Physikalische Chemie 2003 T Fos Seite 1 4 REAKTIONSKINETIK

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Fos
REAKTIONSKINETIK ......................................................................................... 2
4.1
Grundbegriffe und Messmethoden ....................................................................................................... 3
4.1.1
Wichtige Begriffe............................................................................................................................ 5
4.1.2
Messmethoden zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit .................................................... 6
4.2
Einfache Geschwindigkeitsgesetze (Formalkinetik) ............................................................................ 8
4.2.1
Reaktion 0. Ordnung ....................................................................................................................... 8
4.2.2
Reaktion 1. Ordnung .................................................................................................................... 10
4.2.3
Reaktion 2. Ordnung ..................................................................................................................... 12
4.2.4
Reaktion 3. Ordnung ..................................................................................................................... 15
4.3
Bestimmung der Geschwindigkeitsgleichung..................................................................................... 16
4.4
Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitsgleichung................................................................ 20
4.5
Komplexe Reaktionen .......................................................................................................................... 22
4.5.1
Reversible Reaktionen................................................................................................................... 23
4.5.2
Paralellreaktion 1. Ordnung .......................................................................................................... 25
4.5.3
Folgereaktionen............................................................................................................................. 27
4.5.4
Kettenreaktion ............................................................................................................................... 30
4.5.5
Explosionen................................................................................................................................... 32
4.5.6
Enzymreaktionen........................................................................................................................... 34
4.6
Theorie der Elementarreaktionen ....................................................................................................... 38
4.6.1 Stoßtheorie bimolekularer Reaktionen .................................................................................................... 38
4.6.2
Theorie des Übergangszustandes .................................................................................................. 41
4.6.3 Katalysatoren........................................................................................................................................... 45
4.7
Reaktionen in Lösungen, Reaktionen von Ionen................................................................................ 46
4.7.1
Reaktionen zwischen Ionen........................................................................................................... 48
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Reaktionskinetik
Die chemische Kinetik beschäftigt sich zum einen mit der Bestimmung des Umsatzes,
der Geschwindigkeitskonstanten k, der Reaktionsordnung , der Struktur von
auftretenden Zwischenstufen und des Mechanismus einer Reaktion. Zum anderen
werden die Einflüsse der Konzentration der Reaktanden, der Temperatur, des Druckes,
des Lösungsmittels, des pH-Wertes und die von Katalysatoren und Inhibitoren
untersucht. Einige Reaktionen werden auch photochemisch durch Einstrahlung von
Licht ausgelöst. Formal unterteilt man die Kinetik in Makrokinetik und Mikrokinetik.
Makrokinetik: Die Bestimmung der Geschwindigkeitsgesetze und der
Reaktionsordnung. Ihre Kenntnis ist wichtig für die Auslegung industrieller Prozesse.
Mikrokinetik: Die Bestimmung der Reaktionsmechanismen und die Erarbeitung
eines molekularen Bildes für den Übergangszustand der Reaktion.
Als homogene Reaktionskinetik bezeichnet man die Kinetik chemischer Reaktionen,
die in homogener Phase ablaufen, als heterogene Reaktionskinetik die Kinetik von
Reaktionen, an denen mehrere Phasen beteiligt sind; z.B. Reaktionen an
Katalysatoroberflächen. Als Einstieg in das Gebiet ist die Kinetik homogener
Reaktionen in der Gasphase geeignet.
Die Reaktionsgeschwindigkeit chemischer Reaktionen erstreckt sich über viele
Größenordnungen. Die schnellsten Reaktionen in Lösungen laufen in Nanosekunden
ab und sind oft diffusionskontrolliert. Extrem langsame Prozesse können Tage oder
länger dauern und sind manchmal mit radiochemischen Methoden verfolgbar.
Hier eine kleine Sammlung von Fragen und ihre Zuordnung zu den Teilgebieten der
physikalischen Chemie
Frage (A):
Welche Menge von jeder Substanz benötige ich, wenn ich eine bestimmte
Anzahl von Substanzen zu einem Zielprodukt reagieren lassen möchte?
Antwort:
Diese Frage wird durch die Stöchiometrie zusammen mit dem Gesetz der
Massenerhaltung beantwortet.
Wir setzen diese Handhabung voraus, werden sie in dieser Vorlesungsreihe also nicht erneut
behandeln. Wir werden darauf zurückgreifen, wenn wir Reaktionsbilanzen erstellen müssen.
Frage (B):
Wird die von uns geplante Reaktion überhaupt ablaufen und gibt es eine
Antriebskraft oder Neigung für eine bestimmte Reaktion, ist ihr Ablauf
beeinflussbar?
Antwort:
Antworten hierauf liefert die Thermodynamik und Thermochemie in
Verbindung mit der Lehre vom chemischen Gleichgewicht.
Hierauf werden wir in der Vorlesung noch einmal eingehen, wobei ich auf die
vorangegangenen Darstellungen im Rahmen der Vorlesung zur physikalischen Chemie Bezug
nehme.
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Frage (C):
Wird eine chemische Reaktion in vernünftig kurzer Zeit ablaufen? Wie kann
ich diese Zeit minimieren? Wie erziele ich hohe Umsätze bei hoher Spezifität?
Antwort:
Diese Fragen zu beantworten ist Gegenstand dieser Vorlesung zur chemischen
Kinematik.
Frage (D):
Wie sicher ist meine Reaktion? Was muss ich beachten, welches
Gefahrenpotential enthält sie und wie kann ich die Freisetzung dieses
Gefahrenpotentials verhindern?
Antwort:
Anwendung der thermochemischen Gesetze; Reaktionskalorimetrie
(Wärmeflusskalorimeter RC1)
4.1 Grundbegriffe und Messmethoden
Bei den chemischen Gleichgewichten hatten wir die allgemeine Reaktion betrachtet.
ν A A + ν B B → νC C + ν D D
←
Dabei interessierte uns nur Ausgangs- und Gleichgewichtszustand. Hier in der Kinetik
wollen wir wissen wie schnell die Reaktion abläuft; d.h. wie schnell wir uns diesem
Gleichgewichtszustand näheren.
∆rGm
Gleichgewicht als Funktion des
Reaktionssystems
∑ νi ⋅ µi >
Edukte
∑ ν i ⋅ µi
∆rGm
Pr odukte
∆rGm< 0
∑ νi ⋅ µi =
Edukte
∑ ν i ⋅ µi
Pr odukte
∆rGm= 0
∑ νi ⋅ µi <
Edukte
∑ νi ⋅ µi
Pr odukte
∆rGm > 0
Gleichgewicht ξ eq
Reaktionsstart ξ=0
Reaktionsende wenn Umsatz
vollständig wäre ξ =max
Diagramm 4-1 (3-2)
Wir hatten bereits die Reaktionslaufzahl ξ (xi) mit dn i = νi ⋅ dξ eingeführt.
Bezogen auf die obige Gleichung können wir die Reaktionslaufzahl angeben als:
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Reaktionslaufzahl ξ =
T
n A − n A ,0
=
Fos
n B − n B,0
=
n C − n C, 0
=
n D − n D,0
νA
νB
νC
νD
Nehmen wir an, dass am Anfang nur Ausgangsstoffe vorhanden waren, so werden die
Terme für diese negativ, die für die Produkte positiv. Es ist deshalb üblich die
Änderung der Edukte mit einem negativen Vorzeichen zu versehen
Änderung der Reaktionslaufzahl dξ = −
dn
dn A
dn
dn
=− B = C = D
νA
νB
νC
νD
1 ⋅ CO + 3 ⋅ H 2 ⇔ 1 ⋅ CH 4 + 1 ⋅ H 2 O
dn
dn
dn
dn
dξ = − CO = − H 2 = CH 4 = H 2O
1
3
1
1
Beispiel:
Betrachtet man die Veränderung der Reaktionslaufzahl nach der Zeit so gelangt man
zur sogenannten totalen Reaktionsgeschwindigkeit.
Definition:
Die Reaktionsgeschwindigkeit ist die durch Reaktion bedingte
Änderung der auf den stöchiometrischen Koeffizienten bezogenen
Molzahländerung mit der Zeit (IUPAC):
RG total =
dξ 1 ⋅ dn i
=
dt ν i ⋅ dt
νi ≡ stöchiometrischer Koeffizient dni
≡ Änderung der Molzahl des Stoffes i
RGtotal ≡ Totale Reaktionsgeschwindigkeit.
In den meisten Fällen ist es sinnvoll, die Reaktionsgeschwindigkeit auf bestimmte, das
Reaktionssystem charakterisierende Größen zu beziehen. Für homogene Reaktionen ist dies
im allgemeinen das Volumen oder auch die Masse des Reaktionsgemisches, so dass wir zwei
erweiterte Definitionen erhalten:
rV =
1 dn i 
Mole

⋅


v i V ⋅ dt  Volumen ⋅ Zeit 
rm =
1 dn i
⋅
vi m ⋅ dt
Nach der Beziehung
ni
= ci
V
 mol 
 Liter ⋅ s 


