Sigmund Freud PrivatUniversität Wien Psychotherapiewissenschaft Hon.-Prof. Dr. Michael Kierein Sommersemester 2016 B4-Lehrveranstaltung - Recht im Gesundheitswesen (VO und PS) Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkungen 2. Stufenbau der Rechtsordnung 3. Zuständigkeiten im Gewerbewesen, Gesundheitswesen – Abgrenzung zwischen Behandlung und Beratung 4. Wichtige Definitionen und Berufsumschreibungen 5. Das System des Berufsschutzes 6. Voraussetzungen für die Eintragung in die Psychotherapeutenliste 7. Psychotherapeutische Leistungen im „Kassenrecht“ 8. Übersicht über die Berufspflichten 9. Zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft, der Fortbildungspflicht und der Kooperationspflicht 10. Zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen Vertreters und zur Aufklärungs- und Auskunftspflicht 11. Zur Dokumentationspflicht 12. Psychotherapie im Krankenhaus 13. Verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung 14. Zur Verschwiegenheitspflicht 15. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei Gericht 16. Zur rechtzeitigen Mitteilung über den Rücktritt von der Ausübung des Berufs an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter 17. Pflicht zur Beschränkung auf jene psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden, auf denen nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben worden sind 18. Pflicht zur Führung der Berufsbezeichnung, Bezeichnungsrecht am Beispiel des Psychotherapiegesetzes, Deklarationspflicht 19. Pflicht zur Enthaltung von jeder unsachlichen oder unwahren Information, Werbeverbot 20. Meldepflichten, Erlöschen der Berufsberechtigung, Listenstreichung 21.Psychotherapie mit Verbrechensopfern aufgrund des Verbrechensopfergesetzes 2 1. Vorbemerkungen Die Rechtswissenschaft ist eine normative Wissenschaft. Ihr Gegenstand sind bestimmte Regeln für menschliches Verhalten, deren Nichtbefolgung einen bestimmten Zwang auslösen soll („staatlich organisierter Zwang“). 1 Andere Normen, deren Verletzung keine oder andere „Sanktionen“ auslösen, können als 1. religiöse Normen, 2. Normen der Ethik bzw. Sitte sowie 3. Normen der Moral bezeichnet werden. Moral ist nach herrschender Auffassung jener Bereich, der keine Außenwirkung entfaltet, sondern in dem jeder Mensch für sich selbst aufgrund seines Gewissens vor sich selbst bestehen will. Die Frage, ob ich moralisch handle, ist eine, die nach innen gerichtet ist, die ich mit mir selbst ausmache, ob ich, was ich tue, mit meinem Gewissen verantworten kann oder nicht. Ethik bzw. Sitte kann man nach herrschender Auffassung als Lehre vom sittlichen Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebensbereichen verstehen. Im Unterschied zur Moral tritt die Ethik, etwa im Verhalten einer Gruppe, etwa einer Volksgruppe, Altersgruppe oder auch einer Berufsgruppe auch nach außen in Erscheinung. Der Unterschied zum rechtlichen Bereich ist, dass die rechtliche Anordnung im Gegensatz zu ethischen Anordnungen verbindlich sind, also im Extremfall einen Zwangscharakter entwickeln, also mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols durch Zwangsmaßnahmen durchsetzbar sind. Während mehrere Moralvorstellungen zugleich „gelten“ können, gibt es hingegen nur „ein Recht“. Gegenstand der Rechtswissenschaft ist das positive Recht (= von Menschen für das Verhalten anderer Menschen gesetzt). Es kommt auf rechtlich geregelte Weise zustande und hat begrenzten örtlichen Geltungsbereich (zB Bundesgebiet). Positives Recht kann verschiedenen Wertsystemen folgen („Wertrelativismus“; es ist nicht möglich mit den Mitteln menschlichen Denkens zu erkennen, welche Werte absolute Geltung haben). Vom positiven Recht ist das „Naturrecht“ - das je nach Lehrmeinung anders begründete „ideale“ Recht – zu unterscheiden. 2. Stufenbau der Rechtsordnung Die Lehre vom Stufenbau der Rechtsordnung geht auf Adolf Julius Merkl (18901970) zurück und erklärt als theoretisches Modell die Beziehungen zwischen verschiedenen Gruppen von Rechtsnormen innerhalb eines Rechtssystems (Hierarchie rechtlicher Normen; Gliederung nach „höheren“ und „niedrigeren“ Rechtsnormen). 3 EU-Recht ⇓ Verfassung ⇓ Gesetze ⇓ Verordnungen ⇓ Bescheid Urteil Auslegungsmethoden • Wortinterpretation (Sprache/Wortlaut) • Systematische Interpretation (Systematik der Regelung im Gesamtkontext) • Historische Interpretation (historischer Wille des Gesetzgebers) • Teleologische Interpretation (Zielsetzung) Gesetzesanalogie ist die für einen bestimmten Einzeltatbestand angeordnete Rechtsfolge wird auf einen dem Wortlaut nach nicht geregelten Sachverhalt erstreckt. Kompetenzverteilung Unter Kompetenzverteilung versteht man die Aufteilung von Gesetzgebung und/oder Vollziehung auf Bund und Länder. • • • • Art. Art. Art. Art. 10 11 12 15 B-VG: B-VG: B-VG: B-VG: Gesetzgebung und Vollziehung Bund Gesetzgebung Bund, Vollziehung Länder Grundsatzgesetzgebung Bund, Ausführungsgesetzg. Länder Gesetzgebung und Vollziehung Länder Verschiedene Rechtsgebiete Privatrecht: regelt die Beziehungen zwischen den Bürgern untereinander; dient dem Schutz privater Interessen. Öffentliches Recht: regelt die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern; dient dem Schutz öffentlicher Interessen. 3. Zuständigkeiten im Gewerbewesen, Gesundheitswesen - Abgrenzung zwischen Behandlung und Beratung Zum Geltungsbereich der Gewerbeordnung Auszug aus der Gewerbeordnung 1994 § 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. § 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden: ... 11. die Ausübung der Heilkunde, der Psychotherapie und des psychologischen Berufes im Bereich des Gesundheitswesens, die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten der Dentisten, Hebammen, der Tierärzte sowie der 4 Apotheker, die Krankenpflegefachdienste, die medizinisch-technischen Dienste sowie die Sanitätshilfsdienste, den betrieb von Kranken- und Kuranstalten, die in Anstalten zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu leistenden gewerblichen Arbeiten; … Zum Begriff der „Gewerbsmäßigkeit“ § 1 Abs. 2 GewO 1994 bestimmt, dass eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wird, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Regelmäßigkeit ist nicht im Sinne einer ununterbrochenen Beschäftigung, wohl aber im Sinne einer ständigen Bereitschaft, einem grundsätzlich unbeschränkten Kundenkreis gegenüber jede sich bietende Gelegenheit zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit wahrzunehmen, zu verstehen. Gemäß § 1 Abs. 4 GewO 1994 kann auch eine einmalige Handlung eine regelmäßige Tätigkeit sein, wenn aus den Umständen des Falles auf eine Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann. Das ist anzunehmen, wenn die Begleitumstände einer einmaligen Handlung so geartet sind, dass aus ihnen geschlossen werden kann, es werde mit dieser einmaligen Handlung nicht sein Bewenden haben. Das Erfordernis der Regelmäßigkeit ist bei einer einmaligen Handlung aber auch dann erfüllt, wenn sie längere Zeit in Anspruch nimmt. Wiederholungsabsicht liegt vor, wenn Einrichtungen geschaffen werden, die offensichtlich dazu dienen, die Ausübung des Gewerbes zu ermöglichen und bei denen ein bloß einmaliges Verwenden nicht rentabel wären. Eine gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 setzt außerdem voraus, dass sie in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (Gewinnerzielungsabsicht, Ertragsabsicht). Entgeltlichkeit allein ist freilich noch nicht zwingend mit der Absicht verbunden, dass ein wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden soll. Eine solche ist dann nicht anzunehmen, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Zur Abgrenzung zwischen Behandlung und Beratung Auszug aus der Gewerbeordnung 1994 Lebens- und Sozialberatung § 119. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung (§ 94 Z 46) bedarf es für die Beratung und Betreuung von Menschen, insbesondere im Zusammenhang mit Persönlichkeitsproblemen, Ehe- und Familienproblemen, Erziehungsproblemen, Berufsproblemen und sexuellen Problemen. Dazu gehört auch die psychologische Beratung mit Ausnahme der Psychotherapie. Personen, die das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung ausüben, sind auch zur Ausübung von Ernährungsberatung berechtigt, wenn sie die erfolgreiche Absolvierung der Studienrichtung Ernährungs-wissenschaften an einer inländischen Universität oder die erfolgreiche Ausbildung zum Diätassistenten/zur Diätassistentin nachweisen. Personen, die das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung ausüben, sind auch zur Sportwissenschaftlichen Beratung berechtigt, wenn sie die erfolgreiche Absolvierung der Studienrichtungen Sportwissenschaften oder Leibeserziehung an einer inländischen Universität oder einen Diplomabschluss in einer Trainerausbildung an einer Sportakademie des Bundes nachweisen. 5 Festzuhalten ist, dass der Gesetzgeber den Begriff „Beratung“ nicht näher definiert, vielmehr hat sich der Begriff „Beratung“ nach dem fachlichen Expertenverständnis zu richten. Um von Beratung sprechen zu können, wird die Herstellung einer formellen Situation gefordert, in der sich eine Beziehung zwischen Ratsuchenden und professionellen Beraterinnen konstituieren kann und die Möglichkeit besteht, gemeinsam Problemsituation und Lösungsvarianten zu explorieren. Professionelle Beratung in Abgrenzung zur alltäglichen Beratung ist eine wissenschaftlich fundierte, konkrete Entwicklungs- und Lebenshilfe. Beratung wird in der Fachliteratur als eine soziale Intervention definiert, in der Klienten professionell unterstützt werden, ein aktuelles oder zukünftiges Problem zu lösen. Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit der Klientinnen sowie die Formulierung von Beratungszielen werden als charakteristische Merkmale der Beratung herausgestellt. Beratung in dieser Definition bezieht sowohl die kurzfristige informationsorientierte Beratung mit ein. Die Aufgabe der Beratung beschränkt sich dabei nicht nur auf die Vermittlung von Sachinformationen, sondern versucht auch, den Problemlösungsprozess durch Reflexion der Lösungsalternativen zu strukturieren und zu steuern. Kurzfristige informationsorientierte Beratung erfolgt in der Regel im niederschwelligen Setting, die mittel- bis längerfristig angelegte, problemlösungsorientierte Beratung im ambulanten Setting. Betreuung bezeichnet alle komplexen Angebote für eine bestimmte Gruppe von Patienten und Klientinnen, bei denen eine Kombination von ausgeprägten körperlichen Beeinträchtigungen, psychischen und sozialen Folgeproblemen eingetreten ist und die durch die Bündelung unterschiedlichster Problembereiche eine eigenverantwortliche Lebensführung nicht mehr selbständig regeln können. Dies können beispielsweise abstinente oder nichtabstinente, chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke sein, die eine mittel- bis längerfristige Unterstützung bei der Lösung von Problemen in vielen Lebensbereichen benötigen. Betreuung erfolgt in der Regel im ambulanten Setting. Behandlungen können als einzel-, paar- oder gruppentherapeutische Intervention erfolgen und setzen spezifische Qualifikationen voraus. Sie erfordern ein entsprechendes Behandlungssetting (Behandlungsvertrag, festgelegte Behandlungsdauer etc.). IdR lässt sich eine Behandlung in die Schritte Anamnese, Diagnose und Indikation, Förderung der Änderungsmotivation, Erarbeitung von gemeinsamen Zielen, Behandlungsplanung, Durchführung der Behandlung, Abschluss des therapeutischen Prozesses und Evaluation des Behandlungsergebnisses untergliedern. Eine Behandlung kann im stationären oder ambulanten Setting erfolgen. Wer darf Beratung anbieten? Zu unterscheiden ist freiberufliche Beratung und die Beratung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Freiberuflich dürfen im Rahmen des gesetzlichen Berufsbildes beraten: Ärztinnen, Psychotherapeuten, klinische Psychologeninnen, Gesundheitspsychologen, andere Gesundheitsberufe, Lebens- und Sozialberater. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses dürfen, soweit nicht in den Vorbehaltsbereich eines Gesundheitsberufes eingegriffen wird, grundsätzlich alle beraten, da es keine allgemeinen Beschränkungen gibt, wobei jedoch jeweils einschlägige Vorschriften zu beachten sind. 6 Zuständigkeiten im Gesundheitswesen Dazu zählen jedenfalls alle Rechtsgebiete, die auf dem Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ (vgl. Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) aufbauen: • Angelegenheiten der Volksgesundheit, d.h. Obsorge für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung • Maßnahmen der Staatsgewalt, die der Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung dienen Nicht von Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG umfasst, aber dennoch zum Gesundheitswesen zählt u.a. das Krankenanstaltenrecht, das Leichen und Bestattungswesen, das Rettungswesen etc. Zur Definition der Gesundheitsberufe Als Gesundheitsberuf kann ein auf Grundlage des Kompetenztatbestandes "Gesundheitswesen" (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) gesetzlich geregelter Beruf verstanden werden, dessen Berufsbild die Umsetzung von Maßnahmen zur Obsorge für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung und somit Tätigkeiten im Rahmen der Gesundheitsversorgung umfasst, die unmittelbar an oder auch mittelbar für Patientinnen und Patienten zum Zwecke der Förderung, Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Gesundheit im ganzheitlichen Sinn und in allen Phasen des Lebens erbracht werden, insbesondere in Diagnose, Behandlung und Prophylaxe, wobei dem meist auf wissenschaftlicher Grundlage erworbenen Fachwissen entscheidende Bedeutung zukommt. Im Gegensatz dazu steht der Gesundheitsschutz bei Gewerbeberufen nicht im Vordergrund. Selbst bei jenen, die gesundheitsrelevante Aspekte aufweisen, wie etwa Rauchfangkehrer, Kontaktlinsenoptiker, Zahntechniker etc. ist dieser nicht allgemeiner, sondern berufsspezifischer Art, da primäres Anliegen nicht das Fachwissen ist, sondern ein geordnetes und funktionierendes Gefüge der gewerblichen Betätigungen geschaffen werden soll. Übersicht über wichtige 7 Gesundheitsberufe Freie Berufe 1. 2. 3. 4. Arzt/Ärztin (Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169) Zahnarzt/Zahnärztin (Zahnärztegesetz, BGBl. I Nr. 126/2005) Apotheker/Apothekerin (Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907) Psychotherapeut/Psychotherapeutin (Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990) 5. Klinischer Psychologe/Klinische Psychologin (PsychologenG 2013, BGBl. I Nr. 182) 6. Gesundheitspsychologe/Gesundheitspsychologin (Psychologengesetz 2013) 7. Musiktherapeut/Musiktherapeutin (Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008) Gehobene medizinisch-technische Dienste (MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992) 1. „Physiotherapeut“/“Physiotherapeutin“ (physiotherapeutischer Dienst) 2. „Biomedizinischer Analytiker“/ Biomedizinische Analytikerin“ (medizinischtechnischer Laboratoriumsdienst) 3. „Radiologietechnologe“/ „Radiologietechnologin“ (radiologisch-technischer Dienst) 4. „Diätologe“/ „Diätologin“ (Diätdienst und ernährungsmed. Beratungsdienst) 5. „Ergotherapeut“/ „Ergotherapeutin“ (ergotherapeutischer Dienst) 6. „Logopäde“/ „Logopädin“ (logopädisch-phoniatrisch-audiologischer Dienst) 7. „Orthoptist“/ „Orthoptistin“ (orthoptischer Dienst) Diplomierter Kardiotechniker/Diplomierte Kardiotechnikerin (Kardiotechnikergesetz, BGBl. I Nr. 96/1998) Hebamme (Hebammengesetz, BGBl. Nr. 310/1994) Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997) 1. Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger/Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester 2. Diplomierter Kinderkrankenpfleger/Diplomierte Kinderkrankenschwester 3. Diplomierter psychiatrischer Gesundheits- und Krankenpfleger/Diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenschwester 4. Pflegehelfer/Pflegehelferin 5. Medizinisch-technische Fachkraft (MTF-SHD-Gesetz, BGBl. Nr. 102/1961) Rettungssanitäter/Notfallsanitäter (Sanitätergesetz, BGBl. Nr. 38/2002) Medizinische Assistenzberufe (Medizin. Assistenzberufe-Gesetz, BGBl. I Nr. 89/2012) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Desinfektionsassistenz Gipsassistenz Laborassistenz Obduktionsassistenz Operationsassistenz Ordinationsassistenz Röntgenassistenz Medizinische Fachassistenz 8 Gesetzliche Berufsvertretungen und freiwillige Interessenvertretungen Im Gegensatz zu den in Kammern organisierten freien Gesundheitsberufen gibt es für PsychotherapeutInnen, klinische PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen keine Kammer. Es bestehen aber freiwillige Interessenvertretungen: ÖBVP Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie (seit 1992) http://www.psychotherapie.at/oebvp Interessenvertretung für alle PsychotherapeutInnen Sitz: Wien Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich in den Bundesländern: Landesverbände mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit VÖPP Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (2008) http://www.voepp.at/ Interessenvertretung für alle PsychotherapeutInnen Sitz: Wien Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich in den Bundesländern: Geschäftsstellen, keine eigenständigen juristischen Personen BÖP Berufsverband Österreichsicher Psychologinnen und Psychologen (seit 1953) http://www.boep.or.at/ Interessenvertretung für alle PsychologInnen Sitz: Wien Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich in den Bundesländern: Geschäftsstellen, keine eigenständigen juristischen Personen GkPP Gesellschaft kritischer Psychologinnen und Psychologen http://www.gkpp.at/ Interessenvertretung für alle PsychologInnen Sitz: Wien Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich Ö.P.F. Österreichisches Psychologenforum (seit 2006) http://www.psychologenforum.at/ Interessenvertretung für alle klinische PsychologInnen sowie GesundheitspsychologInnen Sitz: Klosterneuburg Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich Verwaltung und Vollziehung Somit obliegt die Vollziehung und Verwaltung der PsychotherapeutInnen sowie der Klinischen PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen, insbesondere in Form der Führung der entsprechenden Berufslisten, zentral dem Bundesministerium für Gesundheit. Diese Listen sind über das Internet unter http://einrichtungen.ehealth.gv.at abrufbar. Als weitere Informationsquelle darf die Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich ÖBIG, Stubenring 6, 1010 Wien, Tel.: 01/515 61 – 286, Fax: 01/513 84 72, www.goeg.at, www.oebig.org, genannte werden. 9 4. Wichtige Definitionen und Berufsumschreibungen Weltgesundheitsorganisation Definition von Gesundheit Die WHO definiert Gesundheit „als Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur als Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen“. Gesundheit nach diesem Verständnis ist somit ein Zustand, der den Menschen in seiner gesamten Persönlichkeit und Lebenssituation berücksichtigt und daher auch psychosoziale Faktoren unabdingbar mit einschließt. Allgemeines Sozialversicherungsgesetz Definition von Krankheit Das ASVG definiert Krankheit als einen Versicherungsfall, der mit dem Beginn der Krankheit, das ist der regelwidrige Körper- und Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht, als eingetreten gilt. Straßburger Deklaration zur Psychotherapie 1990 „Im Einklang mit den Zielen der Weltgesundheitsorganisation sowie mit dem im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften geltenden und im Europäischen Wirtschaftsraum intendierten Nichtdiskriminierungsgebot und dem Grundsatz der Freizügigkeit für Personen und Dienstleistungen erzielen nachstehende Personen Einigung über folgende Punkte: Die Psychotherapie ist eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin, deren Ausübung einen selbständigen und freien Beruf darstellt. Die psychotherapeutische Ausbildung erfolgt auf hohem, qualifiziertem und wissenschaftlichem Niveau. Die Vielfalt psychotherapeutischer Verfahren ist gewährleistet. In einem psychotherapeutischen Verfahren wird die Ausbildung vollständig absolviert und umfasst Theorie, Selbsterfahrung und Praxis unter Supervision. Über andere psychotherapeutische Verfahren werden ausreichende Kenntnisse erworben. Der Zugang zur Ausbildung erfolgt über verschiedene Vorbildungen, insbesondere Human- und Sozialwissenschaften.“ 10 Zugangsvoraussetzungen für das psychotherapeutische Fachspezifikum Das Psychotherapiegesetz regelt in § 10 Abs. 2 die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen, die vor Beginn des psychotherapeutischen Fachspezifikums vorliegen müssen: Allgemeine Voraussetzungen: • • • Eigenberechtigung Vollendung des 24. Lebensjahres Erfolgreicher Abschluss des psychotherapeutischen Propädeutikums Besondere Voraussetzungen bzw. berufliche Vor-Qualifikation: • • • • • • • Diplomierte/r Gesundheits- und Krankenpfleger/in Abgeschlossene Ausbildung in einem gehobenen medizinisch-technischen Dienst im Sinne des MTD-Gesetzes (z.B. Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie…) Abgeschlossene Ausbildung an einer Akademie für Sozialarbeit (Fachhochschule für soziale Arbeit) oder an einer ehemaligen Lehranstalt für gehobene Sozialberufe Abgeschlossene Ausbildung an einer Pädagogischen Akademie (Hochschule) Abgeschlossene Ausbildung an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Lehranstalt für Ehe- und Familienberater Abgeschlossene Ausbildung für die eigen- oder mitverantwortliche Berufsausübung der Musiktherapie Nachstehend angeführte, als Hauptfach abgeschlossene Hochschulstudien: - Medizin - Pädagogik - Philosophie - Psychologie - Publizistik und Kommunikationswissenschaften - Theologie - Lehramt an höheren Schulen Ausländische Studienabschlüsse müssen nostrifiziert werden Wenn kein oben angeführter so genannter „Quellenberuf“ vorliegt, ist ein Bescheid des Bundesministeriums für Gesundheit erforderlich. Für besonders geeignete und motivierte Personen besteht somit nach entsprechender Antragstellung und nach Einholung eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates die Möglichkeit der Zulassung zum psychotherapeutischen Fachspezifikum. Sämtliche Voraussetzungen müssen grundsätzlich vor Eintritt in die fachspezifische Ausbildung vorliegen. In berücksichtigungswürdigen Ausnahmefällen kann eine Überschreitungsfrist von maximal 8 Wochen anerkannt werden. Nach Absolvierung etwa der Hälfte aller Ausbildungselemente kann der Kandidat den Status „in Ausbildung unter Supervision“ erwerben. 