Sigmund Freud PrivatUniversität Wien Psychotherapiewissenschaft

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Sigmund Freud PrivatUniversität Wien
Psychotherapiewissenschaft
Hon.-Prof. Dr. Michael Kierein
Sommersemester 2016
B4-Lehrveranstaltung - Recht im Gesundheitswesen (VO und PS)
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkungen
2. Stufenbau der Rechtsordnung
3. Zuständigkeiten im Gewerbewesen, Gesundheitswesen – Abgrenzung zwischen
Behandlung und Beratung
4. Wichtige Definitionen und Berufsumschreibungen
5. Das System des Berufsschutzes
6. Voraussetzungen für die Eintragung in die Psychotherapeutenliste
7. Psychotherapeutische Leistungen im „Kassenrecht“
8. Übersicht über die Berufspflichten
9. Zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter Beachtung der
Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft, der Fortbildungspflicht und der
Kooperationspflicht
10. Zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines gesetzlichen
Vertreters und zur Aufklärungs- und Auskunftspflicht
11. Zur Dokumentationspflicht
12. Psychotherapie im Krankenhaus
13. Verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung
14. Zur Verschwiegenheitspflicht
15. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei Gericht
16. Zur rechtzeitigen Mitteilung über den Rücktritt von der Ausübung des Berufs an
den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter
17. Pflicht zur Beschränkung auf jene psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und
Behandlungsmethoden, auf denen nachweislich ausreichende Kenntnisse und
Erfahrungen erworben worden sind
18. Pflicht zur Führung der Berufsbezeichnung, Bezeichnungsrecht am Beispiel des
Psychotherapiegesetzes, Deklarationspflicht
19. Pflicht zur Enthaltung von jeder unsachlichen oder unwahren Information,
Werbeverbot
20. Meldepflichten, Erlöschen der Berufsberechtigung, Listenstreichung
21.Psychotherapie mit Verbrechensopfern aufgrund des Verbrechensopfergesetzes
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1. Vorbemerkungen
Die Rechtswissenschaft ist eine normative Wissenschaft. Ihr Gegenstand sind
bestimmte Regeln für menschliches Verhalten, deren Nichtbefolgung einen
bestimmten Zwang auslösen soll („staatlich organisierter Zwang“). 1
Andere Normen, deren Verletzung keine oder andere „Sanktionen“ auslösen, können
als
1. religiöse Normen,
2. Normen der Ethik bzw. Sitte sowie
3. Normen der Moral
bezeichnet werden.
Moral ist nach herrschender Auffassung jener Bereich, der keine Außenwirkung
entfaltet, sondern in dem jeder Mensch für sich selbst aufgrund seines Gewissens
vor sich selbst bestehen will. Die Frage, ob ich moralisch handle, ist eine, die nach
innen gerichtet ist, die ich mit mir selbst ausmache, ob ich, was ich tue, mit meinem
Gewissen verantworten kann oder nicht.
Ethik bzw. Sitte kann man nach herrschender Auffassung als Lehre vom sittlichen
Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebensbereichen verstehen. Im
Unterschied zur Moral tritt die Ethik, etwa im Verhalten einer Gruppe, etwa einer
Volksgruppe, Altersgruppe oder auch einer Berufsgruppe auch nach außen in
Erscheinung.
Der Unterschied zum rechtlichen Bereich ist, dass die rechtliche Anordnung im
Gegensatz zu ethischen Anordnungen verbindlich sind, also im Extremfall einen
Zwangscharakter entwickeln, also mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols durch
Zwangsmaßnahmen durchsetzbar sind.
Während mehrere Moralvorstellungen zugleich „gelten“ können, gibt es hingegen
nur „ein Recht“.
Gegenstand der Rechtswissenschaft ist das positive Recht (= von Menschen für
das Verhalten anderer Menschen gesetzt). Es kommt auf rechtlich geregelte Weise
zustande und hat begrenzten örtlichen Geltungsbereich (zB Bundesgebiet). Positives
Recht kann verschiedenen Wertsystemen folgen („Wertrelativismus“; es ist nicht
möglich mit den Mitteln menschlichen Denkens zu erkennen, welche Werte absolute
Geltung haben).
Vom positiven Recht ist das „Naturrecht“ - das je nach Lehrmeinung anders
begründete „ideale“ Recht – zu unterscheiden.
2. Stufenbau der Rechtsordnung
Die Lehre vom Stufenbau der Rechtsordnung geht auf Adolf Julius Merkl (18901970) zurück und erklärt als theoretisches Modell die Beziehungen zwischen
verschiedenen Gruppen von Rechtsnormen innerhalb eines
Rechtssystems (Hierarchie rechtlicher Normen; Gliederung nach „höheren“ und
„niedrigeren“ Rechtsnormen).
3
EU-Recht
⇓
Verfassung
⇓
Gesetze
⇓
Verordnungen
⇓
Bescheid
Urteil
Auslegungsmethoden
• Wortinterpretation (Sprache/Wortlaut)
• Systematische Interpretation (Systematik der Regelung im Gesamtkontext)
• Historische Interpretation (historischer Wille des Gesetzgebers)
• Teleologische Interpretation (Zielsetzung)
Gesetzesanalogie ist die für einen bestimmten Einzeltatbestand angeordnete
Rechtsfolge wird auf einen dem Wortlaut nach nicht geregelten Sachverhalt
erstreckt.
Kompetenzverteilung
Unter Kompetenzverteilung versteht man die Aufteilung von Gesetzgebung und/oder
Vollziehung auf Bund und Länder.
•
•
•
•
Art.
Art.
Art.
Art.
10
11
12
15
B-VG:
B-VG:
B-VG:
B-VG:
Gesetzgebung und Vollziehung Bund
Gesetzgebung Bund, Vollziehung Länder
Grundsatzgesetzgebung Bund, Ausführungsgesetzg. Länder
Gesetzgebung und Vollziehung Länder
Verschiedene Rechtsgebiete
Privatrecht: regelt die Beziehungen zwischen den Bürgern untereinander; dient
dem Schutz privater Interessen.
Öffentliches Recht: regelt die Beziehungen zwischen Staat und Bürgern; dient
dem Schutz öffentlicher Interessen.
3. Zuständigkeiten im Gewerbewesen, Gesundheitswesen - Abgrenzung
zwischen Behandlung und Beratung
Zum Geltungsbereich der Gewerbeordnung
Auszug aus der Gewerbeordnung 1994
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle
gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.
§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer Ausnahmen durch besondere
bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen
angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:
...
11. die Ausübung der Heilkunde, der Psychotherapie und des psychologischen Berufes im
Bereich des Gesundheitswesens, die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen
vorgenommenen Tätigkeiten der Dentisten, Hebammen, der Tierärzte sowie der
4
Apotheker, die Krankenpflegefachdienste, die medizinisch-technischen Dienste sowie die
Sanitätshilfsdienste, den betrieb von Kranken- und Kuranstalten, die in Anstalten zur
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder im Rahmen von Rehabilitationsprogrammen
öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu leistenden gewerblichen Arbeiten; …
Zum Begriff der „Gewerbsmäßigkeit“
§ 1 Abs. 2 GewO 1994 bestimmt, dass eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wird,
wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag
oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke
dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs. 3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit vor, wenn
die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Regelmäßigkeit ist
nicht im Sinne einer ununterbrochenen Beschäftigung, wohl aber im Sinne einer
ständigen Bereitschaft, einem grundsätzlich unbeschränkten Kundenkreis gegenüber
jede sich bietende Gelegenheit zur Ausübung der betreffenden Tätigkeit
wahrzunehmen, zu verstehen. Gemäß § 1 Abs. 4 GewO 1994 kann auch eine
einmalige Handlung eine regelmäßige Tätigkeit sein, wenn aus den Umständen des
Falles auf eine Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann.
Das ist anzunehmen, wenn die Begleitumstände einer einmaligen Handlung so
geartet sind, dass aus ihnen geschlossen werden kann, es werde mit dieser
einmaligen Handlung nicht sein Bewenden haben. Das Erfordernis der
Regelmäßigkeit ist bei einer einmaligen Handlung aber auch dann erfüllt, wenn sie
längere Zeit in Anspruch nimmt. Wiederholungsabsicht liegt vor, wenn Einrichtungen
geschaffen werden, die offensichtlich dazu dienen, die Ausübung des Gewerbes zu
ermöglichen und bei denen ein bloß einmaliges Verwenden nicht rentabel wären.
Eine gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 setzt
außerdem voraus, dass sie in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder
sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (Gewinnerzielungsabsicht,
Ertragsabsicht). Entgeltlichkeit allein ist freilich noch nicht zwingend mit der Absicht
verbunden, dass ein wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden soll. Eine solche
ist dann nicht anzunehmen, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten
ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen.
Zur Abgrenzung zwischen Behandlung und Beratung
Auszug aus der Gewerbeordnung 1994
Lebens- und Sozialberatung
§ 119. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Lebens- und
Sozialberatung (§ 94 Z 46) bedarf es für die Beratung und Betreuung von
Menschen, insbesondere im Zusammenhang mit Persönlichkeitsproblemen, Ehe- und
Familienproblemen, Erziehungsproblemen, Berufsproblemen und sexuellen
Problemen. Dazu gehört auch die psychologische Beratung mit Ausnahme
der Psychotherapie. Personen, die das Gewerbe der Lebens- und Sozialberatung
ausüben, sind auch zur Ausübung von Ernährungsberatung berechtigt, wenn sie die
erfolgreiche Absolvierung der Studienrichtung Ernährungs-wissenschaften an einer
inländischen Universität oder die erfolgreiche Ausbildung zum Diätassistenten/zur
Diätassistentin nachweisen. Personen, die das Gewerbe der Lebens- und
Sozialberatung ausüben, sind auch zur Sportwissenschaftlichen Beratung berechtigt,
wenn sie die erfolgreiche Absolvierung der Studienrichtungen Sportwissenschaften
oder Leibeserziehung an einer inländischen Universität oder einen Diplomabschluss
in einer Trainerausbildung an einer Sportakademie des Bundes nachweisen.
5
Festzuhalten ist, dass der Gesetzgeber den Begriff „Beratung“ nicht näher definiert,
vielmehr hat sich der Begriff „Beratung“ nach dem fachlichen Expertenverständnis
zu richten.
Um von Beratung sprechen zu können, wird die Herstellung einer formellen
Situation gefordert, in der sich eine Beziehung zwischen Ratsuchenden und
professionellen Beraterinnen konstituieren kann und die Möglichkeit besteht,
gemeinsam Problemsituation und Lösungsvarianten zu explorieren. Professionelle
Beratung in Abgrenzung zur alltäglichen Beratung ist eine wissenschaftlich fundierte,
konkrete Entwicklungs- und Lebenshilfe. Beratung wird in der Fachliteratur als eine
soziale Intervention definiert, in der Klienten professionell unterstützt werden, ein
aktuelles oder zukünftiges Problem zu lösen. Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit der Klientinnen sowie die Formulierung von Beratungszielen werden als
charakteristische Merkmale der Beratung herausgestellt. Beratung in dieser
Definition bezieht sowohl die kurzfristige informationsorientierte Beratung mit ein.
Die Aufgabe der Beratung beschränkt sich dabei nicht nur auf die Vermittlung von
Sachinformationen, sondern versucht auch, den Problemlösungsprozess durch
Reflexion der Lösungsalternativen zu strukturieren und zu steuern. Kurzfristige
informationsorientierte Beratung erfolgt in der Regel im niederschwelligen Setting,
die mittel- bis längerfristig angelegte, problemlösungsorientierte Beratung im
ambulanten Setting.
Betreuung bezeichnet alle komplexen Angebote für eine bestimmte Gruppe von
Patienten und Klientinnen, bei denen eine Kombination von ausgeprägten
körperlichen Beeinträchtigungen, psychischen und sozialen Folgeproblemen
eingetreten ist und die durch die Bündelung unterschiedlichster Problembereiche
eine eigenverantwortliche Lebensführung nicht mehr selbständig regeln können.
Dies können beispielsweise abstinente oder nichtabstinente, chronisch mehrfach
beeinträchtigte Abhängigkeitskranke sein, die eine mittel- bis längerfristige
Unterstützung bei der Lösung von Problemen in vielen Lebensbereichen benötigen.
Betreuung erfolgt in der Regel im ambulanten Setting.
Behandlungen können als einzel-, paar- oder gruppentherapeutische Intervention
erfolgen und setzen spezifische Qualifikationen voraus. Sie erfordern ein entsprechendes Behandlungssetting (Behandlungsvertrag, festgelegte Behandlungsdauer
etc.). IdR lässt sich eine Behandlung in die Schritte Anamnese, Diagnose und
Indikation, Förderung der Änderungsmotivation, Erarbeitung von gemeinsamen
Zielen, Behandlungsplanung, Durchführung der Behandlung, Abschluss des
therapeutischen Prozesses und Evaluation des Behandlungsergebnisses
untergliedern. Eine Behandlung kann im stationären oder ambulanten Setting
erfolgen.
Wer darf Beratung anbieten?
Zu unterscheiden ist freiberufliche Beratung und die Beratung im Rahmen eines
Arbeitsverhältnisses. Freiberuflich dürfen im Rahmen des gesetzlichen Berufsbildes
beraten: Ärztinnen, Psychotherapeuten, klinische Psychologeninnen, Gesundheitspsychologen, andere Gesundheitsberufe, Lebens- und Sozialberater. Im Rahmen
eines Arbeitsverhältnisses dürfen, soweit nicht in den Vorbehaltsbereich eines
Gesundheitsberufes eingegriffen wird, grundsätzlich alle beraten, da es keine
allgemeinen Beschränkungen gibt, wobei jedoch jeweils einschlägige Vorschriften zu
beachten sind.
6
Zuständigkeiten im Gesundheitswesen
Dazu zählen jedenfalls alle Rechtsgebiete, die auf dem Kompetenztatbestand
„Gesundheitswesen“ (vgl. Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) aufbauen:
• Angelegenheiten der Volksgesundheit, d.h. Obsorge für den allgemeinen
Gesundheitszustand der Bevölkerung
• Maßnahmen der Staatsgewalt, die der Abwehr von Gefahren für den
allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung dienen
Nicht von Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG umfasst, aber dennoch zum Gesundheitswesen
zählt u.a. das Krankenanstaltenrecht, das Leichen und Bestattungswesen, das
Rettungswesen etc.
Zur Definition der Gesundheitsberufe
Als Gesundheitsberuf kann ein auf Grundlage des Kompetenztatbestandes
"Gesundheitswesen" (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG) gesetzlich geregelter Beruf
verstanden werden, dessen Berufsbild die Umsetzung von Maßnahmen zur Obsorge
für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung und somit Tätigkeiten im
Rahmen der Gesundheitsversorgung umfasst, die unmittelbar an oder auch
mittelbar für Patientinnen und Patienten zum Zwecke der Förderung,
Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Gesundheit im ganzheitlichen
Sinn und in allen Phasen des Lebens erbracht werden, insbesondere in Diagnose,
Behandlung und Prophylaxe, wobei dem meist auf wissenschaftlicher Grundlage
erworbenen Fachwissen entscheidende Bedeutung zukommt.
Im Gegensatz dazu steht der Gesundheitsschutz bei Gewerbeberufen nicht im
Vordergrund. Selbst bei jenen, die gesundheitsrelevante Aspekte aufweisen, wie
etwa Rauchfangkehrer, Kontaktlinsenoptiker, Zahntechniker etc. ist dieser nicht
allgemeiner, sondern berufsspezifischer Art, da primäres Anliegen nicht das
Fachwissen ist, sondern ein geordnetes und funktionierendes Gefüge der
gewerblichen Betätigungen geschaffen werden soll.
Übersicht
über
wichtige
7
Gesundheitsberufe
Freie Berufe
1.
2.
3.
4.
Arzt/Ärztin (Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169)
Zahnarzt/Zahnärztin (Zahnärztegesetz, BGBl. I Nr. 126/2005)
Apotheker/Apothekerin (Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907)
Psychotherapeut/Psychotherapeutin (Psychotherapiegesetz, BGBl.
Nr. 361/1990)
5. Klinischer Psychologe/Klinische Psychologin (PsychologenG 2013, BGBl. I Nr.
182)
6. Gesundheitspsychologe/Gesundheitspsychologin (Psychologengesetz 2013)
7. Musiktherapeut/Musiktherapeutin (Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008)
Gehobene medizinisch-technische Dienste (MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992)
1. „Physiotherapeut“/“Physiotherapeutin“ (physiotherapeutischer Dienst)
2. „Biomedizinischer Analytiker“/ Biomedizinische Analytikerin“ (medizinischtechnischer Laboratoriumsdienst)
3. „Radiologietechnologe“/ „Radiologietechnologin“ (radiologisch-technischer
Dienst)
4. „Diätologe“/ „Diätologin“ (Diätdienst und ernährungsmed. Beratungsdienst)
5. „Ergotherapeut“/ „Ergotherapeutin“ (ergotherapeutischer Dienst)
6. „Logopäde“/ „Logopädin“ (logopädisch-phoniatrisch-audiologischer Dienst)
7. „Orthoptist“/ „Orthoptistin“ (orthoptischer Dienst)
Diplomierter Kardiotechniker/Diplomierte Kardiotechnikerin
(Kardiotechnikergesetz, BGBl. I Nr. 96/1998)
Hebamme (Hebammengesetz, BGBl. Nr. 310/1994)
Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und
Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997)
1. Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger/Diplomierte Gesundheits- und
Krankenschwester
2. Diplomierter Kinderkrankenpfleger/Diplomierte Kinderkrankenschwester
3. Diplomierter psychiatrischer Gesundheits- und Krankenpfleger/Diplomierte
psychiatrische Gesundheits- und Krankenschwester
4. Pflegehelfer/Pflegehelferin
5. Medizinisch-technische Fachkraft (MTF-SHD-Gesetz, BGBl. Nr. 102/1961)
Rettungssanitäter/Notfallsanitäter (Sanitätergesetz, BGBl. Nr. 38/2002)
Medizinische Assistenzberufe (Medizin. Assistenzberufe-Gesetz, BGBl. I Nr.
89/2012)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Desinfektionsassistenz
Gipsassistenz
Laborassistenz
Obduktionsassistenz
Operationsassistenz
Ordinationsassistenz
Röntgenassistenz
Medizinische Fachassistenz
8
Gesetzliche Berufsvertretungen und freiwillige Interessenvertretungen
Im Gegensatz zu den in Kammern organisierten freien Gesundheitsberufen gibt es
für PsychotherapeutInnen, klinische PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen keine Kammer. Es bestehen aber freiwillige Interessenvertretungen:
ÖBVP
Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie (seit 1992)
http://www.psychotherapie.at/oebvp
Interessenvertretung für alle PsychotherapeutInnen
Sitz: Wien
Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich
in den Bundesländern: Landesverbände mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit
VÖPP
Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (2008)
http://www.voepp.at/
Interessenvertretung für alle PsychotherapeutInnen
Sitz: Wien
Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich
in den Bundesländern: Geschäftsstellen, keine eigenständigen juristischen Personen
BÖP
Berufsverband Österreichsicher Psychologinnen und Psychologen (seit 1953)
http://www.boep.or.at/
Interessenvertretung für alle PsychologInnen
Sitz: Wien
Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich
in den Bundesländern: Geschäftsstellen, keine eigenständigen juristischen Personen
GkPP
Gesellschaft kritischer Psychologinnen und Psychologen
http://www.gkpp.at/
Interessenvertretung für alle PsychologInnen
Sitz: Wien
Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich
Ö.P.F.
Österreichisches Psychologenforum (seit 2006)
http://www.psychologenforum.at/
Interessenvertretung für alle klinische PsychologInnen sowie
GesundheitspsychologInnen
Sitz: Klosterneuburg
Tätigkeitsbereich: Gesamtösterreich
Verwaltung und Vollziehung
Somit obliegt die Vollziehung und Verwaltung der PsychotherapeutInnen sowie der
Klinischen PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen, insbesondere in Form
der Führung der entsprechenden Berufslisten, zentral dem Bundesministerium für
Gesundheit. Diese Listen sind über das Internet unter
http://einrichtungen.ehealth.gv.at abrufbar.
Als weitere Informationsquelle darf die Gesundheit Österreich GmbH,
Geschäftsbereich ÖBIG, Stubenring 6, 1010 Wien, Tel.: 01/515 61 – 286, Fax:
01/513 84 72, www.goeg.at, www.oebig.org, genannte werden.
9
4. Wichtige Definitionen und Berufsumschreibungen
Weltgesundheitsorganisation
Definition von Gesundheit
Die WHO definiert Gesundheit „als Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen
und sozialen Wohlbefindens und nicht nur als Abwesenheit von Krankheit oder
Gebrechen“.
Gesundheit nach diesem Verständnis ist somit ein Zustand, der den Menschen in
seiner gesamten Persönlichkeit und Lebenssituation berücksichtigt und daher
auch psychosoziale Faktoren unabdingbar mit einschließt.
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
Definition von Krankheit
Das ASVG definiert Krankheit als einen Versicherungsfall, der mit dem Beginn der
Krankheit, das ist der regelwidrige Körper- und Geisteszustand, der die
Krankenbehandlung notwendig macht, als eingetreten gilt.
Straßburger Deklaration zur Psychotherapie 1990
„Im Einklang mit den Zielen der Weltgesundheitsorganisation sowie mit dem im
Rahmen der Europäischen Gemeinschaften geltenden und im Europäischen
Wirtschaftsraum intendierten Nichtdiskriminierungsgebot und dem Grundsatz der
Freizügigkeit für Personen und Dienstleistungen erzielen nachstehende Personen
Einigung über folgende Punkte:
Die Psychotherapie ist eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin, deren
Ausübung einen selbständigen und freien Beruf darstellt.
Die psychotherapeutische Ausbildung erfolgt auf hohem, qualifiziertem und
wissenschaftlichem Niveau.
Die Vielfalt psychotherapeutischer Verfahren ist gewährleistet.
In einem psychotherapeutischen Verfahren wird die Ausbildung vollständig
absolviert und umfasst Theorie, Selbsterfahrung und Praxis unter Supervision.
Über andere psychotherapeutische Verfahren werden ausreichende Kenntnisse
erworben.
Der Zugang zur Ausbildung erfolgt über verschiedene Vorbildungen,
insbesondere Human- und Sozialwissenschaften.“
10
Zugangsvoraussetzungen für das psychotherapeutische Fachspezifikum
Das Psychotherapiegesetz regelt in § 10 Abs. 2 die allgemeinen und besonderen
Voraussetzungen, die vor Beginn des psychotherapeutischen Fachspezifikums
vorliegen müssen:
Allgemeine Voraussetzungen:
•
•
•
Eigenberechtigung
Vollendung des 24. Lebensjahres
Erfolgreicher Abschluss des psychotherapeutischen Propädeutikums
Besondere Voraussetzungen bzw. berufliche Vor-Qualifikation:
•
•
•
•
•
•
•
Diplomierte/r Gesundheits- und Krankenpfleger/in
Abgeschlossene Ausbildung in einem gehobenen medizinisch-technischen
Dienst im Sinne des MTD-Gesetzes (z.B. Ergotherapie, Physiotherapie,
Logopädie…)
Abgeschlossene Ausbildung an einer Akademie für Sozialarbeit
(Fachhochschule für soziale Arbeit) oder an einer ehemaligen Lehranstalt für
gehobene Sozialberufe
Abgeschlossene Ausbildung an einer Pädagogischen Akademie (Hochschule)
Abgeschlossene Ausbildung an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten
Lehranstalt für Ehe- und Familienberater
Abgeschlossene Ausbildung für die eigen- oder mitverantwortliche
Berufsausübung der Musiktherapie
Nachstehend angeführte, als Hauptfach abgeschlossene Hochschulstudien:
- Medizin
- Pädagogik
- Philosophie
- Psychologie
- Publizistik und Kommunikationswissenschaften
- Theologie
- Lehramt an höheren Schulen
Ausländische Studienabschlüsse müssen nostrifiziert werden
Wenn kein oben angeführter so genannter „Quellenberuf“ vorliegt, ist ein Bescheid
des Bundesministeriums für Gesundheit erforderlich. Für besonders geeignete und
motivierte Personen besteht somit nach entsprechender Antragstellung und nach
Einholung eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates die Möglichkeit der
Zulassung zum psychotherapeutischen Fachspezifikum.
Sämtliche Voraussetzungen müssen grundsätzlich vor Eintritt in die fachspezifische
Ausbildung vorliegen.
In berücksichtigungswürdigen Ausnahmefällen kann eine Überschreitungsfrist von
maximal 8 Wochen anerkannt werden.
Nach Absolvierung etwa der Hälfte aller Ausbildungselemente kann der Kandidat den
Status „in Ausbildung unter Supervision“ erwerben.
11
Übersicht über die anerkannten Psychotherapiemethoden
Methodische Ausrichtungen (Cluster) der anerkannten
Psychotherapiemethoden
In Österreich sind derzeit vier große methodische Ausrichtungen anerkannt:
•
Tiefenpsychologisch-psychodynamische Orientierung (Schwerpunkte:
Unbewusstes, Übertragung/Gegenübertragung)
psychoanalytische Methoden
1. Analytische Psychologie
2. Gruppenpsychoanalyse
3. Individualpsychologie
4. Psychoanalyse/Psychoanalytische Psychotherapie
5. Psychoanalytisch orientierte Psychotherapie
tiefenpsychologisch fundierte Methoden
1. Autogene Psychotherapie
2. Daseinsanalyse
3. Dynamische Gruppenpsychotherapie
4. Hypnosepsychotherapie
5. Katathym Imaginative Psychotherapie
6. Konzentrative Bewegungstherapie
7. Transaktionsanalytische Psychotherapie
•
Humanistisch-existenzielle Orientierung (Schwerpunkte: Grundlagen im
Sinne der Existenzphilosophie und Humanistischen Psychologie)
1. Existenzanalyse
2. Existenzanalyse und Logotherapie
3. Gestalttheoretische Psychotherapie
4. Integrative Gestalttherapie
5. Integrative Therapie
6. Klientenzentrierte Psychotherapie
7. Personenzentrierte Psychotherapie
8. Psychodrama
•
Systemische Orientierung (Schwerpunkte: Systemtheorien;
Konstruktivismus)
1. Systemische Familientherapie
2. Neurolinguistische Psychotherapie
•
Verhaltenstherapeutische Orientierung (Schwerpunkt: Empirische
Verhaltenspsychologie)
Verhaltenstherapie
12
Auszug aus dem Ärztegesetz 1998
Der Beruf des Arztes
§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.
