atmosphärische neutrinos - Server der Fachgruppe Physik der

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ATMOSPHÄRISCHE NEUTRINOS
Ein Seminarvortrag von Cyrill Oracz
Atmosphärische Neutrinos
Inhaltsangabe
Einleitung…………………………………………………..………….2
Das Neutrino stellt sich vor……………………………………………2
Reaktionen in der Atmosphäre………………………………………...3
Neutrinooszillation……………..……………………………………...5
Cherenkov-Strahlung……………..…………………………………....7
Photomultiplier…….……………..……………………………………8
Superkamiokande…………………..………………………………….9
Ergebnisse/Auswertung……………..………………………………...11
Elektronneutrinos…………………………………..…………………12
Myonneutrinos………………………………………..……………….13
Tauneutrinos……………………………………………..………........14
Myonen……………………………………………………..…….......15
Fazit…………………………………………………………..……….16
Minos-Experiment…………………………………………….…........17
Schlussbemerkung……………………………………………………18
Quellen………………………………………………………………..18
1
Einleitung
Im Folgenden sollen die atmosphärischen Neutrinos näher gebracht werden
und auch das Phänomen der Neutrinooszillation soll erläutert werden. Die
Neutrinos an sich wurden bislang als masselose Teilchen angenommen, und
stellen gleichzeitig einen der wichtigsten Bausteine unter den
Elementarteilchen dar (Abb.1). Insgesamt gibt es sechs unterschiedliche
Neutrinos, die sich in drei Flavors unterteilen, die sozusagen die
„Familienzugehörigkeit“ angeben. Bislang hat man zumindest diese drei Arten
gefunden und zwar das Elektronneutrino, das Myonneutrino und das
Tauneutrino. Dazu kommen noch die jeweiligen Antiteilchen. In unserer
Seminarreihe wurden drei Quellen der Neutrinos besprochen. Diese werden in
der Sonne, wie auch bei Supernovae gebildet. Ebenso vermögen die Neutrinos
in der Erdatmosphäre zu entstehen, doch dazu später mehr.
Abb.1 Tabelle der Elementarteilchen
Das Neutrino stellt sich vor…
Die Geschichte des Neutrinos ist eng mit dem ß-Zerfall verknüpft. Während
die Energiebilanz beim α-Zerfall klar eingehalten wird, scheint dies beim ßZerfall nicht der Fall zu sein. Die Energieerhaltung scheint insofern verletzt,
als dass die Differenz zwischen den Energien des Mutterkerns und des
Tochterkerns größer ist, als die kinetische Energie des ß-Teilchens, das bei
dieser Reaktion entsteht. Außerdem hat man einen konstanten Wert für die
kinetische des emittierten Elektrons erwartet, gemessen wird jedoch
kontinuierliches Spektrum, dessen maximaler Wert gerade dem Energiebetrag
entspricht, der erwartet wird, sonst aber um einiges kleiner ausfällt. (Abb.2)
Abb. 2 Energiespektrum des α- und β-Zerfalls. Energie aufgetragen gegen Häufigkeit.
Das Neutrino wurde 1930 von Pauli postuliert. Pauli stellte fest, dass beim ßZerfall die Energiebilanz durch ein zusätzliches Teilchen gerettet werden
kann. Ein zusätzlich bei dieser Reaktion entstehendes Teilchen, das einen Teil
der Energie mitnimmt, bringt die Energiebilanz in Ordnung. Ein zweiter
Grund, den Betazerfall nicht als eine Reaktion mit nur drei teilnehmenden
Teilchen anzusehen, war eine quantenmechanische Drehimpuls-Betrachtung.
2
Man kann den ß-Zerfall auf die
Umwandlung eines Neutrons (des
Mutterkerns) in ein Proton (in dem Tochterkern) und Elektron (das emittierte
Teilchen) reduzieren. Der Gesamtspin am Anfangspunkt der Reaktion ist
halbzahlig, das Ergebnis der Reaktion jedoch ganzzahlig. Das emittierte
Neutrino verhilft der rechten Seite der Reaktionsgleichung zu einer ebenfalls
halbzahligen Bilanz des Gesamtspins.
_
n -> p + e- + ve
mit:_
ve: Elektronantineutrino
n: Neutron
p: Proton
e-: Elektron
Pauli hat mit seiner Lösung des Problems die physikalische Welt erschüttert,
aber auch den Grundstein für die Neutrinophysik gelegt. Leider war die
Technik zu dieser Zeit noch nicht so fortgeschritten, um die Thesen von Pauli
sofort belegen oder widerlegen zu können, so dass erst ca. 25 Jahre später der
direkte Nachweis für die Neutrinos erbracht wurde, und zwar von den
amerikanischen Physikern Reines und Cowan, die in den Neunziger Jahren
für ihre Verdienste mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Ebenso bekam
Pauli für seinen Vorstoß einen Nobelpreis verliehen.
