Quaternionen und Matrizengruppen

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Technische Universität Dortmund
Quaternionen und
Matrizengruppen
Ausarbeitung zum
Proseminar Lineare Algebra
im Sommersemester 2010
Dozent: Prof. Dr. Schwachhöfer
von
Florian Severin
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Inhaltsverzeichnis
1 Quaternionen
3
2 Quaternionische Matrizen
6
3 Allgemeine lineare Gruppen
9
4 Komplexe und quaternionische Matrizen als reelle Matrizen
2
11
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
1 Quaternionen
Definition 1. Eine Menge K mit zweistelligen Verknüpfungen + : K × K → K, genannt
„Addition“, und · : K × K → K, genannt „Multiplikation“, heißt Schiefkörper, falls die
folgenden Bedingungen erfüllt sind.
(i) (K, +) ist eine abelsche Gruppe mit dem neutralen Element 0.
(ii) (K \ {0}, ·) ist eine Gruppe mit dem neutralen Element 1.
(iii) Es gelten die Distributivgesetze a · (b + c) = a · b + a · c und (a + b) · c = a · c + b · c
für alle a, b, c ∈ K.
Ein Schiefkörper mit kommutativer Multiplikation, d.h. mit a · b = b · a für alle a, b ∈ K,
ist ein Körper. Insbesondere ist jeder Körper auch ein Schiefkörper.
Da die Mengen R und C beide sowohl Körper als auch R-Vektorräume sind, stellt sich
die Frage, ob es noch weitere Schiefkörper gibt, die sich als Vektorräume über den reellen
Zahlen auffassen lassen und so isomorph zu Rn mit n > 2 sind. Dabei sollte die komponentenweise Addition zwecks Identifizierung mit Rn erhalten bleiben. Es soll lediglich
eine multiplikative Verknüpfung „·“ definiert werden, die (R, +, ·) zu einem Schiefkörper
macht.
Die Antwort auf diese Frage gab Sir Wiliam Rowan Hamilton im Jahr 1843, indem er
zeigte, dass es einen Schiefkörper H ∼
= R4 gibt. Die Elemente von H heißen Quaternionen.
Definition 2. Die Menge H = {(a, b, c, d) | a, b, c, d ∈ R} ist die Menge der Quaternionen. Für ein Quaternion q = (a, b, c, d) schreiben wir auch q = a + bi + cj + dk, angelehnt
an die Notation z = a + bi für komplexe Zahlen.
Zwischen den Einheitsquaternionen 1, i, j und k gelten per Definition die folgenden Relationen.
(i) e · 1 = 1 · e = e für e ∈ {1, i, j, k}
(ii) i2 = j2 = k2 = −1
(iii)
a) ij = k,
b) ji = −k,
jk = i,
ki = j
kj = −i,
ik = j
Da H mit der Multiplikation ein Schiefkörper sein soll, müssen die Distributivgesetze
erfüllt sein. Außerdem soll H isomorph zu R4 sein, was erfordert, dass für alle reellen
Zahlen λ ∈ R und alle Quaternionen q ∈ H die Gleichung λ · q = q · λ gilt.
Aus diesen beiden Forderungen und aus den definierenden Relationen der vier Einheitsquaternionen 1, i, j und k ergibt sich die folgende Formel für das Produkt zweier beliebiger
Quaternionen.
3
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(a + bi+cj + dk) · (w + xi + yj + zk)
= (aw − bx − cy − dz) + (ax + bw + cz − dy)i
(1)
+ (ay − bz + cw + dx)j + (az + by − cx + dw)k
Wegen H ∼
= R4 sind die reellen Zahlen als R ∼
= {(a, 0, 0, 0) | a ∈ R} ⊂ R4 auf natürliche
Weise in H enthalten. Ebenso verhalten sich die komplexen Zahlen C ∼
= {(a, b, 0, 0) | a, b ∈
4
R} ⊂ R . Das lässt sich auch an der obigen Multiplikationsregel für Quaternionen erkennen, die eine Erweiterungen der Multiplikation komplexer Zahlen ist.
Bevor wir nun zeigen können, dass die Quaternionen einen Schiefkörper bilden, definieren
wir noch Konjugation und Betrag eines Quaternions.
Definition 3. Sei q = a + bi + cj + dk ein Quaternion, (a, b, c, d) ∈ R4 . Dann ist das
Konjugierte von q definiert als
q := a − bi − cj − dk.
Der Betrag von q ist die Euklidische Norm in R4 :
�
|q| := a2 + b2 + c2 + d2
Dass diese Definition Sinn macht, ist schnell ersichtlich. Der Zusammenhang zwischen
Betrag, Konjugation und Inversenbildung verhält sich damit in H nämlich genauso wie
in C.
Lemma 1. Sei q = a + bi + cj + dk ∈ H ein Quaternion mit (a, b, c, d) ∈ R4 . Es gilt
qq = qq = |q|2 und für q �= 0 ist |q|q 2 das zu q inverse Quaternion.
Beweis. Zum Beweis des Lemmas rechnen wir die Produkte qq und qq mit den bekannten
Regeln aus:
qq = (a + bi + cj + dk) · (a − bi − cj − dk)
= a2 − (bi + cj + dk)2
= a2 − (b2 i2 + c2 j2 + d2 k2 + bcij + bcji + bdik + bdki + cdjk + cdkj)