(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf
medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar
am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere
1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und
psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder
Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;
2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung
medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;
3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1);
4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion
von Blut;
5. die Vorbeugung von Erkrankungen;
6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen
Fortpflanzungshilfe;
7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch-diagnostischen
Hilfsmitteln;…
Auszug aus dem Musiktherapiegesetz
Berufsumschreibung
§ 6. (1) Die Musiktherapie ist eine eigenständige, wissenschaftlich-künstlerischkreative und ausdrucksfördernde Therapieform. Sie umfasst die bewusste und
geplante Behandlung von Menschen, insbesondere mit emotional, somatisch,
intellektuell oder sozial bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen, durch
den Einsatz musikalischer Mittel in einer therapeutischen Beziehung zwischen einem
(einer) oder mehreren Behandelten und einem (einer) oder mehreren Behandelnden
mit dem Ziel
1. Symptomen vorzubeugen, diese zu mildern oder zu beseitigen oder
2. behandlungsbedürftige Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern oder
3. die Entwicklung, Reifung und Gesundheit des (der) Behandelten zu fördern
und zu erhalten oder wiederherzustellen.
(2) Die Ausübung des musiktherapeutischen Berufes besteht in der berufsmäßigen
Ausführung der im Abs. 1 umschriebenen Tätigkeiten, insbesondere zum Zweck der
1. Prävention einschließlich Gesundheitsförderung,
2. Behandlung von akuten und chronischen Erkrankungen,
3. Rehabilitation,
4. Förderung von sozialen Kompetenzen einschließlich Supervision sowie
5. Lehre und Forschung.
(3) Die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie ist den Musiktherapeuten
(Musiktherapeutinnen) vorbehalten. Anderen Personen als Musiktherapeuten
(Musiktherapeutinnen) ist die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie verboten.
Berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie liegt vor, wenn Musiktherapie regelmäßig
und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen
Vorteil zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage einschließlich einer
nebenberuflichen Einkommensquelle zu erzielen.
(4) Die berufsmäßige Ausübung der Musiktherapie ist im Rahmen eines
Arbeitsverhältnisses nur zu einem Träger einer Krankenanstalt, einem Pflegeheim,
einer Behinderteneinrichtung oder einer vergleichbaren Einrichtung zulässig.
13
Auszug aus dem Psychologengesetz 2013
Berufsumschreibung der Gesundheitspsychologie
§ 13. (1) Die Berufsausübung der Gesundheitspsychologie unter Einsatz
gesundheitspsychologischer Mittel umfasst Aufgaben zur Entwicklung
gesundheitsfördernder Maßnahmen und Projekte. Diese beruhen auf Grundlage der
psychologischen Wissenschaft, deren Erkenntnissen, Theorien, Methoden und
Techniken sowie des Erwerbs der fachlichen Kompetenz im Sinne dieses
Bundesgesetzes. Sie hängen mit der Förderung und Erhaltung von Gesundheit
zusammen, mit den verschiedenen Aspekten gesundheitsbezogenen Verhaltens
einzelner Personen und Gruppen und mit allen Maßnahmen, die der Verbesserung
der Rahmenbedingungen von Gesundheitsförderung und Krankheitsverhütung und
der Verbesserung des Systems gesundheitlicher Versorgung dienen.
(2) Der Tätigkeitsbereich der Gesundheitspsychologinnen und
Gesundheitspsychologen, der den gemäß Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998,
Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr.
361/1990, geregelten Berechtigungsumfang nicht berührt, umfasst
1. die mit gesundheitspsychologischen Mitteln durchgeführte Analyse von
Personen aller Altersstufen und von Gruppen, insbesondere in Bezug auf die
verschiedenen Aspekte des Gesundheitsverhaltens und dessen Ursachen,
2. aufbauend auf Z 1 die Erstellung von gesundheitspsychologischen Befunden
und Gutachten, insbesondere in Bezug auf gesundheitsbezogenes
Risikoverhalten und dessen Ursachen,
3. gesundheitspsychologische Maßnahmen bei Personen aller Altersstufen und
Gruppen in Bezug auf Gesundheitsverhalten, insbesondere im Hinblick auf
gesundheitsbezogenes Risikoverhalten wie Ernährung, Bewegung, Rauchen,
einschließlich Beratung in Bezug auf die Förderung und Aufrechterhaltung der
Gesundheit sowie die Vermeidung von Gesundheitsrisiken unter
Berücksichtigung der Lebens-, Freizeit- und Arbeitswelt,
4. gesundheitspsychologische Analyse und Beratung von Organisationen,
Institutionen und Systemen in Bezug auf gesundheitsbezogene
Rahmenbedingungen und Maßnahmen der Gesundheitsförderung,
Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation sowie
5. die gesundheitspsychologische Entwicklung, Durchführung und Evaluation von
Maßnahmen und Projekten, insbesondere im Bereich der
Gesundheitsförderung.
(3) Die berufsmäßige Ausübung der Gesundheitspsychologie ist den
Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen vorbehalten. Anderen
Personen, die nicht zur Berufsausübung der Gesundheitspsychologie berechtigt sind,
ist die berufsmäßige Ausübung der Gesundheitspsychologie verboten.
(4) Durch die Bestimmungen des Abs. 3 wird der durch das Ärztegesetz 1998,
BGBl. I Nr. 169/1998, durch das Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder
durch das Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelte Tätigkeitsbereich
nicht berührt. Ebenso werden durch die Bestimmungen des Abs. 3 Tätigkeiten durch
Psychologinnen und Psychologen in jenem Umfang nicht berührt, als für diese
Tätigkeiten besondere gesetzliche Regelungen bestehen.
14
Berufsumschreibung der Klinischen Psychologie
§ 22. (1) Die Berufsausübung der Klinischen Psychologie umfasst unter Einsatz
klinisch-psychologischer Mittel auf Grundlage der psychologischen Wissenschaft,
deren Erkenntnissen, Theorien, Methoden und Techniken sowie des Erwerbs der
fachlichen Kompetenz im Sinne dieses Bundesgesetzes, die Untersuchung,
Auslegung und Prognose des menschlichen Erlebens und Verhaltens sowie die
gesundheitsbezogenen und störungsbedingten und störungsbedingenden Einflüssen
darauf, weiters die klinisch-psychologische Behandlung von Verhaltensstörungen,
psychischen Veränderungen und Leidenszuständen.
(2) Der den Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen vorbehaltene
Tätigkeitsbereich, der den gemäß Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998,
Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr. 93/2008, oder Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr.
361/1990, geregelten Berechtigungsumfang nicht berührt, umfasst
1. die klinisch-psychologische Diagnostik in Bezug auf gesundheitsbezogenes
und gesundheitsbedingtes Verhalten und Erleben sowie auf Krankheitsbilder
und deren Einfluss auf das menschliche Erleben und Verhalten sowie
2. aufbauend auf Z 1 die Erstellung von klinisch-psychologischen Befunden und
Gutachten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Persönlichkeitsmerkmale oder
Verhaltensformen in Bezug auf psychische Störungen sowie in Bezug auf
Krankheitsbilder, die das menschliches Erleben und Verhalten beeinflussen
sowie in Bezug auf Krankheitsbilder, die durch menschliches Erleben und
Verhalten beeinflusst werden.
(3) Darüber hinaus umfasst der Tätigkeitsbereich der Klinischen Psychologinnen und
Klinischen Psychologen insbesondere
1. die Anwendung klinisch-psychologischer Behandlungsmethoden bei Personen
aller Altersstufen und Gruppen, die aufbauend auf klinisch-psychologische
Diagnostik fokussiert, ziel- und lösungsorientiert ist.
2. klinisch-psychologische Begleitung von Betroffenen und Angehörigen in
Krisensituationen,
3. klinisch-psychologische Beratung in Bezug auf verschiedene Aspekte
gesundheitlicher Beeinträchtigungen, ihrer Bedingungen und
Veränderungsmöglichkeiten sowie
4. die klinisch-psychologische Evaluation.
(4) Die Ausübung der klinisch-psychologischen Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und die
berufsmäßige Ausübung der Tätigkeiten gemäß Abs. 3 ist den Klinischen
Psychologinnen und Klinischen Psychologen vorbehalten.
(5) Personen, die nicht zur Berufsausübung der Klinischen Psychologie berechtigt
sind, ist die Ausübung von Tätigkeiten gemäß Abs. 2 und die berufsmäßige
Ausübung der Tätigkeiten gemäß Abs. 3 verboten.
(6) Durch die Bestimmungen des Abs. 4 und 5 wird der durch das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, durch das Musiktherapiegesetz, BGBl. I Nr.
93/2008, oder durch das Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, geregelte
Tätigkeitsbereich nicht berührt. Ebenso werden durch die Bestimmungen des Abs. 4
und 5 Tätigkeiten durch Psychologinnen und Psychologen in jenem Umfang nicht
berührt, als für diese Tätigkeiten besondere gesetzliche Regelungen bestehen.
15
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
Berufsumschreibung
§ 1. (1) Die Ausübung der Psychotherapie im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die
nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewußte
und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten
Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten
und einem oder mehreren Psychotherapeuten mit dem Ziel, bestehende Symptome
zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu
ändern und die Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern.
(2) Die selbständige Ausübung der Psychotherapie besteht in der eigenverantwortlichen Ausführung der im Abs. 1 umschriebenen Tätigkeiten, unabhängig
davon, ob diese Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses
ausgeübt werden.
Die Berufsumschreibung des § 1 Abs. 2 Psychotherapiegesetz, sieht u.a. vor, dass
die selbständige Ausübung in der eigenverantwortlichen Ausführung der oben
umschriebenen Tätigkeiten besteht, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeführt werden. Die
Anwendung psychotherapeutischer Kenntnisse und Fähigkeiten in Ausübung des
Berufes erfolgt persönlich und unmittelbar. Von zentraler Bedeutung ist die
gesetzlich abgesicherte Eigenständigkeit, die sich insbesondere in der fachlich
weisungsfreien Berufsausübung äußert.
Eigenes freies Handeln bestimmt die selbständige Tätigkeit. Die Berufsausübung
erfolgt auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko. Eigenverantwortlichkeit bedeutet
weiters, dass fachliche Weisungen nur sehr eingeschränkt gegeben werden können.
Die Verantwortung für das eigene Handeln ist grundsätzlich uneingeschränkt selbst
zu tragen. Ebenso sind die Folgen des Handelns selbst abzusehen und zu tragen.
Bei Einbindungen in größere organisatorische Strukturen bestehen regelmäßig
hierarchische Gliederungen, denen auch Psychotherapeuten etwa in
Krankenanstalten, unterworfen sein können.
Diese sogenannte "Betriebshierarchie", wie sie beispielsweise in Krankenanstalten
vorgegeben ist, führt zu dienstrechtlichen, organisatorischen oder auch administrativen Formen von Abhängigkeiten (vgl. Urlaubseinteilungen, Wochenenddienste etc.). Dazu kann aber auch die Wahrnehmung fachlicher Weisungen von
Vorgesetzten in Ausübung einer Richtlinienkompetenz für grundsätzliche Vorgaben
bei Behandlungen, Beratungen, einzusetzende Mittel, beispielsweise die Vorgabe
bestimmter Interventionsstrategien, Methoden etc. zählen.
Weisungen können sich darauf beziehen, die Behandlung auf Ziel und Zweck einer
Anstalt oder einer Abteilung in einer Anstalt auszurichten (vgl. Krankenanstaltenabteilungen für onkologische Patienten, Kriseninterventionszentren etc.).
Die unmittelbare und höchstpersönliche Durchführung einer Behandlung, Beratung
etc. im Rahmen dieser vorgegebenen Richtlinien wird in der Folge wohl fachlich
weisungsfrei bleiben müssen. Diensteinteilung, Vorschreibung des Dienstortes oder
der Dienstzeit sind zulässige Bindungen, die üblicherweise auch Inhalt von Dienstverträgen sind. In diesen Belangen sind Psychotherapeuten jedenfalls den
Weisungen des Dienstgebers unterworfen. Keinesfalls aber dürfen strafrechtswidrige
Weisungen befolgt werden.
16
5. Das System des Berufsschutzes
Den gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen ist immanent, dass sie vom
Gesetzgeber durch einen Tätigkeits- bzw. Berufsvorbehalt, einen
Bezeichnungsvorbehalt und grundsätzlich durch einen Ausbildungsvorbehalt
geschützt werden.
Unter „Vorbehalt“ wird im Zusammenhang mit dem Berufsschutz ein gesetzlicher
Anspruch auf Ausschließlichkeit verstanden, der entweder explizit als solcher
bezeichnet wird oder sich aus einer Berechtigungsnorm ergibt. Die gesetzliche
Normierung ist dabei zugleich Voraussetzung für das Bestehen eines Vorbehalts als
auch Begrenzung des Vorbehalts.
Die gesetzlich normierte Berechtigung, welche mit dem Ausschließlichkeitsanspruch
einhergeht, kann daher ausschließlich durch die Erfüllung der gesetzlich
vorgeschriebenen Voraussetzungen erlangt werden.
Wer diese Berechtigung für sich in Anspruch nimmt ohne hiezu die gesetzlichen
Voraussetzungen zu erfüllen, verstößt gegen den Vorbehalt und handelt
rechtswidrig. An ein solch rechtswidriges Verhalten können dabei Sanktionen
unterschiedlichen Ausmaßes geknüpft sein.
Die folgenden Ausführungen bauen auf der Überlegung auf, dass zwischen der
Ausübung eines Berufes und der Ausübung von einzelnen Tätigkeiten eines Berufes
ein rechtsrelevanter Unterschied besteht, der insbesondere bei der
Frage, ob und unter welchen Umständen jemand Tätigkeiten vorbehalten ist, von
Bedeutung ist.
Bei der Normierung von Vorbehalten zum Schutz des Berufsbildes sind insbesondere
folgende zwei Möglichkeiten hervorzuheben:
Tätigkeitsvorbehalt: Der Gesetzgeber schließt andere als die im Gesetz genannten
Personen bereits von der einmaligen Ausübung einer, in das Berufsbild fallende
Tätigkeit aus.
Berufsvorbehalt: Der Gesetzgeber schließt andere als die im Gesetz genannten
Personen nicht schon von der einmaligen Ausübung einer in das Berufsbild fallenden
Tätigkeit aus, sondern erst dann, wenn diese einzelne Tätigkeit oder auch mehrere
oder alle Tätigkeiten des Berufsbildes berufsmäßig ausgeübt werden. Bei der
Beurteilung, ob jemand einen Beruf und nicht bloß einzelne Tätigkeiten desselben
ausübt, ist insbesondere auch das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit heranzuziehen. In diesem Zusammenhang kann auf den Begriff der Gewerbsmäßigkeit
des § 1 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zurückgegriffen werden,
wonach eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt wird, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
Gemäß § 1 Abs. 3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit vor, wenn die Tätigkeit auf
eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.
Stellt man der berufsmäßigen Ausübung die nicht berufsmäßige Ausübung
gegenüber, so gelangt man hinsichtlich des Tätigkeitsvorbehaltes, der den
Berufsvorbehalt definitionsgemäß einschließt, zur Bildung eines
Tätigkeitsvorbehaltes im engeren und im weiteren Sinne.
17
Unter Tätigkeitsvorbehalt im engeren Sinne kann man demnach den
Ausschließlichkeitsanspruch auf die nicht berufsmäßige Ausübung von Tätigkeiten
verstehen.
Tätigkeitsvorbehalt im weiteren Sinne
bedeutet den Ausschließlichkeitsanspruch auf
jede einzelne Tätigkeit eines Berufsbildes,
unabhängig davon, ob diese berufsmäßig oder
nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Der
Tätigkeitsvorbehalt im weiteren Sinne besteht
somit aus dem Tätigkeitsvorbehalt im engeren
Sinne und dem Berufsvorbehalt.
Der Berufsvorbehalt bietet größere
Durchlässigkeit zu anderen
Gesundheitsberufen als der Tätigkeitsvorbehalt.
Weitere Vorbehalte im Gesundheitswesen
Bezeichnungsvorbehalt als
Ausschließlichkeitsanspruch auf die Führung von Bezeichnungen im Zusammenhang
mit der Ausübung eines Berufes
Ausbildungsvorbehalt als Ausschließlichkeitsanspruch auf das Anbieten und die
Durchführung einer Ausbildung zu Tätigkeiten bzw. zu einem Beruf
Sofern keine ausdrückliche Absicherung erfolgt, liegt eine lex imperfecta vor, d.h.
Fehlen einer Sanktionsnorm (keine Absicherung durch Verwaltungsstrafrecht
und/oder gerichtliches Strafrecht); im Zivilrecht allerdings gewisse Absicherung z.B.
durch das Gesetz zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG.
Auszug aus dem Strafgesetzbuch (StGB)
Kurpfuscherei
§ 184. Wer, ohne die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung
erhalten zu haben, eine Tätigkeit, die den Ärzten vorbehalten ist, in Bezug auf eine
größere Zahl von Menschen gewerbsmäßig ausübt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.
Gewerbsmäßige Begehung
§ 70. (1) Gewerbsmäßig begeht eine Tat, wer sie in der Absicht ausführt, sich durch
ihre wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges
fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und unter Einsatz besonderer Fähigkeiten
oder Mittel handelt, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, oder zwei
weitere solche Taten schon im Einzelnen geplant hat oder bereits zwei solche Taten
begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden ist.
(2) Ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen ist ein solches, das nach
einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung monatlich den Betrag von 400 Euro
übersteigt.
(3) Eine frühere Tat oder Verurteilung bleibt außer Betracht, wenn seit ihrer
Begehung oder Rechtskraft bis zur folgenden Tat mehr als ein Jahr vergangen ist. In
diese Frist werden Zeiten, in denen der Täter auf behördliche Anordnung angehalten
worden ist, nicht eingerechnet.
18
Anmerkungen zu den Auswirkungen des Arztvorbehalts
Aus dem Wortlaut der bisher vorgestellten ärzte- und strafrechtlichen
Bestimmungen ergibt sich, dass die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten im Sinne eines
Tätigkeitsvorbehalts umfassend geschützt wird und somit andere Personen von
deren Ausübung ausgeschlossen sind, sofern nicht eine besondere Rechtsgrundlage
eine spezielle gesetzliche Erlaubnis zur Ausübung einzelner ärztlicher Tätigkeiten
vorsieht, wie dies beispielsweise für Angehörige bestimmter Gesundheitsberufe
aufgrund gesetzlicher Regelungen der Fall ist.
Da der Beruf des Heilpraktikers in Österreich nicht gesetzlich geregelt und
infolgedessen auch kein anerkannter Gesundheitsberuf ist, gilt der ärztliche
Tätigkeitsvorbehalt mit allen Konsequenzen uneingeschränkt auch für Personen, die
in einem anderen Staat eine Heilpraktikerausbildung absolviert haben und/oder den
Beruf des Heilpraktikers dort rechtmäßig ausüben und eine heilpraktische Tätigkeit
in Österreich grundsätzlich anstreben.
Diese österreichische Rechtslage, wonach die Ausübung der Medizin im Sinne der
ärzterechtlichen Vorbehaltsbestimmungen den Ärzten vorbehalten ist und
demzufolge für die Ausübung des Heilpraktikerberufes in Österreich keine rechtliche
Basis existiert, steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.
6. Voraussetzungen für die Eintragung in die Psychotherapeutenliste
1. Freiwilligkeit (Motivation)
2. Ausbildung (Propädeutikum und Fachspezifikum, Ausbildungssäulen sind Theorie,
Praxis, Supervision und Selbsterfahrung),
3. gesundheitliche Eignung (Nachweis durch ein ärztliches Zeugnis im Original, zum
Zeitpunkt des Ansuchens nicht älter als drei Monate),
4. Vertrauenswürdigkeit (Nachweis durch eine Strafregisterbescheinigung im
Original, zum Zeitpunkt des Ansuchens nicht älter als drei Monate),
5. Eigenberechtigung, d.h. volle Handlungsfähigkeit, keine Sachwalterbestellung,
6. jeweils Angabe eines Berufssitzes oder/auch eines Dienstortes (in diesem Fall
auch Vorlage einer Bestätigung des Dienstgebers) in Österreich,
7. Lebensalter von mindestens 28 Jahren,
8. die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache
(Nachweis durch ein Zertifikat über die erfolgreich abgelegte Sprachprüfung in der
Niveaustufe C2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenz-rahmen für
Sprachen des Europarats, sofern sich die Kenntnisse der deutschen Sprache nicht
nachweislich aus den vorgelegten Personal- und Ausbildungsnachweisen ergeben;
der Nachweis der Sprachkenntnisse kann entfallen, wenn eine Ausbildung zum
Psychotherapeuten in deutscher Sprache in Österreich oder im sonstigen
deutschsprachigen Raum, ein deutschsprachiges Hochschulstudium, ein Studium
der deutschen Sprache, eine deutschsprachige Matura oder ein gleichartiger und
gleichwertiger Schulabschluss erfolgreich absolviert worden ist),
9. Begutachtung durch den Psychotherapiebeirat.
19
7. Psychotherapeutische Leistungen im „Kassenrecht“
Auszug aus dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz
Eintritt des Versicherungsfalles
§ 120. (1) Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:
1. im Versicherungsfall der Krankheit mit Beginn der Krankheit, das ist der regelwidrige
Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht; ...
Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung
§ 131. (1) Nimmt der Anspruchsberechtigte nicht die Vertragspartner (§ 338) oder die
eigenen Einrichtungen (Vertragseinrichtungen) des Versicherungsträgers zur Erbringung
der Sachleistungen der Krankenbehandlung (ärztliche Hilfe, Heilmittel, Heilbehelfe) in
Anspruch, so gebührt ihm der Ersatz der Kosten dieser Krankenbehandlung im Ausmaß
von 80 vH des Betrages, der bei Inanspruchnahme der entsprechenden Vertragspartner
des Versicherungsträgers von diesem aufzuwenden gewesen wäre. ...
Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen
§ 131b. Stehen andere Vertragspartner [als Ärzte] infolge Fehlens von Verträgen nicht
zur Verfügung, so gilt § 131a mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen noch keine
Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den
Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der
Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine
finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten
festzusetzen.
Umfang der Krankenbehandlung
§ 133. (2) Die Krankenbehandlung muß ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf
jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung
sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen
persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder
gebessert werden. ...
Ärztliche Hilfe
§ 135. (1) Die ärztliche Hilfe wird durch Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen durch
Wahlärzte und Wahl-Gruppenpraxen (§ 131 Abs. 1) sowie durch Ärzte in eigenen
Einrichtungen (oder Vertragseinrichtungen) der Versicherungsträger gewährt. Im Rahmen
der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:
1. eine auf Grund ärztlicher Verschreibung erforderliche
a) physiotherapeutische,
b) logopädisch-phoniatrisch-audiologische oder
c) ergotherapeutische
Behandlung durch Personen, die gemäß § 7 des Bundesgesetzes über die Regelung der
gehobenen medizinisch-technischen Dienste, BGBl. Nr. 460/1992, zur freiberuflichen
Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes, des logopädisch-phoniatrischaudiologischen Dienstes bzw. des ergotherapeutischen Dienstes berechtigt sind;
2. eine auf Grund ärztlicher Verschreibung oder psychotherapeutischer Zuweisung
erforderliche diagnostische Leistung eines klinischen Psychologen (einer klinischen
Psychologin) gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990,
der (die) zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 Abs. 1
des Psychologengesetzes berechtigt ist;
3. eine psychotherapeutische Behandlung durch Personen, die gemäß § 11 des
Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990, zur selbständigen Ausübung der
Psychotherapie berechtigt sind, wenn nachweislich vor oder nach der ersten, jedenfalls
vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung innerhalb desselben
Abrechnungszeitraumes eine ärztliche Untersuchung (§ 2 Abs. 2 Z 1 des Ärztegesetzes
1998) stattgefunden hat. ...
20
(6) In den Fällen der Inanspruchnahme einer Leistung eines Psychotherapeuten (Abs. 1 Z
3) hat der (die) Versicherte an den Vertragspartner für Rechnung des
Versicherungsträgers einen Behandlungsbeitrag in der Höhe von 20 % des jeweiligen
Vertragshonorares zu zahlen, wenn Gesamtverträge nach § 349 Abs. 2 bestehen.
Verschwiegenheitspflicht der Bediensteten
§ 460a. (1) Die Bediensteten haben über alle ihnen in Ausübung des Dienstes oder mit
Beziehung auf ihre Stellung bekanntgewordenen Angelegenheiten, die im Interesse des
Versicherungsträgers oder der Versicherten, ihrer Angehörigen oder Dienstgeber
Geheimhaltung erfordern oder ihnen ausdrücklich als vertraulich bezeichnet worden sind,
gegen jedermann, dem sie über solche Angelegenheiten eine dienstliche Mitteilung zu
machen nicht verpflichtet sind, Verschwiegenheit zu beobachten.
(2) Eine Ausnahme von der im Abs. 1 bezeichneten Verpflichtung tritt nur insoweit ein,
als ein Bediensteter für einen bestimmten Fall von der Verpflichtung zur Wahrung des
Dienstgeheimnisses entbunden wurde.
(3) Über die im Abs. 1 bezeichnete Verpflichtung hinaus haben die fachkundigen Organe
der Träger der Unfallversicherung (§ 187) über alle ihnen bei Ausübung ihres Dienstes
bekanntgewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere über die ihnen
als geheim bezeichneten Betriebseinrichtungen, Betriebsmittel, Arbeitsstoffe,
Arbeitsvorgänge oder Arbeitsverfahren sowie sonstige Eigentümlichkeiten der Betriebe
Verschwiegenheit zu beobachten.
(4) Die Bestimmungen des Abs. 3 gelten entsprechend für die gemäß § 42 Abs. 1 mit der
Einsicht beauftragten Bediensteten.