Mole


 Masse der Re aktionsmischung ⋅ Zeit 
folgt:
dn i 1 dci
⋅ =
dt V dt
 mol 
 kg ⋅ s 


und somit ist gültig:
1 dci
⋅
→ Anstelle der Abkürzung r oder rV für die
vi dt
Reaktionsgeschwindigkeit wird häufig auch die Abkürzung vr benutzt.
r=
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Die Reaktionsgeschwindigkeit für die Einzelkomponenten geteilt durch den
r
r= i
νi
Ist das Volumen während der Reaktion konstant ( oder nahezu konstant) kann man
auch die Konzentration c einsetzen.
stöchiometrischen Faktor ν führt zur Äquivalent – Reaktionsgeschwindigkeit r
ri = r ⋅ νi =
1 dn i dci
⋅
=
V dt
dt
Beispiel aus Chemische Reaktionstechnik von Jens Hagen S. 24
2 A + 3 B ⇒ C + 4 D + 2E
rA wird mit 5 mol L-1 s-1 angeben
a) Wie groß ist die Reaktionsgeschwindigkeit für B, C, D, E ?
b) Wie groß ist die Äquivalent – Reaktionsgeschwindigkeit r ?
rA
r
= B = etc.
νA νB
r ⋅ν
5mol ⋅ 3
mol
rB = A B =
= 7,5
νA
L⋅s⋅2
L⋅s
Weiter ergibt sich rC = 2,5 mol L-1 s-1 , rD = 10 mol L-1 s-1 und rE = 5 mol L-1 s-1
Die Äquivalent – Reaktionsgeschwindigkeit r ergibt sich zu
r
5mol
mol
r= A =
= 2,5
νA L ⋅ s ⋅ 2
L⋅s
Anstelle von der Konzentration cA ist es auch üblich die Konzentration mit eckigen
Klammern zu kennzeichnen [A]
cA,0 oder [A0] = Anfangskonzentration des Stoffes A; eingesetzte Stoffmenge/Volumen
4.1.1 Wichtige Begriffe
Elementarreaktion: Eine Reaktion, die in einem Schritt ohne Zwischenstufen abläuft, wird
als Elementarreaktion bezeichnet. Die Reaktion erfolgt durch direkte
intermolekulare Wechselwirkung der Reaktanden.
Reaktionsordnung: Die Geschwindigkeitsgleichung einer Reaktion lässt sich im
Allgemeinen als Produktansatz
n
r = k (T) ⋅ c nAA ⋅ c nBB ⋅ cCC ⋅ .......
schreiben. Für eine Reaktion soll z.B. gelten: r = k ⋅ c A ⋅ c0B,5 ⋅ cC . Dabei ist k die von der
Temperatur abhängige Geschwindigkeitskonstante der Reaktion. Die experimentell zu
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bestimmenden Exponenten nA, nB, nC werden als Teilordnungen bezüglich der Reaktanden A,
B, C bezeichnet. Die Summe dieser Exponenten ergibt die Gesamtordnung
(Reaktionsordnung) n = nA+ nB+ nC . Für unser Beispiel ist die Reaktion von erster Ordnung
in A, für halber Ordnung in B und von erster Ordnung in C. Die Gesamtordnung ist die
Summe der Teilordnungen, in unserem Beispiel 2,5.
Die Teilordnungen haben ebenso wie die Reaktionsordnung im Allgemeinen keinen Bezug zu
den stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktion. Weiterhin kann meist auch kein
Zusammenhang mit dem Mechanismus der Reaktion hergestellt werden. Hierzu einige
Beispiele:
N 2O5 → 2 NO 2 + 0,5 O 2
r = k ⋅ c N 2O5
Reaktion 1. Ordnung
NO 2 → NO + 0,5 O 2
r = k ⋅ c 2NO 2
Reaktion 2. Ordnung
H 2 + Br2 → 2 HBr
r = k ⋅ c H 2 ⋅ c0Br,52
Reaktion 1,5. Ordnung
Styrol → Polystyrol
0
r = k ⋅ cStyrol
Reaktion 0. Ordnung
Die Geschwindigkeitskonstante hat in Abhängigkeit von der Reaktionsordnung n die Einheit
(mol ⋅ L−1 )1−n ⋅ s−1 bzw. m
-3
anstelle von L-1.
Reaktion 0. Ordnung
Reaktion 1. Ordnung
Reaktion 2. Ordnung
Reaktion 3. Ordnung
mol
L⋅s
s-1
L
mol ⋅ s
L2
mol2 ⋅ s
Molekularität:
Die Molekularität einer Reaktion gibt die Anzahl der
Reaktandenmoleküle an, die an einer Elementarreaktion beteiligt sind.
Es werden mono-, bi- und trimolekulare Reaktionen unterschieden.
Eine n-molekulare Reaktion ist natürlich von der Ordnung n, aber nicht
jede Reaktion n-ter Ordnung ist zwangsläufig n-molekular. Dies wird
verständlich, wenn man sich vorstellt, dass auch eine Reaktion erster,
zweiter oder dritter Ordnung aus verschiedenen Elementarreaktionen
mit unterschiedlicher Molekularität zusammengesetzt sein kann.
4.1.2 Messmethoden zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit
Die Konzentration der Reaktionspartner müssen für p,T = const. in Abhängigkeit von der Zeit
gemessen werden. Man unterscheidet folgende Verfahren:
Diskontinuierliche Verfahren
a)
Probenahme und Analyse der Probe mit chemischen oder physikalischen Methoden.
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Problem: Von der Probenahme bis zur fertigen Analyse soll die Probe nicht
weiterreagieren. Dies kann z.B. geschehen durch Abschrecken, Verdünnen, pHÄnderung, Zusatz von Radikalfängern u. ähnlichem
Kontinuierliche Verfahren
Die Änderung der chemischen oder physikalischen Eigenschaften werden im Reaktionsgefäß
( in situ) verfolgt. Hier eine Auflistung möglicher Methoden:
a)
b)
c)
Volumetrische Messungen ( T = konst., p = const.)
Messung des Druckes z.B. bei Gasreaktionen ( T = konst., V = const.)
Messung optischer Eigenschaften
Lichtabsorption ( UV, sichtbares Licht, IR )
Brechungsindex
Optische Drehung
Voraussetzung:
d)
Der Zusammenhang zwischen optischer Größe und der
Konzentration muss bekannt sein oder bestimmt werden.
Messung elektrischer Eigenschaften
Verfolgung der Reaktion über die Leitfähigkeit anstelle der Konzentration
Reaktionen bei denen Ionen gebildet werden
Reaktionen bei denen Ionen verbraucht werden
Reaktionen bei denen sich die Leitfähigkeit der Ionen der Edukte und der
Produkte sich unterscheidet.
Dielektrizitätskonstante
Polarographie
Potentiometrie
Redoxpotential
e)
Reaktionswärme
Ist die Reaktionswärme proportional zum Umsatz kann auch im Kalorimeter
gearbeitet werden.
f)
Messung eines gasförmigen oder eines flüssigen Reaktionsproduktes.
Beachtet muss allerdings die Löslichkeit des Gases bzw. der 2. Flüssigkeit im
Reaktionsmedium werden.
Diese hier angesprochen Methoden werden oft als klassische Techniken bezeichnet. Für
hohe Reaktionsgeschwindigkeiten werden sogenannte schnelle Methoden eingesetzt.
In der „Stopped-flow“ Technik, mit deren Hilfe Reaktionen im Millisekundenbereich
untersucht werden können, werden die durch Kapillaren in eine Mischkammer eintretenden
Ausgangsstoffe turbulent gemischt, wobei Mischzeiten im Millisekundenbereich erzielt
werden. Die Strömung wird dann abgestoppt und die Mischkammer z.B. spektroskopisch in
Abhängigkeit von der Zeit untersucht.
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In der Blitzlichtphotolyse lösen kurze Lichtblitze aus Laser photochemische Reaktionen aus,
die dann wieder spektroskopisch untersucht werden können (Nobelpreis für Norrish und
Porter).
Relaxationsverfahren gehen auf M.Eigen zurück. Das Verfahren beinhaltet die Störung eines
im Gleichgewicht vorliegenden Systems durch sehr schnelle Änderung eines äußeren
Parameters ( z.B. Druck oder Temperatursprung) und die Messung der Zeit (Relaxationszeit),
die benötigt wird bis das neue Gleichgewicht sich eingestellt hat.
In der praktischen Durchführung muss man sich über viele Details Gedanken machen.
•
•
Stoff können schon beim Mischen reagieren, so das der Reaktionsstart unsicher wird.
Während diese Mischvorganges sind die Konzentrationen höher, der pH-Wert an der
Eintropfstelle ist anderes etc. als in der fertigen Mischung.
Genaue Messung und Kontrolle der Temperatur und manchmal auch des Druckes
4.2 Einfache Geschwindigkeitsgesetze (Formalkinetik)
n
Die Geschwindigkeitsgleichung r = k (T) ⋅ c nAA ⋅ c nBB ⋅ cCC ⋅ ....... stellt mathematisch gesehen
eine Differentialgleichung dar. Durch Integration bei vorgegeben Anfangsbedingungen erhält
man die Konzentration der Reaktionspartner als Funktion der Zeit.
4.2.1 Reaktion 0. Ordnung
Bei der Reaktionen 0. Ordnung ist die Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig von der
Konzentration.
Die Änderung eines Ausgangsstoffes zu einem Produkt oder Produkten (A ⇒ Produkte) über
der Zeit ( Reaktionsgeschwindigkeit r oder vi ) ist nur durch die Geschwindigkeitskonstante k
festgelegt. Die Konzentration der Ausgangsstoffe spielt keine Rolle.
Es tritt dann auf, wenn die Geschwindigkeit durch einen zeitlich konstanten nichtchemischen
Vorgang bestimmt wird. Beispiele sind die Absorption von Gasen in einer Flüssigkeit bei
konstanter Gaszufuhr oder die Reaktion an einer festen Grenzfläche, an der die Konzentration
des Reaktanten durch Adsorption konstant gehalten wird.
dc
r bzw. v A = − A = k 0
dt
Die Integration
cA
t
c A,0
t =0
− ∫ dc A = k 0 ⋅ ∫ dt führt zu:
c A = c A ,0 − k 0 ⋅ t
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T
Fos
Die graphische Auftragung c gegen t führt zu einer Geraden mit der Steigung k
cA
∆cA
cA,0
∆t
k=−
∆c A
∆t
 mol 
 L ⋅ s 
t
Diagramm 4-2
Die Halbwertszeit gibt uns eine anschauliche Information, wann die eingesetzte
Konzentration auf die Hälfte abgesunken ist. Sie ist bei der Reaktion 0. Ordnung abhängig
von der Konzentration des Einsatzstoffes
Setzten wir in der Gleichung c A = c A,0 − k 0 ⋅ t für cA = ½ cA,0 und für t = t½ so kann man
c
nach der Zeit t½ auflösen A,0 = c A,0 − k 0 ⋅ t1 / 2 . Wir erhalten für die Halbwertszeit
2
c
gilt: t1 / 2 = A,0
2⋅k
Beispiel:
Die Konzentration des Stoffes cA,0 sei 1 mol/L und die
Geschwindigkeitskonstante k = 1 mol/L.min
1mol ⋅ L ⋅ min
= 0,5 min
Nach 30 sec ist die Konzentration auf die
L ⋅ 2 ⋅ 1mol
Hälfte gesunken. Betrachten wir diese Konzentration 0,5 mol/L nun als
Ausgangswert, so erhalten wir eine Halbwertszeit von
t1 / 2 =
0,5mol ⋅ L ⋅ min
= 0,25 min
L ⋅ 2 ⋅ 1mol
nur noch 15 Sekunden. Wir erkennen die Halbwertszeit ist bei einer Reaktion
0.Ordnung von der Konzentration abhängig.
t1 / 2 =
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4.2.2
T
Fos
Reaktion 1. Ordnung
A ⇒Produkte
rA bzw. v A = −
Die Integration
− ∫
cA
c A,0
− ln
dc A
= k1 ⋅ c A
dt
t
dc A
= k1 ⋅ ∫ dt
cA
t =0
cA
= k1 ⋅ t
c A ,0
führt zu:
c A = c A ,0 ⋅ e − k1 ⋅ t
Reaktion 1. Ordnung am Beispiel des radioaktiver Zerfall
Wandeln sich Atomkerne durch Aussendung von Teilchen und Strahlung in andere
Atomkerne um so spricht man vom radioaktiven Zerfall. Liegen viele radioaktive Atomkerne
eines Isotops vor, so folgt dieser Zerfall einer Reaktion 1. Ordnung. Ein wesentliches
Merkmal des radioaktiven Zerfalls ist, dass er eine von der Temperatur unabhängige
Zerfallskonstante hat. Diese ist auch nicht von anderen äußeren Einflüssen abhängig.
Radioaktiver Zerfall
Teilchenzahl N, Aktivität A,
Zerfallskonstante λ
dN
−
=λ⋅N=A
dt
N
A
ln 0 = λ ⋅ t oder ln 0 = λ ⋅ t
N
A
Chemische Reaktion 1. Ordnung
Konzentration c,
Geschwindigkeitskonstante k
N = N 0 ⋅ e −λ⋅t oder A = A 0 ⋅ e −λ⋅t
c A = c A 0 ⋅ e − k ⋅t
t1 / 2 =
ln 2
λ
dc
= k⋅c
dt
c
ln A 0 = k ⋅ t
cA
−
t1 / 2 =
T = const.
ln 2
k
Tabelle 4-1
Die Halbwertszeit t1/2 wird bei der Reaktion 1. Ordnung unabhängig von der
Konzentration
Beispiel:
a)
Bei der Herstellung von I-123 für die nuklearmedizinische Diagnostik wird
z.B. eine wässrige Lösung vom Volumen V = 1 ml mit einer Ausgangsaktivität
A0 von 1 GBq erzeugt. I-123 hat eine Halbwertszeit t1/2 von 13,2 Stunden.
Wie lange dauert es bis die Aktivität A auf 1 MBq abgeklungen ist?
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b)
T
Fos
Welcher Konzentration c in mol/l entspricht die Anfangsaktivität?
λ
I − 123 → Te − 123
Lösung:
a)
ln
A
ln 2 ⋅ t
=−
A0
t1 / 2
t=
b)
und
t
t
A
A
t = − 1 / 2 ⋅ ln
bzw. t = 1 / 2 ⋅ ln 0
ln 2
A0
ln 2
A
13,2h
1 ⋅ 10 9 s −1
⋅ ln
= 19,04h ⋅ 6,908 = 131,54h ≈ 5,5Tage
ln 2
1 ⋅ 10 6 s −1
Für die mit dieser Aktivität verbundene Stoffmenge und Konzentration ist die folgende
Berechnung hilfreich.
N
n
A = λ⋅N
n=
und
c=
NA
V
A 0 ⋅ t1 / 2 1 ⋅ 10 9 ⋅ 13,2h ⋅ 3600s
=
= 6,85 ⋅ 1013
ln 2
s ⋅ ln 2 ⋅ 1h
N=
A A ⋅ t1 / 2
=
λ
ln 2
n=
N
6,85 ⋅ 1013 ⋅ s
n 1,14 ⋅ 10 −10 mol
mol
=
= 1,14 ⋅ 10 −10 mol und c = =
= 1,14 ⋅ 10 − 7
NA
V
L
1 ⋅ 10 − 3 L
6,022 ⋅ 10 23
N0 =
Die mit der Teilchenzahl N durchgeführte Berechnung hatte im Prinzip genauso mit der
Konzentration c durchgeführt werden können.
Zerfall von Iod-123
1,00E+09
9,00E+08
8,00E+08
Aktivität in Becquerel
7,00E+08
6,00E+08
5,00E+08
4,00E+08
3,00E+08
2,00E+08
1,00E+08
0,00E+00
0
5
10
15
20
25
Zeit in Stunden
Diagramm 4-3
Seite 11
30
35
40
45
50
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T
Fos
Logarithmische Auftragung für eine Reaktion 1. Ordnung
Zerfall von Iod 123
21
20,5
20
ln A
19,5
19
18,5
18
17,5
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Zeit in Stunden
Diagramm 4-4
Aus der linearen Darstellung kann man die Halbwertszeit abschätzen. Aus der Steigung der
logarithmischen Darstellung erhält man –k bzw. - λ.
−λ =
∆(ln A ) (20,45 − 18,1)
=
= −0,0522 h −1
∆t
5 − 50 h
t1 / 2 =
ln 2
0,0522 ⋅ h −1
= 13,27 h
4.2.3 Reaktion 2. Ordnung
A + B ⇒ Produkte
vA = −
dc A
= k ⋅ cA ⋅ cB
dt
Nehmen wir zunächst gleiche stöchiometrische Faktoren an z.B. νA = νB = -1. Zu
Beginn der Reaktion; d.h. zur Zeit t = 0 gilt, dass cA = cA,0 und cB = cB,0 . Wir
definieren die Umsatzvariable x zu:
x = c A,0 − c A = c B,0 − c B
−
d (c A,0 − x ) dx
dc A
=−
=
dt
dt
dt
dx
= k ⋅ dt
(c A,0 − x ) ⋅ (c B,0 − x )
und nehmen cA > cB an.
wir erhalten
dx
= k ⋅ (c A,0 − x ) ⋅ (c B,0 − x )
dt
es folgt Partialbruchzerlegung und Integration:
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Fos

