Poly-Ether-Ether-Keton (PEEK) – Biokompatible Hochleistungspolymere erobern die digitale Zahntechnik O O O C n Abb.1 Chemische Strukturformel des PEEK-Polymers. Hergestellt wird Peek durch Polykondensation von 4,4’-Difluorobenzophenon und Hydrochinon bei 320 C in Anwesenheit von Diphenylsulfon und Kaliumcarbonat. Einleitung Der Wunsch unserer Patienten nach biologisch verträglichem Zahnersatz in Verbindung mit den zweifellos unerschöpflichen Potenzialen der CAD/CAM-Fertigung treibt das zahntechnische Handwerk und die Dentalindustrie gleichermaßen voran, nach immer neuen prozesssicheren Verfahren und langlebigen Werkstoffen zu fahnden. Dass hinter manchen dieser technologisch ausgereiften Innovationen langjährige wissenschaftliche und klinische Erfahrungen stecken – auch über das Einsatzgebiet der Zahnmedizin hinaus – beweist einmal mehr der teilkristalline Hochleistungswerkstoff Polyetheretherketon (PEEK) (Abb. 1). Nachdem er 1981 durch ICI patentiert, kommt er aufgrund seiner herausragenden physikalischen und chemischen Eigenschaften (Abb. 2, 3) neben zahlreichen Industriezweigen im Bereich der Medizin insbesondere auf den Gebieten der Orthopädie [1,2], Traumatologie [3,4] und Neurochirurgie [5] zum Einsatz. Für lasttragende Implantate, wie z. B. Osteosyntheseplatten und Hüftgelenkschäfte, kann PEEK mit Kohlefasern verstärkt werden, Auf diesem Weg können die Materialeigenschaften von PEEK gezielt an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden [6]. Des Weiteren ist PEEK mit verschiedenen Pulvern compoundierbar, um beispielsweise dessen Eigenfarbe aufzuhellen (TiO2), um eine höhere Röntgenopazität zu erreichen (BaSo4) oder die Knocheneinheilung von PEEK zu optimieren (Hydroxylapatit) 4 F A C H L I C H E S | N Z B | O K T O B E R 2 0 14 (Invibio, Ltd., Thornton-Cleveleys, United Kingdom). Auf dem Dentalmarkt gibt es ein einteiliges Implantatsystem auf PEEK-Basis aus dem französischsprachigen Raum, über dessen Langzeiterfolg bisher wenig bekannt ist (SisoMM®bvba, Hasselt, Belgien). Des Weiteren sind provisorische Abutments erhältlich, welche lediglich für 180Tage im menschlichen Körper verbleiben dürfen. Momentan wird zunehmend mehr permanenter, herausnehmbarer Zahnersatz auf PEEK-Basis via CAD/CAM hergestellt. Alternativ wird die Möglichkeit der Herstellung via Spritzguss diskutiert, welche jedoch aufgrund erhöhter Spannungen und Verzüge des so hergestellten PEEKGerüstes nachteilig sein soll. Bedeutende Hersteller von implantierbarem PEEK für den dauerhaften Verbleib im menschlichen Organismus sind Invibio Biomaterial Solutions Ltd. (PEEK-OPTIMA), welche die Firma Juvora Ltd. ausgegliedert hat, um den Dentalmarkt mit PEEK-Blanks zu versorgen, und die Evonik Industries AG (Vestakeep® PEEK i-Grades). Materialeigenschaften von PEEK Die Verbindung aus optimaler Polierbarkeit und zugleich geringer Plaqueaffinität macht PEEK zu einem attraktiven Werkstoff als Basis für metallfreien, bedingt herausnehmbaren Zahnersatz insbesondere auf Implantaten, da diesem Hochleistungswerkstoff durch seine knochenähnlichen Elastizitätseigenschaften während des Kauvorgangs einerseits eine gewisse ausgleichende Wirkung der Knochentorsion und andererseits eine Dämpfung der einwirkenden Kaukräfte zugeschrieben werden kann. Dadurch soll das Implantat-Knochen-Interface vor überhöhten Spannungen geschützt werden, um einem dadurch bedingten Knochenabbau vorzubeugen. Durch die Biegefestigkeit von ca. 170 MPa bei einem E-Modul von ca. 4 GPa wird die Gefahr eines Materialbruchs reduziert und erlaubt im Gegensatz zu steifen Materialien eine höhere Designfreiheit des Zahntechnikers