Ist Susanne zickig - Friedrich-Schiller

Werbung
Programm
2008
Psychologie
FSU Jena
Foyer, EAP
17.07.2008
Inhaltsverzeichnis
Gruppe 1
Intentionale Vorbereitung von automatischen Verhaltenstendenzen der Annäherung
und Vermeidung………………………………………………………………………............... 6
Stephanie Bauer, Konstantin Falk, Claudia Herold, Karolin Kempfert, Michael Rost
Gruppe 2
Strafe muss sein - wenn ich's mir recht überlege... Systematische Infoverarbeitung und
Bewertung von Normabweichlern.…………………………………………………….………. 8
Angelika Bühler, Nils Kupfer, Flora Mehrabi, Volkan Yildirim, Sebastian Zietz
Gruppe 3
Wann ist Inhibition ein effektiver kognitiver Kontrollmechanismus?.................................. 10
Oliver Adler, Christoph Düker, Nele Fischer, Carolin Hunger, Sebastian Phieler
Gruppe 4
Machos und Ausländer? Die Rolle von Wärme und Kompetenz bei der Kategorisierung
sozialer Gruppen unter Konkurrenz…………………………………………………………… 12
Johannes Adler, Anna Hartung, Remo Kamm, Jan Rehbein, Yvonne Steinmann
Gruppe 5
Wenn schwarze Schafe mich fertig machen - Die Rolle von Stimmung und
Verarbeitungstiefe bei der Bewertung von Normabweichlern…………………………….... 14
Judith Berles, Nicole Hoffmann, Anika Matthes, Juliane Seiler, Claudia Weise
Gruppe 6
Gesichterlernen mit links? EKP-Korrelate abstrakter und bildabhängiger
Gesichterrepräsentationen……………………………...…………………………….............. 16
Louisa Arnold, Maria Engel, Katharina Schierz, Juliette Toth, Johanna Tränkner
Gruppe 7
Mächtig aufgeflogen - Vorhersage verschiedener Komponenten des Machtmotivs durch
implizite und explizite Messmethoden………………………………………………………… 18
Olena Fluyerar, Franziska Meichsner, Swantje Puls, Martin Richter, Benedikt Werner
Gruppe 8
Frühe Indikatoren unseres Gehirns für Ungerechtigkeitsempfinden:
ein elektrophysiologisches Korrelat………………………………………………………….... 20
Anett Siebenmorgen, Pino Nagel, Annelie Tuchscherer, Saskia Schöler, Melanie Spate
Gruppe 9
Die Macht der Sterne - wie Sie sehen, sehen Sie nichts………………………………….... 22
Rico Zimmermann, Shanglei Jia, Marie Penzold
Gruppe 10
Gesichter die man nie vergisst - Gesichterlernen & funktionelle Lateralisation……….…. 24
Angy Bornschein, Simone Döring, Kathleen Kemter, Manuela Richter, René Taubenrauch
Gruppe 11
Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte - Audiovisuelle Integration
bei der Identifikation von unbekannten Personen………………………………………….... 26
Sarah Fischer, Nadine Förtsch, Carolin Gottwalt, Christin Kästner, Katja Stübchen
Gruppe 12
Gefühlte Handlung - Antizipative Handlungssteuerung durch affektive
Bewegungskonsequenzen…………………………………………………….........................28
Anne Tzschach, Armin Walter, Katharina Bohl
Gruppe 13
Beeinflusst die Persönlichkeit Evaluative Konditionierungseffekte?.................................. 30
Julia Köhn, Inga Kröger, Lea Langguth, Johanna Paulat, Anna Szagarus
Gruppe 14
Maskiertes Priming von Gesichtern: Subliminaler Einfluss von kategorialer oder
assoziativer Verknüpfung?................................................................................................ 32
Christin Knorr, Patrick Lorenz, André Preis, Ina Udhardt
Gruppe 15
Umtausch nur mit Kassenbon - und reduzierter Zufriedenheit!......................................... 34
Katrin Blarr, Christina Heitmann, Kirsten Lüdke, Vivien Raffel, Stefanie Reinsch
Gruppe 16
Hörst Du mein Gesicht? - Audiovisuelle Integration……………………………………….... 36
Henrike Daßler, Kristin Gottschlich, Marlena Itz, Anja Knösing, Michael Temmerman
Gruppe 17
„Was soll mal aus mir werden?“ - Eine querschnittliche Studie zur beruflichen Identität
bei Schülern der gymnasialen Oberstufe……………………………………………………...38
Linda Gräfe, Katharina Krause, Johannes Kuban, Bettina Möller, Franziska Seidel
Gruppe 18
Autoritarismus - wie das Festhalten an Traditionen und Normen den Lernstil
beeinflusst…………………………………………………………………………..................... 40
Slawek Altenstein, Jennifer Baumbach, Magdalena Beyer, Ji Ae Jeong, Alexandra Kuhn
Gruppe 19
Berufliche Zufriedenheit der Eltern und Berufsfindung Jugendlicher…………………….... 42
Jan Bier, Beatrice Gauler, Doreen Gräßler, Alice Wollniok, Fleur Zeunert
Gruppe 20
Geschlechtsunterschiede bei der visuellen Suche…………………………………………...44
Stefanie Broncel, Juliane Grunitz, Cornelia Hankel, Jessica Lenz, Tanja Oswald
Kurzberichte
der
Empiriepraktikumsgruppen
Gruppe 1
Intentionale Vorbereitung von automatischen Verhaltenstendenzen
der Annäherung und Vermeidung
Stephanie Bauer, Konstantin Falk, Claudia Herold, Karolin Kempfert, Michael Rost
Leitung: Dr. Andreas Eder
1. Einleitung
Es ist weithin akzeptiert, dass Menschen dazu tendieren, auf einen Reiz positiver Valenz
automatisch mit Annäherungs- und auf einen Reiz negativer Valenz mit Vermeidungsverhalten zu
reagieren. Diese Kompatibilität von Valenz und Verhalten (positiv-Annäherung, negativVermeidung) konnte wiederholt in Aufgaben nachgewiesen werden, in denen Annäherungs- und
Vermeidungsreaktionen affektiven Reizklassifikationen zugewiesen werden sollten (sog.
Mappingaufgaben). Annäherungs- und Vermeidungsreaktionen sind schneller und fehlerfreier,
wenn sie einer kompatiblen Valenz, statt einer inkompatiblen, zugeordnet werden (Mappingeffekt).
Ebenso werden affektive Simon-Effekte berichtet, wobei Schnelligkeit und Korrektheit der
Reaktionen bei Kompatibilität der Reize und Reaktionen ebenfalls erhöht ist, obwohl hier nicht auf
die Valenz der Reize reagiert werden muss. Diese Befunde werden meist auf Langzeitassoziationen
(LZA) zwischen affektiven Reizen und Reaktionen der Annäherung und Vermeidung
zurückgeführt, die motivational vermittelt sind (z.B. Lang, 1995).
Allerdings treten im Leben der Menschen häufig Situationen auf, in denen sie sich intentional auf
bestimmte affektive Ereignisse vorbereiten, um inkompatible Reaktionen zu zeigen, wie z.B. auf
einer Trauerfeier nicht zu weinen, oder beim Anblick des geöffneten Kühlschranks nicht gierig nach
dem letzten Stück Kuchen zu greifen. Hier tritt eine Vorab-Spezifikation passender
Verhaltensweisen auf, die durch affektive Hinweisreize in gegebenen Situationen automatisch
ausgelöst werden. So können intentional hergestellte Kurzzeitassoziationen (KZA) zwischen
affektiven Reizen und Reaktionen zu zielgerichtetem affektiven Verhalten befähigen.
Es soll nun untersucht werden, welchen Einfluss diese KZA auf automatische Verhaltenstendenzen
haben. Im vorliegenden Experiment werden bewertungsrelevante „Mapping“-Durchgänge
(entweder kongruent: positiv-Annäherung, negativ-Vermeidung oder inkongruent: negativAnnäherung, positiv-Vermeidung), die eine explizite Reaktion auf die Valenz eines Reizes
erfordern, mit bewertungsirrelevanten „Simon“-Durchgängen gemischt.
Wenn KZA automatische Reaktionen auf affektive Reize vorbereiten, dann sollte sich:
1. der affektive Simoneffekt im Vergleich zu einer puren Simonaufgabe verstärken, wenn die
Mappingaufgaben kompatibel sind, da LZA und KZA in die gleiche Richtung wirken, und
2. der affektive Simoneffekt umkehren, wenn die Mappingaufgabe inkompatibel ist, da die
KZA den LZA entgegenwirken bzw. sie überschreiben.
2. Methode
Stichprobe. Jeweils 28 Studenten in gemischt-kongruenter und gemischt-inkongruenter
Bedingung, 31 Studenten in der puren Simonbedingung
Material.
96 positive und 96 negative Wörter (48 Adjektive, 48 Substantive)
Prozedur.
Als Operationalisierung von Reaktionen der Annäherung und Vermeidung wurden
Bewegungen eines Joystick-Hebels hin (Annäherung) und weg (Vermeidung) vom Körper
eingesetzt (vgl. Chen & Bargh, 1999).
In der puren Simon-Bedingung sollten mit den Hebelbewegungen positive und negative Wörter als
Adjektiv und Substantiv klassifiziert werden.
6
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Die gemischten Bedingungen bestanden aus bewertungsirrelevanten Durchgängen und affektiven
Mappingdurchgängen. In den bewertungsrelevanten Mappingdurchgängen sollten Wörter
hinsichtlich ihrer Valenz klassifiziert werden. Die Simondurchgänge werden dabei entweder mit
inkongruenten Mappingdurchgängen (gemischt-inkongruente Bedingung) oder mit kongruenten
Mappingdurchgängen (gemischt-kongruente Bedingung) kombiniert. Der Aufgabenhinweis
(Hintergrundfarbe: blau vs. orange) erschien zeitgleich mit dem Wort.
3. Ergebnisse
Bewertungsirrelevante Durchgänge
Eine Varianzanalyse der Reaktionszeiten mit den Faktoren Kompatibilität (kompatibel vs.
inkompatibel) und Aufgabentyp (gemischt-kongruent vs. gemischt-inkongruent) ergab keinen
Haupteffekt des Aufgabentyps, F<1, aber eine gekreuzte Interaktion, F(1,51) = 15.06, p<.001.
In der gemischt-kongruenten Bedingung erfolgten die Klassifikationen schneller bei kompatiblen
als bei inkompatiblen Reiz-Reaktions-Kombinationen (∆M = 31 ms), F(1,25)=9.08, p<.05.
In der gemischt-inkongruenten Bedingung erfolgten die Klassifikationen schneller bei
inkompatiblen als bei kompatiblen Reiz-Reaktions-Kombinationen F(1,26)=6.19, p<.05. Der
Simoneffekt kehrt sich in seiner Richtung um (∆M = 36 ms).
Die pure Simonbedingung ergab einen Null-Effekt, F(1,29)=0.002, p=0.96.
Bei Betrachtung der Fehlerzahlen zeigte sich ein ähnliches Muster.
Aufgabe
pure
gemischtkongruent
gemischtinkongruent
Reiz-Reaktions-Kompatibilität
Kompatible
Inkompatible
RZ (ms)
SD
RZ (ms)
SD
Affektiver Simon-Effekt
RZ (ms)
691
60
691
62
0
1017
148
1048
138
31
1067
116
1031
127
- 36
Bewertunsrelevante Durchgänge
Eine Varianzanalyse der Reaktionszeiten mit dem Faktor Kompatibilität (kompatibel vs.
inkompatibel) ergab einen Mapping-Effekt. Reaktionen bei kongruentem Mapping waren schneller
(1051ms, SD = 145) als bei inkongruentem (1110ms, SD = 104), F(1,51) = 2.88, p< .05.
4. Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, dass Handlungsabsichten gegenüber affektiven Reizen automatische
Reaktionsaktivierungen ermöglichen. Dies ist ein Beleg für die Wirksamkeit von KZA.
LZA konnten durch den gefundenen Mappingeffekt ebenfalls nachgewiesen werden, welcher auf
„Voreinstellungen“ des Annäherungs-Vermeidungssystems hinweist. Der initiale Verhaltensimpuls
(LZA) wird durch Handlungsabsichten (KZA) verstärkt oder sogar umgekehrt. Überraschend ist,
dass sich der Simon-Effekt symmetrisch umkehrte, ohne dass sich dabei Prozessverluste zeigten,
die beim Überschreiben der LZA durch die KZA entstehen sollten. Entgegen der Grundannahmen
zeigt sich kein Simoneffekt in der puren Simon-Aufgabe. Dies könnte mit der geringen
Valenzstärke der Joystickbewegung oder nicht ausreichenden evaluativen Fokus begründet werden.
5. Literatur
Chen, M., & Bargh, J. A. (1999). Consequences of automatic evaluation: Immediate behavioral predispositions to
approach or avoid the stimulus. Personality and Social Psychology Bulletin, 25, 215-224.
De Houwer, J., Crombez, G., Baeyens, F., & Hermans, D. (2001). On the generality of the affective Simon effect.
Cognition and Emotion, 15, 189-206.
Lang, P. J. (1995). The emotion probe: Studies of motivation and attention. American Psychologist, 50, 372-385.
7
Gruppe 2
Strafe muss sein - wenn ich's mir recht überlege...
Systematische Infoverarbeitung und Bewertung von Normabweichlern.
Angelika Bühler, Nils Kupfer, Flora Mehrabi, Volkan Yildirim, Sebastian Zietz
Leitung: Gerhard Reese
1. Einleitung
Individuen definieren ihre eigene Identität zum Teil durch Mitgliedschaften in sozialen Gruppen
(Social Identity Theory (SIT)) (Tajfel & Turner, 1979, 1986). Dabei werden im Rahmen von
Intergruppensituationen positive Ingroupmitglieder in der Regel besser bewertet als positive
Outgroupmitglieder. Normabweichende IG-Mitglieder werden von der eigenen Gruppe allerdings
negativer bewertet als OG-Mitglieder, die dasselbe negative Verhalten zeigen (black-sheep-effect
(BSE)) (Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. 1988). Dieses Phänomen erscheint auf den ersten Blick
kontraintuitiv, da man annehmen könnte, dass eigene Gruppenmitglieder in Schutz genommen
werden. Antwort darauf gibt die SIT: Ein negatives IG- Mitglied bedeutet einen Angriff auf die
Gruppenidentität und auf den Selbstwert. Um dem entgegenzuwirken streben die
Gruppenmitglieder eine negative Bewertung des Normabweichlers an, um dessen Verhalten als
atypisch für die IG herauszustellen. Das Resultat ist eine stärkere Bestrafung des devianten IGMitglieds. Bei Konfrontation mit einem abweichenden IG-Mitglied sind hoch Identifizierte (HI)
Gruppenmitglieder stärker motiviert das IG-Mitglied zu analysieren als niedrig Identifizierte (NI)
(Coull, A., Yzerbyt, V. Y., Castano, E., Paladino, M. P., & Leemans, V. 2001). Daher ist eine
systematische, also präzisere Informationsverarbeitung bei HI wahrscheinlicher. NI hingegen
verarbeiten urteilsrelevante Informationen heuristisch, kognitiv sparsam und ungenau. Der BSE
bedarf also systematischer Verarbeitung. Diese kann allerdings nicht erfolgen, wenn die kognitiven
Ressourcen stark beansprucht sind (z.B. durch Zusatzaufgaben). In diesem Fall sollte der BSE
verhindert werden, da Informationen über das Verhalten des IG-Mitglieds nicht mehr systematisch
verarbeitet werden können. Ausgehend von diesen Befunden ergeben sich für unser
Forschungsprojekt folgende Hypothesen:
H1.: Die Verarbeitung des devianten Verhaltens eines IG-Mitglieds erfolgt systematischer, als die
eines OG-Mitgliedes, während die Verarbeitung von deviantem Verhalten eines OG-Mitglieds
heuristischer als die eines IG-Mitgliedes verläuft.
H2.: Kognitive Belastung der Probanden eliminiert systematische Informationsverarbeitung und
somit auch den black-sheep Effekt.
2. Methode
Die Untersuchung bestand aus einer computerbasierten Fragebogen–Studie. Die Gesamtstichprobe
umfasste 90 studentische Versuchspersonen mit einem Durchschnittsalter von M = 22 (SD = 2.41).
Bei der Untersuchung handelte es sich um ein 2 (cognitive load vs. no cognitive load) * 2 (IG- vs
OG-Deviant) Between-Subjects–Design. Als abhängige Variablen wurden Bestrafung und
Informationsverarbeitung erhoben. Nach einer Einverständniserklärung begann das eigentliche
Experiment mit der Messung der Ingroup Identifikation mittels sechs Items auf einer siebenstufigen
Skala (α= .82). Bsp.-Item: „Ich identifiziere mich mit den Uni–/FH–Studenten.“ Im zweiten Schritt
folgte die Manipulation der IG/OG (Uni – vs- FH – Student) durch eine Belastungsaufgabe während
den Versuchspersonen ein Text präsentiert wurde. In der cognitive load–Bedingung sollte die
Auftretenshäufigkeit eines Stimulus gezählt werden. Außerdem wurde die Präsentation des Textes
auf 48 Sekunden beschränkt. In der noload – Bedingung wurde nur der Text präsentiert und die
Lesegeschwindigkeit war frei variierbar. Im Anschluss erfolgte die explizite Messung der aV
„punishment“ anhand elf Items (α=.86). Bsp.-Item: „Die Person sollte für ihre Handlung zur
8
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Rechenschaft gezogen werden.“ Dem folgte die Messung der Verarbeitungstiefe durch acht Items,
jeweils 4 für systematische (α= .67) und 4 für heuristische (α= .75) Verarbeitung.
Zuletzt erfassten wir die soziodemographischen Daten. Als Aufwandentschädigung bekamen alle
Teilnehmer Schokolade.
3. Ergebnisse
Der BSE trat in unserer Studie in keiner der Arbeitsbelastungsbedingungen auf - es wurden
Fremdgruppenmitglieder sogar in beiden Fällen geringfügig stärker bestraft, jedoch nicht
signifikant. Allerdings zeigte sich ein marginal signifikanter Haupteffekt der Loadmanipulation,
F(1, 86) = 3.24, p=.075, η2 = .04 - Normabweichendes Verhalten wurde signifikant stärker in der
no-Load als in der Load-Bedingung bestraft (M = 4.26 vs. M = 3.83 ) und es wurde signifikant
heuristischer verarbeitet in der Load-Bedingung (M = 4.33 gegenüber M = 3.68 ; p = .017, η2 = .07
). Bezüglich der systematischen Verarbeitung fand sich hier jedoch kein signifikanter Unterschied.
Es gab weiterhin einen Zusammenhang zwischen der Länge der Zeit, die die Probanden zum Lesen
der Situationsbeschreibung verwendeten und dem Ausmaß der von ihnen angegebenen
systematischen Verarbeitung, (r = .37; p < .05) bzw. heuristischen Verarbeitung (r = -.27; p < .05),
was für die konvergente Validität unserer Verarbeitungsitems spricht. Zuletzt sind systematische
und heuristische Verarbeitung negativ korreliert (r = -.427; p < .01).
4. Diskussion
Es ist anzunehmen, dass in unserer Studie der BSE nicht aufgetreten ist, da sich die Probanden eher
mit der übergeordneten Gruppe der Studierenden identifiziert haben könnten, als mit der
Eigengruppe der Uni-Studierenden in Relation zu FH-Studierenden. Die Fremdgruppe könnte also
als solche gar nicht wahrgenommen worden sein, infolgedessen wurde in beiden Bedingungen
gleichermaßen bestraft. Interessanterweise liegt eine signifikante Korrelation zwischen dem
Ausmaß, in dem sich die Probanden mit ihrer Gruppe identifizieren und der Bestrafungsintensität
vor (r= .44, p<.05). Dies deutet im Einklang mit der Social Identity Theory darauf hin, dass
Personen, die sich stärker über ihre Gruppe identifizieren auch stärker auf eine wahrgenommene
Bedrohung der (übergeordneten) Gruppenidentität durch einen Normverstoß reagieren.
Die höheren Bestrafungswerte könnten auch damit zusammenhängen, dass hoch Identifizierte im
Gegensatz zu niedrig Identifizierten marginal signifikant systematischer verarbeiten (M = 4.28
gegenüber M = 3.83 ; p = .087 , η2 = .03), d.h. für ihre Gruppe relevante Informationen präziser
durchdenken und eine Bedrohung eher wahrnehmen. Faszinierend ist, dass in unserer Studie
erstmals ein Zusammenhang zwischen Verarbeitungsressourcen und Bestrafung festgestellt werden
konnte, dessen Gesetzmäßigkeiten in weiteren Studien untersucht werden sollte.
5. Literatur
Abrams, D., Marques, J.M., Brown, N., Henson, M. (2000), Pro-norm and anti-norm deviance within and between
groups. Journal of Personality and Social Psychology, Vol. 78 pp.906-12.
Chen, S., & Chaiken, S. (1999). The Heursitic-systematic model in its broader context. In: Chaiken , S., & Trope, Y.
(Eds.). Dual Process Theories in Social Psychology. Pages: 73-97.
Coull, A., Yzerbyt, V. Y., Castano, E., Paladino, M. P., & Leemans, V. (2001). Protecting the Ingroup: Motivated
Allocation of Cognitive Resources in the Presence of Threatening Ingroup Members. Group Processes and
Intergroup Relations, 4, 327-339.
Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. (1988). The black sheep-effect: Judgmental extremity towards ingroup members in
inter- and intra-group situations. European Journal of Social Psychology, 18, 287-292.
Tajfel, H. & Turner, J. C. (1986). The social identity theory of intergroup behaviour. In S. Worchel & W. G. Austin
(Eds.), Psychology of intergroup relation (2nd ed., p. 7-24). Chicago: Nilson-Hall.
9
Gruppe 3
Wann ist Inhibition ein effektiver kognitiver Kontrollmechanismus?
