mm GDIWPUTER UMDKECHT Sonderdruck Zeitschrift für die Praxis des Rechts der Informationstechnologien Michael Bartsch Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen Urheberrechtlicher Schutz für Leistungsgegenstände in drei typischen Fallkonstellationen OOIYIPUTERUNDRECHT CR Zeitschrift für die Praxis des Rechts der Informationstechnologien Heft 3/2012 • 28. Jahrgang • Seite 141 rocht Michael Bartsch Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen Urheberrechtlicher Schutz für Leistungsgegenstände in drei typischen Fallkonstellationen Die Leistungsgegenstände von Softwareprojektverträgen und -pßegeverträgen sind urheberrechtlich geschützt. Aber der Schutz ist für viele Konstellationen nicht praktisch erprobt. Für drei Konstellationen (Rechte am Projektergebnis, Rechte bei Projektabbruch und Rechte bei der Pflege von Standardsoftware) stellt der Beitrag Lösungsvorschläge vor und benennt vertragliche Regelungsmöglichkeiten. I. Wem gehört die Software als Projektergebnis? Fall: Der Kunde K hat die fachlichen Anforderungen an die Individualsoftware, die das Softwarehaus SH erstellen soll, vorgegeben. SH erstellt die Software und überlässt K das Entwicklungsergebnis. Kann K verhindern, dass SH die Software alsbald einem Wettbewerber des K überlässt? 1 Hier und in allen weiteren Fällen des Beitrages gibt es keine vertraglichen Regelungen der anstehenden Rechtsfragen. reklamieren, nach § 8 Abs. 2 Satz 2 UrhG die notwendige Einwilligung zur Verwertung der Software nicht geben zu müssen. b) Schutz nach § 69a UrhG Die fachlichen Anforderungen an die Individualsoftware {von K) können zum Entwurfsmaterial für das Programm gehören, das nach § 69a Abs. 1 UrhG schutzfähig ist. Einen guten Einstieg in die Problematik gibt die WIPO -Definition für „Programmbeschreibung": „Eine vollständige prozedurale Darstellung in sprachlicher, schematischer oder anderer Form, deren Angaben ausreichend sind, um eine Folge von Befehlen festzulegen, die ein ihr entsprechendes Computerprogramm darstellen." 2 Das entspricht den Erwägungen des deutschen Gesetzgebers . Das O L G Köln differenziert ebenso: 3 4 \> Aufgabenstellungen und Vorgaben, die noch außerhalb der softwaretechnischen Umsetzung liegen, sind nur Ideen und Grundsätze, also nicht schutzfähig. Urheber ist, wer diese Aufgabenstellungen in ein Computerprogramm umsetzt. 1. Urheberrecht t> Auch monatelange Detailarbeiten zur Darstellung einer ganz konkret umrissenen Aufgabenstellung führen nicht zur Miturheberschaft. a) Grundsatz Die Urheberschaft der Mitarbeiter des SH ist nicht zweifelhaft. Laut § 69b UrhG verfügt SH über die wirtschaftlichen Verwertungsrechte an der Software. Wenn die Mitarbeiter des K Miturheber der Software sind, kann K seine vermögensrechtlichen Befugnisse an den Computerprogrammen ausüben (§ 69b UrhG). Er kann dann Die reine Zusammenstellung der Anforderung (gleich wie gut sie aufgebaut und gegliedert sein mag) wird von der ersten Stufe ihrer technischen Realisierung abgegrenzt. Die Fragestellung ist also, ob das, was seitens der K-Mitarbeiter erarbeitet oder miterarbeitet wurde, Technizität hat. Diese Frage ist primär von der Technik zu beantworten. t> Prof. Dr. Michael Bartsch ist Partner der Kanzlei Bartsch Rechtsanwälte in Karlsruhe und lehrt an der Universität Karlsruhe und der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. 1 K ist ein kaufmännisches Unternehmen. 2 Denkschrift über den Rechtsschutz der Datenverarbeitungssoftware, G R U R 1979, 300 (307). 3 BT-Drucks. 12/4033 v. 18.12.1992,9. 4 O L G Köln, Urt. v. 8.4.2005 - 6 U 194/04, C R 2005, 624. Bartsch 142 CR 3/2012 Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen DIN 69901-5 differenziert zwischen Lastenheft und Pflichtenheft: > Lastenheft ist die „vom Auftraggeber festgelegte Gesamtheit der Forderungen an die Lieferungen und Leistungen eines Auftragnehmers". Wirkung kann bei einem stufenweise entstehenden Werk - wie z.B. einem Computerprogramm - auch in einem Vorstadium erfolgen, wenn sie als unselbständiger Beitrag zum einheitlichen Schöpfungsprozess der Werkvollendung geleistet wird . 