beim Entwerfen des Zahnersatzes (Abb. 5). Denn gerade bei komplexeren Fällen kann der Einsatz von Materialien mit einer hohen Steifigkeit wie Titan (E-Modul: 110 GPa) oder Zirkoniumdioxid (E-Modul: 210 GPa) zu einer Überbelastung noch vorhandener Zähne und des Kieferknochens während des Kauvorgangs führen [7], da die eingeleiteten Kräfte direkt und eher punktuell auf das benachbarte natürliche Gewebe übertragen werden, was beispielsweise eine Knochenresorption an Implantaten zur Folge haben kann [8]. Durch die elastischeren Eigenschaften lässt sich PEEK daher leichter an den natürlichen Organismus adaptieren, insbesondere für Patienten mit ausgeprägtem Bruxismus ist deshalb die Verwendung dieses Werkstoffes zu empfehlen. So bewirken beispielsweise im Gegensatz zu steifen Osteosyntheseplatten aus Titan solche auf PEEK-Basis keinen sogenannten „Stress-shielding“-Effekt, welcher dazu führt, dass die Knochendichte im Bereich der Platte abnimmt [9,10]. Insofern hat PEEK auch als Basis für Zahnersatz das Potenzial, Verwindungen der Gerüste besser zu kompensieren und stoßdämpfend gegen die eingeleiteten Kaukräfte wirken zu können, was sich schonend auf den Knochen auswirkt. PEEK ist chemisch inert. Gleichzeitig hat es eine geringe Wärmeleitfähigkeit, kann keine elektrischen Ströme leiten und kann durch keine in der Mundhöhle vorkommende Substanz gelöst werden, weshalb es ideal für dieses Einsatzgebiet geeignet ist. Als besonders angenehm wird von Patienten das Trageund Aufbissgefühl empfunden sowie die vollkommene Geschmacksneutralität im Gegensatz zu den metallbasierten Restaurationsvarianten. Nach aktuellem Wissensstand sind keine Unverträglichkeiten gegenüber PEEK bekannt, sodass es sich ideal als alternativer Werkstoff für Patienten mit einem hohen Allergierisiko eignet. Auf den ersten Blick scheint der bisweilen gräuliche bis weißliche Farbton gewöhnungsbedürftig zu sein – je nachdem, welches Material von welchem Hersteller herangezogen wird. Im FACHLICHES Biokompatibel Sterilisierbar mit allen üblichen Verfahren Hohe Beständigkeit gegenüber Verschleiß Hoher Tragekomfort aufgrund niedriger Dichte (ISO 1183 1,32 g/cm3) Isoelastisch zu natürlichen Hartgeweben Thermisch hoch belastbar (ISO 3146 343 C) Röntgentransparent Verursacht keine Artefakte bei sämtlichen bildgebenden Verfahren Ideal für Allergiepatienten, da Lösungsmittelfrei bzw. unlöslich Metallfrei (keine Metallosen und Metallallergien) Korrosionsfrei Kein Thermoloading bei Bestrahlung, beständig gegen energiereiche Strahlung Elektrisch isolierend Thermisch isolierend Spannungsfreier Sitz Minimale Wasseraufnahme Abb.2: Materialeigenschaften von PEEK. Vergleich zum herkömmlichen Metallguss wirken PEEKGerüste optisch jedoch diskreter, so rückt ein eher gräulicher bis beigefarbener Transversalbügel oder Klammerarm aufgrund von Schatteneffekten – gerade unter Einhaltung des klassischen Sprech-/Komfortabstands – in den Hintergrund des Betrachters. Insofern ist weißes PEEK aufgrund seiner hervorstechenden Eigenfarbe nicht in jedem Fall indiziert. Hochgoldhaltige Legierungen Ti-/CoCrLegierungen PMMA Zirkon PEEK-Optima Geringes Gewicht – +/– + – + Festigkeit ähnlich Knochen – – + – + Metallfreies Material – – + + + Lösungsmittelfrei – – – + + Abb.3: PEEK im Vergleich zu anderen Zahnersatzwerkstoffen. O K T O B E R 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S 5 Fotos: © Dr. A. Hutsky Abb.4: In-Vitro-Prüfung von PEEK. Als besonders komfortabel wird das Ein- und Ausgliederungsverhalten von klammergetragenen Prothesen empfunden. Die Klammerarme sind sehr stabil und aufgrund ihrer hervorragenden