Im Übrigen kommt beim ß+ Zerfall das Neutrino zum Einsatz, beim ßZerfall dann das Antiteilchen, also das Antineutrino. Die dazugehörige
Reaktionsgleichung sieht wie folgt aus:
p -> n + e+ + ve
mit:
p: Proton
n: Neutron
e+: Positron
ve: Elektronneutrino
Reaktionen in der Atmosphäre
Wie schon eingangs erwähnt, gibt es neben den solaren Neutrinos und den
Neutrinos aus Supernovae auch atmosphärischen Neutrinos. Sie entstehen,
wie der Name schon sagt, in der Atmosphäre. Die kosmische Strahlung trifft
auf die Atmosphäre und geht eine Vielzahl von Reaktionen ein, deren
Folgeprodukte unter anderem Neutrinos sind. Die extraterrestrische Strahlung
besteht zu etwa 99% aus Hadronen, zu etwa 1% aus Elektronen und zu etwa
0,1% aus Photonen. Die erste Reaktion, die in der Atmosphäre stattfindet, ist
die Umwandlung der kosmischen Strahlung in Kaonen und Pionen. In
Sekundärreaktionen zerfallen dann diese zu Myonen und die dazugehörenden
Myonantineutrinos, bzw. zu den jeweiligen Antiteilchen. Somit entsteht bei
jeder Zerfallskette zumindest ein Neutrino mit dem Myonen-Flavor. Die nun
entstandenen Myonen zerfallen in Abhängigkeit von der Energie und der
3
damit verbundenen Flugzeit durch die Atmosphäre oder nicht. Sofern sie
weiter an Reaktionen teilnehmen, wandeln sie sich in Elektronen,
Elektronantineutrinos und Myonneutrinos um, wobei wieder die Variante mit
den jeweiligen Antiteilchen auch möglich ist. In dieser Reaktion entstehen aus
einem Myon also ein Myonneutrino und ein Elektronneutrino (oder die
Antiteilchen). Unter der Voraussetzung, dass alle Myonen, die durch die
Atmosphäre fliegen, zerfallen, ergibt sich ein 2:1 Verhältnis der
Myonneutrinos zu Elektronneutrinos. Bei höheren Energien der Myonen
steigt das Verhältnis signifikant. Außer den Neutrinos erreichen auch noch
Photonen, Positronen, Elektronen und atmosphärische Myonen die
Erdoberfläche. (Abb. 3)
Abb. 3 Atmosphärischer Schauer (auf Neutrinos reduziert).
Die Energie der Neutrinos beträgt typischerweise 1 GeV. Die Energien der
Neutrinos erhält man aus so genannten Monte Carlo Simulationen. Man gibt
als Eingabe die Myonenflüsse sowie die Atmosphärenbeschaffenheit an und
erhält Voraussagen über die Energie wie auch die Anzahl der Neutrinos, die
auf der Erdoberfläche ankommen. An die Myonenflüsse kommt man, indem
man die Atmosphäre in unterschiedlichen Höhen auf Myonen hin untersucht.
Und bereits hier stellt man interessante Details fest: Der Neutrinofluss der
Myonenneutrinos und der Elektronenneutrinos ergibt unterschiedliche Werte
für den senkrechten Einfall und für den horizontalen Einfall. Dies wird vor
allem bei höheren Energien der einfallenden Teilchen deutlich. Bei Energien
im Sub-GeV-Bereich sind die Unterschiede nicht so signifikant wie im MultiGeV-Bereich (Abb. 4). Es kommen offenbar mehr Teilchen auf einer
horizontalen Trajektorie an die Erdoberfläche, als auf einer vertikalen Bahn.
Daher macht man in den experimentellen Untersuchungen die Unterscheidung
zwischen den beiden Energiebereichen.
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Abb. 4 Neutrinoflüsse. Unterschiedliche Berechungen für senkrechten und horizontalen Einfall. Man sieht kleine
Abweichungen zw. unterschiedlichen Rechengruppen, die Differenz zw. horizontalen und vertikalen Einfall ist
jedoch bei allen dominierend.
Vergleicht man nun das berechnete Verhältnis der Myonneutrinos zu
Elektronneutrinos mit dem gemessenen Verhältnis, stellt man eine große
Diskrepanz fest. Das gemessene Verhältnis betrug nur 64% des
vorhergesagten im Sub-GeV-Bereich und 66% im Multi-GeV-Bereich. Die
einzelnen Angaben für die Messungen im Superkamiokande im Überblick:
mit Evis gleich der sichtbaren, also messbaren Energie.
Nun stellt sich natürlich die Frage, woher der Unterschied kommt. Da der
Wert für R unter 1 liegt (dies wird als Neutrinoanomalie bezeichnet), bedeutet
das entweder einen Überschuss an Elektronneutrinos (bei einem richtig
vorhergesagten Myonneutrinofluss) oder ein Defizit an Myonneutrinos (bei
einen exakt mit der Vorhersage übereinstimmenden Elektronneutrinofluss).
Eine mögliche Erläuterung dieses Problems bietet die Neutrinoszillation.
Neutrinooszillation
Unter diesem Begriff versteht man die Fähigkeit der Neutrinos, ihren Flavor
zu ändern, sozusagen die eigene Identität zu wechseln. Angenommen, man
stellt am Ursprungsort eines Neutrinos fest, dass es sich hierbei um das
Neutrino der Art A handelt. Dann ist es möglich, das gleiche Neutrino an
einem weiter entfernten Ort als ein Neutrino der Art B zugehörend zu
detektieren. Dies bedeutet aber, dass die Flavorzahlen nicht streng erhalten
sein müssen. Dies ist mit dem bislang allgemein gültigen Standard-Modell der
Physik nicht vereinbar gewesen.
Beim allgemeinen Fall der Oszillation, und dabei geht man von Oszillation in
Vakuum aus, werden zwei orthonormierte Systeme von Neutrinozuständen
definiert, wobei bei dem einen die Flavor-Eigenzustände die maßgebende
Koordinate ist und mit den Flavors durchgezählt wird (e,µ,τ) und bei dem
anderen die Massen-Eigenzustände die Hauptrolle spielen. Diese werden mit
arabischen Zahlen durchgezählt (1,2,3). Dabei stößt man auf das Problem, dass
für die Verwirklichung dieser Systeme, zwei unterschiedliche Flavor auch eine
Massendifferenz haben müssen. Damit wären Neutrinos nicht massenlos!