= a 2 + b2 + c 2 + d 2
= |q|2
Sei nun q := r. Dann gilt r · r = |r|2 , nach dem eben Gesagten. Wegen r = q = q folgt
q · q = |q|2 = |q|2 . Ist q �= 0, so ist auch |q|2 �= 0 nach Definition des Betrags. Wie
2
behauptet gilt also q · |q|q 2 = |q|q 2 · q = |q|
= 1 und das Quaternion |q|q 2 ist damit invers
|q|2
zu q für q �= 0.
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Nun kann gezeigt werden, dass H tatsächlich ein Schiefkörper ist.
Satz 1. Die Quaternionen H bilden mit komponentenweiser Addition und der oben definierten Multiplikation einen Schiefkörper.
Beweis. Da die Addition auf H komponentenweise definiert ist, ist (H, +) isomorph zu
(R4 , +) und damit eine abelsche Gruppe.
Die Abgeschlossenheit von H \ {0} bezüglich der Multiplikation zeigen wir zum Ende
dieses Beweises unter Verwendung der Assoziativität.
Die Assoziativität rechnet man mit der Formel 1 ebenso leicht nach, wie die Tatsache,
dass 1 ∈ H multiplikativ neutral ist.
Die Invertierbarkeit eines jeden von 0 verschiedenen Quaternions wurde in Lemma 1
gezeigt. Demnach ist (H \ {0}, ·) eine (nicht-kommutative) Gruppe.
Die Abgeschlossenheit von H \ 0 sieht man wie folgt. Seien q1 , q2 ∈ H \ {0} Quaternionen,
die beide von 0 verschieden sind. Dann gibt es nach Lemma 1 ein q1−1 mit q1 · q1−1 =
q1−1 · q1 = 1. Wäre nun q1 · q2 = 0, so erhielten wir nach Multiplikation von q1−1 von links
die Gleichung q1−1 ·(q1 ·q2 ) = (q1−1 ·q1 )·q2 = 0 und damit q2 = 0. Dieser Widerspruch zeigt,
dass q1 · q2 ebenfalls in H \ {0} liegt, die Multiplikation in H \ 0 ist also abgeschlossen.
Die Distributivgesetze gelten nach Voraussetzung.
Damit sind alle Axiome eines Schiefkörpers erfüllt.
Aus den Relationen zwischen i, j und k ist auch sofort klar, dass die Multiplikation in H
nicht kommutativ ist, die Quaternionen demnach also keinen Körper bilden.
Dennoch kommutieren alle rellen Zahlen mit Quaternionen. Außer der reellen Zahlen gibt
es jedoch keine weiteren Elemente aus H, die mit allen Quaternionen kommutieren.
Satz 2. Sei q ∈ H ein Quaternion. Falls für alle q � ∈ H gilt, dass qq � = q � q ist, so gilt
bereits q ∈ R.
Beweis. Identifiziere q = a + bi + cj + dk, wobei a, b, c, d alle reell sind. Wir prüfen
nun über Satz 2 hinaus, welche Quaternionen nicht mit i, j oder k kommutieren können.
Aus den folgenden Rechnungen wird dabei außerdem klar, welche Quaternionen mit i, j
beziehungsweise mit k kommutieren.
Gilt b �= 0, so kommutiert q weder mit j noch mit k, denn
qj = −c − di + aj + bk �= −c + di + aj − bk = jq
qk = −d + ci − bj + ak �= −d − ci + bj + ak = kq
Ist c �= 0, so kommutiert q analog weder mit i noch mit k. Ist d �= 0, so kommutiert q
nicht mit i und nicht mit j.
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Kommutiert q also mit sämtlichen Quaternionen, so gilt b = c = d = 0 und es folgt
q = a + 0i + 0j + 0k = a ∈ R.
Aus dem Beweis von Satz 2 ist außerdem ersichtlich, dass nur komplexe Quaternionen
mit i kommutieren.
Satz 3. Sei q ∈ H ein Quaternion. Es gilt
qi = iq ⇐⇒ q ∈ C.
Beweis. Sei wiederum q = a + bi + cj + dk mit a, b, c, d ∈ R. Wie im Beweis von Satz
2 kann q nicht mit i kommutieren, falls c �= 0 oder d �= 0 gilt. Aus qi = iq folgt also
c = d = 0 und damit q = a + bi + 0j + 0k = a + bi ∈ C.
Da die Multiplikation in H eine Erweiterung der Multiplikation in C ist, kommutieren
umgekehrt alle komplexen Quaternionen mit i.
2 Quaternionische Matrizen
Einige der Grundkonzepte der linearen Algebra lassen sich ohne großen Aufwand von
allgemeinen Körpern K – bzw. insbesondere von den beiden Körpern R und C – auf den
Schiefkörper der Quaternionen übertragen. Aufgrund der fehlenden Kommutativität der
Multiplikation in H ist dabei jedoch ein wenig Vorsicht geboten.
Im Folgenden reformulieren wir deshalb einige wichtige Begriffe der linearen Algebra
unter Berücksichtigung der Quaternionen. Dabei sei mit K stets einer der (Schief-)Körper
R, C, H bezeichnet.
Da die Kommutativität von Quaternionen nicht allgemein erfüllt ist, müssen wir Rechtsund Links-Vektorräume unterscheiden.
Definition 4. Ein Links-Vektorraum über H ist eine abelsche Gruppe (V, +) mit einer
