Projektbericht "Mit Netz und doppeltem Boden Von nun an geht's bergauf!" Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche, Bundesverband Wochenendseminar vom 30.April bis 02. Mai 2010 Der Grundgedanke Mit dem Projekt "Mit Netz und doppeltem Boden" soll den beteiligten Zielgruppen die Möglichkeit geboten werden, ein engeres Netzwerk zwischen den noch sehr vereinzelt existierenden und arbeitenden Gruppen und Angeboten für junge Menschen in der Suchtselbsthilfe zu knüpfen. Seit einigen Jahren bilden sich immer wieder neue Gruppen für die Zielgruppen der "Jungen Suchtkranken" und der "Kinder aus suchtbelasteten Familien". Einige Gruppen stellen aber auch immer wieder ihr Angebot ein, da sich die Lebensbezüge der jungen Gruppenteilnehmer/-innen ändern. Die räumliche Distanz stellt eine besondere Schwierigkeit bei allen Angeboten für die Zielgruppe dar. Junge Menscher verfügen noch nicht über ausreichende finanzielle Mittel und Selbstverantwortlichkeit, um die notwendige Mobilität zu bewerkstelligen. In 2010 führten wir das dritte Projektwochenende im Rahmen der jährlich und damit regelmäßig stattfindenden Netzwerktreffen mit Gruppen für junge Menschen in der Sucht-Selbsthilfe durch. Dies wurde nur möglich durch die Unterstützung der Karl Heinz und Hannelore Bösken-Diebels-Stiftung und der Techniker Krankenkasse. Anzahl der Teilnehmer Insgesamt nahmen 39 Menschen an diesem Vernetzungstreffen teil. Die Teilnehmer/-innengruppe umfasste 10 Jugendliche (13 - 17 Jahre), 6 junge Erwachsene (18 - 35 Jahre) und 9 Kinder (4 - 11 Jahre). Weiterhin nahmen 12 Erwachsene teil. Außer den Teilnehmenden und Leitenden aus den Jugend- und Familiengruppen nahmen 8 Familien und 6 Einzelpersonen teil, die durch Freunde oder das BKE über die Veranstaltung erfahren haben. Die Zahl der Familien stieg im Vergleich zum Vorjahr um 60% und damit auch die Zahl der Kinder um 50%. Etwas rückläufig waren die Zahlen der Jugendlichen (10 zu im Vorjahr 12 Jugendlichen). Die Mischung aus Jugend- und Familiengruppen, Familien und Einzelpersonen hat sich bewährt und als und als unproblematisch erwiesen. Die einzelnen Zielgruppen profitieren voneinander. Insgesamt 7 Personen zählten zum Leitungsteam. Es setzte sich zusammen aus 5 ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen des JULITI-Arbeitskreises und 2 pädagogischen Mitarbeiter/-innen des Verbandes. Projektziele Im Jahr 2010 konnten die gefassten Projektziele weiter vorangetrieben werden. Mit dem Titel des Projektwochenendes "Mit Netz und doppeltem Boden - Von nun an geht's bergauf!" wurde ganz bewußt wieder ein Teil des Projekttitels aus den beiden letzten Jahren aufgegriffen, so dass der Wiedererkennungswert für die Zielgruppe gegeben war. Dies bestätigte sich auch in der Zahl der Teilnehmenden. Stieg die Zahl der teilnehmenden im Vergleich zu 2008 zu 2009 um 38%, so blieb diese Zahl in 2010 konstant. Mit rund 40 Personen ist, so wie die Projektwochenenden konzipiert sind, auch die Obergrenze des pädagogisch Vertretbaren erreicht. Veränderungen gab es bei der Zusammensetzung der erreichten Zielgruppen. Es ist deutlich ein Trend hin zu mehr jungen Familien mit einem Suchthintergrund zu verzeichnen. Leitung Im Vergleich zum Vorjahr wurde dieses Projektwochenende wieder ohne externe Referentinnen und Referenten durchgeführt. Damit reagierten wir auf die Wünsche der Teilnehmenden aus 2009, die zwar die Vorjahresveranstaltung durchaus positiv bewerteten, sich aber dennoch für eine Leitung durch vertraute, dem Verband angehörige Referentinnen und Referenten aussprachen. Programmablauf mit Bildern Wie schon im Vorjahr gelang es der Projektgruppe sehr schnell, ein gutes Maß an Vertrautheit bereits am Freitagabend zu erlangen. Bewusst wurde das Wochenende mit den gleichen Methoden und Interaktionen gestartet wie schon im Vorjahr. Dieser Ablauf machte es