Oliver Adler, Christoph Düker, Nele Fischer, Carolin Hunger, Sebastian Phieler
Leitung: Dipl.-Psych. Jutta Eber
1. Einleitung
Im alltäglichen Leben erfüllen wir häufig kognitive Aufgaben hintereinander oder sind gezwungen
bei der Bearbeitung, auf eine andere zu wechseln. Bearbeitungszeiten sind nach einem
Aufgabenwechsel wesentlich länger, und stärker mit Fehlern behaftet, so genannte Wechselkosten
treten auf (Monsell, 2003).
Zur Erklärung der Wechselkosten werden mehrere Ursachen in Betracht gezogen. Darunter das
Wirken eines kognitiven Kontrollprozesses, der sog. Backward Inhibition (BI). Diese ermöglicht
die Kontrolle einer Serie von Aufgaben, indem eine beendete Aufgabe mit einer Hemmung belegt
wird, um eine gerade aktuelle Aufgabe besser bearbeiten zu können.
Die Theorie der Backward Inhibition wird durch experimentelle Befunde gestützt, in denen
Personen längere Reaktionszeiten zeigen, wenn sie nach Bearbeitung einer anderen Aufgabe zu
einer zuvor bewältigten zurückkehren. So ist die Reaktionszeit auf die letzte Aufgabe in der
Sequenz ABA deutlich länger als bei einer CBA Sequenz (Mayr & Keele, 2000).
Es gibt Hinweise darauf, dass BI nur unter bestimmten Bedingungen auftritt, z.B. nur wenn keine
direkte Aufgabenwiederholung vorliegt (Philipp & Koch, 2006).
In diesem Experiment wurden die Wechselkosten und BI untersucht, sowie der Einfluss der
Aufgabenanzahl und der Aufgabenwiederholung auf diese beiden Maße. Folgende
Forschungsfragen: Kann der BI-Effekt repliziert werden für Aufgabenwechselparadigmen mit und
ohne direkter Aufgabenwiederholung? Wirkt sich die Aufgabenanzahl auf den BI-Effekt aus?
Treten Wechselkosten auf und hat die Aufgabenanzahl einen Einfluss auf diese?
2. Methode
Insgesamt nahmen 143 Studenten der FSU am Experiment teil. Nach einer Filterung der Daten
konnten 130 ausgewertet werden.
Die Aufgabe der Probanden bestand darin, auf einen Stimulus (geometrische Figur) dem ein
Hinweisreiz (Buchstabe) vorausging, schnellstmöglich mit Drücken einer Antworttaste zu
reagieren. Eine Versuchsperson sollte 3 oder 4 Aufgaben bearbeiten. Eine Gestaltaufgabe (G)
bestehend aus Viereck oder Kreis. Eine Farbaufgabe (F), bei der die Gestalt grün oder blau war.
Eine Linienaufgabe (L) zeigte die Gestalt entweder mit dicker oder dünner Linie gezeichnet. Die 4Aufgabengruppe bearbeitete zusätzlich eine Zentrumsaufgabe (Z). Hierfür wurde die Gestalt mit
waagerechten oder senkrechten Linien gefüllt. Das Experiment dauerte etwa 35 Minuten. Nach 2
Übungsblöcken folgte die Testphase. Dabei wurden 10 Blöcke à 56 Durchgänge präsentiert. Die
Versuchspersonen wurden vom Versuchsleiter abwechselnd der Aufgabenanzahl (3 vs. 4) und via
Programm zufällig der Aufgabenwiederholung (mit vs. ohne) zugewiesen.
Der Hinweisreiz wurde für 500 ms eingeblendet und vom Stimulus abgelöst. Dieser blieb
eingeblendet bis die Versuchspersonen darauf reagierte und diese Zeit als Reaktionszeit gemessen
(abhängige Variable). Nach der Reaktion folgte jeweils eine Pause von 400ms.
Die erhobenen Variablen waren somit 1. die between Variablen direkte Aufgabenwiederholung
(ohne vs. mit) und Aufgabenanzahl (3 vs. 4), sowie 2. die Wechselkosten (AA vs. AB) und
Backward Inhibition (ABA vs. CBA) als within Variablen. Die Auswertung der Reaktionszeiten
erfolgte durch Varianzanalyse mit Messwiederholung.
10
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Eine 2x2x2 ANOVA bildet den Ausgangspunkt des rechnerischen Designs. Für die BI wurde ein
signifikanter Haupteffekt gefunden (F (1,126) = 11.54, p < .01), die Reaktionszeiten in den ABA
Sequenzen (823 ms) sind höher gegenüber denen der CBA Sequenzen (806 ms). Ebenso wies die
Aufgabenanzahl ein signifikantes Ergebnis auf (F (1,126) = 13.43, p < .01) (Abb.1), d.h. die
Reaktionszeiten bei 4 Aufgaben (878 ms) sind höher als bei 3 Aufgaben (737 ms). Die Interaktion
von Aufgabenanzahl und BI wurde nicht signifikant.
Bei der Betrachtung der Wechselkosten konnten zwei Haupteffekte generiert werden. Für die
Wechselkosten (F (1,65) = 109.06, p < .01) als auch für die Aufgabenanzahl (F (1,65) = 6.93, p <
.05 ) (Abb.2). In den Wiederholungsdurchgängen (AA) sind die Reaktionszeiten (633 ms) niedriger
als in den Durchgängen mit Aufgabenwechsel (AB) (807 ms).Die Wechselkosten bei 3 Aufgaben
(120 ms) sind niedriger als bei 4 Aufgaben (227 ms). Die Interaktion der Wechselkosten mit
Aufgabenanzahl zeigte ebenfalls ein signifikantes Ergebnis (F (1,65) = 10.28, p < .01) (Abb.2).
950
950
890
900
891
900
850
Reaktionszeit in ms
Reaktionszeit in ms
865
850
ABA
CBA
800
800
AA
750
AB
723
700
663
650
603
748
600
750
726
550
3
700
3
Aufgabenanzahl
4
Aufgabenanzahl
4
Abb.1: Darstellung BI in Abhängigkeit von der
Aufgabenanzahl
Abb. 2: Darstellung Wechselkosten in Abhängigkeit
von der Aufgabenanzahl
4. Diskussion
In unserer Studie konnten wir den Effekt der BI replizieren. Des Weiteren wurde gezeigt, dass eine
höhere Aufgabenanzahl in höheren Reaktionszeiten resultiert. Dies spricht eher für begrenzte
kognitive Ressourcen. Auch wenn die Ergebnisse der Interaktion zwischen Aufgabenwiederholung
und BI tendenziell die Vermutungen Philipps und Kochs (2006) replizieren, ergaben die Daten
jedoch keine signifikanten Ergebnisse. Auch für das Paradigma des Aufgabenwechsels stiegen die
Reaktionszeiten mit der Anzahl der Aufgaben. Auch hier sprechen die Ergebnisse für begrenzte
kognitive Ressourcen. Man könnte somit davon ausgehen, dass der cognitive load mit 4 Aufgaben
stärker ausgelastet ist. Dies erklärt den generellen Anstieg der Reaktionszeiten bei der Erhöhung der
Aufgabenzahl, weil somit weniger Ressourcen zur Verfügung stehen.
Bei der Betrachtung der Interaktion von Wechselkosten mit Aufgabenanzahl zeigten sich höhere
Wechselkosten bei 4 Aufgaben. Somit scheint ein Aktivhalten von 4 Aufgaben mehr kognitive
Ressourcen zu beanspruchen, gegenüber 3 Aufgaben.
5. Literatur
Mayr, U. & Keele, S.W. (2000). Changing Constraints on Action: The Role of Backward Inhibition. Journal of
Experimental Psychology: General, 129, 4-26.
Monsell, S. (2003). Task-Switching. Trends in Cognitive Science, 7, 134-140.
Philipp, A. M. & Koch, I. (2006): Task inhibition and task repetition in task switching. European Journal of Cognitive
Psychology, 624-639
11
Gruppe 4
Machos und Ausländer?
Die Rolle von Wärme und Kompetenz bei der Kategorisierung sozialer
Gruppen unter Konkurrenz
Johannes Adler, Anna Hartung, Remo Kamm, Jan Rehbein, Yvonne Steinmann
Leitung: Christopher Cohrs
1. Einleitung
Im sozialen Kontakt bilden sich Menschen über ihre Interaktionspartner gewisse Urteile, indem sie
sie hinsichtlich bestimmter Eigenschaften betrachten. Festgestellt wurde, dass es im spontanen
Zusammentreffen mit anderen wichtig ist, zunächst a) ihre Absichten festzustellen, sowie darüber
hinaus b) ihre Fähigkeiten, danach zu handeln. Daraus ableitbar sind die zwei Dimensionen a)
Wärme und b) Kompetenz (Fiske & Cuddy 2007). Die überragende Wichtigkeit gerade dieser
beiden Dimensionen, vor allem auch bei der Urteilsbildung, wurde in vielen empirischen Studien
nachgewiesen. Soziale Wahrnehmung ist aber keineswegs ein stabiler Prozess. Unsere Beurteilung
ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Äußerst wichtig ist die Situation, in der sich ein
Individuum befindet (Fiske et al., 2007; Duckitt, 2003). Diese Situationsspezifität und ihre
Beeinflussung durch verschiedene Faktoren gilt es aus unserer Sicht näher zu erläutern.
Wir gehen davon aus, dass sich die soziale Wahrnehmung unter bestimmten Umweltbedingungen
verändert und somit die Schwerpunkte bei der Einstufung anderer Menschen und Gruppen auch.
Stehen Menschen unter Konkurrenz, veranlasst sie dies, die Welt als einen „competitive jungle“ zu
sehen. Hierbei sollte es ihnen vor allem darauf ankommen, die Fähigkeiten anderer Menschen und
Gruppen einzuschätzen. Die von uns untersuchten Hypothesen waren folgende: Befinden sich
Menschen in einer Konkurrenzsituation, nehmen sie soziale Gruppen vordergründig in Bezug auf
ihre Kompetenz wahr und vernachlässigen damit gleichzeitig die zweite Dimension, die der Wärme.
2. Methode
Stichprobe: Es nahmen 90 Studierende der FSU Jena (66 weiblich, 24 männlich) im Alter von 19
bis 35 Jahren (M = 22,12; SD = 2,58) teil. Die Gruppenzuteilung erfolgte randomisiert.
Design: Unsere Studie bestand aus drei Teilen und drei Manipulationsbedingungen (individuelle
Konkurrenz, Gruppenkonkurrenz, Kontrollgruppe).
Material: Die Manipulation erfolgte im ersten Teil der Erhebung durch einen Test zum analytischsprachlichen Denken, der aus verschiedenen Konzentrations- und Wissenstests zusammengestellt
war. Den Versuchsteilnehmern wurde gesagt, es handele sich um eine Studie zur Auswirkung von
kognitiver Belastung auf Emotionen. Individuelle Konkurrenz wurde erzeugt, indem immer zwei
Teilnehmer bei der Bearbeitung des „Wissenstests“ direkt gegeneinander antraten. Dabei wurde
vom Versuchsleiter die Zeit gestoppt. Zur Manipulation der Gruppenkonkurrenz traten die
teilnehmenden Studenten der Universität Jena fiktiv gegen die Studenten der FH Jena an. Auch
hierbei wurde die Zeit gestoppt. Die Kontrollgruppe löste eine kürzere Version des Wissenstests
ohne Zeitdruck und wurde gebeten, einige Angaben zur Verständlichkeit des Tests zu machen.
Im zweiten Teil bewerteten die Probanden 16 Gruppendyaden nach ihrer Ähnlichkeit auf einer
sechsstufigen Skala (-3 = sehr unähnlich, 3 = sehr ähnlich). Die 16 Gruppendyaden wurden aus
bereits erhobenen „stereotype-content-models“ (Eckes 2002; Asbrock 2007) zusammengestellt und
aufgrund einer qualitativ ausgewerteten Online-Vorstudie ausgewählt. Aus den Dyaden, deren
Gruppen sich auf der Kompetenzdimension ähnlich waren (z.B. Karrierefrauen und Intellektuelle),
bildeten wir einen Kompetenzscore (nach Ausschluss zweier Dyaden: α = .67). Aus den Dyaden,
deren Gruppen sich auf der Wärmedimension ähnelten (z.B. Reiche und Obdachlose), bildeten wir
einen Wärmescore (nach Ausschluss einer Dyade: α = .58). Außerdem berechneten wir einen
12
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Differenzscore aus dem Kompetenz- und dem Wärmescore, um zu überprüfen, ob eine der beiden
Dimensionen mehr Beachtung findet.
Im letzten Teil führten wir in Anlehnung an die „Positive and Negative Affect Scale“ einen
Manipulationscheck durch. Hierbei verwendeten wir 10 Adjektive, welche Konkurrenz erfassen
sollten (nach Ausschluss zweier Items: α = .81), und 10 neutrale Adjektive.
3. Ergebnisse
Manipulationscheck: Eine ANOVA (M = 2.97, SD = 0.69) ergab einen signifikanten Mittelwertsunterschied über die Gruppen hinweg, F(2, 87) = 19.244, p < 0.001, wobei die Mittelwerte in
dieser Variable für die Kontrollgruppe (M = 2.47, SD = 0.52) unter den Werten der Gruppe mit
individueller Konkurrenz (M = 3.21, SD = 0.64) und der Gruppe mit Gruppenkonkurrenz blieben
(M = 3.30, SD = 0.57). Die Manipulation war somit erfolgreich.
Hypothesentestung: ANOVAs des Kompetenzscores, F(2,85) = 1.015, p = 0.367, sowie des
Wärmescores, F(2,86) = 0.589, p = 0.557, ergaben jeweils keine signifikanten Mittelwertsunterschiede zwischen den Experimentalgruppen. Ebenso konnte mit einer ANOVA des Differenzscores,
F(2,85) = 0.652, p = 0.523, kein signifikanter Mittelwertunterschied festgestellt werden.
Weitere Analysen: Ein T-Test gegen Null ergab, dass der Mittelwert des Differenzscores sowohl
für die Kontrollgruppe, T(30) = 10.475, p < 0.001, als auch für die Gruppe mit individueller
Konkurrenz, T(27) = 10.129, p < 0.001, und die Gruppe mit Gruppenkonkurrenz, T(28) = 14.966,
p < 0.001, signifikant verschieden von Null war und zwar in positiver Richtung. Dies bedeutet, dass
mehr auf die Kompetenzdimension geschaut wurde.
Eine ANOVA ergab einen signifikanten Mittelwertsunterschied, F(1,86) = 7.837, p = 0.006, beim
Kompetenzscore zwischen Frauen (M = 0.46, SD = 0.71) und Männern (M = -0.05, SD = 0.87).
Frauen sahen Gruppen, die nach dem „stereotype-content-model“ ähnlich kompetent sind, auch als
ähnlicher an.
4. Diskussion
Im sozialen Kontext bewerten wir Menschen aufgrund von zwei Dimensionen: Wärme und
Kompetenz. Unsere Hypothese, dass in einer Konkurrenzsituation eine Verschiebung der sozialen
Wahrnehmung von Gruppen auf die Kompetenzebene stattfindet, hat sich als nicht haltbar erwiesen.
Die Konkurrenzgruppen unterschieden sich nicht von der Kontrollgruppe, obwohl die Manipulation
laut Manipulationscheck gelungen war. In weiteren Analysen fanden wir, dass alle drei Gruppen bei
der sozialen Bewertung die Kompetenzdimension stärker gewichteten.
Daraus lassen sich zwei weiterführende Ableitungen ziehen. Zum einen ist vielleicht generell der
situationelle Einfluss auf die soziale Wahrnehmung weniger stark als vermutet – womöglich ist dies
ein sehr stabiler Prozess. Zu dieser Frage wären weitere Forschungen nötig. Zum anderen müssen
wir auch unser Versuchsdesign kritisch hinterfragen. Die Erfassung der AV über eine Ähnlichkeitseinstufung von Gruppendyaden erscheint uns als eine innovative Herangehensweise. Dennoch ist
fraglich, ob dieses Messinstrument die beabsichtigte Erfassung der Wichtigkeit der zwei
Dimensionen theoriegetreu wiedergibt oder ob sich andere Verzerrungen z.B. daraus ergeben, dass
die Gruppen nach anderen Gesichtspunkten verglichen werden.
5. Literatur
Asbrock, Frank (2007) Dokumentation Clusterbildung zum SCM. Unpublished manuscript, University of Bielefeld.
Duckitt, J. (2003). Prejudice and intergroup hostility. In D. O. Sears, L. Huddy & R. Jervis (Eds.), Oxford handbook of
Political psychology (pp. 559-600). New York: Oxford University Press.
Eckes, T. (2002). Paternalistic and envious gender stereotypes: Testing predictions from the Stereotype Content Model.
Sex Roles, 47, 99-114.
Fiske, S. T., Cuddy, A. J. C., & Glick, P. (2007). Universal dimensions of social cognition: Warmth and competence.
Trends in Cognitive Sciences, 11, 77-83.
13
Gruppe 5
Wenn schwarze Schafe mich fertig machenDie Rolle von Stimmung und
Verarbeitungstiefe bei der Bewertung von Normabweichlern
Judith Berles, Nicole Hoffmann, Anika Matthes, Juliane Seiler, Claudia Weise
Leitung: Gerhard Reese, M.Sc.
1. Einleitung
Ein Topmodel, das zu viel isst und ein Greenpeaceaktivist, der einen Sportwagen fährt –
was haben diese Personen gemeinsam? Beide sind für ihre jeweilige Gruppe „schwarze Schafe“„Black Sheep“.
Unter dem Black-sheep-effect (BSE) versteht man die Tendenz von Ingroup (IG)- Mitgliedern,
andere IG- Mitglieder, die ein normabweichendes Verhalten zeigen, stärker abzuwerten, als
Mitglieder einer Outgroup (OG), welche genau das gleiche Verhalten aufweisen (Marques &
Yzerbyt, 1988). Die Intensität dieser Konsequenz hängt unseres Erachtens dabei von der
Verarbeitungstiefe ab. Nach Chen und Chaiken (1999) sollten Informationen nämlich insbesondere
dann systematisch verarbeitet werden, wenn sie persönlich relevant sind – wie etwa Information
über einen Devianten meiner eigenen Gruppe.
Nach Bless et al. (1996) ist die Verarbeitungstiefe vom eigenen Stimmungszustand abhängig: Wir
nehmen an, dass unter negativer Stimmung, sowie bei Informationen über IG- Mitglieder die
Informationsverarbeitung systematischer erfolgt. Außerdem erwarten wir, dass der BSE auftritt,
wenn man in neutraler Stimmung ist. Eine weitere Hypothese ist, dass sich die Stimmung
verschlechtern wird, nachdem IG- Mitglieder Informationen über ein „schwarzes Schaf“ (IG)
erhalten haben.
2. Methode
Insgesamt nahmen 136 Studenten der Universität Jena an dem Experiment teil, wovon 44 in die
positive, 35 in die negative und 58 in die neutrale Stimmungsbedingung randomisiert zugeteilt
wurden. Aufgrund technischer Einschränkungen konnte leider keine hundertprozentige
Gleichverteilung auf die drei Stimmungsbedingungen erfolgen. Unter den 19- bis 29 jährigen
Versuchspersonen waren 107 weiblich und 29 männlich.
Um den BSE in Abhängigkeit von Stimmung und damit einhergehender Verarbeitungstiefe zu
untersuchen, wurde ein 2(IG-Deviant/OG-Deviant) x 3(pos./neg./neu. Stimmung)-BetweenSubjects-Design verwirklicht.
Da es sich um eine Onlinestudie handelt, rekrutierten wir die Probanden über verschiedene
Onlineportale. Als Anreiz diente die Verlosung von 2 Einkaufsgutscheinen.
Nach Informationen und Instruktionen zur Studie begann die Befragung mit 7 Items („Ich bin froh
ein Student der FSU-Jena zu sein.“) (alpha = .834) zur Eigengruppenidentifikation. Nun folgte die
Stimmungsmanipulation (pos/neg/neu). Die Probanden sollten ein positives, neutrales bzw.
negatives Ereignis aus ihrem Leben kurz schildern. Neben einem Manipulationscheck wurde direkt
im Anschluss die Stimmung mit 4 Items (alpha= .909) gemessen. Weiterhin folgte die BSEManipulation mittels einer kurzen Geschichte über einen IG (FSU- Student)- oder OG (FHStudent)- Devianten in einer spezifischen Vorlesungssituation. Zur Messung des BSE verwendeten
wir 11 Bestrafungsitems (z.B., „Die Person sollte für ihre Handlung zur Rechenschaft gezogen
werden.“) (alpha = .831). Für die Bestimmung der Verarbeitungstiefe, verwendeten wir jeweils 4
Items für systematisches und heuristisches Verarbeiten (z.B. „Informationen wie die beschriebenen
überfliege ich in der Regel nur.“). Alle Messungen wurden auf einer 7stufigen Skala (1—stimme
gar nicht zu bis 7 — stimme voll und ganz zu) erhoben. Daraufhin folgte die zweite
14
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Stimmungserhebung. Schließlich wurden noch die demografischen Daten der Probanden erfragt
und eine vollständige Aufklärung unserer Untersuchungsziele präsentiert.
Die Dauer des Experiments belief sich auf ca. 20 Minuten.
3. Ergebnisse
In unsere Analyse konnten wir die Daten aller Versuchspersonen einbeziehen und die durchgeführte
Manipulation war erfolgreich (M (pos.Stimmung) = 8.05, M (neutr.Stimmung = 6,90) und M (neg.
Stimmung) = 5.06). Alle Unterschiede wurden signifikant.
Wir erwarteten, dass bei neutraler Stimmung der BSE auftritt. Die Mittelwerte für die Bestrafung
der IG- Devianten betrugen zwar 4.10 und für die OG- Devianten 3.99, dieser Unterschied war
allerdings nicht signifikant (t<1) – wir fanden also keinen BSE.
