Erste Hilfe gegen Elektrosmog

Werbung
Blickpunkt
Erste Hilfe
gegen Elektrosmog
Tausende Sendemasten sind in den
letzten Jahren aufgestellt worden,
um die Handy-Netze auszubauen.
Sie schüren die Angst vieler Menschen vor Elektrosmog. Wir stellen
die neuesten Studien zur Strahlenbelastung vor und zeigen, wie Sie
sich am besten schützen können:
vor der Antenne auf dem Nachbarhaus oder beim Telefonieren mit
dem Handy.
(…) Viele Menschen leiden unter
elektromagnetischer Strahlung, die
aus zahllosen Quellen in ihre Wohnräume dringt. Dies können Mobilfunkantennen oder Fernsehsender sein,
aber auch drahtlose Telefone beim
Nachbarn oder Elektroöfen. Die ausgelösten Symptome sind vielfältig. Betroffene berichten insbesondere von
Schlaf- und Konzentrationsstörungen,
Herz-Kreislauf-Problemen, Nervosität
und Depressionen.
Allerdings schreiben Forscher diesen Quellen unterschiedliche Gefährdungspotenziale zu. Als relativ harmlos gelten niederfrequente elektrische
Felder, wie sie von Stromleitungen und
Haushaltsgeräten in unseren Häusern
und Wohnungen und von Hochspannungsleitungen ausgehen. Sie entstehen durch die elektrische Spannung.
Deshalb treten sie beispielsweise
entlang der Leitungen im Haus auch
dann auf, wenn kein Strom fließt. Sie
werden jedoch durch elektrisch leitende geerdete Materialien – dazu zählen
auch Hauswände – gut abgeschirmt.
Problematischer sind die magnetischen Felder. Sie entstehen, sobald
Strom fließt, und durchdringen die
meisten Materialien. Daher lassen sie
sich kaum abschirmen, verschwinden
aber, wenn Elektrogeräte abgeschaltet
werden. Ausnahme: Geräte mit Transformatoren, sofern diese nicht vom
Netz getrennt sind. Einige Studien, die
zumeist auf Tierversuchen beruhen,
bringen niederfrequente magnetische
Felder mit der Förderung von Tumor-
WIR 2/2005
wachstum, erhöhten Missbildungsraten, verändertem Spiegel des Hormons Melatonin sowie Hirnstromänderungen in Verbindung. Melatonin
wird von der Zirbeldrüse ausgeschüttet und steuert die Biorhythmen des
Menschen.
Riskanter noch ist nach Meinung
vieler Biomediziner die elektromagnetische Strahlung. Physikalisch gesehen,
besteht sie aus hochfrequenten (über
30.000 Hertz), gekoppelten elektrischen und magnetischen Feldern, die
von Antennen abgestrahlt werden und
sich frei im Raum ausbreiten können.
Typische Quellen sind Radio- und Fernsehsender oder Radaranlagen.
Alarmstufe rot schließlich herrscht
bei der vornehmlich für den Mobilfunk
genutzten EM-Strahlung. Sie ist „gepulst”: Eine hochfrequente Trägerwelle
(900 Megahertz im D-Netz, 1800 MHz
im E-Netz) wird in kurzen Impulsen mit
zeitlichen Lücken dazwischen abgestrahlt. Das Strahlungsstakkato besteht
aus 217 Pulsen in der Sekunde.
Gerade diese im Mikrowellenbereich angesiedelte Pulsstrahlung
bewirkt, wie zahllose Studien belegen,
eine Reihe biologischer Effekte. Zum
einen absorbiert Wasser die Mikrowellen, starke Felder erhitzen somit
das Gewebe – diese Wirkung nutzen
Mikrowellenherde. Allerdings sind
thermische Schäden durch HandyStrahlung ausgeschlossen – die entsprechend niedrig angesetzten Grenzwerte für die Feldstärken schützen
zuverlässig.
Anders verhält es sich bei den
nicht thermischen Effekten der Handy-Strahlung. Sie können auch bei
weit unterhalb der Grenzwerte liegenden Feldstärken auftreten. Zahlreiche Untersuchungen förderten
genetische Schäden in Zellen zutage.
Zudem fanden sich biochemische Veränderungen im Gehirn, auch ließen
einige Experimente auf eine stärkere
Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schran-
ke für bestimmte Proteine schließen.
