testphase. Dabei wurden 10 Blöcke à 56 Durchgänge präsentiert. Die Versuchspersonen wurden vom Versuchsleiter abwechselnd der Aufgabenanzahl (3 vs. 4) und via Programm zufällig der Aufgabenwiederholung (mit vs. ohne) zugewiesen. Der Hinweisreiz wurde für 500 ms eingeblendet und vom Stimulus abgelöst. Dieser blieb eingeblendet bis die Versuchspersonen darauf reagierte und diese Zeit als Reaktionszeit gemessen (abhängige Variable). Nach der Reaktion folgte jeweils eine Pause von 400ms. Die erhobenen Variablen waren somit 1. die between Variablen direkte Aufgabenwiederholung (ohne vs. mit) und Aufgabenanzahl (3 vs. 4), sowie 2. die Wechselkosten (AA vs. AB) und Backward Inhibition (ABA vs. CBA) als within Variablen. Die Auswertung der Reaktionszeiten erfolgte durch Varianzanalyse mit Messwiederholung. 10 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Eine 2x2x2 ANOVA bildet den Ausgangspunkt des rechnerischen Designs. Für die BI wurde ein signifikanter Haupteffekt gefunden (F (1,126) = 11.54, p < .01), die Reaktionszeiten in den ABA Sequenzen (823 ms) sind höher gegenüber denen der CBA Sequenzen (806 ms). Ebenso wies die Aufgabenanzahl ein signifikantes Ergebnis auf (F (1,126) = 13.43, p < .01) (Abb.1), d.h. die Reaktionszeiten bei 4 Aufgaben (878 ms) sind höher als bei 3 Aufgaben (737 ms). Die Interaktion von Aufgabenanzahl und BI wurde nicht signifikant. Bei der Betrachtung der Wechselkosten konnten zwei Haupteffekte generiert werden. Für die Wechselkosten (F (1,65) = 109.06, p < .01) als auch für die Aufgabenanzahl (F (1,65) = 6.93, p < .05 ) (Abb.2). In den Wiederholungsdurchgängen (AA) sind die Reaktionszeiten (633 ms) niedriger als in den Durchgängen mit Aufgabenwechsel (AB) (807 ms).Die Wechselkosten bei 3 Aufgaben (120 ms) sind niedriger als bei 4 Aufgaben (227 ms). Die Interaktion der Wechselkosten mit Aufgabenanzahl zeigte ebenfalls ein signifikantes Ergebnis (F (1,65) = 10.28, p < .01) (Abb.2). 950 950 890 900 891 900 850 Reaktionszeit in ms Reaktionszeit in ms 865 850 ABA CBA 800 800 AA 750 AB 723 700 663 650 603 748 600 750 726 550 3 700 3 Aufgabenanzahl 4 Aufgabenanzahl 4 Abb.1: Darstellung BI in Abhängigkeit von der Aufgabenanzahl Abb. 2: Darstellung Wechselkosten in Abhängigkeit von der Aufgabenanzahl 4. Diskussion In unserer Studie konnten wir den Effekt der BI replizieren. Des Weiteren wurde gezeigt, dass eine höhere Aufgabenanzahl in höheren Reaktionszeiten resultiert. Dies spricht eher für begrenzte kognitive Ressourcen. Auch wenn die Ergebnisse der Interaktion zwischen Aufgabenwiederholung und BI tendenziell die Vermutungen Philipps und Kochs (2006) replizieren, ergaben die Daten jedoch keine signifikanten Ergebnisse. Auch für das Paradigma des Aufgabenwechsels stiegen die Reaktionszeiten mit der Anzahl der Aufgaben. Auch hier sprechen die Ergebnisse für begrenzte kognitive Ressourcen. Man könnte somit davon ausgehen, dass der cognitive load mit 4 Aufgaben stärker ausgelastet ist. Dies erklärt den generellen Anstieg der Reaktionszeiten bei der Erhöhung der Aufgabenzahl, weil somit weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Bei der Betrachtung der Interaktion von Wechselkosten mit Aufgabenanzahl zeigten sich höhere Wechselkosten bei 4 Aufgaben. Somit scheint ein Aktivhalten von 4 Aufgaben mehr kognitive Ressourcen zu beanspruchen, gegenüber 3 Aufgaben. 5. Literatur Mayr, U. & Keele, S.W. (2000). Changing Constraints on Action: The Role of Backward Inhibition. Journal of Experimental Psychology: General, 129, 4-26. Monsell, S. (2003). Task-Switching. Trends in Cognitive Science, 7, 134-140. Philipp, A. M. & Koch, I. (2006): Task inhibition and task repetition in task switching. European Journal of Cognitive Psychology, 624-639 11 Gruppe 4 Machos und Ausländer? Die Rolle von Wärme und Kompetenz bei der Kategorisierung sozialer Gruppen unter Konkurrenz Johannes Adler, Anna Hartung, Remo Kamm, Jan Rehbein, Yvonne Steinmann Leitung: Christopher Cohrs 1. Einleitung Im sozialen Kontakt bilden sich Menschen über ihre Interaktionspartner gewisse Urteile, indem sie sie hinsichtlich bestimmter Eigenschaften betrachten. Festgestellt wurde, dass es im spontanen Zusammentreffen mit anderen wichtig ist, zunächst a) ihre Absichten festzustellen, sowie darüber hinaus b) ihre Fähigkeiten, danach zu handeln. Daraus ableitbar sind die zwei Dimensionen a) Wärme und b) Kompetenz (Fiske & Cuddy 2007). Die überragende Wichtigkeit gerade dieser beiden Dimensionen, vor allem auch bei der Urteilsbildung, wurde in vielen empirischen Studien nachgewiesen. Soziale Wahrnehmung ist aber keineswegs ein stabiler Prozess. Unsere Beurteilung ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Äußerst wichtig ist die Situation, in der sich ein Individuum befindet (Fiske et al., 2007; Duckitt, 2003). Diese Situationsspezifität und ihre Beeinflussung durch verschiedene Faktoren gilt es aus unserer Sicht näher zu erläutern. Wir gehen davon aus, dass sich die soziale Wahrnehmung unter bestimmten Umweltbedingungen verändert und somit die Schwerpunkte bei der Einstufung anderer Menschen und Gruppen auch. Stehen Menschen unter Konkurrenz, veranlasst sie dies, die Welt als einen „competitive jungle“ zu sehen. Hierbei sollte es ihnen vor allem darauf ankommen, die Fähigkeiten anderer Menschen und Gruppen einzuschätzen. Die von uns untersuchten Hypothesen waren folgende: Befinden sich Menschen in einer Konkurrenzsituation, nehmen sie soziale Gruppen vordergründig in Bezug auf ihre Kompetenz wahr und vernachlässigen damit gleichzeitig die zweite Dimension, die der Wärme. 2. Methode Stichprobe: Es nahmen 90 Studierende der FSU Jena (66 weiblich, 24 männlich) im Alter von 19 bis 35 Jahren (M = 22,12; SD = 2,58) teil. Die Gruppenzuteilung erfolgte randomisiert. Design: Unsere Studie bestand aus drei Teilen und drei Manipulationsbedingungen (individuelle Konkurrenz, Gruppenkonkurrenz, Kontrollgruppe). Material: Die Manipulation erfolgte im ersten Teil der Erhebung durch einen Test zum analytischsprachlichen Denken, der aus verschiedenen Konzentrations- und Wissenstests zusammengestellt war. Den Versuchsteilnehmern wurde gesagt, es handele sich um eine Studie zur Auswirkung von kognitiver Belastung auf Emotionen. Individuelle Konkurrenz wurde erzeugt, indem immer zwei Teilnehmer bei der Bearbeitung des „Wissenstests“ direkt gegeneinander antraten. Dabei wurde vom Versuchsleiter die Zeit gestoppt. Zur Manipulation der Gruppenkonkurrenz traten die teilnehmenden Studenten der Universität Jena fiktiv gegen die Studenten der FH Jena an. Auch hierbei wurde die Zeit gestoppt. Die Kontrollgruppe löste eine kürzere Version des Wissenstests ohne Zeitdruck und wurde gebeten, einige Angaben zur Verständlichkeit des Tests zu machen. Im zweiten Teil bewerteten die Probanden 16 Gruppendyaden nach ihrer Ähnlichkeit auf einer sechsstufigen Skala (-3 = sehr unähnlich, 3 = sehr ähnlich). Die 16 Gruppendyaden wurden aus bereits erhobenen „stereotype-content-models“ (Eckes 2002; Asbrock 2007) zusammengestellt und aufgrund einer qualitativ ausgewerteten Online-Vorstudie ausgewählt. Aus den Dyaden, deren Gruppen sich auf der Kompetenzdimension ähnlich waren (z.B. Karrierefrauen und Intellektuelle), bildeten wir einen Kompetenzscore (nach Ausschluss zweier Dyaden: α = .67). Aus den Dyaden, deren Gruppen sich auf der Wärmedimension ähnelten (z.B. Reiche und Obdachlose), bildeten wir einen Wärmescore (nach Ausschluss einer Dyade: α = .58). Außerdem berechneten wir einen 12 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Differenzscore aus dem Kompetenz- und dem Wärmescore, um zu überprüfen, ob eine der beiden Dimensionen mehr Beachtung findet. Im letzten Teil führten wir in Anlehnung an die „Positive and Negative Affect Scale“ einen Manipulationscheck durch. Hierbei verwendeten wir 10 Adjektive, welche Konkurrenz erfassen sollten (nach Ausschluss zweier Items: α = .81), und 10 neutrale Adjektive. 3. Ergebnisse Manipulationscheck: Eine ANOVA (M = 2.97, SD = 0.69) ergab einen signifikanten Mittelwertsunterschied über die Gruppen hinweg, F(2, 87) = 19.244, p < 0.001, wobei die Mittelwerte in dieser Variable für die Kontrollgruppe (M = 2.47, SD = 0.52) unter den Werten der Gruppe mit individueller Konkurrenz (M = 3.21, SD = 0.64) und der Gruppe mit Gruppenkonkurrenz blieben (M = 3.30, SD = 0.57). Die Manipulation war somit erfolgreich. Hypothesentestung: ANOVAs des Kompetenzscores, F(2,85) = 1.015, p = 0.367, sowie des Wärmescores, F(2,86) = 0.589, p = 0.557, ergaben jeweils keine signifikanten Mittelwertsunterschiede zwischen den Experimentalgruppen. Ebenso konnte mit einer ANOVA des Differenzscores, F(2,85) = 0.652, p = 0.523, kein signifikanter Mittelwertunterschied festgestellt werden. Weitere Analysen: Ein T-Test gegen Null ergab, dass der Mittelwert des Differenzscores sowohl für die Kontrollgruppe, T(30) = 10.475, p < 0.001, als auch für die Gruppe mit individueller Konkurrenz, T(27) = 10.129, p < 0.001, und die Gruppe mit Gruppenkonkurrenz, T(28) = 14.966, p < 0.001, signifikant verschieden von Null war und zwar in positiver Richtung. Dies bedeutet, dass mehr auf die Kompetenzdimension geschaut wurde. Eine ANOVA ergab einen signifikanten Mittelwertsunterschied, F(1,86) = 7.837, p = 0.006, beim Kompetenzscore zwischen Frauen (M = 0.46, SD = 0.71) und Männern (M = -0.05, SD = 0.87). Frauen sahen Gruppen, die nach dem „stereotype-content-model“ ähnlich kompetent sind, auch als ähnlicher an. 4. Diskussion Im sozialen Kontext bewerten wir Menschen aufgrund von zwei Dimensionen: Wärme und Kompetenz. Unsere Hypothese, dass in einer Konkurrenzsituation eine Verschiebung der sozialen Wahrnehmung von Gruppen auf die Kompetenzebene stattfindet, hat sich als nicht haltbar erwiesen. Die Konkurrenzgruppen unterschieden sich nicht von der Kontrollgruppe, obwohl die Manipulation laut Manipulationscheck gelungen war. In weiteren Analysen fanden wir, dass alle drei Gruppen bei der sozialen Bewertung die Kompetenzdimension stärker gewichteten. Daraus lassen sich zwei weiterführende Ableitungen ziehen. Zum einen ist vielleicht generell der situationelle Einfluss auf die soziale Wahrnehmung weniger stark als vermutet – womöglich ist dies ein sehr stabiler Prozess. Zu dieser Frage wären weitere Forschungen nötig. Zum anderen müssen wir auch unser Versuchsdesign kritisch hinterfragen. Die Erfassung der AV über eine Ähnlichkeitseinstufung von Gruppendyaden erscheint uns als eine innovative Herangehensweise. Dennoch ist fraglich, ob dieses Messinstrument die beabsichtigte Erfassung der Wichtigkeit der zwei Dimensionen theoriegetreu wiedergibt oder ob sich andere Verzerrungen z.B. daraus ergeben, dass die Gruppen nach anderen Gesichtspunkten verglichen werden. 5. Literatur Asbrock, Frank (2007) Dokumentation Clusterbildung zum SCM. Unpublished manuscript, University of Bielefeld. Duckitt, J. (2003). Prejudice and intergroup hostility. In D. O. Sears, L. Huddy & R. Jervis (Eds.), Oxford handbook of Political psychology (pp. 559-600). New York: Oxford University Press. Eckes, T. (2002). Paternalistic and envious gender stereotypes: Testing predictions from the Stereotype Content Model. Sex Roles, 47, 99-114. Fiske, S. T., Cuddy, A. J. C., & Glick, P. (2007). Universal dimensions of social cognition: Warmth and competence. Trends in Cognitive Sciences, 11, 77-83. 13 Gruppe 5 Wenn schwarze Schafe mich fertig machenDie Rolle von Stimmung und Verarbeitungstiefe bei der Bewertung von Normabweichlern Judith Berles, Nicole Hoffmann, Anika Matthes, Juliane Seiler, Claudia Weise Leitung: Gerhard Reese, M.Sc. 1. Einleitung Ein Topmodel, das zu viel isst und ein Greenpeaceaktivist, der einen Sportwagen fährt – was haben diese Personen gemeinsam? Beide sind für ihre jeweilige Gruppe „schwarze Schafe“„Black Sheep“. Unter dem Black-sheep-effect (BSE) versteht man die Tendenz von Ingroup (IG)- Mitgliedern, andere IG- Mitglieder, die ein normabweichendes Verhalten zeigen, stärker abzuwerten, als Mitglieder einer Outgroup (OG), welche genau das gleiche Verhalten aufweisen (Marques & Yzerbyt, 1988). Die Intensität dieser Konsequenz hängt unseres Erachtens dabei von der Verarbeitungstiefe ab. Nach Chen und Chaiken (1999) sollten Informationen nämlich insbesondere dann systematisch verarbeitet werden, wenn sie persönlich relevant sind – wie etwa Information über einen Devianten meiner eigenen Gruppe. Nach Bless et al. (1996) ist die Verarbeitungstiefe vom eigenen Stimmungszustand abhängig: Wir nehmen an, dass unter negativer Stimmung, sowie bei Informationen über IG- Mitglieder die Informationsverarbeitung systematischer erfolgt. Außerdem erwarten wir, dass der BSE auftritt, wenn man in neutraler Stimmung ist. Eine weitere Hypothese ist, dass sich die Stimmung verschlechtern wird, nachdem IG- Mitglieder Informationen über ein „schwarzes Schaf“ (IG) erhalten haben. 2. Methode Insgesamt nahmen 136 Studenten der Universität Jena an dem Experiment teil, wovon 44 in die positive, 35 in die negative und 58 in die neutrale Stimmungsbedingung randomisiert zugeteilt wurden. Aufgrund technischer Einschränkungen konnte leider keine hundertprozentige Gleichverteilung auf die drei Stimmungsbedingungen erfolgen. Unter den 19- bis 29 jährigen Versuchspersonen waren 107 weiblich und 29 männlich. Um den BSE in Abhängigkeit von Stimmung und damit einhergehender Verarbeitungstiefe zu untersuchen, wurde ein 2(IG-Deviant/OG-Deviant) x 3(pos./neg./neu. Stimmung)-BetweenSubjects-Design verwirklicht. Da es sich um eine Onlinestudie handelt, rekrutierten wir die Probanden über verschiedene Onlineportale. Als Anreiz diente die Verlosung von 2 Einkaufsgutscheinen. Nach Informationen und Instruktionen zur Studie begann die Befragung mit 7 Items („Ich bin froh ein Student der FSU-Jena zu sein.“) (alpha = .834) zur Eigengruppenidentifikation. Nun folgte die Stimmungsmanipulation (pos/neg/neu). Die Probanden sollten ein positives, neutrales bzw. negatives Ereignis aus ihrem Leben kurz schildern. Neben einem Manipulationscheck wurde direkt im Anschluss die Stimmung mit 4 Items (alpha= .909) gemessen. Weiterhin folgte die BSEManipulation mittels einer kurzen Geschichte über einen IG (FSU- Student)- oder OG (FHStudent)- Devianten in einer spezifischen Vorlesungssituation. Zur Messung des BSE verwendeten wir 11 Bestrafungsitems (z.B., „Die Person sollte für ihre Handlung zur Rechenschaft gezogen werden.“) (alpha = .831). Für die Bestimmung der Verarbeitungstiefe, verwendeten wir jeweils 4 Items für systematisches und heuristisches Verarbeiten (z.B. „Informationen wie die beschriebenen überfliege ich in der Regel nur.“). Alle Messungen wurden auf einer 7stufigen Skala (1—stimme gar nicht zu bis 7 — stimme voll und ganz zu) erhoben. Daraufhin folgte die zweite 14 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Stimmungserhebung. Schließlich wurden noch die demografischen Daten der Probanden erfragt und eine vollständige Aufklärung unserer Untersuchungsziele präsentiert. Die Dauer des Experiments belief sich auf ca. 20 Minuten. 3. Ergebnisse In unsere Analyse konnten wir die Daten aller Versuchspersonen einbeziehen und die durchgeführte Manipulation war erfolgreich (M (pos.Stimmung) = 8.05, M (neutr.Stimmung = 6,90) und M (neg. Stimmung) = 5.06). Alle Unterschiede wurden signifikant. Wir erwarteten, dass bei neutraler Stimmung der BSE auftritt. Die Mittelwerte für die Bestrafung der IG- Devianten betrugen zwar 4.10 und für die OG- Devianten 3.99, dieser Unterschied war allerdings nicht signifikant (t<1) – wir fanden also keinen BSE. Unsere Hypothese, dass man unter negativer Stimmung und IG- Devianz systematischer verarbeitet und dadurch negativer evaluiert, konnte anhand unserer Daten ebenso nicht bestätigt werden. Für heuristische Verarbeitung hingegen zeigt sich eine signifikante Interaktion zwischen Stimmung und BSE-Manipulation, F(2, 130) = 3.79, p<.05, etasq = .06. Paarweise Vergleiche offenbaren hier, dass die Information eines IG- Devianten in negativer Stimmung (M = 4.25) heuristischer verarbeitet wird als Info eines OG- Devianten (M = 3.53). In positiver Stimmung hingegen wird die Information des OG- Devianten (M = 4.10) heuristischer verarbeitet als die des IG- Devianten (M = 3.46). Dass systematische Verarbeitung jedoch eine Rolle bei der Beurteilung von Normdevianten spielt, zeigt die Korrelation, insbesondere bei IG- Devianz und negativer Stimmung, r(17) = .57, p<.05, alle anderen rs = ns. Marginal signifikant (p = .09) wurde die Interaktion zwischen Stimmungsmanipulation, BSEManipulation und Messzeitpunkt der Emotion. Diese geht darauf zurück, dass VP in positiv induzierter Stimmung nach der Darbietung eine IG- Devianten schlechterer Stimmung waren als zuvor (M = 3.95(post) vs. M = 4.21(Prä), p<.05). 