Unsere Hypothese, dass man unter negativer Stimmung und IG- Devianz systematischer
verarbeitet und dadurch negativer evaluiert, konnte anhand unserer Daten ebenso nicht bestätigt
werden. Für heuristische Verarbeitung hingegen zeigt sich eine signifikante Interaktion zwischen
Stimmung und BSE-Manipulation, F(2, 130) = 3.79, p<.05, etasq = .06. Paarweise Vergleiche
offenbaren hier, dass die Information eines IG- Devianten in negativer Stimmung (M = 4.25)
heuristischer verarbeitet wird als Info eines OG- Devianten (M = 3.53). In positiver Stimmung
hingegen wird die Information des OG- Devianten (M = 4.10) heuristischer verarbeitet als die des
IG- Devianten (M = 3.46). Dass systematische Verarbeitung jedoch eine Rolle bei der Beurteilung
von Normdevianten spielt, zeigt die Korrelation, insbesondere bei IG- Devianz und negativer
Stimmung, r(17) = .57, p<.05, alle anderen rs = ns.
Marginal signifikant (p = .09) wurde die Interaktion zwischen Stimmungsmanipulation, BSEManipulation und Messzeitpunkt der Emotion. Diese geht darauf zurück, dass VP in positiv
induzierter Stimmung nach der Darbietung eine IG- Devianten schlechterer Stimmung waren als
zuvor (M = 3.95(post) vs. M = 4.21(Prä), p<.05).
4. Diskussion
Unsere Hypothese, dass der BSE unter neutraler Stimmung auftritt, ließ sich nicht bestätigen.
Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass sich FSU- und FH- Studenten zu ähnlich sind und
demzufolge die IG und OG in der Wahrnehmung nicht klar definiert sind. Für weitere Studien sollte
der Intergruppenkontext eventuell günstiger gewählt werden. Allerdings fanden wir Hinweise
darauf, dass bei IG-Devianten systematische Verarbeitung mit stärkerer Bestrafung einhergeht.
Weiterhin konnten wir zeigen, dass sich die Stimmung in der positiven Bedingung verschlechtert,
wenn man Informationen über einen IG-Devianten gelesen hat. Dass dieser Effekt in der neutralen
und negativen Stimmungsbedingung nicht auftrat, könnte damit zusammenhängen, dass in diesen
Bedingungen teilweise über negative Lebensereignisse berichtet werden sollte. Die dargestellte
Situation könnte im Gegensatz dazu weniger prägnant erscheinen. Dies sollte in zukünftigen
Untersuchungen berücksichtigt werden.
5. Literatur
Bless, H., Schwarz, N., & Wieland, R. (1996). Mood and the impact of category membership and individuating
information. European Journal of Social Psychology, 26, 935-959.
Marques, J. M., & Yzerbyt, V. Y. (1988). The black sheep-effect: Judgmental extremity towards ingroup members in
inter- and intra-group situations. European Journal of Social Psychology, 18, 287-292.
15
Gruppe 6
Gesichterlernen mit links? EKP-Korrelate abstrakter und bildabhängiger
Gesichterrepräsentationen
Louisa Arnold, Maria Engel, Katharina Schierz, Juliette Toth, Johanna Tränkner
Leitung: Dr. J.M. Kaufmann
1. Einleitung
Wie wird aus einem unbekannten Gesicht ein bekanntes? In den ereigniskorrelierten Potentialen
scheint die Komponente N170 das Erkennen eines Stimulus als Gesicht widerzuspiegeln (Eimer,
2000), während die N250 als Korrelat des Zugriffs auf identitätsspezifische, durch Lernen
erworbene Gesichter gilt (Tanaka et. al., 2006; Kaufmann & Schweinberger, in press). Kortikale
Gesichterrepräsentationen („Face Recognition Units“, nach Bruce & Young, 1986), scheinen
vorwiegend, aber nicht ausschließlich, in der rechten Hemisphäre lateralisiert zu sein
(Schweinberger et al., 2003). Eine Studie von Cooper et al. (2007) legt nahe, dass vor allem die
linke Hemisphäre Gesichter abstrakt abspeichert, während die rechte Hemisphäre eine eher
bildgebundene Verarbeitung leistet. Im Alltag werden Gesichter über eine Vielzahl von
Expressionen und Ansichten gelernt. Bisherige Studien vernachlässigten meist die Rolle dieser
Variabilität. Daher kontrastierten wir in Experiment 1 das Lernen neuer Gesichter anhand einer
Vielzahl von Bildern (variables Lernen) mit dem Lernen von Gesichtern anhand nur eines
Exemplars (piktoriales L.). Wir erwarteten, dass piktorial gelernte Gesichter eher bildabhängig und
rechts lateralisiert repräsentiert werden, während wir bei variablem Lernen v.a. linkshemisphärisch
eine größere Abstrahierung vermuteten. In Experiment 2 verwendeten wir das Paradigma der
lateralisierten Bahnung zur Untersuchung funktioneller Hemisphärenunterschiede. Wir nahmen
linkshemisphärisch Vorteile für abstrakte Bahnung an, besonders in der variablen Bedingung, und
bildabhängige Effekte in der rechten Hemisphäre, v.a. in der piktorialen Bedingung.
2. Methode
Stichprobe und Stimulusmaterial: An Experiment 1 nahmen 20, an Experiment 2 nahmen 14
Versuchspersonen teil. Die Stimuli waren weitgehend standardisierte Schwarzweiß-Portraits.
Prozedur, Experiment 1: In der Lernphase präsentierten wir Gesichter von 10 Personen anhand
verschiedener Bilder (variables Lernen) und von 10 Personen anhand jeweils eines Bildes
(piktoriales L.). In der Testphase wurden gelernte und neue Gesichter mit neutralem Ausdruck
(bereits in der Lernphase präsentiert) oder lächelnd (noch nie präsentiert) gezeigt und sollten per
Tastendruck als bekannt oder unbekannt klassifiziert werden.
Experiment 2: 15 Personen wurden variabel, 15 Personen piktorial gelernt. In der Testphase sollte
ein zentral dargebotenes Targetgesicht erkannt werden. Den Targets ging dabei entweder ein
identisches Bild (bildabhängige Bahnung), ein anderes Bild derselben Person (abstrakte Bahnung)
oder das Bild einer anderen Person voraus (keine Bahnung). Diese Bilder wurden jeweils
tachistoskopisch im linken oder rechten Gesichtsfeld gezeigt. In beiden Experimenten wurden
Reaktionszeiten, Antwortgenauigkeiten und das EEG abgeleitet.
3. Ergebnisse
Experiment 1, Verhaltensdaten:
Es zeigte sich eine stärkere Generalisierung der
Gesichtererkennung auf zuvor nicht gesehene Exemplare in der variablen Lernbedingung, was sich
vor allem in der Interaktion zwischen Lernbedingung und Bildversion ausdrückte (RTs: F(2,38) =
15.17, p<.001; Antwortgenauigkeiten: F(2,38) = 9.85, p<.001).
16
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Experiment 1, Ereigniskorrelierte Potentiale: Lernphase: Während der Lernphase zeigte sich eine
größere N250 für variables im Vergleich zu piktorialem Lernen, F(1,19) = 23.13, p<.001.
Außerdem nahm die Amplitude der N250 im Verlauf des Lernens zu, F(1,19) = 16.13, p<.001.
Testphase: Die Analyse der P100 ergab eine Interaktion zwischen Lernbedingung, Version und
Hemisphäre, F(2,38) = 3.71, p<.05. Nachtests ergaben eine größere rechtshemisphärische P100 für
piktorial gelernte im Vergleich zu variabel gelernten Gesichtern, F(1,19) = 8.41, p<.01. Im Kontrast
dazu zeigte sich die rechtshemisphärische N250 für piktorial gelernte Gesichter tendenziell
schwächer ausgeprägt, F(1,19) = 4.17, p=.05. Entgegen unseren Hypothesen fanden wir für die
linke Hemisphäre keine klaren Unterschiede zwischen den Lernbedingungen.
Experiment 2: In den RTs zeigte sich unabhängig von der Lernbedingung ein signifikanter
Bahnungseffekt, F(2.30) = 7.84, p<.01, mit Verarbeitungsvorteilen bei bildabhängige Bahnung. Für
abstrakte Bahnung zeigte sich kein Vorteil für die variable Lernbedingung. Die Auswertungen der
EKPs waren bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.
4. Diskussion
Piktoriales Lernen führt zu einer guten Wiedererkennung des gelernten Stimulus. Im EEG zeigt sich
in der rechten Hemisphäre schon ein Unterschied zwischen den Lernbedingungen ab der P100, was
auf eine ikonische Gedächtnisspur für piktorial gelernte Gesichter hinweisen könnte. Aber auch die
nicht gelernte Ansicht wird zuverlässig, wenn auch langsamer, erkannt. Hier ist die N250 in der
rechten Hemisphäre größer als bei der Präsentation des gelernten Bildes. Beim variablen Lernen
findet man kaum Interaktionen mit der Präsentationsart. In der Lernphase ist die N250 aber in der
variablen Bedingung größer als in der piktorialen. Diese Ergebnisse könnten für unterschiedliche
Verarbeitungsprozesse je nach Lernbedingung sprechen. Für fröhliche, also noch nicht bekannte
Gesichter muss immer eine bildunabhängige Repräsentation abgerufen werden. Bei neutralen
Gesichtern kann hingegen in der piktorialen Bedingung eine eher bildgebundene Repräsentation
abgerufen werden. Wir postulieren daher zwei verschiedene Gesichtererkennungsprozesse: Einen
schnellen Prozess des schlichten „Bildmatchings“ (und nicht speziell der Gesichtererkennung), der
sich v.a. in frühen Komponenten wie der P100 widerspiegelt. Ist diese Art der Bilderkennung nicht
erfolgreich, wird ein abstrakter Code abgerufen. Dieser Prozess ist langsamer und spiegelt sich in
späteren Komponenten wie der N250 wider. Die Befunde von Experiment 2 legen ebenfalls ein
gewisses Ausmaß der Abstraktion auch bei piktorialem Gesichterlernen nahe.
Insgesamt deuten die Ergebnisse v.a. bei identischer Wiederholung von Lern- und Teststimuli auf
andere Verarbeitungsprozesse hin, die von früheren Studien nicht abgebildet wurden.
5. Literatur
Bruce V, Y. A. (1986). Understanding face recognition. British Journal of Psychology, 77(3), 305-327.
Cooper, T. J., Harvey, M., Lavidor, M., & Schweinberger, S. R. (2007). Hemispheric asymmetries in image-specific
and abstractive priming of famous faces: Evidence from reaction times and event-related brain potentials.
Neuropsychologia, 45, 2910-2921.
Eimer, M. (2000). Event-related brain potentials distinguish processing stages involved in face perception and
recognition. Clinical Neurophysiology, 111, 694-705.
Kaufmann, J. M., Schweinberger, S. R., & Burton, A. M. (in press) N250 ERP correlates of the acquisition of face
representations across different images. Journal of Cognitive Neuroscience.
Schweinberger, S. R., Baird, L. M., Blumler, M., Kaufmann, J. M., & Mohr, B. (2003). Interhemispheric cooperation
for face recognition but not for affective facial expressions. Neuropsychologia, 41, 407-414.
Tanaka, J. W., Curran, T., Porterfield, A. L., & Collins, D. (2006). Activation of Preexisting and Acquired Face
Representations: The N250 Event-related Potential as an Index of Face Familiarity. Journal of Cognitive
Neuroscience, 18, 1488-1497.
17
Gruppe 7
„Mächtig aufgeflogen – Vorhersage verschiedener Komponenten des
Machtmotivs durch implizite und explizite Messmethoden“
Olena Fluyerar, Franziska Meichsner, Swantje Puls, Martin Richter, Benedikt Werner
Leitung: Prof. Dr. Klaus Rothermund
1. Einleitung
McClellands Theorie der dualen Motive (1989) postuliert zwei Arten von Motiven. Explizite
Motive sind stark an das Selbstkonzept angelehnt und führen zu Verhalten, für das man sich
bewusst entscheidet. Implizite Motive dagegen sind der Introspektion nicht zugänglich und
energetisieren spontanes Verhalten, das automatisch durch situative Anreize angeregt wird. Im
Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht das Ziel, die Theorie im Bereich des Machtmotivs
zu prüfen. In der klassischen Motivationspsychologie werden implizite Motive mittels projektiver
Verfahren (z.B. TAT) gemessen. Allerdings mangelt es solchen Messinstrumenten an Objektivität,
weshalb wir das Machtmotiv mittels eines modernen kognitiven Verfahrens, des IAT (Greenwald et
al., 1998), erheben wollen. In der einzigen Studie, die den IAT zur Messung des Machtmotivs
benutzt (Sheldon et al., 2007), wurden als abhängige Maße ausschließlich Selbstberichte benutzt.
Ziel unserer Untersuchung ist zu zeigen, dass spontanes Verhalten besser durch implizite
Messverfahren vorhergesagt werden kann als durch explizite, während es einen Zusammenhang
zwischen expliziten Messinstrumenten und kontrolliertem Verhalten gibt.
2. Methode
Stichprobe. Es wurden 57 Psychologiestudenten im Grundstudium untersucht (Alter: M = 21.5 J.;
Range: 18 bis 28; 87.7 % weiblich), die in Gruppen von 4 bis 6 Teilnehmern getestet wurden.
Design. Es handelt sich um eine Korrelationsstudie mit Messwiederholung auf den Motiven. Dabei
wurden Selbstauskunft und ein reaktionszeitbasiertes Maß auf der Seite der Prädiktoren und
Verhaltensindikatoren auf der Seite der Kriterien erhoben.
Implizite Motivmessung. Zunächst erfolgte die implizite Messung des Machtmotivs durch den IAT
in einer personalisierten Variante, um sicherzustellen, dass auch wirklich eigene Präferenzen
gemessen werden (Olson & Fazio, 2004). Die Kategorielabels waren „Einflussreich“ vs.
„Zurückhaltend“ und „ich wäre gern“ vs. „ich wäre nicht gern“. Die Probanden sollten in zwei
Blöcken Stimuli den Kategorien zuordnen. Im Anschluss wurde für jede Person ein IAT-Effekt aus
der Differenz der Reaktionszeiten im kompatiblen Block („ich wäre gern“/„Einflussreich“ vs. „ich
wäre nicht gern“/„Zurückhaltend“) und im inkompatiblen Block („ich wäre nicht
gern“/„Einflussreich“ vs. „ich wäre gern“/„Zurückhaltend“) berechnet.
Explizite Motivmessung. Es folgte die explizite Motivmessung durch die Skala des
Dominanzstrebens aus der deutschen Version des Personality Research Form (PRF; Stumpf et al.,
1985), die 16 Items mit dichotomem Antwortformat beinhaltet.
Spontanes und geplantes Verhalten. Im Anschluss wurde spontanes und geplantes
Dominanzverhalten in einer Gruppendiskussion erfasst. Hierbei wurden in jeder Gruppe zwei (!)
Gutscheine in Aussicht gestellt, über deren Vergabe die Probanden diskutieren sollten. Die
Diskussionen wurden auf Video aufgezeichnet. Zwei unabhängige Rater kodierten die
Machtindikatoren (Median der Interraterübereinstimmung: 0.67). Als Indikator für spontanes
Verhalten wurde die Anzahl der Unterbrechungen anderer gemessen; eine Verhaltensweise, die
trotz gesellschaftlicher Unerwünschtheit schwer zu unterdrücken ist. Als Indikator für kontrolliertes
Verhalten diente die Anzahl der Wortmeldungen, da diese aktiv und bewusst eingesetzt werden, um
einen Preis zu bekommen. Da in der Literatur (z.B. Cashdan, 1998) die Körperhaltung als Zeichen
von Dominanz eine bedeutende Rolle spielt, wurde diese explorativ ebenfalls erhoben.
18
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Tabelle 1 Korrelationen aller Maße
Anzahl der
Korrelationen der Indikatoren des
Unterbrechungen
Wortmeldungen
Haltung
Dominanzverhaltens mit den PRF- und
(spontan)
(kontrolliert)
IAT-Ergebnissen ergaben, dass der IATIAT
-.16
.28*
-.02
Effekt mit der Tendenz andere zu (implizit)
PRF
unterbrechen
signifikant
korrelierte,
.38**
.02
.28*
(explizit)
während es einen Zusammenhang * p < .05; ** p < .01
zwischen dem PRF-Wert und der Anzahl
der Wortmeldungen gab (Tabelle 1). Der Unterschied zwischen den Korrelationen der beiden
abhängigen Variablen „Anzahl der Wortmeldungen“ und „Unterbrechungen“ erreichte sowohl beim
IAT (z = 2.43; p < .01) als auch beim PRF (z = 2.03; p < .05) das Signifikanzniveau. Für die
Haltung der Person ergab sich eine signifikante Korrelation mit dem PRF-Wert.
Tabelle 2 Korrelationen „Kamera nicht bemerkt“
IAT (impl.)
Anz. d.
Wortm.
(kontrolliert)
-.14
PRF (expl.)
.34*
Unterbr.
(spontan)
Haltung
.33*
.16
-.04
.18
Tabelle 3 Korrelationen „Kamera bemerkt“
IAT (impl.)
Anz. d.
Wortm.
(kontrolliert)
-.19
PRF (expl.)
.49*
* p < .05; ** p < .01.
* p < .05; ** p < .01.
Unterbr.
(spontan)
Haltung
.18
-.35
-.17
.53*
Post hoc wurde die Stichprobe in „Kamera bemerkt“ (n = 20) und „Kamera nicht bemerkt“ (n = 37)
unterteilt; wir erwarteten, dass Zusammenhänge mit dem reflektierten Verhalten vor allem bei
Personen auftreten sollten, die bemerkt haben, dass die Diskussion aufgezeichnet wurde, während
Zusammenhänge zum spontanen Verhalten sich vor allem zeigen sollten, wenn die Kamera nicht
bemerkt wurde. Das Korrelationsmuster bestätigt diese Erwartungen (Tabellen 2 und 3).
4. Diskussion
Der IAT konnte sich als implizites Motivmaß bewähren und sagt spontanes Verhalten vorher,
während es keinen Zusammenhang zu kontrolliertem Verhalten gibt. Mit dem expliziten Motivmass
(PRF) konnte dagegen vor allem kontrolliertes Verhalten erklärt werden. Wie die Post-Hoc-Analyse
zeigt, finden sich Zusammenhänge zwischen PRF und kontrolliertem Verhalten (Anzahl der
Wortmeldungen, Haltung) vor allem dann, wenn durch das Bemerken der Kamera eine erhöhte
Selbstaufmerksamkeit (= hohe Verhaltenskontrolle) entstand. Der IAT sagte spontanes
Dominanzverhalten dagegen vor allem dann vorher, wenn die Kamera nicht bemerkt wurde
(niedrige Selbstaufmerksamkeit = geringe Verhaltenskontrolle). Allerdings wurde die Einteilung in
hohe und niedrige Selbstaufmerksamkeit nicht experimentell kontrolliert, sondern erfolgte nur
aufgrund von Selbstberichten. Sie könnte in einer Folgestudie manipuliert werden, um den Effekt
bestätigen zu können.
5. Literatur
Cashdan, E. (1998). Smiles, speech, and body posture: How women and men display sociometric status and power.
Journal of Nonverbal Behavior, 22, 209-228.
McClelland, D., Koestner, R., & Weinberger, J. (1989). How do self-attributed and implicit motives differ?
Psychological Review, 96, 690-702.
Olson, M. A., & Fazio, R. H. (2004). Reducing the influence of extrapersonal associations on the Implicit Association
Test: Personalizing the IAT. Journal of Personality and Social Psychology, 86, 653-667.
Sheldon, K.M., King, L. A., Houser-Marko, L., Osbaldistin, R. & Gunz, A. (2007). Comparing IAT and TAT Measures
of Power Versus Intimacy Motivation. European Journal of Personality, 21, 263–280.
19
Gruppe 8
Frühe Indikatoren unseres Gehirns für Ungerechtigkeitsempfinden:
ein elektrophysiologisches Korrelat
Anett Siebenmorgen, Pino Nagel, Annelie Tuchscherer,
Saskia Schöler, Melanie Spate
Leitung: Dr. Johannes Hewig
1. Einleitung
“Gerechtigkeit entspringt dem Neid; denn ihr oberster Grundsatz ist: Allen das Gleiche.“
Viele Forscher haben sich in der Vergangenheit bereits auf wissenschaftlicher Ebene mit der
Thematik der Gerechtigkeit auseinander gesetzt. Dabei stellt sich die Frage, ob jedem dieser
Grundsatz „Allen das Gleiche“ tatsächlich innewohnt? Beziehungsweise wie Personen auf gerechte
und ungerechte Angebote reagieren. Hierzu wurden bereits in früheren Studien das Ultimatumspiel
und das Diktatorspiel eingesetzt.
Im Ultimatumspiel teilt der Anbieter einen Geldbetrag zwischen sich und einem Empfänger auf.
Dieser hat die Möglichkeit, den angebotenen Betrag anzunehmen oder abzulehnen. Bei Annahme
wird das Geld nach dem akzeptierten Verhältnis aufgeteilt, lehnt er jedoch ab, bekommt keiner
etwas von der angebotenen Summe. Bei dem Diktatorspiel hingegen muss der Empfänger jedes
Angebot annehmen, die Möglichkeit der Entscheidung besteht nicht.
In einer fMRT Studie stellten Sanfey et al. (2003) eine erhöhte Aktivität im anterioren cingulären
Kortex (ACC) nach der Präsentation unfairer Angebote fest (siehe auch Tabibnia, Satpute,
Liebermann, 2008). In diesem Areal wird die Error Related Negativity (ERN) generiert (z.B. Hewig
et al., 2007). Die ERN ist ein ereigniskorreliertes Potential und gilt als elektrophysiologisches
Korrelat der Fehlerverarbeitung. Sie tritt darüber hinaus nach negativem Leistungsfeedback und
Geldverlusten in Glücksspielen auf (Feedback-ERN; Miltner, Braun, Coles, 1997).
