Umweltmanagement im Hafenbau Container-Terminal (CT) 4 1 CT 4 erfordert umfangreiche Kompensation Im Norden Bremerhavens nimmt seit Mitte 2004 eines der größten Hafenbauprojekte Europas Gestalt an. Im Baugebiet am Ufer liegen von der Tide beeinflusste Lebensräume mit Wasser- und Wattflächen, Ästuarwiesen und Röhrichten der Brackwasserzone. Was der Umwelt durch den Bau des Container-Terminals (CT) 4 an wertvollen Lebensräumen genommen wird, geben ihr die Planer an anderer Stelle zurück. 2 3 Naturschutzgesetze schreiben vor, wie zu verfahren ist, wenn ein Großvorhaben wie CT 4 Natur und Landschaft erheblich verändert. Lassen sich Beeinträchtigungen – zum Beispiel für Brut- und Rastvögel, Watttiere und Fische – nicht vermeiden, müssen sie verringert oder kompensiert werden. Ökologische Anforderungen ergeben sich nicht nur daraus, dass Naturflächen überbaut werden: Auch die mit dem Projekt verbundene Sandgewinnung, das Verklappen von Aushubboden in der Außenweser, die mit dem Hafenbetrieb verbundenen Lärm- und Lichtemissionen sowie die Veränderung von Strömungs- und Sedimentationsbedingungen wurden untersucht. Bild 1 Bild 2 Bild 3 Bild 4 Bild 5 Bild 6 Bild 7 Außerdem war zu prüfen, wie sich der Bau von Container-Terminal 4 mit den gemeldeten (Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer) oder potenziellen (Weddewarder Außendeich, Unterweser) Schutzgebieten des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000” verträgt. Kompensationsbereich für den Bauabschnitt CT III: Tegeler Plate bei Dedesdorf Vor Beginn der Bauarbeiten: Blick auf die Hafenerweiterungsfläche im Norden Bremerhavens Wertvolle Naturfläche: Brackwasser-Watt im Bereich des künftigen Container-Terminals 4 Garant für mehr Umschlag und neue Arbeitsplätze: Die Hafenanlage an der Weser nimmt Gestalt an bremenports-Experten mit Karte: Das Projekt CT 4 richtet hohe Anforderungen an die Planer Die Kompensation für CT 4 soll auch ihnen zugute kommen: Kiebitze im Landeanflug Umgesiedelt: Knolliger Fuchsschwanz (Alopecurus bulbosus), eine stark gefährdete Pflanzenart 7 Beim Ausbau des Hafens konnte der Eingriff in die Umwelt auf den unbedingt erforderlichen Flächenbedarf begrenzt werden. Diesem Ziel dient auch die Umsiedlung von Brackwasserröhricht und Beständen der stark gefährdeten Pflanzenart Knolliger Fuchs-schwanz. Das Bett des Weddewarder Tiefs, das für CT 4 verlegt worden ist, muss naturschutzgerecht ausgestaltet werden. Es erhält Uferröhrichte. Mit dem Pflanzen von Gehölzen in Weddewarden werten die Planer das Orts- und Landschaftsbild des Bremerhavener Ortsteils auf. 4 5 6 1 2 3 4 Bild 1 Bild 2 Bild 3 Bild 4 Im Umland: Suchräume für Kompensationsmaßnahmen Vor Baubeginn: Biotoptypen im Bereich von CT 4 Genau belegt: Beeinträchtigungen in der Randzone Seltene Vogelart: Blaukehlchen Suche nach Flächen in Niedersachsen Dem neuen Container-Terminal 4 mussten fast 150 ha überwiegend gesetzlich geschützte Biotope weichen – Gebiete, in denen früher diverse gefährdete Arten lebten und die für Gastvögel zum Teil große Bedeutung hatten. Es wurde erforderlich, umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen zu entwickeln. Weil der Zwei-Städte-Staat Bremen/Bremerhaven dafür keine geeigneten Flächen bot, setzten die Länder Bremen und Niedersachsen eine Arbeitsgruppe ein, die ein Kompensationsrahmenkonzept entwickelte. Feldlerche Ergebnis: Die Große Luneplate südlich von Bremerhaven und die Sommerpolder an der Wurster Küste (Gemeinde Nordholz) erfüllen die hohen Anforderungen an eine angemessene Kompensation. Graugans Zahlreiche Vorgaben wirkten sich unmittelbar auf die Planung aus. Sie