(5) Die im Abs. 1, 3 und 4 bezeichneten Bediensteten sind an die
Verschwiegenheitspflicht auch im Verhältnis außer Dienst, im Ruhestand sowie nach
Auflösung des Dienstverhältnisses gebunden.
Sozialversicherungsrechtliche Begriffe im Überblick
Krankheit:
Ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung
notwendig macht (§ 120 ASVG, vgl. die umfassendere Berufsumschreibung in § 1
PthG)
Sachleistungen:
Leistungen, die vom Versicherungsträger durch einen Vertragspartner gegen direkte
Verrechnung der vertragsmäßigen Kosten oder durch eigene Einrichtungen des
Versicherungsträgers erbracht werden (zB Arztbesuch auf Krankenschein). Gegenteil
von Sachleistungen sind Geldleistungen (zB Krankengeld).
Sachleistungsprinzip:
Die Krankenversicherung trifft für den Fall der Krankenbehandlung durch
Sachleistungen Vorsorge.
Kostenerstattungs- bzw. Kostenzuschusssystem:
Die Krankenversicherung trifft für den Fall der Krankenbehandlung dadurch
Vorsorge, dass die Kasse dem Patienten, der das Behandlungshonorar
vorfinanzieren musste, dieses zur Gänze oder zum Teil ersetzt.
21
Gesamtvertrag:
Der Gesamtvertrag schafft die notwendige Grundlage für die ärztlichen
Einzelverträge und bestimmt damit den Inhalt der Einzelverträge. Die
Gesamtverträge für den ärztlichen Bereich werden zwischen dem Hauptverband der
österreichischen Sozialversicherungsträger mit Zustimmung der betroffenen
Krankenversicherungsträger) und der jeweils zuständigen Landesärztekammer (oder
bei Zustimmung der Landesärztekammern durch die Österreichische Ärztekammer)
abgeschlossen. Inhalt eines Gesamtvertrages sind die Zulassungsordnung (Zahl der
Vertragsärzte, Sprengelverteilung, Auswahlkriterien für die Ärzte), Vorschriften über
den Abschluss und die Auflösung der Einzelverträge, Honorierungssystem,
Sicherstellung der wirtschaftlichen Behandlung und Verschreibweise etc. Im Bereich
der klinisch-psychologischen Diagnostik sind die Vertragspartner der Hauptverband
und der Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen. Im
Bereich der Psychotherapie gibt es derzeit noch keinen Gesamtvertrag.
Verhandlungspartner (ohne Ergebnis) waren der Hauptverband und der
Österreichische Bundesverband für Psychotherapie. Allerdings gibt es in diesem
Bereich sogenannte „Vereinslösungen“, die je nach Bundesland unterschiedlich
ausgefallen sind (siehe unten).
Einzelvertrag:
Der Einzelvertrag wird zwischen dem Krankenversicherungs-träger und dem
einzelnen Arzt abgeschlossen und legt die durch den
Gesamtvertrag vorgegebenen Rechte und Pflichten des Arztes und des
Krankenversicherungsträgers fest.
Vertragsärzte:
Sind freiberuflich tätige Ärzte, die mit dem Krankenversicherungsträger den
Einzelvertrag abgeschlossen haben, durch den sie zur Behandlung
krankenversicherter Personen verpflichtet sind. Sie sind jedoch nicht in die
Organisation des Krankenversicherungsträgers eingegliedert, sodass sie beruflich
selbständig bleiben.
Wahlärzte:
Sind Ärzte, die in keinem Vertragsverhältnis zum Krankenversicherungsträger
stehen. Das Honorar des Wahlarztes hat der Versicherte vorerst selbst zu
begleichen, kann aber dann gegenüber dem Krankenversicherungsträger
Kostenerstattung geltend machen. Dieser ersetzt dem Versicherten 80 % jenes
Betrages, der bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragsarztes
aufzuwenden gewesen wäre.
Pflichtleistungen/Freiwillige Leistungen:
Pflichtleistungen sind Leistungen, auf die der Versicherte einen Anspruch aufgrund
des Gesetzes oder der Satzung des Krankenversicherungsträgers hat.
Freiwillige Leistungen sind Leistungen, deren Gewährung im Ermessen des
Krankenversicherungsträger liegt. Der Versicherte hat daher keinen Anspruch.
Rechtsschutz bei Ablehnung von Leistungsansprüchen:
Die Frage betrifft einerseits die Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung einer
Leistung, andererseits die Beendigung von bestehenden Leistungsansprüchen durch
den Versicherungsträger.
Unproblematisch ist der Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung
einer Leistung. IdZ sieht § 367 Abs. 1 Z 2 ASVG vor, dass über den Antrag auf
Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung ein Bescheid zu erlassen
ist, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der
22
Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Der Antragsteller kann bei
Ablehnung seines Antrags daher stets einen Bescheid verlangen.
Anders ist die Möglichkeit der Erlangung eines Bescheids bei Beendigung von
bestehenden Leistungsverhältnissen. Gemäß § 99 Abs. 1 ASVG sind Leistungen nach
Aufhören der Anspruchsvoraussetzungen zu entziehen, sofern sie nicht ohne
weiteres erlöschen. Gemäß § 100 Abs. 1 lit.a ASVG erlöschen Ansprüche auf eine
laufende Leistung aus der Krankenversicherung ohne weiteres Verfahren, wenn die
Voraussetzungen für den Anspruch weggefallen sind. Daraus ergibt sich, dass im
Bereich der Krankenversicherung Ansprüche auf laufende Leistungen jedenfalls ohne
weiteres Verfahren erlöschen. Es wäre daher an sich kein Bescheid über das
Erlöschen des Anspruchs zu erlassen.
Ein Schreiben der Gebietskrankenkasse, in dem diese zum Ausdruck bringt, dass
eine laufende Leistung nach Erschöpfung der Anspruchsdauer gemäß
§ 100 Abs. 1 lit. a ASVG ohne weiteres Verfahren erlischt, kann weder seiner Form
noch seinem Inhalt nach zweifelsfrei als Bescheid gewertet werden, wenn es nur die
Darlegung der Rechtsansicht der Gebietskrankenkasse enthält, dass "eine laufende
Leistung nach Erschöpfung der Anspruchsdauer gemäß § 100 Abs. 1 lit. a ASVG
ohne weiteres Verfahren erlischt", und die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass
die Gebietskrankenkasse daher nicht in der Lage sei, darüber bescheidmäßig
abzusprechen.
Der Anspruchswerber hat jedoch die Möglichkeit, einen solchen Bescheid über das
Erlöschen des Anspruchs zu verlangen und beim Arbeits- und Sozialgericht zu
bekämpfen.
Liegt aber ein Bescheid des Versicherungsträgers vor, so kann der Anspruchswerber,
da es sich um eine Sozialrechtssache (vgl. § 65 Abs. 1 Z 1 ASGG, BGBl. Nr.
104/1985, Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines
Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hierbei nicht die
Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die
Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen) handelt, mit
Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht dagegen vorgehen. § 67 Abs. 1
ASGG bestimmt, dass in einer Leistungssache nach § 65 Abs. 1 ASGG vom
Versicherten eine Klage erhoben werden kann, wenn der Versicherungsträger
darüber bereits mit Bescheid entschieden hat oder der Versicherungsträger den
Bescheid bei Leistungen aus der Krankenversicherung nicht innerhalb von drei
Monaten erlassen hat.
Örtlich zuständig ist gemäß § 7 Abs. 1 ASGG das Arbeits- und Sozialgericht, in
dessen Sprengel der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Versicherten liegt.
Die Bestimmung des § 65 Abs. 1 ASGG ist Ausdruck des Grundsatzes der
sukzessiven Kompetenz in Sozialrechtsachen. Dabei tritt der Bescheid des
Versicherungsträgers mit Anrufung des Gerichts außer Kraft (vgl. § 71 Abs. 1 ASGG)
und die Entscheidung ist vom Gericht völlig neu und unabhängig vom
Verwaltungsverfahren zu treffen. Für das Verfahren vor dem Arbeits- und
Sozialgericht sind insbesondere zu beachten:
- die für den Versicherten günstige Kostenregelung des § 77 ASGG,
- die Verfahrensbesonderheiten des § 39 ASGG, u.a.
- besondere richterliche Anleitungs- und Belehrungspflicht (Abs. 1 Z 1)
- keine Anwaltspflicht im erstinstanzlichen Verfahren (Abs. 3),
- die besonderen Regeln über die Klagszurücknahme nach § 72 ASGG.
23
Voraussetzungen für Psychotherapie im niedergelassenen Bereich:
Seit 1.1.1992 sieht das Kassenrecht Psychotherapie als Pflichtleistung vor, sodass
Versicherte einen Anspruch auf diese Leistung aufgrund des Gesetzes oder der
Satzung eines Krankenversicherungsträgers haben. Für die psychotherapeutische
Behandlung gemäß § 135 Abs. 1 Z 3 ASVG ist keine ärztliche Verschreibung oder
Zuweisung erforderlich. Lediglich eine ärztliche Untersuchung vor oder nach der
ersten, jedenfalls aber vor der zweiten psychotherapeutischen Behandlung innerhalb
desselben Abrechungszeitraumes ist vorgesehen. Die ärztliche Untersuchung ist im
Übrigen unabhängig von der, nur durch einen Psychotherapeuten vorzunehmenden
Diagnose, zu sehen. Psychotherapeut/inn/en wenden daher ebenfalls den
sogenannten „ICD-10“-Diagnoseschlüssel der WHO an.
Bereits 1992 wurde von den Krankenversicherungsträgern ein einheitlicher
Kostenzuschuss in der jeweiligen Satzung in der Höhe von (damals) öS 300.- für
eine Therapieeinheit von 50 Minuten festgesetzt. Die Höhe dieses Zuschusses
beträgt daher umgerechnet € 21,80. Diesen Zuschuss haben die
Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) seit 01.01.2015 auf € 28
und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) auf € 40 erhöht.
Ziel war es, einen Gesamtvertrag für Psychotherapie Österreich weit zustande zu
bringen, wobei im Falle eines Gesamtvertrages § 135 Abs. 6 ASVG einen
Selbstbehalt von 20 Prozent des Vertragshonorars vorsieht. Verhandlungspartner
waren der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger und der
Österreichische Bundesverband für Psychotherapie(ÖBVP).
Die Besonderheit dabei war, dass der ÖBVP lediglich eine freiwillige
Interessenvertretung ist (also keine gesetzliche Interessenvertretung, wie etwa die
Österreichische Ärztekammer). Durch Bescheid des damals zuständigen
Bundesministers für Gesundheit, wurde der ÖBVP als Verhandlungspartner des
Hauptverbandes zugelassen.
In mehreren Anläufen gelang es seit 1992 allerdings nicht, dieses Ziel eines
Gesamtvertrages zu erreichen. 1995 scheiterte ein Gesamtvertrag an der Ablehnung
des ÖBVP aufgrund eines zu niedrigen Honorarangebots, im Jahr 2000 an der
fehlenden Mehrheit des zuständigen Gremiums im Hauptverband. Das bedeutet,
dass nach wie vor das Kostenzuschusssystem, vergleichbar dem Wahlarztsystem,
besteht, wonach Patient/inn/en von eingetragenen Psychotherapeut/inn/en nach
Einreichung ihrer bereits geleisteten Zahlungen den Zuschuss von € 21,80 für eine
Einheit erstattet erhalten.
Zwischenzeitig kam es allerdings mangels Gesamtvertrages zu regional
unterschiedlichen, sogenannten „Vereinslösungen“, wonach insbesondere einzelne
Gebietskrankenkassen mit neu geschaffenen Psychotherapie-versorgungsvereinen
direkte Vereinbarungen über eine zumindest teilweise Versorgung von
Psychotherapiebedürftigen abschlossen. Beispielhaft dafür sei die Wiener
Gesellschaft für Psychotherapeutische Versorgung (WGPV) genannt, die mit der
Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) einen entsprechenden Vertrag geschlossen
hat. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf eine weitere Besonderheit
hinzuweisen, wonach die WGKK nur solche Psychotherapeut/inn/en an dieser
„Vereinslösung“ teilhaben lässt, die über die (langjährige) Psychotherapieausbildung
nach dem Psychotherapiegesetz noch zusätzliche Qualifikationen nachweisen
können, Qualifikationen, die sich auf den Nachweis einer besonderen
Krankenbehandlungserfahrung beziehen.
24
Nachweis einer besonderen Krankenbehandlungserfahrung
Im Rahmen dieses Vertrages können ausschließlich Psychotherapeuten tätig werden,
welche einen der unten als Variante A und E angeführten bzw. welche als
spezialisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten einen der gemäß
Varianten C modifizierten Nachweise hinsichtlich einer besonderen Erfahrung im
Erkennen und Behandeln von Krankheiten erbringen.
Variante A:
Ein Jahr Tätigkeit (maximal in drei Teilen) (Basis 40 Stundenwoche) in einem
psychiatrischen Krankenhaus1) oder einer psychiatrischen Abteilung eines
Krankenhauses1) oder einer Institution, welche über eine Ausbildungsstelle zum
Facharzt für Psychiatrie verfügt, in der entsprechenden Fachabteilung. Bei einer
kürzeren Wochenstundenzahl (mindestens 20 Stunden) verlängert sich der Zeitraum
entsprechend.
Variante B:
1. Ein halbes Jahr (auch 2 mal 3 Monate) Tätigkeit (Basis 40 Stundenwoche)
bzw. ein Jahr (auch 4 mal 3 Monate) Tätigkeit (Basis 20 Stundenwoche) in
einem Krankenhaus oder in einer psychosozialen Einrichtung in der
Krankenbehandlung durchgeführt wird.
plus
2. a) 500 Therapiestunden Krankenbehandlung in kontinuierlicher Tätigkeit nach
Listeneintragung mit Schwerpunktsetzung in folgenden Großgruppen von
Diagnosen: organische Psychosen, nichtorganische Psychosen,
Suchtkrankheiten, schwerste Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline).
oder
b) zusätzlich zur Tätigkeit gemäß Punkt 1.: 18 Monate kontinuierliche
Tätigkeit in einem Krankenhaus oder einer psychosozialen Einrichtung, in der
Krankenbehandlung durchgeführt wird (3 Monate Tätigkeit entsprechen
jeweils 85 Stunden Krankenbehandlung gemäß Punkt 2. a).
Variante C (Kinder):
Spezialisierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können die Vertragsabschlussvoraussetzungen auch wie folgt erlangen:
Bei diesen Therapeuten ist die Absolvierung eines Großteils der gemäß Variante B
nachzuweisenden Therapiestunden der Krankenbehandlung im Sinne des Vertrages
durch Nachweis der Behandlung von schweren psychischen Störungen des Kindesund Jugendlichenalters möglich, die der Behandlung von organischen Psychosen,
nichtorganischen Psychosen sowie Suchtkrankheiten gleichgestellt sind. Als solche
schwere psychische Störungen gelten: Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, andere
schwerste Essstörungen mit erheblichen somatischen Auswirkungen. Weiters
schwere Erlebnis- und Belastungsreaktionen nach schweren traumatischen
Erlebnissen bzw. auf Grund schwerer, die Psyche schädigenden Entwicklungsbedingungen sowie extreme Persönlichkeitsentwicklungsstörungen.
Variante D:
Eintragung in die Liste der klinischen Psychologen mit Nachweis der fachlichen
Kompetenz gemäß §§ 6 und 12 Psychologengesetz sowie Nachweis der Erfahrung,
der für die Vergabe des Einzelvertrages mit den Krankenversicherungsträgern bzw.
in die Liste der Wahlpsychologen erforderlich ist.
25
Variante E:
1. Mindestens 344 Stunden kontinuierliche Tätigkeit in einer psychiatrischen
Abteilung eines Krankenhauses oder in einer Einrichtung, die als
Ausbildungseinrichtung zum Facharzt für Psychiatrie anerkannt ist, in
unmittelbarer Begleitung einer Person, die ärztliche Tätigkeit im ständigen
Patientenkontakt durchführt, oder bei einem Facharzt für Psychiatrie, sodass
Erfahrung hinsichtlich der Krankenbehandlung und in deren Umfeld
gesammelt werden kann (Diagnostik, Behandlung, Dokumentation). Dieser
Nachweis kann in zwei geschlossenen Teilen erbracht werden.
plus
2. 14 Tage (80 Stunden) Seminar, in dem eingehende Kenntnisse über schwere
Krankheitsbilder (Entstehung, Symptome, etc.) vermittelt werden sollen.
3. 1.000 Therapiestunden Krankenbehandlung in kontinuierlicher Tätigkeit nach
Listeneintragung mit Schwerpunktsetzung in folgenden Großgruppen von
Diagnosen: organische Psychosen, nichtorganische Psychosen,
Suchtkrankheiten, schwerste Persönlichkeitsstörungen (z.B. Borderline).
Unterschiede zwischen „klinisch-psychologischer Diagnostik“ und
„psychotherapeutischer Behandlung“
klinisch-psychologische Diagnostik
(§ 135 Abs. 1 Z 2 ASVG)
psychotherapeutische Behandlung (§
135 Abs. 1 Z 3 ASVG)
ärztliche Verschreibung oder
psychotherapeutische Zuweisung ist
erforderlich
keine ärztliche Verschreibung oder
Zuweisung erforderlich, nur ärztliche
Untersuchung vor oder nach der ersten,
jedenfalls aber vor der zweiten
psychotherapeutische Behandlung
innerhalb desselben
Abrechungszeitraumes
es besteht (noch) kein Gesamtvertrag
bei Bestehen eines Gesamtvertrages:
Selbstbehalt von 20 Prozent des
Vertragshonorars
es besteht ein Gesamtvertrag
kein Selbstbehalt
8. Übersicht über die Berufspflichten
•
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Pflicht zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter
Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft
Pflicht zur Fortbildung
Pflicht zur persönlichen und unmittelbaren Berufsausübung
Pflicht zur Zusammenarbeit mit Vertretern der eigenen oder einer anderen
Wissenschaft
Pflicht zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines
gesetzlichen Vertreters
Pflicht zur Erteilung aller Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über
Art, Umfang und Entgelt an den Behandelten oder seinen gesetzlichen
Vertreter
Dokumentationspflicht
Pflicht zur Beschränkung auf jene Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden,
auf denen ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben worden sind
Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung über die Zurücktretung von der
Behandlung an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter
Pflicht zur Verschwiegenheit
26
9. Zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen unter
Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft, der
Fortbildungspflicht und der Kooperationspflicht
Auszug aus dem Strafgesetzbuch
Körperverletzung
§ 83. (1) Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist
mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu
bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper mißhandelt und dadurch
fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt.
Fahrlässige Körperverletzung
§ 88. (1) Wer fahrlässig einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit
schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180
Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Handelt der Täter nicht grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) und ist
1. die verletzte Person mit dem Täter in auf- oder absteigender Linie verwandt
oder verschwägert oder sein Ehegatte, sein eingetragener Partner, sein
Bruder oder seine Schwester oder nach § 72 Abs. 2 wie ein Angehöriger des
Täters zu behandeln, oder
2. aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit einer
anderen Person von mehr als vierzehntägiger Dauer erfolgt, oder
3. der Täter ein Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes, die
Körperverletzung nicht schwer (§ 84 Abs. 1) und in Ausübung seines Berufes
zugefügt worden, so ist der Täter nach Abs. 1 nicht zu bestrafen.
(3) Wer grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3) oder in dem in § 81 Abs. 2 bezeichneten Fall
einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit
Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu
bestrafen.
(4) Hat die Tat nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge,
so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu
360 Tagessätzen zu bestrafen. Hat die Tat nach Abs. 3 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) zur Folge, ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren, hat sie jedoch eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) einer größeren
Zahl von Menschen zur Folge, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 14. (1) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen
und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben.
Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den regelmäßigen Besuch von in- oder
ausländischen Fortbildungsveranstaltungen zu entsprechen.
§ 14. (2) Der Psychotherapeut hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar,
allenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern seiner oder einer anderen Wissenschaft
auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch Hilfspersonen bedienen, wenn diese
nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln.
27
Auszug aus dem Musiktherapiegesetz
§ 27. (2) Musiktherapeuten (Musiktherapeutinnen) haben ihren Beruf persönlich und
unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit Vertretern (Vertreterinnen) ihrer oder
einer anderen Wissenschaft oder Berufes, auszuüben. Sie können sich jedoch
Hilfspersonen, insbesondere Studierender der Musiktherapie, bedienen, wenn diese
nach ihren genauen Anordnungen und unter ihrer Aufsicht handeln.
Auszug aus dem Ärztegesetz 1998
§ 49. (1) Ein Arzt ist verpflichtet, jeden von ihm in ärztliche Beratung oder
Behandlung übernommenen Gesunden und Kranken ohne Unterschied der Person
gewissenhaft zu betreuen. Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter
Fortbildungsprogramme oder im Rahmen anerkannter ausländischer
Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft
und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der
fachspezifischen Qualitätsstandards, insbesondere aufgrund des
Gesundheitsqualitätsgesetzes das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden
zu wahren.
(2) Der Arzt hat seinen Beruf persönlich und unmittelbar, allenfalls in
Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben. Zur Mithilfe kann er sich jedoch
Hilfspersonen bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter
seiner ständigen Aufsicht handeln.
Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen
An der Spitze aller Berufspflichten steht die Verpflichtung zur Berufsausübung nach
bestem Wissen und Gewissen. Die übrigen gesetzlich festgeschriebenen
Berufspflichten können als Konkretisierung dieser Pflicht verstanden werden.
Die Verpflichtung zur Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen ist
insbesondere auch als korrespondierendes Gegenstück zum Selbstbestimmungsrecht des Patienten anzusehen, aus dem wiederum sämtliche Rechte des Patienten
abgeleitet werden können, wie etwa das Recht auf Aufklärung.
Grundsätzliches zur Frage nach den Schnittstellen zwischen Berufsrecht
und Berufsethik
In diesem Zusammenhang ist auf die Bereiche Moral, Ethik bzw. Sitte sowie Recht
zu verweisen. Moral ist nach herrschender Auffassung jener Bereich, der keine
Außenwirkung entfaltet, sondern in dem jeder Mensch aufgrund seines Gewissens
vor sich selbst bestehen will. Die Frage, ob ich moralisch handle, ist daher eine, die
nach innen gerichtet ist, die ich mit mir selbst ausmache, also was ich mit meinem
Gewissen vereinbaren kann oder nicht.
Ethik oder auch Sitte kann man nach herrschender Auffassung als Lehre von
sittlichem Wollen und Handeln des Menschen in verschiedenen Lebensbereichen
sehen. Im Unterschied zur Moral treten Sitte und Ethik auch nach außen in
Erscheinung. Dabei geht es insbesondere um das Verhalten einer bestimmten
Gruppe, etwa einer Volksgruppe, einer Altersgruppe oder einer Berufsgruppe. Im
gegebenen Kontext ist dies der sog. Verkehrskreis der PsychotherapeutInnen.
28
Der Unterschied zum rechtlichen Bereich, in dem auch Außenwirkung erzielt wird,
ist, dass rechtliche Anordnungen im Gegensatz zu ethischen Anordnungen
verbindlich, also im äußersten Fall einen Zwangscharakter entwickeln und mit Hilfe
staatlicher Gewalt (vgl. das staatliche Gewaltmonopol) durchsetzbar sind.
Gibt es im Bereich der Psychotherapie Schnittstellen?
Dazu ist auf das im Psychotherapiegesetz verankerte ethische Verhalten
hinzuweisen, wonach gemäß §§ 14 ff Psychotherapiegesetz die Ausübung des
psychotherapeutischen Berufes nach bestem Wissen und Gewissen und unter
Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft zu erfolgen hat.
Was ist eigentlich Stand der Wissenschaft?
Die Frage der Wissenschaftlichkeit der Psychotherapie ist nicht nur ein rein
universitärer Wissenschaftsbegriff. Der Wissenschaftsbegriff der Psychotherapie und
des Psychotherapiegesetzes ist ein weiterer. Dadurch, dass seit Freud
Psychotherapie traditionell in privaten Vereinen tradiert und überliefert wurde, gibt
es einen außeruniversitären Zugang zur Wissenschaftlichkeit. Von
besonderer Bedeutung ist dabei der Psychotherapiebeirat, der Gutachten erstattet,
ob eine bestimmte Psychotherapiemethode als wissenschaftlich anzusehen ist (vgl.
die Kriterien der Effizienz- und Effiktivitätsprüfung etc.).
Darüber hinaus gilt, dass eine Methode sich dann wissenschaftlich entwickelt, wenn
sie bei führenden Kongressen, von führenden Fachzeitschriften und führenden
Fachwissenschaftern vertreten wird, ihr Wert in der Wissenschaft nicht überwiegend
und ernsthaft bestritten wird und keine grundsätzlichen sozialen und ethischen
Bedenken bestehen. Alles andere wäre eine sogenannte Außenseitermethode.
Was bedeutet „nach bestem Wissen und Gewissen“ tätig zu sein?
Eine wichtige Orientierungshilfe für ein solches Verfahren bietet der Berufskodex für
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dieser ist ein Kompendium der
berufsethischen Handlungsanleitungen, Empfehlungen und Verhaltensmaß-regeln
für das Tätigsein von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Wie verbindlich ist der Berufskodex?
Es kann von einer sogenannten indirekten Verbindlichkeit (vgl. das System der
sogenannten Ö-Normen etwa in technischen Bereichen) ausgegangen werden. Das
bedeutet, dass im Anlassfall (Beschwerdefall) in der Frage, ob ein Kunstfehler bzw.
ein Behandlungsfehler begangen wurde, zu prüfen sein wird (idR mit Hilfe von
Sachverständigengutachten), ob sorgfaltswidriger Weise von Psychotherapeutinnen
und Psychotherapeuten vom Berufskodex abgewichen worden ist. Je weiter das
Verhalten vom Berufskodex abweicht, desto gravierender der Vorwurf der
Sorgfaltswidrigkeit und damit der Vorwurf, den psychotherapeutischen Beruf eben
gerade nicht nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der
Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft ausgeübt zu haben.
Solchem Fehlverhalten kann man sich entziehen, indem man sich an den
Sorgfaltsmaßstab des Berufskodexes hält, der das aktuelle, dem Stand der
Wissenschaft entsprechende Verhalten, zusammengefasst hat.
29
Wie ist die Vorgangsweise in einem Beschwerdefall?