12 t> Pflichtenheft ist die „vom Auftragnehmer erarbeitete Realisierungsvorgabe auf der Basis des vom Auftraggeber vorgegebenen Lastenheftes". Wenn die K-Mitarbeiter nur an einigen Partien des Gesamtpakets mitarbeiten, besteht Miturheberschaft nur hieran. Sommerville setzt Pflichtenheft mit Produktspezifikation gleich und definiert: Die Präsenz von K-Mitarbeitern in den Projektbesprechungen führt nicht zu einer Miturheberschaft, weil in diesen Besprechungen der Stand des Projektes und die Fortentwicklung der Anforderungen erörtert werden, außerdem Termin- und Vergütungsfragen. Die technische Weiterentwicklung wird hierbei nicht erarbeitet. 5 6 „Die offizielle Aufstellung darüber, was von den Softwareentwicklern erwartet wird." Damit ist das, was hier „Pflichtenheft" heißt, noch nicht der Beginn der technischen Durchdringung des Problems und damit noch nicht Entwurfsmaterial für das Programm. In der Darstellung von Sommerville kommen die Softwareentwickler erst bei der Anforderungsbestimmung und -analyse hinzu. Hier werden die Anforderungen klassifiziert, organisiert, priorisiert und dokumentiert. 7 Balzert bezeichnet die erste Sammlung der Kundenanforderung als Lastenheft und die „Zusammenfassung aller fachlichen Anforderungen, die das zu entwickelnden Software-Produkt aus der Sicht des Auftraggebers erfüllen muss" als Pflichtenheft (S. 113); „eine Beschreibung des Was, nicht des Wie". Auch in diesem Lehrbuch beginnt sogleich danach der technische Bereich. 8 Die Kommentare zum Urheberrechtsgesetz stimmen in dieser Frage weitestgehend überein. 9 Demnach ist das, was die K-Mitarbeiter erstellt haben, nicht technisch und folglich nicht Entwurfsmaterial nach § 69a Abs. 1 UrhG. c) Schutz nach § 2 UrhG Dass die Vorarbeiten des K nicht unter den Sonderschutz des § 69a UrhG fallen, schließt einen Schutz nach den allgemeinen Vorschriften, also nach § 2 UrhG nicht aus. 10 Weil § 2 UrhG grundsätzlich nicht den Inhalt schützt, sondern die urheberrechtsfähige Darstellungsform, wird eine noch so gründliche und gedankenreiche Darstellung der Aufgabe nicht urheberrechtsfähig sein. Die Darstellungsform ist durch Vorgaben der Informatik-Literatur vorbestimmt und wird also ebenfalls in der Regel nicht eigenschöpferisch sein. Eine Mitwirkung der K-Mitarbeiter an den technisch geprägten weiteren Entwicklungsvorgängen allerdings führt zur Miturheberschaft, denn hier arbeitet das aus Mitarbeitern beider Unternehmen bestehende Team gemeinsam am einheitlichen Ziel . Die schöpferische Mit11 5 Die Praxis und Teile der Literatur sind in der Verwendung dieser Begriffe undeutlich, trotz der technischen Normierung; vgl. Marly, Praxishandbuch Softwarerecht, 5. Aufl. 2009, Rz. 1304 m.w.N. 6 Sommerville, Software Engineering, 8. Aufl. 2007, S. 168. 7 Sommerville, Software Engineering, 8. Aufl. 2007, S. 179. 8 Balzert, Lehrbuch der Software-Technik, 2. Aufl. 20C0, S. 62. 9 Vgl. Dreier in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 6a Rz. 14; Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl. 2008, § 69a Rz. 22; Loewenheim in Schricker/Loewenhcim, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2010, § 69a Rz. 5. 10 So Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 69a Rz. 9; Czychowski in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl. 2008, § 69aRz.24. 11 Abgrenzung zu der Fortentwicklung von Software; vgl. B G H , Urt. v. 3 . 3 . 2 0 0 5 - I Z R 111/02, CR 2005, 854 m. Anm. Heymann. d) Schutz als Datenbank(werk) Das Pflichtenheft wird wegen der unter 1.1.c) oben genannten engen Grenzen nicht schöpferisch, also nicht nach § 4 Abs. 2 UrhG schutzfähig sein. Aber die sehr elastische und weite Begriffsbestimmung der Datenbank nach § 87a UrhG gestattet auch die Einbeziehung eines strukturierten Pflichtenheftes . 