4. Diskussion Unsere Hypothese, dass der BSE unter neutraler Stimmung auftritt, ließ sich nicht bestätigen. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass sich FSU- und FH- Studenten zu ähnlich sind und demzufolge die IG und OG in der Wahrnehmung nicht klar definiert sind. Für weitere Studien sollte der Intergruppenkontext eventuell günstiger gewählt werden. Allerdings fanden wir Hinweise darauf, dass bei IG-Devianten systematische Verarbeitung mit stärkerer Bestrafung einhergeht. Weiterhin konnten wir zeigen, dass sich die Stimmung in der positiven Bedingung verschlechtert, wenn man Informationen über einen IG-Devianten gelesen hat. Dass dieser Effekt in der neutralen und negativen Stimmungsbedingung nicht auftrat, könnte damit zusammenhängen, dass in diesen Bedingungen teilweise über negative Lebensereignisse berichtet werden sollte. Die dargestellte Situation könnte im Gegensatz dazu weniger prägnant erscheinen. Dies sollte in zukünftigen Untersuchungen berücksichtigt werden. 5. Literatur Bless, H., Schwarz, N., & Wieland, R. (1996). Mood and the impact of category membership and individuating information. European Journal of Social Psychology, 26, 935-959. Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. (1988). The black sheep-effect: Judgmental extremity towards ingroup members in inter- and intra-group situations. European Journal of Social Psychology, 18, 287-292. 15 Gruppe 6 Gesichterlernen mit links? EKP-Korrelate abstrakter und bildabhängiger Gesichterrepräsentationen Louisa Arnold, Maria Engel, Katharina Schierz, Juliette Toth, Johanna Tränkner Leitung: Dr. J.M. Kaufmann 1. Einleitung Wie wird aus einem unbekannten Gesicht ein bekanntes? In den ereigniskorrelierten Potentialen scheint die Komponente N170 das Erkennen eines Stimulus als Gesicht widerzuspiegeln (Eimer, 2000), während die N250 als Korrelat des Zugriffs auf identitätsspezifische, durch Lernen erworbene Gesichter gilt (Tanaka et. al., 2006; Kaufmann & Schweinberger, in press). Kortikale Gesichterrepräsentationen („Face Recognition Units“, nach Bruce & Young, 1986), scheinen vorwiegend, aber nicht ausschließlich, in der rechten Hemisphäre lateralisiert zu sein (Schweinberger et al., 2003). Eine Studie von Cooper et al. (2007) legt nahe, dass vor allem die linke Hemisphäre Gesichter abstrakt abspeichert, während die rechte Hemisphäre eine eher bildgebundene Verarbeitung leistet. Im Alltag werden Gesichter über eine Vielzahl von Expressionen und Ansichten gelernt. Bisherige Studien vernachlässigten meist die Rolle dieser Variabilität. Daher kontrastierten wir in Experiment 1 das Lernen neuer Gesichter anhand einer Vielzahl von Bildern (variables Lernen) mit dem Lernen von Gesichtern anhand nur eines Exemplars (piktoriales L.). Wir erwarteten, dass piktorial gelernte Gesichter eher bildabhängig und rechts lateralisiert repräsentiert werden, während wir bei variablem Lernen v.a. linkshemisphärisch eine größere Abstrahierung vermuteten. In Experiment 2 verwendeten wir das Paradigma der lateralisierten Bahnung zur Untersuchung funktioneller Hemisphärenunterschiede. Wir nahmen linkshemisphärisch Vorteile für abstrakte Bahnung an, besonders in der variablen Bedingung, und bildabhängige Effekte in der rechten Hemisphäre, v.a. in der piktorialen Bedingung. 2. Methode Stichprobe und Stimulusmaterial: An Experiment 1 nahmen 20, an Experiment 2 nahmen 14 Versuchspersonen teil. Die Stimuli waren weitgehend standardisierte Schwarzweiß-Portraits. Prozedur, Experiment 1: In der Lernphase präsentierten wir Gesichter von 10 Personen anhand verschiedener Bilder (variables Lernen) und von 10 Personen anhand jeweils eines Bildes (piktoriales L.). In der Testphase wurden gelernte und neue Gesichter mit neutralem Ausdruck (bereits in der Lernphase präsentiert) oder lächelnd (noch nie präsentiert) gezeigt und sollten per Tastendruck als bekannt oder unbekannt klassifiziert werden. Experiment 2: 15 Personen wurden variabel, 15 Personen piktorial gelernt. In der Testphase sollte ein zentral dargebotenes Targetgesicht erkannt werden. Den Targets ging dabei entweder ein identisches Bild (bildabhängige Bahnung), ein anderes Bild derselben Person (abstrakte Bahnung) oder das Bild einer anderen Person voraus (keine Bahnung). Diese Bilder wurden jeweils tachistoskopisch im linken oder rechten Gesichtsfeld gezeigt. In beiden Experimenten wurden Reaktionszeiten, Antwortgenauigkeiten und das EEG abgeleitet. 3. Ergebnisse Experiment 1, Verhaltensdaten: Es zeigte sich eine stärkere Generalisierung der Gesichtererkennung auf zuvor nicht gesehene Exemplare in der variablen Lernbedingung, was sich vor allem in der Interaktion zwischen Lernbedingung und Bildversion ausdrückte (RTs: F(2,38) = 15.17, p<.001; Antwortgenauigkeiten: F(2,38) = 9.85, p<.001). 16 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Experiment 1, Ereigniskorrelierte Potentiale: Lernphase: Während der Lernphase zeigte sich eine größere N250 für variables im Vergleich zu piktorialem Lernen, F(1,19) = 23.13, p<.001. Außerdem nahm die Amplitude der N250 im Verlauf des Lernens zu, F(1,19) = 16.13, p<.001. Testphase: Die Analyse der P100 ergab eine Interaktion zwischen Lernbedingung, Version und Hemisphäre, F(2,38) = 3.71, p<.05. Nachtests ergaben eine größere rechtshemisphärische P100 für piktorial gelernte im Vergleich zu variabel gelernten Gesichtern, F(1,19) = 8.41, p<.01. Im Kontrast dazu zeigte sich die rechtshemisphärische N250 für piktorial gelernte Gesichter tendenziell schwächer ausgeprägt, F(1,19) = 4.17, p=.05. Entgegen unseren Hypothesen fanden wir für die linke Hemisphäre keine klaren Unterschiede zwischen den Lernbedingungen. Experiment 2: In den RTs zeigte sich unabhängig von der Lernbedingung ein signifikanter Bahnungseffekt, F(2.30) = 7.84, p<.01, mit Verarbeitungsvorteilen bei bildabhängige Bahnung. Für abstrakte Bahnung zeigte sich kein Vorteil für die variable Lernbedingung. Die Auswertungen der EKPs waren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. 4. Diskussion Piktoriales Lernen führt zu einer guten Wiedererkennung des gelernten Stimulus. Im EEG zeigt sich in der rechten Hemisphäre schon ein Unterschied zwischen den Lernbedingungen ab der P100, was auf eine ikonische Gedächtnisspur für piktorial gelernte Gesichter hinweisen könnte. Aber auch die nicht gelernte Ansicht wird zuverlässig, wenn auch langsamer, erkannt. Hier ist die N250 in der rechten Hemisphäre größer als bei der Präsentation des gelernten Bildes. Beim variablen Lernen findet man kaum Interaktionen mit der Präsentationsart. In der Lernphase ist die N250 aber in der variablen Bedingung größer als in der piktorialen. Diese Ergebnisse könnten für unterschiedliche Verarbeitungsprozesse je nach Lernbedingung sprechen. Für fröhliche, also noch nicht bekannte Gesichter muss immer eine bildunabhängige Repräsentation abgerufen werden. Bei neutralen Gesichtern kann hingegen in der piktorialen Bedingung eine eher bildgebundene Repräsentation abgerufen werden. Wir postulieren daher zwei verschiedene Gesichtererkennungsprozesse: Einen schnellen Prozess des schlichten „Bildmatchings“ (und nicht speziell der Gesichtererkennung), der sich v.a. in frühen Komponenten wie der P100 widerspiegelt. Ist diese Art der Bilderkennung nicht erfolgreich, wird ein abstrakter Code abgerufen. Dieser Prozess ist langsamer und spiegelt sich in späteren Komponenten wie der N250 wider. Die Befunde von Experiment 2 legen ebenfalls ein gewisses Ausmaß der Abstraktion auch bei piktorialem Gesichterlernen nahe. Insgesamt deuten die Ergebnisse v.a. bei identischer Wiederholung von Lern- und Teststimuli auf andere Verarbeitungsprozesse hin, die von früheren Studien nicht abgebildet wurden. 5. Literatur Bruce V, Y. A. (1986). Understanding face recognition. British Journal of Psychology, 77(3), 305-327. Cooper, T. J., Harvey, M., Lavidor, M., & Schweinberger, S. R. (2007). Hemispheric asymmetries in image-specific and abstractive priming of famous faces: Evidence from reaction times and event-related brain potentials. Neuropsychologia, 45, 2910-2921. Eimer, M. (2000). Event-related brain potentials distinguish processing stages involved in face perception and recognition. Clinical Neurophysiology, 111, 694-705. Kaufmann, J. M., Schweinberger, S. R., & Burton, A. M. (in press) N250 ERP correlates of the acquisition of face representations across different images. Journal of Cognitive Neuroscience. Schweinberger, S. R., Baird, L. M., Blumler, M., Kaufmann, J. M., & Mohr, B. (2003). Interhemispheric cooperation for face recognition but not for affective facial expressions. Neuropsychologia, 41, 407-414. Tanaka, J. W., Curran, T., Porterfield, A. L., & Collins, D. (2006). Activation of Preexisting and Acquired Face Representations: The N250 Event-related Potential as an Index of Face Familiarity. Journal of Cognitive Neuroscience, 18, 1488-1497. 17 Gruppe 7 „Mächtig aufgeflogen – Vorhersage verschiedener Komponenten des Machtmotivs durch implizite und explizite Messmethoden“ Olena Fluyerar, Franziska Meichsner, Swantje Puls, Martin Richter, Benedikt Werner Leitung: Prof. Dr. Klaus Rothermund 1. Einleitung McClellands Theorie der dualen Motive (1989) postuliert zwei Arten von Motiven. Explizite Motive sind stark an das Selbstkonzept angelehnt und führen zu Verhalten, für das man sich bewusst entscheidet. Implizite Motive dagegen sind der Introspektion nicht zugänglich und energetisieren spontanes Verhalten, das automatisch durch situative Anreize angeregt wird. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht das Ziel, die Theorie im Bereich des Machtmotivs zu prüfen. In der klassischen Motivationspsychologie werden implizite Motive mittels projektiver Verfahren (z.B. TAT) gemessen. Allerdings mangelt es solchen Messinstrumenten an Objektivität, weshalb wir das Machtmotiv mittels eines modernen kognitiven Verfahrens, des IAT (Greenwald et al., 1998), erheben wollen. In der einzigen Studie, die den IAT zur Messung des Machtmotivs benutzt (Sheldon et al., 2007), wurden als abhängige Maße ausschließlich Selbstberichte benutzt. Ziel unserer Untersuchung ist zu zeigen, dass spontanes Verhalten besser durch implizite Messverfahren vorhergesagt werden kann als durch explizite, während es einen Zusammenhang zwischen expliziten Messinstrumenten und kontrolliertem Verhalten gibt. 2. Methode Stichprobe. Es wurden 57 Psychologiestudenten im Grundstudium untersucht (Alter: M = 21.5 J.; Range: 18 bis 28; 87.7 % weiblich), die in Gruppen von 4 bis 6 Teilnehmern getestet wurden. Design. Es handelt sich um eine Korrelationsstudie mit Messwiederholung auf den Motiven. Dabei wurden Selbstauskunft und ein reaktionszeitbasiertes Maß auf der Seite der Prädiktoren und Verhaltensindikatoren auf der Seite der Kriterien erhoben. Implizite Motivmessung. Zunächst erfolgte die implizite Messung des Machtmotivs durch den IAT in einer personalisierten Variante, um sicherzustellen, dass auch wirklich eigene Präferenzen gemessen werden (Olson & Fazio, 2004). Die Kategorielabels waren „Einflussreich“ vs. „Zurückhaltend“ und „ich wäre gern“ vs. „ich wäre nicht gern“. Die Probanden sollten in zwei Blöcken Stimuli den Kategorien zuordnen. Im Anschluss wurde für jede Person ein IAT-Effekt aus der Differenz der Reaktionszeiten im kompatiblen Block („ich wäre gern“/„Einflussreich“ vs. „ich wäre nicht gern“/„Zurückhaltend“) und im inkompatiblen Block („ich wäre nicht gern“/„Einflussreich“ vs. „ich wäre gern“/„Zurückhaltend“) berechnet. Explizite Motivmessung. Es folgte die explizite Motivmessung durch die Skala des Dominanzstrebens aus der deutschen Version des Personality Research Form (PRF; Stumpf et al., 1985), die 16 Items mit dichotomem Antwortformat beinhaltet. Spontanes und geplantes Verhalten. Im Anschluss wurde spontanes und geplantes Dominanzverhalten in einer Gruppendiskussion erfasst. Hierbei wurden in jeder Gruppe zwei (!) Gutscheine in Aussicht gestellt, über deren Vergabe die Probanden diskutieren sollten. Die Diskussionen wurden auf Video aufgezeichnet. Zwei unabhängige Rater kodierten die Machtindikatoren (Median der Interraterübereinstimmung: 0.67). Als Indikator für spontanes Verhalten wurde die Anzahl der Unterbrechungen anderer gemessen; eine Verhaltensweise, die trotz gesellschaftlicher Unerwünschtheit schwer zu unterdrücken ist. Als Indikator für kontrolliertes Verhalten diente die Anzahl der Wortmeldungen, da diese aktiv und bewusst eingesetzt werden, um einen Preis zu bekommen. Da in der Literatur (z.B. Cashdan, 1998) die Körperhaltung als Zeichen von Dominanz eine bedeutende Rolle spielt, wurde diese explorativ ebenfalls erhoben. 18 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Tabelle 1 Korrelationen aller Maße Anzahl der Korrelationen der Indikatoren des Unterbrechungen Wortmeldungen Haltung Dominanzverhaltens mit den PRF- und (spontan) (kontrolliert) IAT-Ergebnissen ergaben, dass der IATIAT -.16 .28* -.02 Effekt mit der Tendenz andere zu (implizit) PRF unterbrechen signifikant korrelierte, .38** .02 .28* (explizit) während es einen Zusammenhang * p < .05; ** p < .01 zwischen dem PRF-Wert und der Anzahl der Wortmeldungen gab (Tabelle 1). Der Unterschied zwischen den Korrelationen der beiden abhängigen Variablen „Anzahl der Wortmeldungen“ und „Unterbrechungen“ erreichte sowohl beim IAT (z = 2.43; p < .01) als auch beim PRF (z = 2.03; p < .05) das Signifikanzniveau. Für die Haltung der Person ergab sich eine signifikante Korrelation mit dem PRF-Wert. Tabelle 2 Korrelationen „Kamera nicht bemerkt“ IAT (impl.) Anz. d. Wortm. (kontrolliert) -.14 PRF (expl.) .34* Unterbr. (spontan) Haltung .33* .16 -.04 .18 Tabelle 3 Korrelationen „Kamera bemerkt“ IAT (impl.) Anz. d. Wortm. (kontrolliert) -.19 PRF (expl.) .49* * p < .05; ** p < .01. * p < .05; ** p < .01. Unterbr. (spontan) Haltung .18 -.35 -.17 .53* Post hoc wurde die Stichprobe in „Kamera bemerkt“ (n = 20) und „Kamera nicht bemerkt“ (n = 37) unterteilt; wir erwarteten, dass Zusammenhänge mit dem reflektierten Verhalten vor allem bei Personen auftreten sollten, die bemerkt haben, dass die Diskussion aufgezeichnet wurde, während Zusammenhänge zum spontanen Verhalten sich vor allem zeigen sollten, wenn die Kamera nicht bemerkt wurde. Das Korrelationsmuster bestätigt diese Erwartungen (Tabellen 2 und 3). 4. Diskussion Der IAT konnte sich als implizites Motivmaß bewähren und sagt spontanes Verhalten vorher, während es keinen Zusammenhang zu kontrolliertem Verhalten gibt. Mit dem expliziten Motivmass (PRF) konnte dagegen vor allem kontrolliertes Verhalten erklärt werden. Wie die Post-Hoc-Analyse zeigt, finden sich Zusammenhänge zwischen PRF und kontrolliertem Verhalten (Anzahl der Wortmeldungen, Haltung) vor allem dann, wenn durch das Bemerken der Kamera eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit (= hohe Verhaltenskontrolle) entstand. Der IAT sagte spontanes Dominanzverhalten dagegen vor allem dann vorher, wenn die Kamera nicht bemerkt wurde (niedrige Selbstaufmerksamkeit = geringe Verhaltenskontrolle). Allerdings wurde die Einteilung in hohe und niedrige Selbstaufmerksamkeit nicht experimentell kontrolliert, sondern erfolgte nur aufgrund von Selbstberichten. Sie könnte in einer Folgestudie manipuliert werden, um den Effekt bestätigen zu können. 5. Literatur Cashdan, E. (1998). Smiles, speech, and body posture: How women and men display sociometric status and power. Journal of Nonverbal Behavior, 22, 209-228. McClelland, D., Koestner, R., & Weinberger, J. (1989). How do self-attributed and implicit motives differ? Psychological Review, 96, 690-702. Olson, M. A., & Fazio, R. H. (2004). Reducing the influence of extrapersonal associations on the Implicit Association Test: Personalizing the IAT. Journal of Personality and Social Psychology, 86, 653-667. Sheldon, K.M., King, L. A., Houser-Marko, L., Osbaldistin, R. & Gunz, A. (2007). Comparing IAT and TAT Measures of Power Versus Intimacy Motivation. European Journal of Personality, 21, 263–280. 