Forstpolitik NATURA 2000 – ein europäisches Netzwerk wird umgesetzt Julia Arndt, Abteilung Naturschutz im Ministerium (MULEWF) Das Land Rheinland-Pfalz stellt zurzeit für seine Natura 2000-Gebiete Bewirtschaftungspläne auf, die die naturschutzfachlichen Besonderheiten herausstellen und ein Maßnahmenkonzept zur angepassten Bewirtschaftung aufzeigen. Der Abschluss der Bewirtschaftungsplanung inklusive Offenlage und Beteiligungsverfahren ist bis Mitte 2015 vorgesehen. Unterstützt wird die Veröffentlichung der Bewirtschaftungspläne erstmals auch digital über den Kartenserver der Naturschutzverwaltung RLP (LANIS), auf dem alle Pläne inklusive Informationen über Schutzziele, Lebensraumtypen, Artvorkommen und Maßnahmenplanungen eingesehen werden können. einzigartige als auch repräsentative Arten und Lebensräume unseres europäischen Naturraums zu schützen. Ziel von Natura 2000 ist es, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. Mit der Aufnahme der gemeldeten FFH-Gebiete in die Gebietsliste der EU-Kommission bzw. der Ausweisung der Vogelschutzgebiete gilt das Verschlechterungsverbot. Die Umsetzung von Natura 2000 wird von der EU als Eckpfeiler für die europäische Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt 2020 angesehen. Natura 2000 als Eckpfeiler der biologischen Vielfalt Umsetzung von Natura 2000: Erstellung von Bewirtschaftungsplänen Bereits im Jahre 1992 wurde in Rio das Übereinkommen über die biologische Vielfalt von mehr als 150 Staaten, darunter Deutschland, und der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet. Die FloraFauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und die Vogelschutzrichtlinie dienen der Umsetzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtungen in Europa. Daraus ist das europäische ökologische Netzwerk Natura 2000 entstanden. Es ist ein Reservoir an biologischer Vielfalt, das genutzt werden soll, um degradierte Lebensräume wieder zu besiedeln und sowohl wertvolle und Natura 2000 umfasst in RLP knapp 20% der Landesfläche bzw. knapp 385.000 ha. 292.000 ha (rund 80%) der Natura 2000Fläche ist Wald; davon entfällt ein Anteil von 23% auf den Privatwald. Schwerpunkt der Umsetzung von Natura 2000 liegt derzeit auf der Erstellung der Bewirtschaftungspläne für die 177 FFH- und Vogelschutz-Gebiete in Rheinland-Pfalz. Mit den Bewirtschaftungsplänen sollen geeignete und eigens für das Gebiet zugeschnittene Maßnahmen aufgestellt werden, die den Erfordernissen der hier vorkommenden Lebensraumtypen und der Arten entspre- chen. Ziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Arten und Lebensräume in einem Gebiet. Zuständig für die Erstellung der Pläne sind die Oberen Naturschutzbehörden, sprich die Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGDen). Die Aufträge für die letzten Pläne sind im Frühjahr 2013 vergeben worden. Bis Mitte 2015 soll die Bewirtschaftungsplanung inklusive aller Qualitätskontrollen und internen Abstimmungsverfahren abgeschlossen sein. Der Bewirtschaftungsplan besteht aus einem Grundlagen- und einem Maßnahmenteil mit jeweils einem Textteil und einem dazu gehörenden Kartenteil. Im Grundlagenteil erfolgen die Beschreibung der aktuellen Nutzung, die Aktualisierung der naturschutzfachlichen Daten (kartierte Lebensraumtypen und Arten) und die Bewertung der Erhaltungszustände. Der Maßnahmenteil konkretisiert die gebietsspezifischen Erhaltungsziele aus der Landesverordnung und stellt Erhaltungs-, Wiederherstellungs- und Verbesserungsmaßnahmen für die Lebensraumtypen und Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, auf. Die Zielräume werden nicht auf Grundlage von Parzellengrenzen, sondern aus naturschutzfachlichen Überlegungen hergeleitet. Bei der Erarbeitung