Diese Gewebsschicht schützt das
Gehirn normalerweise vor gefährlichen Stoffen. Manche Forscher haben
unter dem Einfluss handytypischer
Pulsstrahlung veränderte Hirnströme
sowie Verhaltensänderungen bei Menschen und Tieren beobachtet. Folgerichtig bringen Ärzte Erkrankungen des
Zentralnervensystems mit der HandyNutzung in Verbindung. Sie nennen
Konzentrations- und Schlafstörungen
sowie Gedächtnisschwäche, Drehschwindel, Migräne und Schlaganfälle
als mögliche Folgen – im schlimmsten
Fall Krebs.
Seit Entstehung der Erde gehören sie zum
natürlichen Lebensumfeld: elektromagnetische Felder. Selbst das Sonnenlicht gehört
zu dieser Art von Strahlung. Doch seit rund
150 Jahren erzeugt der Mensch mit unzähligen Geräten künstlich elektromagnetische
Wellen. Sie entstehen überall da, wo Strom
fließt oder wo per Funk kommuniziert wird:
Haushaltsgeräte, Radio, Fernseher und natürlich das Handy nutzen oder erzeugen elektromagnetische Wellen – und wir können nicht
mehr auf sie verzichten.
Leonardo Dossiers: Angst vor Elektrosmog?
WDR 5, siehe: www.wdr5.de/sendungen/leonardo/
dossiers/dossier_elektrosmog
(Anmerkung der WIR-Redaktion)
Diesen Verdacht nährt eine Mitte
Oktober veröffentlichte Studie des
renommierten Karolinska-Instituts in
Stockholm. Dort hatten Umweltmediziner die Handy-Nutzung von 150
Patienten untersucht, die an einem
gutartigen Tumor am Hörnerv litten
(Akustikusneurinom). Das Ergebnis:
Bei Menschen, die mehr als zehn Jahre lang mobil telefonieren, verdoppelt
sich das Risiko einer Gewebsveränderung. Bei den schwedischen Patienten
trat der Tumor überdies viermal häufiger an der Kopfseite auf, an der sie das
Handy in der Regel halten. Dagegen
konnte eine dänische Forschergruppe
9
Blickpunkt
keinen Zusammenhang zwischen Handy-Nutzung und Akustikusneurinomen
finden.
Krebsalarm durch Handy-Strahlung herrscht auch im oberfränkischen Ort Naila. Dort legten Ärzte
im Sommer 2004 eine Untersuchung
vor, der zufolge örtliche Mobilfunkantennen die Krebsrate steigern.
So sei bei Einwohnern im Umkreis
von 400 Metern um die Sender das
Risiko, einen Tumor zu entwickeln,
gegenüber weiter entfernt lebenden
Mitbürgern um das Doppelte erhöht.
Andere Experten aber bestreiten auf
Grund methodischer Mängel die Aussagekraft der Studie.
Einen möglichen Mechanismus der
Krebsentstehung durch MobilfunkStrahlung zeigte zuletzt die im Mai
2004 vorgelegte so genannte ReflexStudie auf. Danach führten die schwingenden EM-Felder zu Einzel- und Doppelstrangbrüchen im Erbmolekül DNS.
„Seit 40 Jahren gilt die Lehrmeinung,
dass elektromagnetische Felder zu
schwach sind, um das Erbgut zu verändern“, sagt der Münchner Medizinprofessor Franz Adlkofer, der die Studie leitete. „Unsere Ergebnisse haben
jetzt das Gegenteil gezeigt.“ Gefährlich seien vor allem die Doppelstrangbrüche, weil sie vom Körper oft falsch
repariert werden. Adlkofer: „Veränderungen am Erbgut führen in der Regel zu Krebs.(1)“ Kritiker kontern: Es
sei fraglich, ob die Mutationen beim
Menschen wirklich Krebs ausgelöst
hätten. Denn Genveränderungen wie
die Strangbrüche würden auch unter
natürlichen Umständen auftreten.
Derlei Widersprüche kennzeichnen die Debatte über die Risiken
von Elektrosmog und Handy-Strahlung. Weltweit gibt es knapp 30.000
(1) Laut Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz vom
14.3.2005 stellte Prof. Adlkofer, der
Koordinator des Reflex-Programms,
im EU-Bericht abschließend fest,
dass alle Ergebnisse ausschließlich
an Zellkulturen gewonnen wurden
und daher ungeeignet sind, Aussagen über die gesundheitliche Relevanz für den Menschen zu treffen.