5
Die Zustände der beiden Systeme werden im Allgemeinen verknüpft durch
unitäre Transformationen, die sich durch die quadratische (n x n ), unitäre
Transformationsmatrix ausdrücken lassen.:
Diese Transformationsmatrix hat eine bestimmte Anzahl an freien Parametern,
die von n abhängt. Das sind im Einzelnen: n(n-1)/2 Mischungswinkel und
(n-1)(n-2) / 2 CP-verletzende Phasen, was insgesamt (n-1)² unabhängige
Parameter ergibt. Für n = 3 würden sich drei Mischungswinkel und eine Phase
ergeben, im einfachsten Fall von n = 2 hingegen gibt es insgesamt nur einen
Mischungswinkel. Als Beispiel: angenommen, man geht von einer Oszillation
zwischen zwei Flavors im System der Massen-Eigenzustände aus, also beträgt
die Differenz der Massenquadrate δm² = m1² - m2² (mit m1, m2 gleich den
Massen der Zustände 1 und 2). Die zugehörige Matrix hat folgendes Aussehen:
Wie man sieht, handelt es sich bei der Transformationsmatrix um eine simple
Drehmatrix mit dem Mischungswinkel θ.
Es ergeben sich nun folgende Übergangswahrscheinlichkeiten P:
Für die Flavoränderung von a nach b (die so genannte Appearance von a) gilt:
P = sin²2θ sin² (δm²/4 ° L/E),
mit:
θ: der Mischungswinkel
L: die Länge der Strecke (Oszillationslänge)
E: die Energie des Teilchens.
Und für das Überleben von Flavor a (non-Disappearance von a) gilt:
P = 1- sin²2θ sin² (δm²/4 ° L/E)
Die Wahrscheinlichkeiten ergänzen sich insgesamt zu 1, d.h. entweder
wechselt das Teilchen zum anderen Flavor oder es bleibt bei seinen
ursprünglichen Flavor. Man kann das vielleicht besser in einem Diagramm
visualisieren, in dem die Wahrscheinlichkeiten gegen L/Losz aufgetragen wird:
Abb. 5 Die Wahrscheinlichkeiten gegen normierte Länge und Massendifferenz aufgetragen
Man sieht, dass die Wahrscheinlichkeiten sich gegenseitig zu eins ergänzen.
Die Durchmischung der beiden Zustände hängt natürlich vom
Mischungswinkel θ, genauer von sin²2θ, ab. Die Oszillation wiederholt sich
periodisch und die dazugehörige Oszillationslänge wird als Losz bezeichnet.
Sie ist proportional zum Kehrwert der Differenz der Massenquadrate. Diese
6
Erkenntnis spielt eine wichtige Rolle bei zukünftigen Experimenten. Die
Oszillation findet also nur statt, wenn es eine Massendifferenz gibt, was völlig
konträr zur bisherigen Annahme steht, die Neutrinos seien massenlos.
Cherenkov-Strahlung
Wie soll man nun ein Teilchen detektieren? Man bedient sich hierbei der
Tatsache, dass geladene Teilchen unter bestimmten Voraussetzungen
elektromagnetische Strahlung aussenden. Wenn nämlich ein geladenes
Teilchen durch Materie fliegt und dabei eine Geschwindigkeit erreicht, die
schneller ist als die Lichtgeschwindigkeit in diesem Medium, dann wird die so
genannte Cherenkov-Strahlung emittiert. Beim Durchfliegen des Mediums
polarisiert das Teilchen kurzzeitig die Atome entlang der Bahn. Bleibt die
Geschwindigkeit unter der Lichtgeschwindigkeit, so wird die Polarisation vor
und hinter dem Teilchen aufgehoben, denn die Dipole ordnen sich
symmetrisch an und das resultierende Dipolfeld verschwindet. Fliegt das
Teilchen mit einer Geschwindigkeit, die höher ist, als die Geschwindigkeit des
Lichts in diesem Medium, dann haben die Atome nicht ausreichend Zeit, sich
symmetrisch anzuordnen, es werden nur Atome hinter dem Teilchen
polarisiert, wodurch auch das Dipolfeld nicht mehr verschwindet. Durch die
zeitliche Veränderung des Dipolfeldes wird elektromagnetische Strahlung
emittiert. (Abb.6)
Abb. 6 links: Polarisation entlang der Flugbahn. rechts: Flugstrecken des Teilchens und der emittierten Strahlung.
Betrachtet man nun die emittierte Strahlung und im speziellen den Winkel
zwischen der Bahn der Photonen und des Teilchens selbst, so ergibt sich für
die Stecke, die das Teilchen durchfliegt (in der Abb. 6, rechts die Strecke AB)
nach der Formel Weg gleich Geschwindigkeit mal Zeit: AB= t°ß°c, wobei t die
Flugzeit entlang der Strecke bedeutet, c die Lichtgeschwindigkeit und ß der
Quotient der Geschwindigkeit des Teilchens und der Lichtgeschwindigkeit ist.
Für den Weg des Photons (Strecke AC) ergibt sich dann t (Flugzeit) mal
Lichtgeschwindigkeit c durch die Brechungszahl n. Also AC= t°c/n. Der
eingeschlossene Winkel θ ergibt sich dann folgendermaßen:
cos θ = AC / AB = t°c / ( t°c°ß°n) = 1 / ß°n
Das Ganze kann man auch in der Akustik wieder finden, und zwar beim
Mach-Kegel.