Linksmultiplikation · : H × V → V so dass für alle Quaternionen α, β ∈ H und alle
Vektoren v, w ∈ V gilt:
(i) α · (β · v) = (α · β) · v
(ii) α · (v + w) = α · v + α · w
(iii) (α + β) · v = α · v + β · v
(iv) 1 · v = v
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Der Begriff des Rechts-Vektorraums ist analog. Über R oder C sind beide Begriffe identisch, weshalb wir in diesen Fällen nur von Vektorräumen sprechen.
Die weiteren Betrachtungen beschränken sich auf Links-Vektorräume. Der Einfachheit
und Einheitlichkeit halber werden dabei sowohl R- und C-Vektorräume als auch LinksVektorräume über H allgemein als K-Vektorräume bezeichnet. K ∈ {R, C, H} gibt dabei
an, welcher Schiefkörper gemeint ist.
Definition 5. Eine K-lineare Abbildung φ zwischen zwei K-Vektorräumen V und W ist
eine Abbildung von V nach W , die folgende Bedingungen erfüllt.
(i) φ(v0 + v1 ) = φ(v0 ) + φ(v1 ) ∀v0 , v1 ∈ V
(ii) α · φ(v) = φ(α · v) ∀v ∈ V, α ∈ K
K-lineare Abbildungen heißen auch Vektorraumhomomorphismen oder kurz Homomorphismen. Bijektive K-lineare Abbildungen werden auch Vektorraumisomorphismen oder
kurz Isomorphismen gennant.
Lineare Unabhängigkeit, Erzeugendensysteme, Basis und Dimension eines K-Vektorraums
sind für K = H genauso definiert wie aus den Fällen K ∈ {R, C} bekannt. Alle Resultate der linearen Algebra, in deren Beweisen das Körperaxiom der Kommutativität nicht
verwendet wird, lassen sich unmittelbar auf die Quaternionen und auf allgemeine Schiefkörper übertragen.
Die Standardbasis des Hn ist mit {e1 , . . . , en } dieselbe wie die des Rn . Auch ist jeder
n-dimensionale H-Vektorraum isomorph zu dem Vektorraum Hn mit
Hn := {(q1 , . . . , qn ) | qi ∈ H ∀i = 1, . . . , n}
Denn ist V ein beliebiger endlich-dimensionaler
und v1 , . . . , vn eine Basis
� Vektorraum �
von V , so ist die Abbildung φ : V → Kn mit φ( ni=0 αi · vi ) := ni=0 αi · ei ein K-linearer
Isomorphismus.
Das rechtfertigt, dass im folgenden nur die Vektorräume Kn mit K ∈ {R, C, H} behandelt
werden. Die Standardbasis aller dieser Vektorräume ist die Basis {ei | i = 1, . . . , n} wobei
ei der bekannte i-te Einheitsvektor ist.
Definition 6. Die Menge der m × n-Matrizen mit Einträgen aus K wird mit Mm,n (K)
bezeichnet. Für die Menge Mn,n (K) der quadratischen n × n-Matrizen schreiben wir auch
kurz Mn (K).
Das Produkt und die Summe zweier quaternionischer Matrizen sind genauso definiert
wie das Produkt und die Summe reeller oder komplexer Matrizen. Auch die zu einer
Matrix A transponierte Matrix AT ist im Fall K = H ebenso definiert wie im Fall
K ∈ {R, C}. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die Gleichung (A · B)T = B T · AT für
Matrizen A ∈ Mm,n (K), B ∈ Mn,k (K) nur gilt, falls K ein Körper ist. Für K = H ist
A = i · In , B = j · In ein einfaches Gegenbeispiel.
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Wird die Links-Multiplikation einer Matrix A ∈ Mm,n (K) mit einem Skalar λ ∈ K
mittels (λ · A)ij := λ · Aij eintragsweise definiert, so wird Mm,n (K) damit zu einem
Links-Vektorraum.
Im Folgenden sei der Vektorraum Kn stets mit M1,n (K) identifizert, das heißt alle Vektoren werden als Zeilenvektoren geschrieben.
Eine Matrix A ∈ Mn,m (K) induziert für K ∈ {R, C} zwei lineare Abbildungen RA : Kn →
Km und LA : Km → Kn die durch RA (v) := v · A und LA (v) := (A · v T )T gegeben sind.
Die so definierten Abbildungen existieren zwar auch für K = H, jedoch ist LA in diesem
Fall im Allgemeinen keine lineare Abbildung mehr. Für alle K ∈ {R, C, H} entspricht
aber jede Matrix A ∈ Mn,m (K) genau einer linearen Abbildung RA : Kn → Km .
Satz 4. Sei K ∈ {R, C, H}. Dann gilt:
1. Für alle A ∈ Mn,m (K) ist die Abbildung RA : v �→ v · A eine K-lineare Abbildung.
2. Zu jeder linearen Abbildung φ : Kn → Km existiert eine Matrix A ∈ Mn,m (K) so
dass RA (v) = φ(v) für alle v ∈ Kn erfüllt ist.
Beweis.
1. Sei A ∈ Mn,m (K) eine Matrix. Dann gilt (v + w) · A = v · A + w · A
und (λ · v) · A = λ · (v · A) für alle Vektoren v, w ∈ Kn und alle Skalare λ ∈ K
nach Definiton der Matrixmultiplikation. Also ist RA für alle A ∈ Mn,m (K) eine
K-lineare Abbildung.
2. Sei φ : Kn → Km eine lineare Abbildung. Definiere