11 Übersicht über die anerkannten Psychotherapiemethoden Methodische Ausrichtungen (Cluster) der anerkannten Psychotherapiemethoden In Österreich sind derzeit vier große methodische Ausrichtungen anerkannt: • Tiefenpsychologisch-psychodynamische Orientierung (Schwerpunkte: Unbewusstes, Übertragung/Gegenübertragung) psychoanalytische Methoden 1. Analytische Psychologie 2. Gruppenpsychoanalyse 3. Individualpsychologie 4. Psychoanalyse/Psychoanalytische Psychotherapie 5. Psychoanalytisch orientierte Psychotherapie tiefenpsychologisch fundierte Methoden 1. Autogene Psychotherapie 2. Daseinsanalyse 3. Dynamische Gruppenpsychotherapie 4. Hypnosepsychotherapie 5. Katathym Imaginative Psychotherapie 6. Konzentrative Bewegungstherapie 7. Transaktionsanalytische Psychotherapie • Humanistisch-existenzielle Orientierung (Schwerpunkte: Grundlagen im Sinne der Existenzphilosophie und Humanistischen Psychologie) 1. Existenzanalyse 2. Existenzanalyse und Logotherapie 3. Gestalttheoretische Psychotherapie 4. Integrative Gestalttherapie 5. Integrative Therapie 6. Klientenzentrierte Psychotherapie 7. Personenzentrierte Psychotherapie 8. Psychodrama • Systemische Orientierung (Schwerpunkte: Systemtheorien; Konstruktivismus) 1. Systemische Familientherapie 2. Neurolinguistische Psychotherapie • Verhaltenstherapeutische Orientierung (Schwerpunkt: Empirische Verhaltenspsychologie) Verhaltenstherapie 12 Auszug aus dem Ärztegesetz 1998 Der Beruf des Arztes § 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen. (2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere 1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind; 2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel; 3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1); 4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut; 5. die Vorbeugung von Erkrankungen; 6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe; 7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch-diagnostischen Hilfsmitteln;… Auszug aus dem Musiktherapiegesetz Berufsumschreibung § 6. (1) Die Musiktherapie ist eine eigenständige, wissenschaftlich-künstlerischkreative und ausdrucksfördernde Therapieform. Sie umfasst die bewusste und geplante Behandlung von Menschen, insbesondere mit emotional, somatisch, intellektuell oder sozial bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, durch den Einsatz musikalischer Mittel in einer therapeutischen Beziehung zwischen einem (einer) oder mehreren Behandelten und einem (einer) oder mehreren Behandelnden mit dem Ziel 1. Symptomen vorzubeugen, diese zu mildern oder zu beseitigen oder 2. behandlungsbedürftige Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern oder 3. die Entwicklung, Reifung und Gesundheit des (der) Behandelten zu fördern und zu erhalten oder wiederherzustellen. (2) Die Ausübung des musiktherapeutischen Berufes besteht in der berufsmäßigen Ausführung der im Abs. 1 umschriebenen Tätigkeiten, insbesondere zum Zweck der 1. Prävention einschließlich Gesundheitsförderung, 2. Behandlung von akuten und chronischen Erkrankungen, 3. Rehabilitation, 4. Förderung von sozialen Kompetenzen einschließlich Supervision sowie 5. Lehre und Forschung. (3) Die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie ist den Musiktherapeuten (Musiktherapeutinnen) vorbehalten. Anderen Personen als Musiktherapeuten (Musiktherapeutinnen) ist die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie verboten. Berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie liegt vor, wenn Musiktherapie regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage einschließlich einer nebenberuflichen Einkommensquelle zu erzielen. (4) Die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie ist im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur zu einem Träger einer Krankenanstalt, einem Pflegeheim, einer Behinderteneinrichtung oder einer vergleichbaren Einrichtung zulässig. 13 Auszug aus dem Psychologengesetz 2013 Berufsumschreibung der Gesundheitspsychologie § 13. (1) Die Berufsausübung der Gesundheitspsychologie unter Einsatz gesundheitspsychologischer Mittel umfasst Aufgaben zur Entwicklung gesundheitsfördernder Maßnahmen und Projekte. Diese beruhen auf Grundlage der psychologischen Wissenschaft, deren Erkenntnissen, Theorien, Methoden und Techniken sowie des Erwerbs der fachlichen Kompetenz im Sinne dieses Bundesgesetzes. Sie hängen mit der Förderung und Erhaltung von Gesundheit zusammen, mit den verschiedenen Aspekten gesundheitsbezogenen Verhaltens einzelner Personen und Gruppen und mit allen Maßnahmen, die der Verbesserung der Rahmenbedingungen von Gesundheitsförderung und Krankheitsverhütung und der Verbesserung des Systems gesundheitlicher Versorgung dienen. (2) Der Tätigkeitsbereich der Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen, der den gemäß Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelten Berechtigungsumfang nicht berührt, umfasst 1. die mit gesundheitspsychologischen Mitteln durchgeführte Analyse von Personen aller Altersstufen und von Gruppen, insbesondere in Bezug auf die verschiedenen Aspekte des Gesundheitsverhaltens und dessen Ursachen, 2. aufbauend auf Z 1 die Erstellung von gesundheitspsychologischen Befunden und Gutachten, insbesondere in Bezug auf gesundheitsbezogenes Risikoverhalten und dessen Ursachen, 3. gesundheitspsychologische Maßnahmen bei Personen aller Altersstufen und Gruppen in Bezug auf Gesundheitsverhalten, insbesondere im Hinblick auf gesundheitsbezogenes Risikoverhalten wie Ernährung, Bewegung, Rauchen, einschließlich Beratung in Bezug auf die Förderung und Aufrechterhaltung der Gesundheit sowie die Vermeidung von Gesundheitsrisiken unter Berücksichtigung der Lebens-, Freizeit- und Arbeitswelt, 4. gesundheitspsychologische Analyse und Beratung von Organisationen, Institutionen und Systemen in Bezug auf gesundheitsbezogene Rahmenbedingungen und Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation sowie 5. die gesundheitspsychologische Entwicklung, Durchführung und Evaluation von Maßnahmen und Projekten, insbesondere im Bereich der Gesundheitsförderung. (3) Die berufsmäßige Ausübung der Gesundheitspsychologie ist den Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen vorbehalten. Anderen Personen, die nicht zur Berufsausübung der Gesundheitspsychologie berechtigt sind, ist die berufsmäßige Ausübung der Gesundheitspsychologie verboten. (4) Durch die Bestimmungen des Abs. 3 wird der durch das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, durch das Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder durch das Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelte Tätigkeitsbereich nicht berührt. Ebenso werden durch die Bestimmungen des Abs. 3 Tätigkeiten durch Psychologinnen und Psychologen in jenem Umfang nicht berührt, als für diese Tätigkeiten besondere gesetzliche Regelungen bestehen. 14 Berufsumschreibung der Klinischen Psychologie § 22. (1) Die Berufsausübung der Klinischen Psychologie umfasst unter Einsatz klinisch-psychologischer Mittel auf Grundlage der psychologischen Wissenschaft, deren Erkenntnissen, Theorien, Methoden und Techniken sowie des Erwerbs der fachlichen Kompetenz im Sinne dieses Bundesgesetzes, die Untersuchung, Auslegung und Prognose des menschlichen Erlebens und Verhaltens sowie die gesundheitsbezogenen und störungsbedingten und störungsbedingenden Einflüssen darauf, weiters die klinisch-psychologische Behandlung von Verhaltensstörungen, psychischen Veränderungen und Leidenszuständen. (2) Der den Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen vorbehaltene Tätigkeitsbereich, der den gemäß Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelten Berechtigungsumfang nicht berührt, umfasst 1. die klinisch-psychologische Diagnostik in Bezug auf gesundheitsbezogenes und gesundheitsbedingtes Verhalten und Erleben sowie auf Krankheitsbilder und deren Einfluss auf das menschliche Erleben und Verhalten sowie 2. aufbauend auf Z 1 die Erstellung von klinisch-psychologischen Befunden und Gutachten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Persönlichkeitsmerkmale oder Verhaltensformen in Bezug auf psychische Störungen sowie in Bezug auf Krankheitsbilder, die das menschliches Erleben und Verhalten beeinflussen sowie in Bezug auf Krankheitsbilder, die durch menschliches Erleben und Verhalten beeinflusst werden. (3) Darüber hinaus umfasst der Tätigkeitsbereich der Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen insbesondere 1. die Anwendung klinisch-psychologischer Behandlungsmethoden bei Personen aller Altersstufen und Gruppen, die aufbauend auf klinisch-psychologische Diagnostik fokussiert, ziel- und lösungsorientiert ist. 2. klinisch-psychologische Begleitung von Betroffenen und Angehörigen in Krisensituationen, 3. klinisch-psychologische Beratung in Bezug auf verschiedene Aspekte gesundheitlicher Beeinträchtigungen, ihrer Bedingungen und Veränderungsmöglichkeiten sowie 4. die klinisch-psychologische Evaluation. (4) Die Ausübung der klinisch-psychologischen Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und die berufsmäßige Ausübung der Tätigkeiten gemäß Abs. 3 ist den Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen vorbehalten. (5) Personen, die nicht zur Berufsausübung der Klinischen Psychologie berechtigt sind, ist die Ausübung von Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und die berufsmäßige Ausübung der Tätigkeiten gemäß Abs. 3 verboten. (6) Durch die Bestimmungen des Abs. 4 und 5 wird der durch das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, durch das Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder durch das Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelte Tätigkeitsbereich nicht berührt. Ebenso werden durch die Bestimmungen des Abs. 4 und 5 Tätigkeiten durch Psychologinnen und Psychologen in jenem Umfang nicht berührt, als für diese Tätigkeiten besondere gesetzliche Regelungen bestehen. 15 Auszug aus dem Psychotherapiegesetz Berufsumschreibung § 1. (1) Die Ausübung der Psychotherapie im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewußte und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten und einem oder mehreren Psychotherapeuten mit dem Ziel, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern. (2) Die selbständige Ausübung der Psychotherapie besteht in der eigenverantwortlichen Ausführung der im Abs. 1 umschriebenen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden. Die Berufsumschreibung des § 1 Abs. 2 Psychotherapiegesetz, sieht u.a. vor, dass die selbständige Ausübung in der eigenverantwortlichen Ausführung der oben umschriebenen Tätigkeiten besteht, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeführt werden. Die Anwendung psychotherapeutischer Kenntnisse und Fähigkeiten in Ausübung des Berufes erfolgt persönlich und unmittelbar. Von zentraler Bedeutung ist die gesetzlich abgesicherte Eigenständigkeit, die sich insbesondere in der fachlich weisungsfreien Berufsausübung äußert. Eigenes freies Handeln bestimmt die selbständige Tätigkeit. Die Berufsausübung erfolgt auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko. Eigenverantwortlichkeit bedeutet weiters, dass fachliche Weisungen nur sehr eingeschränkt gegeben werden können. Die Verantwortung für das eigene Handeln ist grundsätzlich uneingeschränkt selbst zu tragen. Ebenso sind die Folgen des Handelns selbst abzusehen und zu tragen. Bei Einbindungen in größere organisatorische Strukturen bestehen regelmäßig hierarchische Gliederungen, denen auch Psychotherapeuten etwa in Krankenanstalten, unterworfen sein können. Diese sogenannte "Betriebshierarchie", wie sie beispielsweise in Krankenanstalten vorgegeben ist, führt zu dienstrechtlichen, organisatorischen oder auch administrativen Formen von Abhängigkeiten (vgl. Urlaubseinteilungen, Wochenenddienste etc.). Dazu kann aber auch die Wahrnehmung fachlicher Weisungen von Vorgesetzten in Ausübung einer Richtlinienkompetenz für grundsätzliche Vorgaben bei Behandlungen, Beratungen, einzusetzende Mittel, beispielsweise die Vorgabe bestimmter Interventionsstrategien, Methoden etc. zählen. Weisungen können sich darauf beziehen, die Behandlung auf Ziel und Zweck einer Anstalt oder einer Abteilung in einer Anstalt auszurichten (vgl. Krankenanstaltenabteilungen für onkologische Patienten, Kriseninterventionszentren etc.). Die unmittelbare und höchstpersönliche Durchführung einer Behandlung, Beratung etc. im Rahmen dieser vorgegebenen Richtlinien wird in der Folge wohl fachlich weisungsfrei bleiben müssen. Diensteinteilung, Vorschreibung des Dienstortes oder der Dienstzeit sind zulässige Bindungen, die üblicherweise auch Inhalt von Dienstverträgen sind. In diesen Belangen sind Psychotherapeuten jedenfalls den Weisungen des Dienstgebers unterworfen. Keinesfalls aber dürfen strafrechtswidrige Weisungen befolgt werden. 16 5. Das System des Berufsschutzes Den gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen ist immanent, dass sie vom Gesetzgeber durch einen Tätigkeits- bzw. Berufsvorbehalt, einen Bezeichnungsvorbehalt und grundsätzlich durch einen Ausbildungsvorbehalt geschützt werden. Unter „Vorbehalt“ wird im Zusammenhang mit dem Berufsschutz ein gesetzlicher Anspruch auf Ausschließlichkeit verstanden, der entweder explizit als solcher bezeichnet wird oder sich aus einer Berechtigungsnorm ergibt. Die gesetzliche Normierung ist dabei zugleich Voraussetzung für das Bestehen eines Vorbehalts als auch Begrenzung des Vorbehalts. Die gesetzlich normierte Berechtigung, welche mit dem Ausschließlichkeitsanspruch einhergeht, kann daher ausschließlich durch die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen erlangt werden. Wer diese Berechtigung für sich in Anspruch nimmt ohne hiezu die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, verstößt gegen den Vorbehalt und handelt rechtswidrig. An ein solch rechtswidriges Verhalten können dabei Sanktionen unterschiedlichen Ausmaßes geknüpft sein. Die folgenden Ausführungen bauen auf der Überlegung auf, dass zwischen der Ausübung eines Berufes und der Ausübung von einzelnen Tätigkeiten eines Berufes ein rechtsrelevanter Unterschied besteht, der insbesondere bei der Frage, ob und unter welchen Umständen jemand Tätigkeiten vorbehalten ist, von Bedeutung ist. Bei der Normierung von Vorbehalten zum Schutz des Berufsbildes sind insbesondere folgende zwei Möglichkeiten hervorzuheben: Tätigkeitsvorbehalt: Der Gesetzgeber schließt andere als die im Gesetz genannten Personen bereits von der einmaligen Ausübung einer, in das Berufsbild fallende Tätigkeit aus. Berufsvorbehalt: Der Gesetzgeber schließt andere als die im Gesetz genannten Personen nicht schon von der einmaligen Ausübung einer in das Berufsbild fallenden Tätigkeit aus, sondern erst dann, wenn diese einzelne Tätigkeit oder auch mehrere oder alle Tätigkeiten des Berufsbildes berufsmäßig ausgeübt werden. Bei der Beurteilung, ob jemand einen Beruf und nicht bloß einzelne Tätigkeiten desselben ausübt, ist insbesondere auch das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit heranzuziehen. In diesem Zusammenhang kann auf den Begriff der Gewerbsmäßigkeit des § 1 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zurückgegriffen werden, wonach eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wird, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Stellt man der berufsmäßigen Ausübung die nicht berufsmäßige Ausübung gegenüber, so gelangt man hinsichtlich des Tätigkeitsvorbehaltes, der den Berufsvorbehalt definitionsgemäß einschließt, zur Bildung eines Tätigkeitsvorbehaltes im engeren und im weiteren Sinne. 17 Unter Tätigkeitsvorbehalt im engeren Sinne kann man demnach den Ausschließlichkeitsanspruch auf die nicht berufsmäßige Ausübung von Tätigkeiten verstehen. Tätigkeitsvorbehalt im weiteren Sinne bedeutet den Ausschließlichkeitsanspruch auf jede einzelne Tätigkeit eines Berufsbildes, unabhängig davon, ob diese berufsmäßig oder nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Der Tätigkeitsvorbehalt im weiteren Sinne besteht somit aus dem Tätigkeitsvorbehalt im engeren Sinne und dem Berufsvorbehalt. Der Berufsvorbehalt bietet größere Durchlässigkeit zu anderen Gesundheitsberufen als der Tätigkeitsvorbehalt. Weitere Vorbehalte im Gesundheitswesen Bezeichnungsvorbehalt als Ausschließlichkeitsanspruch auf die Führung von Bezeichnungen im Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes Ausbildungsvorbehalt als Ausschließlichkeitsanspruch auf das Anbieten und die Durchführung einer Ausbildung zu Tätigkeiten bzw. zu einem Beruf Sofern keine ausdrückliche Absicherung erfolgt, liegt eine lex imperfecta vor, d.h. Fehlen einer Sanktionsnorm (keine Absicherung durch Verwaltungsstrafrecht und/oder gerichtliches Strafrecht); im Zivilrecht allerdings gewisse Absicherung z.B. durch das Gesetz zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG. Auszug aus dem Strafgesetzbuch (StGB) Kurpfuscherei § 184. Wer, ohne die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung erhalten zu haben, eine Tätigkeit, die den Ärzten vorbehalten ist, in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen gewerbsmäßig ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen. Gewerbsmäßige Begehung § 70. (1) Gewerbsmäßig begeht eine Tat, wer sie in der Absicht ausführt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten oder Mittel handelt, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, oder zwei weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hat oder bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden ist. (2) Ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen ist ein solches, das nach einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro übersteigt. (3) Eine frühere Tat oder Verurteilung bleibt außer Betracht, wenn seit ihrer Begehung oder Rechtskraft bis zur folgenden Tat mehr als ein Jahr vergangen ist. In diese Frist werden Zeiten, in denen der Täter auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, nicht eingerechnet. 18 Anmerkungen zu den Auswirkungen des Arztvorbehalts Aus dem Wortlaut der bisher vorgestellten ärzte- und strafrechtlichen Bestimmungen ergibt sich, dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten im Sinne eines Tätigkeitsvorbehalts umfassend geschützt wird und somit andere Personen von deren Ausübung ausgeschlossen sind, sofern nicht eine besondere Rechtsgrundlage eine spezielle gesetzliche Erlaubnis zur Ausübung einzelner ärztlicher Tätigkeiten vorsieht, wie dies beispielsweise für Angehörige bestimmter Gesundheitsberufe aufgrund gesetzlicher Regelungen der Fall ist. Da der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht gesetzlich geregelt und infolgedessen auch kein anerkannter Gesundheitsberuf ist, gilt der ärztliche Tätigkeitsvorbehalt mit allen Konsequenzen uneingeschränkt auch für Personen, die in einem anderen Staat eine Heilpraktikerausbildung absolviert haben und/oder den Beruf des Heilpraktikers dort rechtmäßig ausüben und eine heilpraktische Tätigkeit in Österreich grundsätzlich anstreben. Diese österreichische Rechtslage, wonach die Ausübung der Medizin im Sinne der ärzterechtlichen Vorbehaltsbestimmungen den Ärzten vorbehalten ist und demzufolge für die Ausübung des Heilpraktikerberufes in Österreich keine rechtliche Basis existiert, steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht. 6. Voraussetzungen für die Eintragung in die Psychotherapeutenliste 1. Freiwilligkeit (Motivation) 2. Ausbildung (Propädeutikum und Fachspezifikum, Ausbildungssäulen sind Theorie, Praxis, Supervision und Selbsterfahrung), 3. gesundheitliche Eignung (Nachweis durch ein ärztliches Zeugnis im Original, zum Zeitpunkt des Ansuchens nicht älter als drei Monate), 4. Vertrauenswürdigkeit (Nachweis durch eine Strafregisterbescheinigung im Original, zum Zeitpunkt des Ansuchens nicht älter als drei Monate), 5. Eigenberechtigung, d.h. volle Handlungsfähigkeit, keine Sachwalterbestellung, 6. jeweils Angabe eines Berufssitzes oder/auch eines Dienstortes (in diesem Fall auch Vorlage einer Bestätigung des Dienstgebers) in Österreich, 7. Lebensalter von mindestens 28 Jahren, 8. die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache (Nachweis durch ein Zertifikat über die erfolgreich abgelegte Sprachprüfung in der Niveaustufe C2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenz-rahmen für Sprachen des Europarats, sofern sich die Kenntnisse der deutschen Sprache nicht nachweislich aus den vorgelegten Personal- und Ausbildungsnachweisen ergeben; der Nachweis der Sprachkenntnisse kann entfallen, wenn eine Ausbildung zum Psychotherapeuten in deutscher Sprache in Österreich oder im sonstigen deutschsprachigen Raum, ein deutschsprachiges Hochschulstudium, ein Studium der deutschen Sprache, eine deutschsprachige Matura oder ein gleichartiger und gleichwertiger Schulabschluss erfolgreich absolviert worden ist), 9. Begutachtung durch den Psychotherapiebeirat. 19 7. Psychotherapeutische Leistungen im „Kassenrecht“ Auszug aus dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz Eintritt des Versicherungsfalles § 120. (1) Der Versicherungsfall gilt als eingetreten: 1. im Versicherungsfall der Krankheit mit Beginn der Krankheit, das ist der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht; ... Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung § 131. (1) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338) oder die eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. ... Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen § 131b. Stehen andere Vertragspartner [als Ärzte] infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung, so gilt § 131a mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten festzusetzen. Umfang der Krankenbehandlung § 133. (2) Die Krankenbehandlung muß ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. ... Ärztliche Hilfe § 135. (1) Die ärztliche Hilfe wird durch Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen durch Wahlärzte und Wahl-Gruppenpraxen (§ 131 Abs. 1) sowie durch Ärzte in eigenen Einrichtungen (oder Vertragseinrichtungen) der Versicherungsträger gewährt. Im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt: 1. eine auf Grund ärztlicher Verschreibung erforderliche a) physiotherapeutische, b) logopädisch-phoniatrisch-audiologische oder c) ergotherapeutische Behandlung durch Personen, die gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, BGBl. Nr. 460/1992, zur freiberuflichen Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes, des logopädisch-phoniatrischaudiologischen Dienstes bzw. des ergotherapeutischen Dienstes berechtigt sind; 2. eine auf Grund ärztlicher Verschreibung oder psychotherapeutischer Zuweisung erforderliche diagnostische Leistung eines klinischen Psychologen (einer klinischen Psychologin) gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990, der (die) zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 Abs. 1 des Psychologengesetzes berechtigt ist; 3. eine psychotherapeutische Behandlung durch Personen, die gemäß § 11 des Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990, zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt sind, wenn nachweislich vor oder nach der ersten, jedenfalls vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung innerhalb desselben Abrechnungszeitraumes eine ärztliche Untersuchung (§ 2 Abs. 2 Z 1 des Ärztegesetzes 1998) stattgefunden hat. ... 20 (6) In den Fällen der Inanspruchnahme einer Leistung eines Psychotherapeuten (Abs. 1 Z 3) hat der (die) Versicherte an den Vertragspartner für Rechnung des Versicherungsträgers einen Behandlungsbeitrag in der Höhe von 20 % des jeweiligen Vertragshonorares zu zahlen, wenn Gesamtverträge nach § 349 Abs. 2 bestehen. Verschwiegenheitspflicht der Bediensteten § 460a. (1) Die Bediensteten haben über alle ihnen in Ausübung des Dienstes oder mit Beziehung auf ihre Stellung bekanntgewordenen Angelegenheiten, die im Interesse des Versicherungsträgers oder der Versicherten, ihrer Angehörigen oder Dienstgeber Geheimhaltung erfordern oder ihnen ausdrücklich als vertraulich bezeichnet worden sind, gegen jedermann, dem sie über solche Angelegenheiten eine dienstliche Mitteilung zu machen nicht verpflichtet sind, Verschwiegenheit zu beobachten. (2) Eine Ausnahme von der im Abs. 1 bezeichneten Verpflichtung tritt nur insoweit ein, als ein Bediensteter für einen bestimmten Fall von der Verpflichtung zur Wahrung des Dienstgeheimnisses entbunden wurde. (3) Über die im Abs. 1 bezeichnete Verpflichtung hinaus haben die fachkundigen Organe der Träger der Unfallversicherung (§ 187) über alle ihnen bei Ausübung ihres Dienstes bekanntgewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere über die ihnen als geheim bezeichneten Betriebseinrichtungen, Betriebsmittel, Arbeitsstoffe, Arbeitsvorgänge oder Arbeitsverfahren sowie sonstige Eigentümlichkeiten der Betriebe Verschwiegenheit zu beobachten. (4) Die Bestimmungen des Abs. 3 gelten entsprechend für die gemäß § 42 Abs. 1 mit der Einsicht beauftragten Bediensteten. (5) Die im Abs. 1, 3 und 4 bezeichneten Bediensteten sind an die Verschwiegenheitspflicht auch im Verhältnis außer Dienst, im Ruhestand sowie nach Auflösung des Dienstverhältnisses gebunden. Sozialversicherungsrechtliche Begriffe im Überblick Krankheit: Ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht (§ 120 ASVG, vgl. die umfassendere Berufsumschreibung in § 1 PthG) Sachleistungen: Leistungen, die vom Versicherungsträger durch einen Vertragspartner gegen direkte Verrechnung der vertragsmäßigen Kosten oder durch eigene Einrichtungen des Versicherungsträgers erbracht werden (zB Arztbesuch auf Krankenschein). Gegenteil von Sachleistungen sind Geldleistungen (zB Krankengeld). Sachleistungsprinzip: Die Krankenversicherung trifft für den Fall der Krankenbehandlung durch Sachleistungen Vorsorge. Kostenerstattungs- bzw. Kostenzuschusssystem: Die Krankenversicherung trifft für den Fall der Krankenbehandlung dadurch Vorsorge, dass die Kasse dem Patienten, der das Behandlungshonorar vorfinanzieren musste, dieses zur Gänze oder zum Teil ersetzt. 