1
1 
⋅ −
+

 c A,0 − x c B,0 − x 
x
t
1
1
1 
⋅ ∫ −
+
⋅
dx
=
k

∫ dt
c A,0 − c B,0 0  c A,0 − x c B,0 − x 
0
1
⋅ ln(c A,0 − x ) − ln(c B,0 − x ) 0x = k ⋅ t
c A,0 − c B,0
1
1
=
(c A,0 − x ) ⋅ (c B,0 − x ) c A,0 − c B,0
[
]
c
1
⋅ ln  B,0
c A,0 − c B,0
 c A,0
c
1
⋅ ln  B,0
c A,0 − c B,0
 c A,0
c
− x
⋅ A ,0
 = k⋅t
c B,0 − x 
oder in einer leichten Variation
c 
⋅ A = k⋅t
c B 
Eine mögliche Geradengleichung erhalten wir mit
c
c
ln A = ln A,0 + (c A − c B ) ⋅ k ⋅ t
Die Geschwindigkeitskonstante k ergibt sich dann
cB
c B,0
aus der Auftragung von ln (cA/cB) gegen t
Der Ausdruck für die Halbwertszeit ist ebenfalls komplex
t1 / 2 =
1
k2

 

c
1
 ⋅ ln 2 − A,0 
⋅
 c B,0 − c A,0  
c B,0 

 
Haben wir den Fall cA,0 = cB,0 so wie z.B. bei der Gasrektion von
2 HI(Gas) → H 2,(Gas) + I 2,(Gas)
−
cA
dc A
= k 2 ⋅ c A ⋅ c B = k 2 ⋅(c A )2
dt
1
1
−
= k⋅t
c A c A ,0
− ∫
c A,0
Aufgelöst nach cA
cA =
Der Ausdruck für die Halbwertszeit ergibt t1 / 2 =
dc A
t
= k ∫ dt
c 2A
0
c A ,0
1 + k ⋅ t ⋅ c A ,0
1
k ⋅ c A ,0
1
gegen die Zeit (Reaktionszeit) auf, so erhalten wir eine Gerade, die Steigung
cA
liefert uns den Wert für die Geschwindigkeitskonstante k in (L.mol-1.s-1), der
Ordinatenabschnitt ist die reziproke Anfangskonzentration, s.u.
Tragen wir
Auftragung für eine Reaktion 2. Ordnung
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T
∆t
1/(cA)
Fos
∆cA
 1
∆
c
k=  A
∆t
1/cA,0


 L 
 mol * s 
t
Diagramm 4-5
Die Halbwertszeit erhalten wir, wenn wir in
t1/ 2 =
c A ,0
1
1
=k⋅t+
für x =
einsetzen,
cA
c A ,0
2
1
. Wir erkennen, dass für n = 2 die Halbwertszeit eine Funktion der
k ⋅ c A ,0
Ausgangskonzentration ist. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Reaktionsordnung n = 1.
Gegenüberstellung:
n=1
n =2
Konzentrations-/ZeitGesetz
c A ,0
1
1
−
= k2 ⋅ t
ln
= k1 ⋅ t
c A c A ,0
cA
t 1/ 2 =
ln 2
k1
[ ]
t1/ 2 =
[
1
k 2 ⋅ c A ,0
]
k1 s −1
k 2 L ⋅ mol −1 ⋅ s −1
 mol 
v R = k1 ⋅ c 
 L ⋅ s 
 mol 
vR = k 2 ⋅ c2 
 L ⋅ s 
Tabelle 4-2
Für Reaktionen 2. Ordnung ist der Zahlenwert für die Geschwindigkeitskonstante von den
Einheiten der Konzentration abhängig!
Haben wir den Fall cA,0 ≠ cB,0 und sind noch verschiedene stöchiometrische Koeffizienten
zu berücksichtigen müssen diese in der Geschwindigkeitsgleichung berücksichtigt werden.
mit Berücksichtigung der stöchiometrischen Koeffizienten mit ν = 3 für KI = cB und
ν = 1 für C2H4Br2 = cA
Seite 14
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
inCH OH
C2H 4Br2 + 3KI  3
→ C 2H 4 + 2KBr + KI3
A
+
B
Die Bildung von KI3 wird titrimetrisch verfolgt.
(
)(
)
dx
= k 2 ⋅ c C 2H 4Br 2 ⋅ c KI = k 2 c A,0 − x c B,0 − 3x
dt
c B,0  c A,0 − x 
1

 = k2 ⋅ t
⇒
ln
ν B * c A,0 − ν A * c B,0
c A,0  c B,0 − 3x 
t 1/ 2 =
1
k2

1

 ν A * c B,0 − ν B * c A,0

 
ν *c
 ln  2 − B A,0
 
ν A * c B,0
 




Konzentrationsverlauf
- Vergleich 1. und 2. Ordnung -
Diagramm 4-6
Konzentrationsverlauf für n = 1 und n = 2 bei gleicher Ausgangskonzentration und gleicher
Halbwertszeit. Interpretation!!
4.2.4 Reaktion 3. Ordnung
Reaktionen 3. Ordnung treten vor allem in Gasphasen auf; sie sind aber verhältnismäßig
selten. Wir betrachten nur den einfachen Fall gleicher Anfangskonzentrationen der Stoffe A,B
und C
A + B + C ⇒ Produkte
Seite 15
Physikalische Chemie 2003
vA = −
cA
− ∫
T
Fos
dc A
= k 3 ⋅ c A ⋅ c B ⋅ c C = k 3 ⋅ c 3A
dt
dc A
3
c A,0 c A
1 1
1 