Elastizität kann selbst ein ungeübter oder körperlich beeinträchtigter Patient (Stichwort: Arthrose) mühelos die Prothese entfernen. Für Patienten und behandelnde Zahnärzte zeitraubende Besuche zum nachträglichen Aktivieren von lose anliegenden, metallischen Klammerarmen entfallen. Falls eine Klammer aus PEEK brechen sollte, kann diese mit Hilfe des Ultraschall-Schweißens repariert werden. Es empfiehlt sich, den Klammerarm unterhalb des prothetischen Äquators zu positionieren, was aufgrund der elastischen Eigenschaften von PEEK möglich ist. Gegebenenfalls kann eine diskrete Retentionsrille am Zahn angebracht werden, um die Haltefunktion zu verbessern. Idealerweise bespricht man dessen Position im Vorfeld mit seinem zahntechnischen Labor. Eigenschaft Füllungskomposite Mikrofüller-/Mikrohybridkomposit (14) PEEK ist deutlich kostengünstiger als Gold und leichter zu verarbeiten als Goldguss-, Chrom-Kobalt-Molybdän-Gusssowie Titan/Titanlegierungen. Prinzipiell sind in der Zahnmedizin verschiedene Verfahren zur Herstellung von individuellen Konstruktionen geeignet: Spritzguss, Extrusion und CAD/CAM. Für die CAD/CAM-gestützte Verarbeitung steht dem Dentallabor das Material als industriell präfabrizierte, homogene Fräsronde zur Verfügung. Der wesentliche Vorteil hier: Ein einmalig generierter Designdatensatz kann jederzeit reproduzierbare Fräsergebnisse liefern. Die Kenntnisse der manuellen Fertigung werden dazu in den digitalen Designprozess (CAD) überführt. Zur Herstellung einer auf Primärteleskopen oder Geschieben getragenen abnehmbaren Prothese sind die Primärteleskope oder Geschiebe auf 0 zu fräsen. Um eine bestmögliche Prothesenkunststoff (PMMA) (15) PEEK (Optima LT1, Invibio, Lancashire, UK) Dichte g/cm3 ˜1,3 1,18 Härte kg/mm2 HK 22 – 36 / 50-60 HV 5 13-19 1,2 – 2,2 / 0,5-0,6 0,3-0,7 0,5 225 – 300 / 300-350 120 118 Zugfestigkeit MPa 25 – 35 / 35-60 24-49 100 Biegefestigkeit MPa 40-90 / 100-145 62-87 170 3 – 5 / 7-14 2,5-4 4 2 – 4 / 1,5-1,7 2-4 Wasseraufnahme mg/cm3 Druckfestigkeit MPa E-Modul GPa Polymerisationsschrumpfung % Abb.5: Vergleich von PEEK mit konventionellen Dentalkunststoffen. 6 Verarbeitung (Beispielfall Teleskopprothese) F A C H L I C H E S | N Z B | O K T O B E R 2 0 14 1,29 produktionsbedingten Prozess CAM-spezifisch überführt wurde, können die Restaurationen per Spanabtrag in Fräsmaschinen aus PEEK-Blanks hergestellt werden. Wie bereits beschrieben, sollten die nach der Fertigung in der Ronde verbleibenden Verbindungsstege vorsichtig abgetrennt werden. Anschließend können die Gerüste auf den Modellen angepasst und die Zähne in Wachs aufgestellt werden. Ein transparenter Silikonwall dient zur späteren Fixierung der Prothesenzähne. Um sowohl eine minimale, mikromechanische Verankerung als auch einen chemischen Silikatverbund der Gerüstoberfläche zu den Prothesenzähnen und Komposit-Verblendsystemen gewährleisten zu können, ist die PEEK-Gerüstoberfläche mit Rocatec plus (3M Espe) abzustrahlen – die Zähne dagegen mit Al203. Ein handelsüblicher Silanhaftvermittler (bspw. Sil, 3M Espe) sichert den anschließenden chemischen Verbund zum Komposit. Mit einem deckenden, systemgeeigneten weißen und/oder rosa Opaker (bspw. Ceramage Opaque, Shofu) kann die Gerüstbasis vorcharakterisiert werden. Danach erfolgt der Verbund zwischen dem Gerüst und den im Vorwall Abb.6-11: Inserierte Implantate Regio 13. 