13 14 Ob die Realisierung eines Werkes aus den mit der Datenbank vorliegenden Informationen eine Nutzungshandlung nach § 87b UrhG ist, ist noch ungeklärt. Explizite Rechtsprechung liegt nicht vor; die Kommentierungen sind unterschiedlich . 15 Die Frage kann hier nicht entschieden werden. Es spricht mehr dafür, dass die Erstellung von Software nach den Vorgaben des Pflichtenheftes keine Bearbeitung des Pflichtenheftes ist, die unter § 87b UrhG fällt. Der Inhalt des Pflichtenheftes wird weder als solcher übernommen, noch ist er der Software also solcher zu entnehmen. Der Datenbankschutz nach § 87a UrhG will dem Hersteller nicht das Recht an den Informationen geben, sondern an ihrer methodischen Anordnung und folglich an dem Mehrwert, den diese methodische Anordnung der reinen Datensammlung hinzufügt. Die methodische Anordnung des Pflichtenheftes wird als solche wohl nicht in die Software übernommen und ist folglich nicht aus der Software abzuleiten. Also unterfällt die Software nicht dem Schutz, den das methodisch angeordnete Pflichtenheft hat. Das mag in speziell gelagerten Fällen anders sein. Dann ist K als die Person, die die Initiative ergriffen hat und das Investitionsrisiko getragen hat, der nach § 87a Abs. 2 UrhG geschützte Inhaber des Datenbankrechts . 16 2. Wettbewerbsrecht § 1 8 Abs. 1 UWG schützt „zum geschäftlichen Verkehr anvertraute Vorlagen" und „Vorschriften technischer Art". Damit sind verkörperte Informationen gemeint, die als Beschreibung, Konzept oder Herstellungsanweisung für neue Sachen oder Dienstleistungen dienen sollen. Wirtschaftlicher Wert und technische Neuigkeit sindi 12 B G H v. 14.7.1993 - 1 Z R 47/91, CR 1993, 752 - Rz. 20. 13 Vgl. Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 4 Rz. 11 ff• 14 V g l . die Beispiele bei Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl 2008, $ 87a Rz. 10. | 15 V g l . Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl 2010, § 87b Rz. 3 ff.; Czychowski in Fromm/Nordemann, Urhebei recht, 10. Aufl. 2008, § 87b Rz. 20. 16 Vgl. Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 87a Nr. 15 20. Bartsch CR 3/2012 143 Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen nicht notwendig. Das Handeln im geschäftlichen Verkehr ist immer gegeben, wenn der Anvertrauende Unternehmer ist (so der vorliegende Fall; s. I. oben). 17 4. Vertragsgestaltung Sowohl bei reiner Individualsoftware als auch dann, wenn Auftraggeber Standardsoftware nach ihren Wünschen modifizieren und ergänzen lassen, wünschen sie häufig, exklusive Nutzungsrechte an diesen Programmteilen zu bekommen. Das ist nur unter zwei Aspekten für den Auftraggeber vorteilhaft: Ein detailliertes Pflichtenheft wird Besonderheiten des K-Betriebes (z.B. Produktionsverfahren, Kontroll- und Dokumentationsvorgaben, Eigentümlichkeiten von Produkten und Dienstleistungen) beschreibend darstellen mit der Folge, dass Software, die diese Beschreibung technisch realisiert, das in der Beschreibung liegende t> K kann von SH eine finanzielle Beteiligung verlangen, wenn SH diese Module auch einem Dritten überKnow-how wiederholt und - beim Vertrieb an einen lässt oder ganz in die Standardsoftware aufnimmt. Dritten - mitteilt. Demnach kann das Pflichtenheft unter § 18 Abs. 1 UWG fallen. Im Unterschied zu § 87a UrhG t> K kann verhindern, dass die Module an seine Konschützt § 18 UWG die Information selbst. K kann seine kurrenten gelangen. Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aus Die finanzielle Beteiligung des K kann vertraglich gere823 Abs. 2,1004 BGB herleiten. gelt werden, z.B. dadurch, dass die Vergütung des SH für Durch § 18 UWG geschützt ist jede Verwertung, also je- diese Entwicklungen reduziert wird (z.B. durch Kürzung de Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, die anvertrauten des Tagessatzes) oder dass SH dem K eine Beteiligung an Vorlagen wirtschaftlich zu nutzen. Die Auslieferung Lizenzerlösen an den Modulen einräumt. der auf dem Pflichtenheft beruhenden Software an wei- SH kann auch ein Optionsrecht haben, die Individualtere Kunden ist eine wirtschaftliche Nutzung der anver- software in Standardsoftware zu konvertieren. Hierfür trauten Vorlage. Da K sie erstellt hat und da sie für den kann folgende Klausel verwendet werden: Betrieb des K spezifisch ist, ist der Schutzbereich des § 18 „Der Auftragnehmer kann im Rahmen dieses ProjekUWG größer als der urheberrechtliche Schutzbereich. tes gemachte Änderungen und Erweiterungen der Dass SH alleiniger Inhaber der Verwertungsrechte an der Standardsoftware und neu erstellte IndividualsoftSoftware ist, führt nicht zu einer Gestattung des Vertrieware in die eigene Standardsoftware aufnehmen bes der Software an Dritte. Genauso wenig dürfte SH („Konversion"). Er berät den Auftraggeber während Unterlagen, die K per E-Mail zugeschickt und SH ausgedes Projektes dahin, die Anforderungen möglichst so druckt hat, unter Hinweis auf das Sacheigentum des SH einzurichten, dass die Ergebnisse sinnvoll in die Stanan einen Dritten weiterverkaufen . dardsoftware übernommen werden können. Der Auftraggeber kann im Pflichtenheft oder später BeEine Befugnis zum Weitervertrieb ist aber darin zu sehen, reiche kennzeichnen, für die die Konversion erst mit dass K an der entwickelten Software nur ein einfaches Ablauf von drei Kalenderjahren nach der Abnahme Nutzungsrecht hat, denn damit ist in allgemein bekann(§ ...) gestattet ist. Vor einer Konversion unterrichtet ter Weise verdeutlicht, dass eine Nutzung durch andere der Auftragnehmer den Auftraggeber schriftlich. Der nicht ausgeschlossen ist (§ 31 Abs. 2 UrhG). In der BranAuftragnehmer räumt für den Vorteil dieser Erweiteche weiß jeder, dass das einfache Nutzungsrecht nur ein rung der Standardsoftware dem Auftraggeber auf Mitbenutzungsrecht ist und dass nur ein exklusives Nutden Zeitaufwand, der auf diese Leistungsbereiche zungsrecht vor Weitergabe des Entwicklungsergebnisses entfällt, einen Nachlass von 30 % ein. Uber Meian andere schützt. nungsverschiedenheiten in diesem Bereich entscheidet abschließend die Schlichtung. Die Kürzung des Zeitaufwandes entfällt, wenn die Konversion erst 3. Vertragsrecht später als 24 Monate nach der Abnahme erfolgt. Zu den vertraglichen Nebenpflichten, die auch ohne Wenn der Auftragnehmer die Konversion erst nach schriftliche Fixierung gelten, gehört die Leistungstreuedem Ausgleich der Schlussrechnung durchführt, gibt pflicht, wonach der Schuldner alles zu tun hat, „um den er dem Auftraggeber eine Gutschrift, die der AuftragLeistungserfolg vorzubereiten, herbeizuführen und zu sigeber nur mit künftigen Leistungen des Auftragnehchern"; er hat „alles zu unterlassen, was den Vertragsmers verrechnen kann." zweck oder den Leistungserfolg beeinträchtigen oder gefährden könnte" . Der Anwendungsbereich ist enger als Technisch gesehen ist die Konversion in Standardsoftder nach § 18 UWG. Er setzt voraus, dass K dem SH mit ware für K vorteilhaft, weil dann auch diese Bereiche dem Pflichtenheft schutzwürdiges Know-how eröffnet durch Softwarepflege abgedeckt sind. Stattdessen kann und dass über die aus dem Pflichtenheft erstellte Soft- K eine Vertragsregelung vorschlagen, wonach die indiviware ein Wettbewerber des K hiervon profitiert. duellen Änderungen und Ergänzungen mit der Standardsoftware mitgepflegt werden. In diesem engen Bereich ist SH auch dann an einer Weitergabe gehindert, wenn K nur ein einfaches Nutzungs- Die Verhinderung, dass die Module an einen Konkurrenten des K gelangen, kann K nicht nur durch ein exklusirecht hat. ves Nutzungsrecht bewirken, sondern auch durch ein Weitergabeverbot, das auf diese Konkurrenten beschränkt sein kann. In der Regel überwiegt der Vorteil des K, dass die kundenspezifischen Bereiche der Soft17 Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 18 Rz. 9,10. ware zur Standardsoftware gehören. 