bezogen sich unter anderem auf den Küstenschutz und auf die Verträglichkeit mit „Natura 2000”-Gebieten. Rotschenkel Kiebitz Austernfischer Kompensationsraum Große Luneplate Die Große Luneplate liegt südlich von Bremerhaven auf dem Gebiet der niedersächischen Gemeinde Loxstedt. Dort wurden bereits Kompensationsprojekte für die Hafenerweiterung Container-Terminal III verwirklicht. Um auf der Luneplate neben Ausgleichsmaßnahmen für andere Projekte auch das Vorhaben CT 4 berücksichtigen zu können, musste ein fachliches Gesamtkonzept für ein 630 ha großes Areal erarbeitet werden. M Dieses Konzept weist eine Grünlandzone (290 ha), einen Tidepolder (220 ha) und ein Gebiet an der „Alten Weser” (120 ha) aus, in dem Strukturen von Flussauen entwickelt werden sollen. Großer Brachvogel Krickente W Ein neues Sperrwerk wird den Tideeinfluss im Polder regeln. Verwallungen grenzen den Tidepolder später zum Grünland ab. In der Polderzone können sich außerhalb der Gewässer, Priel- und Wattflächen Tideröhrichte entwickeln, in den Randbereichen auch salzbeeinflusste Grünländer. Mit dem Bau eines Tideschöpfwerks stellen die Planer die Be- und Entwässerung der Dedesdorfer Marsch und der Grünländer auf der Luneplate sicher. Vom Gebiet an der „Alten Weser” abgesehen, sollen auf weiteren Flächen extensive Feuchtgrünländer entwickelt werden – und zwar an Standorten, die von der Landwirtschaft bisher als Acker- oder Grünflächen genutzt wurden. Dafür werden Gräben ergänzt und aufgeweitet. Be- und Entwässerungseinrichtungen sorgen bei unterschiedlichen Geländehöhen für optimale Wasserstände. Bekassine 3 1 Darüber hinaus haben sich Niedersachsen und Bremen auf einen neuen Grenzverlauf geeinigt. Die heute niedersächsischen Flächen auf der Großen Luneplate sollen dem Land Bremen per Staatsvertrag hoheitlich übertragen werden. 4 Grünlandflächen Tidebeeinflusster Bereich Sperrwerk Umgebung „Alte Weser” Bild 1 2 Bild 3 4 Bild 5 6 Bild 7 Zentrale Kompensationsfläche für CT 4: die Große Luneplate in der Gemeinde Loxstedt Die bedrohte Natur braucht Rückzugsräume: Rotschenkel (3) und Teichrohrsänger (4) Gelungene Kompensation für das Projekt CT III: naturnahe Flächen südlich von Bremerhaven Über viele Jahrzehnte ein gewohnter Anblick: landwirtschaftliche Nutzung auf der Luneplate Schöpfwerk 2 5 6 7 2 1 Tidepolder Tideschöpfwerk Sperrwerk 3 Tidepolder und Grünland-Graben-Gebiet Im Zusammenhang mit CT 4 sieht die Planung auf der Luneplate eine 460 ha große Fläche für Tidepolder und Grünlandbereich vor. Der von der Tide beeinflusste Bereich nimmt 215 ha in Anspruch. Im Weserdeich muss ein Sturmflutsperrwerk errrichtet werden, das zwei jeweils 13 m breite Durchlasskammern erhält. Das neue Prielsystem wird über das Sperrwerk mit der Weser verbunden. Später kann das Wasser bis zu einer Höhe von 2,50 m über Normalnull ungehindert ein- und ausströmen. Die maximale Füllmenge liegt bei etwa 2 Millionen Kubikmetern. Begrenzt wird der Tideeinfluss durch eine Verwallung auf 3,50 m über Normalnull, der an der Wasserseite eine geneigte Berme vorgelagert ist. Zwischen Deich und Tidepolder wird auf einer Breite von 50 m Boden aufgetragen, um Vernässungen in diesem Bereich einzuschränken. Auf eine Nutzung wird im tidebeeinflussten Bereich verzichtet. Hier sollen sich Brackwasserwatt und -röhrichte, naturnahe salzhaltige Kleingewässer und salzhaltige Gräben entwickeln. Damit die Be- und Entwässerung der Dedesdorfer Marsch mit ihrem etwa 30 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet gesichert wird, sieht die Planung den Bau eines Tideschöpfwerks vor. Die Vorflut soll über das Prielsystem erfolgen. 