7
Cherenkov-Strahlung wird emittiert, falls ß > 1/n. Der Cherenkov-Winkel
steigt, bis er den Maximalwert für ß = 1, also θ = arccos (1/n) erreicht.
Cherenkov-Strahlung ist deshalb nur in Medien und bei Frequenzen ν, für die
n(ν) >1 gilt, möglich. Der Schwellengeschwindigkeit entspricht also eine
Schwellenenergie gemäß
mit
.
Der Lorentzfaktor, von dem ab Cherenkov-Strahlung emittiert wird, hängt bei
fester Energie also von der Masse des Teilchens ab. Deshalb eignet sich die
Messung der Cherenkov-Strahlung zur Teilchenidentifikation, es macht die
Unterscheidung zwischen myonen- und elektronenartigen Ereignissen
möglich. Während bei den so genannten elektronenartigen Ereignissen, also
dann, wenn ein Elektronenneutrino den Weg in den Detektor fand, und dort zu
einen Elektron wechselwirkt, die emittierte Strahlung noch weiterhin
elektromagnetischer Wechselwirkung unterliegt und somit der Ring leicht
diffus erscheint, so ist die vom Myonenneutrino (bzw. vom Myon selbst)
stammende Strahlung weniger anfällig und der Ring erscheint deutlicher.
(Abb.7 links und rechts)
Abb. 7 räumliche Signalverteilung eines Elektrons (links) und Myons (rechts).
Um die Detektion der Neutrinos vollends verständlich zu machen, muss noch
das Prinzip des Photomultipliers erklärt werden. Photomultiplier wandeln
schwache Lichtsignale (z.B. Photonen (γ) eines schwachen Lichtblitzes aus
einem Szintillator) in einen nachweisbaren elektrischen Puls um. Das Gerät
besteht aus mehreren Teilen, die in folgender Abbildung zu erkennen sind:
8
Auf ein dünnes Eintrittsfenster folgt eine Photokathode. Diese besteht aus
einem Material, das nur schwach gebundene Valenzelektronen
(Austrittsarbeit wenige eV) besitzt, so dass es einen großen
Wirkungsquerschnitt für die Umwandlung von Photonen in Elektronen
mittels Photoeffekt besitzt. Die meisten einfallenden Photonen erzeugen
somit ein Elektron. Hinter der Kathode sind eine Reihe so genannter
Dynoden aus einem Material mit kleiner Austrittsarbeit angebracht, wobei
das Potential von Dynode zu Dynode um ca. 100 - 200 V ansteigt. Das
elektrische Feld beschleunigt die erzeugten Elektronen bis zur nächsten
Dynode, wo durch Sekundäremission ein Vielfaches an weiteren
Elektronen hinzugefügt wird. In einem Photomultiplier befinden sich
zwischen sechs bis vierzehn solcher Dynodenstufen, wodurch eine
Verstärkung des Eingangssignals von etwa 104 bis 107 erreicht wird. Das
Endsignal ist somit gut messbar und bis auf statistische Schwankungen
proportional zum Eingangssignal.
In den im Superkamiokande verwendeten Photomultiplier findet man elf
dieser Dynodenstufen wieder. Das Besondere an den SK-Photomultipliern
ist jedoch ihre Größe. Der sensitive Bereich hat einen Durchmesser von 46
cm (weltweite Bestmarke), während die gewöhnlichen Photomultiplier
gerade mal eine Fläche von 3cm² aufweisen. (Abb. 8)
Abb. 8 Ein Schema der im Superkamiokande verwendeten Photomultiplier. Die angegebenen Größen der
sensitiven Fläche sind wohl die größten der Welt.
Superkamiokande
Der Detektor, der beim Superkamiokande-Experiment verwendet wird, ist ein
Cherenkov-Wasser-Detektor. Es ist ein direkter Nachfolger des ersten
Kamiokande-Detektors, wobei jetzt in erster Linie auf größere
Dimensionierung Wert gelegt wurde. Die Anlage ist unterirdisch angelegt
worden, wodurch ein Großteil der sich störend bemerkbar machenden
Strahlung (z.B. kosmische Myonen) abgeschirmt wird. Dennoch gibt es immer
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noch eine Radon-Strahlung aus dem den Detektor umgebenden Gestein - diese
versucht man mit entsprechender Schutzverkleidung des Detektors selbst
abzubremsen – dazu wird ein spezieller Polyurethan-Stoff verwendet. Die
dennoch ankommende Strahlung wird durch den äußeren Detektor
(Vetozähler) aufgezeichnet und stört die eigentliche Messung nicht mehr. Da
die Messung in dem äußeren Bereich im Gegensatz zum inneren Bereich
weitestgehend nur auf das Vorhandensein der Strahlung beschränkt (und nicht
auf die absoluten Energiewerte dieser Strahlung), sind die dort verwendeten
Detektoren weniger sensitiv und auch nicht so flächendeckend angebracht, wie
im inneren Bereich. Die Dimensionierung des Detektors ist beeindruckend
groß, die Höhe des Detektors wird mit 41,4 m angegeben, der Durchmesser
beträgt 39,3 m, wobei der innere Detektor noch 36,2 m Höhe und 33,8 m
Durchmesser misst. Das Wasservolumen des inneren Tanks wurde auf 50 000
t reines Wasser aufgestockt, gegenüber 2500 t im Kamiokande-Experiment.
An den Wänden, Boden und Decke des inneren Zylinders waren ursprünglich
in etwa 11200 Photomultiplier angebracht, deren sensitive Fläche knapp einen
halben Meter Durchmesser hat. Durch die hohe Anzahl der Photomultiplier,
deren große Ansprechfläche, sowie den geringen Abstand zwischen zwei
Exemplaren konnte man eine 40%-ige Abdeckung der Zylinderfläche
realisieren. Zum Vergleich: im Kamiokande-Experiment waren es nur 20%.