21 Gesamtvertrag: Der Gesamtvertrag schafft die notwendige Grundlage für die ärztlichen Einzelverträge und bestimmt damit den Inhalt der Einzelverträge. Die Gesamtverträge für den ärztlichen Bereich werden zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Zustimmung der betroffenen Krankenversicherungsträger) und der jeweils zuständigen Landesärztekammer (oder bei Zustimmung der Landesärztekammern durch die Österreichische Ärztekammer) abgeschlossen. Inhalt eines Gesamtvertrages sind die Zulassungsordnung (Zahl der Vertragsärzte, Sprengelverteilung, Auswahlkriterien für die Ärzte), Vorschriften über den Abschluss und die Auflösung der Einzelverträge, Honorierungssystem, Sicherstellung der wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise etc. Im Bereich der klinisch-psychologischen Diagnostik sind die Vertragspartner der Hauptverband und der Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen. Im Bereich der Psychotherapie gibt es derzeit noch keinen Gesamtvertrag. Verhandlungspartner (ohne Ergebnis) waren der Hauptverband und der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie. Allerdings gibt es in diesem Bereich sogenannte „Vereinslösungen“, die je nach Bundesland unterschiedlich ausgefallen sind (siehe unten). Einzelvertrag: Der Einzelvertrag wird zwischen dem Krankenversicherungs-träger und dem einzelnen Arzt abgeschlossen und legt die durch den Gesamtvertrag vorgegebenen Rechte und Pflichten des Arztes und des Krankenversicherungsträgers fest. Vertragsärzte: Sind freiberuflich tätige Ärzte, die mit dem Krankenversicherungsträger den Einzelvertrag abgeschlossen haben, durch den sie zur Behandlung krankenversicherter Personen verpflichtet sind. Sie sind jedoch nicht in die Organisation des Krankenversicherungsträgers eingegliedert, sodass sie beruflich selbständig bleiben. Wahlärzte: Sind Ärzte, die in keinem Vertragsverhältnis zum Krankenversicherungsträger stehen. Das Honorar des Wahlarztes hat der Versicherte vorerst selbst zu begleichen, kann aber dann gegenüber dem Krankenversicherungsträger Kostenerstattung geltend machen. Dieser ersetzt dem Versicherten 80 % jenes Betrages, der bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragsarztes aufzuwenden gewesen wäre. Pflichtleistungen/Freiwillige Leistungen: Pflichtleistungen sind Leistungen, auf die der Versicherte einen Anspruch aufgrund des Gesetzes oder der Satzung des Krankenversicherungsträgers hat. Freiwillige Leistungen sind Leistungen, deren Gewährung im Ermessen des Krankenversicherungsträger liegt. Der Versicherte hat daher keinen Anspruch. Rechtsschutz bei Ablehnung von Leistungsansprüchen: Die Frage betrifft einerseits die Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung einer Leistung, andererseits die Beendigung von bestehenden Leistungsansprüchen durch den Versicherungsträger. Unproblematisch ist der Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung einer Leistung. IdZ sieht § 367 Abs. 1 Z 2 ASVG vor, dass über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung ein Bescheid zu erlassen ist, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der 22 Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Der Antragsteller kann bei Ablehnung seines Antrags daher stets einen Bescheid verlangen. Anders ist die Möglichkeit der Erlangung eines Bescheids bei Beendigung von bestehenden Leistungsverhältnissen. Gemäß § 99 Abs. 1 ASVG sind Leistungen nach Aufhören der Anspruchsvoraussetzungen zu entziehen, sofern sie nicht ohne weiteres erlöschen. Gemäß § 100 Abs. 1 lit.a ASVG erlöschen Ansprüche auf eine laufende Leistung aus der Krankenversicherung ohne weiteres Verfahren, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch weggefallen sind. Daraus ergibt sich, dass im Bereich der Krankenversicherung Ansprüche auf laufende Leistungen jedenfalls ohne weiteres Verfahren erlöschen. Es wäre daher an sich kein Bescheid über das Erlöschen des Anspruchs zu erlassen. Ein Schreiben der Gebietskrankenkasse, in dem diese zum Ausdruck bringt, dass eine laufende Leistung nach Erschöpfung der Anspruchsdauer gemäß § 100 Abs. 1 lit. a ASVG ohne weiteres Verfahren erlischt, kann weder seiner Form noch seinem Inhalt nach zweifelsfrei als Bescheid gewertet werden, wenn es nur die Darlegung der Rechtsansicht der Gebietskrankenkasse enthält, dass "eine laufende Leistung nach Erschöpfung der Anspruchsdauer gemäß § 100 Abs. 1 lit. a ASVG ohne weiteres Verfahren erlischt", und die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass die Gebietskrankenkasse daher nicht in der Lage sei, darüber bescheidmäßig abzusprechen. Der Anspruchswerber hat jedoch die Möglichkeit, einen solchen Bescheid über das Erlöschen des Anspruchs zu verlangen und beim Arbeits- und Sozialgericht zu bekämpfen. Liegt aber ein Bescheid des Versicherungsträgers vor, so kann der Anspruchswerber, da es sich um eine Sozialrechtssache (vgl. § 65 Abs. 1 Z 1 ASGG, BGBl. Nr. 104/1985, Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hierbei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen) handelt, mit Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht dagegen vorgehen. § 67 Abs. 1 ASGG bestimmt, dass in einer Leistungssache nach § 65 Abs. 1 ASGG vom Versicherten eine Klage erhoben werden kann, wenn der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat oder der Versicherungsträger den Bescheid bei Leistungen aus der Krankenversicherung nicht innerhalb von drei Monaten erlassen hat. Örtlich zuständig ist gemäß § 7 Abs. 1 ASGG das Arbeits- und Sozialgericht, in dessen Sprengel der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Versicherten liegt. Die Bestimmung des § 65 Abs. 1 ASGG ist Ausdruck des Grundsatzes der sukzessiven Kompetenz in Sozialrechtsachen. Dabei tritt der Bescheid des Versicherungsträgers mit Anrufung des Gerichts außer Kraft (vgl. § 71 Abs. 1 ASGG) und die Entscheidung ist vom Gericht völlig neu und unabhängig vom Verwaltungsverfahren zu treffen. Für das Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht sind insbesondere zu beachten: - die für den Versicherten günstige Kostenregelung des § 77 ASGG, - die Verfahrensbesonderheiten des § 39 ASGG, u.a. - besondere richterliche Anleitungs- und Belehrungspflicht (Abs. 1 Z 1) - keine Anwaltspflicht im erstinstanzlichen Verfahren (Abs. 3), - die besonderen Regeln über die Klagszurücknahme nach § 72 ASGG. 23 Voraussetzungen für Psychotherapie im niedergelassenen Bereich: Seit 1.1.1992 sieht das Kassenrecht Psychotherapie als Pflichtleistung vor, sodass Versicherte einen Anspruch auf diese Leistung aufgrund des Gesetzes oder der Satzung eines Krankenversicherungsträgers haben. Für die psychotherapeutische Behandlung gemäß § 135 Abs. 1 Z 3 ASVG ist keine ärztliche Verschreibung oder Zuweisung erforderlich. Lediglich eine ärztliche Untersuchung vor oder nach der ersten, jedenfalls aber vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung innerhalb desselben Abrechungszeitraumes ist vorgesehen. Die ärztliche Untersuchung ist im Übrigen unabhängig von der, nur durch einen Psychotherapeuten vorzunehmenden Diagnose, zu sehen. Psychotherapeut/inn/en wenden daher ebenfalls den sogenannten „ICD-10“-Diagnoseschlüssel der WHO an. Bereits 1992 wurde von den Krankenversicherungsträgern ein einheitlicher Kostenzuschuss in der jeweiligen Satzung in der Höhe von (damals) öS 300.- für eine Therapieeinheit von 50 Minuten festgesetzt. Die Höhe dieses Zuschusses beträgt daher umgerechnet € 21,80. Diesen Zuschuss haben die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) seit 01.01.2015 auf € 28 und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) auf € 40 erhöht. Ziel war es, einen Gesamtvertrag für Psychotherapie Österreich weit zustande zu bringen, wobei im Falle eines Gesamtvertrages § 135 Abs. 6 ASVG einen Selbstbehalt von 20 Prozent des Vertragshonorars vorsieht. Verhandlungspartner waren der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie(ÖBVP). Die Besonderheit dabei war, dass der ÖBVP lediglich eine freiwillige Interessenvertretung ist (also keine gesetzliche Interessenvertretung, wie etwa die Österreichische Ärztekammer). Durch Bescheid des damals zuständigen Bundesministers für Gesundheit, wurde der ÖBVP als Verhandlungspartner des Hauptverbandes zugelassen. In mehreren Anläufen gelang es seit 1992 allerdings nicht, dieses Ziel eines Gesamtvertrages zu erreichen. 1995 scheiterte ein Gesamtvertrag an der Ablehnung des ÖBVP aufgrund eines zu niedrigen Honorarangebots, im Jahr 2000 an der fehlenden Mehrheit des zuständigen Gremiums im Hauptverband. Das bedeutet, dass nach wie vor das Kostenzuschusssystem, vergleichbar dem Wahlarztsystem, besteht, wonach Patient/inn/en von eingetragenen Psychotherapeut/inn/en nach Einreichung ihrer bereits geleisteten Zahlungen den Zuschuss von € 21,80 für eine Einheit erstattet erhalten. Zwischenzeitig kam es allerdings mangels Gesamtvertrages zu regional unterschiedlichen, sogenannten „Vereinslösungen“, wonach insbesondere einzelne Gebietskrankenkassen mit neu geschaffenen Psychotherapie-versorgungsvereinen direkte Vereinbarungen über eine zumindest teilweise Versorgung von Psychotherapiebedürftigen abschlossen. Beispielhaft dafür sei die Wiener Gesellschaft für Psychotherapeutische Versorgung (WGPV) genannt, die mit der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) einen entsprechenden Vertrag geschlossen hat. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf eine weitere Besonderheit hinzuweisen, wonach die WGKK nur solche Psychotherapeut/inn/en an dieser „Vereinslösung“ teilhaben lässt, die über die (langjährige) Psychotherapieausbildung nach dem Psychotherapiegesetz noch zusätzliche Qualifikationen nachweisen können, Qualifikationen, die sich auf den Nachweis einer besonderen Krankenbehandlungserfahrung beziehen. 24 Nachweis einer besonderen Krankenbehandlungserfahrung Im Rahmen dieses Vertrages können ausschließlich Psychotherapeuten tätig werden, welche einen der unten als Variante A und E angeführten bzw. welche als spezialisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten einen der gemäß Varianten C modifizierten Nachweise hinsichtlich einer besonderen Erfahrung im Erkennen und Behandeln von Krankheiten erbringen. Variante A: Ein Jahr Tätigkeit (maximal in drei Teilen) (Basis 40 Stundenwoche) in einem psychiatrischen Krankenhaus1) oder einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses1) oder einer Institution, welche über eine Ausbildungsstelle zum Facharzt für Psychiatrie verfügt, in der entsprechenden Fachabteilung. Bei einer kürzeren Wochenstundenzahl (mindestens 20 Stunden) verlängert sich der Zeitraum entsprechend. Variante B: 1. Ein halbes Jahr (auch 2 mal 3 Monate) Tätigkeit (Basis 40 Stundenwoche) bzw. ein Jahr (auch 4 mal 3 Monate) Tätigkeit (Basis 20 Stundenwoche) in einem Krankenhaus oder in einer psychosozialen Einrichtung in der Krankenbehandlung durchgeführt wird. plus 2. a) 500 Therapiestunden Krankenbehandlung in kontinuierlicher Tätigkeit nach Listeneintragung mit Schwerpunktsetzung in folgenden Großgruppen von Diagnosen: organische Psychosen, nichtorganische Psychosen, Suchtkrankheiten, schwerste Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline). oder b) zusätzlich zur Tätigkeit gemäß Punkt 1.: 18 Monate kontinuierliche Tätigkeit in einem Krankenhaus oder einer psychosozialen Einrichtung, in der Krankenbehandlung durchgeführt wird (3 Monate Tätigkeit entsprechen jeweils 85 Stunden Krankenbehandlung gemäß Punkt 2. a). Variante C (Kinder): Spezialisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können die Vertragsabschlussvoraussetzungen auch wie folgt erlangen: Bei diesen Therapeuten ist die Absolvierung eines Großteils der gemäß Variante B nachzuweisenden Therapiestunden der Krankenbehandlung im Sinne des Vertrages durch Nachweis der Behandlung von schweren psychischen Störungen des Kindesund Jugendlichenalters möglich, die der Behandlung von organischen Psychosen, nichtorganischen Psychosen sowie Suchtkrankheiten gleichgestellt sind. Als solche schwere psychische Störungen gelten: Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, andere schwerste Essstörungen mit erheblichen somatischen Auswirkungen. Weiters schwere Erlebnis- und Belastungsreaktionen nach schweren traumatischen Erlebnissen bzw. auf Grund schwerer, die Psyche schädigenden Entwicklungsbedingungen sowie extreme Persönlichkeitsentwicklungsstörungen. Variante D: Eintragung in die Liste der klinischen Psychologen mit Nachweis der fachlichen Kompetenz gemäß §§ 6 und 12 Psychologengesetz sowie Nachweis der Erfahrung, der für die Vergabe des Einzelvertrages mit den Krankenversicherungsträgern bzw. in die Liste der Wahlpsychologen erforderlich ist. 25 Variante E: 1. Mindestens 344 Stunden kontinuierliche Tätigkeit in einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses oder in einer Einrichtung, die als Ausbildungseinrichtung zum Facharzt für Psychiatrie anerkannt ist, in unmittelbarer Begleitung einer Person, die ärztliche Tätigkeit im ständigen Patientenkontakt durchführt, oder bei einem Facharzt für Psychiatrie, sodass Erfahrung hinsichtlich der Krankenbehandlung und in deren Umfeld gesammelt werden kann (Diagnostik, Behandlung, Dokumentation). Dieser Nachweis kann in zwei geschlossenen Teilen erbracht werden. plus 2. 14 Tage (80 Stunden) Seminar, in dem eingehende Kenntnisse über schwere Krankheitsbilder (Entstehung, Symptome, etc.) vermittelt werden sollen. 3. 1.000 Therapiestunden Krankenbehandlung in kontinuierlicher Tätigkeit nach Listeneintragung mit Schwerpunktsetzung in folgenden Großgruppen von Diagnosen: organische Psychosen, nichtorganische Psychosen, Suchtkrankheiten, schwerste Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline). Unterschiede zwischen „klinisch-psychologischer Diagnostik“ und „psychotherapeutischer Behandlung“ klinisch-psychologische Diagnostik (§ 135 Abs. 1 Z 2 ASVG) psychotherapeutische Behandlung (§ 135 Abs. 1 Z 3 ASVG) ärztliche Verschreibung oder psychotherapeutische Zuweisung ist erforderlich keine ärztliche Verschreibung oder Zuweisung erforderlich, nur ärztliche Untersuchung vor oder nach der ersten, jedenfalls aber vor der zweiten psychotherapeutische Behandlung innerhalb desselben Abrechungszeitraumes es besteht (noch) kein Gesamtvertrag bei Bestehen eines Gesamtvertrages: Selbstbehalt von 20 Prozent des Vertragshonorars es besteht ein Gesamtvertrag kein Selbstbehalt 8. Übersicht über die Berufspflichten • • • • • • • • • • Pflicht zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft Pflicht zur Fortbildung Pflicht zur persönlichen und unmittelbaren Berufsausübung Pflicht zur Zusammenarbeit mit Vertretern der eigenen oder einer anderen Wissenschaft Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen Vertreters Pflicht zur Erteilung aller Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter Dokumentationspflicht Pflicht zur Beschränkung auf jene Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden, auf denen ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben worden sind Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung über die Zurücktretung von der Behandlung an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter Pflicht zur Verschwiegenheit 26 9. Zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft, der Fortbildungspflicht und der Kooperationspflicht Auszug aus dem Strafgesetzbuch Körperverletzung § 83. (1) Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Fahrlässige Körperverletzung § 88. (1) Wer fahrlässig einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Handelt der Täter nicht grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) und ist 1. die verletzte Person mit dem Täter in auf- oder absteigender Linie verwandt oder verschwägert oder sein Ehegatte, sein eingetragener Partner, sein Bruder oder seine Schwester oder nach § 72 Abs. 2 wie ein Angehöriger des Täters zu behandeln, oder 2. aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit einer anderen Person von mehr als vierzehntägiger Dauer erfolgt, oder 3. der Täter ein Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes, die Körperverletzung nicht schwer (§ 84 Abs. 1) und in Ausübung seines Berufes zugefügt worden, so ist der Täter nach Abs. 1 nicht zu bestrafen. (3) Wer grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) oder in dem in § 81 Abs. 2 bezeichneten Fall einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (4) Hat die Tat nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat nach Abs. 3 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, hat sie jedoch eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur Folge, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 14. (1) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben. Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den regelmäßigen Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen zu entsprechen. § 14. (2) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern seiner oder einer anderen Wissenschaft auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln. 27 Auszug aus dem Musiktherapiegesetz § 27. (2) Musiktherapeuten (Musiktherapeutinnen) haben ihren Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern (Vertreterinnen) ihrer oder einer anderen Wissenschaft oder Berufes, auszuüben. Sie können sich jedoch Hilfspersonen, insbesondere Studierender der Musiktherapie, bedienen, wenn diese nach ihren genauen Anordnungen und unter ihrer Aufsicht handeln. Auszug aus dem Ärztegesetz 1998 § 49. (1) Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter Fortbildungsprogramme oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. (2) Der Arzt hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln. Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen An der Spitze aller Berufspflichten steht die Verpflichtung zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen. Die übrigen gesetzlich festgeschriebenen Berufspflichten können als Konkretisierung dieser Pflicht verstanden werden. Die Verpflichtung zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen ist insbesondere auch als korrespondierendes Gegenstück zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten anzusehen, aus dem wiederum sämtliche Rechte des Patienten abgeleitet werden können, wie etwa das Recht auf Aufklärung. Grundsätzliches zur Frage nach den Schnittstellen zwischen Berufsrecht und Berufsethik In diesem Zusammenhang ist auf die Bereiche Moral, Ethik bzw. Sitte sowie Recht zu verweisen. Moral ist nach herrschender Auffassung jener Bereich, der keine Außenwirkung entfaltet, sondern in dem jeder Mensch aufgrund seines Gewissens vor sich selbst bestehen will. Die Frage, ob ich moralisch handle, ist daher eine, die nach innen gerichtet ist, die ich mit mir selbst ausmache, also was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann oder nicht. Ethik oder auch Sitte kann man nach herrschender Auffassung als Lehre von sittlichem Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebensbereichen sehen. Im Unterschied zur Moral treten Sitte und Ethik auch nach außen in Erscheinung. Dabei geht es insbesondere um das Verhalten einer bestimmten Gruppe, etwa einer Volksgruppe, einer Altersgruppe oder einer Berufsgruppe. Im gegebenen Kontext ist dies der sog. Verkehrskreis der PsychotherapeutInnen. 28 Der Unterschied zum rechtlichen Bereich, in dem auch Außenwirkung erzielt wird, ist, dass rechtliche Anordnungen im Gegensatz zu ethischen Anordnungen verbindlich, also im äußersten Fall einen Zwangscharakter entwickeln und mit Hilfe staatlicher Gewalt (vgl. das staatliche Gewaltmonopol) durchsetzbar sind. Gibt es im Bereich der Psychotherapie Schnittstellen? Dazu ist auf das im Psychotherapiegesetz verankerte ethische Verhalten hinzuweisen, wonach gemäß §§ 14 ff Psychotherapiegesetz die Ausübung des psychotherapeutischen Berufes nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft zu erfolgen hat. Was ist eigentlich Stand der Wissenschaft? Die Frage der Wissenschaftlichkeit der Psychotherapie ist nicht nur ein rein universitärer Wissenschaftsbegriff. Der Wissenschaftsbegriff der Psychotherapie und des Psychotherapiegesetzes ist ein weiterer. Dadurch, dass seit Freud Psychotherapie traditionell in privaten Vereinen tradiert und überliefert wurde, gibt es einen außeruniversitären Zugang zur Wissenschaftlichkeit. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Psychotherapiebeirat, der Gutachten erstattet, ob eine bestimmte Psychotherapiemethode als wissenschaftlich anzusehen ist (vgl. die Kriterien der Effizienz- und Effiktivitätsprüfung etc.). Darüber hinaus gilt, dass eine Methode sich dann wissenschaftlich entwickelt, wenn sie bei führenden Kongressen, von führenden Fachzeitschriften und führenden Fachwissenschaftern vertreten wird, ihr Wert in der Wissenschaft nicht überwiegend und ernsthaft bestritten wird und keine grundsätzlichen sozialen und ethischen Bedenken bestehen. Alles andere wäre eine sogenannte Außenseitermethode. Was bedeutet „nach bestem Wissen und Gewissen“ tätig zu sein? Eine wichtige Orientierungshilfe für ein solches Verfahren bietet der Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dieser ist ein Kompendium der berufsethischen Handlungsanleitungen, Empfehlungen und Verhaltensmaß-regeln für das Tätigsein von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Wie verbindlich ist der Berufskodex? Es kann von einer sogenannten indirekten Verbindlichkeit (vgl. das System der sogenannten Ö-Normen etwa in technischen Bereichen) ausgegangen werden. Das bedeutet, dass im Anlassfall (Beschwerdefall) in der Frage, ob ein Kunstfehler bzw. ein Behandlungsfehler begangen wurde, zu prüfen sein wird (idR mit Hilfe von Sachverständigengutachten), ob sorgfaltswidriger Weise von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom Berufskodex abgewichen worden ist. Je weiter das Verhalten vom Berufskodex abweicht, desto gravierender der Vorwurf der Sorgfaltswidrigkeit und damit der Vorwurf, den psychotherapeutischen Beruf eben gerade nicht nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft ausgeübt zu haben. Solchem Fehlverhalten kann man sich entziehen, indem man sich an den Sorgfaltsmaßstab des Berufskodexes hält, der das aktuelle, dem Stand der Wissenschaft entsprechende Verhalten, zusammengefasst hat. 29 Wie ist die Vorgangsweise in einem Beschwerdefall? Neben den ordentlichen Gerichten sind vor allem Patientenanwaltschaften der Länder sowie Ethik-, Beschwerde- und Schlichtungsstellen der jeweiligen Berufsgruppen zu nennen, die in Auseinandersetzungen über mögliche „Kunstfehler“, eine außergerichtliche Klärung und Schlichtung herbeizuführen sollen. Überwiegend sind diese Verfahren vom Gedanken der Freiwilligkeit aller Beteiligten getragen. Gleichzeitig korrespondiert die Berufspflicht der „Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen nach dem Stand der Wissenschaft“ mit der Hauptleistungspflicht aus dem Behandlungsvertrag nach dem „Bemühen um Herstellung eines Behandlungserfolges“. Darüber hinaus werden die übrigen Berufspflichten auch als Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag gesehen und ergänzen damit die Hauptleistungspflicht der Psychotherapeutinnen. Daraus ergeben sich die konkreten Verpflichtungen: 1. ausschließlich jene Leistungen anzubieten, für die eine entsprechende Qualifikation und Kompetenz erworben worden ist, 2. das eigene Erleben und Verhalten in der beruflichen Tätigkeit in fortlaufender oder periodischer Supervision zu reflektieren, 3. nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Redlichkeit die Wirkung der eigenen Arbeit zu überprüfen; den kollegialen Austausch, die kritische Reflexion und den fachlichen Diskurs insbesondere auch bei der Weiter- und Neuentwicklung therapeutischer Erkenntnisse und Verfahren zu suchen, 4. zu einem verantwortlichen Umgang mit dem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in der therapeutischen Beziehung, wobei jeglicher Missbrauch dieses Vertrauensverhältnisses und der im Behandlungsverlauf bestehenden, vorübergehend vielleicht sogar verstärkten Abhängigkeit der Patientin oder des Patienten von der behandelnden Person einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Berufspflicht darstellt. Sollten diese Verpflichtungen massiv verletzt werden, kann als eine Konsequenz die Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für die Erlangung und Aufrechterhaltung der Berufsberechtigung wegfallen, wobei das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen der Vertrauenswürdigkeit im Rahmen eines Austragungs-verfahrens zu prüfen sein würde. Der unbestimmte Gesetzesbegriff der Vertrauenswürdigkeit ist grundsätzlich mittels der aus der Rechtsordnung unter Heranziehung der jeweiligen gesellschaftlichen Vorstellungen abzuleitenden Wertungen auszulegen. Bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit kommt es darauf an, ob das Gesamtverhalten geeignet ist, Vertrauen in die konkrete Berufsausübung zu erwecken. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit gelegen sind, weil es nur darauf ankommt, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Betreffenden zukommt oder nicht. Der Betreffende muss auch für die Zukunft Gewähr für die Erfüllung der bestehenden besonderen Anforderungen an die Ausübung des betreffenden Berufes bieten können. 30 In diesem Kontext ist auch das Vertrauen der Allgemeinheit zum Betreffenden zu berücksichtigen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist hierbei, dass sich die zuständige Behörde auf die Vertrauenswürdigkeit des Betreffenden bei der Ausübung des Berufes verlassen können muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. Zur Strafbarkeit des sexuellen Missbrauchs Auszug aus dem Strafgesetzbuch Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses § 212. (1) Wer 1. mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person, seinem minderjährigen Wahlkind, Stiefkind oder Mündel oder 2. mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht untersteht, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von einer solchen Person an sich vornehmen lässt oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. (2) Ebenso ist zu bestrafen, wer 1. als Arzt, klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Angehöriger eines Gesundheits- oder Krankenpflegeberufes oder Seelsorger mit einer berufsmäßig betreuten Person, 2. als Angestellter einer Erziehungsanstalt oder sonst als in einer Erziehungsanstalt Beschäftigter mit einer in der Anstalt betreuten Person oder 3. als Beamter mit einer Person, die seiner amtlichen Obhut anvertraut ist, unter Ausnützung seiner Stellung dieser Person gegenüber eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von einer solchen Person an sich vornehmen lässt oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen. Bei § 212 StGB handelt es sich in allen Begehungsformen um ein eigenhändiges Sonderdelikt. Unmittelbarer Täter kann daher nur sein, wer die geforderte Subjektsqualität, also die besondere Autoritätsstellung besitzt und die Tathandlungen unmittelbar ausführt. Damit zählen Personen, die die Psychotherapie trotz Verlust der Berufsberechtigung widerrechtlich ausüben, Personen, die vortäuschen, zur Ausübung der Psychotherapie berechtigt zu sein sowie Personen, die in psychotherapeutischer Ausbildung stehen, mangels der erforderlichen Täterqualität nicht zu den in § 212 Abs 2 Z 1 StGB aufgezählten Tatsubjekten. „Berufsmäßig betreut“ ist eine Person im vorliegenden Kontext dann, wenn sie von einem Psychotherapeuten/einer Psychotherapeutin im Rahmen der Berufsausübung gemäß § 1 Psychotherapiegesetz psychotherapeutisch betreut wird. Dies kann auch in Form einer Beratung oder Supervision geschehen. Im Rahmen des § 212 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB ist zudem ausdrückliche Voraussetzung der Strafbarkeit, dass PsychotherapeutInnen unter Ausnützung der ihnen zukommenden Autoritätsstellung gehandelt haben. Es genügt nicht, dass das Autoritätsverhältnis kausal für die geschlechtliche Handlung war, etwa weil dem Täter das Opfer sonst gar nicht bekannt geworden wäre, sodass es nicht ausreicht, wenn der Täter eine durch seine Autoritätsstellung „gebotene Gelegenheit“ ausnützt. 31 Nach Beendigung des berufsmäßigen Betreuungsverhältnisses wird jedoch eine derartige Autoritätsstellung regelmäßig nicht mehr bestehen, weshalb § 212 StGB in diesem Fall nicht anzuwenden sein wird. Dies bedeutet jedoch auch, dass es nicht nur auf das Ende des Betreuungs-verhältnisses ankommt, sondern auch, dass die einstige Autoritätsstellung weggefallen sein muss. Eine Einzelfallprüfung ist daher stets erforderlich. Das Eingehen sexueller Beziehungen von PsychotherapeutInnen entwertet regelmäßig die vorangegangene Psychotherapie, sodass die Gefahr besteht, dass ein möglicher Behandlungserfolg nachträglich zunichte gemacht wird und PatientInnen geschädigt werden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass bei einschlägigen Sachverhalten die erforderliche Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Berufsberechtigung auch dann in Frage zu stellen ist, wenn der Tatbestand des § 212 StGB nicht erfüllt ist. Bei der berufsrechtliche Prüfung nach dem Psychotherapiegesetz ist über die spezifischen strafrechtlichen Anforderungen hinaus insgesamt die Verlässlichkeit des Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin in seine (ihre) Berufsausübung, insbesondere auch unter Miteinbeziehung des berechtigten Vertrauens der Allgemeinheit auf eine Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen, zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang stellt der Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einen zentralen Prüfmaßstab dar. Zur Frage der Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für die Berufsausübung Der Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (Richtlinie des Bundesministeriums für Gesundheit auf Grundlage von Gutachten des Psychotherapiebeirates), veröffentlicht unter www.bmg.gv.at, der eine Konkretisierung der im Psychotherapiegesetz festgelegten Berufspflichten unter besonderer Berücksichtigung der allgemeinen psychotherapeutischen Standespflichten darstellt und unmittelbar für die Gesetzesinterpretation heranzuziehen ist, hält bereits in der Präambel (Seite 2f) ausdrücklich fest, dass von Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in der Ausübung ihres Berufes ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Person, mit der psychotherapeutischen Aufgabe sowie mit jenen Menschen gefordert wird, mit denen sie durch die Psychotherapie in eine besondere Beziehung eintreten. In diesem Zusammenhang wird auch die besondere gesellschaftliche Verantwortung der Psychotherapeuten hervorgehoben, wozu vor allem das Bemühen um Förderung und Wahrung des Ansehens des psychotherapeutischen Berufsstandes gehört, um so das für die Erfüllung der psychotherapeutischen Aufgabe unabdingbare Vertrauen zwischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einerseits und psychotherapiebedürftigen Menschen andererseits zu erhalten und diesem Vertrauen tatsächlich gerecht werden zu können. Unter Punkt I „Der psychotherapeutische Beruf“ (Seite 3f) wird festgehalten, dass die Verantwortung von Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen die Achtung vor der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen und den Respekt vor dessen Einstellungen und Werthaltungen mit einschließt. In diesem Kontext haben sie sich auch um die Fortentwicklung der eigenen Kompetenz zu bemühen, mit den eigenen Kräften, Fähigkeiten und Grenzen verantwortungsvoll umzugehen und das eigene Verhalten unter ethischen Gesichtspunkten zu reflektieren. 32 Einer der zentralen Punkte des Schutzes der spezifischen psychotherapeutischen Beziehung liegt in der Verantwortung angesichts der besonderen Abhängigkeitssituation. Der Berufskodex macht unter Punkt III „Vertrauensverhältnis, Aufklärungs- und besondere Sorgfaltspflichten in der psychotherapeutischen Beziehung“ (Seite 7f) unmissverständlich deutlich, dass die persönliche Weltanschauung, wie z.B. auch die religiöse Einstellung, der Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten nicht aktiv und steuernd in den Behandlungsprozess einfließen darf: Punkt III.9 die Verpflichtung der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes und das Recht der Patientinnen oder der Patienten auf einen verantwortlichen Umgang mit dem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in der psychotherapeutischen Beziehung: - jeglicher Missbrauch dieses Vertrauensverhältnisses und der im Psychotherapieverlauf bestehenden, vorübergehend vielleicht sogar verstärkten Abhängigkeit der Patientin oder des Patienten von der Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die ethischen Verpflichtungen der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes dar; - Missbrauch liegt dann vor, wenn Angehörige des psychotherapeutischen Berufes ihren psychotherapeutischen Aufgaben gegenüber den Patientinnen oder den Patienten untreu werden, um ihre persönlichen Interessen, insbesondere sexueller, wirtschaftlicher, sozialer, emotionaler, politischer oder religiöser Natur zu befriedigen; daraus ergibt sich auch die Verpflichtung der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes, dementsprechend alle Verstrickungen mit den Patientinnen oder den Patienten zu meiden; - für den Fall, dass sich während einer Psychotherapie seitens der Psychotherapeutin oder des Psychotherapeuten eine nicht auflösbare emotionale Verstrickung (wie z.B. Verliebtheit, Ablehnung, Identifikation) abzeichnet, besteht die Verpflichtung, den Eigenanteil zu reflektieren (insbesondere durch Supervision, Intervision, Selbsterfahrung) und zu klären, ob der psychotherapeutische Prozess noch verantwortlich weitergeführt werden kann; sollte dies nicht der Fall sein, ist die Psychotherapie umgehend zu beenden und dafür Sorge zu tragen, dass die Patientin (der Patient) den psychotherapeutischen Prozess woanders weiterführen kann und somit auch einen Ort der Reflexion über das aktuelle Geschehen erhält; - die Verantwortung für die Vermeidung von Verstrickungen liegt allein bei den Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes und kann nicht den Patientinnen und Patienten übertragen werden; - entsprechende Verstöße gegen die Berufsethik sind geeignet, die Vertrauenswürdigkeit der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes ernsthaft in Frage zu stellen Wenn also Patientinnen/Patienten das Thema Religion, Gebete, spirituelle Rituale als für sich selbst wesentlich „mit in die Stunde bringen“, gilt es – wie wohl bei allen anderen Themen auch – gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten zu verstehen, welche Bedeutung dieses für sie (ihn) und in ihrem (seinem) Leben hat und unter Umständen einen Bezug zur konkreten (Leidens-)Situation herzustellen. 33 Aktives Einbringen solcher Ansätze und Handlungen wie beispielsweise Gebete, esoterische Rituale durch die Psychotherapeutin/den Psychotherapeuten verstößt gegen die psychotherapeutische Berufsethik im oben beschriebenen Sinn. Wenn andere intensive Kontakte und gemeinsame Kontexte (wie z.B. gemeinsame Gebetsgruppen) zwischen der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten und der Patientin/dem Patienten entstehen, gilt ebenfalls die im Berufskodex normierte Regelung, also dies für sich in einer Supervision zu klären und, falls diese Kontakte bzw. Kontexte nicht gelöst werden können, die Psychotherapie verantwortungsvoll zu beenden. In Punkt IX des Berufskodex ist über den Umgang mit Verstößen gegen den Berufskodex Folgendes festgelegt: „Von einer Frage oder Beschwerde betroffene Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen sind verpflichtet, an der Klärung aktiv mitzuwirken. … Bei schweren Verstößen gegen den Berufskodex kann der Psychotherapiebeirat nach entsprechender Prüfung der Fälle gutachterlich eine Verwarnung, vorübergehende Kontrollen oder die bescheidmäßige Streichung aus der Psychotherapeutenliste empfehlen. Die Behandlung solch schwerwiegender Fälle obliegt dem Beschwerdeausschuss des Psychotherapiebeirats.“ Die Richtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Frage der Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden des Bundesministeriums für Gesundheit auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 17.06.2014, veröffentlicht unter www.bmg.gv.at, hält ausdrücklich fest, dass alle Arten von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden, wie z.B. Humanenergetik, Geistheilung, Schamanismus und viele andere von der Psychotherapie zu unterscheiden und strikt zu trennen sind. Diese können nicht Teil einer Psychotherapie sein. Die Frage der Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden kann mit Bezug auf das Psychotherapiegesetz und den Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, erörtert und beantwortet werden. Der Fokus ist dabei auf den Schutz der psychotherapeutischen Beziehung unter Wahrung der psychotherapeutischen Berufsethik und die Psychotherapie als wissenschaftlich fundierte Krankenbehandlung zu richten. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 16.10.2002, 99/03/0147, VwGH 18.7.2002, 99/09/0107, VwGH 4.4.2001, 2001/09/0040 und VwGH 27.09.2007, 2006/11/0230) ergeben sich – ausgehend davon, dass eine Person dann vertrauenswürdig ist, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag – folgende wesentliche Merkmale der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit als Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut: • Die Psychotherapeutin bzw. der Psychotherapeut muss auch für die Zukunft Gewähr für die Erfüllung der bestehenden besonderen Anforderungen an die Ausübung der Psychotherapie bieten können; 34 • • • für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ist das Gesamtverhalten der Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten darauf hin zu prüfen, ob es geeignet ist, Vertrauen in die psychotherapeutische Berufsausübung zu wecken, bzw. ob der Betreffende bei der Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten als verlässlich angesehen werden kann; entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen in Einklang steht, deren Wahrung dem Bundesminister für Gesundheit als der für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen zuständigen Behörde obliegt; in diesem Kontext ist auch das Vertrauen der Allgemeinheit zu einer Psychotherapeutin bzw. einem Psychotherapeuten zu berücksichtigen und der entscheidende Gesichtspunkt hierbei ist, dass sich der Bundesminister/die Bundesministerin für Gesundheit auf die Vertrauenswürdigkeit einer Psychotherapeutin bzw. eines Psychotherapeuten bei der Ausübung der Psychotherapie verlassen können muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. In Ausübung ihres Berufes wird von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Person, mit der psychotherapeutischen Aufgabe, sowie mit jenen Menschen gefordert, mit denen sie durch die Psychotherapie in eine besondere Beziehung treten. Veröffentlichungen von Richtlinien – unter www.bmg.gv.at 1. Anerkennungsrichtlinie, Kriterien für die Anerkennung als psychotherapeutische Ausbildungseinrichtung des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Nr. 1/1992, S 35 ff. 2. Ausbildungsvertragsrichtlinie, Kriterien zur Ausgestaltung von Ausbildungs-verträgen im psychotherapeutischen Fachspezifikum des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 10, Supplement 3, Nr. 3/2002, S 44 ff. 3. Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage von Gutachten des Psychotherapiebeirates, zuletzt vom zuletzt vom 13.03.2012. 4. Diagnostik-Leitlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 15. Juni 2004, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 3, Nr. 3/2005; S 82 ff. 5. Fort- und Weiterbildungsrichtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 8, Suppl. 3, Nr. 3/2000, S 89ff sowie in den Mitteilungen der Sanitätsverwaltung, Heft 7/2001, S 26. 6. Gutachterrichtlinie Kriterien für die Erstellung von Gutachten durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates bisher veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 10, Supplement 4, Nr. 4/2002, S 96 ff. 35 7. Internetrichtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Kriterien zur Ausgestaltung der psychotherapeutischen Beratung via Internet des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 2, Nr. 2/2005, S 43 ff. 8. LehrtherapeutInnen-Richtlinie für das Fachspezifikum, Kriterien für die Bestellung von Lehrpersonen für das psychotherapeutische Fachspezifikum des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 9, Supplement 2, Nr. 2/2001, S 46-47, ergänzt und aktualisiert am 05.08.2010. 9.Manual - Psychotherapeutischer Status zur Diagnostik-Leitlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 19. April 2005, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 3, Nr. 3/2005, S 97 ff. 10.Supervisionsrichtlinie Kriterien für die Ausübung psychotherapeutischer Supervision durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Beschlusses des Psychotherapiebeirates vom 06.10.2009. 11.Visitationsrichtlinie Richtlinie zur Überprüfung propädeutischer und fachspezifischer Ausbildungseinrichtungen im Rahmen der Qualitätssicherung des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 14.12.2004. 12.Werberichtlinie Richtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten über das Verhalten in der Öffentlichkeit des BMG auf Grundlage des Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 14.12.2010. 13.Richtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Frage der Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden des BMG auf Grundlage des Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 17.06.2014 14.Richtlinie für die psychotherapeutische Arbeit mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen des BMG auf Grundlage des Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 02.12.2014 Fortbildungspflicht Weiters ergibt sich die Pflicht, sich durch entsprechende Fortbildung durch den Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen über den aktuellen Stand der erlernten und ausgeübten Methoden zu informieren, sich damit kritisch auseinander zu setzen und ihn eigenverantwortlich in der eigenen Tätigkeit zu berücksichtigen. Der regelmäßige Besuch von Fortbildungsveranstaltungen in der Dauer von mindestens 150 Einheiten im Zeitraum von fünf Jahren kann als allgemein akzeptierter Richtwert im Bereich der Psychotherapie genannt werden. Absolvierte Weiterbildungen sind zum Teil ebenso anrechenbar, wie etwa Literaturstudium oder eine weitere Ausbildung etc. 36 Kooperationspflicht Daraus ergibt sich für PsychotherapeutInnen die konkrete Verpflichtung zur sorgfältigen Abklärung der Verhaltensstörungen oder Leidenszustände, wozu gegebenenfalls auch die Konsultation anderer Berufsgruppen des Gesundheitswesens (Angehörige des ärztlichen, klinisch-psychologischen Berufes u.a.) erforderlich ist. Beispiel - Kinder- und Opferschutzgruppen in Krankenanstalten Grundsatzbestimmung § 8e Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957, in der Fassung von BG BGBl. I Nr. 35/2004, in Kraft getreten am 29.04.2004, geändert durch BGBl. I Nr. 69/2011 „§ 8e. (1) Durch die Landesgesetzgebung sind die Träger der nach ihrem Anstaltszweck und Leistungsangebot in Betracht kommenden Krankenanstalten zu verpflichten, Kinderschutzgruppen einzurichten. Für Krankenanstalten, deren Größe keine eigene Kinderschutzgruppe erfordert, können Kinderschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet werden. (2) Der Kinderschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von Gewalt an oder Vernachlässigung von Kindern und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für Gewalt an Kindern sowie die Früherkennung von häuslicher Gewalt an Opfern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. (3) Der Kinderschutzgruppe haben jedenfalls als Vertreter des ärztlichen Dienstes ein Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde oder ein Facharzt für Kinderchirurgie, Vertreter des Pflegedienstes und Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind, anzugehören. Die Kinderschutzgruppe kann, gegebenenfalls auch im Einzelfall, beschließen, einen Vertreter des zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers beizuziehen. (4) Durch die Landesgesetzgebung sind die Träger der nach ihrem Anstaltszweck und Leistungsangebot in Betracht kommenden Krankenanstalten zu verpflichten, Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher Gewalt einzurichten. Für Krankenanstalten, deren Größe keine eigene Opferschutzgruppe erfordert, können Opferschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet werden. (5) Den Opferschutzgruppen obliegen insbesondere die Früherkennung von häuslicher Gewalt und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für häusliche Gewalt. (6) Der Opferschutzgruppe haben jedenfalls zwei Vertreter des ärztlichen Dienstes, die bei einem entsprechenden Leistungsangebot Vertreter der Sonderfächer Unfallchirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu sein haben, anzugehören. Im Übrigen haben der Opferschutzgruppe Angehörige des Pflegedienstes und Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind, anzugehören. … 37 Ausführungsbestimmungen Oberösterreichisches Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl.Nr. 99/2005, geändert durch LGBl.Nr. 70/2012, In Kraft getreten am 10.09.2005 „§ 18 a (Kinder- und Opferschutzgruppen) (1) Die Rechtsträger der Sonderkrankenanstalten für Kinder- und Jugendheilkunde und der allgemeinen Krankenanstalten, die über eine Abteilung oder sonstige Organisationseinheit für Kinder- und Jugendheilkunde verfügen, sind verpflichtet, Kinderschutzgruppen einzurichten. Für Krankenanstalten mit Abteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten für Kinder- und Jugendheilkunde mit nicht mehr als 25 Betten können Kinderschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet werden. (2) Der Kinderschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von Gewalt an oder Vernachlässigung von Kindern und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für Gewalt an Kindern sowie die Früherkennung von häuslicher Gewalt an Opfern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. (3) Der Kinderschutzgruppe haben jedenfalls anzugehören: 1. als Vertreter des ärztlichen Dienstes ein Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde oder ein Facharzt für Kinderchirurgie; 2. als Vertreter des Pflegedienstes eine diplomierte Kinderkrankenschwester oder ein diplomierter Kinderkrankenpfleger; 3. Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind. (4) Die Kinderschutzgruppe kann, gegebenenfalls auch im Einzelfall, beschließen, einen Vertreter des zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers beizuziehen. Die Tätigkeit der Kinderschutzgruppe ist schriftlich zu dokumentieren. (5) Die Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalten sind verpflichtet, Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher Gewalt einzurichten. Für Krankenanstalten, deren Größe keine eigene Opferschutzgruppe erfordert, können Opferschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet werden. (6) Der Opferschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von häuslicher Gewalt und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für häusliche Gewalt. (7) Der Opferschutzgruppe haben jedenfalls anzugehören: 1. zwei Vertreter des ärztlichen Dienstes, die bei einem entsprechenden Leistungsangebot Vertreter der Sonderfächer Unfallchirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu sein haben; 2. als Vertreter des Pflegedienstes eine diplomierte Krankenschwester oder ein diplomierter Krankenpfleger; 3. Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind. … 38 10. Zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen Vertreters und zur Aufklärungs- und Auskunftspflicht Auszug aus dem Strafgesetzbuch Eigenmächtige Heilbehandlung § 110. (1) Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft, behandelt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Hat der Täter die Einwilligung des Behandelten in der Annahme nicht eingeholt, daß durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des Behandelten ernstlich gefährdet wäre, so ist er nach Abs. 1 nur zu bestrafen, wenn die vermeintliche Gefahr nicht bestanden hat und er sich dessen bei Aufwendung der nötigen Sorgfalt (§ 6) hätte bewußt sein können. (3) Der Täter ist nur auf Verlangen des eigenmächtig Behandelten zu verfolgen. Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 14. (3) Der Psychotherapeut darf nur mit Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen Vertreters Psychotherapie ausüben. Daraus ergibt sich die konkrete Verpflichtung 1. zur Wahrung der freien Wahl der Therapeutin oder des Therapeuten 2. zur strikten Wahrung der Freiwilligkeit der Behandlung (keine Behandlung ohne Einwilligung der Patientin oder des Patienten) 3. zur umfassenden Aufklärung über Art und Umfang der geplanten Behandlung; diese Aufklärung hat auch das Setting, die Frequenz, die allfällige Gesamtdauer soweit abschätzbar -, die Honorierung, Urlaubsregelung und alle sonstigen Informationen zu umfassen, die zur Klärung des besonderen Vertragsverhältnisses erforderlich sind. Auskunftspflicht § 14. (4) Der Psychotherapeut ist verpflichtet, dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter alle Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt, zu erteilen. (4a) Im Rahmen der Auskunftspflicht gemäß Abs. 4 hat der Psychotherapeut über die von ihm zu erbringende psychotherapeutische Leistung, sofern nicht eine direkte Abrechnung mit einem inländischen Träger der Sozialversicherung oder der Krankenfürsorge erfolgt, eine klare Preisinformation zur Verfügung zu stellen und nach erfolgter psychotherapeutischer Behandlung eine Rechnung auszustellen. Der Psychotherapeut hat sicherzustellen, dass in jedem Fall die dem Behandelten im Sinne der Richtlinie 2011/24/EU gelegte Rechnung nach objektiven, nichtdiskriminierenden Kriterien ausgestellt wird. Selbstbestimmungsaufklärung Es geht um die Vermittlung der Informationen, die der Patient braucht, um Wesen, Bedeutung und Tragweite einer therapeutischen Maßnahme zu erfassen. Der Patient soll somit in der Lage sein, alle Für und Wider einer Behandlung gegeneinander abwägen zu können und dient somit der Vorbereitung einer konkreten Entscheidung des Patienten und dient damit der Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts. 39 Die Selbstbestimmungsaufklärung setzt sich aus den folgenden Aufklärungsschritten zusammen: a) Diagnoseaufklärung: Diese hat erst stattzufinden, wenn eine Diagnose gesichert ist (nicht also bei bloßer Verdachtsdiagnose), da der Patient nicht unnötig verunsichert werden soll. b) Behandlungsaufklärung: Der Patienten soll über Wesen, Umfang, Schweregrad und Dringlichkeit der geplanten Therapie ebenso wie über Erfolgsaussichten, allfällige Folgewirkungen, aber auch die Möglichkeit einer alternativen Behandlungsmethode informiert werden. Dazu gehört weiters die Information des Patienten, welche Gefahren bei Unterlassung der gebotenen Behandlung/Therapie drohen. c) Risikoaufklärung: Es ist über allfällige Gefahren der Behandlung aufzuklären. Sicherungsaufklärung Damit ist die Vermittlung all jener Informationen gemeint, die zur Sicherstellung des Heilerfolges erforderliche sind. Ziel der Sicherungsaufklärung ist die Optimierung der Mitwirkung des Patienten im Verlauf der Behandlung, damit der bestmögliche Behandlungserfolg erzielt und Schäden verhindert werden können. 11. Zur Dokumentationspflicht Auszug aus dem Psychotherapiegesetz Dokumentationspflicht § 16a. (1) Der Psychotherapeut hat über jede von ihm gesetzte psychotherapeutische Maßnahme Aufzeichnungen zu führen. Die Dokumentation hat insbesondere folgende Inhalte, sofern sie Gegenstand der Behandlung oder für diese bedeutsam geworden sind, zu umfassen: 1. Vorgeschichte der Problematik und der allfälligen Erkrankung sowie die bisherigen Diagnosen und den bisherigen Krankheitsverlauf, 2. Beginn, Verlauf und Beendigung der psychotherapeutischen Leistungen, 3. Art und Umfang der diagnostischen Leistungen, der beratenden oder behandelnden Interventionsformen, 4. vereinbartes Honorar und sonstige weitere Vereinbarungen aus dem Behandlungsvertrag, insbesondere mit allfälligen gesetzlichen Vertretern, 5. erfolgte Aufklärungsschritte und nachweisliche Informationen, 6. Konsultationen von Berufsangehörigen oder anderen Gesundheitsberufen, 7. Übermittlung von Daten und Informationen an Dritte, insbesondere an Krankenversicherungsträger, 8. allfällige Empfehlungen zu ergänzenden ärztlichen, klinisch-psychologischen, gesundheitspsychologischen oder musiktherapeutischen Leistungen oder anderen Abklärungen, 9. Einsichtnahmen in die Dokumentation sowie 10. Begründung der Verweigerungen der Einsichtnahme in die Dokumentation. 40 (2) Dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter sind unter besonderer Bedachtnahme auf die therapeutische Beziehung auf Verlangen alle Auskünfte über die gemäß Abs. 1 geführte Dokumentation sowie Einsicht in die Dokumentation zu gewähren oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen, soweit diese das Vertrauensverhältnis zum Behandelten nicht gefährden. (3) Die Dokumentation ist mindestens zehn Jahre ab Beendigung der psychotherapeutischen Leistungen aufzubewahren. Die Führung und Aufbewahrung in geeigneter automationsunterstützter Form ist zulässig. Der Behandelte hat das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten. Bei Erlöschen der Berufstätigkeit ist die Dokumentation von außerhalb von Einrichtungen tätig gewesenen Berufsangehörigen für die der Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer aufzubewahren. (4) Im Falle des Todes von außerhalb von Einrichtungen tätig gewesenen Psychotherapeuten ist der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger unter Wahrung des Datenschutzes verpflichtet, die Dokumentation über psychotherapeutische Leistungen für die der Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer gegen Kostenersatz 1. einem vom verstorbenen Berufsangehörigen rechtzeitig dem Bundesministerium für Gesundheit schriftlich benannten, außerhalb einer Einrichtung tätigen Berufsangehörigen, der in diese Benennung und Pflichtenübernahme schriftlich eingewilligt hat, oder 2. sofern diese Erfordernisse nicht vorliegen, vom Bundesministerium für Gesundheit zu bestimmenden Dritten zu übermitteln. (5) Personen gemäß Abs. 4 treten in die Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation ein und unterliegen der Verschwiegenheitspflicht (§ 15). Auf Verlangen des Behandelten haben sie die diese Person betreffende Dokumentation dieser auszuhändigen. Verpflichtete Ist eine Person freiberuflich tätig, so trifft sie die Dokumentationspflicht selbst. Nach § 10 Abs. 2 Z 2 lit. a Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957, bzw. den einzelnen Landeskrankenanstaltengesetzen haben die Krankenanstalten verschiedene Formen der Dokumentation (Aufnahmebücher, Krankengeschichte, Operationsniederschriften, Obduktionsniederschriften etc.) anzulegen. Die Führung der Krankengeschichte obliegt dann dem jeweils fachlich Verantwortlichen, für den psychotherapeutischen Prozess PsychotherapeutInnen. Zu den Inhalten Geschäfts- und Einwilligungsfähigkeit Eine Dokumentation von Geschäfts- und Einwilligungsfähigkeit hat dann im Einzelfall zu erfolgen, wenn sie vom Sachverhalt her angezeigt ist (vgl. Minderjährige oder Personen, für die eine Sachwalterschaft besteht). Besonderheiten für die Dokumentation der Einwilligung können sich auch im Rahmen von Behandlungen im Rahmen des Maßnahmenvollzuges oder einer Unterbringung ohne Verlangen ergeben. Anfangsdokumentation Zu erfassen sind Grunddaten der PatientInnen: • Name • Adresse • Geburtsdatum • Sozialversicherungsnummer, soweit für Kostenerstattung erforderlich • allfällige gesetzliche VertreterInnen etc. 41 Eine wirksame Einwilligung erfordert eine ausreichende und dann dokumentierte Aufklärung über wesentliche Therapieparameter für den „informed consent“. Es handelt sich dabei grundsätzlich auch um wesentliche Elemente des Behandlungsvertrages. Die erfolgte Aufklärung der zu behandelnden Person wird entsprechend dokumentiert und betrifft insbesondere • Setting und Frequenz • den zeitlichen Rahmen • Art, Inhalt und Umfang der geplanten psychotherapeutischen Leistung • den wirtschaftlichen Rahmen (Honorar, Finanzierung durch die soziale Krankenversicherung, allenfalls mit Hilfe eines Formblattes) Weiters sind insbesondere von Bedeutung: • psychosoziale Anamnese, • die allfällige Diagnose und Indikation zur psychotherapeutischen Behandlung) • Zuweisungen an andere PsychotherapeutInnen, • zugrunde liegende ärztliche und/oder klinisch-psychologische Befunde, • Mitteilungen über frühere oder neu aufgetretene Erkrankungen, • Informationen über Medikationen, soweit für den psychotherapeutischen Prozess von Bedeutung, Verlaufsdokumentation • • • • • • • • • • • Behandlungsplan – Zielsetzung(en) der Therapie Beginn, Verlauf und Beendigung der Behandlung, insbesondere, wann Behandlungen stattgefunden haben Behandlungsprotokolle mit für den Behandlungsverlauf und Erfolg wesentlichen Inhalten durchgeführte psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen, Interventionen nach Art und Umfang der diagnostischen oder therapeutischen Leistungen Aufzeichnungen bezüglich Einsichtnahmen in die Dokumentation wobei die Führung der Dokumentation auch für den Zweck Einsichtnahme allenfalls erfolgte Entbindungen von der Verschwiegenheitspflicht Anmerkungen hinsichtlich Befunde, Mitteilungen, Empfehlungen oder Konsultationen von BerufskollegInnen gleicher oder anderer Gesundheitsberufe allfällige Empfehlungen zur ergänzendenärztlichen Abklärung oder Behandlung allfällige Empfehlungen für Folgemaßnahmen und Nachbetreuungen laufende prozess- und behandlungsbezogene methodenspezifische Diagnostik samt psychotherapeutischem Status allenfalls erforderliche psychotherapeutische Schlussdiagnostik Gruppentherapie Zu beachten ist für die Dokumentation einer Gruppentherapie, dass im Rahmen einer Gruppensitzung Vertraulichkeit und Geheimhaltung nur bedingt im entsprechenden Kreis gegeben sind. Die Wahrnehmung eines persönlichen Einsichtsrechtes oder gar die Abschriftnahme erfordert es daher, die Dokumentation so zu gestalten, dass dadurch keine persönlichen Informationen über Gruppenteilnehmer nach außen gelangen. Auch vom Ausmaß wird die Dokumentation bei Gruppentherapien nicht auf einzelne Teilnehmer fokussiert sein, sondern primär den Prozessverlauf und die Themen einer Gruppe sowie wesentliche Vorkommnisse festhalten, was ab einer gewissen Gruppengröße auch die Teilnahme und Dokumentation durch eine Co-Therapeutin erfordern wird. 42 Höchstpersönliche Aufzeichnungen Höchstpersönliche Aufzeichnungen, wie etwa Hypothesen, Interpretationen, Beobachtungen, durchgeführte und geplante Vorgangsweisen, die die behandelnde Person auf Basis ihrer methodischen Ausbildung formuliert, subjektive Reflexionen etc. sind getrennt geführte Bestandteile einer Dokumentation sein, die weder verpflichtend sind noch einer Einsicht durch PatientInnen oder sonstige Dritte unterliegen (vergleichbar einem Tagebuch). Weitere Rahmenbedingungen für die Dokumentation Einsichtsrecht in die Dokumentation Die Einsichtnahme in die Dokumentation ist ein unverzichtbares Patientenrecht. Die behandelte Person und bei gegebenen Voraussetzungen die gesetzliche Vertretung hat jederzeit das Recht auf Einsichtnahme in diese Aufzeichnungen. Die Informationen über das Einsichtsrecht müssen auch dann gegeben werden, wenn PatientInnen dies selbst von sich aus nicht verlangen. Einschränkungen des Einsichtsrechtes Das Recht auf Einsichtnahme der behandelten Person beschränkt sich auf diese Aufzeichnungen und erstreckt sich nicht auf die Einsichtnahme in allfällige darüber hinausgehende höchtspersönliche Aufzeichnungen, in denen der psychotherapeutische Prozess subjektiv reflektiert wird. Mit Ausnahme der persönlichen Aufzeichnungen der Psychotherapeutin ist der behandelten Person oder in begründeten Fällen der gesetzlichen Vertretung prinzipiell in die über sie geführten Aufzeichnungen Einsicht zu gewähren. Die Beschränkung des Rechts der Einsichtnahme in die Dokumentation auf die behandelte Person selbst erfordert im Falle der Behandlung von Minderjährigen die sorgfältige Abwägung durch die behandelnde Person, ob und in welchem Umfang die Dokumentation auch Eltern bzw. sonstigen Personen, die mit der gesetzlichen Vertretung betraut sind, zugänglich gemacht werden muss. Jedenfalls ist eine allfällige Einsichtnahme durch die gesetzliche Vertretung und die Begründung dafür schriftlich zu dokumentieren. Therapeutisches Privileg Die Informationspflicht gegenüber PatientInnen oder deren VertreterInnen ist grundsätzlich eine unbeschränkte und umfassende. Im Einzelfall kommt den PsychotherapeutInnen jedoch die Möglichkeit der Abwägung zu, ob die Information aus fachlich-psychotherapeutischer Rücksichtnahme allenfalls beschränkt werden soll. Dies wird als "therapeutisches Privileg" bezeichnet, wenn die Einsichtnahme zu einer erheblichen Gefährdung des Wohls einer betreffenden Patientin führen würde. Die Verweigerungsgründe sind in der Dokumentation auf einem eigenen Beiblatt zu dokumentieren. Ein pauschaler Hinweis auf therapeutische Kontraindikationen genügt nicht. Die Einsichtsverweigerung darf nicht schon bei jeder möglichen "Beunruhigung" des Patienten oder allein deswegen erfolgen, weil dieser an einer psychischen Krankheit leidet. Dauer der Aufbewahrung Zur Dauer der Aufbewahrung sehen im Krankenanstalten-Bereich die ausführenden Ländergesetze für Krankengeschichten (und damit auch psychotherapeutische Behandlungen) eine Aufbewahrungsdauer von mindestens 30 Jahren, bei ambulanter Behandlung von 10 Jahren vor. Die Gesundheitsberufe außerhalb der 43 Krankenanstalten trifft in der Regel eine mindestens 10-jährige Aufbewahrungspflicht, die analog als verbindlicher, sachgerechter Mindeststandard der freiberuflichen Praxis auch für die psychotherapeutische Dokumentation anzusehen ist. Übergabe der Dokumentation Soweit die Behandlung nicht im Rahmen einer Einrichtung erfolgte, wird bei Praxisschließung auch eine Übergabe an einen Nachfolger bzw. bei Tod des PsychotherapeutInnen eine Übergabe an einen Fachkollegen denkbar sein – andernfalls die bis dahin geheim zu haltenden Daten zu vernichten wären. Empfohlen wird dabei konkret eine sachlich handhabbare Vorgangsweise, wie sie das von der Fragestellung her vergleichbare Musiktherapiegesetz vorsieht. Aufzeichnungsmedien und Umfang Vom Umfang und von der Art kann die Dokumentation neben üblicherweise zu führenden schriftlichen und nachvollziehbaren Aufzeichnungen auch andere Medien und Träger von Dokumentationsinhalten umfassen, wie bspw. vereinbarte Audiound Videoaufzeichnungen oder aber Bilder und Zeichnungen des Patienten. Formblatt für eine M E L D U N G der Dokumentationsaufbewahrung gemäß § 16a Abs. 4 Psychotherapiegesetz Herr/Frau , geb. am , meldet gemäß § 16a Abs. 4 und 5 PthG folgende(n) Psychotherapeuten (Psychotherapeutin), der (die) im Fall seines (ihres) Todes die verpflichtende Aufbewahrung der psychotherapeutischen Dokumenta-tionen, die nicht der Aufbewahrungspflicht von Einrichtungen unterliegt, übernimmt: Familien-/Nachname: Vorname: Geburtsdatum: Zustelladresse: PLZ: Straße: Ort: Tel.Nr.: E-Mail: Durch die Unterschrift nimmt der (die) übernahmewillige Psychotherapeut (Psychotherapeutin) zur Kenntnis, dass 1. der Name nur im nicht-öffentlichen (behördeninternen) Teil der Psychotherapeutenliste aufscheint; 2. im Fall des Todes des Psychotherapeuten (der Psychotherapeutin), von dem (der) die Dokumentationen übernommen werden, Kontakt mit der Nachlassverwaltung (Notar) aufzunehmen ist, damit in der Folge die psychotherapeutische Dokumentation unter Wahrung des Datenschutzes übermittelt werden kann; 3. bei Bedarf das Bundesministerium für Gesundheit eine Bestätigung über das Recht zur Dokumentationsübernahme ausstellen kann; 4. er (sie) in die Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation eintritt und somit auch diesbezüglich die psychotherapeutische Verschwiegenheitspflicht gilt; 44 5. er (sie) auf Verlangen der behandelten Person oder erforderlichenfalls ihres gesetzlichen Vertreters (ihrer gesetzlichen Vertreterin) oder ihres (ihrer) Vorsorgebevollmächtigten sowie einer Person, die von der behandelten Person ermächtigt wurde, diesem (dieser) die betreffende Dokumentation aushändigen muss; 6. die Erfüllung der Aufbewahrungspflicht in geeigneter automationsunterstützter Form zulässig ist; 7. nach Ablauf der Dauer der Aufbewahrungspflicht die Dokumentation unwiederbringlich zu vernichten ist; 8. die erteilte Einwilligung zur Dokumentationsübernahme schriftlich gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit widerrufbar ist. Unterschrift des (der) übernahmewilligen Psychotherapeuten (Psychotherapeutin): Unterschrift des (der) meldenden Psychotherapeuten (Psychotherapeutin): 12. Psychotherapie im Krankenhaus Entscheidend für die Beurteilung als Krankenanstalt ist ein bestimmtes Ausmaß an sachlicher und organisatorischer Ausstattung sowie eine dem § 1 KAKuG entsprechende Zweckwidmung (Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes; Vornahme operativer Eingriffe; Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung; aber auch ärztliche Betreuung und besondere Pflege von chronisch Kranken). Zu beachten ist hierbei, dass die Zweckbestimmung nicht nach der subjektiven Einschätzung des Rechtsträgers, sondern objektiv aus der gesamten Ausstattung und Führung der Einrichtung zu beurteilen ist. Das bedeutet auch, dass hierfür das Vorliegen einer krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung nicht ausschlaggebend ist, da eine Krankenanstalt auch dann gegeben sein kann, wenn die entsprechenden Bewilligungen nicht eingeholt wurden. Der Charakter einer Anstalt bzw. Abteilung ist im Zweifelsfall anhand einer Durchschnittsbetrachtung der versorgten Patientengruppen (Art der Krankheitsbilder), der erbrachten Leistungen (Art und Fachzugehörigkeit der medizinischen Tätigkeiten), und der internen Organisationsstrukturen (insb. fachliche Qualifikation des Personals) zu beurteilen. Maßgeblich ist also, ob der Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit bzw. der behandelten Krankheiten in der fraglichen Anstalt bzw. Abteilung bei objektiver Betrachtung ins Fachgebiet der Psychiatrie fällt und daher die medizinisch-psychiatrische Versorgung im Vordergrund steht. Psychologische Betreuung und psychotherapeutische Versorgung Grundsatzbestimmung § 11b Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl.Nr. 801/ 1993, in Kraft getreten am 27.11.1993 „§ 11b. Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, daß in den auf Grund des Anstaltszwecks und des Leistungsangebots in Betracht kommenden Krankenanstalten eine ausreichende klinisch psychologische und gesundheitspsychologische Betreuung und eine ausreichende Versorgung auf dem Gebiet der Psychotherapie angeboten wird.“ 45 Ausführungsbestimmungen Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz 1999 , LGBl.Nr. 8/1999, (wahrscheinlich) in Kraft getreten am 01.01.1999 „§ 16c. In Krankenanstalten, in denen es auf Grund des Anstaltszweckes und des Leistungsangebotes erforderlich ist, ist eine ausreichende Versorgung auf dem Gebiet der Psychotherapie sowie eine ausreichende klinisch- psychologische und gesundheitspsychologische Betreuung vorzusehen.“ Burgenländisches Krankenanstaltengesetz 2000, LGBl.Nr. 52/2000, in Kraft getreten am 01.01.2001 „§ 34. (1) In bettenführenden Krankenanstalten ist für jene Patienten, die auf Grund ihrer Erkrankung besonders schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind, eine ausreichend qualifizierte klinisch-psychologische und gesundheitspsychologische Betreuung und eine ausreichende psychotherapeutische Versorgung vorzusehen. (2) Die gemeinsame Betreuung von zwei oder mehreren Krankenanstalten desselben Rechtsträgers ist zulässig, solange eine ausreichende Versorgung gewährleistet ist. (3) Die klinisch-psychologischen und gesundheitspsychologischen sowie psychotherapeutischen Betreuer haben ihre Tätigkeiten in Zusammenarbeit mit den Ärzten und dem Pflegepersonal durchzuführen.“ Führung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen (Geheimnisse) in Krankenanstalten Grundsatzbestimmung § 10 Abs. 4 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, in Kraft getreten am 27.11.1993, geändert durch BGBl. I Nr. 80/2000 Führung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen § 10. (1) Durch die Landesgesetzgebung sind die Krankenanstalten zu verpflichten: 1. über die Aufnahme und die Entlassung der Pfleglinge Vormerke zu führen, sowie im Fall der Ablehnung der Aufnahme und bei der Aufnahme nach§ 22 Abs. 1 letzter Satz die jeweils dafür maßgebenden Gründe zu dokumentieren; 2. Krankengeschichten anzulegen, in denen a) die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand des Pfleglings zur Zeit der Aufnahme (status praesens), der Krankheitsverlauf (decursus morbi), die angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name, Dosis und Darreichungsform) und Aufklärung des Pfleglings (BGBl. Nr. 801/1993, Art. I Z 25) und b) sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen, insbesondere der pflegerischen, einer allfälligen psychologischen bzw. psychotherapeutischen Betreuung sowie Leistungen der medizinischtechnischen Dienste, darzustellen sind; 3. die Krankengeschichten mindestens 30 Jahre, allenfalls in Mikrofilmen in doppelter Ausfertigung oder auf anderen gleichwertigen Informationsträgern, deren Lesbarkeit für den Aufbewahrungszeitraum gesichert sein muss, aufzubewahren; für Röntgenbilder und andere Bestandteile von Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist, 46 4. sowie bei ambulanter Behandlung kann durch die Landesgesetzgebung eine kürzere Aufbewahrungsfrist, mindestens jedoch zehn Jahre vorgesehen werden; den Gerichten und Verwaltungsbehörden in Angelegenheiten, in denen die Feststellung des Gesundheitszustandes für eine Entscheidung oder Verfügung im öffentlichen Interesse von Bedeutung ist, ferner den Sozialversicherungs-trägern und Organen von Landesfonds im Sinne der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung bzw. von diesen beauftragten Sachverständigen, soweit dies zur Wahrnehmung der diesen obliegenden Aufgaben erforderlich ist, sowie einweisenden oder weiter behandelnden Ärzten oder Krankenanstalten kostenlos Kopien von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den Gesundheitszustand von Pfleglingen zu übermitteln; … (2) Die Abgabe wissenschaftlich begründeter Gutachten wird durch die Bestimmungen des Abs. 1 nicht berührt. (3) Die Führung der Krankengeschichte obliegt hinsichtlich der Aufzeichnungen 1. gemäß Abs. 1 Z 2 lit. a dem für die ärztliche Behandlung verantwortlichen Arzt und 2. gemäß Abs. 1 Z 2 lit. b der jeweils für die erbrachten sonstigen Leistungen verantwortlichen Person. (4) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch psychologischen, gesundheitspsychologischen und psychotherapeutischen Berufes und ihren Hilfspersonen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen Vormerke im Sinne des Abs. 1 Z 1 nicht geführt werden.“ Ausführungsbestimmungen Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999, LGBl. Nr. 86/1995, geändert durch LGBl. Nr. 67/2001, in Kraft getreten am 01.10.1995 „§ 34 (Krankengeschichten und sonstige Vormerkungen) (10) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch psychologischen, gesundheits-psychologischen und psychotherapeutischen Berufes und deren Hilfspersonal in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen Vormerke nicht geführt werden.