15, 16, 23, 25, 25 (Ankylos, Dentsply Implants). Abformung mit der offenen Löffelmethode (Pick-up-Technik): Für diese Methode wird ein individuell hergestellter Abformlöffel benötigt, welcher in der Verlängerung der Implantatachse für den Austritt der Halteschraube perforiert sein muss. Es ist darauf zu achten, dass die Perforation zum Durchtritt des Fixationsstifts so groß ist, dass überschüssiges Abformmaterial heraustreten kann. Um einen ausreichenden Anpressdruck zu erreichen, sollte auf zusätzliche Perforationen verzichtet werden. Der Gingivaformer wird vor der Abformung entfernt. Multi-unit-Abutments werden zum dauerhaften Verbleib inseriert. Die Abformpfosten werden zusammen mit einer im Labor hergestellten Verblockung der Abformpfosten aus Modellkunststoff (Palavit) auf die Implantate aufgesetzt. Diese wurde laborseitig in seine einzelnen Segmente getrennt. Die Halteschraube wird manuell mit einem passenden Schraubendreher festgedreht. Sollte die Mukosa etwas dicker oder ausgesprochen straff sein, könnte eine Röntgenkontrolle Sicherheit über den korrekten Sitz der Abformpfosten vor Beginn der Abformung liefern. Die Modellkunststoffverblockung dient dazu, dass die Abformpfosten gerade bei divergierenden Implantaten während und nach der Abformung in der definierten Position liegen. Positionsveränderungen infolge Stauchung des Abfommaterials können besser vermieden werden. Um eine spannungsfreie Übertragung zu gewährleisten, werden die Kunststoffsegmente erst im Mund der Patientin mit Modellkunststoff (Palavit) verblockt. Die exakte Position der Durchtrittslöcher im individuellen Löffel wird überprüft, wobei die Halteschrauben die Wandungen der Durchtrittslöcher nicht berühren dürfen. Danach wird mit einem Polyether-Abformmaterial abgeformt. Der individuelle Löffel ist so gearbeitet, dass er gleichzeitig zur funktionsanalytischen Übertragung der Kieferrelation (Gesichtsbogen) verwendet werden kann. O K T O B E R 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S 7 FACHLICHES Friktion zu erzielen, sollte die Höhe der Friktionsfläche mindestens 3 mm betragen. Die Rekonstruktionen werden anatomisch reduziert und höckerunterstützend mithilfe einer geeigneten CAD-Software modelliert. Scharfe Kanten und unter sich gehende Bereiche müssen zuvor ausgeblockt werden. Natürlich sind wie bei jedem anderen Material auch herstellerabhängige Mindestschichtstärken aus Stabilitätsgründen zwingend einzuhalten. Auch beim Design selbst sollten scharfe Kanten vermieden und möglichst stumpfe Winkel mit einer glatten Oberfläche modelliert werden. Im besonderen Maß ist darauf zu achten, dass bei der Konstruktion keine Einkerbungen eingearbeitet werden. Diese könnten die Stabilität und Festigkeit des Materials schwächen. Aus demselben Grund sollte bei der Ausarbeitung im Labor oder in der Zahnarztpraxis auf die Verwendung von Separierscheiben oder anderen Bearbeitungsverfahren verzichtet werden, aus der scharfkantige Einkerbungen resultieren, welche wiederum Brüche des Materials infolge Rissfortpflanzungen verursachen könnten. Nachdem der CAD-basierte Designdatensatz in den Abb.12-16: Kieferrelationsbestimmung: Mithilfe der Bissschablone erfolgt eine Bissnahme. Dazu wird der Wachswall im Oberkiefer der Patientin solange angepasst, bis die Höhe des Bisses und die korrekte Lage vom Unter- zum Oberkiefer in allen Raumrichtungen stimmt. Nachdem die korrekte Kieferrelation bestimmt ist, wird ein Bissregistrat hergestellt, welches dem Zahntechniker eine lagegerechte Positionierung vom Unter- zum Oberkiefer gewährleistet. Abschließend wird eine Unterkieferabformung durchgeführt. Die im Labor erstellten Gipsmodelle der Funktionsabformung werden nun in einem Artikulator lage- und funktionsgerecht fixiert. Anschließend erfolgt die Herstellung der implantatgetragenen Mesostruktur. fixierten Prothesenzähnen mithilfe eines