Ziel der vorliegenden Studie war es, die ERN unter Verwendung des Ultimatum- und Diktatorspiels
als Reaktion auf ungerechte Angebote nachzuweisen. Aufgrund des relativen Geldverlustes bei
unfaireren Angeboten, sollte sich eine Feedback-ERN im EEG zeigen. Da die ERN dem
Entscheidungsverhalten im Ultimatumspiel vorausgeht, erwartete man außerdem mit Hilfe dieses
elektrophysiologischen Korrelates des Ungerechtigkeitsempfindens die nachfolgende Annahme
oder Ablehnung des Geldangebotes vorhersagen zu können.
2. Methode
Die Stichprobe bestand aus 12 Versuchspersonen, 8 Frauen und 4 Männern (mittleres Alter = 21,58,
SD = 1,505). Die Probanden befanden sich zunächst in der Position des Anbieters, in der sie
Angebote für das Ultimatum- sowie das Diktatorspiel am PC machen mussten. Um einen hohen
Realitätsbezug herzustellen, wurde den Teilnehmern glaubhaft gemacht, dass ihre Angebote für
spätere Versuchspersonen genutzt werden.
Im folgenden zweiten Teil der Erhebung wurde das EEG mit insgesamt 128 Elektroden angelegt
und der Proband spielte das Ultimatum- und das Diktatorspiel in der Position des Empfängers. In
240 Trials (40 pro Angebotsstufe im Ultimatumspiel und insgesamt 60 im Diktatorspiel) wurden
jeweils 12 Cent im Verhältnis 11:1, 10:2, 9:3, 8:4, 7:5 oder 6:6 aufgeteilt. Hierbei wurden die
Ereigniskorrelierten Potentiale auf die Darbietung des Aufteilungsangebotes, mit Hilfe üblicher
Verfahren (siehe Hewig et al., 2007) analysiert.
Zum Schluss füllten die Versuchspersonen folgende Fragebögen aus: NEO-FFI, BIS/BAS,
Ungerechtigkeitssensibilität, STAXI, subjektive Bewertungen zum Ultimatum- und Diktatorspiel.
Die Probanden wurden zusätzlich zum erspielten Gewinn mit 6 €/ Stunde vergütet. Die Auswertung
der EEG-Daten erfolgte durch eine mehrfaktorielle ANOVA mit Messwiederholung. Die
Freiheitsgrade wurden gegebenenfalls mit der Huyhn-Feldt-Methode korrigiert.
20
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Im Zeitbereich zwischen 270 und 310 ms nach der Anzeige des Angebotes zeigte sich ein
signifikanter Haupteffekt für den Faktor Anterior/ Posterior. Das heißt, die Elektroden im anterioren
Bereich maßen im Mittel eine größere Negativierung. Des Weiteren konnte ein signifikanter
Interaktionseffekt für Anterior x Angebot (F (20,220 = 2,76, p = .015; η² = 0,201) gefunden werden.
Dies bedeutet, dass die ERN eher bei unfairen im Vergleich zu fairen Angeboten auftritt. Somit
stellt sie vermutlich einen elektrophysiologischen Indikator für Ungerechtigkeitsempfindungen dar.
Dies zeigte sich auch in Korrelation der ERN mit subjektiven Einschätzungen. Zusätzlich wollten
wir die Bedeutung der ERN für das Entscheidungsverhalten der Probanden im Ultimatumspiel
überprüfen. Da jedoch in der Bedingung 11:1 das Angebot fast nie angenommen wurde und in den
Bedingungen 6:6 sowie 7:5 fast nie abgelehnt wurde, tritt hier eine Konfundierung von
Ungerechtigkeit und Entscheidung auf (d.h. für einen objektiven Vergleich würde man jeweils
Daten abgelehnter und angenommener Angebote benötigen). Daher analysierten wir ausschließlich
die Bedingung 10:2, in welcher ca. 50% der Angebote abgelehnt und 50% angenommen wurden.
Hierbei ergab sich ein signifikanter Haupteffekt (F (1,9) = 5,22, p = 0,048; η² = 0,367) für den
Faktor Entscheidung. In Abhängigkeit einer negativen Entscheidung (Ablehnung) vs. positive
Entscheidung (Annahme) zeigte sich 240-260 ms nach Präsentation des Angebotes eine verstärkte
bzw. abgeschwächte ERN.
4. Diskussion
Die gewonnenen Daten untermauern unsere Annahmen und replizieren die Ergebnisse
vorangegangener Studien (Sanfey et al, 2003). Wie erwartet, zeigt sich nach der Präsentation von
unfairen Angeboten die Feedback-ERN als Reaktion auf eine externe Verlustrückmeldung.
Bezugnehmend auf den signifikanten Interaktionseffekt Anterior x Angebot kann man sagen, dass
die frontalen Elektroden die größere Aktivität des ACC aufgrund der örtlichen Nähe besser messen
und dementsprechend auch die stärkere Negativierung. Des Weiteren kann man mittels der ERN
Vorhersagen über die Annahme oder Ablehnung eines Angebotes treffen. Weiterhin wurde ein
signifikanter Haupteffekt für den Faktor Entscheidung in der Bedingung 10:2 gefunden. Ein Teil
der Versuchspersonen verfolgte laut Fragebogenauswertung die Strategie, jedes Angebot bzw. jedes
außer 11:1 anzunehmen. Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die abgeschwächte ERN
bei der Annahme des 10:2 Angebotes durch die Verfolgung dieser Strategien zu erklären ist. Vorab
stellt sich die Frage des Nutzens der ERN. Da das Gehirn auf Unfairness mit erhöhter Aktivität im
ACC reagiert, könnte dessen Aufgabe in der Sicherung des eigenen Vorteils liegen. Ferner könnte
die ERN durch das bessere Erkennen benachteiligender Situationen dem Schutze des Individuums
dienlich sein und Gegenmaßnahmen wie Rückzug oder Konfrontation einleiten.
Für weitere Untersuchungen wäre es interessant balancierte positive vs. negative Entscheidungen
für möglichst viele Aufteilungsarten zu erreichen, um etwaige Unterschiede bezüglich der ERN
genauer untersuchen zu können. Hierzu könnte man verschiedene Instruktionen einsetzen oder den
Geldanreiz entfernen.
5. Literatur
Hewig, J.,Trippe, R., Hecht, H., Coles, M. G. H., Holroyd, C. B., et al. (2007). Decision-making in blackjack: An
electrophysiological analysis. Cerebral Cortex, 17(4), 865-877.
Miltner, W. H. R., Braun, C. H., & Coles, M. G. H. (1997). Event-related brain potentials following incorrect feedback
in a time-estimation task: Evidence for a ''generic'' neural system for error detection. Journal of Cognitive
Neuroscience, 9(6), 788-798.
Sanfey, A. G., Rilling, J. K., Aronson, J. A., Nystrom, L. E., & Cohen, J. D. (2003). The neural basis of economic
decision-making in the Ultimatum Game. Science, 300(5626), 1755-1758.
Tabibnia, G., Satpute, A. B., & Lieberman, M. D. (2008). The sunny side of fairness: Preference for fairness activates
reward circuitry (and disregarding unfairness activates self-control circuitry). Psychological Science, 19(4), 339347.
21
Gruppe 9
Die Macht der Sterne - wie Sie sehen, sehen Sie nichts
Rico Zimmermann, Shanglei Jia und Marie Penzold
Leitung: Jan Marten Ihme
1. Einleitung
Horoskope und Sternzeichen erfreuen sich anscheinend großer Beliebtheit. In etlichen
Tageszeitungen zählen sie zum festen Inhalt: Welche Sternzeichen passen zueinander? Mit welchen
Eigenschaften kann man bei einem Steinbock rechnen? Die Tierkreiszeichen beschreiben die
Himmelsposition, in der die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt stand. Die Astrologie vertritt die
Auffassung, dass ein Mensch, geboren in einem bestimmten Sternzeichen, bestimmte
Charakteristika entwickelt (Sakoian & Acker, 2005). Die Idee, dass das Geburtsdatum
Persönlichkeitseigenschaften offenbart, ist geradezu verlockend – doch ist es wirklich so einfach?
Im Sinne der Big Five kann die Persönlichkeit mit fünf Dimensionen umfassend beschrieben
werden. Häufig untersucht ist der Zusammenhang zwischen dem Sternzeichen und Extraversion. So
fand beispielsweise Mayo, White und Eysenck (1978) und van Rooij (1994) keinen signifikanten
Gesamtzusammenhang zwischen Extraversion und Sternzeichen, jedoch einen Zusammenhang bei
Personen, die eine positive Einstellung gegenüber der Astrologie haben. Als Erklärung wurde in
beiden Studien eine Selbstattributionseffekt angeführt. Ähnlich wie van Roij und Mayo, White und
Eysenck fanden Hentschel und Kiessling (1985) keinen Anhaltspunkt, dass das Geburtsdatum
Einfluss auf die Persönlichkeit nimmt.
In dieser Studie wird der Zusammenhang zwischen der Big Five Dimension der Verträglichkeit und
den Sternzeichen betrachtet. Es wird vermutet, (1) dass es keinen Zusammenhang zwischen
Verträglichkeit und dem Sternzeichen gibt und (2) dass der Zusammenhang von der Einstellung zur
Astrologie oder vom Wissen über das Untersuchungsziel abhängt.
2. Methode
Die Erhebung erfolgte im Internet. Von 225 gültigen Datensätzen wurden 27 Personen
ausgeschlossen (Deutsch als Fremdsprache; nicht eindeutig zuordenbares Geburtsdatum;
Ausreißerwerte bei Verträglichkeits- und Einstellungsskala). Übrig für die Analysen blieben somit
198 Datensätze mit 68 (34,3%) männlichen und 130 (65,7%) weiblichen Teilnehmern im Alter von
18 bis 57 Jahren (M=26,4).
Aus vier Onlinequellen (Charakterbeschreibungen der zwölf Sternzeichen) wurden durch vier Rater
die Sternzeichen in acht niedrig und vier hoch verträgliche eingeteilt mit einer Interraterreliabilität
von Cohens κ=0,57.
Die Datenerhebung erfolgte online mit zufälliger Zuteilung zu einer von zwei
Versuchsbedingungen. In beiden Bedingungen wurde das Geburtsdatum abgefragt.
Probanden in Bedingung Q erhielten nur die Information, dass die Studie Persönlichkeitsaspekte
untersucht. Zuerst bearbeiteten Teilnehmer dieser Bedingung zwölf Items des
Verträglichkeitsfragebogens (Borkenau & Ostendorf, 1993) und anschließend einen von den
Autoren erstellten Einstellungsfragebogen zur Astrologie mit zehn Likertskala-Items.
Probanden der Bedingung P erhielten vorab die Information, dass der Zusammenhang zwischen
Persönlichkeit und Astrologie erforscht werden soll. Zunächst füllten Probanden in dieser
Bedingung den Astrologie-Einstellungsfragebogen aus und erhielten eine Charakterbeschreibung
ihres Sternzeichens. Anschließend bearbeiteten sie die Verträglichkeitsitems.
22
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Zur Überprüfung von Unterschieden bei den Verträglichkeits-Gruppenmittelwerten zwischen hoch
und niedrig verträglichen Sternzeichen wurde ein t-Test durchgeführt. Ein Unterschied zwischen
beiden Gruppen ist nicht signifikant (p=,707). Die Voraussetzung der Varianzengleichheit ist erfüllt
(Levene-Test: F=,079, p=,779).
Um Verträglichkeitsmittelwerte zwischen den Sternzeichen vergleichen und eine Effektstärke
angeben zu können, wurde eine univariate Varianzanalyse durchgeführt (F=,375 , df=11). Die
Effektstärke des Sternzeichens beträgt Eta²=,022.
Eine Reliabilitätsanalyse der selbst erstellten Einstellungsskala ergab Cronbachs α=,894 als Maß für
interne Konsistenz. Der Stichprobenmittelwert auf dieser Skala beträgt 2,0 und ist signifikant
unterschiedlich vom theoretischen Skalenmittel 2,5 (p<,001). Die Skalenstandardabweichung
beträgt 0,77.
Gesamtscores auf der Verträglichkeitsskala wurden laut NEO-FFI Vorgaben zu T-Werten
transformiert. Stichprobenmittel beträgt 52,21 mit einer Standardabweichung von 11,77.
Um zu überprüfen, ob es zwischen den hoch und niedrig verträglichen Sternzeichen und der
Einstellung zur Astrologie oder den Versuchsbedingungen Interaktionseffekte gibt, wurde eine
univariate Varianzanalyse durchgeführt (F=,921, df=7). Eine Interaktion zwischen den zwei
Sternzeichengruppen und den Versuchsbedingungen ist nicht signifikant (p=,789), ebenso wie eine
Interaktion zwischen beiden Sternzeichengruppen und der Einstellung zur Astrologie (p=,063). Eine
dreifache Interaktion zwischen Sternzeichengruppe, Versuchsbedingung und Einstellung zur
Astrologie ist ebenfalls nicht signifikant (p=,943).
4. Diskussion
Es wurde kein Anhaltspunkt für einen Zusammenhang zwischen hoch und niedrig verträglichem
Sternzeichen und Verträglichkeit der Person gefunden. Die sehr geringe Effektstärke der einzelnen
Sternzeichen auf die Verträglichkeitsscores bestätigt die Hypothese ebenfalls.
Entgegen der zweiten Hypothese wurde keine Abhängigkeit des Zusammenhangs zwischen
Sternzeichen und Verträglichkeit von der Einstellung zur Astrologie oder dem Wissen über das
Studienziel gefunden. Dies bestätigt die ursprüngliche Annahme nicht. Die selbst erstellte
Einstellungsskala weist eine sehr gute interne Konsistenz auf. Die Varianz der Skala ist jedoch
eingeschränkt – die Stichprobe hat eine insgesamt negative Haltung gegenüber Astrologie und die
Einstellungsverteilung ist nicht ausgewogen und es gab offenbar nicht genug Probanden mit einer
positiven Haltung. Diese Varianzeinschränkung verringert letztendlich die Testpower.
Man kann aus diesen Daten nicht schlussfolgern, ob Wissen über das Studienziel oder Einstellung
zur Astrologie einen Effekt auf den Zusammenhang zwischen Sternzeichen und Verträglichkeit
haben oder nicht. Es wurden jedoch eindeutige Hinweise gefunden, dass Sternzeichen und
Verträglichkeit nichts miteinander zu tun haben – aber Sorgen um ihre Beliebtheit müssen sich
Horoskope, Sternzeichen und Co. wahrscheinlich nicht machen.
5. Literatur
Borkenau, P., Ostendorf, F. (1993). NEO-Fünf-Faktoren Inventar (NEO-FFI) nach Costa und McCrae:
Handanweisung. Göttingen: Hogrefe.
Hentschel, U. & Kiessling, M. (1985). Season of birth and personality: Another instance of noncorrespondence. Journal
of Social Psychology, 125, 577-585.
Mayo, J., White, O. & Eysenck, H. (1978). An empirical study of the relation between astrological factors and
personality. Journal of Social Psychology, 105, 229-236.
Sakoian, F. & Acker, L. (2005). Das große Lehrbuch der Astrologie. Frankfurt: Fischer Tb.
van Rooij, J. (1994): Introversion-Extraversion: astrology versus psychology. Personality and Individual Differences,
16, 985-988.
23
Gruppe 10
Gesichter die man nie vergisst – Gesichterlernen & funktionelle
Lateralisation
Angy Bornschein, Simone Döring, Kathleen Kemter, Manuela Richter, René
Taubenrauch
Leitung: Dr. J.M. Kaufmann
1. Einleitung
Die Fähigkeit ein Gesicht zu erkennen und von anderen Gesichtern zu unterscheiden wird vom
menschlichen Gehirn innerhalb der ersten Lebensmonate erworben. Die zur Erkennung
notwendigen Gesichtsmerkmale werden, laut Bruce und Young (1986), in so genannten „Face
Recognition Units“ (FRUs) abgespeichert. Hier ist ein struktureller Code des bekannten Gesichtes
hinterlegt, der mit dem Wahrgenommenen verglichen wird. Laut des Face-Space Modells
(Valentine, 1991) werden besonders die Abweichungen individueller Gesichtsmerkmale zur
Gesamtpopulation aller bekannten Gesichter kodiert, wobei diese distinkten Merkmale als
entscheidende Erkennungshilfen dienen. Der sogenannte Karikaturenvorteil wird häufig als
Bestätigung dieser Hypothese angeführt: durch die Übertreibung individueller Abweichungen eines
Gesichts im Vergleich zu einem Durchschnittsgesicht werde das Gesicht distinkter und könne damit
schneller und genauer erkannt werden. In der Studie zur Gesichterkennung von Kaufmann et al. (in
press) zeigte sich dieser für unbekannte Gesichter, die während des Experimentes erlernt wurden.
Allerdings wurde dies nicht für zuvor bekannte Gesichter bestätigt. Vermutlich ist die Karikierung
durch Erhöhung der Distinctiveness bei Anlegung neuer Repräsentationen von Gesichtern im
Gehirn hilfreich. Andererseits sind Repräsentationen sehr bekannter Gesichter möglicherweise
schon so flexibel, dass eine Karikierung keine weiteren Vorteile zu bringen scheint. Aufbauend auf
diesen Ergebnissen untersuchten wir in unserer Studie die Auswirkungen eines Karikatureneffektes
auf das Lernen und Wiedererkennen unbekannter Gesichter. Hierzu führten wir zwei
Computerexperimente mit EEG-Ableitung durch, bei denen unser Hauptaugenmerk auf zwei ERPKomponenten lag. Die N170 ist zwar unbeeinflusst von der Bekanntheit eines Gesichtes, es wird
aber angenommen, dass sie die präkategoriale strukturelle Enkodierung von Gesichtern
widerspiegelt (Eimer, 2000).Wir nahmen daher an, dass sich während des Lernens ein
Karikaturenvorteil, in Form einer stärkeren Negativierung, einstellt. Somit sollte sich eine größere
N170 abzeichnen, je distinkter das Gesicht dargestellt wird. Für die N250 wird angenommen, dass
sie die früheste Komponente ist, die eine Gesichtsrepräsentation im Langzeitgedächtnis registriert.
Dies konnten auch Tanaka et al. (2006) zeigen. Auf Grundlage dieser Studien erwarteten wir des
Weiteren für karikierte Gesichter einen stärkeren Lerneffekt, der durch eine größere Negativierung
der N250 in der Testphase dargestellt werden sollte.
2. Methode
Experiment 1:
Stichprobe: Insgesamt wurden 20 Studenten der FSU Jena erfasst. Stimulusmaterial: Als Stimuli
dienten uns Fotos unbekannter Personen, frontal aufgenommen, ohne Brille und Schmuck. 52
Bilder wurden zunächst mit Adobe Photoshop (CS2) bearbeitet und anschließend mittels Sierra
Morph 2.5 auf ein 30%-Level karikiert.
Prozedur: Das Experiment teilte sich in Lern- und Testphase auf. In der Lernphase wurde jedem
Teilnehmer 13 Gesichter als Originale und 13 Gesichter als Karikatur präsentiert.
Testphase: In der Testphase sollten die Probanden die Gesichter, möglichst schnell und präzise, via
Tastendruck als gelernt bzw. nicht gelernt identifizieren. Dazu wurden je 52 Bilder (26 gelernte, 26
neu) in vier Blöcken präsentiert und dabei die Antwortgenauigkeiten und die Reaktionszeiten
erfasst. Die EEG-Aufzeichnungen (32 Kanäle, AC, 0.05 Hz high pass, 40 Hz low pass, 6dB
24
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
attenuation, 12 dB/octave, sampling rate 250 Hz) erfolgten in einem elektromagnetisch
abgeschirmten Raum.
Experiment 2:
Als Fortführung von Experiment 1 untersuchten wir 16 Studenten der FSU Jena in einer ähnlich
aufgebauten Studie. Die bereits verwendeten Gesichter wurden nun als Original sowie als 35% und
70% Karikatur dargeboten. Die Datenerfassung erfolgte äquivalent zum ersten Experiment.
3. Ergebnisse:
Bedingungsunterschiede (Karikatur vs. Original) wurden in beiden Experimenten anhand von
Varianzanalysen mit Messwiederholung getestet.
Experiment 1: Es ergab sich unter anderem eine signifikante Interaktion für Familiarität x
Morphlevel. Dies zeigt sich dadurch, dass karikierte Gesichter schneller und auch akkurater erkannt
wurden, wenn man sie zuvor als Karikatur gelernt hat.
Die Analyse der EEG-Daten ergab bei den Karikaturen eine stärkere N170 Aktivierung während
der Lernphase und im Verlauf der Testphase eine größere N250 Amplitude.
Experiment 2: Hier zeigten sich Haupteffekte für die Faktoren Morphlevel und Familiarität bei
Reaktionszeit und Antwortgenauigkeit. Je stärker ein Gesicht karikiert war, desto schneller und
akkurater wurde es erkannt. Ebenso wurde auf bekannte Gesichter schneller und akkurater reagiert.
Im Einklang zu den Verhaltensdaten zeigte sich für die N250 ein linearer Amplitudenanstieg in
Abhängigkeit vom Grad der Karikierung
4. Diskussion:
Unsere Ergebnisse bestätigen den Einfluss von Distinctiveness auf das Lernen neuer Gesichter.
Experiment 1 replizierte weitgehend die ERP Befunde von Kaufmann und Schweinberger (in press)
und zeigte darüber hinaus Effekte expliziter Verhaltensmasse. Experiment 2 zeigte, dass sich das
Ausmaß der Karikierung- zumindest bis zum Karikaturenlevel 70%- linear sowohl auf Verhalten als
auch auf die identitätssensitive N250 auswirkt. Insgesamt legen die Daten nahe, dass im Laufe des
Experimentes für Karikaturen unbekannter Gesichter stärkere Repräsentationen angelegt wurden als
für Originale. Vermutlich unterstützt die Verstärkung distinkter Gesichtsmerkmale das Anlegen
neuer Repräsentationen.
5. Literatur:
Bruce, V. & Young, A. (1986). Understanding face recognition. British Journal of Psychology, 77, 305-327.
Eimer, M. (2000). Event-related brain potentials distinguish processing stages involved in face perception and
recognition. Clinical Neurophysiology, 111, 694-705.