(Anmerkung der WIR-Redaktion)
10
Messen im Eigenheim
Die Elektrosmog-Gefahr in der eigenen Wohnung ausloten – das versprechen die Hersteller entsprechender Messgeräte. Sie kosten zwischen
einigen Dutzend und mehreren tausend Euro. Vor allem die teuren Geräte
zum Selbermessen sind mit Profi-Elektronik vollgestopft. Sie bieten unter
anderem Spitzenfeldstärken-Anzeiger, Niedrigfrequenz-Spektrumanalyse,
akustische Grenzwertmelder, dazu sind sie hochempfindlich. Genau darin
aber liegt die Crux: Die hohe Empfindlichkeit erschwert es eher, aus der
Vielzahl der angezeigten Felder die Quellen genau zu bestimmen. Weiter
zeigen manche Geräte nicht einzelne Werte, sondern mittels Leuchtdioden
ganze Feldstärkebereiche an. Diese Zonen sind aber oft so groß, dass sie
sowohl riskante als auch gesundheitlich unbedenkliche Werte anzeigen.
Trotz Fortschritten in der Messtechnik liefern viele Geräte deshalb nach wie
vor nutzlose Daten, darüber hinaus lässt bei manchen die Messgenauigkeit
zu wünschen übrig. Verbraucherverbände und Baubiologen raten, für Messungen ein qualifiziertes Institut zu beauftragen. Eine von einem Fachmann
durchgeführte Messung kostet wenige hundert Euro.
diesbezügliche Studien. Etwa die
Hälfte vermeldet biologische Effekte bis hin zur Entstehung von
Krebs, die andere Hälfte kann keine
Auswirkungen auf Gesundheit oder
Wohlergehen von Menschen oder Versuchstieren finden.
Den Physiker Gerard Hyland von
der britischen Universität Warwick
verwundern die gegensätzlichen
Forschungsergebnisse nicht. „Der
Mensch“, sagt er, „ist ein elektromagnetischer Apparat par excellence.
Die EMF-Empfindlichkeit hängt vom
physiologischen Status ab, der sich
etwa durch Stress, aber auch tagesund jahreszeitlich ändert. Darum gibt
es keine klar definierten Gesundheitsschäden, sondern ein Risiko für eine
unbekannte Zahl zunächst nicht identifizierbarer Menschen.“ Dies erkläre
auch die Nichtwiederholbarkeit vieler
Versuche: Die Biofrequenzen lebender
Systeme können sich verschieben.
Ohne eindeutiges Resultat blieb
auch eine der größten Studien über
Mobiltelefone und Gesundheit. Vorgelegt hat sie im Mai 2000 die britische
Independent Expert Group on Mobile
Phones, eine Gruppe von Biologen,
Ärzten, Physikern und Elektroingenieuren. Die Briten fanden heraus, dass
Handy-Strahlung auch unterhalb der
gültigen Grenzwerte kognitive Funktionen und Hirnwellen beeinflusst. Die
Erkenntnisse ließen aber kein erhöhtes Krebsrisiko erkennen, konnten es
indes auch nicht ausschließen. Für ab-
schließende Aussagen seien Handys
nicht lange genug in Gebrauch.
Dennoch mahnt der Studienleiter
William Stewart, Jugendliche bis 16
Jahre sollten vorsichtshalber gar nicht
mobil telefonieren: Auf Grund ihres
dünneren Schädels und des noch in
Entwicklung befindlichen Nervensystems seien sie einem größeren Risiko
ausgesetzt als Erwachsene. Andere
Experten fassen die Ratschläge für
Schutzmaßnahmen noch viel weiter –
insbesondere für Elektrosensible. Sie
reichen neben der Handy-Abstinenz
von der Nutzung einer Freisprecheinrichtung bis hin zum Tragen abschirmender Wäsche, metalldurchwirkten
Bettbezügen als Strahlungsschutz
oder zur Abschirmung ganzer Räume
und Häuser durch Strahlung reflektierende Tapeten bzw. Baumaterialien.
Wie gefährlich Handy-Strahlung
wirklich ist, wird sich womöglich erst
im Jahr 2007 erweisen. Dann will die
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
das Ergebnis ihres International EMF
Project bekannt geben. Diese weltgrößte Studie soll zeigen, ob eine Generation hirngeschädigter Zombies
heranwächst oder ob die schöne neue
Mobilfunkwelt wirklich so heil ist, wie
es Handy-Hersteller und Netzbetreiber versichern.