 = k⋅t
−
2  c 2A c 2A,0 


t
= k 3 ∫ dt
0
t1 / 2 =
Für die Halbwertszeit erhält man schließlich den Ausdruck
3
2 ⋅ k ⋅ c 2A,0
Die Halbwertszeit ist also bei der Reaktion erster Ordnung konstant, bei einer Reaktion
0.Ordnung sinkt sie mit sich verbrauchender Eduktkonzentration. Bei Reaktionen 2.Ordnung
und noch stärker bei 3.Ordnung verlängert sich die Halbwertszeit mit sinkender
Eduktkonzentration.
4.3 Bestimmung der Geschwindigkeitsgleichung
Bei Kenntnis der Geschwindigkeitsgleichung kann die Geschwindigkeit einer Reaktion für
alle Anfangskonzentrationen berechnet werden. Diese Geschwindigkeitsgleichung muss
experimentell ermittelt werden. Ein postulierter Reaktionsmechanismus muss mit der
Geschwindigkeitsgleichung in Einklang stehen.
Mögliche Vorgehensweise am Beispiel der Reaktion
(CH3CO )2 O + C4H9OH in⋅Benzol

→ CH 3COOC 4H9 + CH 3COOH
A + B
→ C + D
vereinfacht
findet man bei 1000C folgende Werte.
Die Ausgangskonzentrationen von Acetanhydrid und i-Butanol sind gleich.
Reaktion v Essigsäureanhydrid m i-Butanol
0,35
cA [mol/L]
0,304
0,218
0,166
0,138
0,115
0,088
0,054
0,037
0,029
0,3
0,25
Eduktkonzentration in mol/L
Zeit [s]
0
600
1200
1800
2400
3600
7200
10800
14400
∆c
∆t
0,2
0,15
0,1
0,05
0
Tabelle 4-3
0
1000
2000
3000
4000
5000
Zeit in Sekunden
Diagramm 4-7
Seite 16
6000
7000
8000
9000
10000
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Zeichnen Sie die Kurve und ermitteln Sie graphisch die Reaktionsgeschwindigkeit durch
anlegen von Tangenten zu den jeweiligen Messwerten.
vR =
∆c A
∆t
Zeit [s]
0
600
1200
1800
2400
3600
7200
10800
14400
cA [mol/L]
0,304
0,218
0,166
0,138
0,115
0,088
0,054
0,037
0,029
∆cA [mol/L]
0,304
0,285
0,238
0,212
0,188
0,148
0,097
0,072
0,020
∆t [s]
1600
2500
4000
5100
6500
8900
15500
21500
11400
vR [mol/L.s]
190.10-6
114.10-6
59,5.10-6
41,5.10-6
28,9.10-6
16,6.10-6
6,2.10-6
3,3.10-6
1,7.10-6
Tabelle 4-4
Ermittlung der Halbwertszeit aus dem Diagramm:
cA = 0,3
cA = 0,2
cA = 0,1
cA/2 = 0,15
cA/2 = 0,1
cA/2 = 0,05
t1/2
t1/2 = 3000 -750 s
t1/2 = 7500 - 3000 s
= 1500 s
= 2250 s
= 4500 s
Wir haben eine konzentrationsabhängige Halbwertszeit, wobei mit sinkender
Eduktkonzentration die Halbwertszeit zunimmt. Bei der Reaktionsgleichung liegt es nahe
zunächst die Reaktionsordnung mit 2 anzunehmen.
Wir können aber auch die Gleichung v R = k ⋅ (c A )n logarithmieren und erhalten
lg v R = lg k + n ⋅ lg c A . Aufgelöst nach n wobei lg k eliminiert werden kann ergibt sich:
n=
lg v1 − lg v 2
lg 190 ⋅ 10 −6 − lg 28,9 ⋅ 10 −6 − 3,721 − (−4,539)
=
=
= 1,94 d.h. die
lg c A,1 − lg c A,2
lg 0,304 − lg 0,115
− 0,527 − (−0,939)
vermutete Reaktionsordnung wird bestätigt.
Ermitteln wir unter diesem Gesichtspunkt die Geschwindigkeitskonstante k nach der
Gleichung v R = k ⋅ c A ⋅ c B bei cA = cB ergibt sich für k
k=
vR
(cA )2
Seite 17
Physikalische Chemie 2003
Zeit [s]
0
600
1200
1800
2400
3600
7200
10800
14400
cA [mol/L]
0,304
0,218
0,166
0,138
0,115
0,088
0,054
0,037
0,029
T
∆cA [mol/L]
0,304
0,285
0,238
0,212
0,188
0,148
0,097
0,072
0,020
Fos
vR [mol/L.s]
190.10-6
114.10-6
59,5.10-6
41,5.10-6
28,9.10-6
16,6.10-6
6,2.10-6
3,3.10-6
1,7.10-6
∆t [s]
1600
2500
4000
5100
6500
8900
15500
21500
11400
k [L/mol.s]
2,1.10-3
2,4.10-3
2,2.10-3
2,2.10-3
2,2.10-3
2,1.10-3
2,1.10-3
2,4.10-3
2,0.10-3
Tabelle 4-5
Der erhaltene Zahlenwert schein konstant zu sein, man erhält einen Mittelwert für k
von 2,19.10-3 L/mol.s
Nach dieser Feststellung trägt man 1/cA gegen t auf und ermittelt die
Geschwindigkeitskonstante k genauer:
1 /c A g e g e n t
cA
[mol/L]
0,304
0,218
0,166
0,138
0,115
0,088
0,054
0,037
0,029
1/ cA
[L/mol]
3,289
4,587
6,024
7,246
8,696
11,36
18,52
27,03
34,48
30
25
20
1/cA in l/mol
Zeit
[s]
0
600
1200
1800
2400
3600
7200
10800
14400
15
10
5
0
0
2000
4000
6000
8000
10000
Z e it in S e k u n d e n
Tabelle 4-6
Diagramm 4-8
z.B. 1/cA =25,2 bei t = 10000 s
1
1
−
= k⋅t
c A c A ,0
 1
1 
∆
−
 c A c A,0  25,2 − 3,3mol
mol
=
k=
= 2,17 * 10 − 3
∆t
10000L ⋅ s
L⋅s
Der letzte Teil dieser Übung stellt die sogenannte Integrationsmethode dar. Die Methode
besteht darin ein Zeitgesetz auszuwählen, dieses in eine lineare Form zubringen . Die
Messwerte der Konzentration in Abhängigkeit von der Zeit werden mit Hilfe dieser linearen
Gleichung aufgetragen. Stimmt das ausgewählte Zeitgesetz mit der Reaktion überein ergibt
sich eine Gerade. Hat man durch Probieren das richtige Zeitgesetz gefunden, kann man aus
der Steigung der Geraden die Geschwindigkeitskonstante ermitteln.
Seite 18
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Methode der Anfangsgeschwindigkeiten:
Beispiel zur Reaktionsordnung:
2 NO(g ) + O2(g ) → 2 NO2(g )
für die Reaktionsgeschwindigkeit können wir schreiben:
v NO2 = k ⋅ (c NO )x ⋅ (c O 2 )y
Durch Experimente kann nun geprüft werden in welchem Zusammenhang die
Bildungsgeschwindigkeit von NO2 mit den Konzentrationen der Ausgangsstoffe NO und O2
steht. Hier mit der Methode der „Anfangsgeschwindigkeiten“.
Experiment
A
B
C
D
E
F
G
Anfangskonzentration
cNO [mol/L]
1*10-3
1*10-3
1*10-3
2*10-3
3*10-3
2*10-3
3*10-3
Anfangskonzentration
cO2 [mol/L]
1*10-3
2*10-3
3*10-3
3*10-3
3*10-3
1*10-3
1*10-3
Anfangsgeschwindigkeit
VNO2 [mol/L.s]
7*10-6
14*10-6
21*10-6
84*10-6
189*10-6
28*10-6
63*10-6
Tabelle 4-7
Wir können nach diesem Experiment die Exponenten x und y und die
Geschwindigkeitskonstante k bestimmen. Für x erhalten wir 2 und für y gleich 1.
v NO2 = k ⋅ (c NO )2 ⋅ (c O 2 )1
Die Geschwindigkeitskonstante k ergibt sich zu:
k=
v NO 2
(c NO )2 ⋅ (c O2 )
k = 7 *10
3
=
(
7 ⋅ 10 −6 mol ⋅ L2 ⋅ L
)2
L ⋅ s ⋅ 1 ⋅ 10 −3 mol 2 ⋅ 1 ⋅ 10 −3 mol
L2
mol 2 ⋅ s
Es handelt sich für NO um eine Reaktion 2. Ordnung und für Sauerstoff um eine Reaktion 1.
Ordnung. Die Gesamtreaktionsordnung ergibt sich in der Summe zu 3.
Die Reaktionsordnung ist auch aus der Einheit der Geschwindigkeitskonstanten k zu
erkennen.
Seite 19
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
4.4 Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitsgleichung
Die Geschwindigkeitskonstante und damit
die Reaktionsgeschwindigkeit der meisten Reaktionen
steigt mit der Temperatur exponentiell. Diese
Verhalten wird Arrhenius-Verhalten genannt.
vR
Häufig gilt die sogenannte RGT-Regel
(Reaktionsgeschwindigkeits-Temperatur-Regel):
Erhöht man die Reaktionstemperatur um 10°C, so
verdoppelt sich oft (verdreifacht) die
Reaktionsgeschwindigkeit vR.
Normalfall
T
Diese Temperaturabhängigkeit der
Geschwindigkeitskonstanten wurde empirisch gefunden und von van´t Hoff und Arrhenius in
folgende mathematische Form gebracht:
EA
R
k exp = A ⋅ e ⋅T
−
ln k = ln A −
EA
R ⋅T
d ln k
EA
=
dT
R ⋅ T2
EA ist die Aktivierungsenergie, d.h. die Energie, die ein Teilchen besitzen muss, um reagieren
zu können. Für die Aktivierungsenergie wird im Allgemeinen Temperaturunabhängigkeit
angenommen. A wird als präexponentieller Faktor bezeichnet und wird hier ebenfalls als
temperaturunabhängig angesehen. Bei hohen Temperaturen wird der präexponentielle Faktor
Jedoch signifikant temperaturabhängig und der Arrhenius Ansatz muss modifiziert werden.
Bestimmt man die Geschwindigkeitskonstante bei verschiedenen Temperaturen, kann aus
einer Auftragung von ln k gegen 1/T die Aktivierungsenergie aus der Steigung der Geraden
bestimmt werden (- EA/R). Die Geschwindigkeitskonstante hängt umso stärker von der
Temperatur ab, je größer die Aktivierungsenergie EA ist. Bei der Besprechung der Theorie der
Elementarreaktionen werden wir sehen, welche physikalische Größen hinter dem empirisch
bestimmbaren Arrhenius Parametern stehen.
ln k
A
- EA/R
ln k = ln A −
1/T
Seite 20
EA
RT
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Es gibt eine Reihe von Reaktionen, die einer solchen Temperaturabhängigkeit von k nicht
folgen (Nicht-Arrhenius-Verhalten), wie z.B. Kettenreaktionen, bei denen
Adsorptionsgleichgewichte eine Rolle spielen, enzymatische Reaktionen, Reaktionen bei
denen Tunneleffekte eine Rolle spielen, und generell Reaktionen mit komplexen
Reaktionsmechanismen. Für solche Reaktionen findet man zum Teil auch scheinbare
Aktivierungsenergien EA von Null oder negative Werte.
vR
vR
Explosionsreaktion
T
T
Enzymattische
Reaktion
vR
vR
T
Fall 4
T
Fall 5
Der Fall 4 stellt die Verbrennung von Kohlenstoff dar (Oxidation)
C + 1 O2
2
→
←
CO + 1 O 2
2
CO 2 + C
→
←
CO
→
←
CO 2
(Boudouard-Gleichgewicht)
2 CO
Der Fall 5 stellt beispielhaft die Oxidation von NO gemäß 2 NO + O 2
→
←
2 NO 2 dar und
zeigt einen negativen Einfluss der Temperaturerhöhung auf vR. Die Ursache ist, dass nicht die
Spezies NO oxidiert wird, sondern N2O2, die mit NO im Gleichgewicht steht:
→
N 2O 2
2 NO Dissoziationsgleichgewicht!
←
Aber es reagiert im Oxidationsschritt N2O2!
→
=> N 2 O 2 + O 2 ← 2 NO 2 und vR = k . cN2O2. cO2
Die Dissoziation von N2O2 ist ein endothermer Prozess, das Gleichgewicht verschiebt sich bei
Temperaturerhöhung (Le Chatelier) zu NO, der inaktiven Spezies.
Seite 21
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
4.5 Komplexe Reaktionen
Der Verlauf einer Bruttoreaktion ist häufig nicht mit den bisher angeführten einfachen
Geschwindigkeitsgesetzten zu beschreiben. Folgende Grundtypen komplexer Reaktionen
werden unterschieden:
1.
Reversible Reaktion
2.
Parallelreaktion
3.
Folgereaktionen
A → B
←
B
A
C
A → B → C
Zusätzlich können Kombinationen dieser Grundtypen auftreten:
a)
Folgereaktion mit reversiblem Teilschritt
Vorgelagertes Gleichgewicht
A → B → C
Nachgelagertes Gleichgewicht
A → B → C
←
←
f)
Parallelreaktionen mit Folgereaktionen
f)
Konkurrierende Folgereaktionen
B
A
C
D
A + B → C + D
A + C → E + F
d)
A + B → D
Konkurrierende Parallelreaktionen
A + C → F
e) Kettenreaktionen
1.Startreaktion CH 3CHO → •CH 3 + •CHO
2.Kettenwachstum CH 3CHO + •CH 3 → CH 4 + CH 3CO •
3.Kettenwachstum CH 3CO• → •CH 3 + CO
4.Kettenabbruch
• CH 3 + •CH 3 → CH 3CH 3
f) Oszillierende Reaktionen, bei denen die Konzentration der Reaktanden periodisch in
Raum und Zeit oszillieren.
Viele dieser Reaktionen spielen in der Natur und Technik eine große Rolle (z.B.
photochemische Reaktionen, Enzymreaktionen, heterogene Katalyse, Polymerisation,
chemisches Chaos). Ein Anzeichen für das Auftreten einer komplexen Reaktion ist das
Abweichen des Geschwindigkeitsgesetzes von der stöchiometrischen Reaktionsgleichung. Im
folgenden werden einige einfache Beispiele komplexer Reaktionen vorgestellt.
Seite 22
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
4.5.1 Reversible Reaktionen
Wir betrachten hier Reaktionen in der Nähe ihrer Gleichgewichte, wenn also Rückreaktionen
wichtig werden, vom Typ
k1
A → B
←