19 Gruppe 8 Frühe Indikatoren unseres Gehirns für Ungerechtigkeitsempfinden: ein elektrophysiologisches Korrelat Anett Siebenmorgen, Pino Nagel, Annelie Tuchscherer, Saskia Schöler, Melanie Spate Leitung: Dr. Johannes Hewig 1. Einleitung “Gerechtigkeit entspringt dem Neid; denn ihr oberster Grundsatz ist: Allen das Gleiche.“ Viele Forscher haben sich in der Vergangenheit bereits auf wissenschaftlicher Ebene mit der Thematik der Gerechtigkeit auseinander gesetzt. Dabei stellt sich die Frage, ob jedem dieser Grundsatz „Allen das Gleiche“ tatsächlich innewohnt? Beziehungsweise wie Personen auf gerechte und ungerechte Angebote reagieren. Hierzu wurden bereits in früheren Studien das Ultimatumspiel und das Diktatorspiel eingesetzt. Im Ultimatumspiel teilt der Anbieter einen Geldbetrag zwischen sich und einem Empfänger auf. Dieser hat die Möglichkeit, den angebotenen Betrag anzunehmen oder abzulehnen. Bei Annahme wird das Geld nach dem akzeptierten Verhältnis aufgeteilt, lehnt er jedoch ab, bekommt keiner etwas von der angebotenen Summe. Bei dem Diktatorspiel hingegen muss der Empfänger jedes Angebot annehmen, die Möglichkeit der Entscheidung besteht nicht. In einer fMRT Studie stellten Sanfey et al. (2003) eine erhöhte Aktivität im anterioren cingulären Kortex (ACC) nach der Präsentation unfairer Angebote fest (siehe auch Tabibnia, Satpute, Liebermann, 2008). In diesem Areal wird die Error Related Negativity (ERN) generiert (z.B. Hewig et al., 2007). Die ERN ist ein ereigniskorreliertes Potential und gilt als elektrophysiologisches Korrelat der Fehlerverarbeitung. Sie tritt darüber hinaus nach negativem Leistungsfeedback und Geldverlusten in Glücksspielen auf (Feedback-ERN; Miltner, Braun, Coles, 1997). Ziel der vorliegenden Studie war es, die ERN unter Verwendung des Ultimatum- und Diktatorspiels als Reaktion auf ungerechte Angebote nachzuweisen. Aufgrund des relativen Geldverlustes bei unfaireren Angeboten, sollte sich eine Feedback-ERN im EEG zeigen. Da die ERN dem Entscheidungsverhalten im Ultimatumspiel vorausgeht, erwartete man außerdem mit Hilfe dieses elektrophysiologischen Korrelates des Ungerechtigkeitsempfindens die nachfolgende Annahme oder Ablehnung des Geldangebotes vorhersagen zu können. 2. Methode Die Stichprobe bestand aus 12 Versuchspersonen, 8 Frauen und 4 Männern (mittleres Alter = 21,58, SD = 1,505). Die Probanden befanden sich zunächst in der Position des Anbieters, in der sie Angebote für das Ultimatum- sowie das Diktatorspiel am PC machen mussten. Um einen hohen Realitätsbezug herzustellen, wurde den Teilnehmern glaubhaft gemacht, dass ihre Angebote für spätere Versuchspersonen genutzt werden. Im folgenden zweiten Teil der Erhebung wurde das EEG mit insgesamt 128 Elektroden angelegt und der Proband spielte das Ultimatum- und das Diktatorspiel in der Position des Empfängers. In 240 Trials (40 pro Angebotsstufe im Ultimatumspiel und insgesamt 60 im Diktatorspiel) wurden jeweils 12 Cent im Verhältnis 11:1, 10:2, 9:3, 8:4, 7:5 oder 6:6 aufgeteilt. Hierbei wurden die Ereigniskorrelierten Potentiale auf die Darbietung des Aufteilungsangebotes, mit Hilfe üblicher Verfahren (siehe Hewig et al., 2007) analysiert. Zum Schluss füllten die Versuchspersonen folgende Fragebögen aus: NEO-FFI, BIS/BAS, Ungerechtigkeitssensibilität, STAXI, subjektive Bewertungen zum Ultimatum- und Diktatorspiel. Die Probanden wurden zusätzlich zum erspielten Gewinn mit 6 €/ Stunde vergütet. Die Auswertung der EEG-Daten erfolgte durch eine mehrfaktorielle ANOVA mit Messwiederholung. Die Freiheitsgrade wurden gegebenenfalls mit der Huyhn-Feldt-Methode korrigiert. 20 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Im Zeitbereich zwischen 270 und 310 ms nach der Anzeige des Angebotes zeigte sich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Anterior/ Posterior. Das heißt, die Elektroden im anterioren Bereich maßen im Mittel eine größere Negativierung. Des Weiteren konnte ein signifikanter Interaktionseffekt für Anterior x Angebot (F (20,220 = 2,76, p = .015; η² = 0,201) gefunden werden. Dies bedeutet, dass die ERN eher bei unfairen im Vergleich zu fairen Angeboten auftritt. Somit stellt sie vermutlich einen elektrophysiologischen Indikator für Ungerechtigkeitsempfindungen dar. Dies zeigte sich auch in Korrelation der ERN mit subjektiven Einschätzungen. Zusätzlich wollten wir die Bedeutung der ERN für das Entscheidungsverhalten der Probanden im Ultimatumspiel überprüfen. Da jedoch in der Bedingung 11:1 das Angebot fast nie angenommen wurde und in den Bedingungen 6:6 sowie 7:5 fast nie abgelehnt wurde, tritt hier eine Konfundierung von Ungerechtigkeit und Entscheidung auf (d.h. für einen objektiven Vergleich würde man jeweils Daten abgelehnter und angenommener Angebote benötigen). Daher analysierten wir ausschließlich die Bedingung 10:2, in welcher ca. 50% der Angebote abgelehnt und 50% angenommen wurden. Hierbei ergab sich ein signifikanter Haupteffekt (F (1,9) = 5,22, p = 0,048; η² = 0,367) für den Faktor Entscheidung. In Abhängigkeit einer negativen Entscheidung (Ablehnung) vs. positive Entscheidung (Annahme) zeigte sich 240-260 ms nach Präsentation des Angebotes eine verstärkte bzw. abgeschwächte ERN. 4. Diskussion Die gewonnenen Daten untermauern unsere Annahmen und replizieren die Ergebnisse vorangegangener Studien (Sanfey et al, 2003). Wie erwartet, zeigt sich nach der Präsentation von unfairen Angeboten die Feedback-ERN als Reaktion auf eine externe Verlustrückmeldung. Bezugnehmend auf den signifikanten Interaktionseffekt Anterior x Angebot kann man sagen, dass die frontalen Elektroden die größere Aktivität des ACC aufgrund der örtlichen Nähe besser messen und dementsprechend auch die stärkere Negativierung. Des Weiteren kann man mittels der ERN Vorhersagen über die Annahme oder Ablehnung eines Angebotes treffen. Weiterhin wurde ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Entscheidung in der Bedingung 10:2 gefunden. Ein Teil der Versuchspersonen verfolgte laut Fragebogenauswertung die Strategie, jedes Angebot bzw. jedes außer 11:1 anzunehmen. Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die abgeschwächte ERN bei der Annahme des 10:2 Angebotes durch die Verfolgung dieser Strategien zu erklären ist. Vorab stellt sich die Frage des Nutzens der ERN. Da das Gehirn auf Unfairness mit erhöhter Aktivität im ACC reagiert, könnte dessen Aufgabe in der Sicherung des eigenen Vorteils liegen. Ferner könnte die ERN durch das bessere Erkennen benachteiligender Situationen dem Schutze des Individuums dienlich sein und Gegenmaßnahmen wie Rückzug oder Konfrontation einleiten. Für weitere Untersuchungen wäre es interessant balancierte positive vs. negative Entscheidungen für möglichst viele Aufteilungsarten zu erreichen, um etwaige Unterschiede bezüglich der ERN genauer untersuchen zu können. Hierzu könnte man verschiedene Instruktionen einsetzen oder den Geldanreiz entfernen. 5. Literatur Hewig, J.,Trippe, R., Hecht, H., Coles, M. G. H., Holroyd, C. B., et al. (2007). Decision-making in blackjack: An electrophysiological analysis. Cerebral Cortex, 17(4), 865-877. Miltner, W. H. R., Braun, C. H., & Coles, M. G. H. (1997). Event-related brain potentials following incorrect feedback in a time-estimation task: Evidence for a ''generic'' neural system for error detection. Journal of Cognitive Neuroscience, 9(6), 788-798. Sanfey, A. G., Rilling, J. K., Aronson, J. A., Nystrom, L. E., & Cohen, J. D. (2003). The neural basis of economic decision-making in the Ultimatum Game. Science, 300(5626), 1755-1758. Tabibnia, G., Satpute, A. B., & Lieberman, M. D. (2008). The sunny side of fairness: Preference for fairness activates reward circuitry (and disregarding unfairness activates self-control circuitry). Psychological Science, 19(4), 339347. 21 Gruppe 9 Die Macht der Sterne - wie Sie sehen, sehen Sie nichts Rico Zimmermann, Shanglei Jia und Marie Penzold Leitung: Jan Marten Ihme 1. Einleitung Horoskope und Sternzeichen erfreuen sich anscheinend großer Beliebtheit. In etlichen Tageszeitungen zählen sie zum festen Inhalt: Welche Sternzeichen passen zueinander? Mit welchen Eigenschaften kann man bei einem Steinbock rechnen? Die Tierkreiszeichen beschreiben die Himmelsposition, in der die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt stand. Die Astrologie vertritt die Auffassung, dass ein Mensch, geboren in einem bestimmten Sternzeichen, bestimmte Charakteristika entwickelt (Sakoian & Acker, 2005). Die Idee, dass das Geburtsdatum Persönlichkeitseigenschaften offenbart, ist geradezu verlockend – doch ist es wirklich so einfach? Im Sinne der Big Five kann die Persönlichkeit mit fünf Dimensionen umfassend beschrieben werden. Häufig untersucht ist der Zusammenhang zwischen dem Sternzeichen und Extraversion. So fand beispielsweise Mayo, White und Eysenck (1978) und van Rooij (1994) keinen signifikanten Gesamtzusammenhang zwischen Extraversion und Sternzeichen, jedoch einen Zusammenhang bei Personen, die eine positive Einstellung gegenüber der Astrologie haben. Als Erklärung wurde in beiden Studien eine Selbstattributionseffekt angeführt. Ähnlich wie van Roij und Mayo, White und Eysenck fanden Hentschel und Kiessling (1985) keinen Anhaltspunkt, dass das Geburtsdatum Einfluss auf die Persönlichkeit nimmt. In dieser Studie wird der Zusammenhang zwischen der Big Five Dimension der Verträglichkeit und den Sternzeichen betrachtet. Es wird vermutet, (1) dass es keinen Zusammenhang zwischen Verträglichkeit und dem Sternzeichen gibt und (2) dass der Zusammenhang von der Einstellung zur Astrologie oder vom Wissen über das Untersuchungsziel abhängt. 2. Methode Die Erhebung erfolgte im Internet. Von 225 gültigen Datensätzen wurden 27 Personen ausgeschlossen (Deutsch als Fremdsprache; nicht eindeutig zuordenbares Geburtsdatum; Ausreißerwerte bei Verträglichkeits- und Einstellungsskala). Übrig für die Analysen blieben somit 198 Datensätze mit 68 (34,3%) männlichen und 130 (65,7%) weiblichen Teilnehmern im Alter von 18 bis 57 Jahren (M=26,4). Aus vier Onlinequellen (Charakterbeschreibungen der zwölf Sternzeichen) wurden durch vier Rater die Sternzeichen in acht niedrig und vier hoch verträgliche eingeteilt mit einer Interraterreliabilität von Cohens κ=0,57. Die Datenerhebung erfolgte online mit zufälliger Zuteilung zu einer von zwei Versuchsbedingungen. In beiden Bedingungen wurde das Geburtsdatum abgefragt. Probanden in Bedingung Q erhielten nur die Information, dass die Studie Persönlichkeitsaspekte untersucht. Zuerst bearbeiteten Teilnehmer dieser Bedingung zwölf Items des Verträglichkeitsfragebogens (Borkenau & Ostendorf, 1993) und anschließend einen von den Autoren erstellten Einstellungsfragebogen zur Astrologie mit zehn Likertskala-Items. Probanden der Bedingung P erhielten vorab die Information, dass der Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Astrologie erforscht werden soll. Zunächst füllten Probanden in dieser Bedingung den Astrologie-Einstellungsfragebogen aus und erhielten eine Charakterbeschreibung ihres Sternzeichens. Anschließend bearbeiteten sie die Verträglichkeitsitems. 22 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Zur Überprüfung von Unterschieden bei den Verträglichkeits-Gruppenmittelwerten zwischen hoch und niedrig verträglichen Sternzeichen wurde ein t-Test durchgeführt. Ein Unterschied zwischen beiden Gruppen ist nicht signifikant (p=,707). Die Voraussetzung der Varianzengleichheit ist erfüllt (Levene-Test: F=,079, p=,779). Um Verträglichkeitsmittelwerte zwischen den Sternzeichen vergleichen und eine Effektstärke angeben zu können, wurde eine univariate Varianzanalyse durchgeführt (F=,375 , df=11). Die Effektstärke des Sternzeichens beträgt Eta²=,022. Eine Reliabilitätsanalyse der selbst erstellten Einstellungsskala ergab Cronbachs α=,894 als Maß für interne Konsistenz. Der Stichprobenmittelwert auf dieser Skala beträgt 2,0 und ist signifikant unterschiedlich vom theoretischen Skalenmittel 2,5 (p<,001). Die Skalenstandardabweichung beträgt 0,77. Gesamtscores auf der Verträglichkeitsskala wurden laut NEO-FFI Vorgaben zu T-Werten transformiert. Stichprobenmittel beträgt 52,21 mit einer Standardabweichung von 11,77. Um zu überprüfen, ob es zwischen den hoch und niedrig verträglichen Sternzeichen und der Einstellung zur Astrologie oder den Versuchsbedingungen Interaktionseffekte gibt, wurde eine univariate Varianzanalyse durchgeführt (F=,921, df=7). Eine Interaktion zwischen den zwei Sternzeichengruppen und den Versuchsbedingungen ist nicht signifikant (p=,789), ebenso wie eine Interaktion zwischen beiden Sternzeichengruppen und der Einstellung zur Astrologie (p=,063). Eine dreifache Interaktion zwischen Sternzeichengruppe, Versuchsbedingung und Einstellung zur Astrologie ist ebenfalls nicht signifikant (p=,943). 4. Diskussion Es wurde kein Anhaltspunkt für einen Zusammenhang zwischen hoch und niedrig verträglichem Sternzeichen und Verträglichkeit der Person gefunden. Die sehr geringe Effektstärke der einzelnen Sternzeichen auf die Verträglichkeitsscores bestätigt die Hypothese ebenfalls. Entgegen der zweiten Hypothese wurde keine Abhängigkeit des Zusammenhangs zwischen Sternzeichen und Verträglichkeit von der Einstellung zur Astrologie oder dem Wissen über das Studienziel gefunden. Dies bestätigt die ursprüngliche Annahme nicht. Die selbst erstellte Einstellungsskala weist eine sehr gute interne Konsistenz auf. Die Varianz der Skala ist jedoch eingeschränkt – die Stichprobe hat eine insgesamt negative Haltung gegenüber Astrologie und die Einstellungsverteilung ist nicht ausgewogen und es gab offenbar nicht genug Probanden mit einer positiven Haltung. Diese Varianzeinschränkung verringert letztendlich die Testpower. Man kann aus diesen Daten nicht schlussfolgern, ob Wissen über das Studienziel oder Einstellung zur Astrologie einen Effekt auf den Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Verträglichkeit haben oder nicht. Es wurden jedoch eindeutige Hinweise gefunden, dass Sternzeichen und Verträglichkeit nichts miteinander zu tun haben – aber Sorgen um ihre Beliebtheit müssen sich Horoskope, Sternzeichen und Co. wahrscheinlich nicht machen. 5. Literatur Borkenau, P., Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae: Handanweisung. Göttingen: Hogrefe. Hentschel, U. & Kiessling, M. (1985). Season of birth and personality: Another instance of noncorrespondence. Journal of Social Psychology, 125, 577-585. Mayo, J., White, O. & Eysenck, H. (1978). An empirical study of the relation between astrological factors and personality. Journal of Social Psychology, 105, 229-236. Sakoian, F. & Acker, L. (2005). Das große Lehrbuch der Astrologie. Frankfurt: Fischer Tb. van Rooij, J. (1994): Introversion-Extraversion: astrology versus psychology. Personality and Individual Differences, 16, 985-988. 