Kaufmann, J. M., Schweinberger, S.R., & Burton, A. M. (in press). N250 ERP Correlates of the Acquisition of Face
Representations Across Different Images. Journal of Cognitive Neuroscience
Tanaka, J. W., Curran, T., Porterfield, A. L., & Collins, D. (2006). Activation of Preexisting and Acquired Face
Representations: The N250 Event-related Potential as an Index of Face Familiarity. Journal of Cognitive
Neuroscience, 18, 1488-1497.
Valentine,T. (1991). A Unified Account of the Effects of Distinctiveness, Inversion, and Race in Face Recognition.
Quarterly Journal of Experimental Psychology Section A-Human Experimental Psychology, 43, 161-204.
25
Gruppe 11
- Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr als 1000 Worte Audiovisuelle Integration bei der Identifikation von unbekannten
Personen
Sarah Fischer, Nadine Förtsch, Carolin Gottwalt,
Christin Kästner, Katja Stübchen
Leitung: MA David Robertson
1. Einleitung
In unserer alltäglichen Kommunikation nehmen wir häufig auditive und visuelle Stimuli parallel
wahr. Den Verbindungsprozess von Informationen dieser beiden Modalitäten nennt man
audiovisuelle Integration.
Hinweise auf Identität von Sprechern sind sowohl im Gesicht als auch in der Stimme enthalten.
Dies impliziert, dass es möglich sein müsste, aus visuellen Informationen (Bewegungen,
Gesichtsform, Geschlecht, Alter, etc.) Rückschlüsse auf Stimmeigenschaften (Stimmlage,
Intonation, individuelle Besonderheiten, etc.) zu ziehen.
Kamachi, Hill, Lander und Vatikiotis-Bateson (2003) konnten diese Annahme bereits in einer
Studie bestätigen. Den Versuchspersonen wurde zunächst eine tonlose Videosequenz eines
unbekannten, sprechenden Gesichtes präsentiert. Im zweiten Teil hörten sie via Kopfhörer
nacheinander zwei Sprecher einen Satz sagen, wobei eine der Personen die im Video gezeigte war.
Die Sätze der beiden Teile unterschieden sich inhaltlich. Die Aufgabe der Probanden bestand darin
zu entscheiden, welche Stimme zu dem im ersten Teil präsentierten Gesicht passte.
Wir vermuten, dass die erreichte Identifikationsrate von 61% nur deshalb knapp über dem
Zufallsniveau lag, weil zu keinem Zeitpunkt Stimmen und Gesichter gepaart dargeboten wurden.
Die fehlende Möglichkeit zur audiovisuellen Integration erschwerte unserer Meinung nach die
korrekte Zuordnung von Sprecher und Stimme.
Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, in unserem Experiment Stimmen und Gesichter
simultan und möglichst perfekt synchronisiert zu präsentieren. Wir erwarteten aufgrund unseres
methodischen Designs eine höhere Identifikationsrate als die von Kamachi et al. (2003) erhaltene.
2. Methode
An unserem Experiment nahmen 30 Versuchspersonen (27 Frauen und 3 Männer,
Durchschnittsalter 21,5 Jahre) teil.
Die Stimuli bestanden aus 4 männlichen Sprechern, welche jedem Probanden unbekannt waren.
Diese wurden per Videokamera und Mikrophon aufgenommen, während sie den Satz "Du bist doch,
was du denkst" aussprachen (s. Schweinberger, Robertson & Kaufmann, 2007). Um eine
größtmögliche Synchronisation zu erreichen, berechneten wir über alle Sprecher hinweg die
mittlere Länge jedes Wortes sowie jeder Pause und passten alle Aufnahmen diesbezüglich an,
indem wir Worte und Pausen dementsprechend verlängerten oder verkürzten. Dies geschah unter
Verwendung der Programme Adobe Audition 1.5 (auditive Stimuli) und Adobe Premiere Pro 1.5
(visuelle Stimuli). Durch die Synchronisation konnte jeder Videoclip mit jeder Audiodatei
kombiniert werden.
Den Teilnehmern wurde zunächst ein Gesicht gezeigt, gefolgt von zwei Präsentationen desselben
Gesichts – synchron unterlegt mit zwei verschiedenen Stimmen. Nach diesen drei Darbietungen
wurden die Versuchspersonen aufgefordert, per Tastendruck zu entscheiden, welche der beiden
audiovisuellen Kombinationen ihrer Meinung nach die richtige war (d.h. welche Stimme zum
Sprecher gehörte). Insgesamt bestand das Experiment aus 192 randomisierten Trials. Wir erfassten
nur die Anzahl der richtigen Antworten, auf Reaktionszeitmessung wurde verzichtet.
26
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Die durchschnittliche Identifikationsrate unseres Experiments beträgt 81,1%. Mittels t-Test konnten
wir nachweisen, dass sie signifikant über dem Zufallsniveau liegt (t(479)=28,433, p<0,001). Um
auszuschließen, dass unsere Ergebnisse vornehmlich durch Sprechereffekte zustande gekommen
sind, führten wir eine ANOVA mit Messwiederholung durch. Es zeigte sich kein signifikanter
Haupteffekt für Sprecher (F(3,87)= 0.75, p>0,05). Eine weitere ANOVA mit Messwiederholung
ergab einen signifikanten Haupteffekt des Blockes (F(3,87)= 12.09, p<0,001).
Desweiteren fanden wir eine signifikante Interaktion von Block und Sprecher (F(9,261)= 2.03,
p<0,05). In einer post-hoc-Analyse zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den
Sprechern (alle F-Werte (1, 29) < 1.5, alle p > 0.05). Außer zwischen Block 3 und Block 4, (F(1,
29) = 0.05, p > 0.001) gab es von Block zu Block eine signifikante Verbesserung (alle F-Werte (1,
29) > 7, alle p < 0.05).
4. Diskussion
Mittels unserer Untersuchung konnte bestätigt werden, dass unsere Identifikationsrate größer ist als
die von Kamachi et al. (2003) gefundene (61%). Die simultane und synchronisierte Präsentation
von auditiven und visuellen Reizen erleichterte somit die Identifikation von unbekannten Personen.
Dies bekräftigt unsere Annahme, dass der Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf audiovisueller
Integration basiert und ihm nicht die Analyse bestimmter Sprecheigenschaften
(Redegeschwindigkeit, -fluss) zugrunde liegt. Immerhin bestehe laut Kamachi et al. (2003) die
Möglichkeit, dass deren signifikante Ergebnisse auf jene zurückzuführen sein könnten. Ein Fakt,
den wir für unser Experiment mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen.
Es zeigte sich kein Sprechereffekt, was bedeutet, dass keiner der vier unterschiedlichen Sprecher
aufgrund von eventuellen Besonderheiten überzufällig besser als ein anderer zu identifizieren war.
Dies spricht für gelungene Synchronisation. Die Interaktion von Block und Sprecher impliziert,
dass die Erkennung einiger Sprecher vom Blockeffekt mehr profitierte als die anderer.
Der zuvor erwähnte Blockeffekt ist darauf zurückzuführen, dass sich von Block 1 bis Block 3 mit
zunehmender Anzahl an absolvierten Durchgängen die Stimmenzuordnung verbesserte. Dies deutet
auf Lerneffekte hin. Da jedoch bereits im ersten Durchgang eine sehr hohe durchschnittliche
Identifikationsrate von 74,9% erreicht wurde, sind wir der Meinung, dass die Implikationen unserer
Ergebnisse dadurch nicht entwertet werden.
Die in Block 4 erreichte Erkennungsrate von durchschnittlich 85,1% weicht nicht signifikant von
der in Block 3 erzielten ab. Wir gehen davon aus, dass es sich hierbei um einen durch die
Aufgabenstellung bedingten Deckeneffekt handelt. Im alltäglichen Leben ist es eher ungewöhnlich,
ein sprechendes Gesicht ohne Ton wahrzunehmen. Es ist daher selten notwendig, von dieser
visuellen Wahrnehmung auf die dazugehörige Stimme zu schließen. Einfacher gestaltet es sich, von
der Stimme auf das Aussehen einer Person zu schließen, da solche Situationen häufiger auftreten
und die Hypothesenprüfung erleichtern ("Hörst du mein Gesicht?", 2008).
5. Literatur
Kamachi, M., Hill, H., Lander, K., Vatikiotis-Bateson, E. (2003). ‘Putting the Face to the Voice’: Matching Identity
across Modality. Current Biology, 13, 1709-1714.
Schweinberger, S.R., Robertson, D. & Kaufmann, J. (2007). Hearing facial identities. The Quarterly Journal of
Experimental Psychology, 60 (10), 1446-1456.
Daßler, H., Gottschlich, K., Itz, M., Knösing, A., Temmermann, M. (2008). 'Hörst Du mein Gesicht? – Audiovisuelle
Integration'. EmPra-Bericht 2008.
27
Gruppe 12
Gefühlte Handlung – Antizipative Handlungssteuerung durch affektive
Bewegungskonsequenzen
Anne Tzschach, Armin Walter, Katharina Bohl
Leitung: Dr. Andreas Eder
1. Einleitung
Gemäß dem ideomotorischen Prinzip werden willentliche Handlungen durch die alleinige
gedankliche Vorwegnahme der Handlungskonsequenzen gesteuert. Betritt man z.B. einen dunklen
Raum, so veranlasst die Antizipation der Beleuchtung (Handlungskonsequenz) den Druck auf den
Lichtschalter (Handlung). Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch wiederholte Paarung von
Handlung und deren Konsequenz eine bidirektionale Assoziation gebildet wird.
In einer Studie von Beckers und Kollegen (2002) wurde untersucht, ob dieses Prinzip auch auf den
affektiven Bereich übertragbar ist, d.h. ob die Antizipierung affektiver Konsequenzen Einfluss auf
die Handlungssteuerung hat. In einer Akquisitionsphase konnten zwei Bewegungen ausgeführt
werden, wobei die eine von einem Elektroschock gefolgt war, die andere nicht. In der Testphase
sollten mit denselben Bewegungen valente Wörter grammatikalisch kategorisiert werden. Zu
beobachten ist, dass auf negative Wörter schneller mit der „Schockbewegung“ reagiert wird,
obwohl diese Bewegung nicht mehr von einem Elektroschock gefolgt wird.
Unser experimentelles Design ähnelt dem von Beckers und seinen Mitarbeitern mit dem
Unterschied, dass unaufdringliche, negative und positive Bewegungseffekte verwendet werden, um
strategisches Antworten auszuschließen. In einer Akquisitionsphase folgt auf einen linken bzw.
rechten Tastendruck ein positives bzw. negatives Bild, wodurch eine Valenzübertragung von den
Bildern auf den Tastendruck stattfindet. In der darauf folgenden Testphase sollen mit denselben
Tasten Nomen und Adjektive kategorisiert werden, ohne die evaluative Wortbedeutung zu beachten
(sog. affektive Simon-Aufgabe). Dadurch ergeben sich zwei unterschiedliche Bedingungen: Eine
kompatible Reiz-Reaktions-Bedingung, die durch gleiche Valenz in Reaktion und Wort
gekennzeichnet ist und eine inkompatible Bedingung, in der Reaktionsvalenz und Wortvalenz
konträr sind. Die Hypothese ist nun, dass die in der Akquisitionsphase gebildete Assoziation
zwischen linkem oder rechtem Tastendruck und Effektvalenz Einfluss auf die Reaktionssteuerung
ausübt. Durch die Vorwegnahme der Effektvalenz kommt es zu einer beschleunigten Auslösung des
assoziierten Tastendrucks. Wenn dies der Fall ist, dann kann geschlussfolgert werden, dass die
Assoziation zwischen Handlung und Effekt auch rückwärtsgerichtet abgerufen wird. Daraus sollte
sich eine kürzere Reaktionszeit in der kompatiblen als in der inkompatiblen Bedingung ergeben.
Dieser Kompatibilitätseffekt lässt sich nicht durch operante Konditionierung erklären, da diese
lediglich einen Haupteffekt der positiven Reaktion erwarten lässt. Indem der Effektreiz in der
Testphase der Hälfte der Versuchspersonen weiterhin präsentiert wird, wird untersucht, ob die
Assoziation zeitlich stabil ist.
2. Methode
Stichprobe. 46 Personen, zwei Datensätze wurden aufgrund zu hoher Fehlerzahlen ausgeschlossen.
Design. Zwischen den Versuchspersonen wurde die Zuordnung der Valenz der Effektbilder zu den
Tasten (rechts-positiv, links-negativ vs. rechts-negativ, links-positiv) und zur grammatikalischen
Wortkategorie (rechts-Nomen, links-Adjektiv vs. rechts-Adjektiv, links-Nomen), sowie die
Anwesenheit des Effektreizes in der Testphase (anwesend vs. abwesend) variiert. Jede
Versuchsperson bearbeitete Durchgänge mit evaluativ kompatiblen und inkompatiblen ReizReaktions-Paarungen.
28
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Stimuli. Jeweils 25 positive und 25 negative Adjektive und Nomen dienten als Klassifikationsreize;
50 positive und 50 negative IAPS-Bilder wurden als Effektreize eingesetzt.
Prozedur. Das Experiment teilt sich in zwei Phasen auf: In der Akquisitionsphase (200
Durchgänge) hatten die Probanden nach der Präsentation eines weißen Rechteckes (200ms) die
freie Auswahl zwischen dem Druck der Enter- oder Leertaste. Je nach Valenzzuordnung rief die
Reaktion die Präsentation eines positiven oder negativen Bildes hervor (400ms), welches
aufgabenirrelevant war. Die Versuchspersonen wurden instruiert, beide Tasten in annähernd
gleicher Häufigkeit über alle Blöcke hinweg zu drücken. Es wird angenommen, dass durch die
wiederholte zeitliche Paarung eine Assoziation zwischen Tastendruck und Bildvalenz aufgebaut
wird. In der Testphase sollten mit der Leer- und Entertaste Nomen und Adjektive klassifiziert
werden (50 kompatible, 50 inkompatible Wort-Reaktions-Kombinationen). Die imperativen Stimuli
wurden für 200ms präsentiert, danach sollte die Wortklassifikation so schnell wie möglich erfolgen.
3. Ergebnisse
Durchgänge mit falschen Reaktionen (9% aller Durchgänge) und Reaktionszeit-Ausreißern (3,1%
aller Durchgänge) wurden aus den Reaktionszeitanalysen ausgeschlossen. Eine ANOVA mit dem
Innersubjektfaktor Kompatibilität und dem Zwischensubjektfaktor Bildpräsentation im Test
(anwesend vs. abwesend) im Test zeigte weder einen Haupteffekt der Effektreizdarbietung im Test
noch einen Haupteffekt der evaluativen Wort-Reaktions-Kompatibilität, F(1,42) = 2.09, p = .16.
Die Interaktion zwischen beiden Faktoren wurde allerdings signifikant, F(1,42) = 4.84, p <
.05.Wurden die Effektreize auch in der Testphase präsentiert, fand sich ein Effekt der
Kompatibilität. Hierbei unterschieden sich die Reaktionszeiten signifikant zwischen kompatibler (M
= 425ms, SD = 56ms) und inkompatibler Bedingung (M = 435ms, SD = 55ms) ,t(21 ) = -2,44, p <
.05. Ohne Effektpräsentation ergab sich jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen
kompatibler (M = 422ms, SD = 67ms) und inkompatibler Bedingung (M = 420ms, SD = 61ms), t <
1. Ein ähnliches Muster zeigte sich in der Anzahl falscher Wortklassifikationen.
4. Diskussion
Unsere Erwartungen wurden weitestgehend bestätigt, jedoch zeigte sich ein Kompatibilitätseffekt
nur dann, wenn die Bewegungseffekte auch in der Testphase präsentiert wurden. Das Ausbleiben
eines Effektes ohne Effektpräsentation im Test könnte möglicherweise durch Löschung der
Assoziation zustande kommen. Ebenso denkbar wäre, dass in Abwesenheit des affektiven Reizes
die Valenz der Wörter nicht relevant und somit schwächer verarbeitet wird.
Analog zur Theorie der somatischen Marker (Damasio, 1991) deuten auch unsere Ergebnisse an,
dass eine direkte Verknüpfung zwischen Reaktionen und emotionalen Zuständen stattfindet. Das
Wissen über die affektive Konsequenz einer Handlung kann die damit assoziierte Reaktion triggern,
denn die erworbene Assoziation fungiert bidirektional. Somit können Handlungen in emotional
bedeutsamen Situationen auf dem sog. Bauchgefühl basieren und nach anderen Prinzipien ablaufen
als rationale Abwägung.
5. Literatur
Beckers, T., De Houwer, & J.,Eelen, P. (2002). Automatic integration of non-perceptual action effect features: The case
of the associative affective Simon effect. Psychological Research, 66, 166-173.
Damasio, A. (1998). The somatic marker hypothesis and the possible functions of the prefrontal cortex. In A. C.
Roberts, T. W. Robbins, & L. Weiskrantz (Hrsg.), The prefrontal cortex: Executive and cognitive functions (pp.
36-50). New York: Oxford University Press.
Elsner, B., & Hommel, B. (2001). Effect anticipation and action control. Journal of Experimental Psychology: Human
Perception and Performance, 27, 229-240.
29
Gruppe 13
Beeinflusst die Persönlichkeit Evaluative Konditionierungseffekte?
Julia Köhn, Inga Kröger, Lea Langguth, Johanna Paulat und Anna Szagarus
Leitung: Anne Gast
1. Einleitung
Bei der Evaluativen Konditionierung (EC) erfolgt eine Übertragung der pos. bzw. neg. Valenz eines
unkonditionierten Stimulus (US) auf einen neutralen Stimulus (CS) durch deren gemeinsame,
wiederholte Paarung. In dem vorliegenden Experiment wurde untersucht, ob EC-Effekte durch
verschiedene Persönlichkeitsmerkmale moderiert werden bzw. ob ein solcher Zusammenhang von
einer Manipulation verschiedener Bedingungen in der Konditionierungsphase abhängt. Ausgehend
von dieser Überlegung wurden explorativ zu fünf Persönlichkeitsmerkmalen Hypothesen
aufgestellt: Need to Evaluate (NTE), Gewissenhaftigkeit (Gew.), Reaktanz, sowie Faith In Intuition
(FI) und Need For Cognition (NFC). Aus Platzgründen gehen wir in diesem Bericht nur auf die aus
unserer Sicht interessantesten Hypothesen und Befunde ein.
1. Hypothese (Interaktionshypothese): Hohe Werte auf Gewissenhaftigkeit, erfasst mit den dafür
relevanten Items des NEO-FFIs, sollten mit hohen EC-Effekten einhergehen, weil sich diese
Personen besonders bemühen, alles richtig zu machen und konzentriert mitzuarbeiten. Weiterhin
wird angenommen, dass auch Personen mit niedrigen Werten auf Gew. hohe EC-Effekte zeigen,
wenn sie durch eine experimentelle Manipulation zur Mitarbeit angehalten werden.
2. Hypothese (Haupteffektshypothese): Hoch reaktante Personen reagieren auf Einschränkung ihrer
Freiheit mit einem motivationalen Zustand, der dazu dienen soll, diese wiederherzustellen. Somit
sollten sich diese Personen schlechter evaluativ konditionieren lassen, da sie die Änderung der
neutralen Gesichter in Richtung der US abwehren wollen.
3. Hypothese (Haupteffektshypothese): Die zweidimensionale Skala mit den FI und NFC dient zur
Messung von intuitiven (FI) und rationalen (NFC) Verarbeitungstendenzen. Personen mit hohen FIWerten neigen dazu, assoziativ Urteile über Ähnlichkeiten und zeitliche Nähe zu bilden. Daraus
ergibt sich unsere Hypothese, dass stark intuitive Menschen leichter evaluativ zu konditionieren
sind.
2. Methode
Das Experiment ergibt sich als 3 (Konditionierungsbedingung: Bewertung, Aufgabe, Standard) x 2
(Valenz der US: positiv, negativ)- Design. Die Teilnehmer (89 Studenten) wurden einer der drei
Bedingungen des Computerexperiments randomisiert zugeteilt, womit sich ihre Aufgabe während
der Konditionierungsphase unterschied. Das Stimulusmaterial bestand aus Portraitfotos von
Personen (CS) und eindeutig positiven oder negativen Adjektiven (US). Zunächst wurden den
Versuchspersonen (Vpn) alle Gesichter im Überblick präsentiert, worauf im Anschluss die
Präbewertungsphase folgte. Danach wurden acht neutral bewertete Gesichter (CS) ausgewählt und
in der Konditionierungsphase mit den Adjektiven gepaart. In der 1. Bedingung (Bed.) sollten die
Vpn nach jedem Konditionierungspaar per Tastendruck diese Kombination als positiv oder negativ
bewerten. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Vpn sowohl zur Bewertung „gezwungen“
werden als auch aufmerksam bleiben. In der 2. Bed. wurde in unregelmäßigen Abständen nach
einigen Konditionierungspaaren kurz ein Pfeil eingeblendet, der entweder nach rechts oder links
zeigte und dessen Richtung die Vpn per Tastendruck bestimmen mussten. Hier sollte nur die
Aufmerksamkeit der Vpn manipuliert werden. Die Vpn in der 3. Bed. hatten während der
Konditionierungsphase keine Aufgabe, d.h. sie mussten sich die Paare nur anschauen. Abschließend
erfolgte die Postbewertung der acht Gesichter (CS). Die Vpn füllten im Anschluss den Fragebogen
zu den fünf Persönlichkeitsvariablen aus.
30
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Zur Analyse der Differenz zw. den pos. und neg. CS in der Prä- und Postbewertung (EC-Effekt)
und der Interaktion dieses Effekts mit den Bedingungen wurde eine ANOVA mit Messwiederholung gerechnet. Es zeigten sich signifikante Unterschiede der Mittelwerte in der Prä- und
Postbewertung der CS (p< .05). Somit konnte der EC-Effekt nachgewiesen werden. Anschließend
untersuchten wir mithilfe einer univariaten ANOVA die Interaktion des EC-Effekts mit den
Persönlichkeitsvariablen.