Neben den ordentlichen Gerichten sind vor allem Patientenanwaltschaften der
Länder sowie Ethik-, Beschwerde- und Schlichtungsstellen der jeweiligen
Berufsgruppen zu nennen, die in Auseinandersetzungen über mögliche
„Kunstfehler“, eine außergerichtliche Klärung und Schlichtung herbeizuführen sollen.
Überwiegend sind diese Verfahren vom Gedanken der Freiwilligkeit aller Beteiligten
getragen.
Gleichzeitig korrespondiert die Berufspflicht der „Berufsausübung nach bestem
Wissen und Gewissen nach dem Stand der Wissenschaft“ mit der Hauptleistungspflicht aus dem Behandlungsvertrag nach dem „Bemühen um Herstellung eines
Behandlungserfolges“. Darüber hinaus werden die übrigen Berufspflichten auch als
Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag gesehen und ergänzen damit die
Hauptleistungspflicht der Psychotherapeutinnen.
Daraus ergeben sich die konkreten Verpflichtungen:
1. ausschließlich jene Leistungen anzubieten, für die eine entsprechende
Qualifikation und Kompetenz erworben worden ist,
2. das eigene Erleben und Verhalten in der beruflichen Tätigkeit in fortlaufender
oder periodischer Supervision zu reflektieren,
3. nach den Grundsätzen der wissenschaftlichen Redlichkeit die Wirkung der
eigenen Arbeit zu überprüfen; den kollegialen Austausch, die kritische Reflexion
und den fachlichen Diskurs insbesondere auch bei der Weiter- und
Neuentwicklung therapeutischer Erkenntnisse und Verfahren zu
suchen,
4. zu einem verantwortlichen Umgang mit dem besonderen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis in der therapeutischen Beziehung, wobei jeglicher Missbrauch
dieses Vertrauensverhältnisses und der im Behandlungsverlauf bestehenden,
vorübergehend vielleicht sogar verstärkten Abhängigkeit der Patientin oder des
Patienten von der behandelnden Person einen schwerwiegenden Verstoß gegen
diese Berufspflicht darstellt.
Sollten diese Verpflichtungen massiv verletzt werden, kann als eine Konsequenz die
Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für die Erlangung und Aufrechterhaltung
der Berufsberechtigung wegfallen, wobei das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen der
Vertrauenswürdigkeit im Rahmen eines Austragungs-verfahrens zu prüfen sein
würde.
Der unbestimmte Gesetzesbegriff der Vertrauenswürdigkeit ist grundsätzlich mittels
der aus der Rechtsordnung unter Heranziehung der jeweiligen gesellschaftlichen
Vorstellungen abzuleitenden Wertungen auszulegen. Bei der Prüfung der
Vertrauenswürdigkeit kommt es darauf an, ob das Gesamtverhalten geeignet ist,
Vertrauen in die konkrete Berufsausübung zu erwecken. Dabei ist ein strenger
Maßstab anzulegen.
Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der
Vertrauenswürdigkeit gelegen sind, weil es nur darauf ankommt, ob das
erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Betreffenden zukommt oder nicht.
Der Betreffende muss auch für die Zukunft Gewähr für die Erfüllung der
bestehenden besonderen Anforderungen an die Ausübung des betreffenden Berufes
bieten können.
30
In diesem Kontext ist auch das Vertrauen der Allgemeinheit zum Betreffenden zu
berücksichtigen. Der entscheidende Gesichtspunkt ist hierbei, dass sich die
zuständige Behörde auf die Vertrauenswürdigkeit des Betreffenden bei der
Ausübung des Berufes verlassen können muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht
möglich ist.
Zur Strafbarkeit des sexuellen Missbrauchs
Auszug aus dem Strafgesetzbuch
Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses
§ 212. (1) Wer
1. mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person,
seinem minderjährigen Wahlkind, Stiefkind oder Mündel oder
2. mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht
untersteht, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine
geschlechtliche Handlung vornimmt oder von einer solchen Person an sich
vornehmen lässt oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder
zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst
vorzunehmen,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer
1. als Arzt, klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut,
Angehöriger eines Gesundheits- oder Krankenpflegeberufes oder Seelsorger mit
einer berufsmäßig betreuten Person,
2. als Angestellter einer Erziehungsanstalt oder sonst als in einer Erziehungsanstalt
Beschäftigter mit einer in der Anstalt betreuten Person oder
3. als Beamter mit einer Person, die seiner amtlichen Obhut anvertraut ist,
unter Ausnützung seiner Stellung dieser Person gegenüber eine geschlechtliche
Handlung vornimmt oder von einer solchen Person an sich vornehmen lässt oder,
um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu
verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen.
Bei § 212 StGB handelt es sich in allen Begehungsformen um ein eigenhändiges
Sonderdelikt. Unmittelbarer Täter kann daher nur sein, wer die geforderte
Subjektsqualität, also die besondere Autoritätsstellung besitzt und die
Tathandlungen unmittelbar ausführt. Damit zählen Personen, die die Psychotherapie
trotz Verlust der Berufsberechtigung widerrechtlich ausüben, Personen, die
vortäuschen, zur Ausübung der Psychotherapie berechtigt zu sein sowie Personen,
die in psychotherapeutischer Ausbildung stehen, mangels der erforderlichen
Täterqualität nicht zu den in § 212 Abs 2 Z 1 StGB aufgezählten Tatsubjekten.
„Berufsmäßig betreut“ ist eine Person im vorliegenden Kontext dann, wenn sie von
einem Psychotherapeuten/einer Psychotherapeutin im Rahmen der
Berufsausübung gemäß § 1 Psychotherapiegesetz psychotherapeutisch betreut wird.
Dies kann auch in Form einer Beratung oder Supervision geschehen.
Im Rahmen des § 212 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB ist zudem ausdrückliche
Voraussetzung der Strafbarkeit, dass PsychotherapeutInnen unter Ausnützung der
ihnen zukommenden Autoritätsstellung gehandelt haben. Es genügt nicht, dass das
Autoritätsverhältnis kausal für die geschlechtliche Handlung war, etwa weil dem
Täter das Opfer sonst gar nicht bekannt geworden wäre, sodass es nicht ausreicht,
wenn der Täter eine durch seine Autoritätsstellung „gebotene Gelegenheit“ ausnützt.
31
Nach Beendigung des berufsmäßigen Betreuungsverhältnisses wird jedoch eine
derartige Autoritätsstellung regelmäßig nicht mehr bestehen, weshalb § 212 StGB in
diesem Fall nicht anzuwenden sein wird. Dies bedeutet jedoch auch, dass es nicht
nur auf das Ende des Betreuungs-verhältnisses ankommt, sondern auch, dass die
einstige Autoritätsstellung weggefallen sein muss. Eine Einzelfallprüfung ist daher
stets erforderlich.
Das Eingehen sexueller Beziehungen von PsychotherapeutInnen entwertet
regelmäßig die vorangegangene Psychotherapie, sodass die Gefahr besteht, dass ein
möglicher Behandlungserfolg nachträglich zunichte gemacht wird und PatientInnen
geschädigt werden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass bei
einschlägigen Sachverhalten die erforderliche Vertrauenswürdigkeit als
Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Berufsberechtigung auch dann in Frage
zu stellen ist, wenn der Tatbestand des § 212 StGB nicht erfüllt ist.
Bei der berufsrechtliche Prüfung nach dem Psychotherapiegesetz ist über die
spezifischen strafrechtlichen Anforderungen hinaus insgesamt die Verlässlichkeit des
Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin in seine (ihre) Berufsausübung,
insbesondere auch unter Miteinbeziehung des berechtigten Vertrauens der
Allgemeinheit auf eine Berufsausübung nach bestem Wissen und Gewissen, zu
berücksichtigen. In diesem Zusammenhang stellt der Berufskodex für
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einen zentralen Prüfmaßstab dar.
Zur Frage der Vertrauenswürdigkeit als Voraussetzung für die
Berufsausübung
Der Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (Richtlinie des
Bundesministeriums für Gesundheit auf Grundlage von Gutachten des
Psychotherapiebeirates), veröffentlicht unter www.bmg.gv.at, der eine
Konkretisierung der im Psychotherapiegesetz festgelegten Berufspflichten unter
besonderer Berücksichtigung der allgemeinen psychotherapeutischen
Standespflichten darstellt und unmittelbar für die Gesetzesinterpretation
heranzuziehen ist, hält bereits in der Präambel (Seite 2f) ausdrücklich fest, dass von
Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in der Ausübung ihres Berufes ein
besonders verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Person, mit der
psychotherapeutischen Aufgabe sowie mit jenen Menschen gefordert wird, mit
denen sie durch die Psychotherapie in eine besondere Beziehung eintreten.
In diesem Zusammenhang wird auch die besondere gesellschaftliche Verantwortung
der Psychotherapeuten hervorgehoben, wozu vor allem das Bemühen um Förderung
und Wahrung des Ansehens des psychotherapeutischen Berufsstandes gehört, um
so das für die Erfüllung der psychotherapeutischen Aufgabe unabdingbare Vertrauen
zwischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einerseits und
psychotherapiebedürftigen Menschen andererseits zu erhalten und diesem Vertrauen
tatsächlich gerecht werden zu können.
Unter Punkt I „Der psychotherapeutische Beruf“ (Seite 3f) wird festgehalten, dass
die Verantwortung von Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen die Achtung
vor der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen und den Respekt vor
dessen Einstellungen und Werthaltungen mit einschließt. In diesem Kontext haben
sie sich auch um die Fortentwicklung der eigenen Kompetenz zu bemühen, mit den
eigenen Kräften, Fähigkeiten und Grenzen verantwortungsvoll umzugehen und das
eigene Verhalten unter ethischen Gesichtspunkten zu reflektieren.
32
Einer der zentralen Punkte des Schutzes der spezifischen psychotherapeutischen
Beziehung liegt in der Verantwortung angesichts der besonderen
Abhängigkeitssituation. Der Berufskodex macht unter Punkt III
„Vertrauensverhältnis, Aufklärungs- und besondere Sorgfaltspflichten in der
psychotherapeutischen Beziehung“ (Seite 7f) unmissverständlich deutlich, dass die
persönliche Weltanschauung, wie z.B. auch die religiöse Einstellung, der
Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten nicht aktiv und steuernd in den
Behandlungsprozess einfließen darf:
Punkt III.9
die Verpflichtung der Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes und
das Recht der Patientinnen oder der Patienten auf einen verantwortlichen
Umgang mit dem besonderen Vertrauens- und
Abhängigkeitsverhältnis in der psychotherapeutischen Beziehung:
- jeglicher Missbrauch dieses Vertrauensverhältnisses und der im
Psychotherapieverlauf bestehenden, vorübergehend vielleicht sogar
verstärkten Abhängigkeit der Patientin oder des Patienten von der
Psychotherapeutin oder dem Psychotherapeuten stellt einen
schwerwiegenden Verstoß gegen die ethischen Verpflichtungen der
Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes dar;
- Missbrauch liegt dann vor, wenn Angehörige des
psychotherapeutischen Berufes ihren psychotherapeutischen
Aufgaben gegenüber den Patientinnen oder den Patienten
untreu werden, um ihre persönlichen Interessen, insbesondere
sexueller, wirtschaftlicher, sozialer, emotionaler, politischer
oder religiöser Natur zu befriedigen;
daraus ergibt sich auch die Verpflichtung der Angehörigen des
psychotherapeutischen Berufes, dementsprechend alle Verstrickungen mit
den Patientinnen oder den Patienten zu meiden;
- für den Fall, dass sich während einer Psychotherapie seitens der
Psychotherapeutin oder des Psychotherapeuten eine nicht auflösbare
emotionale Verstrickung (wie z.B. Verliebtheit, Ablehnung,
Identifikation) abzeichnet, besteht die Verpflichtung, den
Eigenanteil zu reflektieren (insbesondere durch Supervision,
Intervision, Selbsterfahrung) und zu klären, ob der
psychotherapeutische Prozess noch verantwortlich
weitergeführt werden kann; sollte dies nicht der Fall sein, ist die
Psychotherapie umgehend zu beenden und dafür Sorge zu tragen, dass
die Patientin (der Patient) den psychotherapeutischen Prozess
woanders weiterführen kann und somit auch einen Ort der Reflexion
über das aktuelle Geschehen erhält;
- die Verantwortung für die Vermeidung von Verstrickungen liegt allein
bei den Angehörigen des psychotherapeutischen Berufes und kann
nicht den Patientinnen und Patienten übertragen werden;
- entsprechende Verstöße gegen die Berufsethik sind geeignet, die
Vertrauenswürdigkeit der Angehörigen des psychotherapeutischen
Berufes ernsthaft in Frage zu stellen
Wenn also Patientinnen/Patienten das Thema Religion, Gebete, spirituelle Rituale als
für sich selbst wesentlich „mit in die Stunde bringen“, gilt es – wie wohl bei allen
anderen Themen auch – gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten zu verstehen,
welche Bedeutung dieses für sie (ihn) und in ihrem (seinem) Leben hat und unter
Umständen einen Bezug zur konkreten (Leidens-)Situation herzustellen.
33
Aktives Einbringen solcher Ansätze und Handlungen wie beispielsweise Gebete,
esoterische Rituale durch die Psychotherapeutin/den Psychotherapeuten verstößt
gegen die psychotherapeutische Berufsethik im oben beschriebenen Sinn.
Wenn andere intensive Kontakte und gemeinsame Kontexte (wie z.B. gemeinsame
Gebetsgruppen) zwischen der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten und der
Patientin/dem Patienten entstehen, gilt ebenfalls die im Berufskodex normierte
Regelung, also dies für sich in einer Supervision zu klären und, falls diese Kontakte
bzw. Kontexte nicht gelöst werden können, die Psychotherapie verantwortungsvoll
zu beenden.
In Punkt IX des Berufskodex ist über den Umgang mit Verstößen gegen den
Berufskodex Folgendes festgelegt:
„Von einer Frage oder Beschwerde betroffene Psychotherapeuten und
Psychotherapeutinnen sind verpflichtet, an der Klärung aktiv mitzuwirken.
…
Bei schweren Verstößen gegen den Berufskodex kann der
Psychotherapiebeirat nach entsprechender Prüfung der Fälle gutachterlich
eine Verwarnung, vorübergehende Kontrollen oder die bescheidmäßige
Streichung aus der Psychotherapeutenliste empfehlen. Die Behandlung solch
schwerwiegender Fälle obliegt dem Beschwerdeausschuss des
Psychotherapiebeirats.“
Die Richtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Frage der
Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen
Methoden des Bundesministeriums für Gesundheit auf Grundlage eines Gutachtens
des Psychotherapiebeirates vom 17.06.2014, veröffentlicht unter www.bmg.gv.at,
hält ausdrücklich fest, dass alle Arten von esoterischen, spirituellen und religiösen
Methoden, wie z.B. Humanenergetik, Geistheilung, Schamanismus und viele andere
von der Psychotherapie zu unterscheiden und strikt zu trennen sind. Diese können
nicht Teil einer Psychotherapie sein. Die Frage der Abgrenzung der Psychotherapie
von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden kann mit Bezug auf das
Psychotherapiegesetz und den Berufskodex für Psychotherapeutinnen und
Psychotherapeuten, erörtert und beantwortet werden. Der Fokus ist dabei auf den
Schutz der psychotherapeutischen Beziehung unter Wahrung der
psychotherapeutischen Berufsethik und die Psychotherapie als wissenschaftlich
fundierte Krankenbehandlung zu richten.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 16.10.2002, 99/03/0147,
VwGH 18.7.2002, 99/09/0107, VwGH 4.4.2001, 2001/09/0040 und VwGH
27.09.2007, 2006/11/0230) ergeben sich – ausgehend davon, dass eine Person
dann vertrauenswürdig ist, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und
Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das
Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu
rechtfertigen vermag – folgende wesentliche Merkmale der erforderlichen
Vertrauenswürdigkeit als Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut:
•
Die Psychotherapeutin bzw. der Psychotherapeut muss auch für die
Zukunft Gewähr für die Erfüllung der bestehenden besonderen
Anforderungen an die Ausübung der Psychotherapie bieten können;
34
•
•
•
für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit ist das Gesamtverhalten der
Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten darauf hin zu prüfen, ob
es geeignet ist, Vertrauen in die psychotherapeutische Berufsausübung zu
wecken, bzw. ob der Betreffende bei der Erfüllung der
psychotherapeutischen Berufspflichten als verlässlich angesehen werden
kann;
entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten auf ein Persönlichkeitsbild
schließen lässt, das mit jenen Interessen in Einklang steht, deren
Wahrung dem Bundesminister für Gesundheit als der für
Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen zuständigen Behörde
obliegt;
in diesem Kontext ist auch das Vertrauen der Allgemeinheit zu einer
Psychotherapeutin bzw. einem Psychotherapeuten zu berücksichtigen und
der entscheidende Gesichtspunkt hierbei ist, dass sich der
Bundesminister/die Bundesministerin für Gesundheit auf die
Vertrauenswürdigkeit einer Psychotherapeutin bzw. eines
Psychotherapeuten bei der Ausübung der Psychotherapie verlassen
können muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist.
In Ausübung ihres Berufes wird von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
ein besonders verantwortungsvoller Umgang mit der eigenen Person, mit der
psychotherapeutischen Aufgabe, sowie mit jenen Menschen gefordert, mit denen sie
durch die Psychotherapie in eine besondere Beziehung treten.
Veröffentlichungen von Richtlinien – unter www.bmg.gv.at
1. Anerkennungsrichtlinie, Kriterien für die Anerkennung als
psychotherapeutische Ausbildungseinrichtung des BMG auf Grundlage eines
Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Nr.
1/1992, S 35 ff.
2. Ausbildungsvertragsrichtlinie, Kriterien zur Ausgestaltung von
Ausbildungs-verträgen im psychotherapeutischen Fachspezifikum des BMG
auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht im
Psychotherapie Forum, Vol. 10, Supplement 3, Nr. 3/2002, S 44 ff.
3. Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG
auf Grundlage von Gutachten des Psychotherapiebeirates, zuletzt vom zuletzt vom
13.03.2012.
4. Diagnostik-Leitlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 15. Juni
2004, veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 3, Nr. 3/2005;
S 82 ff.
5. Fort- und Weiterbildungsrichtlinie für Psychotherapeutinnen und
Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des
Psychotherapiebeirates veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 8, Suppl. 3, Nr.
3/2000, S 89ff sowie in den Mitteilungen der Sanitätsverwaltung, Heft 7/2001, S 26.
6. Gutachterrichtlinie Kriterien für die Erstellung von Gutachten durch
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines
Gutachtens des Psychotherapiebeirates bisher veröffentlicht im Psychotherapie
Forum, Vol. 10, Supplement 4, Nr. 4/2002, S 96 ff.
35
7. Internetrichtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten,
Kriterien zur Ausgestaltung der psychotherapeutischen Beratung via
Internet des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates,
veröffentlicht im Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 2, Nr. 2/2005, S 43 ff.
8. LehrtherapeutInnen-Richtlinie für das Fachspezifikum, Kriterien für die
Bestellung von Lehrpersonen für das psychotherapeutische Fachspezifikum
des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, veröffentlicht
im Psychotherapie Forum, Vol. 9, Supplement 2, Nr. 2/2001, S 46-47, ergänzt und
aktualisiert am 05.08.2010.
9.Manual - Psychotherapeutischer Status zur Diagnostik-Leitlinie für
Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG auf Grundlage eines
Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 19. April 2005, veröffentlicht im
Psychotherapie Forum, Vol. 13, Supplement 3, Nr. 3/2005, S 97 ff.
10.Supervisionsrichtlinie Kriterien für die Ausübung psychotherapeutischer
Supervision durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten des BMG
auf Grundlage eines Beschlusses des Psychotherapiebeirates vom 06.10.2009.
11.Visitationsrichtlinie Richtlinie zur Überprüfung propädeutischer und
fachspezifischer Ausbildungseinrichtungen im Rahmen der
Qualitätssicherung des BMG auf Grundlage eines Gutachtens des
Psychotherapiebeirates vom 14.12.2004.
12.Werberichtlinie Richtlinie für Psychotherapeutinnen und
Psychotherapeuten über das Verhalten in der Öffentlichkeit des BMG auf
Grundlage des Gutachtens des Psychotherapiebeirates vom 14.12.2010.
13.Richtlinie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zur Frage
der Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und
religiösen Methoden des BMG auf Grundlage des Gutachtens des
Psychotherapiebeirates vom 17.06.2014
14.Richtlinie für die psychotherapeutische Arbeit mit Säuglingen, Kindern
und Jugendlichen des BMG auf Grundlage des Gutachtens des
Psychotherapiebeirates vom 02.12.2014
Fortbildungspflicht
Weiters ergibt sich die Pflicht, sich durch entsprechende Fortbildung durch den
Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen über den aktuellen
Stand der erlernten und ausgeübten Methoden zu informieren, sich damit kritisch
auseinander zu setzen und ihn eigenverantwortlich in der eigenen
Tätigkeit zu berücksichtigen. Der regelmäßige Besuch von Fortbildungsveranstaltungen in der Dauer von mindestens 150 Einheiten im Zeitraum von fünf
Jahren kann als allgemein akzeptierter Richtwert im Bereich der Psychotherapie
genannt werden. Absolvierte Weiterbildungen sind zum Teil ebenso anrechenbar,
wie etwa Literaturstudium oder eine weitere Ausbildung etc.
36
Kooperationspflicht
Daraus ergibt sich für PsychotherapeutInnen die konkrete Verpflichtung zur sorgfältigen Abklärung der Verhaltensstörungen oder Leidenszustände, wozu
gegebenenfalls auch die Konsultation anderer Berufsgruppen des
Gesundheitswesens (Angehörige des ärztlichen, klinisch-psychologischen Berufes
u.a.) erforderlich ist.
Beispiel - Kinder- und Opferschutzgruppen in Krankenanstalten
Grundsatzbestimmung
§ 8e Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957, in der Fassung
von BG BGBl. I Nr. 35/2004, in Kraft getreten am 29.04.2004, geändert durch BGBl.
I Nr. 69/2011
„§ 8e. (1) Durch die Landesgesetzgebung sind die Träger der nach ihrem
Anstaltszweck und Leistungsangebot in Betracht kommenden Krankenanstalten zu
verpflichten, Kinderschutzgruppen einzurichten. Für Krankenanstalten, deren Größe
keine eigene Kinderschutzgruppe erfordert, können Kinderschutzgruppen auch
gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet werden.
(2) Der Kinderschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von Gewalt
an oder Vernachlässigung von Kindern und die Sensibilisierung der in Betracht
kommenden Berufsgruppen für Gewalt an Kindern sowie die Früherkennung von
häuslicher Gewalt an Opfern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(3) Der Kinderschutzgruppe haben jedenfalls als Vertreter des ärztlichen Dienstes
ein Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde oder ein Facharzt für Kinderchirurgie,
Vertreter des Pflegedienstes und Personen, die zur psychologischen Betreuung oder
psychotherapeutischen Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind, anzugehören.
Die Kinderschutzgruppe kann, gegebenenfalls auch im Einzelfall, beschließen, einen
Vertreter des zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers beizuziehen.
(4) Durch die Landesgesetzgebung sind die Träger der nach ihrem Anstaltszweck
und Leistungsangebot in Betracht kommenden Krankenanstalten zu verpflichten,
Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher Gewalt einzurichten. Für
Krankenanstalten, deren Größe keine eigene Opferschutzgruppe erfordert, können
Opferschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet
werden.
(5) Den Opferschutzgruppen obliegen insbesondere die Früherkennung von
häuslicher Gewalt und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden
Berufsgruppen für häusliche Gewalt.
(6) Der Opferschutzgruppe haben jedenfalls zwei Vertreter des ärztlichen Dienstes,
die bei einem entsprechenden Leistungsangebot Vertreter der Sonderfächer
Unfallchirurgie sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu sein haben, anzugehören.
Im Übrigen haben der Opferschutzgruppe Angehörige des Pflegedienstes und
Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen
Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind, anzugehören. …
37
Ausführungsbestimmungen
Oberösterreichisches Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl.Nr. 99/2005, geändert
durch LGBl.Nr. 70/2012, In Kraft getreten am 10.09.2005
„§ 18 a (Kinder- und Opferschutzgruppen)
(1) Die Rechtsträger der Sonderkrankenanstalten für Kinder- und Jugendheilkunde
und der allgemeinen Krankenanstalten, die über eine Abteilung oder sonstige
Organisationseinheit für Kinder- und Jugendheilkunde verfügen, sind verpflichtet,
Kinderschutzgruppen einzurichten. Für Krankenanstalten mit Abteilungen oder
sonstigen Organisationseinheiten für Kinder- und Jugendheilkunde mit nicht mehr
als 25 Betten können Kinderschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen
Krankenanstalten eingerichtet werden.
(2) Der Kinderschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von Gewalt
an oder Vernachlässigung von Kindern und die Sensibilisierung der in Betracht
kommenden Berufsgruppen für Gewalt an Kindern sowie die Früherkennung von
häuslicher Gewalt an Opfern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(3) Der Kinderschutzgruppe haben jedenfalls anzugehören:
1. als Vertreter des ärztlichen Dienstes ein Facharzt für Kinder- und
Jugendheilkunde oder ein Facharzt für Kinderchirurgie;
2. als Vertreter des Pflegedienstes eine diplomierte Kinderkrankenschwester
oder ein diplomierter Kinderkrankenpfleger;
3. Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen
Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind.
(4) Die Kinderschutzgruppe kann, gegebenenfalls auch im Einzelfall, beschließen,
einen Vertreter des zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers beizuziehen. Die Tätigkeit
der Kinderschutzgruppe ist schriftlich zu dokumentieren.
(5) Die Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalten sind verpflichtet,
Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher Gewalt einzurichten. Für
Krankenanstalten, deren Größe keine eigene Opferschutzgruppe erfordert, können
Opferschutzgruppen auch gemeinsam mit anderen Krankenanstalten eingerichtet
werden.
(6) Der Opferschutzgruppe obliegen insbesondere die Früherkennung von häuslicher
Gewalt und die Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen für
häusliche Gewalt.