Wie schon oben erwähnt, umgibt den inneren Tank eine zweite Schicht an
Photomultipliern, die allerdings kleiner sind (etwa 20 cm Durchmesser
sensitiven Fläche) und auch in größeren Abständen voneinander angebracht
sind - insgesamt ca. 1800 Stück. Die geringere Anzahl und Dichte dieser
Detektoren ist darin begründet, dass diese ja nur angeben müssen, ob eine
Strahlung außerhalb des inneren Tanks feststellbar ist oder nicht, also ob ein
Ereignis ganz im inneren Detektor stattfand oder auch nicht. Wurde nun im
Inneren ein Neutrino detektiert und weiß man vom äußeren Detektor, dass das
Teilchen auch noch außerhalb des inneren Detektors Strahlung emittierte, so
geht man davon aus, dass das Teilchen eine höhere Energie und somit größere
Geschwindigkeit hatte und zählt dieses Ereignis dann zu den Ereignissen des
Multi-GeV-Bereich. Hatte das Teilchen den äußeren Detektor nicht mehr
angesprochen, so war seine Geschwindigkeit und Energie offenbar kleiner als
der Richtwert von 1 GeV und das Teilchen konnte in die Statistik des SubGev-Bereiches einfließen. Ursprünglich war diese Art Detektor dazu
angedacht, den Zerfall von Proton näher zu untersuchen, aber mit der Zeit
erwies sich die Beobachtung der atmosphärischen Neutrinos als ebenso
spannend und beide Messungen werden nun parallel durchgeführt. Die
Apparatur, die zur Auswertung der Daten erforderlich ist, befindet sich direkt
über dem zylinderartigem Detektor, auch die an dem Projekt mitwirkenden
Physiker und Techniker befinden sich vor Ort, denn die Schaltzentrale
befindet sich ebenfalls unterirdisch, kaum 100m vom Detektor selbst entfernt.
Für Details siehe folgende Abb. 9.
10
Abb. 9 Der Super-Kamiokande-Detektor. Seine Lage im Berg und der Aufbau des inneren Detektors.
Im November 2001 ereignete sich an der Anlage ein folgenschwerer Unfall,
deren Ursachen bis heute unbekannt sind. In einer Art Kettenreaktion ist fast
die Hälfte der Photomultiplier zu Bruch gegangen, wodurch vorerst keine
weiteren Messungen mehr möglich waren. Nach dem ersten Schock der
Katastrophe beschloss man, die Messungen zumindest mit den restlichen
Geräten weiterzuführen. Es dauerte allerdings mehr als ein Jahr, die
unbetroffenen Detektoren auf ihre Funktionalität hin zu testen, die zerstörten
Detektoren zu demontieren und das Wasser zu reinigen. Seit dem 6.12.02 ist
Superkamiokande wieder im Betrieb - freilich mit "halber Leistung". Im Jahre
2007 sollen die restlichen Detektoren ersetzt werden und die volle
Leistungsstärke wiederhergestellt sein.
Ergebnisse/Auswertung
Nun ist man in der Lage, mittels des Detektors nicht einfach nur das Dasein
des Neutrinos einer bestimmten Art detektieren zu können, sondern es ist auch
möglich, die Einfallsrichtung und die Energie des Teilchens zu erfassen. Der
Tank an sich ist für die Teilchen von allen Seiten gleichermaßen zugänglich
und da an allen Seiten des Tanks Photomultiplier angebracht sind, ist eine
eindeutige Zuordnung der Einflugbahn möglich. Da der Detektor also eine
detaillierte Auskunft darüber liefern kann, aus welcher Richtung ein Teilchen
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dahergeflogen kam, kann man auch eine Aufschlüsselung nach dem
Zenithwinkel anstellen. Der Zenithwinkel wird als der Winkel zwischen der
Vertikalen und dem Einfallsrichtung definiert. Für θ = 0° haben die Teilchen
den Detektor also auf dem direktesten Wege erreicht, sie entstanden in der
Atmosphäre genau über dem Detektor. Wenn man aber von einem
Zenithwinkel von 180° ausgeht, dann haben die Teilchen die ganze Erde
durchquert und erreichen den Detektor genau von unten. (Abb. 10)
Abb. 10 Schematische Darstellung der Abhängigkeit der Flugstrecke vom Einfallswinkel θ.
Wie schon im vorherigen Kapitel erwähnt, unterscheidet man bei der
Definition von Energiebeträgen meist zwischen Ereignissen, die voll in dem
inneren Tank stattfanden, und Ereignissen, die auch noch außerhalb des
inneren Tanks den Veto-Detektor ansprachen. In dem zweiten Fall geht man
davon aus, dass die Geschwindigkeit des Teilchens zu groß war, als dass die
Flugzeit durch den Detektor für die vollständige Wechselwirkung mit dem
Tankinhalt ausreichen würde. Also schätzt man die Energie um einen Faktor
10 höher ein, als das bei einen voll im Tank ablaufendem Ereignis der Fall
wäre. Bei einem von oben einfallenden Teilchen geht man im Allgemeinen
von Energien im Bereich von 1 GeV aus, bei den von unten eintreffenden
Myonen (als Nachweis eines in Detektornähe wechselgewirkten Neutrinos)
hingegen schätzt man die Energie auf 10 GeV ein.