− φ(e1 ) −
 − φ(e2 ) − 


A := 
 ∈ Mm,n (K).
..


.
− φ(en ) −
Dann ist RA (ei ) = ei · A = φ(ei ) für die Basisvektoren {e1 , . . . , en } der Standardbasis des Kn . Wegen der Linearität von RA und φ folgt dann auch
� n
�
n
�
�
RA
αi ei =
αi · RA (ei )
i=0
i=0
=
n
�
i=0
=φ
�
αi · φ(ei )
n
�
i=0
αi · ei
�
.
Also gilt φ(v) = RA (v) für alle v ∈ Kn wie behauptet.
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Ist K ∈ {R, C}, so ist auch LA mit LA (v) = (A · v T )T eine lineare Abbildung.
Satz 5. Sei K ∈ {R, C}. Dann gilt:
1. Für alle A ∈ Mn,m (K) ist die Abbildung LA : v �→ (A · v T )T eine K-lineare Abbildung.
2. Zu jeder linearen Abbildung φ : Km → Kn existiert eine Matrix A ∈ Mn,m (K) so
dass LA (v) = φ(v) für alle v ∈ Kn erfüllt ist.
Beweis. Sei A ∈ Mn,m (K). Dann gilt für alle Vektoren v ∈ Kn dass LA (v) = (A · v T )T =
(v T )T · AT = RAT (v). Damit ist LA = RAT eine K-lineare Abbildung nach Satz 4 und
für jede K-lineare Abbildung φ : Km → Kn existiert eine Matrix B ∈ Mm,n (K) mit
φ = RB = LB T =: LA . Dabei ist A = B T ∈ Mn,m (K).
3 Allgemeine lineare Gruppen
Satz 6. Sei K ∈ {R, C, H}. Die Menge Mn (K) ist ein Monoid (das heißt eine Halbgruppe
mit neutralem Element) unter der Matrixmultiplikation.
Beweis. Sind A, B ∈ Mn (K) quadratische Matrizen, so ist auch das Produkt A · B ein
Element von Mn (K). Die Assoziativität der Matrixmultiplikation rechnet man mit Hilfe
der Definition leicht nach. Desweiteren ist leicht zu überprüfen, dass In ∈ Mn (K) mit


1 0 ··· 0
0 1
0


In := diag(1, . . . , 1) =  .
.. 
.
.
.
.
. .
0 0 ··· 1
neutrales Element von Mn (K) bezüglich der Matrixmultiplikation ist.
Offensichtlich gibt es nicht-invertierbare Matrizen, weshalb Mn (K) keine Gruppe ist.
Dennoch existieren natürlich Gruppen von Matrizen, das heißt Gruppen (G, ·) mit G ⊂
Mn (K). (Einfachstes Beispiel ist G = {In }.)
Definition 7. Die allgemeine lineare Gruppe GLn (K) mit Grad n über dem Schiefkörper
K ist die Menge aller invertierbaren n × n-Matrizen mit Einträgen aus K.
GLn (K) := {A ∈ Mn (K) | A ist invertierbar}
Satz 7. Mit der Matrixmultiplikation bildet GLn (K) eine Gruppe.
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Beweis. Die Abgeschlossenheit von GLn (K) zeigen wir wieder mit Hilfe der Definition
am Ende dieses Beweises.
Die Assoziativität folgt wegen GLn (K) ⊂ Mn (K) unmittelbar aus Satz 6. Die multiplikativ neutrale Matrix In ist ein Element von GLn (K) da In2 = In gilt. Ist A ∈ GLn (K),
so gibt es nach der Definition der allgemeinen linearen Gruppe eine Matrix B ∈ Mn (K)
mit A · B = B · A = In . Daraus folgt auch die Invertierbarkeit von B, das heißt B ist ein
Element von GLn (K).
Seien nun A, B ∈ GLn (K). Dann gibt es Elemente A−1 und B −1 von GLn (K) mit
A · A−1 = A−1 · A = In = B · B −1 = B −1 · B
Es folgt
(A · B) · (B −1 · A−1 ) = A · (B · B −1 ) · A−1
= A · In · A−1
= In
sowie
(B −1 · A−1 ) · (A · B) = B −1 · (A−1 · A) · B
= B −1 · In · B
= In
Demnach ist auch A · B invertierbar, das heißt A · B ∈ GLn (K). Damit ist die Abgeschlossenheit von GLn (K) bezüglich der Matrixmultiplikation gezeigt.
Alle Gruppenaxiome sind also erfüllt, was den Beweis beendet.
Dass die Bezeichnung allgemein sinnvoll ist, zeigt der folgende Satz, nach dem GLn (K)
gewissermaßen die „größte“ Gruppe von Matrizen aus Mn (K) (bezüglich der TeilmengenRelation „⊂“ über K ist.
Satz 8. Sei K ∈ {R, C, H}. Ist G ⊂ Mn (K) eine Gruppe unter der Matrix-Multiplikation,
so gilt G ⊂ GLn (K).
Beweis. Ist G ⊂ Mn (K) mit G �⊂ GLn (K), so gibt es eine Matrix A ∈ G mit A �∈ GLn (K),
das heißt G enthält eine nicht-invertierbare Matrix. Also kann (G, ·) keine Gruppe sein.
Unter Beachtung des Zusammenhangs zwischen quadratischen Matrizen und Endomorphismen endlicher K-Vektorräume lässt sich die allgemeine lineare Gruppe auch als
GLn (K) = {A ∈ Mn (K) | RA ist ein Isomorphismus}
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schreiben. Denn wegen RIn = id und RA ◦ RB = RB·A für alle A, B ∈ Mn (K) folgt aus
der Invertierbarkeit von A, dass auch RA invertierbar und damit ein Isomorphismus ist.