(7) Der Opferschutzgruppe haben jedenfalls anzugehören:
1. zwei Vertreter des ärztlichen Dienstes, die bei einem entsprechenden
Leistungsangebot Vertreter der Sonderfächer Unfallchirurgie sowie
Frauenheilkunde und Geburtshilfe zu sein haben;
2. als Vertreter des Pflegedienstes eine diplomierte Krankenschwester oder ein
diplomierter Krankenpfleger;
3. Personen, die zur psychologischen Betreuung oder psychotherapeutischen
Versorgung in der Krankenanstalt tätig sind. …
38
10. Zur Einholung der Zustimmung des Behandelten oder seines
gesetzlichen Vertreters und zur Aufklärungs- und Auskunftspflicht
Auszug aus dem Strafgesetzbuch
Eigenmächtige Heilbehandlung
§ 110. (1) Wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln
der medizinischen Wissenschaft, behandelt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) Hat der Täter die Einwilligung des Behandelten in der Annahme nicht eingeholt,
daß durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des
Behandelten ernstlich gefährdet wäre, so ist er nach Abs. 1 nur zu bestrafen, wenn
die vermeintliche Gefahr nicht bestanden hat und er sich dessen bei Aufwendung der
nötigen Sorgfalt (§ 6) hätte bewußt sein können.
(3) Der Täter ist nur auf Verlangen des eigenmächtig Behandelten zu verfolgen.
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 14. (3) Der Psychotherapeut darf nur mit Zustimmung des Behandelten oder
seines gesetzlichen Vertreters Psychotherapie ausüben.
Daraus ergibt sich die konkrete Verpflichtung
1. zur Wahrung der freien Wahl der Therapeutin oder des Therapeuten
2. zur strikten Wahrung der Freiwilligkeit der Behandlung (keine Behandlung ohne
Einwilligung der Patientin oder des Patienten)
3. zur umfassenden Aufklärung über Art und Umfang der geplanten Behandlung;
diese Aufklärung hat auch das Setting, die Frequenz, die allfällige Gesamtdauer soweit abschätzbar -, die Honorierung, Urlaubsregelung und alle sonstigen
Informationen zu umfassen, die zur Klärung des besonderen Vertragsverhältnisses erforderlich sind.
Auskunftspflicht
§ 14. (4) Der Psychotherapeut ist verpflichtet, dem Behandelten oder seinem
gesetzlichen Vertreter alle Auskünfte über die Behandlung, insbesondere über Art,
Umfang und Entgelt, zu erteilen.
(4a) Im Rahmen der Auskunftspflicht gemäß Abs. 4 hat der Psychotherapeut über
die von ihm zu erbringende psychotherapeutische Leistung, sofern nicht eine direkte
Abrechnung mit einem inländischen Träger der Sozialversicherung oder der
Krankenfürsorge erfolgt, eine klare Preisinformation zur Verfügung zu stellen und
nach erfolgter psychotherapeutischer Behandlung eine Rechnung auszustellen. Der
Psychotherapeut hat sicherzustellen, dass in jedem Fall die dem Behandelten im
Sinne der Richtlinie 2011/24/EU gelegte Rechnung nach objektiven,
nichtdiskriminierenden Kriterien ausgestellt wird.
Selbstbestimmungsaufklärung
Es geht um die Vermittlung der Informationen, die der Patient braucht, um Wesen,
Bedeutung und Tragweite einer therapeutischen Maßnahme zu erfassen.
Der Patient soll somit in der Lage sein, alle Für und Wider einer Behandlung
gegeneinander abwägen zu können und dient somit der Vorbereitung einer
konkreten Entscheidung des Patienten und dient damit der Gewährleistung des
Selbstbestimmungsrechts.
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Die Selbstbestimmungsaufklärung setzt sich aus den folgenden Aufklärungsschritten
zusammen:
a) Diagnoseaufklärung:
Diese hat erst stattzufinden, wenn eine Diagnose gesichert ist (nicht also bei bloßer
Verdachtsdiagnose), da der Patient nicht unnötig verunsichert werden soll.
b) Behandlungsaufklärung:
Der Patienten soll über Wesen, Umfang, Schweregrad und Dringlichkeit der
geplanten Therapie ebenso wie über Erfolgsaussichten, allfällige Folgewirkungen,
aber auch die Möglichkeit einer alternativen Behandlungsmethode informiert
werden. Dazu gehört weiters die Information des Patienten, welche Gefahren bei
Unterlassung der gebotenen Behandlung/Therapie drohen.
c) Risikoaufklärung:
Es ist über allfällige Gefahren der Behandlung aufzuklären.
Sicherungsaufklärung
Damit ist die Vermittlung all jener Informationen gemeint, die zur Sicherstellung des
Heilerfolges erforderliche sind.
Ziel der Sicherungsaufklärung ist die Optimierung der Mitwirkung des Patienten im
Verlauf der Behandlung, damit der bestmögliche Behandlungserfolg erzielt und
Schäden verhindert werden können.
11. Zur Dokumentationspflicht
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
Dokumentationspflicht
§ 16a. (1) Der Psychotherapeut hat über jede von ihm gesetzte psychotherapeutische
Maßnahme Aufzeichnungen zu führen. Die Dokumentation hat insbesondere folgende
Inhalte, sofern sie Gegenstand der Behandlung oder für diese bedeutsam geworden sind,
zu umfassen:
1. Vorgeschichte der Problematik und der allfälligen Erkrankung sowie die bisherigen
Diagnosen und den bisherigen Krankheitsverlauf,
2. Beginn, Verlauf und Beendigung der psychotherapeutischen Leistungen,
3. Art und Umfang der diagnostischen Leistungen, der beratenden oder
behandelnden Interventionsformen,
4. vereinbartes Honorar und sonstige weitere Vereinbarungen aus dem
Behandlungsvertrag, insbesondere mit allfälligen gesetzlichen Vertretern,
5. erfolgte Aufklärungsschritte und nachweisliche Informationen,
6. Konsultationen von Berufsangehörigen oder anderen Gesundheitsberufen,
7. Übermittlung von Daten und Informationen an Dritte, insbesondere an
Krankenversicherungsträger,
8. allfällige Empfehlungen zu ergänzenden ärztlichen, klinisch-psychologischen,
gesundheitspsychologischen oder musiktherapeutischen Leistungen oder anderen
Abklärungen,
9. Einsichtnahmen in die Dokumentation sowie
10. Begründung der Verweigerungen der Einsichtnahme in die Dokumentation.
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(2) Dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter sind unter besonderer
Bedachtnahme auf die therapeutische Beziehung auf Verlangen alle Auskünfte über die
gemäß Abs. 1 geführte Dokumentation sowie Einsicht in die Dokumentation zu gewähren
oder gegen Kostenersatz die Herstellung von Abschriften zu ermöglichen, soweit diese
das Vertrauensverhältnis zum Behandelten nicht gefährden.
(3) Die Dokumentation ist mindestens zehn Jahre ab Beendigung der
psychotherapeutischen Leistungen aufzubewahren. Die Führung und Aufbewahrung in
geeigneter automationsunterstützter Form ist zulässig. Der Behandelte hat das Recht auf
Richtigstellung unrichtiger Daten. Bei Erlöschen der Berufstätigkeit ist die Dokumentation
von außerhalb von Einrichtungen tätig gewesenen Berufsangehörigen für die der
Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer aufzubewahren.
(4) Im Falle des Todes von außerhalb von Einrichtungen tätig gewesenen
Psychotherapeuten ist der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger unter Wahrung des
Datenschutzes verpflichtet, die Dokumentation über psychotherapeutische Leistungen für
die der Aufbewahrungspflicht entsprechende Dauer gegen Kostenersatz
1. einem vom verstorbenen Berufsangehörigen rechtzeitig dem Bundesministerium
für Gesundheit schriftlich benannten, außerhalb einer Einrichtung tätigen
Berufsangehörigen, der in diese Benennung und Pflichtenübernahme schriftlich
eingewilligt hat, oder
2. sofern diese Erfordernisse nicht vorliegen, vom Bundesministerium für Gesundheit
zu bestimmenden Dritten
zu übermitteln.
(5) Personen gemäß Abs. 4 treten in die Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation ein
und unterliegen der Verschwiegenheitspflicht (§ 15). Auf Verlangen des Behandelten
haben sie die diese Person betreffende Dokumentation dieser auszuhändigen.
Verpflichtete
Ist eine Person freiberuflich tätig, so trifft sie die Dokumentationspflicht selbst.
Nach § 10 Abs. 2 Z 2 lit. a Krankenanstalten und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr.
1/1957, bzw. den einzelnen Landeskrankenanstaltengesetzen haben die
Krankenanstalten verschiedene Formen der Dokumentation (Aufnahmebücher,
Krankengeschichte, Operationsniederschriften, Obduktionsniederschriften etc.)
anzulegen. Die Führung der Krankengeschichte obliegt dann dem jeweils fachlich
Verantwortlichen, für den psychotherapeutischen Prozess PsychotherapeutInnen.
Zu den Inhalten
Geschäfts- und Einwilligungsfähigkeit
Eine Dokumentation von Geschäfts- und Einwilligungsfähigkeit hat dann im Einzelfall
zu erfolgen, wenn sie vom Sachverhalt her angezeigt ist (vgl. Minderjährige oder
Personen, für die eine Sachwalterschaft besteht). Besonderheiten für die
Dokumentation der Einwilligung können sich auch im Rahmen von Behandlungen im
Rahmen des Maßnahmenvollzuges oder einer Unterbringung ohne Verlangen
ergeben.
Anfangsdokumentation
Zu erfassen sind Grunddaten der PatientInnen:
• Name
• Adresse
• Geburtsdatum
• Sozialversicherungsnummer, soweit für Kostenerstattung erforderlich
• allfällige gesetzliche VertreterInnen etc.
41
Eine wirksame Einwilligung erfordert eine ausreichende und dann dokumentierte
Aufklärung über wesentliche Therapieparameter für den „informed consent“.
Es handelt sich dabei grundsätzlich auch um wesentliche Elemente des
Behandlungsvertrages. Die erfolgte Aufklärung der zu behandelnden Person wird
entsprechend dokumentiert und betrifft insbesondere
• Setting und Frequenz
• den zeitlichen Rahmen
• Art, Inhalt und Umfang der geplanten psychotherapeutischen Leistung
• den wirtschaftlichen Rahmen (Honorar, Finanzierung durch die soziale
Krankenversicherung, allenfalls mit Hilfe eines Formblattes)
Weiters sind insbesondere von Bedeutung:
• psychosoziale Anamnese,
• die allfällige Diagnose und Indikation zur psychotherapeutischen Behandlung)
• Zuweisungen an andere PsychotherapeutInnen,
• zugrunde liegende ärztliche und/oder klinisch-psychologische Befunde,
• Mitteilungen über frühere oder neu aufgetretene Erkrankungen,
• Informationen über Medikationen, soweit für den psychotherapeutischen
Prozess von Bedeutung,
Verlaufsdokumentation
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Behandlungsplan – Zielsetzung(en) der Therapie
Beginn, Verlauf und Beendigung der Behandlung, insbesondere, wann
Behandlungen stattgefunden haben
Behandlungsprotokolle mit für den Behandlungsverlauf und Erfolg wesentlichen
Inhalten
durchgeführte psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen, Interventionen
nach Art und Umfang der diagnostischen oder therapeutischen Leistungen
Aufzeichnungen bezüglich Einsichtnahmen in die Dokumentation wobei die
Führung der Dokumentation auch für den Zweck Einsichtnahme
allenfalls erfolgte Entbindungen von der Verschwiegenheitspflicht
Anmerkungen hinsichtlich Befunde, Mitteilungen, Empfehlungen oder
Konsultationen von BerufskollegInnen gleicher oder anderer Gesundheitsberufe
allfällige Empfehlungen zur ergänzendenärztlichen Abklärung oder Behandlung
allfällige Empfehlungen für Folgemaßnahmen und Nachbetreuungen
laufende prozess- und behandlungsbezogene methodenspezifische Diagnostik
samt psychotherapeutischem Status
allenfalls erforderliche psychotherapeutische Schlussdiagnostik
Gruppentherapie
Zu beachten ist für die Dokumentation einer Gruppentherapie, dass im Rahmen
einer Gruppensitzung Vertraulichkeit und Geheimhaltung nur bedingt im
entsprechenden Kreis gegeben sind. Die Wahrnehmung eines persönlichen
Einsichtsrechtes oder gar die Abschriftnahme erfordert es daher, die Dokumentation
so zu gestalten, dass dadurch keine persönlichen Informationen über
Gruppenteilnehmer nach außen gelangen.
Auch vom Ausmaß wird die Dokumentation bei Gruppentherapien nicht auf einzelne
Teilnehmer fokussiert sein, sondern primär den Prozessverlauf und die Themen einer
Gruppe sowie wesentliche Vorkommnisse festhalten, was ab einer gewissen
Gruppengröße auch die Teilnahme und Dokumentation durch eine Co-Therapeutin
erfordern wird.
42
Höchstpersönliche Aufzeichnungen
Höchstpersönliche Aufzeichnungen, wie etwa Hypothesen, Interpretationen,
Beobachtungen, durchgeführte und geplante Vorgangsweisen, die die behandelnde
Person auf Basis ihrer methodischen Ausbildung formuliert, subjektive Reflexionen
etc. sind getrennt geführte Bestandteile einer Dokumentation sein, die weder
verpflichtend sind noch einer Einsicht durch PatientInnen oder sonstige Dritte
unterliegen (vergleichbar einem Tagebuch).
Weitere Rahmenbedingungen für die Dokumentation
Einsichtsrecht in die Dokumentation
Die Einsichtnahme in die Dokumentation ist ein unverzichtbares Patientenrecht. Die
behandelte Person und bei gegebenen Voraussetzungen die gesetzliche
Vertretung hat jederzeit das Recht auf Einsichtnahme in diese Aufzeichnungen. Die
Informationen über das Einsichtsrecht müssen auch dann gegeben werden, wenn
PatientInnen dies selbst von sich aus nicht verlangen.
Einschränkungen des Einsichtsrechtes
Das Recht auf Einsichtnahme der behandelten Person beschränkt sich auf diese
Aufzeichnungen und erstreckt sich nicht auf die Einsichtnahme in allfällige darüber
hinausgehende höchtspersönliche Aufzeichnungen, in denen der
psychotherapeutische Prozess subjektiv reflektiert wird. Mit Ausnahme der
persönlichen Aufzeichnungen der Psychotherapeutin ist der behandelten Person oder
in begründeten Fällen der gesetzlichen Vertretung prinzipiell in die über sie
geführten Aufzeichnungen Einsicht zu gewähren. Die Beschränkung des Rechts der
Einsichtnahme in die Dokumentation auf die behandelte Person selbst erfordert im
Falle der Behandlung von Minderjährigen die sorgfältige Abwägung durch die
behandelnde Person, ob und in welchem Umfang die Dokumentation auch Eltern
bzw. sonstigen Personen, die mit der gesetzlichen Vertretung betraut sind,
zugänglich gemacht werden muss. Jedenfalls ist eine allfällige Einsichtnahme durch
die gesetzliche Vertretung und die Begründung dafür schriftlich zu dokumentieren.
Therapeutisches Privileg
Die Informationspflicht gegenüber PatientInnen oder deren VertreterInnen ist
grundsätzlich eine unbeschränkte und umfassende. Im Einzelfall kommt den
PsychotherapeutInnen jedoch die Möglichkeit der Abwägung zu, ob die Information
aus fachlich-psychotherapeutischer Rücksichtnahme allenfalls beschränkt werden
soll. Dies wird als "therapeutisches Privileg" bezeichnet, wenn die Einsichtnahme zu
einer erheblichen Gefährdung des Wohls einer betreffenden Patientin führen würde.
Die Verweigerungsgründe sind in der Dokumentation auf einem eigenen Beiblatt zu
dokumentieren. Ein pauschaler Hinweis auf therapeutische Kontraindikationen
genügt nicht. Die Einsichtsverweigerung darf nicht schon bei jeder möglichen
"Beunruhigung" des Patienten oder allein deswegen erfolgen, weil dieser an einer
psychischen Krankheit leidet.
Dauer der Aufbewahrung
Zur Dauer der Aufbewahrung sehen im Krankenanstalten-Bereich die ausführenden
Ländergesetze für Krankengeschichten (und damit auch psychotherapeutische
Behandlungen) eine Aufbewahrungsdauer von mindestens 30 Jahren, bei
ambulanter Behandlung von 10 Jahren vor. Die Gesundheitsberufe außerhalb der
43
Krankenanstalten trifft in der Regel eine mindestens 10-jährige
Aufbewahrungspflicht, die analog als verbindlicher, sachgerechter Mindeststandard
der freiberuflichen Praxis auch für die psychotherapeutische Dokumentation
anzusehen ist.
Übergabe der Dokumentation
Soweit die Behandlung nicht im Rahmen einer Einrichtung erfolgte, wird bei
Praxisschließung auch eine Übergabe an einen Nachfolger bzw. bei Tod des
PsychotherapeutInnen eine Übergabe an einen Fachkollegen denkbar sein –
andernfalls die bis dahin geheim zu haltenden Daten zu vernichten wären.
Empfohlen wird dabei konkret eine sachlich handhabbare Vorgangsweise, wie sie das
von der Fragestellung her vergleichbare Musiktherapiegesetz vorsieht.
Aufzeichnungsmedien und Umfang
Vom Umfang und von der Art kann die Dokumentation neben üblicherweise zu
führenden schriftlichen und nachvollziehbaren Aufzeichnungen auch andere Medien
und Träger von Dokumentationsinhalten umfassen, wie bspw. vereinbarte Audiound Videoaufzeichnungen oder aber Bilder und Zeichnungen des Patienten.
Formblatt für eine M E L D U N G der Dokumentationsaufbewahrung
gemäß § 16a Abs. 4 Psychotherapiegesetz
Herr/Frau
, geb. am
, meldet gemäß § 16a Abs. 4 und 5 PthG
folgende(n) Psychotherapeuten (Psychotherapeutin), der (die) im Fall seines
(ihres) Todes die verpflichtende Aufbewahrung der psychotherapeutischen
Dokumenta-tionen, die nicht der Aufbewahrungspflicht von Einrichtungen
unterliegt, übernimmt:
Familien-/Nachname:
Vorname:
Geburtsdatum:
Zustelladresse:
PLZ:
Straße:
Ort:
Tel.Nr.:
E-Mail:
Durch die Unterschrift nimmt der (die) übernahmewillige Psychotherapeut
(Psychotherapeutin) zur Kenntnis, dass
1. der Name nur im nicht-öffentlichen (behördeninternen) Teil der
Psychotherapeutenliste aufscheint;
2. im Fall des Todes des Psychotherapeuten (der Psychotherapeutin), von
dem (der) die Dokumentationen übernommen werden, Kontakt mit der
Nachlassverwaltung (Notar) aufzunehmen ist, damit in der Folge die
psychotherapeutische Dokumentation unter Wahrung des Datenschutzes
übermittelt werden kann;
3. bei Bedarf das Bundesministerium für Gesundheit eine Bestätigung über
das Recht zur Dokumentationsübernahme ausstellen kann;
4. er (sie) in die Pflicht zur Aufbewahrung der Dokumentation eintritt und
somit auch diesbezüglich die psychotherapeutische
Verschwiegenheitspflicht gilt;
44
5. er (sie) auf Verlangen der behandelten Person oder erforderlichenfalls
ihres gesetzlichen Vertreters (ihrer gesetzlichen Vertreterin) oder ihres
(ihrer) Vorsorgebevollmächtigten sowie einer Person, die von der
behandelten Person ermächtigt wurde, diesem (dieser) die betreffende
Dokumentation aushändigen muss;
6. die Erfüllung der Aufbewahrungspflicht in geeigneter
automationsunterstützter Form zulässig ist;
7. nach Ablauf der Dauer der Aufbewahrungspflicht die Dokumentation
unwiederbringlich zu vernichten ist;
8. die erteilte Einwilligung zur Dokumentationsübernahme schriftlich
gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit widerrufbar ist.
Unterschrift des (der) übernahmewilligen Psychotherapeuten
(Psychotherapeutin):
Unterschrift des (der) meldenden Psychotherapeuten (Psychotherapeutin):
12. Psychotherapie im Krankenhaus
Entscheidend für die Beurteilung als Krankenanstalt ist ein bestimmtes Ausmaß an
sachlicher und organisatorischer Ausstattung sowie eine dem § 1 KAKuG
entsprechende Zweckwidmung (Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes; Vornahme operativer Eingriffe; Vorbeugung, Besserung und Heilung von
Krankheiten durch Behandlung; aber auch ärztliche Betreuung und besondere Pflege
von chronisch Kranken). Zu beachten ist hierbei, dass die Zweckbestimmung nicht
nach der subjektiven Einschätzung des Rechtsträgers, sondern objektiv aus der
gesamten Ausstattung und Führung der Einrichtung zu beurteilen ist. Das bedeutet
auch, dass hierfür das Vorliegen einer krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung nicht
ausschlaggebend ist, da eine Krankenanstalt auch dann gegeben sein kann, wenn
die entsprechenden Bewilligungen nicht eingeholt wurden.
Der Charakter einer Anstalt bzw. Abteilung ist im Zweifelsfall anhand einer
Durchschnittsbetrachtung der versorgten Patientengruppen (Art der Krankheitsbilder), der erbrachten Leistungen (Art und Fachzugehörigkeit der medizinischen
Tätigkeiten), und der internen Organisationsstrukturen (insb. fachliche Qualifikation
des Personals) zu beurteilen. Maßgeblich ist also, ob der Schwerpunkt der ärztlichen
Tätigkeit bzw. der behandelten Krankheiten in der fraglichen Anstalt bzw. Abteilung
bei objektiver Betrachtung ins Fachgebiet der Psychiatrie fällt und daher die
medizinisch-psychiatrische Versorgung im Vordergrund steht.
Psychologische Betreuung und psychotherapeutische Versorgung
Grundsatzbestimmung
§ 11b Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl.Nr. 801/ 1993, in Kraft
getreten am 27.11.1993
„§ 11b. Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, daß in den auf Grund des
Anstaltszwecks und des Leistungsangebots in Betracht kommenden
Krankenanstalten eine ausreichende klinisch psychologische und
gesundheitspsychologische Betreuung und eine ausreichende Versorgung auf dem
Gebiet der Psychotherapie angeboten wird.“
45
Ausführungsbestimmungen
Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz 1999 , LGBl.Nr. 8/1999, (wahrscheinlich)
in Kraft getreten am 01.01.1999
„§ 16c. In Krankenanstalten, in denen es auf Grund des Anstaltszweckes und des
Leistungsangebotes erforderlich ist, ist eine ausreichende Versorgung auf dem
Gebiet der Psychotherapie sowie eine ausreichende klinisch- psychologische und
gesundheitspsychologische Betreuung vorzusehen.“
Burgenländisches Krankenanstaltengesetz 2000, LGBl.Nr. 52/2000, in Kraft getreten
am 01.01.2001
„§ 34. (1) In bettenführenden Krankenanstalten ist für jene Patienten, die auf Grund
ihrer Erkrankung besonders schweren psychischen Belastungen ausgesetzt sind,
eine ausreichend qualifizierte klinisch-psychologische und
gesundheitspsychologische Betreuung und eine ausreichende psychotherapeutische
Versorgung vorzusehen.
(2) Die gemeinsame Betreuung von zwei oder mehreren Krankenanstalten desselben
Rechtsträgers ist zulässig, solange eine ausreichende Versorgung gewährleistet ist.
(3) Die klinisch-psychologischen und gesundheitspsychologischen sowie
psychotherapeutischen Betreuer haben ihre Tätigkeiten in Zusammenarbeit mit den
Ärzten und dem Pflegepersonal durchzuführen.“
Führung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen
(Geheimnisse) in Krankenanstalten
Grundsatzbestimmung
§ 10 Abs. 4 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, in Kraft getreten am
27.11.1993, geändert durch BGBl. I Nr. 80/2000
Führung von Krankengeschichten und sonstigen Vormerkungen
§ 10. (1) Durch die Landesgesetzgebung sind die Krankenanstalten zu verpflichten:
1. über die Aufnahme und die Entlassung der Pfleglinge Vormerke zu führen,
sowie im Fall der Ablehnung der Aufnahme und bei der Aufnahme nach§ 22
Abs. 1 letzter Satz die jeweils dafür maßgebenden Gründe zu dokumentieren;
2. Krankengeschichten anzulegen, in denen
a) die Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand des Pfleglings
zur Zeit der Aufnahme (status praesens), der Krankheitsverlauf (decursus
morbi), die angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen
Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name,
Dosis und Darreichungsform) und Aufklärung des Pfleglings (BGBl. Nr.
801/1993, Art. I Z 25) und
b) sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen,
insbesondere der pflegerischen, einer allfälligen psychologischen bzw.
psychotherapeutischen Betreuung sowie Leistungen der medizinischtechnischen Dienste, darzustellen sind;
3. die Krankengeschichten mindestens 30 Jahre, allenfalls in Mikrofilmen in
doppelter Ausfertigung oder auf anderen gleichwertigen Informationsträgern,
deren Lesbarkeit für den Aufbewahrungszeitraum gesichert sein muss,
aufzubewahren; für Röntgenbilder und andere Bestandteile von
Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist,
46
4.
sowie bei ambulanter Behandlung kann durch die Landesgesetzgebung eine
kürzere Aufbewahrungsfrist, mindestens jedoch zehn Jahre vorgesehen
werden;
den Gerichten und Verwaltungsbehörden in Angelegenheiten, in denen die
Feststellung des Gesundheitszustandes für eine Entscheidung oder Verfügung im
öffentlichen Interesse von Bedeutung ist, ferner den Sozialversicherungs-trägern
und Organen von Landesfonds im Sinne der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG
über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der
Krankenanstaltenfinanzierung bzw. von diesen beauftragten Sachverständigen,
soweit dies zur Wahrnehmung der diesen obliegenden Aufgaben erforderlich ist,
sowie einweisenden oder weiter behandelnden Ärzten oder Krankenanstalten
kostenlos Kopien von Krankengeschichten und ärztlichen Äußerungen über den
Gesundheitszustand von Pfleglingen zu übermitteln; …
(2) Die Abgabe wissenschaftlich begründeter Gutachten wird durch die
Bestimmungen des Abs. 1 nicht berührt.