k
−1
Die Reaktion sei eine monomolekulare Elementarreaktion erster Ordnung (z.B. eine cis-transIsomerisierung). Auf Grund der Massenerhaltung gilt:
c A,0 + c B,0 = c A + c B = c A,∞ + c B,∞
cA,0 = Anfangskonzentration von A, cA = Momentankonzentration von A,
cA,∞ = Gleichgewichtskonzentration von A
dc A
= k1 ⋅ c A − k −1 ⋅ c B ;
dt
dc
− A = k1 ⋅ c A − k −1 ⋅ c A,0 − c A + c B,0
dt
dc A
−
= (k1 + k −1 ) ⋅ c A − k −1 ⋅ c A,0 + c B,0
dt
−
(
)
(
)
dc A
=0
dt
k1/k_1 stellt die Gleichgewichtskonstante KC dar.
Im Gleichgewichtsfall muss gelten: −
KC=
k1 c B,∞ c A,0 − c A,∞ + c B,0 c A,0 + c B,0
=
=
=
−1
k −1 c A,∞
c A,∞
c A ,∞
c
+c
c
+c
k −1
c A,∞ = A,0 B,0 = A,0 B,0 =
⋅ c A,0 + c B,0
k1
1 +KC
k
k
+
−
1
1
1+
k −1
(
Seite 23
)
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Reversible Reaktion
1
0,9
0,8
A [mol/L]
B [ mol/L]
Konzentration [mol/L]
0,7
cA,0 =1 mol/L
cB,0 = 0 mol /L
k1 = 0,1 min-1
k_1=0,01 min-1
cA,unendlich = 0,0909 mol/L
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
Zeit [Minuten]
Diagramm 4-9
KC = k1/k_1 gilt allgemein für reversible Elementarreaktionen. Dem liegt das Prinzip der
mikroskopischen Reversibilität ( engl. principle of detailed balance) zugrunde. Das chemische
Gleichgewicht ist ein dynamisches Gleichgewicht. Nach der Einstellung des Gleichgewichtes
beobachten wir makroskopisch keine Veränderungen des Systems mehr, da Hin- und
Rückreaktion gleich schnell verlaufen. KC ist durch das Verhältnis der
Geschwindigkeitskonstanten gegeben.
dc A
= (k1 + k −1 ) ⋅ c A − (k1 + k −1 ) ⋅ c A,∞
dt
dc
− A = (k1 + k −1 ) ⋅ c A − c A,∞
dt
−
(
Die Integration führt zu:
)
cA
− ∫
c A ,0
t
dc A
= (k1 + k −1 ) ⋅ ∫ dt
c A − c A ,∞
0
−c
c
ln A,0 A,∞ = (k1 + k −1 ) ⋅ t
c A − c A ,∞
−c
c
Durch die Auftragung von ln A,0 A,∞ über der Zeit t erhalten wir eine Gerade mit der
c A − c A ,∞
Seite 24
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Steigung m, wobei m = k1+k_1 darstellt. Ist weiterhin die Gleichgewichtskonstante KC
bekannt ist k1 undk_1 berechenbar.
c
− c A ,∞
ln A ,0
c A − c A ,∞
Bestimmung von k1 und k_1
10
9
8
7
6
m=k1+k_1
5
4
3
2
1
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Zeit [s]
Diagramm 4-10
Weiterhin werden die Konzentrationsverläufe der Reaktianden beschrieben durch:
(
)
c A = c A,0 − c A,∞ ⋅ e −(k1 + k −1 )⋅t + c A,∞
c B = c A,0 − c A + c B,∞
(
)(
)
c B = c A,0 − c A,∞ ⋅ 1 − e −(k1 + k −1 )⋅t + c B,0
4.5.2 Paralellreaktion 1. Ordnung
Das Molekül A zerfalle spontan zu B, reagiere aber auch mit dem Lösungsmittel zu C:
k
1
A →
B
k
2
A →
C
da das Lösungsmittel im großen Überschuss vorliegt, bleibt dessen Konzentration praktisch
konstant und tritt daher nicht als Reaktandenkonzentration auf. Wir formulieren:
dc A
= k1 ⋅ c A + k 2 ⋅ c A
dt
dc
− A = (k1 + k 2 ) ⋅ c A
dt
−
Seite 25
Physikalische Chemie 2003
Die Integration führt zu :
T
cA
Fos
t
dc A
= (k1 + k 2 )∫ dt
cA
0
− ∫
c A,0
c A = c A,0 ⋅ e −(k1 + k 2 )⋅t
Für die Bildung von B kann man formulieren:
dc B
= k1 ⋅ c A = k1 ⋅ c A,0 ⋅ e −(k1 + k 2 )⋅t
dt
cB
t
0
0
− (k + k )⋅t
∫ dcB = k1 ⋅ cA,0 ⋅ ∫ e 1 2 ⋅ dt