18 19 20 22 21 18 Zur analogen Anwendung des § 1004 BGB, vgl. B G H , NJW2008,3565 - R z . 13. 19 Fezer/Rengier, U W G , 2. Aufl. 2010, § 18 Rz. 23. 20 Die Entscheidung des O L G Köln v. 8.4.2005 - 6 U 194/04, C R 2005, 624, ist unter diesem Aspekt fragwürdig. Dort hat der Auftraggeber „in wochen- und monatelangen Detailarbeiten sämtliche Voraussetzungen, die derartige Programme zu erfüllen hätten, dokumentiert." Das klingt deutlich nach einem Know-how-Transfer, der unter § 18 U W G fällt. 21 Pzhndt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl. 2012, § 242 Rz. 27 m.w.N. Der Konkurrenzschutz und der Know-how-Schutz sind stets Interessen des K, die ihn berechtigen, nach § 8 Abs. 2 Satz 2 UrhG die Weitergabe des Entwicklungsergebnisses an Dritte zu verweigern. 22 Aus Bartsch, „IT-Recht", in Bcck'sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 10. Aufl. 2010, Teil III.G.4 § 7 Abs. 3. Bartsch 144 CR 3/2012 Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen LT. Wem gehört die Software bei Projektabbruch? dings gilt die Regelung nur bei einem Vertragsabbruch ex nunc, also nicht bei Rücktritt . 25 Fall: 2. Vertragsgestaltung Die Erstellung von Individualsoftware durch SH für K scheitert. Die Vertragspartner stellen die Zusammenarbeit ein. Hat K Anspruch gegen SH auf Herausgabe der bisher erstellten Arbeitsergebnisse? a) Vertragsgestaltung aus Sicht des Auftraggebers Der Auftraggeber ist daran interessiert, dass ihm die Rechte am Arbeitsergebnis so früh wie möglich eingeräumt werden, damit er bei einem Projektabbruch die Chance hat, das vorliegende Arbeitsergebnis zu komplettieren. Eine solche laufende Einräumung der Rechte ist mit folgender Klausel möglich: Wir unterstellen zunächst, dass K den Vertrag abgebrochen und hierbei die Formalien korrekt eingehalten hat. 1. Übernahmerecht des Kunden Dem BGH lag folgender Fall vor : Der Hauseigentümer wollte den Planbestand seiner Gebäude digital erfassen lassen und beauftragt hierfür M . als Auftragnehmer. Es gab Arger. Der Eigentümer kündigte den Vertrag fristlos unter Hinweis darauf, der Auftragnehmer habe den Kostenanschlag überschritten (§ 650 Abs. 1 BGB). Der B G H sah eine solche Überschreitung nicht, weil die Fehlerhaftigkeit des Kostenanschlages auf Fehlinformationen seitens des Eigentümers beruhte. Folgerichtig sah er auch keinen wichtigen Kündigungsgrund, der zu einer Beendigung nach § 314 BGB getaugt hätte (Werkvertrag als Dauerschuldverhältnis!). Der Vertrag endete also nach dem (vom B G H nicht explizit genannten) § 649 BGB. 23 „Die Rechte gehen auf den Auftraggeber im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Entstehung, also laufend mit der Entstehung der Software über. Der Auftraggeber hat jederzeit einen von allen Einreden freien Anspruch gegen den Auftragnehmer und (aufgrund einer vom Auftragnehmer zu beschaffenden Erklärung) gegen Subunternehmen, Kopien der Software mit allen Vorbereitungsstufen, Dokumentationsunterlagen usw. im umfassendsten Sinn ausgehändigt zu bekommen. Der Auftragnehmer sorgt dafür, dass, soweit rechtlich möglich Urheberpersönlichkeitsrechte dem nicht entgegenstehen, und verschafft dem Auftraggeber auf dessen Wunsch entsprechende Erklärungen der Personen, denen solche Rechte zustehen könne." 