Elektronneutrinos
Diese werden über die folgende Reaktion detektiert (inverser ß-Zerfall): Ein
Elektroneutrino trifft auf ein Proton und wechselwirkt zu einen Elektron und
Hadronen. Falls es sich bei dem einfliegenden Teilchen um das
Elektronantineutrino handelt, dann wird für die Reaktion ein Neutron
gebraucht und als Ergebnis entsteht auch das Antiteilchen des Elektrons – das
Positron. Wie schon oben erwähnt, strahlt das geladene Teilchen auf dem
weiteren Flug durch den Detektor Cherenkov-Strahlung aus. Da es sich hierbei
um ein Elektron handelt, ist der registrierte Cherenkov-Ring (oder CherenkovScheibe, falls das Ereignis nicht vollständig im Tank stattfindet), eher diffus.
Durch diesen Umstand sind die elektronenartigen Ereignisse recht deutlich als
solche zu erkennen. Die im Superkamiokande gesammelten Daten bezüglich
der Elektronneutrinos, im speziellen ihre Anzahl im Vergleich zu den
Zenithwinkel, ergaben eine recht deutliche Übereinstimmung mit dem mittels
Monte Carlo Simulationen vorherbestimmten Fluss, wie auch in der Abb. 11
12
zu sehen. Dabei gab es gleichermaßen eine Übereinstimmung in dem SubGeV- wie auch in dem Multi-GeV-Bereich.
Abb. 11 Ergebnisse des Superkamiokande-Experiments bezüglich Elektronneutrinos.
Die Graphen zeigen die gesammelten Daten im Vergleich zu den gerechneten
Ergebnissen. Dabei sind die gemessenen Daten durch Punkte dargestellt und
die rote Linie zeigt die erwarteten Werte ohne Oszillation. Zu der grünen Linie
später mehr. Es ist so, dass der in dem Detektor ankommende Fluss an
Elektronneutrinos recht genau den Vorhersagen entspricht, es ist also
auszuschließen, dass diese Neutrinos an einer Oszillation teilnehmen. Es lässt
sich einfach kein signifikanter Überschuss oder Defizit der Elektronneutrinos
feststellen. Es bleibt noch festzuhalten, dass im Sub-GeV-Bereich die Anzahl
der aus den verschiedensten Richtungen ankommenden Neutrinos als gleich
bleibend betrachtet werden kann. Im Multi-GeV-Bereich hingegen gibt es eine
Erhöhung des ankommenden Neutrinoflusses bei cos θ = 0. Dies ist
gleichbedeutend mit dem waagerechten Einfall in den Detektor. Diese
Diskrepanz (quasi doppelt so viele Neutrinos fallen waagerecht ein als wie
beim senkrechten Einfall) wurde schon bei den Monte Carlo Simulationen
festgestellt und war mit ein wichtiger Grund für die Unterscheidung zwischen
den beiden Energiebereichen.
Myonneutrinos
Auch die Myonneutrinos werden nach dem gleichen Prinzip detektiert, wie die
Elektronneutrinos, allerdings entsteht beim Auftreffen des Neutrinos auf ein
Proton ein Myon, bzw. das Antiteilchen, falls das Myonantineutrino auf ein
Neutron trifft. Die von dem Myon emittierte Cherenkov-Strahlung unterliegt
allerdings weitaus weniger der elektromagnetischen Wechselwirkung, so dass
es sich ein viel deutlicherer Ring ergibt. Auch hier ergibt sich bei einem in
dem Tank voll enthaltenen Ereignis ein Cherenkov-Ring, reicht die
Flugstrecke in dem Detektor nicht aus, um dem Teilchen die vollständige
Reaktion zu ermöglichen, so wird auf der Detektorwand eine Scheibe aus
Photomultipliern angesprochenen. Auch hier hat man eine Auswertung der
Daten in Verbindung zum Zenithwinkel angestrebt und interessante
Ergebnisse erzielt, wie auch in der folgenden Abb. 12 sichtbar:
13
Abb. 12 Ergebnisse der Myonenneutrino-Untersuchungen im Superkamiokande-Experiment. Im rechten
Diagramm sind die Werte für den „besten Fit“ eingetragen.
Auch diesmal geben die Punkte die gemessenen Daten wieder, und auch die
Monte Carlo Simulation (ohne Oszillation – alle in der Atmosphäre
entstandenen Myonneutrinos kommen im Detektor an) wird durch die
durchgezogene rote Linie angezeigt. Es zeigt sich das gewohnte Bild mit
gleichmäßiger Verteilung der erwarteten Teilchenanzahl im Sub-GeV-Bereich
und der erhöhten Anzahl der waagerecht einfliegenden Teilchen im MultiGeV-Bereich. Diesmal jedoch entsprechen die Daten, die im
Superkamiokande-Experiment erfasst wurden, nicht den Daten der Monte
Carlo Simulation. Es scheint so, als ob Myonneutrinos unterwegs verloren
gehen. Es ist also von einen Myonneutrinodefizit als Ursache für die oben
beschriebene „Neutrinoanomalie“ auszugehen. Es zeichnet sich außerdem ab,
dass der Myonneutrinofluss bei größeren Zenithwinkeln stärker abnimmt. Auf
dem Weg durch die Erde durch (cos θ = -1) legen die Teilchen eine Strecke
von 17000 km zurück und besitzen somit eine größere Wahrscheinlichkeit zur
Oszillation, während die auf dem direktesten Wege einfallenden Teilchen nur
eine Strecke von 15 km durchfliegen. Nun stellt sich noch die Frage, zwischen
welchen Neutrinoflavor die Oszillation stattfindet. Wir haben bislang ein
Defizit der Myonneutrinos festgestellt, bei gleichzeitig unverändertem
Elektronneutrinofluss. Das deutet darauf hin, dass die Myonneutrinos zu
Tauneutrinos oszillieren. Diese Möglichkeit hat man nun auch in die
Berechnungen der Monte Carlo Simulation einfließen lassen und das Ergebnis
ist durch die grüne Linie dargestellt. Man sieht sofort, dass diese Simulation
die tatsächlichen Verhältnisse viel besser wiedergibt als die oszillationslose
Simulation. Die grüne Linie im Diagramm der Elektronneutrinos entspricht
ebenfalls der Simulation mit der Oszillation. Die minimal größere Anzahl im
Vergleich zur roten Linie ist, wie wir gleich sehen werden, auf die erhöhte
Anzahl der Tauneutrinos zurückzuführen.