Flow-Komposits. Gingiva-Flow sorgt im Bereich des vestibulären und oralen Zahnfleischs für einen entsprechend natürlichen Gesamteindruck. Bei der Polymerisation der Flow-Komposite ist in jedem Fall darauf zu achten, ausreichend lange, ohne Überschreitung der zulässigen Schichtstärke lichtzuhärten und vor der finalen Polymerisation einen Air-Block aufzutragen. Die Kompositesollten– wie bei der herkömmlichen zahnärztlichen Füllungstherapie auch – Schicht für Schicht in mehreren Einzelportionen und in den gewünschten Zahn- und Zahnfleischfarben appliziert werden, um einen potenziellen Volumenschwund der früheren durch die nachfolgende Schicht aufzufangen und um ein natürliche Abb.17-18: Mesostruktur im Mund der Patientin. 8 F A C H L I C H E S | N Z B | O K T O B E R 2 0 14 Farbsteuerung zu gewährleisten. Sollten nachträgliche Farbanpassungen oder sogar Reparaturen an den Verblendungen bzw. Prothesenzähnen erforderlich sein, so sind diese ohne weiteres nach dem gleichen Schema möglich. Ein ausschließliches Einfärben des Basismaterials bspw. um zahnfleischfarbene PEEK-Klammern zu erhalten ist mithilfe des vorliegenden Systems aktuell noch nicht möglich. Betrachtet man die Herstellungskosten, ist eine auf PEEK basierende Lösung annähernd vergleichbar mit einer Konstruktion aus Titan oder einer CoCr-Legierung. Gerade aber die herausragenden Vorteile der CAD/CAM-gestützten Fertigung überzeugen im Vergleich zur konventionellen Gusstechnik [11, 12,13]. FACHLICHES Abb.19-24: Überabformung der Mesostruktur im Mund der Patientin und Digitalisierung des Gipsmodells mit einem Extraoralscanner (D900 Lab Scanner, 3Shape). Alternativ wäre hier eine intraorale digitale Abformung (bspw. TRIOS, 3Shape) denkbar. Die Designerstellung der Tertiärstruktur erfolgt mithilfe einer CAD-Software (Dental System 2013, 3Shape). Dieser Datensatz wir anschließend in den CAM-Prozess überführt. Aus einer PEEK-Ronde (Organic PEEK by JUVORA, R+K CAD/CAM Technologie) wird die Tertiärstruktur gefräst. Abb.25-29: Aufstellung der Zähne in Wachs und Fertigstellung in Kunststoff nach Wachseinprobe. Indikationen Nachdem PEEK ursprünglich für die Raumfahrt entwickelt worden war, kommt es heute in fast allen Industriezweigen vor – in Form von Zahnrädern, Gleitlagern, Buchsen, Pumpengehäusen, Leuchtfassungen, Steckerteilen und Tennissaiten. Im Dentalbereich orientieren sich die Einsatzgebiete aktuell verfügbarer PEEK-Rohlinge an deren Zusammensetzung. Während einige Hersteller PEEK mit Füllstoffen wie Titandioxid-Pulver compoundieren, wodurch eine weiße Eigenfarbe und eine leicht erhöhte Festigkeit erzielt wird (bisher zugelassen für temporären Zahnersatz ist dieses modifizierte Material bereits für festsitzenden Zahnersatz wie Kronen und Brücken im Einsatz; Ergebnisse von Langzeitstudien, wie am Universitätsklinikum Halle (Saale) unter Leitung von Prof. Dr. Setz und OA Dr. Hey durchgeführt, stehen noch aus), verzichten andere auf jegliche Zusatzstoffe. Diese sind bisher für definitive, herausnehmbare Rekonstruktionen zugelassen (Abb. 6-43). In verblendeter Form stellen sie einen idealen Antagonisten-freundlichen und bruchsicheren Werkstoff mit knochenähnlichen mechanischen Eigenschaften dar und bieten eine ideale Alternative zu NEM-basiertem Zahnersatz. O K T O B E R 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S 9 Abb.30-34: Die fertig gestellte Rekonstruktion wird eingegliedert und die Okklusion und Artikulation noch einmal sorgfältig überprüft. Abb. 35-43: PEEK-„Modellguss“: Herausnehmbarer Zahnersatz auf Zirkon-Primärteleskopen Zahn 33, 43, 44 und Klammerarm an Zahn 37. Verblendung der PEEK-Tertiärstruktur Regio 33, 43, 44. Die Aufstellung der restlichen Prothesenzähne erfolgt wie unter „Verarbeitung (Beispielfall Teleskopprothese)“ beschrieben. 