Ist umgekehrt RA : Kn → Kn ein linearer Isomorphismus, so ist (RA )−1 ∈ End(Kn ). Also
gibt es ein B ∈ Mn (K) so dass (RA )−1 = RB gilt. Es folgt RA·B = RB ◦ RA = RIn =
RA ◦ RB = RB·A und damit B · A = In = A · B.
Im Fall K ∈ {R, C} ist eine Matrix A ∈ Mn (K) genau dann invertierbar, wenn det(A) �= 0
ist. Es gilt also
GLn (K) = {A ∈ Mn (K) | det(A) �= 0},
falls K = R oder K = C ist.
4 Komplexe und quaternionische Matrizen als reelle
Matrizen
Aus dem letzten Abschnitt ist bekannt, dass die allgemeine lineare Gruppe über einem
Körper oder Schiefkörper K die „größte“ Gruppe von Matrizen mit Einträgen aus K ist.
Beschäftigen wir uns also mit Matrizen-Gruppen über einem Körper oder Schiefkörper K,
so handelt es sich dabei stets um Untergruppen der allgemeinen linearen Gruppe GLn (K).
Der folgende Satz zeigt dass wir Matrizen-Gruppen über H oder C als Matrizen-Gruppen
über R auffassen können.
Satz 9.
(1) GLn (C) ist isomorph zu einer Untergruppe von GL2n (R).
(2) GLn (H) ist isomorph zu einer Untergruppe von GL2n (C).
(3) GLn (H) ist isomorph zu einer Untergruppe von GL4n (R).
Wie genau die drei Gruppen zusammenhängen wird durch den konstruktiven Beweis des
Satzes 9 klar werden.
Schon jetzt erkennbar ist, dass die Aussage (3) unmittelbar aus den Aussagen (1) und (2)
folgt. Der Beweis der Aussagen (1) und (2) geschieht im Folgenden durch die Konstruktion
zweier injektiver Homomorphismen ρn und ψn mit
ρn : GLn (C) → GL2n (R) und ψn : GLn (H) → GL2n (C)
Eine Vermutung über ρn gewinnen wir durch die geometrische Interpretation linearer
Endomorphismen des R2 . Bekanntermaßen entspricht die Abbildung φ : R2 → R2 , die
durch
� �
� � �
� � �
v1
v1
cos θ − sin θ
v
φ:
�→ Rθ ·
=
· 1
v2
v2
sin θ cos θ
v2
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Quaternionen und Matrizengruppen
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definiert wird, einer Rotation um den Winkel θ gegen den Uhrzeigersinn. Zu beachten ist
dabei, dass v := (v1 , v2 )T ∈ R2 hier ein Spaltenvektor ist! Mit der Konvention, Vektoren
in Rn stets als Zeilenvektoren zu schreiben entspricht φ der Abbildung RB mit
�
�
cos θ sin θ
T
B = Rθ =
.
− sin θ cos θ
∼ C mittels i : C → R2 , a + bi �→ (a, b), so entspricht die Matrix
Identifiziert man R2 =
� �
B ∈ M2 (R) der Matrix A = eiθ ∈ M1 (C), die ebenfalls eine Drehung um θ gegen den
Uhrzeigersinn darstellt, diesmal in der komplexen Ebene.
Präziser gilt RA = i−1 ◦RB ◦i beziehungsweise i◦RA = RB ◦i, das heißt das Diagramm
C
i
� R2
i
�
RA
RB
�
C
� R2
kommutiert.
Bei der Konstruktion des Homomorphismus ρn : Mn (C) → M2n (R) wird dieses Konzept
nun verallgemeinert. Komplexe und relle Matrizen A ∈ Mn (C) und B ∈ M2n (R) werden
identifiziert, wenn die Abbildungen RA : Cn → Cn und RB : R2n → R2n einander entsprechende Transformationen in Cn beziehungsweise R2n sind. Was mit „Entsprechung“
gemeint ist, bestimmt dabei der Isomorphismus fn : Cn → R2n , definiert durch
fn : (a1 + b1 i, . . . , an + bn i) �→ (a1 , b1 , . . . , an , bn ).
Gesucht ist also ρn : Mn (C) → M2n (R) so dass das folgende Diagramm für alle komplexen
Matrizen A ∈ Mn (C) kommutiert.
Cn
fn
(2)
� R2n
Rρn (A)
RA
�
Cn
fn
�
� R2n
Aus den vorhergehenden Überlegungen und wegen eiθ = cos θ + i sin θ ergibt sich die
Vermutung
�
�
a b
ρ1 (a + bi) =
.
(3)
−b a
Satz 10. Mit der Definition in (3) kommutiert das Diagramm (2) für n = 1.
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Quaternionen und Matrizengruppen
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�
�
Beweis. Sei A := a + bi ∈ M1 (C) beliebig mit a, b ∈ R und sei x + yi ∈ C mit x, y ∈ R.
Dann gilt
�
�
(f1 ◦ RA )(x + yi) = f1 ((x + yi) · a + bi )
= f1 (ax − by + (ay + bx)i)
= (ax − by, ay + bx).
Weiter ist ρ1 (A) =
�
�
a b
, es gilt also
−b a
�
a b
(Rρ1 (A) ◦ f1 )(x + yi) = (x, y) ·
−b a
�
= (ax − by, ay + bx)
= (f1 ◦ RA )(x + yi).
Also ist f1 ◦ RA = Rρ1 (A) ◦ f1 und damit kommutiert das Diagramm (2) im Fall n = 1
wie behauptet.
Allgemein ist ρn : Mn (C) → M2n (R) wie folgt definiert.




