12 Praxis aktuell Die ZahnarztWoche Ausgabe 33/09 Multischicht-Polymerblock für computergestützt gefertigte Langzeitprovisorien Dr. Thomas Brunner zur ökonomischen Herstellung ästhetischer provisorischer Versorgungen Nach einer Zahnextraktion und einer klinischen Zahnsituation mit unsicherer Prognose wird ein Provisorium benötigt, um die Zeitspanne bis zur Versorgung mit einer definitiven Restauration zu überbrücken beziehungsweise die Wertigkeit der prothetischen Pfeiler beurteilen zu können. Liegt die betroffene Zahnregion im sichtbaren Bereich, setzt dies voraus, dass die temporäre Versorgung nicht nur funktionellen Aspekten, sondern auch ästhetischen Ansprüchen gerecht werden muss. 1 Keramik, Vita Zahnfabrik, Bad Säckingen). Solche Materialblöcke weisen eine Farbnuancierung vom Hals bis zur Schneide auf, durch die der natürliche Zahnaufbau imitiert wird. Dieses Konzept wurde nun auf das Provisorienmaterial Vita CAD-Temp übertragen. Die neue Variante heißt Vita CADTemp multiColor und stellt einen Multischicht-Polymerblock mit Untersuchung und Diagnose Bei dem Patienten lag ein parodontal geschädigtes, prothetisch versorgtes Lückengebiss vor (Abb. 1 bis 3). Die Zähne 23 und 26 waren klinisch stabil (keine Lockerung), Zahn 25 wies Lockerungsgrad II auf. Auf den Röntgenaufnahmen war ein horizontaler und vertikaler Knochenabbau an den Zähnen 23, 25 und 26 zu erkennen (Abb. 4 und 5). Aufgrund der knöchernen Situation und der Allgemeinanamnese – der Patient ist Diabetiker – haben wir uns gemeinsam mit dem Patienten für eine CAD/CAM-gefertigte provisorische Brücke entschieden. Nach etwa zwei Monaten soll die Reevaluation zeigen, ob die provisorische Brücke in eine definitive Brücke umgesetzt werden kann oder eine alternative prothetische Lösung sinnvoller ist. Der Behandlungsplan gestaltet sich wie folgt: • Präparation der Zähne 23 und 26, • Insertion eines kieferorthopädischen MiniImplantats distal 26, • Extraktion von Zahn 25, • optischer Abdruck mit der Aufnahmeeinheit des D CAD/CAM-Systems Cerec 3D (Sirona Dental Systems, Bensheim), • virtuelle Brückenkonstruktion mit der inLab-Software 3.10, • Formschleifen aus Vita CAD-Temp multiColor, • provisorisches Zementieren. März 2008 Inhaber eines gewerblichen Labors mit Schwerpunkt CAD/CAM und Vollkeramik. Zunächst erfolgte die Präparation der Zähne 23 und 26 sowie die Extraktion von Zahn 25. Anschließend wurde distal von Zahn 26 ein kieferorthopädisches MiniImplantat gesetzt, um ein einwandfreies Überlagern der Präparations- und Antagonistenaufnahmen durch die Software zu 2 3 7 8 9 15 13 14 ▲ Als effizientes Fertigungsverfahren hat sich die CAD/CAM-Herstellung sowohl von definitiven als auch provisorischen Versorgungen erfolgreich etabliert. Besonders wirtschaftlich bei gleichzeitig angemessener Ästhetik wird die Fertigung durch Materialien, die bereits seitens der Industrie vorgeschichtet werden (etwa Vitablocs TriLuxe und TriLuxe-forte- vier Farbschichten dar. In folgendem Fallbeispiel wurde er für die Chairside-Fertigung einer viergliedrigen provisorischen Brücke genutzt. er Autor dieses Beitrags, Dr. Thomas Brunner, machte 1996 sein Staatsexamen an der Universität Regensburg. Von 1996 bis 1998 war er als Assistenzzahnarzt bei Dr. Markus Maurer in Frauenau tätig. Im Jahr 1998 erfolgte die Promotion zum Dr. med. dent. Seit 1999 ist Brunner in einer Gemeinschaftspraxis mit Dr. Markus Maurer in Frauenau niedergelassen. Seit 2006 Anwender von Cerec und inLab ist er seit Praxis aktuell Ausgabe 33/09 ▲ gewährleisten. Eine manuelle Korrelation von Antagonist und Präparation ist mit diesem einfachen Trick nicht mehr nötig, da das Programm die Aufnahmen mit dem Implantatkopf als Referenzpunkt mühelos zusammenrechnen kann. Die gepuderte Präparation (Cerec Powder, Vita Zahnfabrik, Abb. 6) und das Bissregistrat (Metal-Bite Gold, R-dental, Abb. 7) wurden mit der Cerec-Aufnahmeeinheit gescannt (Abb. 8 und 9). Um mit der inLab-Software intraorale Scans anfertigen zu können, muss im Menü Einstellungen/Aufnahmesystem die Option 3-D-Kamera aktiviert sein. Brückenkonstruktion Die Konstruktion der provisorischen Brücke erfolgte mit der inLab-Software 3.10 im Modus Brücke/Zahndatenbank. Wichtig bei der Einstellung der Parameter ist, dass der Spacer auf einen positiven Wert gesetzt wird. In diesem Fall wurde er auf 20 Mikrometer (µm) festgelegt. Nach Berechnung des 3-D-Modells wurde zunächst der Antagonist in gewohnter Weise getrimmt – ein Trimmen der