10 F A C H L I C H E S | N Z B | O K T O B E R 2 0 14 Dazu zählen: Implantat-getragene Suprakonstruktionen, Teleskoparbeiten, Stegarbeiten Geschiebearbeiten, Herausnehmbare Zahnersatzgerüste. Der CAD/CAM-hergestellte Zahnersatz kann auf Restzahnstümpfen und/oder Implantatabutments befestigt werden und gewährt eine rundum ästhetische und funktionelle Versorgung. Vita DR. ME D. DE NT. A NDRÉ HUTSK Y, MB A Studium der Zahnmedizin, freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit, verantwortliche Leitung der Obdachlosenzahnarztpraxen der MUT Gesellschaft für Gesundheit, Referent und zahnmedizinischer Sachverständiger im Bereich Leistungs- und Gesundheitsmanagement PKV, Geschäftsführer der biodentis Schulungszentrum GmbH. Um ein Gerüstmaterial für die Verwendung empfehlen zu können, muss der entsprechende Zahnersatz nach einer artifiziellen Alterung durch Kausimulation, die einer Tragezeit von 5 Jahren im Mund entspricht, einer Kraft von mindestens 500 N ohne Bruch oder Abplatzen der Verblendung standhalten. Die Universität Regensburg führte an Einzelkronen und mehrgliedrigen Brücken aus PEEK-OPTIMA® von der Firma JUVORA eine entsprechende Kausimulation durch (1,2 x 106 Kauzyklen mit einer mechanischen Belastung von 50 N sowie eine thermozyklische Prüfung von 3000 Kauzyklen x 5 C/55 C) (Abb. 4). Das Ergebnis der Studie: Der Mindestwert von 500 N (Bruchkraft) wurde in allen Fällen deutlich überschritten. Für verblendete Einzelkronen lag der Mittelwert bei 1609 N, für unverblendete, dreigliedrige Brücken bei 2750 N und für verblendete, dreigliedrige Brücken bei 1310 N [4]. Abrechnung Wenn implantatgetragene Suprakonstruktionen, Teleskop-, Steg- und Geschiebearbeiten sowie herausnehmbare Zahnersatzgerüste aus dem Werkstoff PEEK gefertigt werden, handelt es sich um im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bisher nicht anerkannte Versorgungsmethoden. Bei Zahnersatz aus dem PEEK-Werkstoff werden keine Festzuschüsse ausgelöst. Die Versorgung muss bei GKV-Patienten nach entsprechender Aufklärung und Vereinbarung privat auf Basis GOZ bzw. BEB abgerechnet werden. Fazit Der Werkstoff PEEK wird aufgrund seiner herausragenden chemischen und physikalischen Eigenschaften seit langem von der Industrie genutzt. Wegen seiner umfassend nachgewiesenen Biokompatibiltät als Implantatmaterial und knochenähnlichen elastischen Eigenschaften hält das Material seit längerer Zeit auch Einzug in viele Bereiche der Medizin, respektive Zahnmedizin. Hier rückt der Fokus nun zunehmend auf die Indikationen von (bedingt) herausnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz. Der aktuelle Wissens- und Erfahrungsstand deutet auf eine vielversprechende Zukunft für PEEK im zahnmedizinischen Sektor hin. Es gibt noch Bedarf an weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen, um weitere Einsatzgebiete für PEEK zu erschließen. Es ist davon auszugehen, dass sowohl die zunehmende Nachfrage nach biokompatiblen, metallfreien Materialien, als auch die zunehmende Berücksichtigung umweltzahnmedizinischer Aspekte dazu beitragen, dass PEEK als zahnärztlicher Werkstoff weiter an Bedeutung gewinnt. ß —Dr. André Hutsky, ZTM Daniel Ellmann, Dr. Andreas Schwitalla Die Literaturliste können Sie unter https://www.kzvn.de/nzb/literaturlisten.html herunterladen oder unter [email protected] anfordern. – Anzeige – Anzeige 1/8 hoch O K T O B E R 2 0 14 | N Z B | F A C H L I C H E S 11 FACHLICHES In-Vitro Prüfungen – die Kausimulation