z11 . . . z1n
ρ1 (z11 ) . . . ρ1 (z1n )

.. ) :=  ..
.. 
ρn ( ...
 .
. 
. 
zn1 . . . znn
ρ1 (zn1 ) . . . ρ1 (znn )
Satz 11. Das Diagramm (2) kommutiert mit dieser Definition von ρn für alle n ∈ N.
Beweis. Sei z = (z1 , z2 , . . . , zn ) ∈ Cn . Es gilt dann
(Rρn (A) ◦ fn )(z) = (Rρn (A) ◦ fn )(z1 , z2 , . . . , zn )

ρ1 (a11 ) . . . ρ1 (a1n )

.. 
= (f1 (z1 ), f1 (z2 ), . . . , f1 (zn )) ·  ...
. 
ρ1 (an1 ) . . . ρ1 (ann )
� n
�
n
n
�
�
�
=
f1 (zk ) · ρ1 (ak1 ),
f1 (zk ) · ρ1 (ak2 ), . . . ,
f1 (zk ) · ρ1 (akn )
=
�
k=1
n
�
k=1

k=1
(Rρ1 (akj ) ◦ f1 )(zk )
13
�
j=1,...,n
k=1
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Wegen Rρ1 (aij ) ◦ f1 = f1 ◦ Raij für alle aij ∈ M1 (C) folgt
(Rρn (A) ◦ fn )(z) =
=
=
�
�
�
n
�
k=1
(f1 ◦ Rakj )(zk )
n
�
k=1
f1
= fn
f1 (zk · akj )
�
�
n
�
k=1
n
�
k=1
Dabei entspricht der Vektor (
z · A. Demnach gilt
zk · akj
zk · akj
�n
�
k=1 zk
�
j=1,...,n
��
�
j=1,...,n
j=1,...,n
j=1,...,n
· akj )j=1,...,n per Definition genau dem Produkt
(Rρn (A) ◦ fn )(z) = fn (z · A) = (fn ◦ RA )(z).
Also ist Rρn (A) ◦ fn = fn ◦ RA und das Diagramm (2) kommutiert.
Zwei wichtige Eigenschaften von ρn werden aus der Definition schnell klar:
(1) ρn (λ · A) = λ · ρn (A) ∀λ ∈ R, A ∈ Mn (C)
(2) ρn (A + B) = ρn (A) + ρn (B) ∀A, B ∈ Mn (C)
Die Konstruktion von ρn erfolgte, um zu zeigen, dass GLn (C) zu einer Untergruppe
von GL2n (R) isomorph ist. Genauer ist ρn |GLn (C) ein Isomorphismus zwischen GLn (C)
und einer Untergruppe von GL2n (R). Dafür notwendig ist, dass ρn |GLn (C) ein injektiver
Homomorphismus ist und dass ρn (GLn (C)) ⊂ GL2n (R) gilt.
Die Injektivität von ρn erkennt man leicht an der Definition. Dass ρn |GLn (C) ein Homomorphismus ist beweist der folgende Satz.
Satz 12. Für alle A, B ∈ Mn (C) gilt ρn (A) · ρn (B) = ρn (A · B).
Beweis. Wir betrachten das folgende Diagramm.
Cn
fn
Rρn (A)
RA
RA·B
� R2n
�
fn
� �
fn
Cn
Rρn (A)·ρn (B)
Rρn (B)
RB
Cn
�
� R2n
� �
� R2n
14
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Daraus ist ersichtlich, dass Rρn (A)·ρn (B) = fn ◦ RA·B ◦ fn−1 = Rρn (A·B) gilt. Es folgt
ρn (A) · ρn (B) = ρn (A · B).
Definition 8. Die Menge Bild(ρn ) = ρn (Mn (C)) ⊂ M2n (R) ist die Menge der reellen
komplex-linearen Matrizen.
Dass die Definition von ρn nicht willkürlich ist, sondern eine sehr natürliche, zeigt die
folgende Charakterisierung der komplex-linearen Matrizen.
Satz 13. Eine Matrix B ∈ M2n (R) ist genau dann komplex-linear, wenn F := fn−1 ◦
RB ◦ fn : Cn → Cn eine C-lineare Abbildung ist.
Beweis. Bei dem Beweis ist das folgende kommutative Diagramm hilfreich.
Cn
fn
(4)
� R2n
RB
F
�
� � fn−1
� R2n
Cn
fn
Ist B ∈ M2n (R) komplex-linear, so gibt es eine Matrix A ∈ Mn (C) mit ρn (A) = B so dass
das Diagramm (4) mit RA an der Stelle von F kommutativ ist. Aus der Invertierbarkeit
von fn folgt damit bereits F = RA und wegen der C-Linearität von RA ist dann auch F
eine C-lineare Abbildung.
Ist umgekehrt F = fn−1 ◦ RB ◦ fn eine C-lineare Abbildung, so gibt es ein A ∈ Mn (C) mit
F = RA und aus der Kommutativität des Diagramms (4) folgt mit der Invertierbarkeit
von fn die Identität RB = Rρn (A) , also ist B = ρn (A) eine komplex-lineare Matrix.
Sofort klar ist, dass die Abbildung F = fn−1 ◦ RB ◦ fn als Komposition R-linearer Abbildungen immer R-linear ist. F ist also genau dann C-linear, wenn für alle v ∈ Cn die
Gleichung F (i · v) = i · F (v) erfüllt ist.
Um die Struktur der komplexen Zahlen in Mn (C) auch in der Menge ρn (Mn (C)) der
komplex-linearen Matrizen „sichtbar“ zu machen, betrachten wir das Bild der Matrix
i · In ∈ Mn (C) unter ρn etwas näher.
Bemerkung 1. Multiplikation eines Vektors v ∈ R2n mit der Matrix J2n , definiert als


0 1
−1 0





0 1




−1 0
J2n = ρn (i · In ) = 
,


.
..