Wolfgang Silvanus
Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung der Redaktion von Kosmos+Natur aus dem
Dezemberheft 2004 in leicht gekürzter Version
übernommen.
WIR 2/2005
Verbraucherschützer, Baubiologen,
Betroffene und Bürgerinitiativen
bieten Informationen und Beratung
unterschiedlicher Art, wenn es um
mögliche Strahlenbelastung durch
elektromagnetische Felder geht.
Aktuelle Forschungsergebnisse
sind übers Internet am schnellsten
zu finden, genauso strahlungsarme
Handys. Spezialisierte Firmen haben abschirmende Materialien im
Angebot – von der Schutzkleidung
bis zur Bettwäsche.
Internet
Allgemeine Beratung:
www.agoef.de
www.wilabonn.de/esmog.htm
www.forum-elektrosmog.de
Strahlungsarmes Bauen:
www.Baufritz.de
www.81fuenf.de
Handy-SAR-Werte:
www.bemi.se/founder/clips/cellularSAR.
html
www.handywerte.de
Risiken von Mobilfunkantennen:
www.umweltinstitut.org/frameset.htm
Neue Studien, Foren und Bürgerinitiativen:
www.strahlentelex.de
www.buergerwelle.de
www.ecolog-institut.de
www.fgf.de
Tipps zum Handygebrauch
www.katalyse.de
www.imst.de
Baubiologen:
www.maes.de
www.ohne-elektrosmog-wohnen.de
www.baubiologie.net
Abschirmmaterialien:
www.risiko-elektrosmog.de/Vorsorge/Abschirmung/Schutzkleidung.htm
www.marburg.com
www.sanders-of-germany.com
www.biologa.de
www.i-thomas-gmbh.de
www.teha-textil.de
Messgeräte:
http://mitglied.lycos.de/elektrosmog/
hf-messgeraete.htm
Regulierungsbehörde:
www.regtp.de
Weitere wichtige Internetadressen:
www.bfs.de (Bundesamt für Strahlenschutz)
www.ssk.de (Strahlenschutzkommission)
www.mobilfunk-information.de
(Internetplattform des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit)
www.femu.de (Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit (femu)
www.lfu.baden-wuerttemberg.de
(Landesanstalt für Umweltschutz BadenWürttemberg: umfassende Literaturstudie)
www.medicine-worldwide.de
(alles über Medizin und Gesundheit im
Internet)
1. Die Grundregel heißt: Telefonieren Sie so kurz und so selten wie möglich
mit dem Handy. Das gilt vor allem bei schlechtem Empfang in Häusern, auf
dem Land, im Zug und im Auto.
2. Wenn Sie anrufen, halten Sie das Handy während des Gesprächsaufbaus
nicht an Ihr Ohr. In dieser Phase sendet das Telefon immer mit hoher
Leistung.
3. Je besser der Empfang, desto geringer die Strahlung. Deshalb sollten Sie
dann telefonieren, wenn auf dem Handy-Display guter Empfang angezeigt
ist. Decken Sie die Antenne (häufig innenliegend!) nicht mit der Hand ab
– halten Sie das Handy also in der unteren Hälfte fest.
4. Im Auto sollten Sie eine Freisprechanlage oder ein Headset mit Außenantenne benutzen.
5. Für Vieltelefonierter empfiehlt sich ebenfalls ein Headset.
6. Tragen Sie das eingeschaltete Handy nicht direkt am Körper. Stecken Sie es in Ihre Akten- oder Handtasche. Im
Stand-by-Betrieb meldet sich das Handy bei der nächstgelegenen Basisstation. Je nach Provider sind die Zeitabstände unterschiedlich. Wenn Sie im Zug sitzen oder im Auto unterwegs sind, kommen Sie häufig in neue Funkzellen. Bei jedem Wechsel strahlt das Handy.
7. Schalten Sie das Handy so oft wie möglich aus. Wenn Sie zu Hause sind oder nicht erreichbar sein müssen,
schalten Sie ab. Sie können Ihre Mobilrufnummer auch auf Ihren Festnetzanschluss umleiten, was aber zusätzliche
Kosten verursacht.
8. Sicher ist sicher: Lassen Sie Kinder unter 16 Jahren möglichst wenig mit dem Handy telefonieren.
Quelle: www.wdr5.de/sendungen/leonardo/dossiers/dossier_elektrosmog
(Anmerkung der WIR-Redaktion)
WIR 2/2005
11
Herunterladen