23 Gruppe 10 Gesichter die man nie vergisst – Gesichterlernen & funktionelle Lateralisation Angy Bornschein, Simone Döring, Kathleen Kemter, Manuela Richter, René Taubenrauch Leitung: Dr. J.M. Kaufmann 1. Einleitung Die Fähigkeit ein Gesicht zu erkennen und von anderen Gesichtern zu unterscheiden wird vom menschlichen Gehirn innerhalb der ersten Lebensmonate erworben. Die zur Erkennung notwendigen Gesichtsmerkmale werden, laut Bruce und Young (1986), in so genannten „Face Recognition Units“ (FRUs) abgespeichert. Hier ist ein struktureller Code des bekannten Gesichtes hinterlegt, der mit dem Wahrgenommenen verglichen wird. Laut des Face-Space Modells (Valentine, 1991) werden besonders die Abweichungen individueller Gesichtsmerkmale zur Gesamtpopulation aller bekannten Gesichter kodiert, wobei diese distinkten Merkmale als entscheidende Erkennungshilfen dienen. Der sogenannte Karikaturenvorteil wird häufig als Bestätigung dieser Hypothese angeführt: durch die Übertreibung individueller Abweichungen eines Gesichts im Vergleich zu einem Durchschnittsgesicht werde das Gesicht distinkter und könne damit schneller und genauer erkannt werden. In der Studie zur Gesichterkennung von Kaufmann et al. (in press) zeigte sich dieser für unbekannte Gesichter, die während des Experimentes erlernt wurden. Allerdings wurde dies nicht für zuvor bekannte Gesichter bestätigt. Vermutlich ist die Karikierung durch Erhöhung der Distinctiveness bei Anlegung neuer Repräsentationen von Gesichtern im Gehirn hilfreich. Andererseits sind Repräsentationen sehr bekannter Gesichter möglicherweise schon so flexibel, dass eine Karikierung keine weiteren Vorteile zu bringen scheint. Aufbauend auf diesen Ergebnissen untersuchten wir in unserer Studie die Auswirkungen eines Karikatureneffektes auf das Lernen und Wiedererkennen unbekannter Gesichter. Hierzu führten wir zwei Computerexperimente mit EEG-Ableitung durch, bei denen unser Hauptaugenmerk auf zwei ERPKomponenten lag. Die N170 ist zwar unbeeinflusst von der Bekanntheit eines Gesichtes, es wird aber angenommen, dass sie die präkategoriale strukturelle Enkodierung von Gesichtern widerspiegelt (Eimer, 2000).Wir nahmen daher an, dass sich während des Lernens ein Karikaturenvorteil, in Form einer stärkeren Negativierung, einstellt. Somit sollte sich eine größere N170 abzeichnen, je distinkter das Gesicht dargestellt wird. Für die N250 wird angenommen, dass sie die früheste Komponente ist, die eine Gesichtsrepräsentation im Langzeitgedächtnis registriert. Dies konnten auch Tanaka et al. (2006) zeigen. Auf Grundlage dieser Studien erwarteten wir des Weiteren für karikierte Gesichter einen stärkeren Lerneffekt, der durch eine größere Negativierung der N250 in der Testphase dargestellt werden sollte. 2. Methode Experiment 1: Stichprobe: Insgesamt wurden 20 Studenten der FSU Jena erfasst. Stimulusmaterial: Als Stimuli dienten uns Fotos unbekannter Personen, frontal aufgenommen, ohne Brille und Schmuck. 52 Bilder wurden zunächst mit Adobe Photoshop (CS2) bearbeitet und anschließend mittels Sierra Morph 2.5 auf ein 30%-Level karikiert. Prozedur: Das Experiment teilte sich in Lern- und Testphase auf. In der Lernphase wurde jedem Teilnehmer 13 Gesichter als Originale und 13 Gesichter als Karikatur präsentiert. Testphase: In der Testphase sollten die Probanden die Gesichter, möglichst schnell und präzise, via Tastendruck als gelernt bzw. nicht gelernt identifizieren. Dazu wurden je 52 Bilder (26 gelernte, 26 neu) in vier Blöcken präsentiert und dabei die Antwortgenauigkeiten und die Reaktionszeiten erfasst. Die EEG-Aufzeichnungen (32 Kanäle, AC, 0.05 Hz high pass, 40 Hz low pass, 6dB 24 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress attenuation, 12 dB/octave, sampling rate 250 Hz) erfolgten in einem elektromagnetisch abgeschirmten Raum. Experiment 2: Als Fortführung von Experiment 1 untersuchten wir 16 Studenten der FSU Jena in einer ähnlich aufgebauten Studie. Die bereits verwendeten Gesichter wurden nun als Original sowie als 35% und 70% Karikatur dargeboten. Die Datenerfassung erfolgte äquivalent zum ersten Experiment. 3. Ergebnisse: Bedingungsunterschiede (Karikatur vs. Original) wurden in beiden Experimenten anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung getestet. Experiment 1: Es ergab sich unter anderem eine signifikante Interaktion für Familiarität x Morphlevel. Dies zeigt sich dadurch, dass karikierte Gesichter schneller und auch akkurater erkannt wurden, wenn man sie zuvor als Karikatur gelernt hat. Die Analyse der EEG-Daten ergab bei den Karikaturen eine stärkere N170 Aktivierung während der Lernphase und im Verlauf der Testphase eine größere N250 Amplitude. Experiment 2: Hier zeigten sich Haupteffekte für die Faktoren Morphlevel und Familiarität bei Reaktionszeit und Antwortgenauigkeit. Je stärker ein Gesicht karikiert war, desto schneller und akkurater wurde es erkannt. Ebenso wurde auf bekannte Gesichter schneller und akkurater reagiert. Im Einklang zu den Verhaltensdaten zeigte sich für die N250 ein linearer Amplitudenanstieg in Abhängigkeit vom Grad der Karikierung 4. Diskussion: Unsere Ergebnisse bestätigen den Einfluss von Distinctiveness auf das Lernen neuer Gesichter. Experiment 1 replizierte weitgehend die ERP Befunde von Kaufmann und Schweinberger (in press) und zeigte darüber hinaus Effekte expliziter Verhaltensmasse. Experiment 2 zeigte, dass sich das Ausmaß der Karikierung- zumindest bis zum Karikaturenlevel 70%- linear sowohl auf Verhalten als auch auf die identitätssensitive N250 auswirkt. Insgesamt legen die Daten nahe, dass im Laufe des Experimentes für Karikaturen unbekannter Gesichter stärkere Repräsentationen angelegt wurden als für Originale. Vermutlich unterstützt die Verstärkung distinkter Gesichtsmerkmale das Anlegen neuer Repräsentationen. 5. Literatur: Bruce, V. & Young, A. (1986). Understanding face recognition. British Journal of Psychology, 77, 305-327. Eimer, M. (2000). Event-related brain potentials distinguish processing stages involved in face perception and recognition. Clinical Neurophysiology, 111, 694-705. Kaufmann, J. M., Schweinberger, S.R., & Burton, A. M. (in press). N250 ERP Correlates of the Acquisition of Face Representations Across Different Images. Journal of Cognitive Neuroscience Tanaka, J. W., Curran, T., Porterfield, A. L., & Collins, D. (2006). Activation of Preexisting and Acquired Face Representations: The N250 Event-related Potential as an Index of Face Familiarity. Journal of Cognitive Neuroscience, 18, 1488-1497. Valentine,T. (1991). A Unified Account of the Effects of Distinctiveness, Inversion, and Race in Face Recognition. Quarterly Journal of Experimental Psychology Section A-Human Experimental Psychology, 43, 161-204. 25 Gruppe 11 - Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte Audiovisuelle Integration bei der Identifikation von unbekannten Personen Sarah Fischer, Nadine Förtsch, Carolin Gottwalt, Christin Kästner, Katja Stübchen Leitung: MA David Robertson 1. Einleitung In unserer alltäglichen Kommunikation nehmen wir häufig auditive und visuelle Stimuli parallel wahr. Den Verbindungsprozess von Informationen dieser beiden Modalitäten nennt man audiovisuelle Integration. Hinweise auf Identität von Sprechern sind sowohl im Gesicht als auch in der Stimme enthalten. Dies impliziert, dass es möglich sein müsste, aus visuellen Informationen (Bewegungen, Gesichtsform, Geschlecht, Alter, etc.) Rückschlüsse auf Stimmeigenschaften (Stimmlage, Intonation, individuelle Besonderheiten, etc.) zu ziehen. Kamachi, Hill, Lander und Vatikiotis-Bateson (2003) konnten diese Annahme bereits in einer Studie bestätigen. Den Versuchspersonen wurde zunächst eine tonlose Videosequenz eines unbekannten, sprechenden Gesichtes präsentiert. Im zweiten Teil hörten sie via Kopfhörer nacheinander zwei Sprecher einen Satz sagen, wobei eine der Personen die im Video gezeigte war. Die Sätze der beiden Teile unterschieden sich inhaltlich. Die Aufgabe der Probanden bestand darin zu entscheiden, welche Stimme zu dem im ersten Teil präsentierten Gesicht passte. Wir vermuten, dass die erreichte Identifikationsrate von 61% nur deshalb knapp über dem Zufallsniveau lag, weil zu keinem Zeitpunkt Stimmen und Gesichter gepaart dargeboten wurden. Die fehlende Möglichkeit zur audiovisuellen Integration erschwerte unserer Meinung nach die korrekte Zuordnung von Sprecher und Stimme. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, in unserem Experiment Stimmen und Gesichter simultan und möglichst perfekt synchronisiert zu präsentieren. Wir erwarteten aufgrund unseres methodischen Designs eine höhere Identifikationsrate als die von Kamachi et al. (2003) erhaltene. 2. Methode An unserem Experiment nahmen 30 Versuchspersonen (27 Frauen und 3 Männer, Durchschnittsalter 21,5 Jahre) teil. Die Stimuli bestanden aus 4 männlichen Sprechern, welche jedem Probanden unbekannt waren. Diese wurden per Videokamera und Mikrophon aufgenommen, während sie den Satz "Du bist doch, was du denkst" aussprachen (s. Schweinberger, Robertson & Kaufmann, 2007). Um eine größtmögliche Synchronisation zu erreichen, berechneten wir über alle Sprecher hinweg die mittlere Länge jedes Wortes sowie jeder Pause und passten alle Aufnahmen diesbezüglich an, indem wir Worte und Pausen dementsprechend verlängerten oder verkürzten. Dies geschah unter Verwendung der Programme Adobe Audition 1.5 (auditive Stimuli) und Adobe Premiere Pro 1.5 (visuelle Stimuli). Durch die Synchronisation konnte jeder Videoclip mit jeder Audiodatei kombiniert werden. Den Teilnehmern wurde zunächst ein Gesicht gezeigt, gefolgt von zwei Präsentationen desselben Gesichts – synchron unterlegt mit zwei verschiedenen Stimmen. Nach diesen drei Darbietungen wurden die Versuchspersonen aufgefordert, per Tastendruck zu entscheiden, welche der beiden audiovisuellen Kombinationen ihrer Meinung nach die richtige war (d.h. welche Stimme zum Sprecher gehörte). Insgesamt bestand das Experiment aus 192 randomisierten Trials. Wir erfassten nur die Anzahl der richtigen Antworten, auf Reaktionszeitmessung wurde verzichtet. 26 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Die durchschnittliche Identifikationsrate unseres Experiments beträgt 81,1%. Mittels t-Test konnten wir nachweisen, dass sie signifikant über dem Zufallsniveau liegt (t(479)=28,433, p<0,001). Um auszuschließen, dass unsere Ergebnisse vornehmlich durch Sprechereffekte zustande gekommen sind, führten wir eine ANOVA mit Messwiederholung durch. Es zeigte sich kein signifikanter Haupteffekt für Sprecher (F(3,87)= 0.75, p>0,05). Eine weitere ANOVA mit Messwiederholung ergab einen signifikanten Haupteffekt des Blockes (F(3,87)= 12.09, p<0,001). Desweiteren fanden wir eine signifikante Interaktion von Block und Sprecher (F(9,261)= 2.03, p<0,05). In einer post-hoc-Analyse zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sprechern (alle F-Werte (1, 29) < 1.5, alle p > 0.05). Außer zwischen Block 3 und Block 4, (F(1, 29) = 0.05, p > 0.001) gab es von Block zu Block eine signifikante Verbesserung (alle F-Werte (1, 29) > 7, alle p < 0.05). 4. Diskussion Mittels unserer Untersuchung konnte bestätigt werden, dass unsere Identifikationsrate größer ist als die von Kamachi et al. (2003) gefundene (61%). Die simultane und synchronisierte Präsentation von auditiven und visuellen Reizen erleichterte somit die Identifikation von unbekannten Personen. Dies bekräftigt unsere Annahme, dass der Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf audiovisueller Integration basiert und ihm nicht die Analyse bestimmter Sprecheigenschaften (Redegeschwindigkeit, -fluss) zugrunde liegt. Immerhin bestehe laut Kamachi et al. (2003) die Möglichkeit, dass deren signifikante Ergebnisse auf jene zurückzuführen sein könnten. Ein Fakt, den wir für unser Experiment mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Es zeigte sich kein Sprechereffekt, was bedeutet, dass keiner der vier unterschiedlichen Sprecher aufgrund von eventuellen Besonderheiten überzufällig besser als ein anderer zu identifizieren war. Dies spricht für gelungene Synchronisation. Die Interaktion von Block und Sprecher impliziert, dass die Erkennung einiger Sprecher vom Blockeffekt mehr profitierte als die anderer. Der zuvor erwähnte Blockeffekt ist darauf zurückzuführen, dass sich von Block 1 bis Block 3 mit zunehmender Anzahl an absolvierten Durchgängen die Stimmenzuordnung verbesserte. Dies deutet auf Lerneffekte hin. Da jedoch bereits im ersten Durchgang eine sehr hohe durchschnittliche Identifikationsrate von 74,9% erreicht wurde, sind wir der Meinung, dass die Implikationen unserer Ergebnisse dadurch nicht entwertet werden. Die in Block 4 erreichte Erkennungsrate von durchschnittlich 85,1% weicht nicht signifikant von der in Block 3 erzielten ab. Wir gehen davon aus, dass es sich hierbei um einen durch die Aufgabenstellung bedingten Deckeneffekt handelt. Im alltäglichen Leben ist es eher ungewöhnlich, ein sprechendes Gesicht ohne Ton wahrzunehmen. Es ist daher selten notwendig, von dieser visuellen Wahrnehmung auf die dazugehörige Stimme zu schließen. Einfacher gestaltet es sich, von der Stimme auf das Aussehen einer Person zu schließen, da solche Situationen häufiger auftreten und die Hypothesenprüfung erleichtern ("Hörst du mein Gesicht?", 2008). 5. Literatur Kamachi, M., Hill, H., Lander, K., Vatikiotis-Bateson, E. (2003). ‘Putting the Face to the Voice’: Matching Identity across Modality. Current Biology, 13, 1709-1714. Schweinberger, S.R., Robertson, D. & Kaufmann, J. (2007). Hearing facial identities. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 60 (10), 1446-1456. Daßler, H., Gottschlich, K., Itz, M., Knösing, A., Temmermann, M. (2008). 'Hörst Du mein Gesicht? – Audiovisuelle Integration'. EmPra-Bericht 2008. 27 Gruppe 12 Gefühlte Handlung – Antizipative Handlungssteuerung durch affektive Bewegungskonsequenzen Anne Tzschach, Armin Walter, Katharina Bohl Leitung: Dr. Andreas Eder 1. Einleitung Gemäß dem ideomotorischen Prinzip werden willentliche Handlungen durch die alleinige gedankliche Vorwegnahme der Handlungskonsequenzen gesteuert. Betritt man z.B. einen dunklen Raum, so veranlasst die Antizipation der Beleuchtung (Handlungskonsequenz) den Druck auf den Lichtschalter (Handlung). Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch wiederholte Paarung von Handlung und deren Konsequenz eine bidirektionale Assoziation gebildet wird. In einer Studie von Beckers und Kollegen (2002) wurde untersucht, ob dieses Prinzip auch auf den affektiven Bereich übertragbar ist, d.h. ob die Antizipierung affektiver Konsequenzen Einfluss auf die Handlungssteuerung hat. In einer Akquisitionsphase konnten zwei Bewegungen ausgeführt werden, wobei die eine von einem Elektroschock gefolgt war, die andere nicht. In der Testphase sollten mit denselben Bewegungen valente Wörter grammatikalisch kategorisiert werden. Zu beobachten ist, dass auf negative Wörter schneller mit der „Schockbewegung“ reagiert wird, obwohl diese Bewegung nicht mehr von einem Elektroschock gefolgt wird. Unser experimentelles Design ähnelt dem von Beckers und seinen Mitarbeitern mit dem Unterschied, dass unaufdringliche, negative und positive Bewegungseffekte verwendet werden, um strategisches Antworten auszuschließen. In einer Akquisitionsphase folgt auf einen linken bzw. rechten Tastendruck ein positives bzw. negatives Bild, wodurch eine Valenzübertragung von den Bildern auf den Tastendruck stattfindet. In der darauf folgenden Testphase sollen mit denselben Tasten Nomen und Adjektive kategorisiert werden, ohne die evaluative Wortbedeutung zu beachten (sog. affektive Simon-Aufgabe). Dadurch ergeben sich zwei unterschiedliche Bedingungen: Eine kompatible Reiz-Reaktions-Bedingung, die durch gleiche Valenz in Reaktion und Wort gekennzeichnet ist und eine inkompatible Bedingung, in der Reaktionsvalenz und Wortvalenz konträr sind. Die Hypothese ist nun, dass die in der Akquisitionsphase gebildete Assoziation zwischen linkem oder rechtem Tastendruck und Effektvalenz Einfluss auf die Reaktionssteuerung ausübt. Durch die Vorwegnahme der Effektvalenz kommt es zu einer beschleunigten Auslösung des assoziierten Tastendrucks. Wenn dies der Fall ist, dann kann geschlussfolgert werden, dass die Assoziation zwischen Handlung und Effekt auch rückwärtsgerichtet abgerufen wird. Daraus sollte sich eine kürzere Reaktionszeit in der kompatiblen als in der inkompatiblen Bedingung ergeben. Dieser Kompatibilitätseffekt lässt sich nicht durch operante Konditionierung erklären, da diese lediglich einen Haupteffekt der positiven Reaktion erwarten lässt. Indem der Effektreiz in der Testphase der Hälfte der Versuchspersonen weiterhin präsentiert wird, wird untersucht, ob die Assoziation zeitlich stabil ist. 2. Methode Stichprobe. 46 Personen, zwei Datensätze wurden aufgrund zu hoher Fehlerzahlen ausgeschlossen. Design. Zwischen den Versuchspersonen wurde die Zuordnung der Valenz der Effektbilder zu den Tasten (rechts-positiv, links-negativ vs. rechts-negativ, links-positiv) und zur grammatikalischen Wortkategorie (rechts-Nomen, links-Adjektiv vs. rechts-Adjektiv, links-Nomen), sowie die Anwesenheit des Effektreizes in der Testphase (anwesend vs. abwesend) variiert. Jede Versuchsperson bearbeitete Durchgänge mit evaluativ kompatiblen und inkompatiblen ReizReaktions-Paarungen. 