der Pläne werden die Fachverwaltungen (Forst, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft) bereits zu einem frühen Zeitpunkt mit eingebunden. Die Lieferung von Fachbeiträgen sowie interne Beteiligungen bieten die Möglichkeit, auch wirtschaftliche oder betriebliche Rahmenbedingung sowie fachliche Besonderheiten in dem speziellen Gebiet mit darzustellen. Der Waldbesitzerverband wurde jährlich über die Gebiete informiert, für die aktuell ein Bewirtschaftungsplan erstellt wird. Umsetzung der Maßnahmen aus den Bewirtschaftungsplänen Internetseite des Kartenservers LANIS (Abbildung: Julia Arndt). 6 Der Waldbesitzer 2-3|2013 Die Umsetzung von konkreten Maßnahmen in einem Natura 2000-Gebiet soll vor allem durch vertragliche Vereinbarungen erfolgen. Dazu werden im Offenland vor allem die Vertragsnaturschutzprogramme und die Biotopbetreuung genutzt. Im Bereich Wasser werden Synergien mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder über die Aktion Blau+ gesucht. Im Wald soll die Forsteinrichtung zur Operationalisierung herangezogen werden. Dabei soll auch auf die bisherige Umweltvorsorgeplanung, die Forstpolitik Hirschkäfer (Foto: Jürgen Frechen) potenzielle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Kompensation von Eingriffen aufzeigt, aufgebaut werden. Die große Herausforderung besteht nun darin, die Zielsetzungen der Waldeigentümer mit den übergeordneten Zielen der einzelnen Natura 2000-Gebiete gegeneinander abzuprüfen und darzustellen, wo Synergieeffekte genutzt werden, oder auch wo unter Umständen Zielkonflikte auftreten können. Die Naturschutz- und Forstverwaltung des Landes arbeiten hier eng miteinander zusammen. Als waldreiches Land hat Rheinland-Pfalz eine besondere Verantwortung für die Wälder. So treten z. B. die Buchenwälder auf unterschiedlichen Standorten als Waldmeisterbuchenwälder, Kalk- oder Orchideenbuchenwälder oder Hainsimsenbuchenwälder in Erscheinung. Sie sind zudem Lebensraum einer großen Vielfalt von Insekten- und anderen Tierarten, wie z. B. dem Totholz bewohnenden Käfer Heldbock oder verschiedenen Fledermausarten, die den Wald als Jagdgebiet, zur Überwinterung oder auch zur Aufzucht ihrer Jungtiere in Baumhöhlen nutzen. Es ist offensichtlich, dass es durch Bewirtschaftung naturgegeben eine Dynamik innerhalb einer bestimmten Gebietskulisse geben wird. Maßnahmenvorschläge aus den Bewirtschaftungsplänen können darin bestehen, diese Dynamik zu nutzen und die bisherige Bewirtschaftung fortzusetzen. Es ist zu erwarten, dass angesichts der guten Ausstattung der Wälder und der i. d. R. ordnungsgemäßen Forstwirtschaft auch Natura 2000-Ziele durch „normale“ Bewirtschaftung und Planung erreicht werden können. Damit wären keine Kosten oder Anstrengungen für Natura 2000 verbunden. Maßnahmen können an anderer Stelle aber auch auf Änderung der Bewirtschaftung abzielen (z. B. Erhöhung von Totholz/Altholz, schonende Ernteverfahren, etc.). Eine Möglichkeit ist es, entsprechende Maßnahmen über die Ökokontoregelung oder Kompensations- maßnahmen umzusetzen. So sieht zum Beispiel der Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes ausdrücklich vor, dass Kompensationen in Natura 2000-Gebiete gelenkt werden sollen. Soweit zur Umsetzung des Bewirtschaftungsplans Einzelmaßnahmen im Wald umgesetzt werden sollen, erfolgt dies im Staatswald durch Landesforsten, im Gemeinde- und Privatwald informiert das Forstamt die Eigentümer darüber. Darüber hinaus wird ausgelotet, inwiefern weitere Finanzierungsinstrumente für Maßnahmen in Natura 2000-Gebieten z. B. über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) auch in der neuen Förderperiode ab 2014 genutzt werden können. Das Offenlageverfahren: Wie komme ich an die