(3) Die Führung der Krankengeschichte obliegt hinsichtlich der Aufzeichnungen
1. gemäß Abs. 1 Z 2 lit. a dem für die ärztliche Behandlung verantwortlichen
Arzt und
2. gemäß Abs. 1 Z 2 lit. b der jeweils für die erbrachten sonstigen Leistungen
verantwortlichen Person.
(4) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch
psychologischen, gesundheitspsychologischen und psychotherapeutischen Berufes
und ihren Hilfspersonen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt
geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen
Vormerke im Sinne des Abs. 1 Z 1 nicht geführt werden.“
Ausführungsbestimmungen
Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999, LGBl. Nr. 86/1995, geändert durch LGBl.
Nr. 67/2001, in Kraft getreten am 01.10.1995
„§ 34 (Krankengeschichten und sonstige Vormerkungen)
(10) Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch
psychologischen, gesundheits-psychologischen und psychotherapeutischen Berufes
und deren Hilfspersonal in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt
geworden sind, dürfen im Rahmen der Krankengeschichte oder der sonstigen
Vormerke nicht geführt werden.“
Der Umgang mit der Dokumentation unter Berücksichtigung der
Verschwiegenheitspflicht im Rahmen eines multiprofessionellen Teams
Grundsätzlich sind Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und
Gesundheitspsychologen sowie ihre Hilfspersonen zur Verschwiegenheit über alle
ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen
Geheimnisse verpflichtet.
Die Dokumentation der Behandlung gehört zu den wichtigsten Berufspflichten der
Psychotherapeuten, Klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen. So
werden Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen
verpflichtet, dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter alle Auskünfte
über die Behandlung, insbesondere über Art, Umfang und Entgelt, zu erteilen. Als
47
Voraussetzung für eine entsprechende Auskunftserteilung bedarf es
notwendigerweise einer geordneten Dokumentation.
Darüber hinaus lässt sich die Dokumentationspflicht schon als Nebenverpflichtung
des zwischen dem Psychotherapeuten, Klinischen Psychologen oder
Gesundheitspsychologen und dem Patienten abgeschlossenen Behandlungsvertrags
ableiten.
Die „gemeinsam geführte Dokumentation“
Regelungen zur Dokumentationspflicht finden sich nicht nur in den einzelnen
Berufsrechten der verschiedenen Gesundheitsberufe, sondern u.a. auch im
Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG, Grundsatzgesetz), BGBl. Nr.
1/1957, sowie in den entsprechenden Landesausführungsgesetzen.
Gemäß § 10 Abs. KAKuG sind Krankenanstalten durch die Landesgesetzgebung
unter anderem zu verpflichten, über die Aufnahme und die Entlassung der Pfleglinge
Vormerke zu führen und die dafür jeweils maßgebenden Gründe zu dokumentieren.
Ferner haben die Krankenanstalten Krankengeschichten anzulegen, in denen die
Vorgeschichte der Erkrankung (Anamnese), der Zustand des Pfleglings zur Zeit der
Aufnahme (status praesens), der Krankheitsverlauf (decursus morbi), die
angeordneten Maßnahmen sowie die erbrachten ärztlichen und gegebenenfalls
zahnärztlichen Leistungen einschließlich Medikation (insbesondere hinsichtlich Name,
Dosis und Darreichungsform) darzustellen sind. Ferner sind darin die Aufklärung des
Pfleglings und sonstige angeordnete sowie erbrachte wesentliche Leistungen,
insbesondere der pflegerischen, eine allfällige psychologische bzw.
psychotherapeutische Betreuung sowie Leistungen der medizinisch-technischen
Dienste, festzuhalten.
Innerhalb einer Krankenanstalt kann eine Krankengeschichte also zahlreiche
Informationen von Angehörigen unterschiedlicher Gesundheitsberufe enthalten.
Auch Psychotherapeuten, die in Krankenanstalten tätig sind, haben die Erbringung
ihrer Leistungen in den jeweiligen Krankengeschichten festzuhalten.
In einer gemeinsam geführten Dokumentation ist jeder Behandler für seine
Aufzeichnungen verantwortlich. Das heißt, dass die psychotherapeutische
Dokumentation ausschließlich dem behandelnden Psychotherapeuten obliegt.
Die Arbeit im multiprofessionellen Team
Die Idee der Kooperation zählt regelmäßig zu den Berufspflichten der verschiedenen
Gesundheitsberufe. Psychotherapeuten haben ihren Beruf in Zusammenarbeit mit
Vertretern ihrer oder einer anderen Wissenschaft auszuüben, sofern es dem Wohl
der Patienten förderlich ist (vgl. § 14 Abs. 2 Psychotherapiegesetz). Dieser Idee
entspricht es daher auch, wenn ein Patient in einer Krankenanstalt durch Angehörige
verschiedener Gesundheitsberufe behandelt oder betreut wird.
Die gemeinsam geführte Dokumentation hat deshalb alle Informationen zu
enthalten, die es den anderen Personen im Team ermöglicht, sich rasch und effizient
über die bisherig erfolgten Maßnahmen und den Verlauf der Therapie zu informieren.
Eine umfassende Betreuung kann in einer großen Behandlungseinrichtung nur
fehlerfrei funktionieren, wenn Informationen richtig und rasch weitergeleitet werden.
Der Patient ist daher zu Beginn seiner Behandlung über das zu seinem Wohl
notwendige Gesamtbehandlungskonzept aufzuklären, welches unter Abstimmung
der medizinischen und psychotherapeutischen bzw. psychologischen Intervention zu
erstellen ist.
48
Dadurch soll der Austausch von grundlegenden Informationen zwischen den
einzelnen Mitgliedern eines multiprofessionellen Teams gewährleistet und eine
bestmögliche Behandlung des Patienten sichergestellt werden.
Der besondere Geheimnisschutz des § 10 Abs. 4 KAKuG
Wie eingangs erwähnt, normieren sowohl das Psychotherapiegesetz als auch das
Psychologengesetz 2013 eine eigene Verschwiegenheitspflicht für
Psychotherapeuten, Klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen, für alle
ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen
Geheimnisse. Um daher den Psychotherapeuten, den Klinischen Psychologen und
den Gesundheitspsychologen die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht innerhalb
ihrer Arbeit in einer Krankenanstalt zu ermöglichen, bestimmt § 10 Abs. 4 KAKuG,
dass Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, die Angehörigen des klinisch
psychologischen, gesundheitspsychologischen und psychotherapeutischen Berufes
und ihren Hilfspersonen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt
geworden sind, im Rahmen der Krankengeschichte sowie in sonstigen Vermerken,
welche die Aufnahme und Entlassung des Patienten betreffen, nicht geführt werden
dürfen.
Das bedeutet, dass Aufzeichnungen, die Geheimnisse betreffen, zwar
selbstverständlich zu führen sind, diese jedoch nicht in der „allgemein zugänglichen“
Dokumentation vermerkt werden dürfen und von den medizinischen oder
pflegerischen Aufzeichnungen, räumlich streng getrennt aufzubewahren sind.
In der offiziellen Krankengeschichte der Anstalt sind nur die Rahmendaten wie
Grund, Zeit, Frequenz und Art der psychotherapeutischen bzw. psychologischen
Behandlung festzuhalten, während die Inhalte der Behandlung in einer eigenen
psychotherapeutischen bzw. psychologischen Dokumentation festzuhalten sind.
Diese psychotherapeutische bzw. psychologische Geheimnisdokumentation ist in der
Krankenanstalt verschlossen und für andere Personen unzugänglich aufzubewahren.
Ein Geheimnis ist eine Tatsache, die nur dem Träger dieses Geheimnisses und
allenfalls noch seinem vertrauten Kreis bekannt ist, und bei der ein natürliches
Interesse besteht, diese Tatsache Außenstehenden nicht bekannt zu machen. Im
Zweifel ist davon auszugehen, dass bereits die Tatsache, dass der Klient in
psychotherapeutischer Behandlung oder psychologischer Betreuung steht, ein zu
schützendes Geheimnis ist.
Bei der Beurteilung welche Informationen und Tatsachen im Einzelfall tatsächlich zu
wahrende Geheimnisse darstellen, sind jedenfalls die Sichtweise des betroffenen
Patienten und dessen gesetzlich verankerter Anspruch auf Geheimhaltung zu
beachten.
Tatsachen, die für den Patienten selbst, dessen Angehörige oder auch Dritten einen
Nachteil in gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Sicht bedeuten
könnten, sind zweifellos vom Geheimnisschutz erfasst. Aufgrund der Schwierigkeit,
Umfang und Inhalt der geschützten Tatsachen und Informationen, exakt zu
ermessen, bedarf es diesbezüglich einer Übereinstimmung zwischen dem
behandelnden Psychotherapeuten, klinischen Psychologen bzw.
Gesundheitspsychologen und dem Patienten.
Soll es im Rahmen der multiprofessionellen Zusammenarbeit zum Austausch von
Informationen kommen, die auch Geheimnisse betreffen, sollte daher mit dem
Patienten im Vorfeld abgesprochen werden, welche Tatsachen aufgrund der
geplanten und erforderlichen Zusammenarbeit von verschiedenen Berufsgruppen
49
keinesfalls als Geheimnis angesehen werden können und notwendigerweise zur
Entwicklung und Durchführung von Therapieplänen an konkrete Personen des
Behandlungsteams weitergegeben werden müssen.
Dabei ist die Verpflichtung von Patienten zur Erteilung einer pauschalen
Verschwiegenheitsentbindung nicht ausreichend, um Tatsachen, die als Geheimnis
anzusehen sind, innerhalb des Teams weiterzugeben.
Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht kann vielmehr nur im Einzelfall
erteilt werden, wenn der Patient nach freier Entscheidung zu dem Entschluss
gekommen ist, von dem gesetzlich normierten Schutzinteresse abzugehen und seine
Privatsphäre durch Entbindung von der Verschwiegenheit preiszugeben.
Wenn die Weitergabe eines Geheimnisses innerhalb des multiprofessionellen Teams
beabsichtigt wird ist daher zunächst eine ausdrückliche, freiwillige und irrtumsfreie
Einwilligung des aufgeklärten und einsichts- und urteilsfähigen Patienten einzuholen.
Der Patient ist weiters auch darüber in Kenntnis zu setzen, dass jedenfalls aus dem
Team keine Geheimnisse an Dritte weitergegeben werden dürfen, sodass letztlich
diese Informationen ausschließlich im Bereich des Teams verbleiben müssen. Diese
Argumentation entspricht im Wesentlichen jener, die auch für die Durchführung von
Supervisionen bei psychotherapeutischen Behandlungen zu berücksichtigen sind.
Wird eine Tatsache von einem Patienten als besonders geheimhaltungswürdig
angesehen und unter diesem Hinweis ausschließlich seinem Psychotherapeuten,
klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologen anvertraut, hat dieser dieses
Geheimnis auch gegenüber den Mitgliedern im Team zu wahren.
Die Aufbewahrung der Dokumentation
Krankenanstalten sind verpflichtet, die Krankengeschichte mindestens zehn bzw
30 Jahre aufzubewahren.ach den Bestimmungen der
Landeskrankenanstaltengesetze sind Röntgenbilder und andere Bestandteile von
Krankengeschichten, deren Beweiskraft nicht 30 Jahre hindurch gegeben ist, sowie
Krankengeschichten von ambulanten Behandlungen mindestens zehn Jahre
aufzubewahren.
Freiberuflich tätige Angehörige von Gesundheitsberufen haben die Dokumentation
mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht besteht für den
entsprechenden Zeitraum jeweils ab Ende der Behandlung. Auch nach Ausscheiden
des Psychotherapeuten aus der Krankenanstalt, hat dieser den besonderen Schutz
der Geheimnisse enthaltenden Dokumentation, unter Berücksichtigung der
Einsichtsmöglichkeit für Patienten, weiterhin für die vorgesehene Dauer zu
garantieren.
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13. Verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
Berufshaftpflichtversicherung
§ 16b. (1) Der Psychotherapeut hat vor Aufnahme seiner selbständigen
Berufsausübung zur Deckung der aus der Berufsausübung entstehenden
Schadenersatzansprüche eine Berufshaftpflichtversicherung bei einem zum
Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigten Versicherer abzuschließen und diese
während der Dauer ihrer Berufsberechtigung aufrechtzuerhalten.
(2) Für den Versicherungsvertrag muss Folgendes gelten:
1. die Mindestversicherungssumme hat für jeden Versicherungsfall zur Deckung
der aus der psychotherapeutischen Berufsausübung eine Million Euro zu
betragen. Eine Haftungshöchstgrenze darf pro einjähriger
Versicherungsperiode das Dreifache der Mindestversicherungssumme nicht
unterschreiten,
2. der Ausschluss oder eine zeitliche Begrenzung der Nachhaftung des
Versicherers ist unzulässig.
(3) Der geschädigte Dritte kann den ihm zustehenden Schadenersatzanspruch im
Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages auch gegen den Versicherer
geltend machen. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherte haften als
Gesamtschuldner.
(4) Die Versicherer sind verpflichtet, dem Bundesminister für Gesundheit
unaufgefordert und umgehend jeden Umstand zu melden, der eine Beendigung oder
Einschränkung des Versicherungsschutzes oder eine Abweichung von der
ursprünglichen Versicherungsbestätigung bedeutet oder bedeuten kann, und auf
Verlangen des Bundesministers für Gesundheit über solche Umstände Auskunft zu
erteilen.
(5) Der Psychotherapeut hat dem Bundesminister für Gesundheit den Bestand der
Berufshaftpflichtversicherung auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen.
(6) Der Psychotherapeut hat Informationen über die abgeschlossene
Haftpflichtversicherung (Abs. 1 bis 3) bereitzustellen und der behandelten Person,
dem gesetzlichen Vertreter (der gesetzlichen Vertreterin), dem (der)
Vorsorgebevollmächtigten oder Personen, die von der behandelten Person als
auskunftsberechtigt benannt wurden, auf Nachfrage Auskunft darüber zu erteilen.
…
Übergangsbestimmung
Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 16b hat durch
Berufsangehörige, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung in die
Psychotherapeutenliste eingetragen sind, bis längstens 31. Dezember 2015 zu
erfolgen.
51
14. Zur Verschwiegenheitspflicht
Auszug aus dem Ärztegesetz 1998
Verschwiegenheits-, Anzeige- und Meldepflicht
§ 54. (1) Arzt und Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in
Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse
verpflichtet.
(2) Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn
1. nach gesetzlichen Vorschriften eine Meldung des Arztes über den
Gesundheitszustand bestimmter Personen vorgeschrieben ist,
2. Mitteilungen oder Befunde des Arztes an die Sozialversicherungsträger und
Krankenfürsorgeanstalten oder sonstigen Kostenträger in dem Umfang, als er
für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben eine
wesentliche Voraussetzung bildet, erforderlich sind,
3. die durch die Offenbarung des Geheimnisses bedrohte Person den Arzt von
der Geheimhaltung entbunden hat,
4. die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt zum Schutz
höherwertiger Interessen der öffentlichen Gesundheitspflege oder der
Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. …
(4) Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass durch
eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine schwere Körperverletzung
herbeigeführt wurde, so hat der Arzt, sofern Abs.5 nicht anderes bestimmt, der
Sicherheitsbehörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. Gleiches gilt im Fall des
Verdachts, dass eine volljährige Person, die ihre Interessen nicht selbst
wahrzunehmen vermag, misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell
missbraucht worden ist.
(5) Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass ein
Minderjähriger misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht
worden ist, so hat der Arzt Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten. Richtet
sich der Verdacht gegen einen nahen Angehörigen (§ 166 StGB), so kann die
Anzeige so lange unterbleiben, als dies das Wohl des Minderjährigen erfordert und
eine Zusammenarbeit mit dem Jugendwohlfahrtsträger und gegebenenfalls eine
Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt erfolgt. …
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 15. Der Psychotherapeut sowie seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit
über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen
Geheimnisse verpflichtet.
Auszug aus dem Psychologengesetz 2013
Verschwiegenheitspflicht
§ 37. (1) Berufsangehörige sowie ihre Hilfspersonen einschließlich
Fachauszubildende sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres
Berufes oder beim Erwerb der fachlichen Kompetenz im Rahmen der Ausbildung
anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet.
(2) Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, insbesondere zum Zweck
einer Zeugenaussage vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde, ist als
höchstpersönliches Recht nur durch die (den) einsichts- und urteilsfähige(n)
Patientin (Patienten) zulässig.
52
Auszug aus dem Strafgesetzbuch
Verletzung von Berufsgeheimnissen
§ 121. (1) Wer ein Geheimnis offenbart oder verwertet, das den
Gesundheitszustand einer Person betrifft und das ihm bei berufsmäßiger Ausübung
eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes oder bei berufsmäßiger
Beschäftigung mit Aufgaben der Verwaltung einer Krankenanstalt oder eines
anderen Gesundheitsdiensteanbieters (§ 2 Z 2 des Gesundheitstelematikgesetzes
2012, BGBl. I Nr. 111/2012) oder mit Aufgaben der Kranken-, der Unfall-, der
Lebens- oder der Sozialversicherung ausschließlich kraft seines Berufes anvertraut
worden oder zugänglich geworden ist und dessen Offenbarung oder Verwertung
geeignet ist, ein berechtigtes Interesse der Person zu verletzen, die seine Tätigkeit
in Anspruch genommen hat oder für die sie in Anspruch genommen worden ist, ist
mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen
zu bestrafen.
(1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer widerrechtlich von einer Person die Offenbarung
(Einsichtnahme oder Verwertung) von Geheimnissen ihres Gesundheitszustandes in
der Absicht verlangt, den Erwerb oder das berufliche Fortkommen dieser oder einer
anderen Person für den Fall der Weigerung zu schädigen oder zu gefährden.
(2) Wer die Tat begeht, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil
zuzuwenden oder einem anderen einen Nachteil zuzufügen, ist mit Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
(3) Ebenso ist ein von einem Gericht oder einer anderen Behörde für ein bestimmtes
Verfahren bestellter Sachverständiger zu bestrafen, der ein Geheimnis offenbart
oder verwertet, das ihm ausschließlich kraft seiner Sachverständigentätigkeit
anvertraut worden oder zugänglich geworden ist und dessen Offenbarung oder
Verwertung geeignet ist, ein berechtigtes Interesse der Person zu verletzen, die
seine Tätigkeit in Anspruch genommen hat oder für die sie in Anspruch genommen
worden ist.
(4) Den Personen, die eine der in den Abs. 1 und 3 bezeichneten Tätigkeiten
ausüben, stehen ihre Hilfskräfte, auch wenn sie nicht berufsmäßig tätig sind, sowie
die Personen gleich, die an der Tätigkeit zu Ausbildungszwecken teilnehmen.
(5) Der Täter ist nicht zu bestrafen, wenn die Offenbarung oder Verwertung nach
Inhalt und Form durch ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse
gerechtfertigt ist.
(6) Der Täter ist nur auf Verlangen des in seinem Interesse an der Geheimhaltung
Verletzten (Abs. 1 und 3) zu verfolgen.
Verschwiegenheitspflicht in Krankenanstalten
Grundsatzbestimmung
§ 9 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957
§ 9. (1) Für die bei Trägern von Krankenanstalten und in Krankenanstalten
beschäftigten Personen sowie für die Mitglieder von Ausbildungskommissionen
(§ 8 Abs. 4) und für die Mitglieder von Kommissionen gemäß § 8c besteht
Verschwiegenheitspflicht, sofern ihnen nicht schon nach anderen gesetzlichen oder
53
dienstrechtlichen Vorschriften eine solche Verschwiegenheitspflicht auferlegt ist. Die
Verpflichtung zur Verschwiegenheit erstreckt sich auf alle den Gesundheitszustand
betreffenden Umstände sowie auf die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen
Verhältnisse der Pfleglinge, die ihnen in Ausübung ihres Berufes bekannt geworden
sind, bei Eingriffen gemäß § 62a auch auf die Person des Spenders und des
Empfängers.
(2) Durchbrechungen der Verschwiegenheitspflicht bestimmen sich nach den dienstoder berufsrechtlichen Vorschriften. Im Übrigen besteht die Verschwiegenheitspflicht
nicht, wenn die Offenbarung des Geheimnisses nach Art und Inhalt durch ein
öffentliches Interesse, insbesondere durch Interessen der öffentlichen
Gesundheitspflege oder der Rechtspflege gerechtfertigt ist ….
Auszug aus dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013
(Unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht)
Mitteilungen bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung
§ 37. (1) Ergibt sich in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit der begründete
Verdacht, dass Kinder oder Jugendliche misshandelt, gequält, vernachlässigt oder
sexuell missbraucht werden oder worden sind oder ihr Wohl in anderer Weise
erheblich gefährdet ist, und kann diese konkrete erhebliche Gefährdung eines
bestimmten Kindes oder Jugendlichen anders nicht verhindert werden, ist von
folgenden Einrichtungen unverzüglich schriftlich Mitteilung an den örtlich
zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu erstatten:
1.
Gerichten, Behörden und Organen der öffentlichen Aufsicht;
2.
Einrichtungen zur Betreuung oder zum Unterricht von Kindern und
Jugendlichen;
3.
Einrichtungen zur psychosozialen Beratung;
4.
privaten Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe;
5.
Kranken- und Kuranstalten;
6.
Einrichtungen der Hauskrankenpflege
(2) Die Entscheidung über die Mitteilung ist erforderlichenfalls im Zusammenwirken
von zumindest zwei Fachkräften zu treffen.
(3) Die Mitteilungspflicht gemäß Abs. 1 trifft auch:
1. Personen, die freiberuflich die Betreuung oder den Unterricht von Kindern
und Jugendlichen übernehmen;
2. von der Kinder- und Jugendhilfe beauftragte freiberuflich tätige Personen;
3. Angehörige gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe, sofern sie ihre
berufliche Tätigkeit nicht in einer im Abs. 1 genannten Einrichtung
ausüben.
(4) Die schriftliche Mitteilung hat jedenfalls Angaben über alle relevanten
Wahrnehmungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen sowie Namen und
Adressen der betroffenen Kinder und Jugendlichen und der mitteilungspflichtigen
Person zu enthalten.
(5) Berufsrechtliche Vorschriften zur Verschwiegenheit stehen der Erfüllung der
Mitteilungspflicht gemäß Abs. 1 und Abs. 3 nicht entgegen.
54
Grundsätzliches/Begrifflichkeiten
Grundsätzlich ist zu beachten, dass eine Person, die über mehrere Qualifikationen
verfügt (z.B. Arzt, Psychotherapeut und Mediator, klinischer Psychologe und
diplomierter Lebensberater) bereits zu Beginn zu klären hat, in welcher Funktion sie
dem Patienten/Klienten gegenüber tätig wird. Die ausgeübte Funktion ist somit
entscheidend dafür, welche berufsrechtliche Verschwiegenheit zur Anwendung
kommt.
Psychotherapeuten sowie ihre Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle
ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen
Geheimnisse verpflichtet (vgl. § 15 Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr.361/1990).
Ein Geheimnis ist eine Tatsache, die nur dem Träger dieses Geheimnisses und
allenfalls noch seinem vertrauten Kreis bekannt ist, und bei der ein natürliches
Interesse besteht, diese Tatsache Außenstehenden nicht bekannt zu machen.
Tatsachen, die für den Patienten selbst, dessen Angehörige oder auch Dritten einen
Nachteil in gesundheitlicher, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Sicht bedeuten
könnten, sind zweifellos vom Geheimnisschutz erfasst.
Aufgrund der Schwierigkeit, Umfang und Inhalt der geschützten Tatsachen und
Informationen, exakt zu ermessen, bedarf es diesbezüglich einer Übereinstimmung
zwischen dem behandelnden Psychotherapeuten und dem Patienten.
Die berufsrechtlich normierte Verschwiegenheitspflicht ist Grundlage für das
besondere Vertrauensverhältnis in der Beziehungsarbeit zwischen dem jeweiligen
Behandler und dessen Patienten.
Zu beachten ist, dass – wie beispielsweise im Gegensatz zum Ärztegesetz 1998 –
das Psychotherapiegesetz ausdrückliche Ausnahmen von der
Verschwiegenheitspflicht normieren. Solche wurden vom Gesetzgeber mit Bedacht
auf die besondere Sensibilität dieses Gesundheitsbereichs sowie zum Schutz der
Patienten bewusst nicht vorgesehen.
Auch besteht für Psychotherapeuten keine Anzeigepflicht (vgl. im Gegensatz dazu
etwa § 54 Abs. 4 Ärztegesetz 1998, der einen Arzt etwa dann zur Anzeige an die
Sicherheitsbehörden verpflichtet, wenn sich in Ausübung seines Berufes der
Verdacht ergibt, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine
schwere Körperverletzung eines Patienten herbeigeführt wurde).
Fragen der „Entbindung“
Nach herrschender Ansicht ist jedoch im Sinne der Privatautonomie eine Entbindung
des Psychotherapeuten von der Verschwiegenheitspflicht durch die betroffene
Person selbst zulässig, auch wenn dies Berufsgesetze nicht unmittelbar vorsehen.
Unter Entbindung versteht man die Aufgabe eines Geheimnisses bzw. den Verzicht
auf ein Geheimnis für einen bestimmten Kontext (eine bestimmte Institution wie
z.B. vor Gericht). Auch Teilentbindungen sind möglich.
In Folge dessen können auch Befunde/Gutachten/fachliche Stellungnahmen für den
Patienten erstellt werden, wenn der jeweilige Therapeut von seinem Patienten von
der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden ist. Sind sie nur teilweise von der
Verschwiegenheitspflicht entbunden worden, dürfen Befund/Gutachten/fachliche
55
Stellungnahmen jedoch keine Geheimnisse offenbaren, von deren Verschwiegenheit
sie nicht entbunden worden sind.
Es ist zu beachten, dass eine gültige Entbindungserklärung des Patienten
gegenüber Dritten keine Wirkung zeitigt und jedenfalls gegenüber dem
Psychotherapeuten erklärt werden muss.