möglich, dass sich die neu hinzu gekommenen Teilnehmer-/innen an den "erfahreneren" orientieren konnten. Gemeinsam wurden Regeln für das Miteinander an diesem Wochenende aufgestellt, die sich zum großen teil mit den regeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn deckten. Bereits hier wurde deutlich, dass es den jungen Menschen vor allem um gegenseitige Akzeptanz, Rücksichtsnahme und Wertschätzung ging. Noch am Freitagabend entwarfen alle Teilnehmenden einen Ablaufplan, in dem die eigenen Vorstellungen und Wünsche, die Aktionen des BKE-Referententeams und Vorbereitungen der JULITI-Arbeitsgruppe als Leitungsteam ihren Platz fanden. Wie schon in den Vorjahren beeindruckte es vor allem, dass es gar nicht so sehr darum ging, neue Aktionen, Spiele oder Gesprächsmöglichkeiten zu schaffen, sondern dass die Angebote des Vorjahres wieder aufgegriffen wurden und die "Neuen" in die Gepflogenheiten dieses Treffens eingeweiht und einbezogen wurden. Dazu trug besonders eine gruppendynamische Interaktionsübung bei, die sich durch das gesamte Wochenende zog und nun schon im vierten Jahr alle Alternativvorschläge überdauert. Das Leitungs- und Referententeam konnte die Teilnehmenden aber auch zu neuen Angeboten und Aktionen begeistern. Erstmalig begab sich die gesamte Projektgruppe am Samstag auf eine halbtägige Exkursion, die zu den nahe gelegenen Externsteinen führte. Die ursprünglich einmal geplanten Aktionen an der Kletterwand mussten aus sicherheitstechnischen Gründen seitens des Seminarhauses ausfallen. Die Wanderung zu den Externsteinen und das besteigen dieser boten aber einen überaus adäquaten Ersatz und sorgten für ein beeindruckendes Gemeinschaftserlebnis. Gruppendynamische Prozesse waren ebenso zu beobachten wie ganz individuelle Weiterentwicklungsprozesse. So beschrieb z.B. ein junger Vater, dass er durch diese Aktion ein Stück seiner Höhenangst überwinden konnte. Andere Teilnehmende erlebten Natur erstmalig wieder ganz hautnah und Bewegung fand nicht mehr nur in virtuellen Welten statt. Dieses Erleben war besonders bedeutsam, da viele der Kinder und Jugendlichen in einer Familie aufwachsen, in der nicht mehr alles rund läuft. Hier geht es oft darum, sich allein durchbeißen zu müssen. Da tut es gut, jemanden zu treffen, dem es genauso geht. Auch am Sonntag gab es eine Premiere. In den vergangenen Jahren liefen präventive Aktionen eher im Hintergrund ab und wirkten ganzheitlich und zur Förderung und Stärkung der Gesundheit und Persönlichkeit. In diesem Jahr integrierte das Leitungsteam ganz spezielle suchtpräventive Maßnahmen. Videoclips und Printmedien regten die gesamte Projektgruppe zu Diskussionsrunden und Kleingruppengesprächen wie auch zu Einzelgesprächen in Bezug auf unterschiedliche substanz- und verhaltensbezogene Suchtformen an. Den Höhepunkt bildete eine Geschicklichkeitsparcour, der mit Rauschbrillen durchlaufen werden musste. Die Reaktionen reichten von "Das ist ja lustig!" über "Das ist aber unangenehm!" bis hin zu "Das macht mir Angst!", "Das weckt alte Erinnerungen!". Erfolge Beim Blick auf die formulierten Ziele, die durch ein regelmäßiges Vernetzungstreffen erreicht werden sollen, lassen sich Teilerfolge sichtbar machen. a. Kurzfristiges Ziel: Vernetzung und Stabilisierung von bestehenden Selbsthilfegruppen für "junge Suchtkranke", "Kinder von Suchtkranken" und "Junge Familien mit einer Suchtbelastung". Sicherheit und Halt bei der weiteren Gruppenarbeit und Selbstsicherheit und Zuversicht für die persönliche Weiterentwicklung. b. Mittelfristiges Ziel: Gründung von weiteren Selbsthilfegruppen für "Junge Menschen" und Schaffung von interessanten Angeboten für die Zielgruppen. c. Langfristiges Ziel: Integration von "Jungen Menschen" in den Verband. Das kurzfristige Ziel ist erreicht worden. Der Prozess, der bereits im Vorjahr begonnen hat, setzte sich