4 Im Osten des Tidepolders ist eine 240 ha große extensiv genutzte Fläche aus Grünland und Gräben vorgesehen. Dieses Gebiet, schon heute ein Lebensraum für Brut- und Rastvögel und Teil des Vogelschutzgebietes Unterweser, soll ökologisch weiter aufgewertet werden. Ackerfläche wird in Grünland umgewandelt, das Grabensystem durch Aufweitungen und Neuanlagen ergänzt. Ein neues System von Zu- und Ablaufbauwerken wird den Wasserstand in den Gräben regeln – abhängig von der Höhe der Flächen, der Jahreszeit und den Entwicklungszielen. Die Zuwässerung wird über das Tideschöpfwerk gesteuert. Der ehemalige Flussarm „Alte Weser” soll in Verbindung mit dem Ausbau der Wendestelle vor dem Bremerhavener Container-Terminal für Kompensationsmaßnahmen genutzt werden. Zusammen mit den Kompensationsflächen an der benachbarten Tegeler Plate und den übrigen naturnahen Außendeichsgebieten der Großen Luneplate steht für den Naturschutz südlich von Bremerhaven damit ein weit über 1000 ha großes Gebiet zur Verfügung. Bild 1 Bild 2 Bild 3 4 Grasen für die Umwelt: Wasserbüffel sorgen auf der Luneplate für eine naturverträgliche Beweidung Übersichtsbild: geplanter Tidepolder mit Sperrwerk am Weserdeich und Tideschöpfwerk im Hinterland Sorgfältige Planung: Die Zeichnungen zeigen Biotopentwicklung und Maßnahmen 5 Kompensationsraum Wurster Küste 1 Das Deichvorland in der Gemeinde Nordholz an der Wurster Küste steht vor Veränderungen. An der Nordsee sollen neue Brackwasserlebensräume mit Wattflächen sowie Brut- und Rastbereiche für die Vogelwelt entstehen. Dafür lässt bremenports Sommerdeiche teilweise öffnen. Die Maßnahmen verteilen sich auf Außendeichsbereiche von Dorum-/CappelNeufeld (75 ha) und Cappel-/Spieka-Neufeld (71 ha). In beiden Gebieten fehlt trotz ihrer Lage im Nationalpark Niedersächisches Wattenmeer die typische Vegetationsabfolge von Watt, Pionierpflanzen, Salzwiesen, Röhricht und salzbeeinflusstem Grünland. 1 1 Mit der Öffnung der Sommerdeiche und der Schaffung neuer Prielsysteme werden die bisherigen Grünlandflächen der Tide ausgesetzt. Gleichzeitig sollen die Priele das Vorland entwässern. Neue Flankendeiche werden verhindern, dass benachbarte Gebiete unter den Einfluss von Ebbe und Flut geraten. An der Seeseite des Deichentwässerungsgrabens wird auf 2,60 m über Normalnull eine Verwallung angelegt. Der Hauptdeich erhält an der Außenböschung eine Berme mit einem befestigten Treibselräumweg auf 3,60 m über Normalnull und einem Deckwerk. Damit soll die Deichsicherheit verbessert werden. In den höheren Lagen der Vorlandflächen ist eine extensive Nutzung vorgesehen. Damit Weidetiere bei hoch auflaufender Flut sichere Flächen erreichen können, entstehen Viehpfade. Sie werden als Bodenaufschüttungen bis an den Deich geführt. Bild Bild Bild Bild Bild 1 2 3 4 5 Eindrücke von der Wurster Küste Kompensationsbereich Cappel-/Spieka-Neufeld Kompensationbereich Dorum-/Cappel-Neufeld Kompensationsflächen an der Wurster Küste Öffnung der Sommerdeiche im Raum Nordholz 2 3 4 1 2 3 Bild 1 Bild 2 Bild 3 Bild 4 Bild 5 Bewirtschaftungskonzept Dorum-/Cappel-Neufeld Berme im Deichbereich Dorum-/Cappel-Neufeld Bewirtschaftungskonzept Cappel-/Spieka-Neufeld Berme im Deichbereich Cappel-/Spieka-Neufeld Die Salzwiese, Lebensraum für seltene Arten 4 Prielsysteme, Salzwiesen und Küstenschutz Die Sommerdeiche sollen an 11 Stellen in einer Breite von 30 bis 40 m geöffnet werden. Durch diese Öffnungen werden die Priele in den heutigen Sommergroden geführt. Der beim Aushub gewonnene Boden dient dazu, die Flankendeiche zu errichten oder zu erhöhen, deichnahe Grabenabschnitte zu verfüllen, die Verwallung am Deichentwässerungsgraben herzustellen und die Viehpfade anzulegen. Diesen Arbeiten gehen umfangreiche Küstenschutzmaßnahmen voraus. Sie wurden von den zuständigen niedersächsischen Stellen so dimensioniert, als ginge es hier um einen Deich ohne Vorland. Deshalb erhält der Landesschutzdeich an der Seeseite eine Berme aus Klei, auf der ein 3,60 m breiter Treibselräumweg angelegt wird. Die Böschung an der See- und ein 5 m breiter Streifen an der Landseite werden mit schwerem Deckwerk ausgestattet. 