Präparation ist nicht erforderlich. Anschließend wurden die Präparationsgrenzen und Basislinien eingezeichnet. Nach Auswahl einer Zahnform aus der Zahndatenbank (in diesem Fall Lee Culp) wurden die Kronen 23 und 26 sowie die Brückenglieder 24 und 25 konstruiert und an die Antagonisten angepasst (Abb. 10 und 11). Da in diesem Konstruktionsmodus keine Verbinder für die einzelnen Brückenglieder vorgeschlagen werden, ist es wichtig, die approximalen Kontaktstellen mit dem Formwerkzeug etwas voluminöser zu gestalten (Abb. 12). Nur so kann eine ausreichende Stabilität der provisorischen Brücke gewährleistet werden. Formschleifen Im nächsten Arbeitsschritt wurde der Block Vita CAD-Temp multiColor (Abb.13) in die kleine CerecSchleifeinheit eingespannt und formgeschliffen (Abb. 14). Die sertank (Polymer-Starterset) auszutauschen, da in diesen ein spezielles, für das Beschleifen von Kunststoffblöcken erforderliches Filtersystem eingebaut ist. Der Zusatz von Schleifmittel in einer reduzierten Menge von fünf Millilitern (Dentatec, Sirona Dental Systems) ist obligat. Nach Abtrennen der Brücke vom Block wurden die Trennstelle geglättet und das Provisorium sofort im Mund einprobiert. Daraufhin wurden der Approximalkontakt 22/23 sowie die statische und dynamische Okklusion mit Okklusionsfolie kontrolliert. Wenn alles perfekt passt, kann die Anzeige Blöcke werden in der Geometrie CTM-40 mit den Maßen 15,5 × 19 × 39 Millimeter (mm) sowie in den Grundfarben 1M2T, 2M2T und 3M2T angeboten. Es darf nicht vergessen werden, den Standardwassertank vor dem Schleifprozess gegen den für KompositMaterialien vorgesehenen Was- Brücke im Anschluss direkt außerhalb des Mundes nachpoliert werden. Da uns diese Vorgehensweise zu zeitaufwendig ist, hat es sich in unserer Praxis bewährt, die Kunststoffprovisorien mit Palaseal (Heraeus Kulzer, Hanau) zu lackieren und im Lichtofen auszuhärten. Hierdurch wird eine ab- 4 Die ZahnarztWoche solut glatte, hochglänzende Oberfläche erzielt, die eine signifikante Reduktion der Plaqueakkumulation im Mund ermöglicht (Abb. 15). Abschließend wurden die temporäre Brücke mit einem provisorischen Zement (TempoCem, DMG, Hamburg) eingegliedert (Abb. 16 bis 18) und das Mini-Implantat entfernt. Bei dem neuen Blockmaterial Vita CAD-Temp multiColor handelt es sich laut Hersteller um ein faserfreies, homogenes, hochmolekulares und vernetztes Acrylatpolymer mit Mikrofüllstoff, mit dem nicht nur stabile, sondern aufgrund der natürlichen Schichtung auch ästhetische Langzeitprovisorien ökonomisch hergestellt werden können. Dies kann wie in diesem Fall chairside oder indirekt durch das zahntechnische Labor erfolgen. Für die Chairside-Fertigung eines vollanatomischen Brückenprovisoriums aus Vita CAD-Temp multiColor mit der Cerec-Schleifeinheit war bislang die Installation der inLab-Software erforderlich. Mit der neuesten Softwareversion 3.60 für das Cerec-System ist dies nun nicht mehr notwendig. Das Programm bietet zudem die Möglichkeit, die Multischichtstruktur des Blocks in der Schleifvorschau zu visualisieren und damit den Schmelz-/ Dentinanteil der Versorgung durch die gewünschte Platzierung entsprechend zu steuern. Dr. Thomas Brunner, ▼ Frauenau 5 B I L D L E G E N D E Abb. 1: Die Ausgangssituation zeigt … Abb. 2: … ein parodontal geschädigtes und … Abb. 3: … prothetisch versorgtes Lückengebiss. Abb. 4: Auf den Röntgenaufnahmen ist ein horizontaler und vertikaler Knochenabbau an den Zähnen 23, … Abb. 5: … 25 und 26 zu erkennen. Abb. 6: Für den Scan mattierte Präparation und kieferorthopädisches Mini-Implantat distal 26 Abb. 7: Bissregistrat Abb. 8: Scandaten der Präparation und des Bissregistrats in der inLab-Software Abb. 9: Virtuelles Modell Abb. 10: Getrimmtes Bissregistrat Abb. 11: Anpassung der Konstruktionen der Kronen 23 und 26 sowie der Brückenglieder 24 und 25 an die Antagonisten. Distal 26 ist das Mini-Implantat ersichtlich. Abb. 12: Voluminöse Gestaltung der approximalen Kontaktstellen zur Erzielung ausreichender Stabilität Abb. 13: Vita CAD-Temp multiColor – Acrylatpolymer mit harmonisch abgestimmten Farbnuancen vom Hals bis zur Schneide für die CAD/CAM-Fertigung von Langzeitprovisorien Abb. 14: Ausgeschliffenes viergliedriges Brückenprovisorium Abb. 15: Nachbearbeitetes und lackiertes Provisorium Abb. 16: Provisorisch zementierte temporäre Versorgung Abb. 17: Die provisorische Brücke gliedert sich in situ … Abb. 18: … gut in die bestehende Kiefersituation ein. 6 10 11 16 13 12 17 18