28 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Stimuli. Jeweils 25 positive und 25 negative Adjektive und Nomen dienten als Klassifikationsreize; 50 positive und 50 negative IAPS-Bilder wurden als Effektreize eingesetzt. Prozedur. Das Experiment teilt sich in zwei Phasen auf: In der Akquisitionsphase (200 Durchgänge) hatten die Probanden nach der Präsentation eines weißen Rechteckes (200ms) die freie Auswahl zwischen dem Druck der Enter- oder Leertaste. Je nach Valenzzuordnung rief die Reaktion die Präsentation eines positiven oder negativen Bildes hervor (400ms), welches aufgabenirrelevant war. Die Versuchspersonen wurden instruiert, beide Tasten in annähernd gleicher Häufigkeit über alle Blöcke hinweg zu drücken. Es wird angenommen, dass durch die wiederholte zeitliche Paarung eine Assoziation zwischen Tastendruck und Bildvalenz aufgebaut wird. In der Testphase sollten mit der Leer- und Entertaste Nomen und Adjektive klassifiziert werden (50 kompatible, 50 inkompatible Wort-Reaktions-Kombinationen). Die imperativen Stimuli wurden für 200ms präsentiert, danach sollte die Wortklassifikation so schnell wie möglich erfolgen. 3. Ergebnisse Durchgänge mit falschen Reaktionen (9% aller Durchgänge) und Reaktionszeit-Ausreißern (3,1% aller Durchgänge) wurden aus den Reaktionszeitanalysen ausgeschlossen. Eine ANOVA mit dem Innersubjektfaktor Kompatibilität und dem Zwischensubjektfaktor Bildpräsentation im Test (anwesend vs. abwesend) im Test zeigte weder einen Haupteffekt der Effektreizdarbietung im Test noch einen Haupteffekt der evaluativen Wort-Reaktions-Kompatibilität, F(1,42) = 2.09, p = .16. Die Interaktion zwischen beiden Faktoren wurde allerdings signifikant, F(1,42) = 4.84, p < .05.Wurden die Effektreize auch in der Testphase präsentiert, fand sich ein Effekt der Kompatibilität. Hierbei unterschieden sich die Reaktionszeiten signifikant zwischen kompatibler (M = 425ms, SD = 56ms) und inkompatibler Bedingung (M = 435ms, SD = 55ms) ,t(21 ) = -2,44, p < .05. Ohne Effektpräsentation ergab sich jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen kompatibler (M = 422ms, SD = 67ms) und inkompatibler Bedingung (M = 420ms, SD = 61ms), t < 1. Ein ähnliches Muster zeigte sich in der Anzahl falscher Wortklassifikationen. 4. Diskussion Unsere Erwartungen wurden weitestgehend bestätigt, jedoch zeigte sich ein Kompatibilitätseffekt nur dann, wenn die Bewegungseffekte auch in der Testphase präsentiert wurden. Das Ausbleiben eines Effektes ohne Effektpräsentation im Test könnte möglicherweise durch Löschung der Assoziation zustande kommen. Ebenso denkbar wäre, dass in Abwesenheit des affektiven Reizes die Valenz der Wörter nicht relevant und somit schwächer verarbeitet wird. Analog zur Theorie der somatischen Marker (Damasio, 1991) deuten auch unsere Ergebnisse an, dass eine direkte Verknüpfung zwischen Reaktionen und emotionalen Zuständen stattfindet. Das Wissen über die affektive Konsequenz einer Handlung kann die damit assoziierte Reaktion triggern, denn die erworbene Assoziation fungiert bidirektional. Somit können Handlungen in emotional bedeutsamen Situationen auf dem sog. Bauchgefühl basieren und nach anderen Prinzipien ablaufen als rationale Abwägung. 5. Literatur Beckers, T., De Houwer, & J.,Eelen, P. (2002). Automatic integration of non-perceptual action effect features: The case of the associative affective Simon effect. Psychological Research, 66, 166-173. Damasio, A. (1998). The somatic marker hypothesis and the possible functions of the prefrontal cortex. In A. C. Roberts, T. W. Robbins, & L. Weiskrantz (Hrsg.), The prefrontal cortex: Executive and cognitive functions (pp. 36-50). New York: Oxford University Press. Elsner, B., & Hommel, B. (2001). Effect anticipation and action control. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and Performance, 27, 229-240. 29 Gruppe 13 Beeinflusst die Persönlichkeit Evaluative Konditionierungseffekte? Julia Köhn, Inga Kröger, Lea Langguth, Johanna Paulat und Anna Szagarus Leitung: Anne Gast 1. Einleitung Bei der Evaluativen Konditionierung (EC) erfolgt eine Übertragung der pos. bzw. neg. Valenz eines unkonditionierten Stimulus (US) auf einen neutralen Stimulus (CS) durch deren gemeinsame, wiederholte Paarung. In dem vorliegenden Experiment wurde untersucht, ob EC-Effekte durch verschiedene Persönlichkeitsmerkmale moderiert werden bzw. ob ein solcher Zusammenhang von einer Manipulation verschiedener Bedingungen in der Konditionierungsphase abhängt. Ausgehend von dieser Überlegung wurden explorativ zu fünf Persönlichkeitsmerkmalen Hypothesen aufgestellt: Need to Evaluate (NTE), Gewissenhaftigkeit (Gew.), Reaktanz, sowie Faith In Intuition (FI) und Need For Cognition (NFC). Aus Platzgründen gehen wir in diesem Bericht nur auf die aus unserer Sicht interessantesten Hypothesen und Befunde ein. 1. Hypothese (Interaktionshypothese): Hohe Werte auf Gewissenhaftigkeit, erfasst mit den dafür relevanten Items des NEO-FFIs, sollten mit hohen EC-Effekten einhergehen, weil sich diese Personen besonders bemühen, alles richtig zu machen und konzentriert mitzuarbeiten. Weiterhin wird angenommen, dass auch Personen mit niedrigen Werten auf Gew. hohe EC-Effekte zeigen, wenn sie durch eine experimentelle Manipulation zur Mitarbeit angehalten werden. 2. Hypothese (Haupteffektshypothese): Hoch reaktante Personen reagieren auf Einschränkung ihrer Freiheit mit einem motivationalen Zustand, der dazu dienen soll, diese wiederherzustellen. Somit sollten sich diese Personen schlechter evaluativ konditionieren lassen, da sie die Änderung der neutralen Gesichter in Richtung der US abwehren wollen. 3. Hypothese (Haupteffektshypothese): Die zweidimensionale Skala mit den FI und NFC dient zur Messung von intuitiven (FI) und rationalen (NFC) Verarbeitungstendenzen. Personen mit hohen FIWerten neigen dazu, assoziativ Urteile über Ähnlichkeiten und zeitliche Nähe zu bilden. Daraus ergibt sich unsere Hypothese, dass stark intuitive Menschen leichter evaluativ zu konditionieren sind. 2. Methode Das Experiment ergibt sich als 3 (Konditionierungsbedingung: Bewertung, Aufgabe, Standard) x 2 (Valenz der US: positiv, negativ)- Design. Die Teilnehmer (89 Studenten) wurden einer der drei Bedingungen des Computerexperiments randomisiert zugeteilt, womit sich ihre Aufgabe während der Konditionierungsphase unterschied. Das Stimulusmaterial bestand aus Portraitfotos von Personen (CS) und eindeutig positiven oder negativen Adjektiven (US). Zunächst wurden den Versuchspersonen (Vpn) alle Gesichter im Überblick präsentiert, worauf im Anschluss die Präbewertungsphase folgte. Danach wurden acht neutral bewertete Gesichter (CS) ausgewählt und in der Konditionierungsphase mit den Adjektiven gepaart. In der 1. Bedingung (Bed.) sollten die Vpn nach jedem Konditionierungspaar per Tastendruck diese Kombination als positiv oder negativ bewerten. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Vpn sowohl zur Bewertung „gezwungen“ werden als auch aufmerksam bleiben. In der 2. Bed. wurde in unregelmäßigen Abständen nach einigen Konditionierungspaaren kurz ein Pfeil eingeblendet, der entweder nach rechts oder links zeigte und dessen Richtung die Vpn per Tastendruck bestimmen mussten. Hier sollte nur die Aufmerksamkeit der Vpn manipuliert werden. Die Vpn in der 3. Bed. hatten während der Konditionierungsphase keine Aufgabe, d.h. sie mussten sich die Paare nur anschauen. Abschließend erfolgte die Postbewertung der acht Gesichter (CS). Die Vpn füllten im Anschluss den Fragebogen zu den fünf Persönlichkeitsvariablen aus. 30 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Zur Analyse der Differenz zw. den pos. und neg. CS in der Prä- und Postbewertung (EC-Effekt) und der Interaktion dieses Effekts mit den Bedingungen wurde eine ANOVA mit Messwiederholung gerechnet. Es zeigten sich signifikante Unterschiede der Mittelwerte in der Prä- und Postbewertung der CS (p< .05). Somit konnte der EC-Effekt nachgewiesen werden. Anschließend untersuchten wir mithilfe einer univariaten ANOVA die Interaktion des EC-Effekts mit den Persönlichkeitsvariablen. Hypothese 1: Es konnte keine Interaktion zwischen den Bed. und Gewissenhaftigkeit nachgewiesen werden (F(2,83) = 2,646, p = .077), d.h. in der 3. Bed. ohne Verpflichtung zur Bewertung oder Mitarbeit war der Unterschied des EC-Effekts zw. hoch und niedrig Gewissenhaften nicht größer als in den anderen Bedingungen. Hypothese 2: Es zeigte sich kein signifikanter Haupteffekt von Reaktanz auf die EC (F(1,83) < 1). Daraus ergibt sich, dass sich hoch reaktante Vpn nicht schlechter evaluativ konditionieren ließen als niedrig reaktante Vpn. Unsere Hypothese wurde somit nicht bestätigt. Hypothese 3: Es konnte kein Haupteffekt von FI auf die EC nachgewiesen werden (F(1,83) < 1), d.h. hoch intuitive Vpn konnten nicht besser konditioniert werden als weniger intuitive Vpn. Allerdings zeigte sich in Bed. 2 und 3 eine Tendenz der Effekte in die richtige Richtung. In der Analyse der Ergebnisse von NTE und NFC ergaben sich ebenfalls weder signifikante Haupt- noch Interaktionseffekte (alle F < 1). 4. Diskussion Generell zeigte sich in den Ergebnissen ein signifikanter EC-Effekt, welcher in der 1. Bedingung tendenziell am stärksten auftrat. Hypothese 1: Die Ergebnisse zur 1. Hypothese können möglicherweise dadurch erklärt werden, dass Personen mit hoher Gew. genau das tun, was ihnen aufgetragen wird. Da sie in der 1. Bed. bewerten sollen, zeigen sie höhere EC-Effekte als niedrig Gewissenhafte. In der 2. Bed. hingegen sind stark gewissenhafte Vpn so mit der Pfeilaufgabe beschäftigt, dass die EC-Effekte sinken. Niedrig Gewissenhafte unterscheiden sich in ihren EC-Effekten kaum zwischen den Bedingungen. Hypothese 2: Da die Vpn nur in der 1. Bed. zu einer Bewertung der Stimuli angehalten wurden, trat auch hier nur eine Tendenz von reaktantem Verhalten und damit einhergehende niedrigere ECEffekte auf. In der 2. und 3. Bed. sind die Vpn nicht in ihrer Bewertungsfreiheit eingeschränkt, so dass hier auch Personen mit hoher Reaktanz hohe EC-Effekte zeigen. Hypothese 3: Aus der Analyse ergeben sich für die 3. Hypothese keine signifikanten Ergebnisse. Die Tendenzen in Bed. 2 und 3 lassen jedoch vermuten, dass sich hoch intuitive Vpn möglicherweise besser evaluativ konditionieren lassen. Wenn dieser Intuitionsprozess durch einen Bewertungszwang (1. Bed.) gestört wird, so verringern sich die Effekte bzw. kehren sich um. Abschließend lässt sich aus den Ergebnissen schlussfolgern, dass die Pfeilaufgabe in Bed. 2 womöglich zu stark von der EC abgelenkt hat und somit in zukünftigen Studien modifiziert oder ganz weggelassen werden sollte. Weiterhin würde eine implizite Messung der Persönlichkeitsmerkmale eventuell den Effekt sozialer Erwünschtheit möglichst gering halten. 5. Literatur Hong, S.M. & Faedda, S. (1996). Refinement of the Hong Psychological Reactance Scale, Educational and Psychological Measurement, 56, 173. Keller, J., Bohner, G., Erb, H.-P. (2000). Intuitive und heuristische Urteilsbildung- verschiedene Prozesse? Präsentation einer deutschen Fassung des „Rational-Experiential Inventory“ sowie neuer Selbstberichtskalen zur Heuristiknutzung. Zeitschrift für Sozial-psychologie, 31, 87-101. McCrea, R. R. & Costa, P. T. (1987). Validation of the five-factor model of personality across instruments and observers. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 81-90. 31 Gruppe 14 Maskiertes Priming von Gesichtern: Subliminaler Einfluss von kategorialer oder assoziativer Verknüpfung? Christin Knorr, Patrick Lorenz, André Preis, Ina Udhardt Leitung: Holger Wiese 1. Einleitung Wie unser semantisches Personengedächtnis organisiert ist, ist wissenschaftlich nicht genau geklärt. Einerseits geht das BIOG- Modell (Barry et al., 1998) davon aus, dass Personen ausschließlich durch assoziative Verbindungen verknüpft sind, die durch gemeinsames Auftreten („cooccurrence“) entstehen. Andererseits nimmt das ,,Interactive-Activation-and-Competition-(IAC)”Modell von Burton et al. (1990) an, dass Verbindungen zwischen Personen durch geteilte kategoriale Informationen (z.B. Beruf, Nationalität etc.) entstehen. Semantische Verknüpfungen zwischen Personenrepräsentationen werden häufig durch PrimingExperimente untersucht, wobei schnellere Reaktionen auf dieselbe Person erfolgen, wenn sie von einer semantisch relatierten im Vergleich zu einer unrelatierten Person gebahnt wird. Während das BIOG-Modell ausschließlich Priming für Personen vorhersagt, die häufig gemeinsam auftreten (assoziatives Priming), geht das IAC-Modell davon aus, dass auch für rein kategorial verknüpfte Personen ein Primingeffekt gezeigt werden kann. Nach diesem Modell entstehen beide Effekte über dieselbe Verbindung. Ein „assoziativer“ Effekt sollte aber deutlicher ausgeprägt sein, da hoch assoziierte Personen eine größere Anzahl kategorialer Informationen teilen. Wiese und Schweinberger (in Druck) fanden neben einem assoziativen auch einen rein kategorialen Primingeffekt. Dieses Ergebnis war jedoch möglicherweise durch strategische Prozesse konfundiert, da die Primestimuli bewusst und mit ausreichender Zeit verarbeitet werden konnten. In der vorliegenden Studie sollte weitere Evidenz für einen rein kategorialen Primingeffekt gefunden werden, jedoch sollten durch eine kurze Präsentationszeit und Maskierung der Primes strategische Prozesse ausgeschlossen werden. Weiterhin wurde in Wortpriming-Experimenten gefunden, dass auch in maskierten Bedingungen semantische Effekte in ereigniskorrelierten Potentialen (N400-Komponente) auftreten (Kiefer et al., 2002). In der vorliegenden Studie wollten wir einen solchen EKP-Effekt im Bereich der Personenerkennung zeigen. 2. Methode Getestet wurden 19 rechtshändige Probanden (14 weiblich, durchschnittliches Alter 22,2 Jahre). Das Stimulusmaterial bestand aus 120 berühmten Namen und jeweils 120 Fotos von berühmten und unbekannten Gesichtern. Diese Stimuli wurden in einem Prime-Target-Experiment gezeigt, wobei jeweils ein Name als Prime und ein Gesicht als Target diente. Dabei wurden 3 Bedingungen unterschieden: Prime und Target konnten entweder (1) miteinander assoziiert sein (z.B. Victoria Beckham und David Beckham), (2) zur gleichen (Berufs-)Kategorie gehören, aber nicht assoziiert sein (z.B. Heiner Lauterbach und Brad Pitt) oder (3) unterschiedlichen Kategorien angehören (und nicht assoziiert sein, z.B. John Lennon und Cameron Diaz). Zu jeder Bedingung existierten insgesamt 40 Paare. Außerdem wurden 120 Paare aus einem bekannten Prime und einem unbekannten Target hinzugefügt, um eine Aufgabenanforderung herzustellen. Diese wurden jedoch nicht in die Auswertung mit einbezogen. Ein kompletter Trial bestand aus einem Fixationskreuz (500ms), gefolgt von einer Vorwärtsmaske (500ms), dem Primestimulus (16,7ms), einer Rückwärtsmaske (16,7ms) und dem Target (1000ms). Aufgabe der Probanden war es so schnell und korrekt wie möglich zu entscheiden, ob es sich beim Target um eine berühmte oder unbekannte Person handelt. Bei allen Durchgängen wurden sowohl Reaktionszeiten, Antwortgenauigkeiten als auch das Elektroenzephalogramm (32-Kanal-EEG, DC-75Hz, 256Hz Samplerate) gemessen. Zur 32 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress statistischen Auswertung ereigniskorrelierter Potentiale wurde die mittlere Amplitude zwischen 300ms - 600ms an den Elektroden Cz, Fz und Pz, (N400) berechnet. Gerechnet wurden Varianzanalysen mit Messwiederholung. Es wurden gegebenenfalls Greenhouse-GeisserKorrekturen vorgenommen. 