Tau-Ereignisse
Es können auch Tauneutrinos in den Detektor fliegen und dort mit dem
Tankinhalt wechselwirken. Es bedarf ebenfalls eines Protons, um aus dem
Neutrino das Tau entstehen zu lassen. Die Schwellenenergie ist jedoch recht
hoch, denn wegen der Masse des Taus beträgt diese 3,46 GeV. Tau-Ereignisse
sind leider etwas schwieriger zu identifizieren, denn das Tau zerfällt „sofort“
in ein Elektron, Tauneutrino und ein Elektronantineutrino.
14
_
τ -> e + ve vτ
-
mit:_
ve: Elektronantineutrino
vτ: Tauneutrino
τ: tau
e-: Elektron
Diese Reaktion erklärt, wieso in der korrekten Simulation der
Elektronneutrinofluss etwas größer ausfällt, als in der oszillationslosen
Simulation. Um nun das Verhalten der Tau-Ereignisse hinsichtlich der
Oszillation beurteilen zu können, muss man diese sorgfältig herausfiltern.
Dazu legt man folgendes Auswahlkriterium fest: wegen der Schwellenenergie
muss das Ereignis im Multi-GeV-Bereich liegen und wegen des sofortigen
Zerfalls des Taus muss es sich um ein Multi-Ring-Ereignis handeln, wobei der
elektronenartige Ring der energiereichste ist. Ergebnisse zu dieser
Untersuchung werden in Abb. 13 dargestellt. Im Jahr 2002 hat man 506
solcher tauartigen Ereignisse festgestellt. Erwartet wurden 498 Ereignisse,
wovon 37 von den eigentlichen Tauneutrinos herrührten und ganze 461 dem
Untergrund zuzuschreiben sind. Eine Zuordnung der tauartigen Ereignisse zu
den jeweiligen Zenithwinkel ergab eine Zunahme der Ereignisse bei
steigendem Winkel. Diese Erkenntnis ist konsistent mit der Annahme, dass es
eine Oszillation zwischen den Myonenneutrinos und Tauneutrinos gibt.
Abb. 13 Ergebnisse der Tauneutrino-Untersuchung im Superkamiokande-Experiment. Die hineingeschriebenen
Daten werden im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht diskutiert.
Myonen
Es gibt noch eine weiter Gruppe von Teilchen, die im SuperkamiokandeExperiment detektiert und in die Berechnungen einbezogen werden: Die
Myonen, die den Detektor von unten erreichen. Dabei handelt es sich um
Myonen die im Gestein in Umgebung des Detektors durch Streuung der
Myonneutrinos entstanden. Die Abhängigkeit vom Zenithwinkel und eine
deutliche Differenz zwischen den gemessenen Werten und der Monte Carlo
Simulation ohne Oszillation wurden deutlich, was man auch in Abb. 14 sieht.
15
durchgehendes Myon
gestopptes Myon
Abb. 14 Ergebnisse des Superkamiokande-Experiments in Hinblick auf die von unten ankommenden Myonen.
Rot eingetragen die jeweiligen Werte für den besten Fit.
Fazit der Ergebnisse:
Alles deutet darauf hin, dass es tatsächlich eine Oszillation der Neutrinos gibt
und zwar zwischen den beiden Flavors Myon und Tau. In praktisch jedem
Diagramm lassen sich die gemessenen Daten mit dem Oszillationsmodell
erklären. Die in die Diagramme angelegten Fits kann man wiederum auf δm²
und sin²2θ hin auswerten. Das Ergebnis ist dann eine obere Grenze der
Differenz der Massenquadrate. Das ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass
Neutrinos nicht massenlos sein können. Oder zumindest eine Neutrinoart darf
nicht masselos sein, denn sonst wäre auch der Unterschied der
Massenquadrate gleich Null. Will man noch genauere Erkenntnisse über die
Oszillationslänge erlangen, so empfiehlt es sich, in einen Diagramm das
Verhältnis Daten/Monte Carlo Simulation gegen den Quotienten L/Ev
aufzutragen. Ebenso hilft ein Diagramm in der sin²2θ,δm²-Ebene. Es ergibt
sich dann folgendes Bild:
Abb. 15 links: Data/Monte Carlo-Verhältnis gegen den Quotienten L/Ev aufgetragen.
rechts: Ein Diagramm der sin²2θ,δm²-Ebene.
Man erkennt ein längenabhängiges Defizit der Myonneutrinos, der auch
gefittet werden kann. Die beste Parameteranpassung liefert den Wert für δm²
als 3,2°10-3 eV², und für sin²2θ gleich 1.
Dementsprechend beträgt die gemessene Oszillationslänge 775 km E/GeV.
In dem rechten Diagramm sieht man das erlaubte Gebiet für die
Massendifferenz der Oszillation Myonneutrino <-> Tauneutrino.