0 1
−1 0
15
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
entspricht der Multiplikation des Vektors fn−1 (v) ∈ Cn mit i. Das folgende Diagramm
kommutiert.
Cn
fn
� R2n
RJ2n
Ri·In
�
Cn
fn
�
� R2n
Die Anwendung von Ri·In auf einen Vektor aus Cn ist dabei offenbar genau die skalare
Multiplikation mit i, denn es gilt
Ri·In (v) = i · v für alle v ∈ Cn .
Dass die Matrix J2n ∈ M2n (R) der Matrix i · In ∈ Mn (C) auf natürliche Weise entspricht,
zeigt sich auch in der Gleichung
2
J2n
= J2n · J2n = −1 · I2n ,
deren Gültigkeit aus der Definition von J2n als ρn (i · In ) folgt.
Eine weitere Charakterisierung der komplex-linearen Matrizen ergibt sich aus dem folgenden Satz.
Satz 14. Eine Matrix B ∈ M2n (R) ist genau dann komplex-linear, wenn B ·J2n = J2n ·B
gilt.
Beweis. Aus dem kommutativen Diagramm
Cn
fn
� R2n
RJ2n
Ri·In
�
fn
�
fn
Cn
�
� R2n
RB
F
Cn
�
� R2n
RJ2n
Ri·In
�
Cn
fn
�
� R2n
ist leicht erkennbar, dass die folgenden Gleichungen gelten.
(1) Ri·In ◦ F = fn−1 ◦ RB ◦ RJ2n ◦ fn
(2) F ◦ Ri·In = fn−1 ◦ RJ2n ◦ RB ◦ fn
16
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Es ergibt sich demnach
B ∈ M2n (R) ist komplex-linear ⇐⇒ F ist C−linear
⇐⇒ F (i · x) = i · F (x) ∀x ∈ Cn
⇐⇒ RB ◦ RJ2n = RJ2n ◦ RB
⇐⇒ RJ2n ·B = RB·J2n
⇐⇒ J2n · B = B · J2n .
Komplex-lineare Matrizen sind also genau die Matrizen, die mit J2n kommutieren.
Die wichtigsten Resultate über ρn und die Idee zur Konstruktion lassen sich auch auf
ψn übertragen, da die Kommutativität komplexer Zahlen weder zur Konstruktion von
ρn noch in den Beweisen der Sätze 10 und 11 benötigt wurde.
Die Idee zur Konstruktion von ψn : Mn (H) → M2n (C) ist die gleiche wie die zur Konstruktion von ρn : Eine Matrix A ∈ Mn (H) soll auf die Matrix B ∈ M2n (C) abgebildet
werden, die derselben Transformation von C2n ∼
= Hn entspricht.
Die Art der „Entsprechung“ wird dabei von dem Isomorphismus gn : Hn → C2n mit
gn : (z1 + w1 j, . . . , zn + wn j) �→ (z1 , w1 , . . . , zn , wn )
bestimmt.
Präziser soll ψn ein injektiver Homomorphismus sein, der das folgende Diagramm kommutieren lässt.
Hn
gn
(5)
� C2n
Rψn (A)
RA
�
Hn
gn
�
� C2n
Ist ψ1 gefunden, so folgt genau wie in Satz 11, dass das Diagramm (5) für die folgende
Definition von ψn kommutiert.




q11 . . . q1n
ψ1 (q11 ) . . . ψ1 (q1n )


.. ) :=  ..
..
ψn ( ...
 .

. 
.
qn1 . . . qnn
ψ1 (qn1 ) . . . ψ1 (qnn )
Da hier jedoch eine geometrische Interpretation fehlt, die eine Vermutung für ρ1 lieferte,
muss bei der Suche nach ψ1 anders vorgegangen werden als zuvor bei ρ1 .
Mithilfe des folgenden Lemmas gelingt es, die richtige Wahl für ψ1 aus dem Diagramm
(5) per Diagrammjagd zu ermitteln.
17
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Lemma 2. Für alle komplexen Zahlen z ∈ C gilt z · j = j · z.
Beweis. Sei z = a + bi mit a, b ∈ R. Dann gilt die folgende Gleichungskette.
z · j = (a + bi) · j = aj + bij = aj + bk
= aj − bji = ja − jbi = j · (a − bi) = j · z
Es ist also z · j = j · z wie behauptet.
Damit Diagramm (5) für n = 1 kommutiert, muss die Gleichung
(g1 ◦ RA )(q) = (Rψ1 (A) ◦ g1 )(q)
�
�
für alle A ∈ M1 (H) und alle q ∈ H erfüllt sein. Setzen wir A =: z + wj und q =: x + yj
mit z, w, x, y ∈ C, so ist
(g1 ◦ RA )(q) = g1 (RA (x + yj))
�
�
= g1 ((x + yj) · z + wj )
= g1 (xz + yjwj + xwj + yjz)
= g1 (xz + ywj2 + xwj + yzj
= g1 (xz − yw + (xw + yz)j)
= (xz − yw, xw + yz).
Andererseits gelten die folgenden Gleichungen.
(Rψ1 (A) ◦ g1 )(q) = Rψ1 (A) (g1 (x + yj))
= Rψ1 (A) ((x, y))
= (x, y) · ψ1 (A)
Es folgt die Bedingung (x, y) · ψ1 (A) = (xz − yw, xw + yz) für ψ1 und damit
�
�
z w
ψ1 (z + wj) =
.
−w z
Wie für ρn gelten auch für ψn die folgenden Eigenschaften, deren Gültigkeit aus der
Definition leicht zu erkennen ist.
(1) ψn (λ · A) = λ · ψn (A) ∀λ ∈ R, A ∈ Mn (H)
(2) ψn (A + B) = ψn (A) + ψn (B) ∀A, B ∈ Mn (H)
Auch die Injektivität von ψn ist aus der Definition leicht zu erkennen. Ebenso gilt der
folgende Satz, der garantiert, dass ψn |GLn (H) ein Gruppenhomomorphismus ist.
Satz 15. Für alle A, B ∈ Mn (H) gilt ψn (A) · ψn (B) = ψn (A · B).
18
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Der Beweis ist analog zum Beweis von Satz 12 und erfolgt mit Hilfe des nachstehenden
Diagramms.
gn
Hn
Rψn (A)
RA
�
gn
� �
gn
Hn
RA·B
� H2n
�
� C2n
Rψn (A)·ψn (B)
Rψn (B)
RB
Hn
� �
� C2n
Definition 9. Die Menge Bild(ψn ) = ψn (Mn (H)) ⊂ M2n (C) ist die Menge der komplexen quaternionisch-linearen Matrizen.
Satz 16. Eine Matrix B ∈ M2n (C) ist genau dann quaternionisch-linear, wenn F :=
gn−1 ◦ RB ◦ gn : Hn → Hn eine H-lineare Abbildung ist.
Der Beweis erfolgt genauso wie der des entsprechenden Satzes 4 für ρn mit dem folgenden
kommutativen Diagramm.
gn
Hn
F
�
Hn
�
−1
gn
gn
(6)
� C2n
RB
�
� C2n
Verknüpft man die beiden injektiven Homomorphismen ρn : Mn (C) → M2n (R) und
ψn : Mn (H) → M2n (C) so ergibt sich das folgende Diagramm.
Hn
gn
� C2n f2n � R4n
Rψn (A)
RA
�
H.
gn
�
� C2n
f2n
�
R(ρ2n ◦ψn )(A)
� R4n
Um nun eine quaternionische Matrix A ∈ Mn (H) als reelle Matrix darzustellen, müssen
ψn und ρ2n hintereinander angewandt werden. Da beide Abbildungen injektive Homomorphismen sind, ist auch ρ2n ◦ ψn : Mn (H) → M4n (R) ein injektiver Homomorphismus,
auf den sich einige Resultate über ρn und ψn übertragen lassen.
Definition 10. Die Menge Bild(ρ2n ◦ ψn ) = (ρ2n ◦ ψn )(Mn (H)) ⊂ M4n (R) ist die Menge
der reellen quaternionisch-linearen Matrizen.
19
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Satz 17. Sei B ∈ M4n (R) eine reelle Matrix. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.
(1) B ist quaternionisch-linear.
(2) B kommutiert mit I4n und J4n .
−1
(3) Die Abbildung G := gn−1 ◦ f2n
◦ RB ◦ f2n ◦ gn : Hn → Hn ist H-linear.
Eine Anschauung zu Aussage (3) liefert das folgende Diagramm.
Hn
gn
� C2n f2n � R4n
RB
Hn �
−1
gn
C2n �
�
−1
f2n
R4n
In Satz 17 sind I4n und J4n genau die Matrizen, für die die folgenden Diagramme kommutativ sind.
Hn
x �→ i·x
�
Hn
(f2n ◦gn )
(f2n ◦gn )
Hn
� R4n
�
I4n
x �→ j·x
� R4n
�
Hn
(f2n ◦gn )
(f2n ◦gn )
� R4n
�
J4n
� R4n
Da die Links-Multiplikation mit i beziehungsweise j in H von Ri·In beziehungsweise Rj·In
verschieden ist, sind I4n und J4n nicht die Bilder von i · In und j · In unter ρ2n ◦ ψn .
Leicht nachzurechnen ist,