3. Ergebnisse Verhaltensdaten: Die Reaktionszeiten für die korrekten Antworten und die Antwortgenauigkeiten der Probanden wurden in jeweils einer Varianzanalyse mit dem Faktor Primetyp (Faktorstufen „gleiche Kategorie“, „andere Kategorie“, „assoziiert“) analysiert. Dabei wurde dieser Faktor für Reaktionszeiten (F[2,36]=21,1;p<.001;ε=0,744) und Antwortgenauigkeiten (F[2,36]=11,9;p<.001) signifikant. Tests der Innersubjektkontraste ergaben für Reaktionszeiten, dass die Probanden sowohl in der Bedingung „gleiche Kategorie“ (F[1,18]=18,5;p<.001), als auch in der Bedingung „assoziiert“ (F[1,18]=29,5;p<.001) signifikant schneller als in der Bedingung „andere Kategorie“ reagierten. Hingegen antworteten die Probanden nur für die Stufe „assoziiert“ signifikant genauer als für „andere Kategorie“ (F[1,18]=16,5;p<.01). Für den Vergleich der Stufen „gleiche Kategorie“ gegen „andere Kategorie“ zeigte sich eine Tendenz in diese Richtung (F[1,18]=4,1;p=.059). EKP-Daten: Für die N400 wurde eine ANOVA über die Faktoren Primetyp und Elektrode (Fz, Cz, Pz) berechnet. Es wurde sowohl ein signifikanter Haupteffekt Primetyp (F[2,36]=7,1;p<.01) als auch ein signifikanter Haupteffekt Elektrode (F[2,36]=17,8;p<.001) gefunden. Die Interaktion der zwei Faktoren wurde nicht signifikant (F<1;p>.05). Tests der Innersubjektkontraste für den Faktor Primetyp ergaben, dass sowohl die Bedingung „gleiche Kategorie“ (F[1,18]=9,7;p<.01) als auch die Bedingung „assoziiert“ (F[1,18]=7,6;p<.05) signifikant positivere Amplituden als die Bedingung „andere Kategorie“ hervorriefen. 4. Diskussion Die Reaktionszeiten wiesen sowohl einen rein kategorialen, als auch einen assoziativen Primingeffekt auf. Dieses Ergebnis repliziert die Befunde von Wiese und Schweinberger (in Druck) unter weitgehendem Ausschluss strategischer Prozesse. In der N400-Komponente zeigte sich ein entsprechendes Befundmuster, da sowohl rein kategorial verknüpfte als auch assoziierte Targets zu erhöhten N400-Amplituden im Vergleich zu semantisch unrelatierten Targets führten. Damit liefert die vorliegende Studie erste Evidenz für einen N400-Effekt bei maskiertem, semantischem Priming in der Personenerkennung (für analoge Effekte in Wortpriming-Experimenten, siehe Kiefer et al., 2002). Insgesamt widersprechen die Ergebnisse dem BIOG-Modell (Barry et al., 1998), das einen rein kategorialen Primingeffekt ausschließt. Grundsätzlich steht der Befund eines kategorialen Effekts mit dem IAC-Modell (Burton, et al., 1990) in Einklang, unklar bleibt jedoch warum assoziative und kategoriale Effekte gleich stark ausgeprägt sind. Weitere Forschung hierzu, die eindeutiger zwischen rein assoziativer und rein kategorialer Verknüpfung trennen kann (z.B. durch Lernexperimente), ist notwendig. 5. Literatur Barry, C., Johnston, R. A., & Scanlan, L. C. (1998). Are faces "special" objects? Associative and semantic priming of face and object recognition and naming. Quarterly Journal of Experimental Psychology Section A-Human Experimental Psychology, 51, 853-882. Burton, A. M., Bruce, V., & Johnston, R. A. (1990). Understanding Face Recognition with An Interactive Activation Model. British Journal of Psychology, 81, 361-380. Kiefer, M. (2002). The N400 is modulated by unconsciously perceived masked words: further evidence for an automatic spreading activation account of N400 priming effects. Cognitive Brain Research, 13, 27-39. Wiese, H., Schweinberger, S.R. (in Druck). Event-related potentials indicate different processes to mediate categorical and associative priming in person recognition. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition. 33 Gruppe 15 Umtausch nur mit Kassenbon – und reduzierter Zufriedenheit! Katrin Blarr, Christina Heitmann, Kirsten Lüdke, Vivien Raffel, Stefanie Reinsch Leitung: Prof. Dr. Klaus Rothermund 1. Einleitung Die meisten Menschen sind sich einig: Sowohl bei Kaufentscheidungen als auch in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens möchten sie ein Recht zum Umtausch haben, falls ihnen ihre erste Wahl später nicht mehr gefallen sollte. Paradoxerweise konnten Gilbert und Ebert (2002) zeigen, dass die Probanden mit Umtauschrecht mit ihrer Entscheidung unzufriedener sind als solche, die dieses Recht nicht haben. Darüber hinaus gibt es auch differentielle Unterschiede in der Entscheidungszufriedenheit: Schwartz et al. (2002) nutzten in ihrer Studie die Maximierungsskala, um zwischen Personen mit einer starken Maximierungstendenz (Maximizer) und einer schwachen Maximierungstendenz (Satisficer) zu unterscheiden. Während Satisficer so lange Entscheidungsoptionen analysieren, bis eine dieser Optionen ein Level überschreitet, ab dem das Ergebnis „gut genug“ ist, suchen Maximizer immer weiter nach anderen Alternativen und wägen diese gegeneinander ab. Während bisherige Studien zur Entscheidungzufriedenheit sich hauptsächlich auf den Besitz von Produkten oder Gegenständen bezogen, wollten wir herausfinden, ob sich diese Effekte auch bei der Auswahl von Tätigkeiten zeigen. Unsere Hypothese war, dass die Personen, die in unserem Experiment ein Umtauschrecht zugestanden bekamen, letztendlich unzufriedener mit ihrer Wahl sind. Als Zusammenführung der oben berichteten Studien nahmen wir weiterhin an, dass bei Reversibilität ihrer Entscheidung besonders Maximizer stark an Zufriedenheit einbüßen, da sie weiterhin über Handlungsalternativen nachdenken. 2. Methode Teilnehmer: An unserer Studie nahmen 80 Studentinnen und Studenten der FSU Jena teil. Der Anteil der Frauen in unserer Stichprobe lag bei 83,8 %. 12 der Probanden wurden aus der Analyse ausgeschlossen, da sie es entweder nicht schafften, alle Aufgaben in der gegebenen Zeit zu bearbeiten oder tatsächlich von ihrem Umtauschrecht Gebrauch machten. Material: Rund eine Woche vor dem Experiment erhielten die Probanden ein Fragebogenpaket, welches unter anderem die deutsche Form der Maximierungsskala von Greifeneder und Betsch (2006) beinhaltete. Während des Computerexperiments bearbeiteten die Probanden MultipleChoice-Fragen aus herkömmlichen Intelligenztests, die man den Bereichen Logik und Wortschatz zuordnen kann und die von uns als „Denksport“ und „Worträtsel“ bezeichnet wurden. Außerdem bewerteten sie zu zwei Zeitpunkten ihre Zufriedenheit mit dem von ihnen bearbeiteten Aufgabentyp anhand dreier Items auf einer Likert-Skala von -2 (sehr unzufrieden) bis +2 (sehr zufrieden). Die drei Zufriedenheitsitems wurden nach einer Realiabilitätsanalyse für jeden Zeitpunkt zu einem Gesamtscore aggregiert (Cronbachs α = .79). Prozedur: Nach Abgabe des bereits ausgefüllten Fragebogens an den Versuchsleiter wählte die Versuchsperson einen von zwei Aufgabentypen („Denksport“ oder „Worträtsel“) aus, welchen sie im folgenden Teil des Experiments bearbeiten sollte. Die Versuchsperson absolvierte zunächst einen Übungsblock und gab ihre erste Zufriedenheitseinschätzung ab. Je nach randomisierter Zuordnung wurde dann die eine Gruppe vor die Wahl gestellt, ob sie an diesem Aufgabentyp weiterarbeiten oder zu dem anderen Aufgabentyp wechseln wollte (Gruppe mit Umtauschrecht), während die andere Gruppe diese Wahl nicht hatte (Gruppe ohne Umtauschrecht). Nachdem im Hauptteil des Experiments weitere Fragen des gewählten Aufgabentyps bearbeitet worden waren, folgte die finale Zufriedenheitsmessung. 34 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Zufriedenheitsveränderung Für die Analyse wurde ein einfaktorielles Design mit dem Faktor Reversibilität (mit versus ohne Umtauschrecht) verwendet. Die abhängige Variable war die Differenz zwischen finalem Zufriedenheitsrating nach der möglichen Nutzung des Umtauschrechts und dem Rating nach der Übung zur Kontrolle für initiale Gruppenunterschiede. Der t-Test zeigte einen signifikanten Effekt der Gruppenzugehörigkeit in der vermuteten Richtung: Ohne Umtauschrecht nahm die Zufriedenheit zu (∆Zufriedenheit = 0,15), in der Umtauschbedingung jedoch zeigte sich erwartungskonform eine Zufriedenheitsverringerung (∆Zufriedenheit = -0,05), t(67) = 1.96, p < .05 (eins.). Um unsere differentielle Hypothese zu prüfen, teilten wir die Probanden durch einen 0,4 0,25 Mediansplit des Fragebogenscores in 0,3 Maximizer und Satisficer auf. Die Interaktion zwischen Reversibilität und Maximierungs0,2 0,056 0 tendenz wurde nicht signifikant, F(1,64) = 0,1 -0,093 2.07, p = .16. Zudem entsprach die Richtung Maximizer 0 des Interaktionseffekts nicht vollständig der Satisficer -0,1 Erwartung. Zwar zeigte sich der erwartete Zufriedenheitsvorteil in der irreversiblen -0,2 Bedingung bei den Satisficern, bei den -0,3 Maximizern verschwand der Effekt jedoch Umtauschbedingug Nichtnahezu gänzlich: Ihre ZufriedenheitsUmtauschbedingung veränderung in der Umtauschbedingung unterschied sich kaum von der in der NichtAbbildung 1 Zufriedenheitsvorteil in der NichtUmtauschbedingung (siehe Abbildung 1). Umtauschbedingung bei den Satisficern. 4. Diskussion Unsere Studie konnte unsere Hypothesen teilweise bestätigen. Menschen, die die Möglichkeit haben ihre Entscheidung zu revidieren, sind später unzufriedener als solche, die kein Umtauschrecht haben. Somit konnten wir die Befunde von Gilbert und Ebert (2002) replizieren und auf einen Kontext selbst ausgeführter Arbeiten ausweiten. Dies lässt sich auf viele Bereiche unseres täglichen Lebens übertragen, wie z.B. die Berufs- oder Studienwahl. Unsere zweite Hypothese, dass Menschen mit einer hohen Maximierungstendenz eher dazu neigen, in Situationen mit Umtauschrecht unzufriedener zu sein als andere Personen, wurde durch die Daten nicht gestützt. Erklären könnte man diese Befunde folgendermaßen: Im Allgemeinen besteht die Tendenz, mit getroffenen Entscheidungen zufrieden zu sein und sie bei Irreversibilität aufzuwerten. Bei Reversibilität jedoch wird man unzufriedener durch die Vorstellung, zu welchem Ergebnis man bei der Wahl einer anderen Handlungsalternative gekommen wäre. Maximizer scheinen die dispositionale Tendenz zu diesen Überlegungen auch dann zu haben, wenn eine Entscheidung bereits irreversibel ist und sind deshalb generell unzufriedener, gleichgültig, ob sie die Möglichkeit zum Umtausch haben oder nicht. Es scheint also einen Mechanismus zu geben, der die Zufriedenheit fördert, nämlich die Fähigkeit, sich mit gefällten Entscheidungen zufrieden zu geben und sie aufzuwerten. Dieser Mechanismus scheint bei Maximizern jedoch nicht zu funktionieren. 5. Literatur Gilbert, D. T., Ebert, J. E. J. (2002). Decisions and Revisions: The Affective Forecasting of Changeable Outcomes. Journal of Personality and Social Psychology, 82, 4, 503 – 514. Greifeneder, R., Betsch, C. (2006). Lieber die Taube auf dem Dach! Eine Skala zur Erfassung interindividueller Unterschiede in der Maximierungstendenz. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 37, 4, 233-243. Schwartz, B., Ward, A., Monterosso, J., Lyobomirsky, S., White, K., Lehman, D. R. (2002). Maximizing Versus Satisficing: Happiness Is a Matter of Choice. Journal of Personality and Social Psychology, 38, 5, 1178 – 1197. 35 Gruppe 16 Hörst Du mein Gesicht? - Audiovisuelle Integration Henrike Daßler, Kristin Gottschlich, Marlena Itz, Anja Knösing & Michael Temmerman Leitung: David Robertson 1. Einleitung Eine zentrale Rolle in sozialen Interaktionen spielt die Integration von Informationen aus der Stimme und aus den Bewegungen des Gesichtes. Die Integration von visuellen und auditorischen Informationen wurde unter anderem anhand des McGurk-, des Bauchredner-, sowie des CocktailParty-Effekts untersucht. Das Experiment von McGurk (McGurk, H. & MacDonald, J., 1976) zeigt, wie bei Inkongruenz zwischen Gehörtem und Gesehenem eine Umwandlung auf kognitiver Ebene stattfindet, sodass ein neues Perzept entsteht. Wenn also zum Beispiel die Silbe /gi/ anhand der Lippenbewegung gesehen und die Silbe /bi/ als auditorischer Stimulus gehört wird, entsteht die Wahrnehmung der Silbe /di/ (Walker, S., Bruce, V., O’Malley C., 1995). Diese Untersuchungen zeigen, dass auditorische und visuelle Informationsverarbeitung nicht unabhängig voneinander stattfinden. Dies legt eine natürliche Tendenz des Menschen nahe, Informationen aus unterschiedlichen Modalitäten in eine bestmögliche und logischste Wahrnehmung umzuwandeln – die beste gemeinsame Passung! Wir untersuchten, wie sich diese automatische Fähigkeit der audiovisuellen Integration in Bezug auf die Zuordnung von unbekannten Stimmen zu den jeweilig dazugehörigen Gesichtern äußert. In unserer Untersuchung stellten wir die Frage, ob man eine unbekannte Stimme ihrem unbekannten Gesicht zuordnen kann (Kamachi, M., Hill, H., Lander, K. & Vatikiotis-Bateson, E., 2003). 2. Methode Versuchsteilnehmer An unserem Experiment nahmen 30 Versuchspersonen (Durchschnittsalter = 22,1 Jahre, 29 davon waren weiblich) teil, die alle die Sprecher nicht kannten. Stimuli Unsere Stimuli bestanden aus Videoaufnahmen von vier gleichaltrigen männlichen Sprechern, die den Satz „Du bist doch was Du denkst.“ artikulierten. Parallel dazu wurde die Tonspur mit einem separaten Mikrophon aufgenommen. Für die auditiven und visuellen Stimuli wurde die unterschiedliche Länge der Wörter und Pausen für alle Sprecher ermittelt und daraus der Durchschnitt berechnet. Anschließend haben wir die Stimuli mittels Strecken und Verkürzen an den Durchschnitt angepasst. Diese Prozedur stellte sicher, dass jede Audiospur mit allen Videospuren kombiniert werden konnten, ohne dass eine Diskrepanz in der Synchronisation auftrat. Design und Ablauf Alle Sprecher wurden randomisiert und jeweils 48-mal präsentiert. Jeder Durchgang begann mit einer 500ms dauernden Darbietung eines Fixationskreuzes, welches der Höhe des Mundes in der darauf folgenden Videosequenz entsprach. Den Versuchspersonen wurde anschließend eine Stimme präsentiert, gefolgt von zwei Präsentationen dieser Stimme synchron zu zwei unterschiedlichen Gesichtern. Am Ende hatten die Probanden die Entscheidung zu treffen, ob die Stimme ihrer Ansicht nach zu dem ersten oder zweiten Gesicht gehört. Der nächste Durchgang begann erst, nachdem die Probanden auf den vorherigen Trial geantwortet hatten. 3. Ergebnisse Wir berechneten anhand der Daten einen t-Test. Dieser zeigte, dass es einen Haupteffekt hinsichtlich der richtigen Zuordnung gibt, T=39,528 (p< .001). Es werden überzufällig häufig die 36 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Gesichter zu den dazugehörigen Stimmen zugewiesen. Die richtige Entscheidung wurde mit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von 92% getroffen. Weiterhin untersuchten wir ob ein Sprecher- oder Blockeffekt vorliegt. Es gab eine signifikante Verbesserung, Fs(1,29)>7, ps<.05, über die Blöcke hinweg. Nur von Block 2 zu Block 3, F(1,29)=2.6, p>.05 und von Block 3 zu Block 4, F(1,29)=0.9, p>.05 gab es keine signifikante Verbesserung. Die richtige Zuordnung der Stimme fiel für Sprecher 2 im Vergleich zu allen anderen Sprechern signifikant schlechter aus Fs(1,29)>10, ps<.05. Zwischen allen anderen Sprechern fanden sich keine signifikanten Unterschiede Fs(1,29)<5, ps>.05. 4. Diskussion Unsere Ergebnisse übertreffen signifikant die Werte der Studie von Kamachi et al. (2003) welche maximal 66,2%, T=24,286 (p<.001) betrugen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wir unsere Stimuli genauestens synchronisiert haben (s. Methodenteil). Das bedeutet, dass unsere Ergebnisse nicht anhand von Synchronisationseffekten zu erklären sind. Weiterhin lässt sich ein Lerneffekt über die Blöcke hinweg erkennen. Den Probanden fällt es mit zunehmenden Trials leichter, die Stimmen den Gesichtern korrekt zuzuordnen. Es gab jedoch keine signifikanten Lerneffekte zwischen Block 2 und 3, sowie 3 und 4. Dies deutet darauf hin, dass es vom ersten zum zweiten Block im Vergleich zu den anderen aufeinander folgenden Blöcken einen großen Lernzuwachs gab. Die Probanden wurden aufgrund der zahlreichen Präsentationen schon zu Anfang des Experiments sehr sicher hinsichtlich der Zuordnung. Nichtsdestotrotz deuten die Ergebnisse des t-Tests mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die audiovisuelle Integration innerhalb der Stimmen-Gesichts-Zuordnung eine Rolle spielt. Menschen scheinen also dazu in der Lage, die Zusammengehörigkeit unbekannter Stimuli von verschiedenen Modalitäten festzustellen. Dies ist möglicherweise evolutionär entstanden und hilft uns eine komplexe Umwelt schnell zu erfassen. Es wäre in Zukunft wichtig zu ermitteln, welche spezifischen Merkmale diesen Effekt bewirken. Ein Hinweis auf Unterschiede aufgrund von bestimmten Merkmalen ist die signifikant schlechtere Zuordnung des zweiten Sprechers, die vermuten lässt, dass dieser Sprecher Besonderheiten besitzt, welche eine einfache Zuordnung erschweren. Bezugnehmend auf die parallel laufende Untersuchung von Fischer, Förtsch, Gottwalt, Kästner & Stübchen (2008), zeigten sich schwächere Effekte, wenn einem Gesicht eine Stimme zugeordnet werden sollte. Da dieselben Stimuli verwendet wurden, kann man nicht von systematischen Unterschieden zwischen dem Stimulusmaterial ausgehen. Deshalb wäre eine mögliche Erklärung für die bessere Leistung in unserem Experiment, dass unsere Situation weniger realitätsfern ist als in der anderen Untersuchung. Eine Stimme ohne ein sich bewegendes Gesicht wahrzunehmen, findet im täglichen Leben häufiger statt (z.B. beim Telefonieren oder beim Radiohören), als mit einem stummen, sich bewegenden Gesicht konfrontiert zu werden und sich dabei die Stimme vorzustellen. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine gemeinsame Information bezüglich der Identität in Stimme und Gesicht mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert. Physikalische Merkmale in der Stimme befähigen uns möglicherweise dazu, einem unbekannten Gesicht eine unbekannte Stimme zuzuordnen. 5. Literatur Fischer, S., Förtsch, N., Gottwalt, C., Kästner, C. & Stübchen, K. (2008). Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte – Audiovisuelle Integration bei der Identifikation von unbekannten Personen. Kamachi, M., Hill, H., Lander, K. & Vatikiotis-Bateson, E. (2003). ´Putting the Face to the Voice´: Matching Identity across Modality. Current Biology. Vol. 13, 1709-1724. McGurk, H., & MacDonald, J. (1976). Hearing Lips and seeing voices. Nature, 246, 746-748. Walker, S., Bruce, V., O’Malley C. (1995). Facial identity and facial speech processing: Familiar faces and voices in the McGurk effect. Perception & Psychophysics. 57 (8), 1124-1133. 37 Gruppe 17 „Was soll mal aus mir werden?“ - Eine querschnittliche Studie zur beruflichen Identität bei Schülern der gymnasialen Oberstufe Linda Gräfe, Katharina Krause, Johannes Kuban, Bettina Möller, Franziska Seidel Leitung: Dr. Elke Schröder und Dipl.-Psych. Nicolas Arnaud 1. Einleitung Die Entscheidung für einen Beruf und die Ausbildung einer beruflichen Identität sind zentrale Prozesse in der Entwicklung des Selbstkonzeptes junger Menschen. Insbesondere berufliche Exploration, als die Erkundung beruflicher Optionen und eigener Interessen, sowie die Ausbildung eines beruflichen Commitments (im Sinne von Klarheit und Sicherheit bezüglich der Berufswahl) tragen zur beruflichen Identitätsentwicklung bei. In einer Studie zum Zusammenhang zwischen genereller und (unter anderem) beruflicher Identität untersuchten Vondracek und Skorikov (1998) Schüler der Klassenstufen 7 bis 12 in ihrer Identitätsentwicklung. Sie fanden heraus, dass im Gegensatz zu unteren Klassen in höheren Klassen die Anzahl derer zunahm, die nach Marcia (1968) das Stadium Moratorium (berufliche Exploration, kein Commitment) oder Identity Achieved (berufliche Exploration und Commitment) im Sinne eines Fortschreitens der beruflichen Identitätsentwicklung erreicht hatten. Da sich beide Stadien durch ein hohes Maß an Exploration auszeichnen, stellten wir die Hypothese auf, dass mit näher rückendem Schulabschluss das Explorationsverhalten zunimmt. Da in der Untersuchung von Vondracek und Skorikov (1998) der überwiegende Teil der Teilnehmer aus höheren Klassen sich im Stadium des Moratoriums befand und sich noch nicht auf einen Beruf festgelegt (commited) hatte, erwarteten wir für Commitment mit näher rückenden Schulabschluss keine wesentliche Erhöhung. Die Berufswahl Jugendlicher findet u.a. im Kontext Familie statt und wird von den Eltern wesentlich mit beeinflusst. So fanden Ekrich und Loughead (1996) in Unternehmerfamilien beispielsweise, dass steuernde Kontrolle der Eltern zu einem verminderten Commitment für die Berufswahl führt, jedoch kaum einen Einfluss auf die Tendenz, sich vorschnell auf einen Beruf festzulegen, hat. Wir vermuten, dass hohe steuernde Kontrolle der Eltern einerseits zu geringerem Commitment für die Berufswahl, aber auch zu einem verringerten Explorationsverhalten führt. 2. Methode Stichprobe. An unserer Studie nahmen 612 SchülerInnen (258 männlich, 352 weiblich; Alter: M=17.56, SD=0.69) aus zwei Thüringer und einem Sächsischen Gymnasium teil. Untersucht wurden jeweils die kompletten Klassenstufen 11 (n=259) und 12 (n=353). Fragebogen. Der Fragebogen enthält neben den Skalen zur beruflichen Exploration (4 Items, M=3.78, SD=.63, α=.71), dem beruflichen Commitment (5 Items, M=3.74, SD=.60, α=.81) (beides aus U-MICS [Utrecht Mangement of Identity Commitments Scale] von Meeus, 1996) und der steuernden Kontrolle der Eltern (6 Items, M=1.82, SD=.58, α=.84) (Kracke & Dietrich, 2007), zu Beginn einige demographische Fragen, wie z.B. Alter und Klasse, sowie Fragen zur Berufswahl und der Tätigkeit der Eltern. Außerdem haben wir uns entschieden, zusätzlich die Anzahl bisher genutzter Informationsquellen zur Berufsorientierung (z.B. Internet, Infotag…) als Maß für Exploration zu erfragen. Des Weiteren haben wir zwei Items zur Kontrolle der Skala des beruflichen Commitments eingefügt, bei denen der Schüler sich einmal in Bezug auf die Sicherheit seiner Berufswahl, sowie in Bezug auf die Klarheit seiner Berufsvorstellung einordnen soll. Durchführung. Es wurde ein Vortest an einem Thüringer Gymnasium mit 57 SchülerInnen der Oberstufe durchgeführt. Als einzige Änderung ergab sich, dass ein Item der Explorationsskala entfernt werden musste. Mit der Genehmigung von Schulämtern, Schulen und Eltern wurden dann die geänderten Fragebögen in den Kursen bearbeitet. 38 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Hypothese I: Mittels t-Test haben wir einen signifikanten Unterschied bezüglich der Anzahl genutzter Informationsquellen zur Berufsorientierung als Maß für die berufliche Exploration zwischen 11. und 12. Klasse gefunden, t(611)=-5.35, p<.01. Dabei nutzten Zwölftklässler mehr Quellen als Schüler der 11. Klasse. Ein Unterschied zwischen 11. und 12. Klässlern in Bezug auf die Ausprägung auf der Explorationsskala wurde nicht signifikant. Weiterführende Analysen das Geschlecht betreffend zeigten signifikante Unterschiede sowohl bezüglich der Anzahl der genutzten Quellen, t(609)=5.19, p<.01, als auch der Ausprägung auf der Explorationsskala, t(607)=7.29, p<.01. Mädchen explorieren mehr als Jungen. Zusätzlich berechneten wir eine 2(Geschlecht: männlich vs. weiblich)x2(Klasse: 11 vs. 12) ANOVA mit der Angabe eines konkreten Berufswunsch (ja vs. nein) als abhängige Variable. Hierbei ergab sich eine signifikante Geschlecht x Klasse - Interaktion F(1, 608)=8.09, p<.01, η=.01. In der 11. Klasse haben vor allem Mädchen einen konkreten Berufswunsch und Jungen eher nicht. In der 12. Klasse kommt es dann zu einem Angleich, indem Jungen auf das Niveau der Mädchen ansteigen. Hypothese II: Steuernde Kontrolle seitens der Eltern konnte mittels Regressionsanalysen nicht als signifikanter Prädiktor für Exploration (Skala und Anzahl der genutzten Quellen) sowie Commitment (Skala) ermittelt werden. Jedoch resultierte steuernde Kontrolle als ein signifikanter Prädiktor für Sicherheit und Klarheit über den Berufwunsch (R²=.008, β=-.09, p<.05). Je stärker die steuernde Kontrolle der Eltern durch ihre Kinder wahrgenommen wird, desto unsicher und unklarer sind sich die Kinder über ihren Berufswunsch. 4. Diskussion Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Explorationsverhalten in Klasse 11 und 12 sind möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Jungen aufgrund von Zivil-/Wehrdienst ein weiteres Jahr zur Verfügung haben, um sich auf einen konkreten Beruf festzulegen. Diese Vermutung wurde auch durch Teilnehmer in einer nachträglichen qualitativen Mini-Befragung per E-Mail geäußert. Vondracek und Skorvikov (1998) gehen außerdem von generellen Geschlechtsunterschieden während der pubertären Identitätsentwicklung aus. Dass steuernde Kontrolle keinen signifikanten Einfluss auf die Ausprägungen auf den Explorationsmaßen hat, lässt sich möglicherweise dadurch erklären, dass die SchülerInnen unabhängig von der Kontrolle der Eltern zwar gleichermaßen explorieren, es aber eventuell doch Unterschiede in der Ernsthaftigkeit der Verwendung der Mittel zur Exploration gibt. Der Zusammenhang von steuernder Kontrolle zu den Commitmentmaßen könnte durch die Formulierung der Items erklärt werden. Während in der Skala von Meeus der zukünftige Beruf als Quelle von Optimismus und Selbstvertrauen gesehen wird, gehen unsere eigenen Maße besonders auf den momentanen Zustand der Sicherheit und Klarheit bezüglich der Berufswahl ein und geben damit einen konkreteren zeitlichen Rahmen. Da es aufgrund der heutigen Arbeitsmarktsituation generell schwieriger scheint, einen Berufswunsch, selbst wenn er bereits konkret vorhanden ist, als Grundlage für Optimismus und Sicherheit zu sehen, muss weniger steuernde Kontrolle nicht zu erhöhtem Commitment (Skala) führen. 5. Literatur Eckrich, C.J. & Loughead, T.A. (1996). Effects of Familybusiness Membership and Psychological Separation on the Career Development of Late Adolescents. Family Business Review, 9, 369-385. Kracke, B, & Dietrich, J. (2007). Parental support in adolescents' vocational preparation. Presented at the ESDP conference in Jena, Germany. Marcia, J. E. (1966). Development and validation of ego identity status. Journal of Personality and Social Psychology, 3, 551-558. Meeus, W. (1996). Studies on identity development in adolescence: an overview of research and some new data. Journal of Youth and Adolescence, 25, 569–598. Skorikov, V. & Vondracek, F.W. (1998). Vocational Identity Development: Its Relationship to Other Identity Domains and to Overall Identity Development. Journal of Career Assessment, 6, 13-35. 39 Gruppe 18 Autoritarismus – wie das Festhalten an Traditionen und Normen den Lernstil beeinflusst Slawek Altenstein, Jennifer Baumbach, Magdalena Beyer, Ji Ae Jeong & Alexandra Kuhn Leitung: Dr. Christopher Cohrs 1. Einleitung Autoritarismus wird als eine Einstellung, häufig auch als eine Persönlichkeitseigenschaft definiert. Er setzt sich zusammen aus den Komponenten autoritäre Aggression (besonders gegenüber Minderheiten), autoritäre Unterwerfung und Konventionalismus. Wir beziehen uns hier weniger auf die aggressiven Anteile, sondern auf den Aspekt der Unterwerfung, welche mit autoritätskonformen Verhaltensweisen und dem Festhalten an Konventionen einhergeht. Das Phänomen, sich anderen anzupassen und nach Konventionalismus zu streben, könnte aus evolutionärer Sicht durch das soziale Lernen erklärt werden. (Kessler & Cohrs, 2008) Soziales Lernen gilt als generelles Imitieren anderer. Hierbei werden wichtige Strategien und Fähigkeiten (wie gruppenspezifische Traditionen und Konventionen) erlernt, die sich als erfolgreich durchgesetzt haben. Das Vertrauen auf gesellschaftliche Normen verspricht Fehlervermeidung und effizienteres Vorrankommen, nach dem Prinzip „Was die Mehrheit tut, scheint richtig zu sein“. Aufgrund des Glaubens an Autoritäten, Normen und Traditionen sollten auch Lernstrategien bevorzugt werden, die das Bedürfnis nach sozialer Konformität befriedigen. Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Forschungsfragen: Führt eine hohe Autoritarismusausprägung zu verstärktem sozialen Lernen und damit zu einer Präferenz, beim Problemlösen auf die Erfahrungen anderer zurückzugreifen? Stehen Unterschiede in Lernprozessen mit unterschiedlich starken Ausprägungen des Autoritarismus in Zusammenhang? Außerdem untersuchen wir parallel den Einfluss der Extraversion – also die Präferenz für den Austausch und das Handeln innerhalb sozialer Gruppen – auf das soziale Lernen. 2. Methode 78 Studenten (66% weiblich, 33% männlich) der Uni Jena bearbeiteten schrittweise einen Fragebogen, der aus drei Teilen bestand. Der erste Teil enthielt Aussagenpaare zum Autoritarismus, durch deren Zustimmung oder Ablehnung das Bedürfnis nach sozialer Konformität gemessen wurde (Feldman-Skala aus: Feldman, 2003; 1 = niedrig, 7 = hoch; Cronbachs α = 0,83; M = 3,20; SD = 0,72). Der zweite Teil beinhaltete Items zur Messung der Extraversion (Big Five-Inventory aus: Rammstedt & John, 2002; 1 = niedrig, 7 = hoch; α = 0,86; M = 4,66; SD = 1,01). Der letzte Teil umfasste sechs Problemszenarien aus dem alltäglichen Leben, für deren Lösung je fünf verschiedene Möglichkeiten angeboten wurden. Ein oder zwei Items sollten das soziale Lernen messen, die anderen waren Füllitems, um die Plausibilität der Antwortmöglichkeiten zu erhöhen. Die Versuchspersonen hatten hier die Aufgabe bei jeder Lösungsstrategie zu entscheiden, wie wahrscheinlich sie diese wählen würden (1 = sehr unwahrscheinlich, 6 = sehr wahrscheinlich). In einer Vorstudie ließen wir andere Studierende einschätzen, wie wahrscheinlich die meisten Menschen in den beschriebenen Situationen die jeweiligen Lösungsmöglichkeiten wählen würden. Die Items mit der höchsten gemittelten Wahrscheinlichkeit sollten also die Tendenz zu sozialem Lernen messen. Zusätzlich flossen konzeptuelle Überlegungen zu der Wahl der Items ein, um letztlich 8 Items zu erhalten, die die besagte Tendenz erfassen sollen. Als abhängige Variable wurde der Mittelwert der Items für soziales Lernen über die Szenarien hinweg verwendet (α = 0,49). 40 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Zunächst ergaben sich Korrelationen von r = 0,04 von sozialem Lernen mit Autoritarismus und r = 0,187 von sozialem Lernen mit Extraversion. Beide erreichten keine statistische Signifikanz. Um Unterschiede in der Tendenz zu sozialem Lernen festzustellen, wurde eine lineare Regression von sozialem Lernen auf Autoritarismus, Extraversion und Geschlecht als Prädiktoren gerechnet (s. Tab. 1). Tab. 1: Ergebnisse der linearen Regression von sozialem Lernen auf Autoritarismus, Extraversion und Geschlecht β (standardisiert) T p .079 .710 .480 Autoritarismus .172 1.524 .132 Extraversion -.302 -2.697 .009 Geschlecht (männl.) Es konnte nur ein Effekt des Geschlechts nachgewiesen werden. Durch nachträgliches Testen der Korrelationen aller Situationsitems mit Autoritarismus ergab sich für ein Item („Ich setze mich mit meiner Familie zusammen, hole mir deren Ratschlag und erwarte mir Hilfe von ihren Erfahrungen.“) ein signifikanter Zusammenhang (r = 0,23 p = 0,045). 4. Diskussion Nach unserer Hypothese sollten Personen mit hohen Autoritarismuswerten stärker zu sozialem Lernen tendieren. Diesen Effekt konnten wir anhand unserer durchgeführten Studie leider nicht belegen. Lediglich fanden wir durch die Regression den signifikanten Effekt, dass Frauen stärker zu sozialem Lernen tendieren. Zur Erklärung, warum der angenommen Zusammenhang zwischen Autoritarismus und sozialem Lernen nicht gefunden werden konnte, kommen mehrere Faktoren in Betracht: 1. Bei der Einschätzung einer Verhaltensmöglichkeit durch die Versuchspersonen könnten einzelne Wörter salient geworden sein. Einen Hinweis darauf gibt das bereits erwähnte Item, bei dem zur Problemlösung vorgeschlagen wird, die Familie um Rat zu fragen. Da die Korrelation dieses einzelnen Items mit Autoritarismus signifikant geworden ist, könnte man vermuten, dass die Familie bei hochautoritären Menschen eine besondere Stellung einnimmt. 2. Weiterhin wäre es vielleicht sinnvoller, soziales Lernen durch direkte Beobachtung zu untersuchen anstatt durch Verwendung eines Fragebogens. Somit könnte das Problemlöseverhalten der Probanden in Situationen beobachtet werden, in denen sie vor einem realen Konflikt oder einer realen Aufgabenstellung stehen. 3. Außerdem wäre es sinnvoll - neben der allgemeinen Definition des sozialen Lernens - noch eine speziellere Definition im Zusammenhang mit konkreten Lernprozessen einzuführen, um ein eindeutiges Verständnis des Begriffs in diesem Kontext zu gewährleisten. Weitere Forschung zu diesem Thema könnte Aufschluss über die Bedeutung des Autoritarismus bei Lernprozessen geben. 5. Literatur Kessler, T. & Cohrs, J.C. (2008). The Evolution of Authoritarian Processes: Fostering Cooperation in Large-Scale Groups. Group Dynamics: Theory, Research and Practice, 12, 73-84. Feldman, S. (2003). Enforcing social conformity: A theory of authoritarianism. Political Psychology, 24, 41-74. Rammstedt, B. & John, O. P. (2002). The German Big Five Inventory (BFI): Psychometric properties of the German adaptation and comparison with other inventories measuring the five factors. Unpublished manuscript. 