fort. Die konstant gebliebene Zahl der Teilnehmenden spricht hier für sich. Mit diesem Projekt impliziert ist auch eine Vernetzung, die über das jeweilige Wochenende hinausgehen soll. Es wurde in Gesprächen deutlich, dass einige der Personen, die bereits in den Vorjahren teilgenommen haben, auch zwischen den Treffen in Kontakt geblieben sind. Zudem haben sie weitere Personen angesprochen und zur Teilnahme motiviert. Mittlerweile zahlt sich das kontinuierliche Angebot an Netzwerktreffen aus. Diese Kontinuität sorgt dafür, dass Blaukreuzlerinnen und Blaukreuzler, die sich in Angeboten für eine der fokussierten Zielgruppen engagieren wollen, auf kompetente Ansprechpartner-/innen treffen und vom Verband die notwendige Unterstützung erhalten. Die im letzten Jahr neu gegründete Kinder- und Jugendgruppe in Gelsenkirchen ruht zurzeit zwar wieder, aber in Osnabrück eröffnete eine neue Gruppe für "Junge Suchtkranke". Diese Dynamik ist spezifisch für die Arbeit mit den genannten Zielgruppen und sorgt für Lebendigkeit und passgenaue Angebote. Um das langfristige Ziel zu erreichen, bedarf es einer konstanten Weiterführung der bisherigen Angebote, sodass fundierte und Erfolg versprechende Ergebnisse vorgewiesen werden können. Die Beschäftigung mit den Zielgruppen der jungen Menschen ist noch ebenso jung wie die Zielgruppe selbst. Es kann da gelingen, wo feste Strukturen durch Geduld und Ausdauer flexibler und "geschmeidiger" werden, sodass neue Erfahrungen und auch Herausforderungen ihren Weg finden können. Die Förderung an dieser Stelle der Sekundärprävention bedeutet eine Investition in die Zukunft der Sucht-Selbsthilfe und in die Zukunft der jungen Menschen. Das Projekt bietet jungen Menschen und jungen Familien einen Raum für Begegnungen und verbindende und stärkende Kontakte, die über das Seminar hinaus wirken. Planungen für die nähere Zukunft Über die Menschen des Verbandes, in Sitzungen und bei Veranstaltungen wird über das Vernetzungstreffen und die damit im Zusammenhang stehenden weiteren Bemühungen für die Zielgruppe berichtet. Das Leitungsteam, dessen Mitglieder auch im Qualitätszirkel "JULITI" aktiv sind, wird im Rahmen eines gesonderten Projekts im Bereich Öffentlichkeitsarbeit die Ergebnisse des Projekts "Mit Netz und doppeltem Boden" einfließen lassen und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Teilnehmenden der Qualifizierungsmaßnahme sprachen sich für die Erstellung eines Faltblatts aus, das von den jungen Gruppen genutzt werden kann, um auf sich und ihr Angebot aufmerksam zu machen und das junge Menschen motiviert, eine Selbsthilfegruppe oder ein Selbsthilfeangebot zu besuchen. Erste Entwürfe und Ideen wurden dazu bereits gemeinsam mit den teilnehmenden der Qualifizierungsmaßnahme zusammengetragen. Ebenso werden die bisherigen Erkenntnisse in die Planung des nächsten Vernetzungstreffens, das in 2011 stattfinden soll, einfließen. Angedacht wurde, die Einrichtungen des Seminarhauses stärker zu nutzen, die erlebnispädagogische Aktionen an der Kletterwand unter fachlicher Begleitung zuzulassen. Zudem wird über ein "Coolness-Training" nachgedacht. Öffentlichkeitsarbeit Es wird im "BKE-Report" (Verbandszeitschrift) und auf der Homepage des Verbandes über das Vernetzungstreffen berichtet. Die teilnehmenden erhielten eine Fotodokumentation und die Arbeitsunterlagen auf einer CD-Rom. Resonanz auf das Projekt Die Teilnehmenden äußerten sich durchweg positiv über das gemeinsam verbrachte Wochenende. Die Aktionen, die durch das Leitungsteam angeleitet wurden, kamen gut an. Zahlreiche Rückmeldungen bekundeten, dass es "das beste Vernetzungstreffen aller Zeiten" war. Das Leitungsteam war mit dem Ergebnis ebenfalls sehr zufrieden. Auf die Frage hin, wer ein weiteres Mal am Seminar teilnehmen würde oder es weiterempfehlen könnte, gab es ausschließlich positive Reaktionen.