40.000 Kubikmeter Kleiboden, der für den Bau der Berme benötigt wird, stehen ganz in der Nähe am Agnesenhof in Nordholz zur Verfügung. Ob die Grünlandflächen später bewirtschaftet werden oder nicht, wird sich daran orientieren, wie gut das Weidevieh sie erreichen kann. Viehtränken und binnendeichs gelegene Ausweichflächen für den Sturmflutfall sind Teil der Planung. In nicht genutzten Bereichen werden sich unter anderem Brackwasserwatt (teilweise mit Queller oder Schlickgras), naturnahe Salzwiesen, Schilfröhricht und Strandsimsenröhricht der Brackmarsch entwickeln. Auf den von der Landwirtschaft extensiv genutzten Flächen können sich mesophiles Marschengrünland mit Salzeinfluss sowie Salzwiesen und Flutrasen ausbreiten. 5 Portulak Strandflieder 9 Umweltflächen nehmen ab 2006 Gestalt an 1 2 Mitte 2004 hat die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest den Planfeststellungsbeschluss für CT 4 erteilt. Danach wurde die Ausführungsplanung für die Kompensationsmaßnahmen erarbeitet. Anschließend konnten die Arbeiten ausgeschrieben werden. 8 Große Luneplate: Die Maßnahmen auf der Großen Luneplate beginnen 2006 mit der Umgestaltung des Grünlandbereichs. Im Frühjahr 2007 ist der Baubeginn für Sperrwerk, Tideschöpfwerk und Tidepolder vorgesehen. 2008/2009 sollen die Arbeiten beendet werden. Wurster Küste: 7 3 Die Berme aus Klei wird im Jahre 2006 hergestellt und angesät. Dies kann nur in den sturmflutfreien Monaten im Frühjahr und Sommer geschehen. 2007 werden die Küstenschutzmaßnahmen mit dem Bau des Treibselräumwegs und des Deckwerks fortgesetzt. Parallell dazu stehen die Erdarbeiten im Vorland an. Die Sommerdeichabschnitte können voraussichtlich noch im Jahre 2007 geöffnet werden. Die neuen Kompensationsfächen auf der Luneplate und an der Wurster Küste müssen zielgerecht entwickelt werden. Dafür ist ein Zeitraum von 15 Jahren vorgesehen. 4 Bild 1 Bild 2 Bild 3 Bild 4 Bild 5 Bild 6 Bild 7 Bild 8 Bild 9 5 Im Dienste der Umwelt: Baumpflegearbeiten auf der Großen Luneplate… … und ein Einsatz, bei dem eine Stautafel aus einem Graben gezogen wird Extensive Bewirtschaftung: Galloways auf einer Weide (Luneplate) Umsiedlung des Knolligen Fuchsschwanzes: Entnahme von Grassoden im Bereich von CT 4 Neuer Standort des Knolligen Fuchsschwanz wird das Deichvorland der Luneplate Vernässung von Grünlandflächen: Bau einer neuen Stauanlage Sondierungsbohrungen: Der Baugrund wird untersucht Tegeler Plate: naturnahe Landschaft mit Prielsystemen und Tidetümpeln Kernkompetenz von bremenports: Entwicklung von Kompensationsmaßnahmen 6 Umweltmanagement im Hafenbau Impressum Herausgeber: bremenports GmbH & Co. KG Elbinger Platz 1 27570 Bremerhaven Tel. 04 71 / 596-0 www.bremenports.de www.ct-bremerhaven.de Konzeption und Text: Dipl.-Ing. Thomas Wieland Dipl.-Ing. Uwe von Bargen Dipl.-Ing. Ulrich Kraus Fotos: Wolfhard Scheer, Bremerhaven GuS Kommunikation, Bremen bremenports GmbH & Co. KG KÜFOG GmbH, Loxstedt-Ueterlande Peter Bartz, Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer A. Tesch Gestaltung: GuS Kommunikation, Bremen 1. Auflage (2006) 1 Bild 1 2 Eindrücke von der Wurster Küste 2