41 Gruppe 19 Berufliche Zufriedenheit der Eltern und Berufsfindung Jugendlicher Jan Bier, Beatrice Gauler, Doreen Gräßler, Alice Wollniok & Fleur Zeunert Leitung: Dr. Elke Schröder & Dipl. Psych. Nicolas Arnaud 1. Einleitung Die Berufswahl stellt einen wichtigen Entwicklungsschritt im Jugendalter und dem frühen Erwachsenenalter dar. Doch welche Faktoren beeinflussen die Berufswahl Jugendlicher? Neblett und Cortina (2006) fanden eine Beziehung zwischen der Wahrnehmung der elterlichen Berufe und der Zukunftsorientierung Jugendlicher. Je belohnender (materiell und psychologisch) die Berufe der Eltern wahrgenommen werden, desto optimistischer und hoffnungsvoller blicken die Jugendlichen in die Zukunft. Diese Zukunftsaussichten stehen ihrerseits in Beziehung zu akademischem und beruflichem Erfolg (Neblett & Cortina, 2006). Ein weiterer wesentlicher Faktor für die berufliche, aber auch generelle Zufriedenheit sind Vereinbarkeit bzw. Konflikte zwischen Beruf und Familie. Die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf und eine daraus möglicherweise resultierende Unzufriedenheit entstehen häufig durch Belastung und zeitliche Einschränkung im Beruf (Carlson, Kacmar & Williams). Die Auswirkungen auf das Miteinander in der Familie beeinflussen wiederum die berufliche Zufriedenheit der Eltern. Diese wird von Jugendlichen wahrgenommen (Trice & Tillapaugh, 1991). Dass der Berufswunsch „zu Hause“ entsteht und durch dort herrschende Einflüsse, wie z. B. die Wahrnehmung der Berufs(un)zufriedenheit, verändert werden kann, demonstrierten Trice und Tillapaugh in ihrer Studie (1991). Wenn es so ist, dass die elterliche berufliche Tätigkeit von großem Einfluss für die Kinder ist, stellt sich die Frage, ob die (positive oder negative) Wahrnehmung dieser die Kinder in der Frage beeinflusst den gleichen oder einen ähnlichen Beruf wie die Eltern zu ergreifen. Dieser mutmaßliche Zusammenhang soll in der vorliegenden Studie überprüft werden. Da Trice & Knapp (1991) zeigen, dass die Berufswahl geschlechtsspezifisch ist, also Mädchen v. a. von weiblichen Rollenvorbildern (Mutter) und Jungs eher von männlichen Rollenvorbildern (Vätern) beeinflusst werden, ergeben sich aus dem gesagten folgende Hypothesen: Ia. Je größer die wahrgenommene väterliche Berufszufriedenheit, desto eher folgen männliche Jugendliche dem Beruf des Vaters nach. Ib. Je größer die wahrgenommene mütterliche Berufszufriedenheit, desto eher folgen weibliche Jugendliche dem Beruf der Mutter nach. 2. Methode Stichprobe: An der Untersuchung nahmen 159 Schüler (76 Mädchen und 83 Jungen) der Klassenstufen zehn (69 Schüler) und zwölf/dreizehn (90 Schüler) im Alter von 15 bis 22 Jahren (M=18, SD=2,31) teil. Fragebogen: Alter, Geschlecht, Berufswunsch, Berufe und Berufsstatus der Eltern wurden durch direkte Fragen ermittelt. Als Indikatoren für die wahrgenommene Berufszufriedenheit der Eltern wurden folgende Skalen jeweils für die Mutter und den Vater einbezogen. Prädiktoren: Konflikte zwischen Beruf und Familie. Damit wurde erfasst, ob die Jugendlichen den Eindruck haben, dass ihre Eltern aufgrund der Arbeit keine Zeit für das Familienleben haben und gestresst sind. (Carlson, Kacmar & Williams, 2000, sechs Items, Mutter: M= 1.45, SD=0.9, α = .87, Vater: M =1.7, SD=0.8, α =.84). Berufliche Belohnung. Die Jugendlichen sollten die Zufriedenheit ihrer Eltern in Bezug auf finanzielle (extrinsisch) und psychologische (intrinsisch) Belohnungen, die sie in ihrem Beruf erhalten, einschätzen. (Neblett & Cortina, 2006, sechs Items, Mutter M=2.7, SD=.76, α=.85; Vater: M=2.4, SD=.8 , Alpha=.85). 42 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress Berufliche Selbstbestimmung. Dieses Konstrukt ermittelt, ob die Eltern in ihrem Beruf die Chance haben ihre Fähigkeiten und Interessen zu entfalten. (Neblett & Cortina, 2006, zwei Items, Mutter: M=1.33 , SD=.93 , r=.31; Vater: M=1.2 , SD=.9 , r=.314) Kriterium. Übereinstimmung der jugendlichen Berufswünsche mit dem mütterlichen oder väterlichen Beruf wurde anhand des RIASEC-Modells von Holland (1985) operationalisiert. Diese Berufswahltheorie charakterisiert Menschen anhand ihrer Persönlichkeit und entsprechend auch Berufe. Daraus ergeben sich sechs Gruppen von Berufen passend zu den Persönlichkeitstypen (sozial, künstlerisch, forscherisch, unternehmerisch, praktisch-technisch, verwaltend), die nach Holland eine unterschiedliche Nähe zueinander aufweisen (z.B. sozial näher zu künstlerisch als unternehmerisch). Basierend auf den Berufstypen wurde ein Übereinstimmungs-Index berechnet (0= keine Übereinstimmung zwischen Berufswunsch Kind –Beruf Mutter/Beruf Vater, 1= ähnliche Berufsrichtungen, 2= gleiche Berufsrichtung, 3= gleicher Beruf). 3. Ergebnisse Zur Überprüfung der Hypothesen wurden vier lineare Regressionen gerechnet mit den Prädiktoren Konflikte zwischen Beruf und Familie, Berufliche Belohnung und Berufliche Selbstbestimmung als Indikatoren für die wahrgenommene Berufszufriedenheit des Vaters bzw. der Mutter und dem Kriterium Übereinstimmung. Die erste Teilhypothese wurde nicht signifikant. In der zweiten Teilhypothese wurden signifikante Ergebnisse gefunden (R2=.28, p=.001). Den größten Einfluss bei der Nachfolge der Töchter in Bezug auf den mütterlichen Beruf hatte dabei das Kriterium Berufliche Selbstbestimmung (Beta= -.48, p=.003). Je weniger die Eltern in ihrem Beruf die Möglichkeit haben, ihre Fähigkeiten und Interessen zu entfalten, desto geringer fällt die Nachfolge aus. Des Weiteren wurde eine Regression für Söhne und Mütter gerechnet, welche auf dem 10%-Niveau signifikant wurde (R2=.14). Dabei wurden die Prädiktoren Berufliche Belohnung (Beta=-.33, p=.03) und Berufliche Selbstbestimmung (Beta=-.36, p=.02) signifikant. Die Regression für Vater und Tochter wurde nicht signifikant. 4. Diskussion Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass der elterliche Beruf und die wahrgenommene elterliche Berufszufriedenheit für die Berufswahl der Jugendlichen von wichtigem Einfluss sind. Es zeigte sich, dass sowohl Töchter als auch Söhne der Mutter nachfolgen, vor allem dann, wenn die Mütter im Beruf die Möglichkeit haben sich selbst zu verwirklichen. Die größere Bedeutung der Mutter lässt sich womöglich dadurch erklären, dass die Mütter offener als Väter über ihre Erfahrungen sprechen, intensivere Beziehungen zu den Kindern aufbauen und so die Jugendlichen einen größeren Einblick in deren Berufsalltag haben. Insgesamt ergab sich, dass Söhne (43%) und Väter (59,5%) meist dem praktisch-technischen Berufstyp angehören sowie Töchter (46%) und Mütter (37,2%) dem sozialen Typ. Weitere Forschung sollte diesen Zusammenhang näher beleuchten. Zudem gab es in der untersuchten Stichprobe häufig nur einen arbeitenden Elternteil oder durch Arbeitslosigkeit beider Eltern gar kein berufliches Rollenmodell, sodass die Berufswahl für diese Fälle in der vorliegenden Studie nicht umfassend geklärt werden konnte. 5. Literatur Carlson, S. Dawn, Kacmar, K. Michele, Williams, J. Larry (2000). Construction and Initial Validation of a Multidimesional Measure of Work-Family Conflict. Journal of Vocational Behavior 56, 249-276. Neblett, N. G. & Cortina, K. S. (2006). Adolescents` thoughts about parents` and their importance for adolescents` future orientation. Journal of Adolescence, 29, 795-811. Holland, J. (1985). Making vocational choices. Prentice-Hall, Inc., Engelwood Cliffs, New Jersey. Trice, A. D. & Knapp, L. (1992). Relationship of Children’s Career Aspirations to Parents` Occupations. The Journal of Genetic Psychology, 153(3), 355-357. Trice, A. D. & Tillapaugh, P. (1991). Children’s estimates of their Parents` job satisfaction. Psychological Reports, 69, 63-66 43 Gruppe 20 Geschlechtsunterschiede bei der visuellen Suche Stefanie Broncel, Juliane Grunitz, Cornelia Hankel, Jessica Lenz, Tanja Oswald Leitung: Johannes Hewig 1. Einleitung Die Frage nach Geschlechtsunterschieden beschäftigt nicht nur die Wissenschaft. Kaum ein Thema scheint eine solche Relevanz zu haben, wie die Frage nach dem Unterschied zwischen den Geschlechtern. „Frauen sind von der Venus, Männer sind vom Mars“, um nur eine berühmte Debatte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu nennen. Dabei geht es der Wissenschaft weniger um die Frage nach zwischenmenschlichen Beziehungen. Vielmehr stehen die Besonderheiten bezüglich der Struktur und dem Aufbau des Gehirnes im Vordergrund. Gegensätze im Denken, Fühlen und Handeln sind nicht nur rein hypothetischer Natur, sondern empirisch getestet und belegt. Nachdem in der Metaanalyse von Linn und Petersen (1985) gezeigt werden konnte, dass bezüglich der mentalen Rotation große Abweichungen bestehen, es aber nur geringe Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der räumlichen Wahrnehmung gibt, interessierten wir uns für die Thematik, ob und welche Differenzen sich bei der visuellen Suche auf zweidimensionaler Ebene finden lassen. Dabei nahmen wir an, dass Frauen systematischer nach den Zielbildern suchen als Männer. Zudem stellten wir die Hypothese auf, dass geschlechtsspezifische Targets jeweils schneller gefunden werden (siehe McGivern et al., 1997). 2. Methode Als Versuchspersonen wurden 15 männliche Studenten und 18 weibliche Studentinnen (Durchschnittsalter: 22,1; Standardabweichung: 4,5) der Friedrich-Schiller-Universität Jena rekrutiert. Es handelte sich dabei ausschließlich um PsychologiestudentInnen im Haupt- oder Nebenfach. Als Stimulusmaterial nutzten wir 82 Zielbilder, die wir aus dem IAPS und dem Internet bezogen sowie eine große Zahl neutraler Distraktoren (aus dem International Affective Picture System, Lang, Öhman, und Vaitl, 1988). Dabei unterteilten wir die Targets an Hand von Geschlechterstereotypen in folgende geschlechtsspezifische Kategorien: erotische Bilder von Männern und Frauen, Babies und Fahrzeuge, Werkzeug/ Waffen und Accessoires, geschlechtstypische Nahrungsmittel sowie Sportarten. Die Aufgabe der Probanden war es, aus einem 6x6 Grid, welches sich aus 35 neutralen Distraktoren und einem Target zusammensetzte, ein entsprechendes Zielbild zu finden. Die Bilder wurden einmalig randomisiert und dann jedem Probanden in gleicher Reihenfolge als Grid auf einem PC-Bildschirm in einer Auflösung von 1024*768 Pixel präsentiert. Mittels eines Eye-tracking recording systems zeichneten wir die corneale Reflexion des linken Auges der Probanden auf. Um eine korrekte Aufzeichnung zu gewährleisten, mussten die Teilnehmer während des gesamten Experiments in einer Kopfstütze verbleiben. Vor jedem Experiment wurde die Kamera individuell vom Versuchsleiter eingestellt und das Auge kalibriert. Nach der Kalibrierung begann das eigentliche Computerexperiment. Unmittelbar vor jedem Suchlauf informierte eine Instruktion des Computers die Versuchspersonen, nach welchem Bild bzw. welcher Kategorie zu suchen sei. Sobald das Bild entdeckt wurde, sollten die Probanden eigenständig eine Taste drücken und im Nachhinein angeben, in welcher Position (Zeile, Spalte) sich das Target befand. Unser Experiment bestand aus zwei Suchteilen und einer Beurteilung der Bildkategorien. Die Bildeinschätzung diente der Abschätzung von Valenz und Arousal des Stimulusmaterials. Zudem bearbeiteten die Probanden einen Fragebogen zur Maskulinität/Femininität (Bem Sex Role Inventory, Bem, 1974) und einen visuellen Intelligenztest. Die Analyse erfolgte mittels SPSS. Die Freiheitsgrade wurden gegebenenfalls mit der Methode von Huynh-Feldt korrigiert. 44 3. Jenaer Empiriepraktikumskongress 3. Ergebnisse Bei der Analyse der Blickdaten in einem Allgemeinen Linearen Modell (ALM) mit Messwiederholung (Faktor Geschlecht (2), Faktor Horizontal (6), Faktor Vertikal (6)) fanden wir keinen signifikanten Haupteffekt zwischen den Geschlechtern und keine Interaktion. Bei dem allgemeinen Blickmuster beider Geschlechter zeigte sich jedoch, dass der erste Blickkontakt vertikal in der dritten Spalte sowie horizontal in der zweiten Zeile erfolgte und somit der Suchbeginn leicht nach links versetzt war. Die Haupteffekte vertikal, horizontal sowie deren Wechselwirkung wurden signifikant (alle p ≤ .001). Zudem untersuchten wir die Blickdaten, Reaktionszeiten und Fehlerzahlen. Dabei wurden nur die Zeiten in die Analyse mit einbezogen, bei denen das Target auch tatsächlich gefunden wurde. Wir führten ALMs mit zwei Faktoren (Bildart (10), Geschlecht (2)) durch. Es zeigte sich ein Interaktionseffekt zwischen der Bildregion und dem Geschlecht ((F(9,270)=2,29, p=.025) für die Reaktionszeiten. Entsprechend den Hypothesen betrachteten wir die Einzelvergleiche mittels eines t-Testes bei unabhängigen Stichproben. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede bei den Bildkategorien „Fahrzeuge“ (t(31)=2,15, p=.04) und „Essen Mann“ (t(31)= 2,01, p=.045). Demzufolge reagierten Männer jeweils signifikant schneller auf Fahrzeuge und männertypische Nahrungsmittel als Frauen. Außerdem ergab sich, dass Probanden mit einem höheren Score im visuellen Intelligenztest die 36 Bildregionen signifikant schneller (r = -.378, p = .03) durchsuchten und dementsprechend auch das Target signifikant schneller (r = -.479, p = .005) fanden als Personen mit einem niedrigeren Score. 4. Diskussion Unsere Hypothesen in Bezug auf die Differenzen zwischen Männern und Frauen bei der visuellen Suche auf zweidimensionaler Ebene konnten nicht bestätigt werden. Es zeigten sich keine Unterschiede in der Systematik der Suche und nur sehr eingeschränkte Effekte bezüglich der geschlechtsspezifischen Bildkategorien. Daher vermuten wir, dass Ungleichheiten möglicherweise nur bei der Suche im dreidimensionalen Raum und somit bei der räumlichen Orientierung bestehen. Dies zeigte sich bereits in vorangegangen Studien (siehe Linn und Petersen (1985). Zwar fand sich eine generelle Systematik im Blickmuster, allerdings ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Suche begann tendenziell leicht linksversetzt vom Mittelpunkt des Suchbildes aus (3.Spalte, 2. Zeile). Eine mögliche Erklärung dafür könnte der allgemeine Leserhythmus von links nach rechts sein. Interessant hierzu wären weitere Forschungen zur Frage, ob sich der umgekehrte Effekt im arabischen Sprachraum finden lässt. Gemäß unserer Vermutung hat sich jedoch bestätigt, dass Männer schneller auf die Kategorien „Fahrzeuge“ und „Essen Mann“ reagierten. Bei den anderen Kategorien fanden wir eine Tendenz für Geschlechtsunterschiede, diese wurden aber nicht signifikant. Mögliche Ursachen hierfür könnten die geringe Anzahl von Versuchspersonen und eine daraus resultierende geringere Teststärke sein oder eine zu große Heterogenität des Bildmaterials in den einzelnen Kategorien. 5. Literatur Bem, S. L. (1974). The measurement of psychological androgyny. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 42(2), 155-162. Lang, P., Öhmann, A., & Vaitl, D. (1988). The international affective pictures system. Gainsville, FL: University of Florida. Linn, M. C., Petersen, A. C. (1985): Emergence and Characterization of Sex Differences in Spatial Ability: A MetaAnalysis. Child Development, 56, 1479-1498. McGivern, R. F., McGivern, R. F., Huston, J. P., Byrd, D., King, T., Siegle, G. J., et al. (1997). Sex differences in visual recognition memory: Support for a sex-related difference in attention in adults and children. Brain and Cognition, 34(3), 323-336. 45 DANKSAGUNG Verschiedene Personen und Personengruppen haben durch ihre Mithilfe die Organisation und Durchführung dieses Kongresses überhaupt erst möglich gemacht: Die Hiwis der Allgemeinen Psychologie II unterstützten wie immer die komplette Organisation und Vorbereitung. Die Fachschaft und die Studierenden des 2. Semesters organisierten den Getränkestand und -verkauf. Und natürlich wäre dieser Kongress nicht möglich ohne die Bereitschaft und das Engagement der Juroren die einzelnen Kongressbeiträge zu begutachten und zu bewerten. Ihnen allen Vielen Dank! Herzlichen Dank auch an das Institut für Psychologie für die finanzielle Unterstützung und an die Thalia Universitätsbuchhandlung Jena für die Bereitstellung der Buchgutscheine. 46 PROGRAMM 14:00 Uhr Eröffnung der Posterausstellung der Teilnehmergruppen im Foyer am EAP 16:15 Uhr Festvortrag von Professor Joachim I. Krueger (Brown University, Providence, Rhode Island): "The Europeans as they are seen by Americans" in Hörsaal 6 (EAP) 17:00Uhr Preisverleihung für die besten Poster in Hörsaal 6 (EAP)