26 In Bezug auf das teilweise schon erstellte Arbeitsergebnis sagt der B G H (Rz. 30): Ob K mit dem Torso etwas anfangen kann, ist eine andere Frage. „Auch hat die Beklagte gem. § 631 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ablieferung dessen, was die M . im Rahmen der vertraglichen Erfüllung bislang hergestellt hat (vgl. Palandt/Spra«, BGB, 69. Aufl., § 631 Rz. 12), mithin auf Herausgabe der erstellten digitalen Pläne und Fotos." b) Vertragsgestaltung aus Sicht des Softwarehauses SH wird demgegenüber wünschen, dass die Rechte am Arbeitsergebnis erst mit der Abnahme auf K übergehen, wie es dem gesetzlichen Konzept entspricht. Überraschend daran ist vor allem das Palandt-Zitat. Die 69. Aufl. enthält keine Aussage in Bezug auf eine Ablieferungspflicht nach Vertragsabbruch. Eine solche Aussage enthält erst die 71. Aufl. 2012 mit dem BGH-Urteil als einziger Belegstelle . 24 Bei Werkverträgen, die auf urheberrechtsfähige Ergebnisse gerichtet sind, kann die Herausgabe des angefangenen Werkes gegen Urheberpersönlichkeitsrechte verstoßen (Beispiel: angefangenes Gemälde). Bei den geschützten Gegenständen der zitierten BGHEntscheidung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 7; § 72 UrhG) sah der BGH keinen Hinderungsgrund, dem Auftraggeber den Anspruch auf Herausgabe der angefangenen Werke zu geben. Auch bei Software sollten persönlichkeitsrechtliche Positionen keine Rolle spielen. Wenn dem K ein Bearbeitungsrecht eingeräumt wurde, kann er nun die Software fertigstellen und einsetzen. Ob er eine solche Berechtigung aus § 69d Abs. 1 UrhG herleiten kann, richtet sich danach, ob er ein Bearbeitungsrecht (auch ein Recht zur Erweiterung) in Bezug auf die komplett fertiggestellte Software hätte. Weder der BGH noch Sprau in seiner Palandt-Kommentierung machen eine Andeutung dahingehend, dass es auf die Ursachen des Vertragsabbruchs ankomme. Aller23 B G H , Urt. v. 2 1 . 1 2 . 2 0 1 0 - X Z R 122/07, NJW2011, 989. 24 Zur Herausgabe des bis zum Vertragsabbruch Hergestellten vgl. auch Busche in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2009, § 631 Rz. 59; § 649 Rz. 15 m.w.N. 27 Ein Vorbehalt des Übergangs der Rechte - analog zum Eigentumsvorbehalt - bis zur vollen Zahlung der Vergütung ist denkbar. K braucht aber schon vor der Fälligkeit der Vergütung ein Minimum an Rechten an der Software, nämlich zur Übernahme des Programmes in den Arbeitsspeicher seines Rechners , denn sonst kann er die Software nicht einmal testen. 28 Die vertragliche Formulierung kann lauten: „Das vertraglich vereinbarte Nutzungsrecht geht erst mit voller Zahlung der Vergütung auf K über. Zuvor hat K lediglich die schuldrechtliche Befugnis zur Nutzung im vertraglich vorgesehenen M a ß . " 29 Die Folge ist, dass das Nutzungsrecht dem K zunächst nur temporär, z.B. bis zu einem Widerruf eingeräumt ist . Der praktische Nutzen ist gering, denn wenn K die Vergütung nicht bezahlt, wird SH die Rückabwicklung 30 25 Statt nach § 323 BGB zurückzutreten, kann K die Vertragsbeendigung nach § 281 BGB bewirken. Wählt er hierbei den kleinen Schadensersatz, so kann er den bisher erstellten Stand der Software behalten; vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl. 2012, § 281 Rz. 45. 26 Vgl. Bartsch, „IT-Recht", in Beck'sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 10. Aufl. 2010, Teil III.G.4 § 28 Abs. 2; Karger, C R 2001, 357. 27 Vgl. Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 69a Rz. 67. 28 Vgl. B G H , Beschl. v. 3.2.2011 - 1 Z R 129/08, C R 2011, 223 m. Anm. Rössel und Wolff-RojczyklHansen. 29 Vgl. Schulze in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 31 Rz. 7. 30 Vgl. Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 31 Rz. 7, 8. CR 3/2012 ßmmh Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen durchführen. SH kann das Nutzungsrecht auch zunächst nur aufschiebend bedingt bis zu einem seitens SH erklärten Vertragsrücktritt einräumen mit der Folge, dass das Nutzungsrecht dann beim Rücktritt ohne weiteres erlischt. HI. Welche Rechte hat der Auftraggeber bei Software-Pflegeverträgen ? Fall: 145 nutzung des Computerprogramms" ist hier zeitlich begrenzt. Auf die Eigentumszuordnung am Datenträger kommt es nicht an. Die Einräumung eines Softwarenutzungsrechtes auf Zeit (z.B. auf fünf Jahre) ist Vermietung . 