0 1 0
−1 0 0
I4 = 
0 0 0
0 0 −1
dass


0
0
0
0
 und J4 = 
−1
1
0
0
die gewünschten Bedingungen erfüllen.
0
0
0
1

1 0
0 −1

0 0
0 0
Die Matrizen I4n und J4n setzen sich wiederum aus 4 × 4-Blöcken von J4n beziehungsweise I4n auf der Diagonalen zusammen. Es gilt




J4
I4




..
..
I4n = 
 und J4n = 
.
.
.
I4
J4
Bemerkenswerterweise ist I4n = J4n das Bild von i · In unter ρ2n .
Mithilfe der Abbildung ψn : Mn (H) → M2n (C) kann nun außerdem die Determinante
quaternionischer Matrizen definiert werden.
20
Quaternionen und Matrizengruppen
Florian Severin
Definition 11. Sei A ∈ Mn (H) eine quaternionische Matrix. Dann ist die Determinante
von A definiert als
det(A) := (det ◦ψn )(A) = det(ψn (A)).
Offenbar ist det(In ) = det(ψn (In )) = det(I2n ) = 1 und es gilt det(A·B) = det(A)·det(B)
für alle A, B ∈ Mn (H).
Außerdem ist eine Matrix A ∈ Mn (H) mit dieser Definition genau dann invertierbar,
wenn ihre Determinante von 0 verschieden ist.
Satz 18. Es gilt GLn (H) = {A ∈ Mn (H) | det(A) �= 0}.
Beweis. Sei A ∈ Mn (H) eine beliebige Matrix. Es gelten die folgenden Äquivalenzen.
A ∈ GLn (H) ⇐⇒ RA : Hn → Hn ist bijektiv
⇐⇒ Rψn (A) : Cn → Cn ist bijektiv
⇐⇒ ψn (A) ∈ GL2n (C)
⇐⇒ det(ψn (A)) �= 0
⇐⇒ det(A) �= 0
Die Abbildungen ρn und ψn wurden konstruiert, um zu beweisen, dass die allgemeine
lineare Gruppe vom Grad n über C isomorph zu einer Untergruppe von GL2n (R) ist und
dass die allgemeine lineare Gruppe vom Grad n über H isomorph zu einer Untergruppe
von GL2n (C) ist.
Bereits gezeigt ist, dass ρn und ψn injektive Homomorphismen sind. Noch zu zeigen ist,
dass ρn ein Isomorphismus zwischen GLn (C) und einer Untergruppe von GL2n (R) ist
und dass ψn ein Isomorphismus zwischen GLn (H) und einer Untergruppe von GL2n (C)
ist. Dies ist mit Hilfe der Sätze 12 und 15 leicht einzusehen. Denn als Bilder der injektiven
Homomorphismen ρn |GLn (C) und ψn |GLn (H) sind ρn (GLn (C)) und ψn (GLn (H)) Gruppen.
Aus Satz 8 folgt damit
ρn (GLn (C)) ⊂ GL2n (R) und ψn (GLn (H)) ⊂ GL2n (C).
Die beiden injektiven Homomorphismen lassen sich also auf Abbildungen zwischen den
allgemeinen linearen Gruppen einschränken. Wir erhalten die folgenden injektiven Gruppenhomomorphismen.
ρn : GLn (C) → GL2n (R) und ψn : GLn (H) → GL2n (H)
Die Existenz und Injektivität dieser Homomorphismen beweist den Satz 9.
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