“ Der Umgang mit der Dokumentation unter Berücksichtigung der Verschwiegenheitspflicht im Rahmen eines multiprofessionellen Teams Grundsätzlich sind Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie ihre Hilfspersonen zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. Die Dokumentation der Behandlung gehört zu den wichtigsten Berufspflichten der Psychotherapeuten, Klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen. So werden Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen verpflichtet, dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter alle Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt, zu erteilen. Als 47 Voraussetzung für eine entsprechende Auskunftserteilung bedarf es notwendigerweise einer geordneten Dokumentation. Darüber hinaus lässt sich die Dokumentationspflicht schon als Nebenverpflichtung des zwischen dem Psychotherapeuten, Klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologen und dem Patienten abgeschlossenen Behandlungsvertrags ableiten. Die „gemeinsam geführte Dokumentation“ Regelungen zur Dokumentationspflicht finden sich nicht nur in den einzelnen Berufsrechten der verschiedenen Gesundheitsberufe, sondern u.a. auch im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG, Grundsatzgesetz), BGBl. Nr. 1/1957, sowie in den entsprechenden Landesausführungsgesetzen. Gemäß § 10 Abs. KAKuG sind Krankenanstalten durch die Landesgesetzgebung unter anderem zu verpflichten, über die Aufnahme und die Entlassung der Pfleglinge Vormerke zu führen und die dafür jeweils maßgebenden Gründe zu dokumentieren. Ferner haben die Krankenanstalten Krankengeschichten anzulegen, in denen die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand des Pfleglings zur Zeit der Aufnahme (status praesens), der Krankheitsverlauf (decursus morbi), die angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen und gegebenenfalls zahnärztlichen Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name, Dosis und Darreichungsform) darzustellen sind. Ferner sind darin die Aufklärung des Pfleglings und sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen, insbesondere der pflegerischen, eine allfällige psychologische bzw. psychotherapeutische Betreuung sowie Leistungen der medizinisch-technischen Dienste, festzuhalten. Innerhalb einer Krankenanstalt kann eine Krankengeschichte also zahlreiche Informationen von Angehörigen unterschiedlicher Gesundheitsberufe enthalten. Auch Psychotherapeuten, die in Krankenanstalten tätig sind, haben die Erbringung ihrer Leistungen in den jeweiligen Krankengeschichten festzuhalten. In einer gemeinsam geführten Dokumentation ist jeder Behandler für seine Aufzeichnungen verantwortlich. Das heißt, dass die psychotherapeutische Dokumentation ausschließlich dem behandelnden Psychotherapeuten obliegt. Die Arbeit im multiprofessionellen Team Die Idee der Kooperation zählt regelmäßig zu den Berufspflichten der verschiedenen Gesundheitsberufe. Psychotherapeuten haben ihren Beruf in Zusammenarbeit mit Vertretern ihrer oder einer anderen Wissenschaft auszuüben, sofern es dem Wohl der Patienten förderlich ist (vgl. § 14 Abs. 2 Psychotherapiegesetz). Dieser Idee entspricht es daher auch, wenn ein Patient in einer Krankenanstalt durch Angehörige verschiedener Gesundheitsberufe behandelt oder betreut wird. Die gemeinsam geführte Dokumentation hat deshalb alle Informationen zu enthalten, die es den anderen Personen im Team ermöglicht, sich rasch und effizient über die bisherig erfolgten Maßnahmen und den Verlauf der Therapie zu informieren. Eine umfassende Betreuung kann in einer großen Behandlungseinrichtung nur fehlerfrei funktionieren, wenn Informationen richtig und rasch weitergeleitet werden. Der Patient ist daher zu Beginn seiner Behandlung über das zu seinem Wohl notwendige Gesamtbehandlungskonzept aufzuklären, welches unter Abstimmung der medizinischen und psychotherapeutischen bzw. psychologischen Intervention zu erstellen ist. 48 Dadurch soll der Austausch von grundlegenden Informationen zwischen den einzelnen Mitgliedern eines multiprofessionellen Teams gewährleistet und eine bestmögliche Behandlung des Patienten sichergestellt werden. Der besondere Geheimnisschutz des § 10 Abs. 4 KAKuG Wie eingangs erwähnt, normieren sowohl das Psychotherapiegesetz als auch das Psychologengesetz 2013 eine eigene Verschwiegenheitspflicht für Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen, für alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse. Um daher den Psychotherapeuten, den Klinischen Psychologen und den Gesundheitspsychologen die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht innerhalb ihrer Arbeit in einer Krankenanstalt zu ermöglichen, bestimmt § 10 Abs. 4 KAKuG, dass Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch psychologischen, gesundheitspsychologischen und psychotherapeutischen Berufes und ihren Hilfspersonen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, im Rahmen der Krankengeschichte sowie in sonstigen Vermerken, welche die Aufnahme und Entlassung des Patienten betreffen, nicht geführt werden dürfen. Das bedeutet, dass Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, zwar selbstverständlich zu führen sind, diese jedoch nicht in der „allgemein zugänglichen“ Dokumentation vermerkt werden dürfen und von den medizinischen oder pflegerischen Aufzeichnungen, räumlich streng getrennt aufzubewahren sind. In der offiziellen Krankengeschichte der Anstalt sind nur die Rahmendaten wie Grund, Zeit, Frequenz und Art der psychotherapeutischen bzw. psychologischen Behandlung festzuhalten, während die Inhalte der Behandlung in einer eigenen psychotherapeutischen bzw. psychologischen Dokumentation festzuhalten sind. Diese psychotherapeutische bzw. psychologische Geheimnisdokumentation ist in der Krankenanstalt verschlossen und für andere Personen unzugänglich aufzubewahren. Ein Geheimnis ist eine Tatsache, die nur dem Träger dieses Geheimnisses und allenfalls noch seinem vertrauten Kreis bekannt ist, und bei der ein natürliches Interesse besteht, diese Tatsache Außenstehenden nicht bekannt zu machen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass bereits die Tatsache, dass der Klient in psychotherapeutischer Behandlung oder psychologischer Betreuung steht, ein zu schützendes Geheimnis ist. Bei der Beurteilung welche Informationen und Tatsachen im Einzelfall tatsächlich zu wahrende Geheimnisse darstellen, sind jedenfalls die Sichtweise des betroffenen Patienten und dessen gesetzlich verankerter Anspruch auf Geheimhaltung zu beachten. Tatsachen, die für den Patienten selbst, dessen Angehörige oder auch Dritten einen Nachteil in gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Sicht bedeuten könnten, sind zweifellos vom Geheimnisschutz erfasst. Aufgrund der Schwierigkeit, Umfang und Inhalt der geschützten Tatsachen und Informationen, exakt zu ermessen, bedarf es diesbezüglich einer Übereinstimmung zwischen dem behandelnden Psychotherapeuten, klinischen Psychologen bzw. Gesundheitspsychologen und dem Patienten. Soll es im Rahmen der multiprofessionellen Zusammenarbeit zum Austausch von Informationen kommen, die auch Geheimnisse betreffen, sollte daher mit dem Patienten im Vorfeld abgesprochen werden, welche Tatsachen aufgrund der geplanten und erforderlichen Zusammenarbeit von verschiedenen Berufsgruppen 49 keinesfalls als Geheimnis angesehen werden können und notwendigerweise zur Entwicklung und Durchführung von Therapieplänen an konkrete Personen des Behandlungsteams weitergegeben werden müssen. Dabei ist die Verpflichtung von Patienten zur Erteilung einer pauschalen Verschwiegenheitsentbindung nicht ausreichend, um Tatsachen, die als Geheimnis anzusehen sind, innerhalb des Teams weiterzugeben. Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht kann vielmehr nur im Einzelfall erteilt werden, wenn der Patient nach freier Entscheidung zu dem Entschluss gekommen ist, von dem gesetzlich normierten Schutzinteresse abzugehen und seine Privatsphäre durch Entbindung von der Verschwiegenheit preiszugeben. Wenn die Weitergabe eines Geheimnisses innerhalb des multiprofessionellen Teams beabsichtigt wird ist daher zunächst eine ausdrückliche, freiwillige und irrtumsfreie Einwilligung des aufgeklärten und einsichts- und urteilsfähigen Patienten einzuholen. Der Patient ist weiters auch darüber in Kenntnis zu setzen, dass jedenfalls aus dem Team keine Geheimnisse an Dritte weitergegeben werden dürfen, sodass letztlich diese Informationen ausschließlich im Bereich des Teams verbleiben müssen. Diese Argumentation entspricht im Wesentlichen jener, die auch für die Durchführung von Supervisionen bei psychotherapeutischen Behandlungen zu berücksichtigen sind. Wird eine Tatsache von einem Patienten als besonders geheimhaltungswürdig angesehen und unter diesem Hinweis ausschließlich seinem Psychotherapeuten, klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologen anvertraut, hat dieser dieses Geheimnis auch gegenüber den Mitgliedern im Team zu wahren. Die Aufbewahrung der Dokumentation Krankenanstalten sind verpflichtet, die Krankengeschichte mindestens zehn bzw 30 Jahre aufzubewahren.ach den Bestimmungen der Landeskrankenanstaltengesetze sind Röntgenbilder und andere Bestandteile von Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist, sowie Krankengeschichten von ambulanten Behandlungen mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Freiberuflich tätige Angehörige von Gesundheitsberufen haben die Dokumentation mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht besteht für den entsprechenden Zeitraum jeweils ab Ende der Behandlung. Auch nach Ausscheiden des Psychotherapeuten aus der Krankenanstalt, hat dieser den besonderen Schutz der Geheimnisse enthaltenden Dokumentation, unter Berücksichtigung der Einsichtsmöglichkeit für Patienten, weiterhin für die vorgesehene Dauer zu garantieren. 50 13. Verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung Auszug aus dem Psychotherapiegesetz Berufshaftpflichtversicherung § 16b. (1) Der Psychotherapeut hat vor Aufnahme seiner selbständigen Berufsausübung zur Deckung der aus der Berufsausübung entstehenden Schadenersatzansprüche eine Berufshaftpflichtversicherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigten Versicherer abzuschließen und diese während der Dauer ihrer Berufsberechtigung aufrechtzuerhalten. (2) Für den Versicherungsvertrag muss Folgendes gelten: 1. die Mindestversicherungssumme hat für jeden Versicherungsfall zur Deckung der aus der psychotherapeutischen Berufsausübung eine Million Euro zu betragen. Eine Haftungshöchstgrenze darf pro einjähriger Versicherungsperiode das Dreifache der Mindestversicherungssumme nicht unterschreiten, 2. der Ausschluss oder eine zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des Versicherers ist unzulässig. (3) Der geschädigte Dritte kann den ihm zustehenden Schadenersatzanspruch im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages auch gegen den Versicherer geltend machen. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherte haften als Gesamtschuldner. (4) Die Versicherer sind verpflichtet, dem Bundesminister für Gesundheit unaufgefordert und umgehend jeden Umstand zu melden, der eine Beendigung oder Einschränkung des Versicherungsschutzes oder eine Abweichung von der ursprünglichen Versicherungsbestätigung bedeutet oder bedeuten kann, und auf Verlangen des Bundesministers für Gesundheit über solche Umstände Auskunft zu erteilen. (5) Der Psychotherapeut hat dem Bundesminister für Gesundheit den Bestand der Berufshaftpflichtversicherung auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen. (6) Der Psychotherapeut hat Informationen über die abgeschlossene Haftpflichtversicherung (Abs. 1 bis 3) bereitzustellen und der behandelten Person, dem gesetzlichen Vertreter (der gesetzlichen Vertreterin), dem (der) Vorsorgebevollmächtigten oder Personen, die von der behandelten Person als auskunftsberechtigt benannt wurden, auf Nachfrage Auskunft darüber zu erteilen. … Übergangsbestimmung Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 16b hat durch Berufsangehörige, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung in die Psychotherapeutenliste eingetragen sind, bis längstens 31. Dezember 2015 zu erfolgen. 51 14. Zur Verschwiegenheitspflicht Auszug aus dem Ärztegesetz 1998 Verschwiegenheits-, Anzeige- und Meldepflicht § 54. (1) Arzt und Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. (2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn 1. nach gesetzlichen Vorschriften eine Meldung des Arztes über den Gesundheitszustand bestimmter Personen vorgeschrieben ist, 2. Mitteilungen oder Befunde des Arztes an die Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeanstalten oder sonstigen Kostenträger in dem Umfang, als er für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bildet, erforderlich sind, 3. die durch die Offenbarung des Geheimnisses bedrohte Person den Arzt von der Geheimhaltung entbunden hat, 4. die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. … (4) Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine schwere Körperverletzung herbeigeführt wurde, so hat der Arzt, sofern Abs.5 nicht anderes bestimmt, der Sicherheitsbehörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. Gleiches gilt im Fall des Verdachts, dass eine volljährige Person, die ihre Interessen nicht selbst wahrzunehmen vermag, misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden ist. (5) Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass ein Minderjähriger misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden ist, so hat der Arzt Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten. Richtet sich der Verdacht gegen einen nahen Angehörigen (§ 166 StGB), so kann die Anzeige so lange unterbleiben, als dies das Wohl des Minderjährigen erfordert und eine Zusammenarbeit mit dem Jugendwohlfahrtsträger und gegebenenfalls eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt erfolgt. … Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 15. Der Psychotherapeut sowie seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. Auszug aus dem Psychologengesetz 2013 Verschwiegenheitspflicht § 37. (1) Berufsangehörige sowie ihre Hilfspersonen einschließlich Fachauszubildende sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes oder beim Erwerb der fachlichen Kompetenz im Rahmen der Ausbildung anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet. (2) Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, insbesondere zum Zweck einer Zeugenaussage vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde, ist als höchstpersönliches Recht nur durch die (den) einsichts- und urteilsfähige(n) Patientin (Patienten) zulässig. 52 Auszug aus dem Strafgesetzbuch Verletzung von Berufsgeheimnissen § 121. (1) Wer ein Geheimnis offenbart oder verwertet, das den Gesundheitszustand einer Person betrifft und das ihm bei berufsmäßiger Ausübung eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes oder bei berufsmäßiger Beschäftigung mit Aufgaben der Verwaltung einer Krankenanstalt oder eines anderen Gesundheitsdiensteanbieters (§ 2 Z 2 des Gesundheitstelematikgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 111/2012) oder mit Aufgaben der Kranken-, der Unfall-, der Lebens- oder der Sozialversicherung ausschließlich kraft seines Berufes anvertraut worden oder zugänglich geworden ist und dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein berechtigtes Interesse der Person zu verletzen, die seine Tätigkeit in Anspruch genommen hat oder für die sie in Anspruch genommen worden ist, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer widerrechtlich von einer Person die Offenbarung (Einsichtnahme oder Verwertung) von Geheimnissen ihres Gesundheitszustandes in der Absicht verlangt, den Erwerb oder das berufliche Fortkommen dieser oder einer anderen Person für den Fall der Weigerung zu schädigen oder zu gefährden. (2) Wer die Tat begeht, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden oder einem anderen einen Nachteil zuzufügen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen. (3) Ebenso ist ein von einem Gericht oder einer anderen Behörde für ein bestimmtes Verfahren bestellter Sachverständiger zu bestrafen, der ein Geheimnis offenbart oder verwertet, das ihm ausschließlich kraft seiner Sachverständigentätigkeit anvertraut worden oder zugänglich geworden ist und dessen Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, ein berechtigtes Interesse der Person zu verletzen, die seine Tätigkeit in Anspruch genommen hat oder für die sie in Anspruch genommen worden ist. (4) Den Personen, die eine der in den Abs. 1 und 3 bezeichneten Tätigkeiten ausüben, stehen ihre Hilfskräfte, auch wenn sie nicht berufsmäßig tätig sind, sowie die Personen gleich, die an der Tätigkeit zu Ausbildungszwecken teilnehmen. (5) Der Täter ist nicht zu bestrafen, wenn die Offenbarung oder Verwertung nach Inhalt und Form durch ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse gerechtfertigt ist. (6) Der Täter ist nur auf Verlangen des in seinem Interesse an der Geheimhaltung Verletzten (Abs. 1 und 3) zu verfolgen. Verschwiegenheitspflicht in Krankenanstalten Grundsatzbestimmung § 9 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957 § 9. (1) Für die bei Trägern von Krankenanstalten und in Krankenanstalten beschäftigten Personen sowie für die Mitglieder von Ausbildungskommissionen (§ 8 Abs. 4) und für die Mitglieder von Kommissionen gemäß § 8c besteht Verschwiegenheitspflicht, sofern ihnen nicht schon nach anderen gesetzlichen oder 53 dienstrechtlichen Vorschriften eine solche Verschwiegenheitspflicht auferlegt ist. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit erstreckt sich auf alle den Gesundheitszustand betreffenden Umstände sowie auf die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnisse der Pfleglinge, die ihnen in Ausübung ihres Berufes bekannt geworden sind, bei Eingriffen gemäß § 62a auch auf die Person des Spenders und des Empfängers. (2) Durchbrechungen der Verschwiegenheitspflicht bestimmen sich nach den dienstoder berufsrechtlichen Vorschriften. Im Übrigen besteht die Verschwiegenheitspflicht nicht, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt durch ein öffentliches Interesse, insbesondere durch Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der Rechtspflege gerechtfertigt ist …. Auszug aus dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (Unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht) Mitteilungen bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung § 37. (1) Ergibt sich in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit der begründete Verdacht, dass Kinder oder Jugendliche misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht werden oder worden sind oder ihr Wohl in anderer Weise erheblich gefährdet ist, und kann diese konkrete erhebliche Gefährdung eines bestimmten Kindes oder Jugendlichen anders nicht verhindert werden, ist von folgenden Einrichtungen unverzüglich schriftlich Mitteilung an den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu erstatten: 1. Gerichten, Behörden und Organen der öffentlichen Aufsicht; 2. Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht von Kindern und Jugendlichen; 3. Einrichtungen zur psychosozialen Beratung; 4. privaten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe; 5. Kranken- und Kuranstalten; 6. Einrichtungen der Hauskrankenpflege (2) Die Entscheidung über die Mitteilung ist erforderlichenfalls im Zusammenwirken von zumindest zwei Fachkräften zu treffen. (3) Die Mitteilungspflicht gemäß Abs. 1 trifft auch: 1. Personen, die freiberuflich die Betreuung oder den Unterricht von Kindern und Jugendlichen übernehmen; 2. von der Kinder- und Jugendhilfe beauftragte freiberuflich tätige Personen; 3. Angehörige gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe, sofern sie ihre berufliche Tätigkeit nicht in einer im Abs. 1 genannten Einrichtung ausüben. (4) Die schriftliche Mitteilung hat jedenfalls Angaben über alle relevanten Wahrnehmungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen sowie Namen und Adressen der betroffenen Kinder und Jugendlichen und der mitteilungspflichtigen Person zu enthalten. (5) Berufsrechtliche Vorschriften zur Verschwiegenheit stehen der Erfüllung der Mitteilungspflicht gemäß Abs. 1 und Abs. 3 nicht entgegen. 