33 Die Absprache einer jeweils nur auf Zeit gewährten Nutzungsberechtigung gilt nicht für das letzte Werkstück, das zum Ende des Pflegevertrages bei K angelangt ist. Mit dem Ende des Pflegevertrages soll ja nicht jede Nutzungsberechtigung enden, denn sie ist aufgrund des Kaufvertrages dauerhaft erworben. Das Nutzungsrecht am so aktualisierten Softwarestand bleibt also dem K . 3 4 K hat bei SH Standardsoftware gekauft und einen Pflege vertrag geschlossen, wonach SH viermal jährlich neue Softwarestände ausliefert. K verkauft immer den nach Neulieferung nicht mehr benötigten Datenträger sogleich an andere Nutzer. Kann SH das unterbinden? 1. Softwareüberlassung auf Datenträger Der Fall wird zunächst so gestaltet, dass die Software stets (auch während der Pflege) auf einem Datenträger an K gelangt. Man darf das Ergebnis vorausnehmen: Eine solche Weiterveräußerung wider-spricht grob dem Partizipationsinteresse (hier: des Softwarehauses), das zu den wesentlichen Leitgedanken des Urheberrechts gehört. 31 a) Zeitliche Begrenzung Das Problem löst sich unter dem Aspekt, dass K den jeweiligen Programmstand nur benötigt, bis der neue Programmstand angekommen ist. Das Nutzungsrecht muss nun vom alten Programmstand auf den neuen Stand übergehen. Das heißt, dass zunächst keiner dieser Programmstände mit einem auf Dauer angelegten Nutzungsrecht ausgestattet ist; jeder Stand hat nur temporäre Bedeutung. Unabhängige und dauerhafte Nutzungsrechte an jedem der einzelnen Datenträger sind ersichtlich nicht gewollt. Weil in Bezug auf die temporär zu nutzenden Datenträger Vermietung vorliegt, tritt keine Erschöpfung am Werkstück ein (§ 69c Nr. 3, § 17 Abs. 2 UrhG). K darf diese Exemplare also nicht weiterverkaufen und natürlich auch nicht seinerseits vermieten . 35 Wenn K zunächst nur die Software kauft und keinen Pflegevertrag schließt, ist der gekaufte Datenträger auf Dauer überlassen. Die spätere Vereinbarung von Softwarepflege ändert diese urheberrechtliche Einstufung. Die nachträgliche Vereinbarung von Softwarepflege ist so auszulegen, dass auch der ursprüngliche Datenträger nur zur temporären Nutzung bis zum Nutzungsbeginn des neuen Datenträgers überlassen ist; die nachträgliche Einstufung als Vermietung ist problemlos möglich. Umgekehrt hat der letzte, im Rahmen der Softwarepflege gelieferte Datenträger nicht mehr nur temporäre Berechtigung, wenn der Pflegevertrag endet, denn diesen Datenträger darf K dauerhaft nutzen. Für andere, dem Auftraggeber als Ersatz für eine frühere Version zugehende Exemplare der Software, z.B. im Rahmen der Gewährleistung, gilt dasselbe. 2. Softwareüberlassung ohne Datenträger Wenn die Software sowohl beim Erwerbsvorgang als auch während der Softwarepflege ohne Datenträger überlassen wird, gilt nicht § 17, sondern § 19a UrhG . Hier kennt das Gesetz keine Erschöpfung. 36 Die zeitlich begrenzte Rechtseinräumung ist Vermietung. Der urheberrechtliche Vermietungsbegriff ( § 1 7 Abs. 3 Satz 1 UrhG) ist von anderer Struktur und dient anderen Zwecken als der zivilrechtliche Vermietungsbegriff. Wo unmittelbare oder mittelbare Erwerbszwecke vorliegen, ist jede nicht endgültige Weggabe des Gegenstandes urheberrechtliche Vermietung, dies sogar dann, wenn der Gegenstand übereignet wird und es eine Rückübereignungsverpflichtung gibt. Ob bei der Online-Übertragung von Software der Erschöpfungsgrundsatz analog anzuwenden ist, ist streitig; der B G H hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt . Günstigstenfalls kann K wie bei Überlassung körperlicher Datenträger behandelt werden. Das bedeutet, dass er die ihm nur auf Zeit zukommenden Versionen der Software nicht veräußern darf. Der Fall ist also von der noch ungeklärten Rechtsfrage unabhängig. b) Verhältnis zum dauerhaften Erwerb Die Absprache im Pflegevertrag ist so auszulegen, dass K immer nur einen Datenträger operativ nutzen darf. Das bedeutet, dass die Berechtigung zur Nutzung des vorangegangenen Datenträgers endet, wenn der neue Datenträger zur operativen Nutzung der Software installiert wird. Während des laufenden Pflegevertrages wird kein Datenträger zur dauernden Nutzung überlassen. Die in § 69d Abs. 1 UrhG genannte „bestimmungsgemäße Be- 33 Vgl. B G H , N J W 1981,2684. 