Hypothese 1: Es konnte keine Interaktion zwischen den Bed. und Gewissenhaftigkeit nachgewiesen werden (F(2,83) = 2,646, p = .077), d.h. in der 3. Bed. ohne Verpflichtung zur Bewertung
oder Mitarbeit war der Unterschied des EC-Effekts zw. hoch und niedrig Gewissenhaften nicht
größer als in den anderen Bedingungen.
Hypothese 2: Es zeigte sich kein signifikanter Haupteffekt von Reaktanz auf die EC (F(1,83) < 1).
Daraus ergibt sich, dass sich hoch reaktante Vpn nicht schlechter evaluativ konditionieren ließen als
niedrig reaktante Vpn. Unsere Hypothese wurde somit nicht bestätigt.
Hypothese 3: Es konnte kein Haupteffekt von FI auf die EC nachgewiesen werden (F(1,83) < 1),
d.h. hoch intuitive Vpn konnten nicht besser konditioniert werden als weniger intuitive Vpn. Allerdings zeigte sich in Bed. 2 und 3 eine Tendenz der Effekte in die richtige Richtung. In der Analyse
der Ergebnisse von NTE und NFC ergaben sich ebenfalls weder signifikante Haupt- noch
Interaktionseffekte (alle F < 1).
4. Diskussion
Generell zeigte sich in den Ergebnissen ein signifikanter EC-Effekt, welcher in der 1. Bedingung
tendenziell am stärksten auftrat.
Hypothese 1: Die Ergebnisse zur 1. Hypothese können möglicherweise dadurch erklärt werden,
dass Personen mit hoher Gew. genau das tun, was ihnen aufgetragen wird. Da sie in der 1. Bed.
bewerten sollen, zeigen sie höhere EC-Effekte als niedrig Gewissenhafte. In der 2. Bed. hingegen
sind stark gewissenhafte Vpn so mit der Pfeilaufgabe beschäftigt, dass die EC-Effekte sinken.
Niedrig Gewissenhafte unterscheiden sich in ihren EC-Effekten kaum zwischen den Bedingungen.
Hypothese 2: Da die Vpn nur in der 1. Bed. zu einer Bewertung der Stimuli angehalten wurden, trat
auch hier nur eine Tendenz von reaktantem Verhalten und damit einhergehende niedrigere ECEffekte auf. In der 2. und 3. Bed. sind die Vpn nicht in ihrer Bewertungsfreiheit eingeschränkt, so
dass hier auch Personen mit hoher Reaktanz hohe EC-Effekte zeigen.
Hypothese 3: Aus der Analyse ergeben sich für die 3. Hypothese keine signifikanten Ergebnisse.
Die Tendenzen in Bed. 2 und 3 lassen jedoch vermuten, dass sich hoch intuitive Vpn
möglicherweise besser evaluativ konditionieren lassen. Wenn dieser Intuitionsprozess durch einen
Bewertungszwang (1. Bed.) gestört wird, so verringern sich die Effekte bzw. kehren sich um.
Abschließend lässt sich aus den Ergebnissen schlussfolgern, dass die Pfeilaufgabe in Bed. 2
womöglich zu stark von der EC abgelenkt hat und somit in zukünftigen Studien modifiziert oder
ganz weggelassen werden sollte. Weiterhin würde eine implizite Messung der
Persönlichkeitsmerkmale eventuell den Effekt sozialer Erwünschtheit möglichst gering halten.
5. Literatur
Hong, S.M. & Faedda, S. (1996). Refinement of the Hong Psychological Reactance Scale, Educational and
Psychological Measurement, 56, 173.
Keller, J., Bohner, G., Erb, H.-P. (2000). Intuitive und heuristische Urteilsbildung- verschiedene Prozesse? Präsentation
einer deutschen Fassung des „Rational-Experiential Inventory“ sowie neuer Selbstberichtskalen zur
Heuristiknutzung. Zeitschrift für Sozial-psychologie, 31, 87-101.
McCrea, R. R. & Costa, P. T. (1987). Validation of the five-factor model of personality across instruments and
observers. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 81-90.
31
Gruppe 14
Maskiertes Priming von Gesichtern:
Subliminaler Einfluss von kategorialer oder assoziativer Verknüpfung?
Christin Knorr, Patrick Lorenz, André Preis, Ina Udhardt
Leitung: Holger Wiese
1. Einleitung
Wie unser semantisches Personengedächtnis organisiert ist, ist wissenschaftlich nicht genau geklärt.
Einerseits geht das BIOG- Modell (Barry et al., 1998) davon aus, dass Personen ausschließlich
durch assoziative Verbindungen verknüpft sind, die durch gemeinsames Auftreten („cooccurrence“) entstehen. Andererseits nimmt das ,,Interactive-Activation-and-Competition-(IAC)”Modell von Burton et al. (1990) an, dass Verbindungen zwischen Personen durch geteilte
kategoriale Informationen (z.B. Beruf, Nationalität etc.) entstehen.
Semantische Verknüpfungen zwischen Personenrepräsentationen werden häufig durch PrimingExperimente untersucht, wobei schnellere Reaktionen auf dieselbe Person erfolgen, wenn sie von
einer semantisch relatierten im Vergleich zu einer unrelatierten Person gebahnt wird. Während das
BIOG-Modell ausschließlich Priming für Personen vorhersagt, die häufig gemeinsam auftreten
(assoziatives Priming), geht das IAC-Modell davon aus, dass auch für rein kategorial verknüpfte
Personen ein Primingeffekt gezeigt werden kann. Nach diesem Modell entstehen beide Effekte über
dieselbe Verbindung. Ein „assoziativer“ Effekt sollte aber deutlicher ausgeprägt sein, da hoch
assoziierte Personen eine größere Anzahl kategorialer Informationen teilen.
Wiese und Schweinberger (in Druck) fanden neben einem assoziativen auch einen rein kategorialen
Primingeffekt. Dieses Ergebnis war jedoch möglicherweise durch strategische Prozesse
konfundiert, da die Primestimuli bewusst und mit ausreichender Zeit verarbeitet werden konnten.
In der vorliegenden Studie sollte weitere Evidenz für einen rein kategorialen Primingeffekt
gefunden werden, jedoch sollten durch eine kurze Präsentationszeit und Maskierung der Primes
strategische Prozesse ausgeschlossen werden. Weiterhin wurde in Wortpriming-Experimenten
gefunden, dass auch in maskierten Bedingungen semantische Effekte in ereigniskorrelierten
Potentialen (N400-Komponente) auftreten (Kiefer et al., 2002). In der vorliegenden Studie wollten
wir einen solchen EKP-Effekt im Bereich der Personenerkennung zeigen.
2. Methode
Getestet wurden 19 rechtshändige Probanden (14 weiblich, durchschnittliches Alter 22,2 Jahre).
Das Stimulusmaterial bestand aus 120 berühmten Namen und jeweils 120 Fotos von berühmten und
unbekannten Gesichtern. Diese Stimuli wurden in einem Prime-Target-Experiment gezeigt, wobei
jeweils ein Name als Prime und ein Gesicht als Target diente. Dabei wurden 3 Bedingungen
unterschieden: Prime und Target konnten entweder (1) miteinander assoziiert sein (z.B. Victoria
Beckham und David Beckham), (2) zur gleichen (Berufs-)Kategorie gehören, aber nicht assoziiert
sein (z.B. Heiner Lauterbach und Brad Pitt) oder (3) unterschiedlichen Kategorien angehören (und
nicht assoziiert sein, z.B. John Lennon und Cameron Diaz). Zu jeder Bedingung existierten
insgesamt 40 Paare. Außerdem wurden 120 Paare aus einem bekannten Prime und einem
unbekannten Target hinzugefügt, um eine Aufgabenanforderung herzustellen. Diese wurden jedoch
nicht in die Auswertung mit einbezogen.
Ein kompletter Trial bestand aus einem Fixationskreuz (500ms), gefolgt von einer Vorwärtsmaske
(500ms), dem Primestimulus (16,7ms), einer Rückwärtsmaske (16,7ms) und dem Target (1000ms).
Aufgabe der Probanden war es so schnell und korrekt wie möglich zu entscheiden, ob es sich beim
Target um eine berühmte oder unbekannte Person handelt.
Bei allen Durchgängen wurden sowohl Reaktionszeiten, Antwortgenauigkeiten als auch das
Elektroenzephalogramm (32-Kanal-EEG, DC-75Hz, 256Hz Samplerate) gemessen. Zur
32
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
statistischen Auswertung ereigniskorrelierter Potentiale wurde die mittlere Amplitude zwischen
300ms - 600ms an den Elektroden Cz, Fz und Pz, (N400) berechnet. Gerechnet wurden
Varianzanalysen mit Messwiederholung. Es wurden gegebenenfalls Greenhouse-GeisserKorrekturen vorgenommen.
3. Ergebnisse
Verhaltensdaten: Die Reaktionszeiten für die korrekten Antworten und die Antwortgenauigkeiten
der Probanden wurden in jeweils einer Varianzanalyse mit dem Faktor Primetyp (Faktorstufen
„gleiche Kategorie“, „andere Kategorie“, „assoziiert“) analysiert. Dabei wurde dieser Faktor für
Reaktionszeiten (F[2,36]=21,1;p<.001;ε=0,744) und Antwortgenauigkeiten (F[2,36]=11,9;p<.001)
signifikant. Tests der Innersubjektkontraste ergaben für Reaktionszeiten, dass die Probanden sowohl
in der Bedingung „gleiche Kategorie“ (F[1,18]=18,5;p<.001), als auch in der Bedingung
„assoziiert“ (F[1,18]=29,5;p<.001) signifikant schneller als in der Bedingung „andere Kategorie“
reagierten. Hingegen antworteten die Probanden nur für die Stufe „assoziiert“ signifikant genauer
als für „andere Kategorie“ (F[1,18]=16,5;p<.01). Für den Vergleich der Stufen „gleiche Kategorie“
gegen „andere Kategorie“ zeigte sich eine Tendenz in diese Richtung (F[1,18]=4,1;p=.059).
EKP-Daten: Für die N400 wurde eine ANOVA über die Faktoren Primetyp und Elektrode (Fz, Cz,
Pz) berechnet. Es wurde sowohl ein signifikanter Haupteffekt Primetyp (F[2,36]=7,1;p<.01) als
auch ein signifikanter Haupteffekt Elektrode (F[2,36]=17,8;p<.001) gefunden. Die Interaktion der
zwei Faktoren wurde nicht signifikant (F<1;p>.05). Tests der Innersubjektkontraste für den Faktor
Primetyp ergaben, dass sowohl die Bedingung „gleiche Kategorie“ (F[1,18]=9,7;p<.01) als auch die
Bedingung „assoziiert“ (F[1,18]=7,6;p<.05) signifikant positivere Amplituden als die Bedingung
„andere Kategorie“ hervorriefen.
4. Diskussion
Die Reaktionszeiten wiesen sowohl einen rein kategorialen, als auch einen assoziativen
Primingeffekt auf. Dieses Ergebnis repliziert die Befunde von Wiese und Schweinberger (in Druck)
unter weitgehendem Ausschluss strategischer Prozesse. In der N400-Komponente zeigte sich ein
entsprechendes Befundmuster, da sowohl rein kategorial verknüpfte als auch assoziierte Targets zu
erhöhten N400-Amplituden im Vergleich zu semantisch unrelatierten Targets führten. Damit liefert
die vorliegende Studie erste Evidenz für einen N400-Effekt bei maskiertem, semantischem Priming
in der Personenerkennung (für analoge Effekte in Wortpriming-Experimenten, siehe Kiefer et al.,
2002).
Insgesamt widersprechen die Ergebnisse dem BIOG-Modell (Barry et al., 1998), das einen rein
kategorialen Primingeffekt ausschließt. Grundsätzlich steht der Befund eines kategorialen Effekts
mit dem IAC-Modell (Burton, et al., 1990) in Einklang, unklar bleibt jedoch warum assoziative und
kategoriale Effekte gleich stark ausgeprägt sind. Weitere Forschung hierzu, die eindeutiger
zwischen rein assoziativer und rein kategorialer Verknüpfung trennen kann (z.B. durch
Lernexperimente), ist notwendig.
5. Literatur
Barry, C., Johnston, R. A., & Scanlan, L. C. (1998). Are faces "special" objects? Associative and semantic priming of
face and object recognition and naming. Quarterly Journal of Experimental Psychology Section A-Human
Experimental Psychology, 51, 853-882.
Burton, A. M., Bruce, V., & Johnston, R. A. (1990). Understanding Face Recognition with An Interactive Activation
Model. British Journal of Psychology, 81, 361-380.
Kiefer, M. (2002). The N400 is modulated by unconsciously perceived masked words: further evidence for an
automatic spreading activation account of N400 priming effects. Cognitive Brain Research, 13, 27-39.
Wiese, H., Schweinberger, S.R. (in Druck). Event-related potentials indicate different processes to mediate categorical
and associative priming in person recognition. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and
Cognition.
33
Gruppe 15
Umtausch nur mit Kassenbon – und reduzierter Zufriedenheit!
Katrin Blarr, Christina Heitmann, Kirsten Lüdke, Vivien Raffel, Stefanie Reinsch
Leitung: Prof. Dr. Klaus Rothermund
1. Einleitung
Die meisten Menschen sind sich einig: Sowohl bei Kaufentscheidungen als auch in vielen anderen
Bereichen des täglichen Lebens möchten sie ein Recht zum Umtausch haben, falls ihnen ihre erste
Wahl später nicht mehr gefallen sollte. Paradoxerweise konnten Gilbert und Ebert (2002) zeigen,
dass die Probanden mit Umtauschrecht mit ihrer Entscheidung unzufriedener sind als solche, die
dieses Recht nicht haben.
Darüber hinaus gibt es auch differentielle Unterschiede in der Entscheidungszufriedenheit:
Schwartz et al. (2002) nutzten in ihrer Studie die Maximierungsskala, um zwischen Personen mit
einer starken Maximierungstendenz (Maximizer) und einer schwachen Maximierungstendenz
(Satisficer) zu unterscheiden. Während Satisficer so lange Entscheidungsoptionen analysieren, bis
eine dieser Optionen ein Level überschreitet, ab dem das Ergebnis „gut genug“ ist, suchen
Maximizer immer weiter nach anderen Alternativen und wägen diese gegeneinander ab.
Während bisherige Studien zur Entscheidungzufriedenheit sich hauptsächlich auf den Besitz von
Produkten oder Gegenständen bezogen, wollten wir herausfinden, ob sich diese Effekte auch bei der
Auswahl von Tätigkeiten zeigen. Unsere Hypothese war, dass die Personen, die in unserem
Experiment ein Umtauschrecht zugestanden bekamen, letztendlich unzufriedener mit ihrer Wahl
sind. Als Zusammenführung der oben berichteten Studien nahmen wir weiterhin an, dass bei
Reversibilität ihrer Entscheidung besonders Maximizer stark an Zufriedenheit einbüßen, da sie
weiterhin über Handlungsalternativen nachdenken.
2. Methode
Teilnehmer: An unserer Studie nahmen 80 Studentinnen und Studenten der FSU Jena teil. Der
Anteil der Frauen in unserer Stichprobe lag bei 83,8 %. 12 der Probanden wurden aus der Analyse
ausgeschlossen, da sie es entweder nicht schafften, alle Aufgaben in der gegebenen Zeit zu
bearbeiten oder tatsächlich von ihrem Umtauschrecht Gebrauch machten.
Material: Rund eine Woche vor dem Experiment erhielten die Probanden ein Fragebogenpaket,
welches unter anderem die deutsche Form der Maximierungsskala von Greifeneder und Betsch
(2006) beinhaltete. Während des Computerexperiments bearbeiteten die Probanden MultipleChoice-Fragen aus herkömmlichen Intelligenztests, die man den Bereichen Logik und Wortschatz
zuordnen kann und die von uns als „Denksport“ und „Worträtsel“ bezeichnet wurden. Außerdem
bewerteten sie zu zwei Zeitpunkten ihre Zufriedenheit mit dem von ihnen bearbeiteten Aufgabentyp
anhand dreier Items auf einer Likert-Skala von -2 (sehr unzufrieden) bis +2 (sehr zufrieden). Die
drei Zufriedenheitsitems wurden nach einer Realiabilitätsanalyse für jeden Zeitpunkt zu einem
Gesamtscore aggregiert (Cronbachs α = .79).
Prozedur: Nach Abgabe des bereits ausgefüllten Fragebogens an den Versuchsleiter wählte die
Versuchsperson einen von zwei Aufgabentypen („Denksport“ oder „Worträtsel“) aus, welchen sie
im folgenden Teil des Experiments bearbeiten sollte. Die Versuchsperson absolvierte zunächst
einen Übungsblock und gab ihre erste Zufriedenheitseinschätzung ab. Je nach randomisierter
Zuordnung wurde dann die eine Gruppe vor die Wahl gestellt, ob sie an diesem Aufgabentyp
weiterarbeiten oder zu dem anderen Aufgabentyp wechseln wollte (Gruppe mit Umtauschrecht),
während die andere Gruppe diese Wahl nicht hatte (Gruppe ohne Umtauschrecht). Nachdem im
Hauptteil des Experiments weitere Fragen des gewählten Aufgabentyps bearbeitet worden waren,
folgte die finale Zufriedenheitsmessung.
34
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Zufriedenheitsveränderung
Für die Analyse wurde ein einfaktorielles Design mit dem Faktor Reversibilität (mit versus ohne
Umtauschrecht) verwendet. Die abhängige Variable war die Differenz zwischen finalem Zufriedenheitsrating nach der möglichen Nutzung des Umtauschrechts und dem Rating nach der Übung zur
Kontrolle für initiale Gruppenunterschiede. Der t-Test zeigte einen signifikanten Effekt der
Gruppenzugehörigkeit in der vermuteten Richtung: Ohne Umtauschrecht nahm die Zufriedenheit zu
(∆Zufriedenheit = 0,15), in der Umtauschbedingung jedoch zeigte sich erwartungskonform eine
Zufriedenheitsverringerung (∆Zufriedenheit = -0,05), t(67) = 1.96, p < .05 (eins.).
Um unsere differentielle Hypothese zu
prüfen, teilten wir die Probanden durch einen
0,4
0,25
Mediansplit des Fragebogenscores in
0,3
Maximizer und Satisficer auf. Die Interaktion
zwischen Reversibilität und Maximierungs0,2
0,056
0
tendenz wurde nicht signifikant, F(1,64) =
0,1
-0,093
2.07, p = .16. Zudem entsprach die Richtung
Maximizer
0
des Interaktionseffekts nicht vollständig der
Satisficer
-0,1
Erwartung. Zwar zeigte sich der erwartete
Zufriedenheitsvorteil in der irreversiblen
-0,2
Bedingung bei den Satisficern, bei den
-0,3
Maximizern verschwand der Effekt jedoch
Umtauschbedingug
Nichtnahezu gänzlich: Ihre ZufriedenheitsUmtauschbedingung
veränderung in der Umtauschbedingung
unterschied sich kaum von der in der NichtAbbildung 1
Zufriedenheitsvorteil
in
der
NichtUmtauschbedingung (siehe Abbildung 1).
Umtauschbedingung bei den Satisficern.
4. Diskussion
Unsere Studie konnte unsere Hypothesen teilweise bestätigen. Menschen, die die Möglichkeit
haben ihre Entscheidung zu revidieren, sind später unzufriedener als solche, die kein Umtauschrecht haben. Somit konnten wir die Befunde von Gilbert und Ebert (2002) replizieren und auf einen
Kontext selbst ausgeführter Arbeiten ausweiten. Dies lässt sich auf viele Bereiche unseres täglichen
Lebens übertragen, wie z.B. die Berufs- oder Studienwahl. Unsere zweite Hypothese, dass
Menschen mit einer hohen Maximierungstendenz eher dazu neigen, in Situationen mit
Umtauschrecht unzufriedener zu sein als andere Personen, wurde durch die Daten nicht gestützt.
Erklären könnte man diese Befunde folgendermaßen: Im Allgemeinen besteht die Tendenz, mit
getroffenen Entscheidungen zufrieden zu sein und sie bei Irreversibilität aufzuwerten. Bei
Reversibilität jedoch wird man unzufriedener durch die Vorstellung, zu welchem Ergebnis man bei
der Wahl einer anderen Handlungsalternative gekommen wäre. Maximizer scheinen die
dispositionale Tendenz zu diesen Überlegungen auch dann zu haben, wenn eine Entscheidung
bereits irreversibel ist und sind deshalb generell unzufriedener, gleichgültig, ob sie die Möglichkeit
zum Umtausch haben oder nicht. Es scheint also einen Mechanismus zu geben, der die
Zufriedenheit fördert, nämlich die Fähigkeit, sich mit gefällten Entscheidungen zufrieden zu geben
und sie aufzuwerten. Dieser Mechanismus scheint bei Maximizern jedoch nicht zu funktionieren.
5. Literatur
Gilbert, D. T., Ebert, J. E. J. (2002). Decisions and Revisions: The Affective Forecasting of Changeable Outcomes.
Journal of Personality and Social Psychology, 82, 4, 503 – 514.
Greifeneder, R., Betsch, C. (2006). Lieber die Taube auf dem Dach! Eine Skala zur Erfassung interindividueller
Unterschiede in der Maximierungstendenz. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 37, 4, 233-243.
Schwartz, B., Ward, A., Monterosso, J., Lyobomirsky, S., White, K., Lehman, D. R. (2002). Maximizing Versus
Satisficing: Happiness Is a Matter of Choice. Journal of Personality and Social Psychology, 38, 5, 1178 – 1197.