1
1 
c B = k1 ⋅ c A,0 ⋅ −
⋅ e −(k1 + k 2 )⋅t +
k1 + k 2 
 k1 + k 2
k ⋅c
c B = 1 A,0 ⋅ 1 − e −(k1 + k 2 )⋅t
k1 + k 2
[
]
Die Bildung von C ergibt sich analog:
dcC
= k 2 ⋅ c A = k 2 ⋅ c A,0 ⋅ e −(k1 + k 2 )⋅t
dt
[
k ⋅c
cC = 2 A,0 ⋅ 1 − e −(k1 + k 2 )⋅t
k1 + k 2
]
Die beiden Reaktionsprodukte B und C werden proportional zu den relativen
Geschwindigkeitskonstanten gebildet. Sind die Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 etwa
gleich groß, werden beide Produkte zu etwa gleichen Anteilen gebildet.
c B k1 c B,∞
=
=
cB∞ und cC∞ sind die Konzentrationen, die im Gleichgewicht für
c C k 2 c C, ∞
t → ∞ erreicht werden. Somit kann aus der Analyse der Gleichgewichtskonzentrationen das
Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten bestimmt werden. Aus dem integrierten
Geschwindigkeitsgesetz erhalten wir die Summe der beiden Geschwindigkeitskonstanten, so
dass mit Hilfe beider Informationen die einzelnen Geschwindigkeitskonstanten berechnet
werden können.
Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten kann mit dem Ansatz von
Arrhenius beschrieben werden.
E
− A,2
R
T
⋅
k = k1 + k 2 = A1 ⋅ e
+ A 2 ⋅ e R ⋅T
−
E A ,1
Die erhaltene Beziehung genügt der einfachen Arrhenius-Gleichung nicht mehr. Damit ist
keine Aussage über die Aktivierungsenergien aus einer Auftragung von ln k gegen 1/T
möglich. Für den Fall, dass sich die Geschwindigkeitskonstanten k1 und k2 stark
unterscheiden, finden wir in der Arrhenius-Auftragung jedoch zwei lineare Kurvenäste,
woraus die verschiedenen Aktivierungsenergien näherungsweise bestimmt werden können.
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Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Als Beispiel sei hier die Bromierung von Methoxy-Benzol genannt, die zu den drei möglichen
Produkten ortho-, metha- und para-Brom-Methoxy-Benzol führt, wobei sich die jeweiligen
Geschwindigkeitskonstanten stark unterscheiden
ln k
A
1/T
4.5.3 Folgereaktionen
k
k
1
2
A →
B →
C
Die Geschwindigkeitsgesetze der Reaktion sind:
dc A
= − k1 ⋅ c A
dt
⇒
c A = c A , 0 ⋅ e − k1 ⋅ t
dc B
= k1 ⋅ c A − k 2 ⋅ c B
dt
⇒
dc B
= k1 ⋅ c A,0 ⋅ e − k1 ⋅t − k 2 ⋅ c B
dt
dcC
= k 2 ⋅ cB
dt
Der Ausdruck für die Bildung von B ist eine inhomogene Differentialgleichung. Man erhält:
dc B
+ k 2 ⋅ c B = k1 ⋅ c A,0 ⋅ e − k1 ⋅t ⋅ e k 2 ⋅t
dt
dc B k 2 ⋅t
⋅e
+ k 2 ⋅ c B ⋅ e k 2 ⋅t = k1 ⋅ c A,0 ⋅ e(− k1 + k 2 )⋅t
dt
d
c B ⋅ e k 2 ⋅t = k1 ⋅ c A,0 ⋅ e(− k1 + k 2 )⋅t
dt
(
)
c B ⋅e k 2⋅t
∫
0
(
)
t
d c B ⋅ e k 2 ⋅t = k1 ⋅ c A,0 ⋅ ∫ e(− k1 + k 2 )⋅t ⋅ dt
0
t
cB ⋅ e
k 2 ⋅t
 e(− k1 + k 2 )⋅t 
= k1 ⋅ c A,0 ⋅ 

 − k1 + k 2  0
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Physikalische Chemie 2003
T
[
Fos
]
k ⋅c
c B = 1 A,0 ⋅ e(k 2 − k1 )⋅t − 1
k 2 − k1
k1
cB =
⋅ c A ,0 ⋅ e − k1 ⋅ t − e − k 2 ⋅ t
k 2 − k1
[
]
Die Konzentration c zur Zeit t ergibt sich aus dem Gesetz zur Erhaltung der Masse:
cC = c A ,0 − c A − c B


k1
cC = c A,0 ⋅ 1 − e − k1 ⋅t −
⋅ e − k1 ⋅t − e − k 2 ⋅ t 
k 2 − k1


 k ⋅ e − k1 ⋅ t − k ⋅ e − k 2 ⋅ t 
1
cC = c A,0 ⋅ 1 − 2

k 2 − k1


(
)
In der Abbildung ist das Konzentrations-Zeit-Diagramm dargestellt.
Das Produkt cC tritt erst
nach kurzer Verzögerung
auf, welche als
Induktionszeit bezeichnet
wird. Wenn k2 << k1,
folgt aus der Gleichung
für cB, dass überwiegend
B gebildet wird und sich
die Bildung von C später
daran anschließt. Für den
Fall, dass k2 >> k1, folgt
aus der Gleichung für C
(
cC = c A ,0 ⋅ 1 − e
− k1 ⋅ t
)
cA,0
cC
cA
cB
Die
Reaktionsgeschwindigkei
t, d.h. die Bildung des
Endproduktes, wird also
durch den langsamsten
Teilschritt bestimmt.
Diagramm 4-11
Für solche Reaktionen ist es von Interesse wenn man am Stoff B interessiert ist, zu welcher
Zeit tB,max die Konzentration von B maximal ist. Dazu betrachten wir die Gleichung für cB .
[
]
dc B
k1
=
⋅ c A,0 ⋅ − k1 ⋅ e − k1 ⋅t + k 2⋅e − k 2 ⋅t = 0
dt
k 2 − k1
1
k
⋅ ln 2
k 2 − k1
k1
einsetzen.
t B, max =
Diesen Ausdruck kann man nun in die Gleichung für cB
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Physikalische Chemie 2003
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Fos
Nach einigen Umformungen erhält man:
k 
c B, max = c A,0 ⋅  2 
 k1 
k 2 / (k 1 − k 2 )
Schauen wir uns dieses komplexen Gleichungen an einem konkreten Beispiel an:
In den Beispielen des radioaktiven Zerfalls ersetzen wir die Konzentration c durch die
Teilchenzahl N und die Geschwindigkeitskonstante k durch die Zerfallskonstante λ
Unser Beispiel aus dem Bereich des Radioaktiven Zerfalls kann ähnlich angesetzt werden:
Die Zerfallskonstante λ wird häufig durch ln 2 / t1/2 gesetzt.
λ
λ
λ
3
1
2
A →
B →
C →
D
Das Reaktionsschema lautet:
t1 / 2 =5,9 min 123
t1 / 2 = 2,08h 123
t1 / 2 =13, 2 h 123
p, 2n 123
124
→ 54 Xe 
 → 53 I 
 → 52Te
54 Xe → 55 Cs    
Bei der Herstellung von Iod-123 für die Nuklearmedizin lautet dann die Frage: Wie lange
lasse ich Xe-123 zerfallen bis die optimale Aktivität an I-123 entstanden ist.
Nehmen wir für Xe-123 zum Zeitpunkt t = 0 eine Aktivität von 1 GBq (1.109Bq) an.
a)
Welche Aktivität an I-123 ist nach 2h, nach 6 h und nach 24 h entstanden ?
b)
Wann ist der optimale Zeitpunkt Xe-123 vom I-123 abzutrennen ?
a)
t in h
0
2
6
24
6,582
t in s
0
7200
21600
86400
23696
AXe-123 in Bq
1,00.109
5,14.108
1,35.108
3,36.105
1,12.108
NXe-123
1,08.1013
5,55.1012
1,46.1012
3,63.109
1,20.1012
NI-123
0
4,96.109
7,62.1012
3,63.1012
7,65.1012
AI-123 in Bq
0
7,24.107
1,11.108
5,30.107
1,12.108
Tabelle 4-8
Der radioaktive Zerfall führt selten im ersten Zerfallsschritt zum stabilen Endelement,
sondern über verschiedene Tochterelemente, wobei sich bei t1/2,A > t1/2,B ein radioaktives
Gleichgewicht einstellt.
Vergleichbar Folgereaktionen in der Chemie ohne Rückreaktion.
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Physikalische Chemie 2003
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Fos
4.5.4 Kettenreaktion
Kettenreaktionen sind spezielle Folgereaktionen, in denen eine reaktive Zwischenstufe (z.B.
freies Radikal, Atom) ständig regeneriert wird und dementsprechend in Folgeschritten
weiterreagiert. Die Starreaktion kann durch hohe Temperaturen, Photolyse (Lichtblitz) oder
durch den Zusatz von Radikalen ausgelöst werden.
Eine Kettenreaktion wird durch die Entfernung der reaktiven Teilchen beendet. Beispiele sind
radikalische Halogenierungen von Alkanen und Polymerisation. Sie führen meist zu relativ
komplexen Ausdrücken für die Geschwindigkeitsgesetze. Hier zunächst eine einfach
erscheinende Reaktion, die Bildung von Bromwasserstoff aus den Elementen.
H 2(g ) + Br2(g ) → 2 HBr(g )
Die Startreaktion kann sowohl thermisch als auch photochemisch initiiert werden. Wir
betrachten hier die thermisch induzierte Startreaktion. Folgende Teilreaktionen treten auf:
Thermisch induzierter Start:
k
1
Br2 →
2 Br •
k
2
Br • + H 2 →
HBr + H •
Reaktionskette:
k
3
H • + Br2 →
HBr + Br •
k
Inhibierung:
4
H • + HBr →
H 2 + Br •
Abbruch:
5
2 Br • M →
Br2 + M *
k
M ist ein Stoßpartner, der die bei der Rekombination der Radikale frei werdende Energie
aufnimmt. Für die Bildungsgeschwindigkeit des Reaktionsproduktes HBr ergibt sich somit:
dc HBr
= k 2 ⋅ c Br • ⋅ c H 2 + k 3 ⋅ c H • ⋅ c Br 2 − k 4 ⋅ c H • ⋅ c HBr
dt
Für die Zwischenprodukte H• und Br• wird ein stationärer Zustand angenommen:
dc H •
= k 2 ⋅ c Br • ⋅ c H 2 − k 3 ⋅ c H • ⋅ c Br 2 − k 4 ⋅ c H • ⋅ c HBr = 0
dt
womit sich die Konzentration der Wasserstoffradikale berechnen lässt.
cH• =
k 2 ⋅ c Br • ⋅ c H 2
k 3 ⋅ c Br 2 + k 4 ⋅ c HBr
und analog dazu die Konzentration der Bromradikale
dc Br •
= k1 ⋅ c Br 2 − k 2 ⋅ c Br • ⋅ c H 2 + k 3 ⋅ c H • ⋅ c Br 2 + k 4 ⋅ c H • ⋅ c HBr − k 5 ⋅ c 2Br • = 0
dt
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0 = k1 ⋅ c Br 2 − k 5 ⋅ c 2Br •
c Br • =
Fos
k1
⋅ c Br 2
k5
Die erhaltenen Ausdrücke für die Radikalkonzentrationen werden in die
Geschwindigkeitsgleichung für die HBr – Bildung eingesetzt
dc HBr
=
dt
2 ⋅ k 2 ⋅ c H2 ⋅
k1
⋅ c Br 2
k5
k c
1 + 4 ⋅ HBr
k 3 c Br 2
Ein solcher Zusammenhang wurde bereits 1906 von Bodenstein experimentell gefunden, ohne
dass dieser damals gedeutet werden konnte. Die Reaktion wird um so langsamer, je größer
das Verhältnis HBr zu elementarem Brom wird. Es erfolgt eine Inhibierung ( Verlangsamung)
der Reaktion durch das Endprodukt HBr.
Bedeutender ist die Kettenreaktion für die Polymerisation ( mit den Untergruppen
Polyaddition, Polykondensation). Betrachten wir als Beispiel die Reaktion von Ethen zu
Polyethylen. Zum Starten der Reaktion verwenden wir Benzolyperoxid als Initiatormolekül I
Kettenstart:
kI
(C 6 H 5 CO )2 →
2
C 6 H 5 CO •
dc R •
= 2 ⋅ k I ⋅ cI
dt
C 2 H 4 + C 6 H 5 CO• → C 6 H 5 COC 2 H 4 •
k
I
I →
2 R•
M + R • → M1 •
dc M1
= k1 ⋅ c R • ⋅ c M
dt
Hierbei bezeichnet I das Initiatormolekül und • M1 ein Monomerradikal. In diesem Beispiel
ist die Bildung des Radikals gezeigt, aber auch Kationen oder Anionen können die Rolle des
Kettenträgers spielen. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist die Entstehung der
Radikale.
Kettenwachstum:
dc M 2
= k 2 ⋅ c M1• ⋅ c M
dt
dc M3
M + M 2 • → M3 •
= k 3 ⋅ c M2• ⋅ c M
dt
dc Mn
= k n ⋅ c Mn −1• ⋅ c M
M + M n −1 • → M n •
dt
Kettenabbruch:
M n • +M m • → M n + m
M + M1 • → M 2 •
Seite 31
dc M n + m
dt
= k Abbruch ⋅ c 2M •
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Eine exakte Schreibweise ist komplex, eine vereinfachte Angabe über die
Polymerisationsgeschwindigkeit findet sich im Atkins unter Kettenpolymerisation .
v Polymerisation = k ⋅ c 0I,5 ⋅ c M
Bei einer solchen Reaktion ist auch die Kettenlänge ν von Interesse. Für diese lässt sich die
Formel
ν Kettenlänge = k ⋅ c −I 0,5 ⋅ c M
Je langsamer also die Startreaktion, desto größer die Kettenlänge.
4.5.5 Explosionen
Wir wollen noch das Auftreten von Kettenverzweigungen betrachten. Diese treten auf, wenn
ein reaktives Teilchen mehrere reaktive Teilchen im Verlauf eines Kettengliedes oder eine
Folge von Kettengliedern bildet, z.B. die Knallgasreaktion
2H 2( g ) + O 2( g ) → 2H 2 O ( g )
thermischer Start:
2H 2 + O 2 → 2 HO •
Kettenfortpflanzung: HO • + H 2 → H 2 O + H •
Kettenverzweigung:
H • + O 2 → HO • + • O •
• O • + H 2 → HO • + H •
Inhibierung:
H • + O 2 + M → HO 2 • + M *
Kettenabbruch:
2H• → H 2 ( z.B. an der Gefäßwand)
Durch die kaskadenförmige Bildung mehrerer Radikale aus einem Startradikal steigt die
Reaktionsgeschwindigkeit stark an und es kommt zu einer Kettenverzweigungsexplosion.
Außer dieser gibt es thermische Explosionen, die dann auftreten, wenn es durch hohe
Temperaturen zu einem starken Anstieg der Reaktionsgeschwindigkeit kommt. Die KnallgasReaktion zeigt beide Typen von Explosionen.
Bei kleineren Drücken läuft die Reaktion langsam ohne Explosion ab, da die Kettenträger, die
bei der Verzweigung entstehen, eher an der Gefäßwand als mit anderen Molekülen
zusammenstoßen.
Wird der Druck bei einer Temperatur oberhalb 730 K (z.B. 830 K) langsam erhöht, erreicht
man die erste Explosionsgrenze. Es kommt zur Explosion, weil die Radikale zur Reaktion
kommen, bevor sie an der Gefäßwand deaktiviert werden.
Oberhalb der zweiten Grenze rekombinieren die entstehenden Radikale, wobei die dabei
freiwerdende Energie über Dreierstöße abgeführt wird. Dreierstöße treten erst bei höheren
Drücken auf und inhibieren die Kettenfortpflanzung.
Seite 32
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Fos
Bei noch höheren Drücken kommt es dann zu einer thermischen Explosion, da durch die
höhere Radikalkonzentration und die stark negative Reaktionsenthalpie die
Reaktionstemperatur drastisch erhöht wird, die Reaktionswärme aber nicht mehr abgeführt
werden kann.
Diagramm 4-12
Siehe Skizze Explosionsgrenzen bei der Knallgas-Reaktion
Seite 33
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4.5.6 Enzymreaktionen
In biologischen Systemen werden fast alle ablaufenden chemischen Reaktionen durch
spezifische Makromoleküle, die Enzyme, katalysiert. Die Reaktionsgeschwindigkeiten
werden durch die enzymatische Katalyse oft bis um einen Faktor 106 erhöht. Die katalytische
Wirksamkeit beruht darauf, dass ein Reaktionspartner ( Substrat ) in genau definierter
Orientierung gebunden wird und so Übergangszustände beim Bindungsaufbau oder Lösen
einer Bindung stabilisiert werden können. Die Kinetik der Enzymreaktionen lässt sich sehr
gut als eine Reaktion mit einem vorgelagerten Gleichgewicht betrachten. Die mathematische
Behandlung geht auf Michaelis und Menten aus dem Jahr 1913 zurück.
Allgemein:
k1
k2
A → B →
C
←