34 / . Schneider, C R 2011,626 (627 bei IT.2.) argumentiert, die Softwarebeschaffung sei hier möglicherweise ein Mietvertrag, weil der Kunde kein dauerhaftes und weiterübertragbares Recht an der Software habe. Das stimmt mit dem urheberfreundlichen Grundzug des geltenden Urheberrechts nicht überein, wonach dem Lizenznehmer/Erwerber lediglich ein abgeleitetes Recht eingeräumt wird; der freie Transfer dieses Wirtschaftsgutes ist dem Urheberrecht fremd; der Erschöpfungsgrundsatz ist die auf sachenrechtliche Argumente gestützte Ausnahme (vgl. C. Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, 1998, S. 81 ff.). Auch § 399 BGB zeigt, dass Fungibilität nur beim Sacheigentum ein gesetzlicher Grundsatz ist. 31 Löwenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2010, Einl. Rz. 13 m.w.N. / . Schneider, C R 2011, 626, sagt lakonisch: „Er darf sie nicht weitergeben". 32 Vgl. B G H v. 2.2.1989 -1 Z R 100/87, C R 1989,605 = C R 1989,988 m. Anm. Hoeren = G R U R 1989, 417; Bartsch, „IT-Recht", in Bcck'sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 10. Aufl. 2010, Teil UI.G.7 Anm. 34 m.w.N. 35 Dass die Vertragspartner diese Abgrenzung nicht kennen, macht sie nicht unwirksam. Ein Beispiel: Kein Käufer eines Getränks in einer Mehrwegflasche und üblicherweise auch kein Händler solcher Flaschen kennt die komplizierten Rcchtsregeln in Bezug auf Pfandflaschen; vgl. Vatendt/Bassenge, BGB, 71. Aufl. 2012, Überbl. vor § 1204 Rz. 4. 36 Dreierl Schulze, Urheberrechtsgesetz, 3. Aufl. 2008, § 17 Rz. 46. 37 B G H , Beschl. v. 3.2.2011 - 1 Z R 129/08, CR 2011,223 m. Anm. Rössel und Wolff-Rojczyk/Hansen. 32 37 146 Bartsch CR 3/2012 Softwarerechte bei Projekt- und Pflegeverträgen Die vom BGH vorgelegte Frage wird praktisch bedeutsam, wenn K beim Kauf ein Werkstück bekam und nur die Pflege online durchgeführt wird. Lässt man die analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes zu, so bleibt K als fungibler Gegenstand nur der ihm infolge des Kaufvertrages überlassene Datenträger. Weil die Rechtsregeln über die unkörperliche Nutzung nach § 19a UrhG den Nutzer enger stellen als die Rechtsregeln über die körperliche Nutzung, kann K diesen anfänglichen Datenträger ebenfalls erst veräußern, wenn die Softwarepflege endet. Lässt man die analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes gelten, so gilt dasselbe wie bei III. Loben. 3. Vertragsgestaltung Die Vertragsgestaltung erfolgt für Softwarepflegeverträge in der Praxis zumeist durch Vorlage von AGB des Softwarehauses. Eine Regelung im Softwarepflegevertrag kann so lauten: „ (1) Der Auftraggeber hat an der ihm im Rahmen der Pflege überlassenen Software die im Softwarekaufvertrag genannten Rechte. Er darf jedoch stets nur eine Version produktiv nutzen. (2) Mit einer neuen Version darf er vor der produktiven Nutzung Tests und Schulungen durchführen. Frühere Versionen der Software darf er nach Ende der produktiven Nutzung zur Dokumentation und in Notfällen nutzen. Das Softwarehaus räumt ihm hiermit die hierfür notwendigen Rechte schuldrechtlich ein. (3) Während des Laufes des Pflegevertrages überlässt das Softwarehaus dem Auftraggeber die Stände der Software (einschließlich des beim Kauf überlassenen Standes) nur auf Zeit. Die Gestattung in Bezug auf die Weitergabe der Software (vgl. § ... des Softwarekaufvertrages) betrifft also nur den letzten Softwarestand, der dem Auftraggeber vor Ende des Pflegevertrages zuging."