35
Gruppe 16
Hörst Du mein Gesicht? - Audiovisuelle Integration
Henrike Daßler, Kristin Gottschlich, Marlena Itz, Anja Knösing & Michael
Temmerman
Leitung: David Robertson
1. Einleitung
Eine zentrale Rolle in sozialen Interaktionen spielt die Integration von Informationen aus der
Stimme und aus den Bewegungen des Gesichtes. Die Integration von visuellen und auditorischen
Informationen wurde unter anderem anhand des McGurk-, des Bauchredner-, sowie des CocktailParty-Effekts untersucht. Das Experiment von McGurk (McGurk, H. & MacDonald, J., 1976) zeigt,
wie bei Inkongruenz zwischen Gehörtem und Gesehenem eine Umwandlung auf kognitiver Ebene
stattfindet, sodass ein neues Perzept entsteht. Wenn also zum Beispiel die Silbe /gi/ anhand der
Lippenbewegung gesehen und die Silbe /bi/ als auditorischer Stimulus gehört wird, entsteht die
Wahrnehmung der Silbe /di/ (Walker, S., Bruce, V., O’Malley C., 1995).
Diese Untersuchungen zeigen, dass auditorische und visuelle Informationsverarbeitung nicht
unabhängig voneinander stattfinden. Dies legt eine natürliche Tendenz des Menschen nahe,
Informationen aus unterschiedlichen Modalitäten in eine bestmögliche und logischste
Wahrnehmung umzuwandeln – die beste gemeinsame Passung!
Wir untersuchten, wie sich diese automatische Fähigkeit der audiovisuellen Integration in Bezug
auf die Zuordnung von unbekannten Stimmen zu den jeweilig dazugehörigen Gesichtern äußert. In
unserer Untersuchung stellten wir die Frage, ob man eine unbekannte Stimme ihrem unbekannten
Gesicht zuordnen kann (Kamachi, M., Hill, H., Lander, K. & Vatikiotis-Bateson, E., 2003).
2. Methode
Versuchsteilnehmer
An unserem Experiment nahmen 30 Versuchspersonen (Durchschnittsalter = 22,1 Jahre, 29 davon
waren weiblich) teil, die alle die Sprecher nicht kannten.
Stimuli
Unsere Stimuli bestanden aus Videoaufnahmen von vier gleichaltrigen männlichen Sprechern, die
den Satz „Du bist doch was Du denkst.“ artikulierten. Parallel dazu wurde die Tonspur mit einem
separaten Mikrophon aufgenommen. Für die auditiven und visuellen Stimuli wurde die
unterschiedliche Länge der Wörter und Pausen für alle Sprecher ermittelt und daraus der
Durchschnitt berechnet. Anschließend haben wir die Stimuli mittels Strecken und Verkürzen an den
Durchschnitt angepasst. Diese Prozedur stellte sicher, dass jede Audiospur mit allen Videospuren
kombiniert werden konnten, ohne dass eine Diskrepanz in der Synchronisation auftrat.
Design und Ablauf
Alle Sprecher wurden randomisiert und jeweils 48-mal präsentiert. Jeder Durchgang begann mit
einer 500ms dauernden Darbietung eines Fixationskreuzes, welches der Höhe des Mundes in der
darauf folgenden Videosequenz entsprach. Den Versuchspersonen wurde anschließend eine Stimme
präsentiert, gefolgt von zwei Präsentationen dieser Stimme synchron zu zwei unterschiedlichen
Gesichtern. Am Ende hatten die Probanden die Entscheidung zu treffen, ob die Stimme ihrer
Ansicht nach zu dem ersten oder zweiten Gesicht gehört. Der nächste Durchgang begann erst,
nachdem die Probanden auf den vorherigen Trial geantwortet hatten.
3. Ergebnisse
Wir berechneten anhand der Daten einen t-Test. Dieser zeigte, dass es einen Haupteffekt
hinsichtlich der richtigen Zuordnung gibt, T=39,528 (p< .001). Es werden überzufällig häufig die
36
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Gesichter zu den dazugehörigen Stimmen zugewiesen. Die richtige Entscheidung wurde mit einer
durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von 92% getroffen. Weiterhin untersuchten wir ob ein
Sprecher- oder Blockeffekt vorliegt. Es gab eine signifikante Verbesserung, Fs(1,29)>7, ps<.05,
über die Blöcke hinweg. Nur von Block 2 zu Block 3, F(1,29)=2.6, p>.05 und von Block 3 zu Block
4, F(1,29)=0.9, p>.05 gab es keine signifikante Verbesserung.
Die richtige Zuordnung der Stimme fiel für Sprecher 2 im Vergleich zu allen anderen Sprechern
signifikant schlechter aus Fs(1,29)>10, ps<.05. Zwischen allen anderen Sprechern fanden sich keine
signifikanten Unterschiede Fs(1,29)<5, ps>.05.
4. Diskussion
Unsere Ergebnisse übertreffen signifikant die Werte der Studie von Kamachi et al. (2003) welche
maximal 66,2%, T=24,286 (p<.001) betrugen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wir unsere
Stimuli genauestens synchronisiert haben (s. Methodenteil). Das bedeutet, dass unsere Ergebnisse
nicht anhand von Synchronisationseffekten zu erklären sind.
Weiterhin lässt sich ein Lerneffekt über die Blöcke hinweg erkennen. Den Probanden fällt es mit
zunehmenden Trials leichter, die Stimmen den Gesichtern korrekt zuzuordnen. Es gab jedoch keine
signifikanten Lerneffekte zwischen Block 2 und 3, sowie 3 und 4. Dies deutet darauf hin, dass es
vom ersten zum zweiten Block im Vergleich zu den anderen aufeinander folgenden Blöcken einen
großen Lernzuwachs gab. Die Probanden wurden aufgrund der zahlreichen Präsentationen schon zu
Anfang des Experiments sehr sicher hinsichtlich der Zuordnung.
Nichtsdestotrotz deuten die Ergebnisse des t-Tests mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit darauf
hin, dass die audiovisuelle Integration innerhalb der Stimmen-Gesichts-Zuordnung eine Rolle spielt.
Menschen scheinen also dazu in der Lage, die Zusammengehörigkeit unbekannter Stimuli von
verschiedenen Modalitäten festzustellen. Dies ist möglicherweise evolutionär entstanden und hilft
uns eine komplexe Umwelt schnell zu erfassen. Es wäre in Zukunft wichtig zu ermitteln, welche
spezifischen Merkmale diesen Effekt bewirken. Ein Hinweis auf Unterschiede aufgrund von
bestimmten Merkmalen ist die signifikant schlechtere Zuordnung des zweiten Sprechers, die
vermuten lässt, dass dieser Sprecher Besonderheiten besitzt, welche eine einfache Zuordnung
erschweren.
Bezugnehmend auf die parallel laufende Untersuchung von Fischer, Förtsch, Gottwalt, Kästner &
Stübchen (2008), zeigten sich schwächere Effekte, wenn einem Gesicht eine Stimme zugeordnet
werden sollte. Da dieselben Stimuli verwendet wurden, kann man nicht von systematischen
Unterschieden zwischen dem Stimulusmaterial ausgehen. Deshalb wäre eine mögliche Erklärung
für die bessere Leistung in unserem Experiment, dass unsere Situation weniger realitätsfern ist als
in der anderen Untersuchung. Eine Stimme ohne ein sich bewegendes Gesicht wahrzunehmen,
findet im täglichen Leben häufiger statt (z.B. beim Telefonieren oder beim Radiohören), als mit
einem stummen, sich bewegenden Gesicht konfrontiert zu werden und sich dabei die Stimme
vorzustellen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass eine gemeinsame Information bezüglich der Identität in
Stimme und Gesicht mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert. Physikalische Merkmale in der Stimme
befähigen uns möglicherweise dazu, einem unbekannten Gesicht eine unbekannte Stimme
zuzuordnen.
5. Literatur
Fischer, S., Förtsch, N., Gottwalt, C., Kästner, C. & Stübchen, K. (2008). Lippenbekenntnisse: Ein Gesicht sagt mehr
als 1000 Worte – Audiovisuelle Integration bei der Identifikation von unbekannten Personen.
Kamachi, M., Hill, H., Lander, K. & Vatikiotis-Bateson, E. (2003). ´Putting the Face to the Voice´: Matching Identity
across Modality. Current Biology. Vol. 13, 1709-1724.
McGurk, H., & MacDonald, J. (1976). Hearing Lips and seeing voices. Nature, 246, 746-748.
Walker, S., Bruce, V., O’Malley C. (1995). Facial identity and facial speech processing: Familiar faces and voices in
the McGurk effect. Perception & Psychophysics. 57 (8), 1124-1133.
37
Gruppe 17
„Was soll mal aus mir werden?“ - Eine querschnittliche Studie zur
beruflichen Identität bei Schülern der gymnasialen Oberstufe
Linda Gräfe, Katharina Krause, Johannes Kuban, Bettina Möller, Franziska Seidel
Leitung: Dr. Elke Schröder und Dipl.-Psych. Nicolas Arnaud
1. Einleitung
Die Entscheidung für einen Beruf und die Ausbildung einer beruflichen Identität sind zentrale
Prozesse in der Entwicklung des Selbstkonzeptes junger Menschen. Insbesondere berufliche
Exploration, als die Erkundung beruflicher Optionen und eigener Interessen, sowie die Ausbildung
eines beruflichen Commitments (im Sinne von Klarheit und Sicherheit bezüglich der Berufswahl)
tragen zur beruflichen Identitätsentwicklung bei. In einer Studie zum Zusammenhang zwischen
genereller und (unter anderem) beruflicher Identität untersuchten Vondracek und Skorikov (1998)
Schüler der Klassenstufen 7 bis 12 in ihrer Identitätsentwicklung. Sie fanden heraus, dass im
Gegensatz zu unteren Klassen in höheren Klassen die Anzahl derer zunahm, die nach Marcia (1968)
das Stadium Moratorium (berufliche Exploration, kein Commitment) oder Identity Achieved
(berufliche Exploration und Commitment) im Sinne eines Fortschreitens der beruflichen
Identitätsentwicklung erreicht hatten. Da sich beide Stadien durch ein hohes Maß an Exploration
auszeichnen, stellten wir die Hypothese auf, dass mit näher rückendem Schulabschluss das
Explorationsverhalten zunimmt. Da in der Untersuchung von Vondracek und Skorikov (1998) der
überwiegende Teil der Teilnehmer aus höheren Klassen sich im Stadium des Moratoriums befand
und sich noch nicht auf einen Beruf festgelegt (commited) hatte, erwarteten wir für Commitment
mit näher rückenden Schulabschluss keine wesentliche Erhöhung. Die Berufswahl Jugendlicher
findet u.a. im Kontext Familie statt und wird von den Eltern wesentlich mit beeinflusst. So fanden
Ekrich und Loughead (1996) in Unternehmerfamilien beispielsweise, dass steuernde Kontrolle der
Eltern zu einem verminderten Commitment für die Berufswahl führt, jedoch kaum einen Einfluss
auf die Tendenz, sich vorschnell auf einen Beruf festzulegen, hat. Wir vermuten, dass hohe
steuernde Kontrolle der Eltern einerseits zu geringerem Commitment für die Berufswahl, aber auch
zu einem verringerten Explorationsverhalten führt.
2. Methode
Stichprobe. An unserer Studie nahmen 612 SchülerInnen (258 männlich, 352 weiblich; Alter:
M=17.56, SD=0.69) aus zwei Thüringer und einem Sächsischen Gymnasium teil. Untersucht
wurden jeweils die kompletten Klassenstufen 11 (n=259) und 12 (n=353).
Fragebogen. Der Fragebogen enthält neben den Skalen zur beruflichen Exploration (4 Items,
M=3.78, SD=.63, α=.71), dem beruflichen Commitment (5 Items, M=3.74, SD=.60, α=.81) (beides
aus U-MICS [Utrecht Mangement of Identity Commitments Scale] von Meeus, 1996) und der
steuernden Kontrolle der Eltern (6 Items, M=1.82, SD=.58, α=.84) (Kracke & Dietrich, 2007), zu
Beginn einige demographische Fragen, wie z.B. Alter und Klasse, sowie Fragen zur Berufswahl
und der Tätigkeit der Eltern. Außerdem haben wir uns entschieden, zusätzlich die Anzahl bisher
genutzter Informationsquellen zur Berufsorientierung (z.B. Internet, Infotag…) als Maß für
Exploration zu erfragen. Des Weiteren haben wir zwei Items zur Kontrolle der Skala des
beruflichen Commitments eingefügt, bei denen der Schüler sich einmal in Bezug auf die Sicherheit
seiner Berufswahl, sowie in Bezug auf die Klarheit seiner Berufsvorstellung einordnen soll.
Durchführung. Es wurde ein Vortest an einem Thüringer Gymnasium mit 57 SchülerInnen der
Oberstufe durchgeführt. Als einzige Änderung ergab sich, dass ein Item der Explorationsskala
entfernt werden musste. Mit der Genehmigung von Schulämtern, Schulen und Eltern wurden dann
die geänderten Fragebögen in den Kursen bearbeitet.
38
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Hypothese I: Mittels t-Test haben wir einen signifikanten Unterschied bezüglich der Anzahl
genutzter Informationsquellen zur Berufsorientierung als Maß für die berufliche Exploration
zwischen 11. und 12. Klasse gefunden, t(611)=-5.35, p<.01. Dabei nutzten Zwölftklässler mehr
Quellen als Schüler der 11. Klasse. Ein Unterschied zwischen 11. und 12. Klässlern in Bezug auf
die Ausprägung auf der Explorationsskala wurde nicht signifikant. Weiterführende Analysen das
Geschlecht betreffend zeigten signifikante Unterschiede sowohl bezüglich der Anzahl der genutzten
Quellen, t(609)=5.19, p<.01, als auch der Ausprägung auf der Explorationsskala, t(607)=7.29,
p<.01. Mädchen explorieren mehr als Jungen. Zusätzlich berechneten wir eine 2(Geschlecht:
männlich vs. weiblich)x2(Klasse: 11 vs. 12) ANOVA mit der Angabe eines konkreten
Berufswunsch (ja vs. nein) als abhängige Variable. Hierbei ergab sich eine signifikante Geschlecht
x Klasse - Interaktion F(1, 608)=8.09, p<.01, η=.01. In der 11. Klasse haben vor allem Mädchen
einen konkreten Berufswunsch und Jungen eher nicht. In der 12. Klasse kommt es dann zu einem
Angleich, indem Jungen auf das Niveau der Mädchen ansteigen.
Hypothese II: Steuernde Kontrolle seitens der Eltern konnte mittels Regressionsanalysen nicht als
signifikanter Prädiktor für Exploration (Skala und Anzahl der genutzten Quellen) sowie
Commitment (Skala) ermittelt werden. Jedoch resultierte steuernde Kontrolle als ein signifikanter
Prädiktor für Sicherheit und Klarheit über den Berufwunsch (R²=.008, β=-.09, p<.05). Je stärker die
steuernde Kontrolle der Eltern durch ihre Kinder wahrgenommen wird, desto unsicher und unklarer
sind sich die Kinder über ihren Berufswunsch.
4. Diskussion
Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Explorationsverhalten in Klasse 11 und 12 sind
möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Jungen aufgrund von Zivil-/Wehrdienst ein
weiteres Jahr zur Verfügung haben, um sich auf einen konkreten Beruf festzulegen. Diese
Vermutung wurde auch durch Teilnehmer in einer nachträglichen qualitativen Mini-Befragung per
E-Mail geäußert. Vondracek und Skorvikov (1998) gehen außerdem von generellen
Geschlechtsunterschieden während der pubertären Identitätsentwicklung aus. Dass steuernde
Kontrolle keinen signifikanten Einfluss auf die Ausprägungen auf den Explorationsmaßen hat, lässt
sich möglicherweise dadurch erklären, dass die SchülerInnen unabhängig von der Kontrolle der
Eltern zwar gleichermaßen explorieren, es aber eventuell doch Unterschiede in der Ernsthaftigkeit
der Verwendung der Mittel zur Exploration gibt. Der Zusammenhang von steuernder Kontrolle zu
den Commitmentmaßen könnte durch die Formulierung der Items erklärt werden. Während in der
Skala von Meeus der zukünftige Beruf als Quelle von Optimismus und Selbstvertrauen gesehen
wird, gehen unsere eigenen Maße besonders auf den momentanen Zustand der Sicherheit und
Klarheit bezüglich der Berufswahl ein und geben damit einen konkreteren zeitlichen Rahmen. Da es
aufgrund der heutigen Arbeitsmarktsituation generell schwieriger scheint, einen Berufswunsch,
selbst wenn er bereits konkret vorhanden ist, als Grundlage für Optimismus und Sicherheit zu
sehen, muss weniger steuernde Kontrolle nicht zu erhöhtem Commitment (Skala) führen.
5. Literatur
Eckrich, C.J. & Loughead, T.A. (1996). Effects of Familybusiness Membership and Psychological Separation on the
Career Development of Late Adolescents. Family Business Review, 9, 369-385.
Kracke, B, & Dietrich, J. (2007). Parental support in adolescents' vocational preparation. Presented at the ESDP
conference in Jena, Germany.
Marcia, J. E. (1966). Development and validation of ego identity status. Journal of Personality and Social Psychology,
3, 551-558.
Meeus, W. (1996). Studies on identity development in adolescence: an overview of research and some new data.
Journal of Youth and Adolescence, 25, 569–598.
Skorikov, V. & Vondracek, F.W. (1998). Vocational Identity Development: Its Relationship to Other Identity Domains
and to Overall Identity Development. Journal of Career Assessment, 6, 13-35.
39
Gruppe 18
Autoritarismus – wie das Festhalten an Traditionen und Normen den
Lernstil beeinflusst
Slawek Altenstein, Jennifer Baumbach, Magdalena Beyer, Ji Ae Jeong & Alexandra
Kuhn
Leitung: Dr. Christopher Cohrs
1. Einleitung
Autoritarismus wird als eine Einstellung, häufig auch als eine Persönlichkeitseigenschaft definiert.
Er setzt sich zusammen aus den Komponenten autoritäre Aggression (besonders gegenüber
Minderheiten), autoritäre Unterwerfung und Konventionalismus.
Wir beziehen uns hier weniger auf die aggressiven Anteile, sondern auf den Aspekt der Unterwerfung, welche mit autoritätskonformen Verhaltensweisen und dem Festhalten an Konventionen
einhergeht.
Das Phänomen, sich anderen anzupassen und nach Konventionalismus zu streben, könnte aus
evolutionärer Sicht durch das soziale Lernen erklärt werden. (Kessler & Cohrs, 2008)
Soziales Lernen gilt als generelles Imitieren anderer. Hierbei werden wichtige Strategien und
Fähigkeiten (wie gruppenspezifische Traditionen und Konventionen) erlernt, die sich als erfolgreich
durchgesetzt haben. Das Vertrauen auf gesellschaftliche Normen verspricht Fehlervermeidung und
effizienteres Vorrankommen, nach dem Prinzip „Was die Mehrheit tut, scheint richtig zu sein“.
Aufgrund des Glaubens an Autoritäten, Normen und Traditionen sollten auch Lernstrategien
bevorzugt werden, die das Bedürfnis nach sozialer Konformität befriedigen. Aus diesen
Überlegungen ergeben sich folgende Forschungsfragen: Führt eine hohe Autoritarismusausprägung
zu verstärktem sozialen Lernen und damit zu einer Präferenz, beim Problemlösen auf die
Erfahrungen anderer zurückzugreifen? Stehen Unterschiede in Lernprozessen mit unterschiedlich
starken Ausprägungen des Autoritarismus in Zusammenhang?
Außerdem untersuchen wir parallel den Einfluss der Extraversion – also die Präferenz für den
Austausch und das Handeln innerhalb sozialer Gruppen – auf das soziale Lernen.
2. Methode
78 Studenten (66% weiblich, 33% männlich) der Uni Jena bearbeiteten schrittweise einen
Fragebogen, der aus drei Teilen bestand.
Der erste Teil enthielt Aussagenpaare zum Autoritarismus, durch deren Zustimmung oder
Ablehnung das Bedürfnis nach sozialer Konformität gemessen wurde (Feldman-Skala aus:
Feldman, 2003; 1 = niedrig, 7 = hoch; Cronbachs α = 0,83; M = 3,20; SD = 0,72). Der zweite Teil
beinhaltete Items zur Messung der Extraversion (Big Five-Inventory aus: Rammstedt & John, 2002;
1 = niedrig, 7 = hoch; α = 0,86; M = 4,66; SD = 1,01).
Der letzte Teil umfasste sechs Problemszenarien aus dem alltäglichen Leben, für deren Lösung je
fünf verschiedene Möglichkeiten angeboten wurden. Ein oder zwei Items sollten das soziale Lernen
messen, die anderen waren Füllitems, um die Plausibilität der Antwortmöglichkeiten zu erhöhen.
Die Versuchspersonen hatten hier die Aufgabe bei jeder Lösungsstrategie zu entscheiden, wie
wahrscheinlich sie diese wählen würden (1 = sehr unwahrscheinlich, 6 = sehr wahrscheinlich). In
einer Vorstudie ließen wir andere Studierende einschätzen, wie wahrscheinlich die meisten
Menschen in den beschriebenen Situationen die jeweiligen Lösungsmöglichkeiten wählen würden.
Die Items mit der höchsten gemittelten Wahrscheinlichkeit sollten also die Tendenz zu sozialem
Lernen messen. Zusätzlich flossen konzeptuelle Überlegungen zu der Wahl der Items ein, um
letztlich 8 Items zu erhalten, die die besagte Tendenz erfassen sollen. Als abhängige Variable wurde
der Mittelwert der Items für soziales Lernen über die Szenarien hinweg verwendet (α = 0,49).
40
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Zunächst ergaben sich Korrelationen von r = 0,04 von sozialem Lernen mit Autoritarismus und r =
0,187 von sozialem Lernen mit Extraversion. Beide erreichten keine statistische Signifikanz.
Um Unterschiede in der Tendenz zu sozialem Lernen festzustellen, wurde eine lineare Regression
von sozialem Lernen auf Autoritarismus, Extraversion und Geschlecht als Prädiktoren gerechnet (s.
Tab. 1).
Tab. 1: Ergebnisse der linearen Regression von sozialem Lernen auf Autoritarismus, Extraversion
und Geschlecht
β (standardisiert)
T
p
.079
.710
.480
Autoritarismus
.172
1.524
.132
Extraversion
-.302
-2.697
.009
Geschlecht (männl.)