54 Grundsätzliches/Begrifflichkeiten Grundsätzlich ist zu beachten, dass eine Person, die über mehrere Qualifikationen verfügt (z.B. Arzt, Psychotherapeut und Mediator, klinischer Psychologe und diplomierter Lebensberater) bereits zu Beginn zu klären hat, in welcher Funktion sie dem Patienten/Klienten gegenüber tätig wird. Die ausgeübte Funktion ist somit entscheidend dafür, welche berufsrechtliche Verschwiegenheit zur Anwendung kommt. Psychotherapeuten sowie ihre Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet (vgl. § 15 Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr.361/1990). Ein Geheimnis ist eine Tatsache, die nur dem Träger dieses Geheimnisses und allenfalls noch seinem vertrauten Kreis bekannt ist, und bei der ein natürliches Interesse besteht, diese Tatsache Außenstehenden nicht bekannt zu machen. Tatsachen, die für den Patienten selbst, dessen Angehörige oder auch Dritten einen Nachteil in gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Sicht bedeuten könnten, sind zweifellos vom Geheimnisschutz erfasst. Aufgrund der Schwierigkeit, Umfang und Inhalt der geschützten Tatsachen und Informationen, exakt zu ermessen, bedarf es diesbezüglich einer Übereinstimmung zwischen dem behandelnden Psychotherapeuten und dem Patienten. Die berufsrechtlich normierte Verschwiegenheitspflicht ist Grundlage für das besondere Vertrauensverhältnis in der Beziehungsarbeit zwischen dem jeweiligen Behandler und dessen Patienten. Zu beachten ist, dass – wie beispielsweise im Gegensatz zum Ärztegesetz 1998 – das Psychotherapiegesetz ausdrückliche Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht normieren. Solche wurden vom Gesetzgeber mit Bedacht auf die besondere Sensibilität dieses Gesundheitsbereichs sowie zum Schutz der Patienten bewusst nicht vorgesehen. Auch besteht für Psychotherapeuten keine Anzeigepflicht (vgl. im Gegensatz dazu etwa § 54 Abs. 4 Ärztegesetz 1998, der einen Arzt etwa dann zur Anzeige an die Sicherheitsbehörden verpflichtet, wenn sich in Ausübung seines Berufes der Verdacht ergibt, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine schwere Körperverletzung eines Patienten herbeigeführt wurde). Fragen der „Entbindung“ Nach herrschender Ansicht ist jedoch im Sinne der Privatautonomie eine Entbindung des Psychotherapeuten von der Verschwiegenheitspflicht durch die betroffene Person selbst zulässig, auch wenn dies Berufsgesetze nicht unmittelbar vorsehen. Unter Entbindung versteht man die Aufgabe eines Geheimnisses bzw. den Verzicht auf ein Geheimnis für einen bestimmten Kontext (eine bestimmte Institution wie z.B. vor Gericht). Auch Teilentbindungen sind möglich. In Folge dessen können auch Befunde/Gutachten/fachliche Stellungnahmen für den Patienten erstellt werden, wenn der jeweilige Therapeut von seinem Patienten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden ist. Sind sie nur teilweise von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden, dürfen Befund/Gutachten/fachliche 55 Stellungnahmen jedoch keine Geheimnisse offenbaren, von deren Verschwiegenheit sie nicht entbunden worden sind. Es ist zu beachten, dass eine gültige Entbindungserklärung des Patienten gegenüber Dritten keine Wirkung zeitigt und jedenfalls gegenüber dem Psychotherapeuten erklärt werden muss. Zur Frage, welche Vereinbarungen mit dem Patienten in einem solchen Fall getroffen werden müssen, wird empfohlen, schriftlich festzuhalten, dass der Patient von der Verschwiegenheitspflicht zur Gänze oder teilweise entbunden hat und alle Geheimnisse oder nur bestimmte Geheimnisse (welche näher zu benennen sind) weitergegeben werden dürfen. Auch sollte in einer derartigen schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden, dass der Patient über die Bedeutung dieser Vorgangsweise aufgeklärt worden ist. Diese Vereinbarung sollte datiert und sowohl von Patient als auch vom jeweiligen Therapeuten unterschrieben werden. Empfohlen wird weiters, dass auf Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme zusätzlich Folgendes vermerkt wird: „Zur Vorlage an…. (genau benennen, welcher Institution oder Person Ihr/e Befund/Gutachten/fachliche Stellungnahme zukommen soll)“ und dass Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme an den Patienten/Klienten übergeben werden, damit diese/r Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme in weiterer Folge selbst an die entsprechende Stelle weiterleiten kann. Fragen der „Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht“ Weiters stehen Rechtsinstrumente zur Verfügung, um in besonderen Situationen eines Gewissenskonfliktes – etwa bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben – adäquate Lösungen finden zu können. Nach der Rechtsfigur des rechtfertigenden Notstands etwa kann die Verletzung der Verschwiegenheit im Rahmen einer Notstandssituation dann gerechtfertigt oder zumindest entschuldbar sein, wenn sie dazu dient einen unmittelbaren drohenden bedeutsamen Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden (Notstand, Rechtsgüterabwägung). Die Gefahr muss gegenwärtig oder unmittelbar sein und den Eintritt des Schadens als sicher oder höchst wahrscheinlich erscheinen lassen. Von dieser Gefahr müssen höherwertige Rechtsgüter bedroht sein. Der Psychotherapeut kann daher geringer wertige Interessen beeinträchtigen, wenn darin die einzige Möglichkeit besteht, einen Nachteil von höherwertigen Interessen abzuwenden und wenn die Art der Abwendung angemessen erscheint. Wiegt das Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen weniger als der Schutz von Leben, Gesundheit etc. darf die Verschwiegenheit ausnahmsweise durchbrochen werden (Rechtsgüterabwägung). Im Falle der Gefahr des Suizids des Patienten etwa muss der Psychotherapeut die tatsächliche Gefährdung des Patienten einschätzen. Er hat eine Interessenabwägung zwischen Verschwiegenheitspflicht und Schutz des Lebens zu treffen. Das Leben ist jedoch im Zweifel stets das höherwertige Gut. Darüber hinaus kann aufgrund verschiedener, gesetzlicher Bestimmungen (wie etwa im Strafrecht) mitunter sogar eine Pflicht zum Bruch der berufsrechtlich verankerten Verschwiegenheit bestehen. Die Geheimhaltungspflicht besteht nach herrschender Lehre auch nach dem Tod des Patienten in der Regel weiter. Sofern nicht bereits zu Lebzeiten eine gültige 56 Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Patienten vorgenommen worden ist, hat der Behandler anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob nach dem Tod das Geheimhaltungsinteresse des Patienten erloschen ist oder weiter besteht. Diese Abwägung kann beispielsweise dann relevant werden, wenn Erben oder nahe Angehörige Einsicht in die Dokumentation verlangen. Zur Suizidgefahr und der Stellung des Garanten in der Rechtsordnung Echte Unterlassungsdelikte Dabei handelt es sich um Delikte, bei denen das Gesetz die Nichtvornahme eines gebotenen Tuns mit Strafe bedroht, wie z.B. § 95 StGB. Sie können nur durch Unterlassung verwirklicht werden. Auszug aus dem Strafgesetzbuch Unterlassung der Hilfeleistung § 95. (1) Wer es bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr (§ 176) unterläßt, die zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung offensichtlich erforderliche Hilfe zu leisten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, wenn die Unterlassung der Hilfeleistung jedoch den Tod eines Menschen zur Folge hat, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß die Hilfeleistung dem Täter nicht zuzumuten ist. (2) Die Hilfeleistung ist insbesondere dann nicht zuzumuten, wenn sie nur unter Gefahr für Leib oder Leben oder unter Verletzung anderer ins Gewicht fallender Interessen möglich wäre. Unechte Unterlassungsdelikte Im Gegensatz dazu wird bei unechten Unterlassungsdelikten die Herbeiführung eines Erfolgs durch Nichtvornahme eines gebotenen Tuns unter Strafe gestellt (§ 2 StGB). Strafbar ist somit das Unterlassen solcher Delikte, bei denen nach der gesetzlichen Formulierung an sich nur die Herbeiführung eines Erfolgs durch ein Tun mit Strafe bedroht ist. Zu beachten ist, dass „Unterlassen“ nicht mit „Nichtstun“ identisch ist, sondern es bedeutet etwas Bestimmtes, zu dem man verpflichtet wäre, nicht zu tun. Persönliche Rechtspflicht Allerdings gilt das Gebot zur Verhinderung von Rechtsgutbeeinträchtigungen tätig zu werden nicht im vollen Umfang. Nur derjenige kommt nach § 2 StGB als unmittelbarer Täter in Frage, der auf Grund einer besonderen ihn treffenden Verpflichtung durch die Rechtsordnung dazu verhalten ist den Eintritt des Erfolges abzuwenden. Das Erfordernis des Unterlassenden zur Erfolgsabwendung ist demnach keine allgemeine, jedermann treffende Verpflichtung, sondern eine persönliche Rechtspflicht. Ob eine den Täter „im besonderen treffende“ Rechtspflicht besteht, muss immer durch konkrete Betrachtung und Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles ermittelt werden. Eine Aufzählung von Rechts- und Lebensverhältnissen, die eine Garantenstellung begründen, enthält § 2 StGB nicht. Die Ausdrucksweise „durch die Rechtsordnung dazu verhalten“ soll klarstellen, dass hier nicht nur ausdrückliche gesetzliche Rechtspflichten in Betracht kommen, sondern auch solche, die sich aus Gesetzesoder Rechtsanalogie ergeben. 57 Die Formen der Garantenstellung werden nach der Art der Rechtsquellen gegliedert, denen sie entspringen, um sie nach ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt möglichst genau abzugrenzen, und damit deutlich zu machen, unter welchen Voraussetzungen, in welche Richtung und mit welchem Inhalt eine individuelle, den Verpflichteten insbesondere treffende Rechtspflicht besteht. Dabei zeigt sich, dass der Inhalt der Garantenpflicht aus einer anderen Gruppe von Rechtsquellen entstammen kann als ihr Zustandekommen. So schließen Psychotherapeut und Patient einen Behandlungsvertrag, die Rechte und Pflichten daraus – so auch die Garantenstellung - ergeben sich jedoch aus dem Gesetz. Insofern ist der Wert der üblichen Einteilungskriterien von vornherein begrenzt. Nach der heute entsprechenden Auffassung werden im Wesentlichen drei Quellen der Garantenstellung anerkannt, wobei sich diese Einteilung auf den Entstehungsgrund der Rechtspflicht, somit in erster Linie auf formale Gesichtspunkte stützt. Die Garantenpflicht ergibt sich somit aus Folgendem: Rechtsvorschrift Besondere Bedeutung kommt ausdrücklichen gesetzlichen Rechtspflichten zu, wie unter anderem die allgemeine Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern, § 137 ABGB, der zufolge sowohl die Eltern gegenüber ihren Kindern als auch die Kinder gegenüber ihren Eltern Garantenstellung haben können, soweit es sich um das gesundheitliche und körperliche Wohl handelt, weiters die spezifische Pflicht der Eltern, für das körperliche Wohl und die Gesundheit ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen, sie entsprechend zu beaufsichtigen und ihr Vermögen ordnungsgemäß zu verwalten, §§ 144, 146, die Beistandspflicht der Ehegatten, §§ 44, 90, sowie Schutzpflichten, wie etwa Vorschriften über den technischen Arbeitsschutz, über das Verkehrswesen etc. Freiwillige Pflichtenübernahme In der Regel ist dafür eine vertragliche Grundlage anzunehmen, wobei allerdings nicht der Vertragsabschluß als solcher das entscheidende Kriterium ist, sondern die tatsächliche Übernahme der Pflicht. Ausschlaggebend ist also die sich aus der Willenserklärung ergebende zivilrechtliche Verpflichtung. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob diese Verpflichtung auf einem gültigen oder auf einem anfechtbaren Vertrag beruht, oder ob überhaupt ein Vertrag vorliegt. In solchen Fällen können vertragsähnliche zivilrechtliche Verpflichtungen eine Garantenstellung begründen, wie z.B. vorvertragliche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten, oder aber auch faktische Vertragsverhältnisse. Ob die Pflicht entgeltlich oder unentgeltlich, vorübergehend oder auf Dauer, ausdrücklich oder stillschweigend übernommen wurde, spielt keine Rolle. Hier können als Beispiel unter anderem die Bewachung von Objekten durch eine private Wachgesellschaft oder die Übernahme psychotherapeutischer Behandlung angeführt werden. Den Psychotherapeuten trifft eine Rechtspflicht zur Behandlung grundsätzlich erst dann, wenn er die Behandlung des Patienten tatsächlich übernommen hat. Dies falls ist er verpflichtet, den Patienten gewissenhaft zu betreuen und nach Maßgabe der Wissenschaft und Erfahrung für dessen Wohl zu sorgen, d.h. alles zu unternehmen, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten zu verhindern und diesem eine Linderung seiner Schmerzen zu verschaffen. Für Unterlassungen hat er insoweit als Garant strafrechtlich einzustehen. Dass die Behandlung nur wegen einer bestimmten akuten Erkrankung übernommen wurde, schließt die Verpflichtung zur Behandlung wegen anderer, während der Behandlung auftretender Erkrankungen nicht aus. Es wird hier 58 besonders auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Mangelt es an einer Garantenstellung, so ist die unterlassene Hilfeleistung nach § 95 StGB zu prüfen. Gefahrenbegründendes Vorverhalten Das sogenannte Ingerenzprinzip besagt, dass jedermann die nachteiligen Folgen abzuwenden hat, die aus seinem gefahrenbegründeten Vorverhalten entspringen können. Es verpflichtet denjenigen, der schuldhaft oder schuldlos, rechtswidrig oder rechtmäßig eine konkrete Gefahrensituation geschaffen hat, zur Abwehr einer der Gefahrenlage adäquaten Gefahr. Es erfordert, dass der Täter durch seine Vorhandlung einen anderen in eine Lage qualifizierter Schutzbedürftigkeit versetzt hat, aus der er sich ohne fremde Hilfe nicht befreien kann. Über die rechtlich festgelegten Garantenstellungen hinaus wird in der Lehre die Meinung vertreten, dass auch eine enge natürliche Verbundenheit sowie das Eingehen einer Gefahrengemeinschaft Garantenstellung begründen kann. In der deutschen Lehre werden die „Überwachung von Gefahrenquellen“ und die Garantenhaftung für das Handeln Dritter als weitere selbständige Garantenstellungen angeführt. Umfang der Garantenpflicht Nicht alle angeführten Garantenstellungen haben denselben unbegrenzten Pflichtenbereich. Nur solche Risken sind von der Garantenpflicht mit umfasst, die spezifisch den Aufgabenbereich des Pflichtigen betreffen. Es bedarf daher von Fall zu Fall einer besonderen Prüfung in Bezug auf Inhalt und Ziel des Schutzzweckes; der Garant haftet für den eingetretenen Erfolg nur insoweit, als es dem spezifischen Zweck seiner Garantenpflicht entspricht. Weitere Haftungsvoraussetzungen Der Tätervorsatz muss sich auf das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Situation sowie auf die Möglichkeit einer eigenen erfolgsabwendenen Handlung beziehen und auch die eigene Garantenstellung umfassen. Das gebotene Tun muss allerdings nicht bis ins Einzelne konkret vorgestellt werden. Der Unterlassungstäter muss sich nur dessen bewusst sein, dass er erfolgsabwendend tätig sein könnte und muss sich entschließen, das zu unterlassen. Die Möglichkeit zur Handlungsvornahme muss tatsächlich gegeben sein. Schon die Vornahme einer Handlung mit Erfolgsabwendungstendenz lässt den Tatbestand entfallen. Es wird nicht gefordert, dass es dem Verpflichteten gelingt, den Erfolg effektiv abzuwenden; Voraussetzung ist allerdings, dass er alles nach objektiver Sachlage zur best- und raschest möglichen Erfolgsabwendung Gebotene getan hat. Ein Psychotherapeut, der in der Nacht wegen eines Notfalls angerufen wird, darf sich z.B. nicht auf fernmündliche Anweisungen beschränken, sondern muss den Patienten aufsuchen. Maßgebend ist die Ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters, bezogen auf den Zeitpunkt der Vornahme des gebotenen Tuns. 59 Zur Mitteilungspflicht nach dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013, B-KJHG 2013 (Information des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, Abteilung "Jugendwohlfahrt") Ziel der Mitteilungspflicht an die Kinder- und Jugendhilfe bei Gefährdungen des Kindeswohls • • Aufdeckung von Kindeswohlgefährdungen durch Einbeziehung des Wissens von Berufsgruppen und Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten Gewährleistung des Kinderschutzes und Gewährung von Hilfen für betroffene Familien Wer ist mitteilungspflichtig? • • • • • • • • Gerichte, Behörden, Polizei und sonstige Organe der öffentlichen Aufsicht Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen Tageseltern und Personen, die freiberuflich die Betreuung und den Unterricht von Kindern und Jugendlichen übernehmen psychosoziale Beratungseinrichtungen wie Familien-, Frauen- oder Erziehungsberatungsstellen oder Gewaltschutzzentren private Kinder und Jugendhilfeeinrichtungen von der Kinder- und Jugendhilfe beauftragte freiberuflich tätige Personen Kranken- und Kuranstalten sowie Einrichtungen der Hauskrankenpflege Angehörige von gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen Die Mitteilungspflicht trifft immer die Einrichtung, sofern die mitteilungspflichtigen Personen ihre Tätigkeit nicht selbständig ausüben. Welche Person konkret die Mitteilung zu erstatten hat, ist nach den organisationsinternen Dienstvorschriften und Kommunikationsregeln zu beurteilen. Bei Dissens über das Vorliegen eines Gefährdungsverdachts innerhalb der Organisation bleibt das Recht zur Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfe, es sind jedoch dienst- oder arbeitsrechtliche Konsequenzen zu beachten. Wann besteht eine Mitteilungspflicht? Diese besteht, wenn • ein begründeter Verdacht vorliegt, dass ein konkretes Kind misshandelt, sexuell missbraucht, vernachlässigt wird oder wurde oder sonst erheblich gefährdet ist, • die Gefährdung nicht durch eigenes fachliches Tätigwerden abgewendet werden kann und • die Wahrnehmung der Gefährdung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erfolgt. Der Verdacht muss sich auf eine aktuell vorliegende Gefährdung beziehen bzw. müssen in der Vergangenheit liegende Ereignisse eine gefährdende Auswirkung auf die Gegenwart haben. Ein begründeter Verdacht liegt vor, wenn konkrete - über Vermutungen hinausgehende - Anhaltspunkte für die Gefährdung vorliegen und sich die Anhaltspunkte auf ein konkretes, namentlich bekanntes Kind beziehen. Anhaltspunkte ergeben sich aus eigenen Wahrnehmungen, Erzählungen des Kindes/Jugendlichen und fachlichen Schlussfolgerungen. Über den eigenen Aufgabenbereich hinausgehende Nachforschungen sind nicht notwendig, einfache Nachfragen hingegen schon. 60 Erfüllung der Mitteilungspflicht Die Gefährdungsmittelung ist zu erstatten sobald die Einschätzung über Vorliegen eines konkreten Verdachts getroffen ist und hat schriftlich zu erfolgen. Zur Qualitätssicherung wird die Verwendung des vom BMWFJ zur Verfügung gestellten Formulars (download unter www.gewaltinfo.at) empfohlen. Die Mitteilung ist an den örtlich zuständiger Kinder- und Jugendhilfeträger zu übermitteln. Die Zuständigkeit richtet sich nach Wohnsitz des Kindes nicht nach dem Standort der meldepflichtigen Einrichtung. Inhalt der Mitteilung Die Gefährdungsmitteilung muss folgende Daten beinhalten: • • • • eigene Wahrnehmungen, Erzählungen Betroffener, Mitteilungen Dritter – soweit für die Erläuterung des Verdachts notwendig, fachliche Schlussfolgerungen, die Verdacht der Kindeswohlgefährdung begründen, Namen und Identifikationsdaten von Kind und Eltern Namen und Kontaktdaten der Mitteilungspflichtigen – anonyme Mitteilung ist nicht möglich Achtung: Formular zur Mitteilungen an die Kinder- und Jugendhilfe bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung unter www.gewaltinfo.at auszufüllen 15. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei Gericht Auszug aus der Strafprozeßordnung 1975 Anzeigepflicht § 78. (1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet. (2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht, 1. wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, oder 2. wenn und solange hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, die Strafbarkeit der Tat werde binnen kurzem durch schadensbereinigende Maßnahmen entfallen. (3) Die Behörde oder öffentliche Dienststelle hat jedenfalls alles zu unternehmen, was zum Schutz des Opfers oder anderer Personen vor Gefährdung notwendig ist; erforderlichenfalls ist auch in den Fällen des Abs. 2 Anzeige zu erstatten. § 79. Soweit eine gesetzliche Anzeigepflicht besteht, sind der Kriminalpolizei, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten zur Aufklärung einer Straftat einer bestimmten Person von Amts wegen oder auf Grund von Ersuchen Ablichtungen der Akten und sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen zu übermitteln oder Akteneinsicht zu gewähren. Eine Berufung auf bestehende gesetzliche Verschwiegenheitspflichten ist insoweit unzulässig. 61 Anzeige- und Anhalterecht § 80. (1) Wer von der Begehung einer strafbaren Handlung Kenntnis erlangt, ist zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft berechtigt. (2) Wer auf Grund bestimmter Tatsachen annehmen kann, dass eine Person eine strafbare Handlung ausführe, unmittelbar zuvor ausgeführt habe oder dass wegen der Begehung einer strafbaren Handlung nach ihr gefahndet werde, ist berechtigt, diese Person auf verhältnismäßige Weise anzuhalten, jedoch zur unverzüglichen Anzeige an das nächst erreichbare Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes verpflichtet. ... Aussageverweigerung § 157. (1) Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt: 1. Personen, soweit sie ansonsten sich oder einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren der Gefahr aussetzen würden, sich über ihre bisherige Aussage hinaus selbst zu belasten, 2. Verteidiger, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, 3. Fachärzte für Psychiatrie, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer, eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-MediationsGesetz, BGBl. I Nr. 29/2003, und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, 4. Medieninhaber (Herausgeber), Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes über Fragen, welche die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen betreffen oder die sich auf Mitteilungen beziehen, die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemacht wurden, 5. Wahlberechtigte darüber, wie sie ein gesetzlich für geheim erklärtes Wahloder Stimmrecht ausgeübt haben. (2) Das Recht der in Abs. 1 Z 2 bis 5 angeführten Personen, die Aussage zu verweigern, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen oder durch Vernehmung der Hilfskräfte oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs. 1 Z 2 bis 4 teilnehmen. Auszug aus der Zivilprozeßordnung Unzulässigkeit und Verweigerung des Zeugnisses § 320. Als Zeugen dürfen nicht vernommen werden: … 4. eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, BGBl. I Nr. 29/2003, in Ansehung dessen, was ihnen im Rahmen der Mediation anvertraut oder sonst bekannt wurde. 62 § 321. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden: 1. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten oder einer Person, mit welcher der Zeuge in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert, oder mit welcher er durch Adoption verbunden ist, ferner seinen Pflegeeltern und Pflegekindern, sowie einem Vormunde oder Mündel zur Schande gereichen oder die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde; 2. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer der in Z 1 bezeichneten Personen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Nachteil zuziehen würde; 3. in Bezug auf Tatsachen, über welche der Zeuge nicht würde aussagen können, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit zu verletzen, insofern er hievon nicht giltig entbunden wurde; 4. in Ansehung desjenigen, was dem Zeugen in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt von seiner Partei anvertraut wurde; 5. über Fragen, welche der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren. (2) Die Aussage kann in den unter Z 1 und 2 angegebenen Fällen mit Rücksicht auf die daselbst bezeichneten Angehörigen auch dann verweigert werden, wenn das eheliche Verhältnis, welches die Angehörigkeit begründet, nicht mehr besteht. Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger, Fragen der Aussageverweigerung, der „Entbindung“, der Ladung etc. Nach herrschender Ansicht ist jedoch im Sinne der Privatautonomie eine Entbindung des Psychotherapeuten von der Verschwiegenheitspflicht durch die betroffene Person selbst zulässig, auch wenn dies Berufsgesetze nicht unmittelbar vorsehen. Unter Entbindung versteht man die Aufgabe eines Geheimnisses bzw. den Verzicht auf ein Geheimnis für einen bestimmten Kontext (eine bestimmte Institution wie z.B. vor Gericht). Auch Teilentbindungen sind möglich. In Folge dessen können auch Befunde/Gutachten/fachliche Stellungnahmen für den Patienten erstellt werden, wenn der jeweilige Therapeut von seinem Patienten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden ist. Sind sie nur teilweise von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden, dürfen Befund/Gutachten/fachliche Stellungnahmen jedoch keine Geheimnisse offenbaren, von deren Verschwiegenheit sie nicht entbunden worden sind. Es ist zu beachten, dass eine gültige Entbindungserklärung des Patienten gegenüber Dritten keine Wirkung zeitigt und jedenfalls gegenüber dem Psychotherapeuten erklärt werden muss. Zur Frage, welche Vereinbarungen mit dem Patienten in einem solchen Fall getroffen werden müssen, wird empfohlen, schriftlich festzuhalten, dass der Patient von der Verschwiegenheitspflicht zur Gänze oder teilweise entbunden hat und alle Geheimnisse oder nur bestimmte Geheimnisse (welche näher zu benennen sind) weitergegeben werden dürfen. Auch sollte in einer derartigen schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden, dass der Patient über die Bedeutung dieser Vorgangsweise aufgeklärt worden ist. Diese Vereinbarung sollte datiert und sowohl von Patient als auch vom jeweiligen Therapeuten unterschrieben werden. 63 Empfohlen wird weiters, dass auf Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme zusätzlich Folgendes vermerkt wird: „Zur Vorlage an…. (genau benennen, welcher Institution oder Person Ihr/e Befund/Gutachten/fachliche Stellungnahme zukommen soll)“ und dass Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme an den Patienten/ Klienten übergeben werden, damit diese/r Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme in weiterer Folge selbst an die entsprechende Stelle weiterleiten kann. Soll eine Psychotherapeutin als Zeugin in einem Zivilprozess vernommen werden, darf sie bei aufrechter Verschwiegenheitspflicht die Aussage verweigern. Wurde sie hingegen vom Patienten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden, so ist er zur Aussage verpflichtet. Bei einer Paar-, Familien- oder Gruppentherapie wäre die Entbindung nur gültig, wenn diese durch alle Beteiligten erfolgt. Kommt es zwischen dem Patienten und der Psychotherapeutin zu einem Zivilprozess und ist die Psychotherapeutin darin beklagte Partei, so ist es jedoch jedenfalls zulässig, dass sie sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen betreffend Inhalte der Behandlung äußern kann, soweit es zur Klarstellung und Rechtfertigung ihrer psychotherapeutischen Tätigkeit erforderlich ist. Dies ist zur Wahrung der Rechte und der Verteidigung, insbesondere gegen vorgeworfene Behandlungsfehler, unabdingbar. Die Frage der Verschwiegenheit tritt dabei in den Hintergrund, da der Patient selbst den Geheimnisschutz aufgibt und Inhalte der Psychotherapie offenbart. Bei einer Vernehmung in einem Strafprozess sind Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer, eingetragene Mediatoren sowie Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, gemäß § 157 Abs. 1 Z 3 StPO von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit. Den erwähnten Personen stehen deren Hilfskräfte gleich. Trotz der allfälligen Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht „verlieren“ diese sogenannten Berufsgeheimnisträger ihr Aussageverweigerungsrecht aber im Gegensatz zum Zivilprozess nicht, sodass sie trotz gültiger Entbindung ihre Aussage verweigern dürfen. Im Unterschied zum Zivilverfahren gibt es im Strafprozess also ein Verweigerungsrecht, das Psychotherapeuten die Entscheidung überlässt, auszusagen oder nicht. Eine allfällige Entbindung durch den Patienten/Klienten spielt hier keine Rolle. Außerdem ist zu beachten, dass das Entschlagungsrecht im Strafverfahren insofern weiter ist, als es sich nicht nur auf Geheimnisse, die dem Psychotherapeuten in Ausübung seines Berufes anvertraut oder bekannt wurden, sondern auf all das, was ihm in seiner Eigenschaft als Psychotherapeut bekannt geworden ist, bezieht. Einer Ladung durch das Gericht muss jedenfalls Folge geleistet werden. Erscheint der als geladene Zeuge unentschuldigt nicht, so kann das Gericht Ordnungsstrafen verhängen. Die Aussage als Zeuge vor Gericht stellt grundsätzlich eine öffentlichrechtliche Pflicht jedes Einzelnen dar. Patienten und Psychotherapeuten können daher keinen Vertrag abschließen, mit dem sie die Pflicht zur Zeugenaussage abbedingen. 