Pläne? Nach einer umfassenden Prüfung und Qualitätssicherung sowie internen Beteiligungsverfahren kommen die Planentwürfe in das Offenlageverfahren, das eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Betroffenen vorsieht. Die Bekanntgabe der Offenlage der Bewirtschaftungspläne erfolgt dabei über die ortsüblichen Medien (Verbandsgemeindeblätter, Tageszeitungen). Die Bewirtschaftungspläne werden bei den Unteren Naturschutzbehörden der Kreisverwaltungen und bei den SGDen für die Dauer eines Monats zur Einsicht für alle Bürger ausgelegt und können zu den bekanntgegebenen Öffnungszeiten eingesehen werden. Fachliche Anregungen, Hinweise und Stellungnahmen zum vorliegenden Planentwurf können bei den angegebenen Naturschutzbehörden während des Einsichtnahmezeitraums schriftlich oder zu Niederschrift vorgebracht werden oder auch noch bis zwei Wochen danach an die zuständige Behörde gesendet werden. Eigentümer und Bewirtschafter haben so die Gelegenheit, bei der Flächenauswahl und Maßnahmenumsetzung direkt mitzuwirken und können ihre wirtschaftlichen Zwänge und Möglichkeiten einbringen. Die Eingänge werden geprüft und gegebenenfalls eingearbeitet, bevor der Bewirtschaftungsplan endgültig verabschiedet wird. Erste Pläne befinden sich in der Offenlage, ab Sommer 2013 sollen kontinuierlich weitere Pläne in die Offenlage kommen. Extra-Service: Internetbasierte Offenlage der Bewirtschaftungspläne Um eine größtmögliche Transparenz herzustellen und die Beteiligung für die Betroffenen zu erleichtern, hat die Naturschutzver- waltung erstmalig die Möglichkeit vorgesehen, die Bewirtschaftungspläne zusätzlich zum konventionellen Offenlageverfahren über das Internet zugänglich zu machen. Dazu wurde auf der Internetseite der Naturschutzverwaltung RLP (www.naturschutz. rlp.de) im Kartenserver LANIS extra ein Zusatzmodul zur Bewirtschaftungsplanung eingerichtet. Im Kartenservice sind die Inhalte der Grundlagen- und der Maßnahmenkarte landesweit für Rheinland-Pfalz dargestellt. Alle Pläne, die in das Offenlageverfahren kommen oder die bereits das Offenlageverfahren durchlaufen haben und endabgestimmt sind, können dort in ihrer Gänze eingesehen werden. Die Möglichkeiten reichen über das Zoomen in die interaktive Karte, in der zahlreiche Informationen zu Lebensraumtypen, Arten und Maßnahmenvorschlägen hinterlegt sind, bis hin zur Verlinkung mit den Artsteckbriefen, Fachinformationen der Forst- oder der Landwirtschaft und Gebietsimpressionen. Ebenso ist der Bewirtschaftungsplan in seinem vollen Umfang mit allen Text- und Kartenteilen dort hinterlegt. Zu erreichen ist die interaktive Präsentation der Bewirtschaftungspläne über: www.naturschutz.rlp.de > Button Natura 2000 > Button Bewirtschaftungsplanung >Unterpunkte „Offenlage Planentwürfe“ und „Bewirtschaftungspläne“. Unter dem Menüpunkt Offenlage Planentwürfe finden Sie die in der Offenlage befindlichen Bewirtschaftungsplan-Entwürfe. Nach erfolgreich abgeschlossener Abstimmung liegen diese dann unter dem Menüpunkt Bewirtschaftungspläne. Ebenso finden Sie hier Antworten auf „Häufig gestellte Fragen“ sowie ein umfangreiches Glossar (unter dem Menüpunkt „Download Arbeitshilfen“). 57 Zahl des Monats 57 Vollzeitarbeitskräfte werden benötigt, um den geplanten Nationalpark im Raum Birkenfeld zu verwalten. Zum weit überwiegenden Teil, soll auf vorhandenes Personal bei Landesforsten zugegriffen werden. Dazu kommen in der Höhe nicht weiter bezifferte Sachkosten für Erstinvestitionen, wie Ausstellungen, Infostellen, Grundlagenerhebung etc. Die Zahlen gehen aus einer kleinen Anfrage hervor, die die Abgeordnete Julia Klöckner (CDU) stellte und die durch Staatsministerin Ulrike Höfken beantwortet wurde. Der Waldbesitzer 2-3|2013 7