k
mit k2 << k1 und k-1
_1
Dann gilt für die Bildung von C:
dcC
= k 2 * c A * K1 ; ist auch hier gegeben, dass die Teilschritte mit k1 und k-1 jeweils
dt
c
k
bimolekular erster Ordnung sind, ist K1 = B = 1
c A k −1
Der Fall C hat große
Bedeutung:
Katalysierte
Reaktionen mit Enzymen und
in der homogenen Katalyse mit
Übergangsmetallkomplexen.
Einfluss eines Katalysators auf die
freie Aktivierungs-Reaktionsenthalpie ∆G#m,R
In der Enzymkinetik kann
angenommen werden, dass die
freie Aktivierungsenthalpie G≠
durch die Enzyme erheblich
herabgesetzt wird. Als Folge
wird die
Reaktionsgeschwindigkeit
erheblich erhöht.
Diagramm 4-13
Allgemein geht man in der Enzymkinetik davon aus, dass ein Enzym E schnell mit einem
Substrat S ein Enzym-Substrat-Komplex ES bildet. Dieser zerfällt dann über einen aktivierten
Komplex E-S-P≠ zum Produkt P und setzt dabei das Enzym E wieder frei.
E + S ⇔ ES≠ ⇔ ES ⇔ E − S − P ≠ ⇔ EP ⇔ EP ≠ ⇔ E + P
Seite 34
Physikalische Chemie 2003
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Reaktionsverlauf bei enzymatischen Reaktionen
Diagramm 4-14
Etwas vereinfacht kann man schreiben:
k1
k
→
2
E + S←