64 16. Zur rechtzeitigen Mitteilung über den Rücktritt von der Ausübung des Berufs an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 14. (6) Der Psychotherapeut, der von der Ausübung seines Berufes zurücktreten will, hat diese Absicht dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter so rechtzeitig mitzuteilen, daß dieser die weitere psychotherapeutische Versorgung sicherstellen kann. Daraus ergibt sich die Verpflichtung zur Abklärung, ob der Patient/die Patientin weiter behandlungsbedürftig ist; diese Information hat so zeitgerecht zu erfolgen, dass die Fortführung der Behandlung bei einer anderen Psychotherapeutin/einem anderen Psychotherapeuten ohne beeinträchtigende Unterbrechung möglich ist. 17. Pflicht zur Beschränkung auf jene psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden, auf denen nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben worden sind Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 14. (5) Der Psychotherapeut hat sich bei der Ausübung seines Berufes auf jene psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden zu beschränken, auf denen er nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat. Daraus ergibt sich die Verpflichtung, ausschließlich jene Leistungen anzubieten, für die eine entsprechende Qualifikation und Kompetenz erworben worden ist. § 14 Abs. 5 PthG gibt somit die Grenzen der „Behandlungsfreiheit“ vor. Einer zielgruppenorientierten Spezialisierung (z.B. Kinder und Jugendliche, Familien, alte Menschen etc.) oder auch einer Spezialisierung im Hinblick auf bestimmte Leidenszustände steht dann nichts entgegen. 18. Pflicht zur Führung der Berufsbezeichnung, Bezeichnungsrecht am Beispiel des Psychotherapiegesetzes, Deklarationspflicht Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 13. (1) Wer zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt ist, hat im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes entsprechend den nachweislich erworbenen ausreichenden Kenntnissen und Erfahrungen die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" zu führen und kann als Zusatzbezeichnung einen Hinweis auf die jeweilige methodenspezifische Ausrichtung jener psychotherapeutischen Ausbildungseinrichtung, bei der die Psychotherapieausbildung absolviert worden ist, anfügen. Sofern mehrere Psychotherapieausbildungen absolviert worden sind, können entsprechende Hinweise als Zusatzbezeichnungen angefügt werden. (2) Die Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" samt Zusatzbezeichnung ist im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes den im Abs. 1 genannten Personen vorbehalten. (3) Jede Bezeichnung ist untersagt, die geeignet ist, die Berechtigung zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen. 65 Es handelt sich somit bei den Berufsbezeichnungen "Psychotherapeut" und "Psychotherapeutin" um geschützte Bezeichnungen (sog. "Titelschutz"). Als "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" darf sich daher nur bezeichnen, wer als "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" in die vom Bundesministerium für Gesundheit geführte Psychotherapeutenliste entsprechend eingetragen worden ist. Vielmehr müssen Psychotherapeuten im Geschäftsverkehr ihre Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" führen (sog. Deklarationspflicht). Auch Bezeichnungen, die zur Verwechslung mit den Berufsbezeichnungen geeignet sind, dürfen von Personen, die nicht in der Psychotherapeutenliste eingetragen sind, nicht geführt werden. Praxisschild und Telefonbucheintragungen § 13 Abs. 1 leg.cit. normiert, dass, wer zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt ist, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes entsprechend den nachweislich erworbenen ausreichenden Kenntnissen und Erfahrungen die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin", zu führen hat. Darüber hinaus besteht die Berechtigung, als Zusatzbezeichnung einen Hinweis auf die jeweilige methodenspezifische Ausrichtung jener psychotherapeutischen Ausbildungseinrichtung anzufügen, bei der die Psychotherapieausbildung absolviert worden ist (§ 13 Abs. 1 leg.cit.). Die oben angeführte Bestimmung dient im Interesse der Patienten der Sicherstellung der entsprechenden Markttransparenz im Berufsverkehr, sodass aus ihr auch ableitbar ist, dass die Verpflichtung zur Führung der Berufsbezeichnung sich auch auf den Ort der Berufsausübung erstreckt. Das bedeutet, dass jedenfalls der Name, allenfalls akademische Grade, und die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin", auf einem Praxisschild zu führen sind. Informationen, die darüber hinaus geführt werden dürfen, wären: • Adresse, Telefonnummer, Sprechstunden, • Zusatzbezeichnung(en), • allfällige Hinweise Kassenverträge, • allfällige Hinweise auf das Setting (Einzeltherapie, Gruppentherapie etc.), • allfällige Sprachkenntnisse, • allfällige Mitgliedschaften in Fachvereinigungen, • allfällige Arbeitsschwerpunkte, die sich etwa aus der methodischen Orientierung ergeben, und zielgruppenorientierte Spezialisierungen (zB. Krebserkrankungen, Suchtkrankheiten), insbesondere aufgrund absolvierter Weiterbildungen etc. Für den Fall, dass gleichzeitig andere Professionen im psychosozialen Bereich ausgeübt werden, können auch Hinweise auf diese angeführt werden. Dies gilt auch für Interaktionsverfahren, die (derzeit noch) nicht als wissenschaftlich-psychotherapeutische Methoden anerkannt sind. Zu beachten ist dabei allerdings, dass im Interesse einer sachgerechten Patienteninformation nicht der Eindruck vermittelt werden darf, es handle sich bei einem solchen Verfahren um eine psychotherapeutische Methode im Sinne des Psychotherapie-gesetzes. Unter diesen Voraussetzungen könnte, unter entsprechender Abhebung von den unmittelbar auf den psychotherapeutischen Beruf abstellenden Informationen, beispielsweise auf eine Ausbildung als diplomierte Sozialarbeiterin, klinische 66 Psychologin, Gesundheitspsychologin bzw. Ärztin oder auf ein Leistungsangebot z.B. in körperorientierten Interaktionsverfahren hingewiesen werden. Voraussetzung ist allerdings jeweils, dass es sich um eine wahrheitsgemäße und sachliche Information, nicht etwa um irreführende oder nicht überprüfbare Aussagen, handelt. Die Grenze zur unerlaubten Information ist jedenfalls dort zu ziehen, wo es sich nicht mehr um wahre und sachliche, also insbesondere mit der psychotherapeutischen Berufsausübung bzw. mit der Tätigkeit im psychosozialen Bereich im Zusammenhang stehende, sachgerechte Informationen für Patienten und Patientinnen bzw. Klienten und Klientinnen handelt. Zweck der Information ist es, größtmögliche Markttransparenz bei Wahrung des Gebots der Sachlichkeit und Wahrheit zu gewährleisten. Irreführende Werbung oder das Erwecken unerfüllbarer Erwartungshaltungen bei den Patienten und Patientinnen bzw. Klienten und Klientinnen sind daher unzulässig. 19. Pflicht zur Enthaltung von jeder unsachlichen oder unwahren Information, Werbeverbot Auszug aus dem Psychotherapiegesetz § 16. (1) Der Psychotherapeut hat sich jeder unsachlichen oder unwahren Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten. (2) Die Anzeige einer freiberuflichen Ausübung der Psychotherapie darf lediglich den Namen des zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigten Psychotherapeuten, seine akademischen Grade, die Berufsbezeichnung samt Zusatzbezeichnung sowie seine Adresse, Telefonnummer und Sprechstunden enthalten. (3) Der Psychotherapeut darf keine Vergütungen für die Zuweisung von Personen zur Ausübung der Psychotherapie an ihn oder durch ihn sich oder einem anderen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden. Daraus ergibt sich für PsychotherapeutInnen die konkrete Verpflichtung 1. zur Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" verbunden mit dem Recht auf Führung der in der Psychotherapeutenliste eingetragenen Zusatzbezeichnungen 2. zur klaren Bezeichnung der tatsächlich praktizierten psychotherapeutischen Methoden und Verfahren; die Unterlassung jeglicher Irreführung hinsichtlich der eigenen fachlichen Kompetenz (z.B. hinsichtlich der erlernten und praktizierten Methoden und Verfahren) 3. bei Werbung und Ankündigungen in der Öffentlichkeit fachlichen Gesichtspunkten strikt den Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten einzuräumen; Werbung oder Ankündigungen sind dabei auf das sachlich Gebotene zu beschränken marktschreierische, wahrheitswidrige oder irreführende Werbung ist unzulässig; Werbung und Ankündigungen sollen jedoch ausreichende Information über Art, Umfang und Indikation der angebotenen Leistungen sowie, über die geforderten Entgelte und die Rechte der Patientinnen und Patienten enthalten 67 4. das Aushängen von Praxisschildern ist im Sinne der Offenlegung der Berufsberechtigung geboten; auf dem Praxisschild ist die Berufsbezeichnung anzuführen; ferner können die eingetragenen Zusatzbezeichnungen bei PsychotherapeutInnen sowie Hinweise auf die tatsächlich hauptsächlich praktizierten psychotherapeutischen Methoden und Verfahren angeführt werden; der Hinweis auf Einzel-, Gruppen-, Paar- oder Familientherapie- bzw. behandlung ist ebenso zulässig wie der Hinweis auf eine spezialisierte Praxis hinsichtlich bestimmter Altersgruppen PsychotherapeutInnen dürfen gemäß § 16 Abs. 3 des Psychotherapiegesetzes für die Zuweisung von Personen zur Psychotherapie an sie oder durch sie sich oder anderen keine Vergütungen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden. 20. Meldepflichten, Erlöschen der Berufsberechtigung, Listenstreichung 1. Jede Änderung des Namens, des Berufssitzes oder des Dienstortes, jeder dauernde oder zeitweilige Verzicht auf die Berufsausübung sowie deren Einstellung, wenn sie voraussichtlich mehr als drei Monate übersteigen wird, sind binnen einem Monat dem Bundesministerium für Gesundheit schriftlich mitzuteilen (E-Mail: [email protected]). Ein Formblatt zur Meldung von Datenänderungen steht auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit unter www.bmg.gv.at zum Download zur Verfügung. 2. Vor Aufnahme der selbständigen Berufsausübung ist zur Deckung allfällig entstehender Schadenersatzansprüche eine Berufshaftpflichtversicherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigter Versicherer abzuschließen. Der Bestand der Berufshaftpflichtversicherung ist dem Bundesministerium für Gesundheit auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen. 3. Über jede psychotherapeutische Maßnahme sind Aufzeichnungen zu führen. Die Dokumentation ist mindestens zehn Jahre ab Beendigung der psychotherapeutischen Leistungen aufzubewahren. Für den Fall des Todes des/der tätig gewesenen Psychotherapeuten/Psychotherapeutin ist dem Bundesministerium für Gesundheit rechtzeitig eine Person zu benennen, die die Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation übernimmt. Für die Meldung der Dokumentationsaufbewahrung ist das Formblatt unter www.bmg.gv.at zu verwenden. 4. Psychotherapeuten (Psychotherapeutinnen) haben ihren Beruf nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben. Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den regelmäßigen Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen zu entsprechen (vgl. Fort- und Weiterbildungsrichtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, unter www.bmg.gv.at). 5. Die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Berufes erlischt • durch den Wegfall einer für die selbständige Ausübung des Berufes erforderlichen Voraussetzung, wie Verlust der Eigenberechtigung, der gesundheitlichen Eignung, der Vertrauenswürdigkeit oder • wenn hervorkommt, dass eine für die Eintragung in die Berufsliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat oder • auf Grund einer länger als fünf Jahre dauernden Einstellung der selbständigen Ausübung des Berufes. 6. Eine Verletzung der Berufs- und Meldepflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar und kann mit einer Verwaltungsstrafe bis zu EUR 3.600,00 geahndet werden. 68 21. Psychotherapie mit Verbrechensopfern aufgrund des Verbrechensopfergesetzes Seit 01.09.1972 ist das Verbrechensopfergesetz (VOG) in Kraft, doch nur wenige, die Opfer eines Verbrechens geworden sind, wissen, dass sie auch Ansprüche nach diesem Gesetz geltend machen können. Durch das VOG wird der Bund verpflichtet, Opfern von Verbrechen Hilfeleistung zu gewähren, wodurch den Betroffenen ein weiterer verschuldensunabhängiger Haftungspflichtiger verschafft wird. Den Opfern soll dadurch auf rasche Weise geholfen und ihnen erspart werden ihre Ansprüche zivilrechtlich gegen den Schädiger geltend machen zu müssen. § 1 VOG bestimmt, dass österreichische Staatsbürger und Staatsbürger von EWRStaaten Ansprüche geltend machen können, wenn sie Opfer eines Verbrechens geworden sind. Voraussetzung ist, dass sie durch eine mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben. Dadurch müssen ihnen Heilungskosten erwachsen oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert worden sein. Hinterbliebene sind anspruchsberechtigt, wenn sie einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hatten oder die Bestattungskosten getragen haben. Die Hilfeleistung unterbleibt allerdings, wenn dem Opfer (oder dem Hinterbliebenen) selbst ein Vorwurf gemacht werden kann, z.B. bei Beteiligung an der Tat, Provokation des Täters oder schuldhaftem Unterlassen der Mithilfe zur Aufklärung. Anträge können formlos oder mit Antragsformular beim örtlich zuständigen Bundessozialamt eingebracht werden. Die Hilfeleistungen werden ab dem Monat der Tat erbracht. Der Antrag auf Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentgangs und der Pflege- und Blindenzulagen ist innerhalb von sechs Monaten, ein Antrag auf eine der übrigen Leistungen binnen zwei Jahren einzubringen. Besonderheiten im Bereich der Psychotherapie Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten für eine Psychotherapie: Es muss eine krankheitswertige Störung im Sinne des ICD-10 gegeben sein. Diese Störung muss in einem kausalen Zusammenhang mit einem vorsätzlichen Delikt stehen, dass mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedroht ist. Eine rechtskräftige Verurteilung ist nicht notwendig (z.B. bei Immunität, Strafmilderungsgründen, Tod des Täters etc.). Die Tat muss jedoch aktenkundig sein. Bei Nachweis der kausalen Schädigung besteht auch die Möglichkeit einer Kostenübernahme für die Therapie von Hinterbliebenen. Das Opfer darf nicht auf Regressforderungen gegenüber dem Täter verzichtet haben. Die Kostenübernahme für Psychotherapie ergibt sich aus § 4 Abs. 5 VOG: § 4. (5) Erbringt der Träger der Krankenversicherung auf Grund der Satzung dem Opfer oder dem Hinterbliebenen einen Kostenzuschuß für psychotherapeutische Krankenbehandlung infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1, so sind die Kosten für die vom Träger der Krankenversicherung bewilligte Anzahl der Sitzungen, die das Opfer oder der Hinterbliebene selbst zu tragen hat, bis zur Höhe des dreifachen Betrages des Kostenzuschusses des Trägers der Krankenversicherung zu übernehmen. Sobald feststeht, dass der Träger der Krankenversicherung einen Kostenzuschuss erbringt, kann vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auch eine Direktabrechnung der Kosten mit dem Psychotherapeuten unter Bevorschussung des Kostenzuschusses des Trägers der 69 Krankenversicherung vorgenommen werden, in diesem Fall ist der geleistete Kostenzuschuss vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu vereinnahmen. Eine Kostenübernahme bis zum angeführten Höchstausmaß erfolgt auch, sofern der Träger der Krankenversicherung Kosten im Rahmen der Wahlarzthilfe erstattet. Dies bedeutet, dass Selbstkosten für psychotherapeutische Behandlungen, die Beschädigte oder Hinterbliebene aufgrund einer in § 1 Abs. 2 VOG genannten Handlung in Anspruch nehmen müssen, vom Bund zum Teil zu übernehmen sind. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist, dass der zuständige Krankenversicherungsträger für die psychotherapeutische Behandlung einen Kostenzuschuss leistet. Kostenzuschüsse für Psychotherapie werden von den Krankenkassen aus dem Titel der Krankenbehandlung geleistet. Voraussetzung für die Bewilligung des Zuschusses bei Inanspruchnahme eines freiberuflichen Psychotherapeuten ist das Vorliegen einer seelischen Krankheit, die eine Krankenbehandlung notwendig macht. Die Krankenbehandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das notwendige Maß nicht überschreiten. Das Ziel der Behandlung ist die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen nach Möglichkeit wiederherzustellen, zu festigen oder zu bessern. Es obliegt den Krankenversicherungsträgern, sich vor Leistungsgewährung davon zu überzeugen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die nötigen Informationen werden im Auftrag des Patienten vom behandelnden Psychotherapeuten erteilt. Die Feststellung des Krankenversicherungsträgers, dass eine Gesundheitsschädigung mit Krankheitswert vorliegt, ermöglicht es in Zweifelsfällen die medizinische Prüfung nach dem VOG auf die Frage zu beschränken, ob die Handlung gemäß § 1 Abs. 2 VOG kausal für die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung ist. Die Kostenübernahme ist an die Anzahl der vom Krankenversicherungsträger bewilligten Sitzungen geknüpft. Der Bund versucht nach Gewährung der Hilfeleistung, auf zivilrechtlichem Weg die angefallenen Kosten (für Therapie, Heilmittel etc.) vom Täter zurückzufordern. Praxis – Kontaktstellen Für Entschädigungen nach dem VOG ist das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) des Bundeslandes, in dem das Opfer seinen Wohnsitz hat, zuständig. Auf Anfrage beim zuständigen Bundessozialamt, welches auch den geforderten wahrscheinlichen Kausalzusammenhang prüft, wird dem Opfer das Antragsformular zugesandt. In unklaren Fällen wird ein unabhängiger Sachverständiger beigezogen. Neben dem Formular sind unter anderem eine Kopie des Staatsbürgerschaftsnachweises, Angaben und Belege über die Krankengeschichte bzw. ein Befund/Gutachten und die Bestätigung über den Kostenzuschuss der Krankenkasse nötig. Um einem Antrag positiv stattgeben zu können ist es vorteilhaft, wenn schon ein Gerichtsurteil vorliegt (in Ausnahmefällen kann ein polizeilicher Bericht genügen). Die Tat muss auf jeden Fall aktenkundig sein (Polizeiprotokoll, Gerichtsurteil, Krankenhausaufenthalt, Arztbesuch etc.). Alle Unterlagen, die den Sachverhalt objektivieren können, sollten dem Antrag beigelegt werden. Es muss eine krankheitswertige Störung vorliegen, was sich für das Bundessozialamt durch die Bereitschaft des zuständigen Krankenversicherungsträgers, den Kostenzuschuss für Psychotherapie zu gewähren, dokumentiert. In der Regel sendet die Psychotherapeutin einen Antrag mit allen wie bisher notwendigen Angaben und der Bitte um schriftliche Bewilligung an die Krankenkasse. Bei Vorliegen des Kostenzuschusses durch die 70 Krankenversicherung wird die Krankheitswertigkeit als gegeben angesehen. Es empfiehlt sich daher, bereits zu Beginn einer solchen Therapie - und nicht erst nach der zehnten Stunde - den Antrag auf Kostenübernahme beim jeweiligen Versicherungsträger mit dem Vermerk „Antrag auf Kostenübernahme nach dem VOG beim Bundessozialamt vorgesehen“ und unter Angabe der voraussichtlich benötigten Stundenanzahl zu stellen. Die Kostenübernahme ist mit dem dreifachen Betrag des Kostenzuschusses der gesetzlichen Krankenversicherung und der Zahl der bewilligten Sitzungen beschränkt. Die Behandlung wird bei Vorliegen der Voraussetzungen ab 01.01.1999 ausbezahlt. Die Kostenübernahme erfolgt mit Beginn des mit dem Ansuchen folgenden Monats. Der Psychotherapeut muss in die Psychotherapeutenliste eingetragen sein. Ist es trotz Vorliegens einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 2 VOG zu einem außergerichtlichen Vergleich zwischen Opfer und Täter gekommen, so findet keine Kostenübernahme durch das Bundessozialamt statt. Das Bundessozialamt wird versuchen, im Wege des Regresses, bis hin zu einer Pfändung, die anfallenden Kosten (für Therapie, Heilmittel etc.) vom Täter zurückzufordern, was im Rahmen von Missbrauchsfällen von großer Bedeutung sein kann, wenn Täter und Opfer im Familienband (noch) zusammenleben. Die Leistung ist unabhängig vom Einkommen des Opfers. Sollte im Verlauf der Psychotherapie der Täter im gleichzeitig laufenden Gerichtsverfahren frei gesprochen werden, stellt das Bundessozialamt die Finanzierung der Therapie ein. Eine Rückforderung der bereits erbrachten Leistungen findet nicht statt. Da die Vorgehensweise in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sein kann, ist es zweckmäßig, die nötigen Informationen beim jeweils zuständigen Sozialministeriumservice (vgl. www.sozialministeriumservice.at) einzuholen. Als private, politisch unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft bietet die Organisation „Weißer Ring Österreich“ Opfern von Verbrechen Hilfe an. Unter anderem kann beim Weißen Ring kostenlose Rechtsberatung, Unterstützung bei Behördenwegen, Beratungsgespräche mit Therapeuten und auch finanzielle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Kontakt: http://www.weisser-ring.at/index.htm Kostenübernahme bei Krisenintervention durch Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten Die Kostenübernahme bei Krisenintervention durch Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen ist mit 01.04.2013, die Kostenübernahme bei Krisenintervention Psychotherapeuten mit 01.07.2015 in Kraft getreten. Opfer und Hinterbliebene, die unmittelbar nach einer Straftat im Rahmen einer Krisenintervention psychologisch betreut werden, sollen einen Anspruch auf Kostenübernahme durch den Bund bis zu einem festgesetzten Höchstausmaß haben. Kriseninterventionen helfen den psychischen Zustand von Opfern und Hinterbliebenen zu stabilisieren und bewirken mitunter, dass eine nachfolgende psychotherapeutische Krankenbehandlung unter Umständen nicht mehr erforderlich ist. § 4a VOG sieht nunmehr vor, dass die Kosten einer Krisenintervention in Notfällen (d.h. klinischpsychologische und gesundheitspsychologische Behandlung durch Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen oder Behandlung durch Psychotherapeuten), die Opfer oder Hinterbliebene infolge einer Handlung nach § 1 Abs. 1 zu tragen haben, pro Sitzung bis zur Höhe des vierfachen Betrages des Kostenzuschusses nach § 4 Abs. 5 des örtlich zuständigen Trägers der Krankenversicherung zu übernehmen sind. Eine Kostenübernahme gebührt für höchstens zehn Sitzungen. Die Gewährung der Kostenübernahme erfolgt dabei auf Antrag über das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen des Bundeslandes, in dem das Opfer seinen Wohnsitz hat.