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Es gibt also offensichtlich Neutrinooszillationen unter den atmosphärischen
Neutrinos und somit auch mit Masse behaftete Neutrinos, was nicht direkt mit
dem Standard-Modell der Physik in Einklang zu sein scheint. Die einfachste
Lösung wäre, das Standardmodell dementsprechend zu erweitern. Weitere
experimentelle Erkenntnisse in dieser Hinsicht erhofft man sich durch
zukünftige Experimente, z.B. das MINOS-Projekt.
MINOS-Experiment
Beim MINOS-Experiment handelt es sich um ein so genanntes LongBaseLineExperiment, bei dem über eine größere Distanz die Zusammensetzung eines
Neutrinostrahls untersucht wird. Inzwischen werden vielerorts auf der Erde
ähnliche Versuche unternommen. Beim „Main Injector Neutrino Oszillation
Search“ am Fermilab wird ein Neutrinostrahl ausgesendet und in unmittelbarer
Nähe steht ein Detektor, der den Strahl auf die Neutrinozusammenstellung hin
untersucht. 735 km entfernt, in einer ausgedienten Eisenmine unter der Stadt
Soudan in Minnesota steht ein zweiter Detektor, der den dort ankommenden
Strahl abermals untersucht und auch das Verhältnis der darin vorhandenen
Neutrinos zueinander misst. Die Entfernung beträgt nicht zufällig 735 km man geht bewusst auf die Distanz, die in etwa der berechneten
Oszillationslänge der Myonneutrinos entspricht und hofft dabei auf noch
genauere Erkenntnisse zum Thema Oszillation, z.B. genauere Angaben zur
Massendifferenz. Zum anderen wirkt sich auch die Tatsache, dass man mit
einer kontrollierbaren Quelle arbeitet, positiv auf die Ergebnisse aus. Bei den
atmosphärischen Neutrinos ging man ja nur von berechneten Verhältnissen in
der Quelle aus. Insbesondere will man „Disappearance“ untersuchen, also das
Verschwinden eines bestimmten Teilchens. Der bei MINOS zum Einsatz
kommende ferne Detektor hat folgenden Aufbau: er besteht aus 486
Stahlplatten, die Gesamtlänge beträgt 31m, der Durchmesser des achtkantigen
Zylinders beträgt 8 Meter. Es handelt sich dabei im Prinzip um ein TrackingKalorimeter aus Stahl. Ein Sandwichartiges Gebilde aus Stahl und Kunststoff
Szintillatordetektoren misst die Energie, die bei der Wechselwirkung der
Teilchen entsteht und das Drehmoment der austretenden Myonen, wobei man
ihre Bahn durch die magnetisierten Stahlplatten betrachtet. Die Datennahme
soll Ende 2004 starten, wobei man in etwa von 9000 Messereignissen pro Jahr
ausgeht.
Abb. 16 Illustration des fernen Detektors in der Soudanmine
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Schlussbemerkung
Anhand der Daten aus dem wohl fortschrittlichsten Neutrinodetektor der Welt,
dem Superkamiokande-Detektor in Japan, kann man die Neutrinooszillation
der atmosphärischen Neutrinos durch den Wechsel des Flavors von
Myonneutrino zu Tauneutrino belegen. Andere Oszillationen sind wegen derer
Oszillationslänge vorerst nicht nachweisbar, entsprechende Versuche sind aber
im Aufbau. Aber schon alleine die eine Oszillationsmöglichkeit eröffnet ganz
neue Perspektiven der Physik. Offenbar muss das Standardmodell der Physik
erweitert werden, denn nun ist der Nachweis erbracht, dass Neutrinos wohl
doch nicht massenlos sind. Erfreulicherweise decken sich die Ergebnisse für
die atmosphärischen Neutrinos mit Ergebnissen überein, die für solare
Neutrinos oder auch Neutrinos aus Reaktoren erzielt wurden.
Quellen:
Kosta Schinarakis: Atmosphärischer Myonen und Neutrino Fluss –
http://amanda.uni-wuppertal.de/~kosta/
Benjamin Deh : Neutrino Oszillation – Astroteilchenseminar http://www.pit.physik.uni-tuebingen.de/~rmeier/seminar/BenjaminDeh.pdf
Danuta Kielczewska: Tajemnice brakujacych Neutrino
http://hep.fuw.edu.pl/u/danka/sk/delta.ps
Frank Meisel: Neutrinooszillationen und atmosphärische Neutrinos – Seminarvortrag
http://hpfrs6.physik.uni-freiburg.de/~herten/sem2002/Meisel_atmos_Neutrinos.pdf
Norbert Schmitz: Neutrinophysik – Vorlesung Herbstschule Maria Laach –
http://maria-laach.physik.uni-siegen.de/2002/Folien/Schmitz/
ns_maria_laach_web.pdf
Norbert Schmitz: Neutrinophysik – Buch
Martin Müller: Solare und atmosphärische Neutrinos – Referat
http://www.kph.uni-mainz.de/lectures/emk/Astroteilchen02/Vortrag/
Solare%20und%20atmosph%E4rische%20Neutrinos.pdf
Thorsten Kellermann: Atmosphärische Neutrinoshttp://www.pit.physik.uni-tuebingen.de/~rmeier/seminar/TorstenKellermann.pdf
S. Bethke & J. Schieck: Physik mit kosmischen Neutrinos –
http://www.mppmu.mpg.de/english/WS0203-V13.pdf
Seiten im Netz:
http://www.neutrinooscillation.org
http://www-sk.icrr.u-tokyo.ac.jp/doc/sk/index.html
http://www-numi.fnal.gov
http://www.physik.uni-mainz.de/lehramt/hepteach/pub/cw050699.pdf
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Zugehörige Unterlagen
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