Zur Frage, welche Vereinbarungen mit dem Patienten in einem solchen Fall getroffen
werden müssen, wird empfohlen, schriftlich festzuhalten, dass der Patient von der
Verschwiegenheitspflicht zur Gänze oder teilweise entbunden hat und alle
Geheimnisse oder nur bestimmte Geheimnisse (welche näher zu benennen sind)
weitergegeben werden dürfen. Auch sollte in einer derartigen schriftlichen
Vereinbarung festgehalten werden, dass der Patient über die Bedeutung dieser
Vorgangsweise aufgeklärt worden ist. Diese Vereinbarung sollte datiert und sowohl
von Patient als auch vom jeweiligen Therapeuten unterschrieben werden.
Empfohlen wird weiters, dass auf Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme
zusätzlich Folgendes vermerkt wird: „Zur Vorlage an…. (genau benennen, welcher
Institution oder Person Ihr/e Befund/Gutachten/fachliche Stellungnahme zukommen
soll)“ und dass Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme an den
Patienten/Klienten übergeben werden, damit diese/r Befund/Gutachten/fachlicher
Stellungnahme in weiterer Folge selbst an die entsprechende Stelle weiterleiten
kann.
Fragen der „Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht“
Weiters stehen Rechtsinstrumente zur Verfügung, um in besonderen Situationen
eines Gewissenskonfliktes – etwa bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben –
adäquate Lösungen finden zu können.
Nach der Rechtsfigur des rechtfertigenden Notstands etwa kann die Verletzung der
Verschwiegenheit im Rahmen einer Notstandssituation dann gerechtfertigt oder
zumindest entschuldbar sein, wenn sie dazu dient einen unmittelbaren drohenden
bedeutsamen Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden (Notstand,
Rechtsgüterabwägung). Die Gefahr muss gegenwärtig oder unmittelbar sein und
den Eintritt des Schadens als sicher oder höchst wahrscheinlich erscheinen lassen.
Von dieser Gefahr müssen höherwertige Rechtsgüter bedroht sein. Der
Psychotherapeut kann daher geringer wertige Interessen beeinträchtigen, wenn
darin die einzige Möglichkeit besteht, einen Nachteil von höherwertigen Interessen
abzuwenden und wenn die Art der Abwendung angemessen erscheint. Wiegt das
Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen weniger als der Schutz von
Leben, Gesundheit etc. darf die Verschwiegenheit ausnahmsweise durchbrochen
werden (Rechtsgüterabwägung).
Im Falle der Gefahr des Suizids des Patienten etwa muss der Psychotherapeut die
tatsächliche Gefährdung des Patienten einschätzen. Er hat eine Interessenabwägung
zwischen Verschwiegenheitspflicht und Schutz des Lebens zu treffen. Das Leben ist
jedoch im Zweifel stets das höherwertige Gut.
Darüber hinaus kann aufgrund verschiedener, gesetzlicher Bestimmungen (wie etwa
im Strafrecht) mitunter sogar eine Pflicht zum Bruch der berufsrechtlich verankerten
Verschwiegenheit bestehen.
Die Geheimhaltungspflicht besteht nach herrschender Lehre auch nach dem Tod des
Patienten in der Regel weiter. Sofern nicht bereits zu Lebzeiten eine gültige
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Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Patienten vorgenommen
worden ist, hat der Behandler anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu
prüfen, ob nach dem Tod das Geheimhaltungsinteresse des Patienten erloschen ist
oder weiter besteht. Diese Abwägung kann beispielsweise dann relevant werden,
wenn Erben oder nahe Angehörige Einsicht in die Dokumentation verlangen.
Zur Suizidgefahr und der Stellung des Garanten in der Rechtsordnung
Echte Unterlassungsdelikte
Dabei handelt es sich um Delikte, bei denen das Gesetz die Nichtvornahme eines
gebotenen Tuns mit Strafe bedroht, wie z.B. § 95 StGB. Sie können nur durch
Unterlassung verwirklicht werden.
Auszug aus dem Strafgesetzbuch
Unterlassung der Hilfeleistung
§ 95. (1) Wer es bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr (§ 176) unterläßt,
die zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen
Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung offensichtlich erforderliche Hilfe zu
leisten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360
Tagessätzen, wenn die Unterlassung der Hilfeleistung jedoch den Tod eines
Menschen zur Folge hat, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis
zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß die Hilfeleistung dem Täter nicht
zuzumuten ist.
(2) Die Hilfeleistung ist insbesondere dann nicht zuzumuten, wenn sie nur unter
Gefahr für Leib oder Leben oder unter Verletzung anderer ins Gewicht fallender
Interessen möglich wäre.
Unechte Unterlassungsdelikte
Im Gegensatz dazu wird bei unechten Unterlassungsdelikten die Herbeiführung eines
Erfolgs durch Nichtvornahme eines gebotenen Tuns unter Strafe gestellt (§ 2 StGB).
Strafbar ist somit das Unterlassen solcher Delikte, bei denen nach der gesetzlichen
Formulierung an sich nur die Herbeiführung eines Erfolgs durch ein Tun mit Strafe
bedroht ist. Zu beachten ist, dass „Unterlassen“ nicht mit „Nichtstun“ identisch ist,
sondern es bedeutet etwas Bestimmtes, zu dem man verpflichtet wäre, nicht zu tun.
Persönliche Rechtspflicht
Allerdings gilt das Gebot zur Verhinderung von Rechtsgutbeeinträchtigungen tätig zu
werden nicht im vollen Umfang. Nur derjenige kommt nach § 2 StGB als
unmittelbarer Täter in Frage, der auf Grund einer besonderen ihn treffenden
Verpflichtung durch die Rechtsordnung dazu verhalten ist den Eintritt des Erfolges
abzuwenden. Das Erfordernis des Unterlassenden zur Erfolgsabwendung ist
demnach keine allgemeine, jedermann treffende Verpflichtung, sondern eine
persönliche Rechtspflicht. Ob eine den Täter „im besonderen treffende“ Rechtspflicht
besteht, muss immer durch konkrete Betrachtung und Berücksichtigung aller
maßgeblichen Umstände des Einzelfalles ermittelt werden.
Eine Aufzählung von Rechts- und Lebensverhältnissen, die eine Garantenstellung
begründen, enthält § 2 StGB nicht. Die Ausdrucksweise „durch die Rechtsordnung
dazu verhalten“ soll klarstellen, dass hier nicht nur ausdrückliche gesetzliche
Rechtspflichten in Betracht kommen, sondern auch solche, die sich aus Gesetzesoder Rechtsanalogie ergeben.
57
Die Formen der Garantenstellung werden nach der Art der Rechtsquellen gegliedert,
denen sie entspringen, um sie nach ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt
möglichst genau abzugrenzen, und damit deutlich zu machen, unter welchen
Voraussetzungen, in welche Richtung und mit welchem Inhalt eine individuelle, den
Verpflichteten insbesondere treffende Rechtspflicht besteht.
Dabei zeigt sich, dass der Inhalt der Garantenpflicht aus einer anderen Gruppe von
Rechtsquellen entstammen kann als ihr Zustandekommen. So schließen
Psychotherapeut und Patient einen Behandlungsvertrag, die Rechte und Pflichten
daraus – so auch die Garantenstellung - ergeben sich jedoch aus dem Gesetz.
Insofern ist der Wert der üblichen Einteilungskriterien von vornherein begrenzt.
Nach der heute entsprechenden Auffassung werden im Wesentlichen drei Quellen
der Garantenstellung anerkannt, wobei sich diese Einteilung auf den
Entstehungsgrund der Rechtspflicht, somit in erster Linie auf formale Gesichtspunkte
stützt. Die Garantenpflicht ergibt sich somit aus Folgendem:
Rechtsvorschrift
Besondere Bedeutung kommt ausdrücklichen gesetzlichen Rechtspflichten zu, wie
unter anderem die allgemeine Beistandspflicht zwischen Eltern und Kindern,
§ 137 ABGB, der zufolge sowohl die Eltern gegenüber ihren Kindern als auch die
Kinder gegenüber ihren Eltern Garantenstellung haben können, soweit es sich um
das gesundheitliche und körperliche Wohl handelt, weiters die spezifische Pflicht der
Eltern, für das körperliche Wohl und die Gesundheit ihrer minderjährigen Kinder zu
sorgen, sie entsprechend zu beaufsichtigen und ihr Vermögen ordnungsgemäß zu
verwalten, §§ 144, 146, die Beistandspflicht der Ehegatten, §§ 44, 90, sowie
Schutzpflichten, wie etwa Vorschriften über den technischen Arbeitsschutz, über das
Verkehrswesen etc.
Freiwillige Pflichtenübernahme
In der Regel ist dafür eine vertragliche Grundlage anzunehmen, wobei allerdings
nicht der Vertragsabschluß als solcher das entscheidende Kriterium ist, sondern die
tatsächliche Übernahme der Pflicht. Ausschlaggebend ist also die sich aus der
Willenserklärung ergebende zivilrechtliche Verpflichtung. Dabei ist es ohne
Bedeutung, ob diese Verpflichtung auf einem gültigen oder auf einem anfechtbaren
Vertrag beruht, oder ob überhaupt ein Vertrag vorliegt. In solchen Fällen können
vertragsähnliche zivilrechtliche Verpflichtungen eine Garantenstellung begründen,
wie z.B. vorvertragliche Sorgfalts- und Aufklärungspflichten, oder aber auch
faktische Vertragsverhältnisse. Ob die Pflicht entgeltlich oder unentgeltlich,
vorübergehend oder auf Dauer, ausdrücklich oder stillschweigend übernommen
wurde, spielt keine Rolle.
Hier können als Beispiel unter anderem die Bewachung von Objekten durch eine
private Wachgesellschaft oder die Übernahme psychotherapeutischer Behandlung
angeführt werden. Den Psychotherapeuten trifft eine Rechtspflicht zur Behandlung
grundsätzlich erst dann, wenn er die Behandlung des Patienten tatsächlich
übernommen hat. Dies falls ist er verpflichtet, den Patienten gewissenhaft zu
betreuen und nach Maßgabe der Wissenschaft und Erfahrung für dessen Wohl zu
sorgen, d.h. alles zu unternehmen, um eine Verschlechterung des
Gesundheitszustandes des Patienten zu verhindern und diesem eine Linderung
seiner Schmerzen zu verschaffen. Für Unterlassungen hat er insoweit als Garant
strafrechtlich einzustehen. Dass die Behandlung nur wegen einer bestimmten akuten
Erkrankung übernommen wurde, schließt die Verpflichtung zur Behandlung wegen
anderer, während der Behandlung auftretender Erkrankungen nicht aus. Es wird hier
58
besonders auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Mangelt es an einer
Garantenstellung, so ist die unterlassene Hilfeleistung nach § 95 StGB zu prüfen.
Gefahrenbegründendes Vorverhalten
Das sogenannte Ingerenzprinzip besagt, dass jedermann die nachteiligen Folgen
abzuwenden hat, die aus seinem gefahrenbegründeten Vorverhalten entspringen
können. Es verpflichtet denjenigen, der schuldhaft oder schuldlos, rechtswidrig oder
rechtmäßig eine konkrete Gefahrensituation geschaffen hat, zur Abwehr einer der
Gefahrenlage adäquaten Gefahr. Es erfordert, dass der Täter durch seine
Vorhandlung einen anderen in eine Lage qualifizierter Schutzbedürftigkeit versetzt
hat, aus der er sich ohne fremde Hilfe nicht befreien kann.
Über die rechtlich festgelegten Garantenstellungen hinaus wird in der Lehre die
Meinung vertreten, dass auch eine enge natürliche Verbundenheit sowie das
Eingehen einer Gefahrengemeinschaft Garantenstellung begründen kann. In der
deutschen Lehre werden die „Überwachung von Gefahrenquellen“ und die
Garantenhaftung für das Handeln Dritter als weitere selbständige
Garantenstellungen angeführt.
Umfang der Garantenpflicht
Nicht alle angeführten Garantenstellungen haben denselben unbegrenzten
Pflichtenbereich. Nur solche Risken sind von der Garantenpflicht mit umfasst, die
spezifisch den Aufgabenbereich des Pflichtigen betreffen. Es bedarf daher von Fall zu
Fall einer besonderen Prüfung in Bezug auf Inhalt und Ziel des Schutzzweckes; der
Garant haftet für den eingetretenen Erfolg nur insoweit, als es dem spezifischen
Zweck seiner Garantenpflicht entspricht.
Weitere Haftungsvoraussetzungen
Der Tätervorsatz muss sich auf das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Situation
sowie auf die Möglichkeit einer eigenen erfolgsabwendenen Handlung beziehen und
auch die eigene Garantenstellung umfassen. Das gebotene Tun muss allerdings
nicht bis ins Einzelne konkret vorgestellt werden. Der Unterlassungstäter muss sich
nur dessen bewusst sein, dass er erfolgsabwendend tätig sein könnte und muss sich
entschließen, das zu unterlassen. Die Möglichkeit zur Handlungsvornahme muss
tatsächlich gegeben sein. Schon die Vornahme einer Handlung mit
Erfolgsabwendungstendenz lässt den Tatbestand entfallen. Es wird nicht gefordert,
dass es dem Verpflichteten gelingt, den Erfolg effektiv abzuwenden; Voraussetzung
ist allerdings, dass er alles nach objektiver Sachlage zur best- und raschest
möglichen Erfolgsabwendung Gebotene getan hat. Ein Psychotherapeut, der in der
Nacht wegen eines Notfalls angerufen wird, darf sich z.B. nicht auf fernmündliche
Anweisungen beschränken, sondern muss den Patienten aufsuchen. Maßgebend ist
die Ex-ante-Sicht eines objektiven Beobachters, bezogen auf den Zeitpunkt der
Vornahme des gebotenen Tuns.
59
Zur Mitteilungspflicht nach dem Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes
2013, B-KJHG 2013 (Information des Bundesministeriums für Wirtschaft,
Familie und Jugend, Abteilung "Jugendwohlfahrt")
Ziel der Mitteilungspflicht an die Kinder- und Jugendhilfe bei Gefährdungen
des Kindeswohls
•
•
Aufdeckung von Kindeswohlgefährdungen durch Einbeziehung des Wissens von
Berufsgruppen und Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten
Gewährleistung des Kinderschutzes und Gewährung von Hilfen für betroffene
Familien
Wer ist mitteilungspflichtig?
•
•
•
•
•
•
•
•
Gerichte, Behörden, Polizei und sonstige Organe der öffentlichen Aufsicht
Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen
Tageseltern und Personen, die freiberuflich die Betreuung und den Unterricht von
Kindern und Jugendlichen übernehmen
psychosoziale Beratungseinrichtungen wie Familien-, Frauen- oder
Erziehungsberatungsstellen oder Gewaltschutzzentren
private Kinder und Jugendhilfeeinrichtungen
von der Kinder- und Jugendhilfe beauftragte freiberuflich tätige Personen
Kranken- und Kuranstalten sowie Einrichtungen der Hauskrankenpflege
Angehörige von gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen
Die Mitteilungspflicht trifft immer die Einrichtung, sofern die mitteilungspflichtigen
Personen ihre Tätigkeit nicht selbständig ausüben. Welche Person konkret die
Mitteilung zu erstatten hat, ist nach den organisationsinternen Dienstvorschriften
und Kommunikationsregeln zu beurteilen. Bei Dissens über das Vorliegen eines
Gefährdungsverdachts innerhalb der Organisation bleibt das Recht zur Mitteilung an
die Kinder- und Jugendhilfe, es sind jedoch dienst- oder arbeitsrechtliche
Konsequenzen zu beachten.
Wann besteht eine Mitteilungspflicht?
Diese besteht, wenn
• ein begründeter Verdacht vorliegt, dass ein konkretes Kind misshandelt, sexuell
missbraucht, vernachlässigt wird oder wurde oder sonst erheblich gefährdet ist,
• die Gefährdung nicht durch eigenes fachliches Tätigwerden abgewendet werden
kann und
• die Wahrnehmung der Gefährdung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit erfolgt.
Der Verdacht muss sich auf eine aktuell vorliegende Gefährdung beziehen bzw.
müssen in der Vergangenheit liegende Ereignisse eine gefährdende Auswirkung auf
die Gegenwart haben.
Ein begründeter Verdacht liegt vor, wenn konkrete - über Vermutungen
hinausgehende - Anhaltspunkte für die Gefährdung vorliegen und sich die
Anhaltspunkte auf ein konkretes, namentlich bekanntes Kind beziehen.
Anhaltspunkte ergeben sich aus eigenen Wahrnehmungen, Erzählungen des
Kindes/Jugendlichen und fachlichen Schlussfolgerungen. Über den eigenen
Aufgabenbereich hinausgehende Nachforschungen sind nicht notwendig, einfache
Nachfragen hingegen schon.
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Erfüllung der Mitteilungspflicht
Die Gefährdungsmittelung ist zu erstatten sobald die Einschätzung über Vorliegen
eines konkreten Verdachts getroffen ist und hat schriftlich zu erfolgen. Zur
Qualitätssicherung wird die Verwendung des vom BMWFJ zur Verfügung gestellten
Formulars (download unter www.gewaltinfo.at) empfohlen. Die Mitteilung ist an den
örtlich zuständiger Kinder- und Jugendhilfeträger zu übermitteln. Die Zuständigkeit
richtet sich nach Wohnsitz des Kindes nicht nach dem Standort der meldepflichtigen
Einrichtung.
Inhalt der Mitteilung
Die Gefährdungsmitteilung muss folgende Daten beinhalten:
•
•
•
•
eigene Wahrnehmungen, Erzählungen Betroffener, Mitteilungen Dritter – soweit
für die Erläuterung des Verdachts notwendig,
fachliche Schlussfolgerungen, die Verdacht der Kindeswohlgefährdung
begründen,
Namen und Identifikationsdaten von Kind und Eltern
Namen und Kontaktdaten der Mitteilungspflichtigen – anonyme Mitteilung ist
nicht möglich
Achtung: Formular zur Mitteilungen an die Kinder- und Jugendhilfe bei Verdacht der
Kindeswohlgefährdung unter www.gewaltinfo.at auszufüllen
15. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei Gericht
Auszug aus der Strafprozeßordnung 1975
Anzeigepflicht
§ 78. (1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer
Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur
Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet.
(2) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 1 besteht nicht,
1. wenn die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren
Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf, oder
2. wenn und solange hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, die
Strafbarkeit der Tat werde binnen kurzem durch schadensbereinigende Maßnahmen
entfallen.
(3) Die Behörde oder öffentliche Dienststelle hat jedenfalls alles zu unternehmen,
was zum Schutz des Opfers oder anderer Personen vor Gefährdung notwendig ist;
erforderlichenfalls ist auch in den Fällen des Abs. 2 Anzeige zu erstatten.
§ 79. Soweit eine gesetzliche Anzeigepflicht besteht, sind der Kriminalpolizei, den
Staatsanwaltschaften und den Gerichten zur Aufklärung einer Straftat einer
bestimmten Person von Amts wegen oder auf Grund von Ersuchen Ablichtungen der
Akten und sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen zu übermitteln oder Akteneinsicht
zu gewähren. Eine Berufung auf bestehende gesetzliche Verschwiegenheitspflichten
ist insoweit unzulässig.
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Anzeige- und Anhalterecht
§ 80. (1) Wer von der Begehung einer strafbaren Handlung Kenntnis erlangt, ist zur
Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft berechtigt.
(2) Wer auf Grund bestimmter Tatsachen annehmen kann, dass eine Person eine
strafbare Handlung ausführe, unmittelbar zuvor ausgeführt habe oder dass wegen
der Begehung einer strafbaren Handlung nach ihr gefahndet werde, ist berechtigt,
diese Person auf verhältnismäßige Weise anzuhalten, jedoch zur unverzüglichen
Anzeige an das nächst erreichbare Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes
verpflichtet.
...
Aussageverweigerung
§ 157. (1) Zur Verweigerung der Aussage sind berechtigt:
1. Personen, soweit sie ansonsten sich oder einen Angehörigen der Gefahr
strafrechtlicher Verfolgung oder im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten
Strafverfahren der Gefahr aussetzen würden, sich über ihre bisherige Aussage
hinaus selbst zu belasten,
2. Verteidiger, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare und
Wirtschaftstreuhänder über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden
ist,
3. Fachärzte für Psychiatrie, Psychotherapeuten, Psychologen,
Bewährungshelfer, eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-MediationsGesetz, BGBl. I Nr. 29/2003, und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur
psychosozialen Beratung und Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft
bekannt geworden ist,
4. Medieninhaber (Herausgeber), Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines
Medienunternehmens oder Mediendienstes über Fragen, welche die Person des
Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen
betreffen oder die sich auf Mitteilungen beziehen, die ihnen im Hinblick auf ihre
Tätigkeit gemacht wurden,
5. Wahlberechtigte darüber, wie sie ein gesetzlich für geheim erklärtes Wahloder Stimmrecht ausgeübt haben.
(2) Das Recht der in Abs. 1 Z 2 bis 5 angeführten Personen, die Aussage zu
verweigern, darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere
nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf
Datenträgern gespeicherten Informationen oder durch Vernehmung der Hilfskräfte
oder der Personen, die zur Ausbildung an der berufsmäßigen Tätigkeit nach Abs. 1 Z
2 bis 4 teilnehmen.
Auszug aus der Zivilprozeßordnung
Unzulässigkeit und Verweigerung des Zeugnisses
§ 320. Als Zeugen dürfen nicht vernommen werden: …
4. eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, BGBl. I Nr.
29/2003, in Ansehung dessen, was ihnen im Rahmen der Mediation anvertraut oder
sonst bekannt wurde.
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§ 321. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden:
1. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten oder
einer Person, mit welcher der Zeuge in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum
zweiten Grade verwandt oder verschwägert, oder mit welcher er durch Adoption
verbunden ist, ferner seinen Pflegeeltern und Pflegekindern, sowie
einem Vormunde oder Mündel zur Schande gereichen oder die Gefahr
strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde;
2. über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer der in Z 1
bezeichneten Personen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Nachteil zuziehen
würde;
3. in Bezug auf Tatsachen, über welche der Zeuge nicht würde aussagen
können, ohne eine ihm obliegende staatlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit
zu verletzen, insofern er hievon nicht giltig entbunden wurde;
4. in Ansehung desjenigen, was dem Zeugen in seiner Eigenschaft als
Rechtsanwalt von seiner Partei anvertraut wurde;
5. über Fragen, welche der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein
Kunst- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren.
(2) Die Aussage kann in den unter Z 1 und 2 angegebenen Fällen mit Rücksicht auf
die daselbst bezeichneten Angehörigen auch dann verweigert werden, wenn das
eheliche Verhältnis, welches die Angehörigkeit begründet, nicht mehr besteht.
Berufsgeheimnisträgerinnen und Berufsgeheimnisträger, Fragen der
Aussageverweigerung, der „Entbindung“, der Ladung etc.
Nach herrschender Ansicht ist jedoch im Sinne der Privatautonomie eine Entbindung
des Psychotherapeuten von der Verschwiegenheitspflicht durch die betroffene
Person selbst zulässig, auch wenn dies Berufsgesetze nicht unmittelbar vorsehen.
Unter Entbindung versteht man die Aufgabe eines Geheimnisses bzw. den Verzicht
auf ein Geheimnis für einen bestimmten Kontext (eine bestimmte Institution wie
z.B. vor Gericht). Auch Teilentbindungen sind möglich.
In Folge dessen können auch Befunde/Gutachten/fachliche Stellungnahmen für den
Patienten erstellt werden, wenn der jeweilige Therapeut von seinem Patienten von
der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden ist. Sind sie nur teilweise von der
Verschwiegenheitspflicht entbunden worden, dürfen Befund/Gutachten/fachliche
Stellungnahmen jedoch keine Geheimnisse offenbaren, von deren Verschwiegenheit
sie nicht entbunden worden sind. Es ist zu beachten, dass eine gültige
Entbindungserklärung des Patienten gegenüber Dritten keine Wirkung zeitigt und
jedenfalls gegenüber dem Psychotherapeuten erklärt werden muss.
Zur Frage, welche Vereinbarungen mit dem Patienten in einem solchen Fall getroffen
werden müssen, wird empfohlen, schriftlich festzuhalten, dass der Patient von der
Verschwiegenheitspflicht zur Gänze oder teilweise entbunden hat und alle
Geheimnisse oder nur bestimmte Geheimnisse (welche näher zu benennen sind)
weitergegeben werden dürfen.
Auch sollte in einer derartigen schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden, dass
der Patient über die Bedeutung dieser Vorgangsweise aufgeklärt worden ist. Diese
Vereinbarung sollte datiert und sowohl von Patient als auch vom jeweiligen
Therapeuten unterschrieben werden.
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Empfohlen wird weiters, dass auf Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme
zusätzlich Folgendes vermerkt wird: „Zur Vorlage an…. (genau benennen, welcher
Institution oder Person Ihr/e Befund/Gutachten/fachliche Stellungnahme zukommen
soll)“ und dass Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme an den Patienten/
Klienten übergeben werden, damit diese/r Befund/Gutachten/fachlicher Stellungnahme in weiterer Folge selbst an die entsprechende Stelle weiterleiten kann.
Soll eine Psychotherapeutin als Zeugin in einem Zivilprozess vernommen werden,
darf sie bei aufrechter Verschwiegenheitspflicht die Aussage verweigern. Wurde sie
hingegen vom Patienten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden, so ist er zur
Aussage verpflichtet. Bei einer Paar-, Familien- oder Gruppentherapie wäre die
Entbindung nur gültig, wenn diese durch alle Beteiligten erfolgt.
Kommt es zwischen dem Patienten und der Psychotherapeutin zu einem Zivilprozess
und ist die Psychotherapeutin darin beklagte Partei, so ist es jedoch jedenfalls
zulässig, dass sie sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen betreffend Inhalte der
Behandlung äußern kann, soweit es zur Klarstellung und Rechtfertigung ihrer
psychotherapeutischen Tätigkeit erforderlich ist. Dies ist zur Wahrung der Rechte
und der Verteidigung, insbesondere gegen vorgeworfene Behandlungsfehler,
unabdingbar. Die Frage der Verschwiegenheit tritt dabei in den Hintergrund, da der
Patient selbst den Geheimnisschutz aufgibt und Inhalte der Psychotherapie
offenbart.
Bei einer Vernehmung in einem Strafprozess sind Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer,
eingetragene Mediatoren sowie Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur
psychosozialen Betreuung über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt
geworden ist, gemäß § 157 Abs. 1 Z 3 StPO von der Verbindlichkeit zur Ablegung
eines Zeugnisses befreit. Den erwähnten Personen stehen deren Hilfskräfte gleich.