Es konnte nur ein Effekt des Geschlechts nachgewiesen werden.
Durch nachträgliches Testen der Korrelationen aller Situationsitems mit Autoritarismus ergab sich
für ein Item („Ich setze mich mit meiner Familie zusammen, hole mir deren Ratschlag und erwarte
mir Hilfe von ihren Erfahrungen.“) ein signifikanter Zusammenhang (r = 0,23 p = 0,045).
4. Diskussion
Nach unserer Hypothese sollten Personen mit hohen Autoritarismuswerten stärker zu sozialem
Lernen tendieren. Diesen Effekt konnten wir anhand unserer durchgeführten Studie leider nicht
belegen. Lediglich fanden wir durch die Regression den signifikanten Effekt, dass Frauen stärker zu
sozialem Lernen tendieren.
Zur Erklärung, warum der angenommen Zusammenhang zwischen Autoritarismus und sozialem
Lernen nicht gefunden werden konnte, kommen mehrere Faktoren in Betracht:
1. Bei der Einschätzung einer Verhaltensmöglichkeit durch die Versuchspersonen könnten einzelne
Wörter salient geworden sein. Einen Hinweis darauf gibt das bereits erwähnte Item, bei dem zur
Problemlösung vorgeschlagen wird, die Familie um Rat zu fragen. Da die Korrelation dieses
einzelnen Items mit Autoritarismus signifikant geworden ist, könnte man vermuten, dass die
Familie bei hochautoritären Menschen eine besondere Stellung einnimmt.
2. Weiterhin wäre es vielleicht sinnvoller, soziales Lernen durch direkte Beobachtung zu
untersuchen anstatt durch Verwendung eines Fragebogens. Somit könnte das Problemlöseverhalten
der Probanden in Situationen beobachtet werden, in denen sie vor einem realen Konflikt oder einer
realen Aufgabenstellung stehen.
3. Außerdem wäre es sinnvoll - neben der allgemeinen Definition des sozialen Lernens - noch eine
speziellere Definition im Zusammenhang mit konkreten Lernprozessen einzuführen, um ein
eindeutiges Verständnis des Begriffs in diesem Kontext zu gewährleisten.
Weitere Forschung zu diesem Thema könnte Aufschluss über die Bedeutung des Autoritarismus bei
Lernprozessen geben.
5. Literatur
Kessler, T. & Cohrs, J.C. (2008). The Evolution of Authoritarian Processes: Fostering Cooperation in Large-Scale
Groups. Group Dynamics: Theory, Research and Practice, 12, 73-84.
Feldman, S. (2003). Enforcing social conformity: A theory of authoritarianism. Political Psychology, 24, 41-74.
Rammstedt, B. & John, O. P. (2002). The German Big Five Inventory (BFI): Psychometric properties of the German
adaptation and comparison with other inventories measuring the five factors. Unpublished manuscript.
41
Gruppe 19
Berufliche Zufriedenheit der Eltern und Berufsfindung Jugendlicher
Jan Bier, Beatrice Gauler, Doreen Gräßler, Alice Wollniok & Fleur Zeunert
Leitung: Dr. Elke Schröder & Dipl. Psych. Nicolas Arnaud
1. Einleitung
Die Berufswahl stellt einen wichtigen Entwicklungsschritt im Jugendalter und dem frühen
Erwachsenenalter dar. Doch welche Faktoren beeinflussen die Berufswahl Jugendlicher?
Neblett und Cortina (2006) fanden eine Beziehung zwischen der Wahrnehmung der elterlichen
Berufe und der Zukunftsorientierung Jugendlicher. Je belohnender (materiell und psychologisch)
die Berufe der Eltern wahrgenommen werden, desto optimistischer und hoffnungsvoller blicken die
Jugendlichen in die Zukunft. Diese Zukunftsaussichten stehen ihrerseits in Beziehung zu
akademischem und beruflichem Erfolg (Neblett & Cortina, 2006).
Ein weiterer wesentlicher Faktor für die berufliche, aber auch generelle Zufriedenheit sind
Vereinbarkeit bzw. Konflikte zwischen Beruf und Familie. Die Unvereinbarkeit von Familie und
Beruf und eine daraus möglicherweise resultierende Unzufriedenheit entstehen häufig durch
Belastung und zeitliche Einschränkung im Beruf (Carlson, Kacmar & Williams). Die
Auswirkungen auf das Miteinander in der Familie beeinflussen wiederum die berufliche
Zufriedenheit der Eltern. Diese wird von Jugendlichen wahrgenommen (Trice & Tillapaugh, 1991).
Dass der Berufswunsch „zu Hause“ entsteht und durch dort herrschende Einflüsse, wie z. B. die
Wahrnehmung der Berufs(un)zufriedenheit, verändert werden kann, demonstrierten Trice und
Tillapaugh in ihrer Studie (1991). Wenn es so ist, dass die elterliche berufliche Tätigkeit von
großem Einfluss für die Kinder ist, stellt sich die Frage, ob die (positive oder negative)
Wahrnehmung dieser die Kinder in der Frage beeinflusst den gleichen oder einen ähnlichen Beruf
wie die Eltern zu ergreifen. Dieser mutmaßliche Zusammenhang soll in der vorliegenden Studie
überprüft werden.
Da Trice & Knapp (1991) zeigen, dass die Berufswahl geschlechtsspezifisch ist, also Mädchen v. a.
von weiblichen Rollenvorbildern (Mutter) und Jungs eher von männlichen Rollenvorbildern
(Vätern) beeinflusst werden, ergeben sich aus dem gesagten folgende Hypothesen:
Ia. Je größer die wahrgenommene väterliche Berufszufriedenheit, desto eher folgen männliche
Jugendliche dem Beruf des Vaters nach.
Ib. Je größer die wahrgenommene mütterliche Berufszufriedenheit, desto eher folgen weibliche
Jugendliche dem Beruf der Mutter nach.
2. Methode
Stichprobe: An der Untersuchung nahmen 159 Schüler (76 Mädchen und 83 Jungen) der
Klassenstufen zehn (69 Schüler) und zwölf/dreizehn (90 Schüler) im Alter von 15 bis 22 Jahren
(M=18, SD=2,31) teil.
Fragebogen: Alter, Geschlecht, Berufswunsch, Berufe und Berufsstatus der Eltern wurden durch
direkte Fragen ermittelt. Als Indikatoren für die wahrgenommene Berufszufriedenheit der Eltern
wurden folgende Skalen jeweils für die Mutter und den Vater einbezogen.
Prädiktoren: Konflikte zwischen Beruf und Familie. Damit wurde erfasst, ob die Jugendlichen den
Eindruck haben, dass ihre Eltern aufgrund der Arbeit keine Zeit für das Familienleben haben und
gestresst sind. (Carlson, Kacmar & Williams, 2000, sechs Items, Mutter: M= 1.45, SD=0.9, α =
.87, Vater: M =1.7, SD=0.8, α =.84).
Berufliche Belohnung. Die Jugendlichen sollten die Zufriedenheit ihrer Eltern in Bezug auf
finanzielle (extrinsisch) und psychologische (intrinsisch) Belohnungen, die sie in ihrem Beruf
erhalten, einschätzen. (Neblett & Cortina, 2006, sechs Items, Mutter M=2.7, SD=.76, α=.85; Vater:
M=2.4, SD=.8 , Alpha=.85).
42
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Berufliche Selbstbestimmung. Dieses Konstrukt ermittelt, ob die Eltern in ihrem Beruf die Chance
haben ihre Fähigkeiten und Interessen zu entfalten. (Neblett & Cortina, 2006, zwei Items, Mutter:
M=1.33 , SD=.93 , r=.31; Vater: M=1.2 , SD=.9 , r=.314)
Kriterium. Übereinstimmung der jugendlichen Berufswünsche mit dem mütterlichen oder
väterlichen Beruf wurde anhand des RIASEC-Modells von Holland (1985) operationalisiert. Diese
Berufswahltheorie charakterisiert Menschen anhand ihrer Persönlichkeit und entsprechend auch
Berufe. Daraus ergeben sich sechs Gruppen von Berufen passend zu den Persönlichkeitstypen
(sozial, künstlerisch, forscherisch, unternehmerisch, praktisch-technisch, verwaltend), die nach
Holland eine unterschiedliche Nähe zueinander aufweisen (z.B. sozial näher zu künstlerisch als
unternehmerisch). Basierend auf den Berufstypen wurde ein Übereinstimmungs-Index berechnet
(0= keine Übereinstimmung zwischen Berufswunsch Kind –Beruf Mutter/Beruf Vater,
1= ähnliche Berufsrichtungen, 2= gleiche Berufsrichtung, 3= gleicher Beruf).
3. Ergebnisse
Zur Überprüfung der Hypothesen wurden vier lineare Regressionen gerechnet mit den Prädiktoren
Konflikte zwischen Beruf und Familie, Berufliche Belohnung und Berufliche Selbstbestimmung als
Indikatoren für die wahrgenommene Berufszufriedenheit des Vaters bzw. der Mutter und dem
Kriterium Übereinstimmung.
Die erste Teilhypothese wurde nicht signifikant. In der zweiten Teilhypothese wurden signifikante
Ergebnisse gefunden (R2=.28, p=.001). Den größten Einfluss bei der Nachfolge der Töchter in
Bezug auf den mütterlichen Beruf hatte dabei das Kriterium Berufliche Selbstbestimmung (Beta=
-.48, p=.003). Je weniger die Eltern in ihrem Beruf die Möglichkeit haben, ihre Fähigkeiten und
Interessen zu entfalten, desto geringer fällt die Nachfolge aus. Des Weiteren wurde eine Regression
für Söhne und Mütter gerechnet, welche auf dem 10%-Niveau signifikant wurde (R2=.14). Dabei
wurden die Prädiktoren Berufliche Belohnung (Beta=-.33, p=.03) und Berufliche Selbstbestimmung
(Beta=-.36, p=.02) signifikant. Die Regression für Vater und Tochter wurde nicht signifikant.
4. Diskussion
Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass der elterliche Beruf und die wahrgenommene
elterliche Berufszufriedenheit für die Berufswahl der Jugendlichen von wichtigem Einfluss sind. Es
zeigte sich, dass sowohl Töchter als auch Söhne der Mutter nachfolgen, vor allem dann, wenn die
Mütter im Beruf die Möglichkeit haben sich selbst zu verwirklichen. Die größere Bedeutung der
Mutter lässt sich womöglich dadurch erklären, dass die Mütter offener als Väter über ihre
Erfahrungen sprechen, intensivere Beziehungen zu den Kindern aufbauen und so die Jugendlichen
einen größeren Einblick in deren Berufsalltag haben. Insgesamt ergab sich, dass Söhne (43%) und
Väter (59,5%) meist dem praktisch-technischen Berufstyp angehören sowie Töchter (46%) und
Mütter (37,2%) dem sozialen Typ. Weitere Forschung sollte diesen Zusammenhang näher
beleuchten. Zudem gab es in der untersuchten Stichprobe häufig nur einen arbeitenden Elternteil
oder durch Arbeitslosigkeit beider Eltern gar kein berufliches Rollenmodell, sodass die Berufswahl
für diese Fälle in der vorliegenden Studie nicht umfassend geklärt werden konnte.
5. Literatur
Carlson, S. Dawn, Kacmar, K. Michele, Williams, J. Larry (2000). Construction and Initial Validation of a
Multidimesional Measure of Work-Family Conflict. Journal of Vocational Behavior 56, 249-276.
Neblett, N. G. & Cortina, K. S. (2006). Adolescents` thoughts about parents` and their importance for adolescents`
future orientation. Journal of Adolescence, 29, 795-811.
Holland, J. (1985). Making vocational choices. Prentice-Hall, Inc., Engelwood Cliffs, New Jersey.
Trice, A. D. & Knapp, L. (1992). Relationship of Children’s Career Aspirations to Parents` Occupations. The Journal of
Genetic Psychology, 153(3), 355-357.
Trice, A. D. & Tillapaugh, P. (1991). Children’s estimates of their Parents` job satisfaction. Psychological Reports, 69,
63-66
43
Gruppe 20
Geschlechtsunterschiede bei der visuellen Suche
Stefanie Broncel, Juliane Grunitz, Cornelia Hankel, Jessica Lenz, Tanja Oswald
Leitung: Johannes Hewig
1. Einleitung
Die Frage nach Geschlechtsunterschieden beschäftigt nicht nur die Wissenschaft. Kaum ein Thema
scheint eine solche Relevanz zu haben, wie die Frage nach dem Unterschied zwischen den
Geschlechtern. „Frauen sind von der Venus, Männer sind vom Mars“, um nur eine berühmte
Debatte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu nennen. Dabei geht es der Wissenschaft
weniger um die Frage nach zwischenmenschlichen Beziehungen. Vielmehr stehen die
Besonderheiten bezüglich der Struktur und dem Aufbau des Gehirnes im Vordergrund. Gegensätze
im Denken, Fühlen und Handeln sind nicht nur rein hypothetischer Natur, sondern empirisch
getestet und belegt.
Nachdem in der Metaanalyse von Linn und Petersen (1985) gezeigt werden konnte, dass bezüglich
der mentalen Rotation große Abweichungen bestehen, es aber nur geringe Unterschiede zwischen
Männern und Frauen in der räumlichen Wahrnehmung gibt, interessierten wir uns für die Thematik,
ob und welche Differenzen sich bei der visuellen Suche auf zweidimensionaler Ebene finden lassen.
Dabei nahmen wir an, dass Frauen systematischer nach den Zielbildern suchen als Männer. Zudem
stellten wir die Hypothese auf, dass geschlechtsspezifische Targets jeweils schneller gefunden
werden (siehe McGivern et al., 1997).
2. Methode
Als Versuchspersonen wurden 15 männliche Studenten und 18 weibliche Studentinnen
(Durchschnittsalter: 22,1; Standardabweichung: 4,5) der Friedrich-Schiller-Universität Jena
rekrutiert. Es handelte sich dabei ausschließlich um PsychologiestudentInnen im Haupt- oder
Nebenfach. Als Stimulusmaterial nutzten wir 82 Zielbilder, die wir aus dem IAPS und dem Internet
bezogen sowie eine große Zahl neutraler Distraktoren (aus dem International Affective Picture
System, Lang, Öhman, und Vaitl, 1988). Dabei unterteilten wir die Targets an Hand von
Geschlechterstereotypen in folgende geschlechtsspezifische Kategorien: erotische Bilder von
Männern und Frauen, Babies und Fahrzeuge, Werkzeug/ Waffen und Accessoires,
geschlechtstypische Nahrungsmittel sowie Sportarten. Die Aufgabe der Probanden war es, aus
einem 6x6 Grid, welches sich aus 35 neutralen Distraktoren und einem Target zusammensetzte, ein
entsprechendes Zielbild zu finden. Die Bilder wurden einmalig randomisiert und dann jedem
Probanden in gleicher Reihenfolge als Grid auf einem PC-Bildschirm in einer Auflösung von
1024*768 Pixel präsentiert. Mittels eines Eye-tracking recording systems zeichneten wir die
corneale Reflexion des linken Auges der Probanden auf. Um eine korrekte Aufzeichnung zu
gewährleisten, mussten die Teilnehmer während des gesamten Experiments in einer Kopfstütze
verbleiben. Vor jedem Experiment wurde die Kamera individuell vom Versuchsleiter eingestellt
und das Auge kalibriert. Nach der Kalibrierung begann das eigentliche Computerexperiment.
Unmittelbar vor jedem Suchlauf informierte eine Instruktion des Computers die Versuchspersonen,
nach welchem Bild bzw. welcher Kategorie zu suchen sei. Sobald das Bild entdeckt wurde, sollten
die Probanden eigenständig eine Taste drücken und im Nachhinein angeben, in welcher Position
(Zeile, Spalte) sich das Target befand. Unser Experiment bestand aus zwei Suchteilen und einer
Beurteilung der Bildkategorien. Die Bildeinschätzung diente der Abschätzung von Valenz und
Arousal des Stimulusmaterials. Zudem bearbeiteten die Probanden einen Fragebogen zur
Maskulinität/Femininität (Bem Sex Role Inventory, Bem, 1974) und einen visuellen Intelligenztest.
Die Analyse erfolgte mittels SPSS. Die Freiheitsgrade wurden gegebenenfalls mit der Methode von
Huynh-Feldt korrigiert.
44
3. Jenaer Empiriepraktikumskongress
3. Ergebnisse
Bei der Analyse der Blickdaten in einem Allgemeinen Linearen Modell (ALM) mit
Messwiederholung (Faktor Geschlecht (2), Faktor Horizontal (6), Faktor Vertikal (6)) fanden wir
keinen signifikanten Haupteffekt zwischen den Geschlechtern und keine Interaktion. Bei dem
allgemeinen Blickmuster beider Geschlechter zeigte sich jedoch, dass der erste Blickkontakt
vertikal in der dritten Spalte sowie horizontal in der zweiten Zeile erfolgte und somit der
Suchbeginn leicht nach links versetzt war. Die Haupteffekte vertikal, horizontal sowie deren
Wechselwirkung wurden signifikant (alle p ≤ .001).
Zudem untersuchten wir die Blickdaten, Reaktionszeiten und Fehlerzahlen. Dabei wurden nur die
Zeiten in die Analyse mit einbezogen, bei denen das Target auch tatsächlich gefunden wurde. Wir
führten ALMs mit zwei Faktoren (Bildart (10), Geschlecht (2)) durch. Es zeigte sich ein
Interaktionseffekt zwischen der Bildregion und dem Geschlecht ((F(9,270)=2,29, p=.025) für die
Reaktionszeiten. Entsprechend den Hypothesen betrachteten wir die Einzelvergleiche mittels eines
t-Testes bei unabhängigen Stichproben. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede bei den
Bildkategorien „Fahrzeuge“ (t(31)=2,15, p=.04) und „Essen Mann“ (t(31)= 2,01, p=.045).
Demzufolge reagierten Männer jeweils signifikant schneller auf Fahrzeuge und männertypische
Nahrungsmittel als Frauen.
Außerdem ergab sich, dass Probanden mit einem höheren Score im visuellen Intelligenztest die 36
Bildregionen signifikant schneller (r = -.378, p = .03) durchsuchten und dementsprechend auch das
Target signifikant schneller (r = -.479, p = .005) fanden als Personen mit einem niedrigeren Score.
4. Diskussion
Unsere Hypothesen in Bezug auf die Differenzen zwischen Männern und Frauen bei der visuellen
Suche auf zweidimensionaler Ebene konnten nicht bestätigt werden. Es zeigten sich keine
Unterschiede in der Systematik der Suche und nur sehr eingeschränkte Effekte bezüglich der
geschlechtsspezifischen Bildkategorien. Daher vermuten wir, dass Ungleichheiten möglicherweise
nur bei der Suche im dreidimensionalen Raum und somit bei der räumlichen Orientierung bestehen.
Dies zeigte sich bereits in vorangegangen Studien (siehe Linn und Petersen (1985).
Zwar fand sich eine generelle Systematik im Blickmuster, allerdings ergaben sich keine
Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Suche begann tendenziell leicht linksversetzt vom
Mittelpunkt des Suchbildes aus (3.Spalte, 2. Zeile). Eine mögliche Erklärung dafür könnte der
allgemeine Leserhythmus von links nach rechts sein. Interessant hierzu wären weitere Forschungen
zur Frage, ob sich der umgekehrte Effekt im arabischen Sprachraum finden lässt.
Gemäß unserer Vermutung hat sich jedoch bestätigt, dass Männer schneller auf die Kategorien
„Fahrzeuge“ und „Essen Mann“ reagierten. Bei den anderen Kategorien fanden wir eine Tendenz
für Geschlechtsunterschiede, diese wurden aber nicht signifikant. Mögliche Ursachen hierfür
könnten die geringe Anzahl von Versuchspersonen und eine daraus resultierende geringere
Teststärke sein oder eine zu große Heterogenität des Bildmaterials in den einzelnen Kategorien.
5. Literatur
Bem, S. L. (1974). The measurement of psychological androgyny. Journal of Consulting and Clinical Psychology,
42(2), 155-162.
Lang, P., Öhmann, A., & Vaitl, D. (1988). The international affective pictures system. Gainsville, FL: University of
Florida.
Linn, M. C., Petersen, A. C. (1985): Emergence and Characterization of Sex Differences in Spatial Ability: A MetaAnalysis. Child Development, 56, 1479-1498.
McGivern, R. F., McGivern, R. F., Huston, J. P., Byrd, D., King, T., Siegle, G. J., et al. (1997). Sex differences in
visual recognition memory: Support for a sex-related difference in attention in adults and children. Brain and
Cognition, 34(3), 323-336.
45
DANKSAGUNG
Verschiedene Personen und Personengruppen haben durch ihre Mithilfe die Organisation
und Durchführung dieses Kongresses überhaupt erst möglich gemacht: Die Hiwis der
Allgemeinen Psychologie II unterstützten wie immer die komplette Organisation und
Vorbereitung. Die Fachschaft und die Studierenden des 2. Semesters organisierten den
Getränkestand und -verkauf. Und natürlich wäre dieser Kongress nicht möglich ohne die
Bereitschaft und das Engagement der Juroren die einzelnen Kongressbeiträge zu
begutachten und zu bewerten. Ihnen allen Vielen Dank!
Herzlichen Dank auch an das Institut für Psychologie für die finanzielle Unterstützung
und an die Thalia Universitätsbuchhandlung Jena für die Bereitstellung der
Buchgutscheine.
46
PROGRAMM
14:00 Uhr
Eröffnung der Posterausstellung
der Teilnehmergruppen im Foyer am EAP
16:15 Uhr
Festvortrag von Professor Joachim I. Krueger
(Brown University, Providence, Rhode Island):
"The Europeans as they are seen by Americans"
in Hörsaal 6 (EAP)
17:00Uhr
Preisverleihung für die besten Poster
in Hörsaal 6 (EAP)
Herunterladen