Trotz der allfälligen Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht „verlieren“ diese
sogenannten Berufsgeheimnisträger ihr Aussageverweigerungsrecht aber im
Gegensatz zum Zivilprozess nicht, sodass sie trotz gültiger Entbindung ihre Aussage
verweigern dürfen.
Im Unterschied zum Zivilverfahren gibt es im Strafprozess also ein
Verweigerungsrecht, das Psychotherapeuten die Entscheidung überlässt,
auszusagen oder nicht. Eine allfällige Entbindung durch den Patienten/Klienten spielt
hier keine Rolle. Außerdem ist zu beachten, dass das Entschlagungsrecht im
Strafverfahren insofern weiter ist, als es sich nicht nur auf Geheimnisse, die dem
Psychotherapeuten in Ausübung seines Berufes anvertraut oder bekannt wurden,
sondern auf all das, was ihm in seiner Eigenschaft als Psychotherapeut bekannt
geworden ist, bezieht.
Einer Ladung durch das Gericht muss jedenfalls Folge geleistet werden. Erscheint
der als geladene Zeuge unentschuldigt nicht, so kann das Gericht Ordnungsstrafen
verhängen. Die Aussage als Zeuge vor Gericht stellt grundsätzlich eine öffentlichrechtliche Pflicht jedes Einzelnen dar. Patienten und Psychotherapeuten können
daher keinen Vertrag abschließen, mit dem sie die Pflicht zur Zeugenaussage
abbedingen.
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16. Zur rechtzeitigen Mitteilung über den Rücktritt von der Ausübung
des Berufs an den Behandelten oder seinen gesetzlichen Vertreter
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 14. (6) Der Psychotherapeut, der von der Ausübung seines Berufes zurücktreten
will, hat diese Absicht dem Behandelten oder seinem gesetzlichen Vertreter so
rechtzeitig mitzuteilen, daß dieser die weitere psychotherapeutische Versorgung
sicherstellen kann.
Daraus ergibt sich die Verpflichtung zur Abklärung, ob der Patient/die Patientin
weiter behandlungsbedürftig ist; diese Information hat so zeitgerecht zu erfolgen,
dass die Fortführung der Behandlung bei einer anderen Psychotherapeutin/einem
anderen Psychotherapeuten ohne beeinträchtigende Unterbrechung möglich ist.
17. Pflicht zur Beschränkung auf jene psychotherapeutischen
Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden, auf denen nachweislich
ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben worden sind
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 14. (5) Der Psychotherapeut hat sich bei der Ausübung seines Berufes auf jene
psychotherapeutischen Arbeitsgebiete und Behandlungsmethoden zu beschränken,
auf denen er nachweislich ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat.
Daraus ergibt sich die Verpflichtung, ausschließlich jene Leistungen anzubieten, für
die eine entsprechende Qualifikation und Kompetenz erworben worden ist. § 14 Abs.
5 PthG gibt somit die Grenzen der „Behandlungsfreiheit“ vor. Einer
zielgruppenorientierten Spezialisierung (z.B. Kinder und Jugendliche, Familien, alte
Menschen etc.) oder auch einer Spezialisierung im Hinblick auf bestimmte
Leidenszustände steht dann nichts entgegen.
18. Pflicht zur Führung der Berufsbezeichnung, Bezeichnungsrecht am
Beispiel des Psychotherapiegesetzes, Deklarationspflicht
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 13. (1) Wer zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigt ist, hat im
Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes entsprechend den nachweislich
erworbenen ausreichenden Kenntnissen und Erfahrungen die Berufsbezeichnung
"Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" zu führen und kann als Zusatzbezeichnung einen Hinweis auf die jeweilige methodenspezifische Ausrichtung jener
psychotherapeutischen Ausbildungseinrichtung, bei der die Psychotherapieausbildung absolviert worden ist, anfügen. Sofern mehrere Psychotherapieausbildungen absolviert worden sind, können entsprechende Hinweise als
Zusatzbezeichnungen angefügt werden.
(2) Die Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin"
samt Zusatzbezeichnung ist im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes den
im Abs. 1 genannten Personen vorbehalten.
(3) Jede Bezeichnung ist untersagt, die geeignet ist, die Berechtigung zur
selbständigen Ausübung der Psychotherapie vorzutäuschen.
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Es handelt sich somit bei den Berufsbezeichnungen "Psychotherapeut" und
"Psychotherapeutin" um geschützte Bezeichnungen (sog. "Titelschutz").
Als "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" darf sich daher nur bezeichnen, wer
als "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" in die vom Bundesministerium für
Gesundheit geführte Psychotherapeutenliste entsprechend eingetragen worden ist.
Vielmehr müssen Psychotherapeuten im Geschäftsverkehr ihre Berufsbezeichnung
"Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" führen (sog. Deklarationspflicht). Auch
Bezeichnungen, die zur Verwechslung mit den Berufsbezeichnungen geeignet sind,
dürfen von Personen, die nicht in der Psychotherapeutenliste eingetragen sind, nicht
geführt werden.
Praxisschild und Telefonbucheintragungen
§ 13 Abs. 1 leg.cit. normiert, dass, wer zur selbständigen Ausübung der
Psychotherapie berechtigt ist, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes
entsprechend den nachweislich erworbenen ausreichenden Kenntnissen und
Erfahrungen die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin", zu
führen hat. Darüber hinaus besteht die Berechtigung, als Zusatzbezeichnung einen
Hinweis auf die jeweilige methodenspezifische Ausrichtung jener psychotherapeutischen Ausbildungseinrichtung anzufügen, bei der die Psychotherapieausbildung absolviert worden ist (§ 13 Abs. 1 leg.cit.).
Die oben angeführte Bestimmung dient im Interesse der Patienten der
Sicherstellung der entsprechenden Markttransparenz im Berufsverkehr, sodass aus
ihr auch ableitbar ist, dass die Verpflichtung zur Führung der Berufsbezeichnung sich
auch auf den Ort der Berufsausübung erstreckt.
Das bedeutet, dass jedenfalls der Name, allenfalls akademische Grade, und die
Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin", auf einem
Praxisschild zu führen sind.
Informationen, die darüber hinaus geführt werden dürfen, wären:
• Adresse, Telefonnummer, Sprechstunden,
• Zusatzbezeichnung(en),
• allfällige Hinweise Kassenverträge,
• allfällige Hinweise auf das Setting (Einzeltherapie, Gruppentherapie etc.),
• allfällige Sprachkenntnisse,
• allfällige Mitgliedschaften in Fachvereinigungen,
• allfällige Arbeitsschwerpunkte, die sich etwa aus der methodischen
Orientierung ergeben, und zielgruppenorientierte Spezialisierungen (zB.
Krebserkrankungen, Suchtkrankheiten), insbesondere aufgrund absolvierter
Weiterbildungen etc.
Für den Fall, dass gleichzeitig andere Professionen im psychosozialen Bereich
ausgeübt werden, können auch Hinweise auf diese angeführt werden.
Dies gilt auch für Interaktionsverfahren, die (derzeit noch) nicht als
wissenschaftlich-psychotherapeutische Methoden anerkannt sind. Zu beachten ist
dabei allerdings, dass im Interesse einer sachgerechten Patienteninformation nicht
der Eindruck vermittelt werden darf, es handle sich bei einem solchen Verfahren um
eine psychotherapeutische Methode im Sinne des Psychotherapie-gesetzes.
Unter diesen Voraussetzungen könnte, unter entsprechender Abhebung von den
unmittelbar auf den psychotherapeutischen Beruf abstellenden Informationen, beispielsweise auf eine Ausbildung als diplomierte Sozialarbeiterin, klinische
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Psychologin, Gesundheitspsychologin bzw. Ärztin oder auf ein Leistungsangebot z.B.
in körperorientierten Interaktionsverfahren hingewiesen werden.
Voraussetzung ist allerdings jeweils, dass es sich um eine wahrheitsgemäße und
sachliche Information, nicht etwa um irreführende oder nicht überprüfbare
Aussagen, handelt.
Die Grenze zur unerlaubten Information ist jedenfalls dort zu ziehen, wo es sich
nicht mehr um wahre und sachliche, also insbesondere mit der
psychotherapeutischen Berufsausübung bzw. mit der Tätigkeit im psychosozialen
Bereich im Zusammenhang stehende, sachgerechte Informationen für Patienten und
Patientinnen bzw. Klienten und Klientinnen handelt.
Zweck der Information ist es, größtmögliche Markttransparenz bei Wahrung des
Gebots der Sachlichkeit und Wahrheit zu gewährleisten. Irreführende Werbung oder
das Erwecken unerfüllbarer Erwartungshaltungen bei den Patienten und Patientinnen
bzw. Klienten und Klientinnen sind daher unzulässig.
19. Pflicht zur Enthaltung von jeder unsachlichen oder unwahren
Information, Werbeverbot
Auszug aus dem Psychotherapiegesetz
§ 16. (1) Der Psychotherapeut hat sich jeder unsachlichen oder unwahren
Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
(2) Die Anzeige einer freiberuflichen Ausübung der Psychotherapie darf lediglich den
Namen des zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigten
Psychotherapeuten, seine akademischen Grade, die Berufsbezeichnung samt
Zusatzbezeichnung sowie seine Adresse, Telefonnummer und Sprechstunden
enthalten.
(3) Der Psychotherapeut darf keine Vergütungen für die Zuweisung von Personen
zur Ausübung der Psychotherapie an ihn oder durch ihn sich oder einem anderen
versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen. Rechtsgeschäfte, die gegen
dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus solchen Rechtsgeschäften
können zurückgefordert werden.
Daraus ergibt sich für PsychotherapeutInnen die konkrete Verpflichtung
1. zur Führung der Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin"
verbunden mit dem Recht auf Führung der in der Psychotherapeutenliste
eingetragenen Zusatzbezeichnungen
2. zur klaren Bezeichnung der tatsächlich praktizierten psychotherapeutischen
Methoden und Verfahren; die Unterlassung jeglicher Irreführung hinsichtlich der
eigenen fachlichen Kompetenz (z.B. hinsichtlich der erlernten und praktizierten
Methoden und Verfahren)
3. bei Werbung und Ankündigungen in der Öffentlichkeit fachlichen Gesichtspunkten
strikt den Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten einzuräumen; Werbung
oder Ankündigungen sind dabei auf das sachlich Gebotene zu beschränken marktschreierische, wahrheitswidrige oder irreführende Werbung ist unzulässig;
Werbung und Ankündigungen sollen jedoch ausreichende Information über Art,
Umfang und Indikation der angebotenen Leistungen sowie, über die geforderten
Entgelte und die Rechte der Patientinnen und Patienten enthalten
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4. das Aushängen von Praxisschildern ist im Sinne der Offenlegung der
Berufsberechtigung geboten; auf dem Praxisschild ist die Berufsbezeichnung
anzuführen; ferner können die eingetragenen Zusatzbezeichnungen bei
PsychotherapeutInnen sowie Hinweise auf die tatsächlich hauptsächlich
praktizierten psychotherapeutischen Methoden und Verfahren angeführt werden;
der Hinweis auf Einzel-, Gruppen-, Paar- oder Familientherapie- bzw. behandlung ist ebenso zulässig wie der Hinweis auf eine spezialisierte Praxis
hinsichtlich bestimmter Altersgruppen
PsychotherapeutInnen dürfen gemäß § 16 Abs. 3 des Psychotherapiegesetzes für die
Zuweisung von Personen zur Psychotherapie an sie oder durch sie sich oder anderen
keine Vergütungen versprechen, geben, nehmen oder zusichern lassen.
Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind nichtig. Leistungen aus
solchen Rechtsgeschäften können zurückgefordert werden.
20. Meldepflichten, Erlöschen der Berufsberechtigung, Listenstreichung
1. Jede Änderung des Namens, des Berufssitzes oder des Dienstortes, jeder
dauernde oder zeitweilige Verzicht auf die Berufsausübung sowie deren
Einstellung, wenn sie voraussichtlich mehr als drei Monate übersteigen wird, sind
binnen einem Monat dem Bundesministerium für Gesundheit schriftlich
mitzuteilen (E-Mail: [email protected]). Ein Formblatt zur Meldung von
Datenänderungen steht auf der Homepage des Bundesministeriums für
Gesundheit unter www.bmg.gv.at zum Download zur Verfügung.
2. Vor Aufnahme der selbständigen Berufsausübung ist zur Deckung allfällig
entstehender Schadenersatzansprüche eine Berufshaftpflichtversicherung bei
einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigter Versicherer abzuschließen.
Der Bestand der Berufshaftpflichtversicherung ist dem Bundesministerium für
Gesundheit auf dessen Verlangen jederzeit nachzuweisen.
3. Über jede psychotherapeutische Maßnahme sind Aufzeichnungen zu führen. Die
Dokumentation ist mindestens zehn Jahre ab Beendigung der psychotherapeutischen Leistungen aufzubewahren. Für den Fall des Todes des/der tätig
gewesenen Psychotherapeuten/Psychotherapeutin ist dem Bundesministerium für
Gesundheit rechtzeitig eine Person zu benennen, die die Pflicht zur Aufbewahrung
der Dokumentation übernimmt. Für die Meldung der Dokumentationsaufbewahrung ist das Formblatt unter www.bmg.gv.at zu verwenden.
4. Psychotherapeuten (Psychotherapeutinnen) haben ihren Beruf nach bestem
Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der
Wissenschaft auszuüben. Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den
regelmäßigen Besuch von in- oder ausländischen Fortbildungsveranstaltungen
zu entsprechen (vgl. Fort- und Weiterbildungsrichtlinie für Psychotherapeutinnen
und Psychotherapeuten, unter www.bmg.gv.at).
5. Die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Berufes erlischt
• durch den Wegfall einer für die selbständige Ausübung des Berufes
erforderlichen Voraussetzung, wie Verlust der Eigenberechtigung, der
gesundheitlichen Eignung, der Vertrauenswürdigkeit oder
• wenn hervorkommt, dass eine für die Eintragung in die Berufsliste
erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat oder
• auf Grund einer länger als fünf Jahre dauernden Einstellung der selbständigen
Ausübung des Berufes.
6. Eine Verletzung der Berufs- und Meldepflichten stellt eine Verwaltungsübertretung dar und kann mit einer Verwaltungsstrafe bis zu EUR 3.600,00
geahndet werden.
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21. Psychotherapie mit Verbrechensopfern aufgrund des
Verbrechensopfergesetzes
Seit 01.09.1972 ist das Verbrechensopfergesetz (VOG) in Kraft, doch nur wenige, die
Opfer eines Verbrechens geworden sind, wissen, dass sie auch Ansprüche nach diesem
Gesetz geltend machen können. Durch das VOG wird der Bund verpflichtet, Opfern von
Verbrechen Hilfeleistung zu gewähren, wodurch den Betroffenen ein weiterer
verschuldensunabhängiger Haftungspflichtiger verschafft wird. Den Opfern soll dadurch
auf rasche Weise geholfen und ihnen erspart werden ihre Ansprüche zivilrechtlich
gegen den Schädiger geltend machen zu müssen.
§ 1 VOG bestimmt, dass österreichische Staatsbürger und Staatsbürger von EWRStaaten Ansprüche geltend machen können, wenn sie Opfer eines Verbrechens
geworden sind. Voraussetzung ist, dass sie durch eine mit mehr als sechs Monaten
Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine
Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben. Dadurch müssen
ihnen Heilungskosten erwachsen oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert worden sein.
Hinterbliebene sind anspruchsberechtigt, wenn sie einen gesetzlichen
Unterhaltsanspruch hatten oder die Bestattungskosten getragen haben.
Die Hilfeleistung unterbleibt allerdings, wenn dem Opfer (oder dem Hinterbliebenen)
selbst ein Vorwurf gemacht werden kann, z.B. bei Beteiligung an der Tat, Provokation
des Täters oder schuldhaftem Unterlassen der Mithilfe zur Aufklärung.
Anträge können formlos oder mit Antragsformular beim örtlich zuständigen
Bundessozialamt eingebracht werden. Die Hilfeleistungen werden ab dem Monat der
Tat erbracht. Der Antrag auf Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentgangs und der
Pflege- und Blindenzulagen ist innerhalb von sechs Monaten, ein Antrag auf eine der
übrigen Leistungen binnen zwei Jahren einzubringen.
Besonderheiten im Bereich der Psychotherapie
Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten für eine Psychotherapie:
Es muss eine krankheitswertige Störung im Sinne des ICD-10 gegeben sein.
Diese Störung muss in einem kausalen Zusammenhang mit einem vorsätzlichen Delikt
stehen, dass mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe bedroht ist.
Eine rechtskräftige Verurteilung ist nicht notwendig (z.B. bei Immunität,
Strafmilderungsgründen, Tod des Täters etc.). Die Tat muss jedoch aktenkundig sein.
Bei Nachweis der kausalen Schädigung besteht auch die Möglichkeit einer
Kostenübernahme für die Therapie von Hinterbliebenen. Das Opfer darf nicht auf
Regressforderungen gegenüber dem Täter verzichtet haben.
Die Kostenübernahme für Psychotherapie ergibt sich aus § 4 Abs. 5 VOG:
§ 4. (5) Erbringt der Träger der Krankenversicherung auf Grund der Satzung
dem Opfer oder dem Hinterbliebenen einen Kostenzuschuß für psychotherapeutische Krankenbehandlung infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1,
so sind die Kosten für die vom Träger der Krankenversicherung bewilligte Anzahl
der Sitzungen, die das Opfer oder der Hinterbliebene selbst zu tragen hat, bis
zur Höhe des dreifachen Betrages des Kostenzuschusses des Trägers der
Krankenversicherung zu übernehmen. Sobald feststeht, dass der Träger der
Krankenversicherung einen Kostenzuschuss erbringt, kann vom Bundesamt für
Soziales und Behindertenwesen auch eine Direktabrechnung der Kosten mit dem
Psychotherapeuten unter Bevorschussung des Kostenzuschusses des Trägers der
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Krankenversicherung vorgenommen werden, in diesem Fall ist der geleistete
Kostenzuschuss vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zu
vereinnahmen. Eine Kostenübernahme bis zum angeführten Höchstausmaß
erfolgt auch, sofern der Träger der Krankenversicherung Kosten im Rahmen der
Wahlarzthilfe erstattet.
Dies bedeutet, dass Selbstkosten für psychotherapeutische Behandlungen, die
Beschädigte oder Hinterbliebene aufgrund einer in § 1 Abs. 2 VOG genannten Handlung
in Anspruch nehmen müssen, vom Bund zum Teil zu übernehmen sind. Voraussetzung
für die Kostenübernahme ist, dass der zuständige Krankenversicherungsträger für die
psychotherapeutische Behandlung einen Kostenzuschuss leistet.
Kostenzuschüsse für Psychotherapie werden von den Krankenkassen aus dem Titel der
Krankenbehandlung geleistet. Voraussetzung für die Bewilligung des Zuschusses bei
Inanspruchnahme eines freiberuflichen Psychotherapeuten ist das Vorliegen einer
seelischen Krankheit, die eine Krankenbehandlung notwendig macht. Die
Krankenbehandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das
notwendige Maß nicht überschreiten. Das Ziel der Behandlung ist die Arbeitsfähigkeit
und die Fähigkeit für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen nach
Möglichkeit wiederherzustellen, zu festigen oder zu bessern.
Es obliegt den Krankenversicherungsträgern, sich vor Leistungsgewährung davon zu
überzeugen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Die nötigen Informationen werden
im Auftrag des Patienten vom behandelnden Psychotherapeuten erteilt. Die
Feststellung des Krankenversicherungsträgers, dass eine Gesundheitsschädigung mit
Krankheitswert vorliegt, ermöglicht es in Zweifelsfällen die medizinische Prüfung nach
dem VOG auf die Frage zu beschränken, ob die Handlung gemäß § 1 Abs. 2 VOG
kausal für die Notwendigkeit einer psychotherapeutischen Behandlung ist.
Die Kostenübernahme ist an die Anzahl der vom Krankenversicherungsträger
bewilligten Sitzungen geknüpft. Der Bund versucht nach Gewährung der Hilfeleistung,
auf zivilrechtlichem Weg die angefallenen Kosten (für Therapie, Heilmittel etc.) vom
Täter zurückzufordern.
Praxis – Kontaktstellen
Für Entschädigungen nach dem VOG ist das Bundesamt für Soziales und
Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) des Bundeslandes, in dem das Opfer
seinen Wohnsitz hat, zuständig. Auf Anfrage beim zuständigen Bundessozialamt,
welches auch den geforderten wahrscheinlichen Kausalzusammenhang prüft, wird dem
Opfer das Antragsformular zugesandt. In unklaren Fällen wird ein unabhängiger
Sachverständiger beigezogen.
Neben dem Formular sind unter anderem eine Kopie des
Staatsbürgerschaftsnachweises, Angaben und Belege über die Krankengeschichte bzw.
ein Befund/Gutachten und die Bestätigung über den Kostenzuschuss der Krankenkasse
nötig. Um einem Antrag positiv stattgeben zu können ist es vorteilhaft, wenn schon ein
Gerichtsurteil vorliegt (in Ausnahmefällen kann ein polizeilicher Bericht genügen). Die
Tat muss auf jeden Fall aktenkundig sein (Polizeiprotokoll, Gerichtsurteil,
Krankenhausaufenthalt, Arztbesuch etc.). Alle Unterlagen, die den Sachverhalt
objektivieren können, sollten dem Antrag beigelegt werden. Es muss eine
krankheitswertige Störung vorliegen, was sich für das Bundessozialamt durch die
Bereitschaft des zuständigen Krankenversicherungsträgers, den Kostenzuschuss für
Psychotherapie zu gewähren, dokumentiert. In der Regel sendet die Psychotherapeutin
einen Antrag mit allen wie bisher notwendigen Angaben und der Bitte um schriftliche
Bewilligung an die Krankenkasse. Bei Vorliegen des Kostenzuschusses durch die
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Krankenversicherung wird die Krankheitswertigkeit als gegeben angesehen. Es
empfiehlt sich daher, bereits zu Beginn einer solchen Therapie - und nicht erst nach
der zehnten Stunde - den Antrag auf Kostenübernahme beim jeweiligen
Versicherungsträger mit dem Vermerk „Antrag auf Kostenübernahme nach dem VOG
beim Bundessozialamt vorgesehen“ und unter Angabe der voraussichtlich benötigten
Stundenanzahl zu stellen.
Die Kostenübernahme ist mit dem dreifachen Betrag des Kostenzuschusses der
gesetzlichen Krankenversicherung und der Zahl der bewilligten Sitzungen beschränkt.
Die Behandlung wird bei Vorliegen der Voraussetzungen ab 01.01.1999 ausbezahlt. Die
Kostenübernahme erfolgt mit Beginn des mit dem Ansuchen folgenden Monats. Der
Psychotherapeut muss in die Psychotherapeutenliste eingetragen sein.
Ist es trotz Vorliegens einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 2 VOG zu einem
außergerichtlichen Vergleich zwischen Opfer und Täter gekommen, so findet keine
Kostenübernahme durch das Bundessozialamt statt. Das Bundessozialamt wird
versuchen, im Wege des Regresses, bis hin zu einer Pfändung, die anfallenden Kosten
(für Therapie, Heilmittel etc.) vom Täter zurückzufordern, was im Rahmen von
Missbrauchsfällen von großer Bedeutung sein kann, wenn Täter und Opfer im
Familienband (noch) zusammenleben. Die Leistung ist unabhängig vom Einkommen
des Opfers. Sollte im Verlauf der Psychotherapie der Täter im gleichzeitig laufenden
Gerichtsverfahren frei gesprochen werden, stellt das Bundessozialamt die Finanzierung
der Therapie ein. Eine Rückforderung der bereits erbrachten Leistungen findet nicht
statt. Da die Vorgehensweise in den Bundesländern unterschiedlich geregelt sein kann,
ist es zweckmäßig, die nötigen Informationen beim jeweils zuständigen
Sozialministeriumservice (vgl. www.sozialministeriumservice.at) einzuholen.
Als private, politisch unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft bietet die Organisation
„Weißer Ring Österreich“ Opfern von Verbrechen Hilfe an. Unter anderem kann beim
Weißen Ring kostenlose Rechtsberatung, Unterstützung bei Behördenwegen,
Beratungsgespräche mit Therapeuten und auch finanzielle Unterstützung in Anspruch
genommen werden. Kontakt: http://www.weisser-ring.at/index.htm
Kostenübernahme bei Krisenintervention durch Klinische Psychologen und
Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten
Die Kostenübernahme bei Krisenintervention durch Klinische Psychologen und
Gesundheitspsychologen ist mit 01.04.2013, die Kostenübernahme bei
Krisenintervention Psychotherapeuten mit 01.07.2015 in Kraft getreten. Opfer und
Hinterbliebene, die unmittelbar nach einer Straftat im Rahmen einer Krisenintervention
psychologisch betreut werden, sollen einen Anspruch auf Kostenübernahme durch den
Bund bis zu einem festgesetzten Höchstausmaß haben.
Kriseninterventionen helfen den psychischen Zustand von Opfern und Hinterbliebenen
zu stabilisieren und bewirken mitunter, dass eine nachfolgende psychotherapeutische
Krankenbehandlung unter Umständen nicht mehr erforderlich ist. § 4a VOG sieht
nunmehr vor, dass die Kosten einer Krisenintervention in Notfällen (d.h. klinischpsychologische und gesundheitspsychologische Behandlung durch Klinische
Psychologen und Gesundheitspsychologen oder Behandlung durch Psychotherapeuten),
die Opfer oder Hinterbliebene infolge einer Handlung nach § 1 Abs. 1 zu tragen haben,
pro Sitzung bis zur Höhe des vierfachen Betrages des Kostenzuschusses nach § 4 Abs.
5 des örtlich zuständigen Trägers der Krankenversicherung zu übernehmen sind. Eine
Kostenübernahme gebührt für höchstens zehn Sitzungen. Die Gewährung der
Kostenübernahme erfolgt dabei auf Antrag über das Bundesamt für Soziales und
Behindertenwesen des Bundeslandes, in dem das Opfer seinen Wohnsitz hat.
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