 ES → E + P
k _1
In biologischen Systemen ist normalerweise die
Substratkonzentration S sehr viel größer als die
Enzymkonzentration E ( cS >> cE ). Nach kurzer
Anlaufreaktion liegt die Hauptmenge des Enzyms
als Enzym-Substrat-Komplex ES vor.
k1 und k_1 sind normalerweise sehr viel größer
als k2 ( k1 und k_1 >> k2 ), so dass sich zwischen
E, S und ES ein Dissoziationsgleichgewicht
einstellt.
k _1 c E * cS
KS =
=
k1
c ES
Die Geschwindigkeit der Produktbildung ist
abhängig von der Geschwindigkeit k2 und der
Konzentration cES.
v Pr odukt =
dc P
= k 2 * c ES
dt
Seite 35
Konzentrationsverlauf einer
enzymkatalysierten Reaktion
Diagramm 4-15
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Als Ansätze für die Reaktionsgeschwindigkeit erhält man:
dcs
= k1 * cS * c E − k _1* c ES
dt
dc
− E = k1 * cS * c E − k _1* c ES − k 2 * c ES
dt
−
weil E am Ende der Reaktion wieder frei wird
dc ES
= k1 * cS * c E − k _1* c ES − k 2 * c ES = k1 * cS * c E − (k _1 + k 2 ) * c ES
dt
dc
+ P = k 2 * c ES
dt
+
Nach kurzer Anlaufphase erreicht die Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes ein
Maximum. An dieser Stelle ist die Bildungs- und die Zerfallsgeschwindigkeit von ES gleich
und somit:
dc ES
=0
dt
Diese Bedingung gilt nun näherungsweise über weite Bereiche bis das Substrat weitgehend
verbraucht ist.
k *c *c
k1 * cS * c E = (k _1 + k 2 ) * c ES
c ES = 1 S E
(k _1 + k 2 )
Die Konstanten können zu einer neuen Konstanten, zur Michaelis-Menten-Konstanten KM
zusammengefasst werden
KM =
k _1 + k 2
k1
c ES =
cS * c E
KM
Unterscheiden wir noch zwischen totaler Enzymkonzentration cE(T) und freier
Enzymkonzentration cE und führt einige Umstellungen durch erhält man:
c E ( T ) = c E + c ES
K M * c ES = c E ( T ) * cs − c ES * cS
c ES * (K M + cS ) = c E ( T ) * cS
c ES =
v Pr odukt =
c E ( T ) * cS
(K M + cS )
dc P
= k 2 * c ES kommen wir zum Ausdruck
dt
Seite 36
und mit
vP =
k 2 * c E ( T ) * cS
(K M + cS )
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Anfangsgeschwindigkeit einer Michaelis-Menten-Reaktion
gegen die Substratkonzentration
Diagramm 4-16
Analog der Langmuir-Adsorptionsisothermen sind zwei Grenzfälle zu unterscheiden:
cS >> KM ⇒ v = vmax = konstant
cS << KM ⇒ Lineare Gleichung v wird proportional zu cS.
Genauer:
Für cS ≤ 0,01*KM wird vP ∼ cS
⇒ Reaktion 1. Ordnung
Für cS = 0,01........100 *KM
⇒ Gemischte Ordnung
Für cS ≥ 100*KM wird vP ∼ vmax und unabhängig von cS ⇒ Reaktion 0. Ordnung
Bei einer Auftragung der Anfangsgeschwindigkeit vR gegen die Substratkonzentration cS ist
die maximale Reaktionsgeschwindigkeit nur ungenau zu ermitteln. Man wählt daher die
reziproke Darstellung nach Lineweaver und Burk
1
KM
cs
=
+
v R k 2 * c E ( T ) * cS k 2 * c E ( T ) * cS
mit k2 *cE(T) = vmax
1
KM
1
KM
1
=
+
=
+
v R k 2 * c E ( T ) * cS k 2 * c E ( T ) v max * cs v max
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Trägt man 1/v gegen 1/cS auf erhält man eine Gerade ( analog y = m*x+b) mit der Steigung
KM / vmax und dem Achsenabschnitt 1/ vmax.
Ermittlung von kM nach Lineweaver und Burk
Diagramm 4-17
4.6 Theorie der Elementarreaktionen
Neben der experimentellen Ermittlung von Reaktionsgeschwindigkeit,
Geschwindigkeitskonstanten, Reaktionsordnung sollte ein Vergleich mit verschiedenen
Theorien das Verständnis verbessern.
4.6.1 Stoßtheorie bimolekularer Reaktionen
Wir betrachten die Reaktion der Teilchen A mit der Masse mA mit Teilchen B und der Masse
mB in der Gasphase.
A + B → Pr odukte
−
dc A
= k ⋅ cA ⋅ cB
dt
Für die Stoßzahl ZAB zwischen zwei Teilchen A und B pro Zeit und Volumeneinheit gilt:
N  N 
ZAB = σAB ⋅ v rel ⋅  A  ⋅  B 
 V   V 
NA bzw. NB =
V=
σAB =
<vrel> =
Anzahl der Teichen der Sorte A bzw. B
gewählte Volumeneinheit z.B. pro Liter
Stoßquerschnitt
die mittlere Relativgeschwindigkeit der Teilchen
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Die mittlere Relativgeschwindigkeit ergibt sich zu:
v rel =
8 ⋅ kB ⋅ T
π ⋅ µ AB
Hierbei ist kB die Boltzmann Konstante (die molekulare Gaskonstante)
mit k B =
8,314 J ⋅ mol
R
J
=
= 1,38 ⋅ 10− 23
23
N A mol ⋅ K ⋅ 6,022 ⋅ 10
K
µAB = ist die reduzierte Masse; sie wird berechnet über:
1
µ AB
=
1
1
m ⋅m
+
⇒ µ AB = A B
mA mB
mA + mB
Den Stoßquerschnitt σAB erhält man über
σ AB = π ⋅ d 2AB
d AB =
1
(d A + d B )
2
Wenn wir nur eine Teilchensorte haben, ist dA = dB =d, und mA = mB = m sowie NA = NB =
Unter Berücksichtigung eines Faktors ½, um die Stöße nicht doppelt zu zählen, geht obige
Gleichung in Gleichung
Z11 =
1
N
⋅ Z1 ⋅
2
V
Z1 = 2 ⋅ v ⋅ σ ⋅
N
V
σ = π ⋅ d2
über.
Im Rahmen der Stoßtheorie nimmt man nun an, dass eine Reaktionsgeschwindigkeit aus zwei
Beträgen resultiert, einem, der die Stoßfrequenz der Teilchen enthält, und einem BoltzmannTerm, der die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt, dass es beim Zusammenstoß zur Reaktion
kommt. Die Mindestenergie, die erforderlich ist, damit die Reaktion abläuft, nennen wir
Aktivierungsenergie EA. Unter der Annahme, dass jeder Stoß zwischen A und B zur Reaktion
führt, wenn die Teilchen die für die Reaktion notwendige Energie EA besitzen, erhalten wir
damit:
EA
−
dc
Z
− A = AB ⋅ e R ⋅ T
dt
NA
EA
−
dc
8⋅ kB ⋅T
− A = σ AB ⋅
⋅ N A ⋅ c A ⋅ c B ⋅ e R ⋅T
dt
π ⋅ µ AB
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mit der Avogadro-Konstante NA. Hier haben wir die Teilchenzahldichten wieder durch die
Ni
ersetzt. Die Geschwindigkeitskonstante der
molaren Konzentrationen c i =
V ⋅ NA
bimolekularen Gasphasenreaktion ist somit gegeben durch :
EA
−
8⋅ kB ⋅T
k (T) = σ AB ⋅
⋅ N A ⋅ e R ⋅T
π ⋅ µ AB
dem präexponentiellen Faktor A.
Der Term vor der Exponentialfunktion entspricht
A entspricht dem präexponentiellen Faktor der Arrhenius-Gleichung, solange die
exponentielle Temperaturabhängigkeit von A überwiegt. A wird auch Häufigkeits- oder
Stoßfaktor genannt und entspricht dem Wert dem sich die Geschwindigkeitskonstante
annähern würde, wenn man sehr hohe Reaktionstemperaturen wählen könnte ( T → ∞ ).
Typische Werte der mittleren Relativgeschwindigkeit v rel liegen bei 500 m/s und übliche
Stoßquerschnitte σAB bei 10-19 m2. Die Größenordnung von A liegt somit bei
108 m3 mol-1 s-1 bzw. 1011 L mol-1 s-1.
Aus dieser Abschätzung sollten Gasreaktionen sehr schnell ablaufen, was experimentell
jedoch meistens nicht gefunden wird. Dies kann dadurch begründet werden, dass nicht jeder
Stoß zur Reaktion führt. Die reagierenden Moleküle müssen im Allgemeinen in einer
bestimmten relativen Orientierung aufeinander stoßen. Die bewirkt besonders bei großen,
komplex aufgebauten Molekülen einen wesentlich geringeren Häufigkeitsfaktor. Um diesen
Effekt noch zu berücksichtigen, wird der sterische Faktor P eingeführt, der als Verhältnis des
experimentellen zum theoretischen Stoßfaktordefiniert ist.
P =
A exp .
A theor.
E
− A
8 ⋅ kB ⋅ T
k (T) = σ AB ⋅
⋅ N A ⋅ P ⋅ e R ⋅T
π ⋅ µ AB
Beispiele aus Gasreaktionen:
Reaktion
NO + O3 → NO 2 + O 2
Atheor. [L mol-1 s-1 ]
4,7 . 1010
Aexp. [L mol-1 s-1 ]
8,0 .108
P
1,7 . 10-2
NO + NO 2Cl → NOCl + NO 2
2 NOCl → 2 NO + Cl2
6,9 . 1010
5,9 . 1010
8,3 .108
9,4 .109
1,2 . 10-2
0,16
Tabelle 4-9
Da der sterische Faktor im Allgemeinen nur schwer abzuschätzen ist, müssen wir einen
besseren Ansatz zur Bestimmung von A und der Geschwindigkeitskonstanten suchen.
Insgesamt hat die einfache Stoßtheorie meist nur qualitative Bedeutung, da sich der sterische
Faktor ( etwa 10-9 < P < 102) erstrecken kann, dass er nicht nur auf Geometrie-Faktoren
zurückzuführen ist.
Durch Berücksichtigung realistischer zwischenmolekularer Wechselwirkungspotentiale und
inelastischer Stöße könnte dieser Ansatz verbessert werden.
Seite 40
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4.6.2 Theorie des Übergangszustandes
Damit eine chemische Reaktion stattfindet, müssen sich die reagierenden Teilchen nahe
kommen und Aktivierungsenergie besitzen. Die beim Stoß gebildeten Molekülkomplexe
werden als aktivierte Komplexe bzw. als Übergangszustände bezeichnet und mit ≠
gekennzeichnet. H Eyring, M.G. Evans und M Polanyi haben die folgende Theorie aufgestellt.
Wir betrachten eine Reaktion vom Typ :
AB + C → A + BC
z.B.
H 2 + D → H + HD
H
rH-H
θ
rH-D
H
D
Potentialhyperflächen aus Reaction Kinetics M.J. Pilling / P.W. Seakins
Diagramm 4-18
Seite 41
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Um den Reaktionspfad ( hier zwischen H2 und D ) zu finden, muss die potentielle Energie
dieses Systems in Abhängigkeit der Teilchenabstande rH2 und rHD und des Winkels θ
berechnet werden. Dies gelingt in einfachen Fällen mit Hilfe von quantenmechanischen
Verfahren. Man erhält eine Energiehyperfläche, die die potentielle Energie des
Stoßkomplexes als Funktion der Ortskoordinaten aller an der Reaktion beteiligten Atome
beschreibt ( siehe Skizze). Suchen wir den optimalen Weg von rH2 nach rHD so gehen wir nicht
über das „Gebirge“, sondern über den „Pass“. Dieser Sattelpunkt stellt dann den
Übergangszustand zwischen H-H und H-D dar.
In der zweidimensionalen Darstellung erhalten wir dann das einfachere Schema von den
Edukten , Übergangszustand zu den Produkten.
Potentielle
Energie
AB≠
EA
A+B
Produkte
Reaktionskoordinate
Diagramm 4-19
Damit es zur Reaktion kommt muss die Energiebarriere (Aktivierungsenergie) überwunden
werden.
Eyring-Theorie des Übergangszustandes
Die Eyring-Theorie des Übergangszustandes ( engl., transition state theory ) stellt den
Versuch dar, mit dem Modell der Energiehyperflächen und mit Hilfe der statistischen
Thermodynamik die Geschwindigkeitskonstante einer chemischen Reaktion zu berechnen.
Für die quantitative Betrachtung nehmen wir eine beliebige bimolekulare Reaktion, von der
wir annehmen, dass wir sie in zwei Schritte zerlegen können:
k≠
A + B → AB≠ → P
←
≠
k ist die charakteristische Zerfallskonstante des aktiven Komplexes AB≠, der am Sattelpunkt
der Energiehyperfläche zu finden ist. Für die Produktbildung gilt:
dc P
= k ≠ ⋅ c ≠AB
dt
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Physikalische Chemie 2003
T
Fos
≠
Mit der Gleichgewichtskonstanten K C
des vorgelagerten Gleichgewichtes zum aktivierten
Komplex ( unter Beachtung der Dimensionslosigkeit)
≠
KC
=
c ≠AB
c0
 cA   cB 

⋅

 c0   c0 
≠
dc P k ≠ ⋅ K C
=
⋅ cA ⋅ cB = k ⋅ cA ⋅ cB
dt
c0
es folgt
c0 ist die Standardkonzentration 1 mol/L und die beiden Konstanten /c0 stellt die
Geschwindigkeitskonstante k dar.
k=
≠
k ≠ ⋅ KC
c0
Man erhält bei der Einführung einer Standard-Aktivierungs-Gibbs-Energie
∆ ≠ G 0m = −R ⋅ T ⋅ ln K´C≠
( Änderung der Gibbs-Energie, wenn man von den Edukten zum aktivierten Komplex
übergeht).
Durchlässigkeitsfaktor κ berücksichtigt, dass nicht jeder aktivierte Komplex in die Produkte
zerfällt (Allgemein 0,1 < κ < 1).
∆ ≠ G 0m
k ⋅T
k = κ ⋅ B 0 ⋅ e R ⋅T
−
k ⋅T
k = κ ⋅ B 0 ⋅ K´C≠
h⋅c
h ⋅c
Die freie Standardaktivierungsenthalpie ∆ ≠ G 0m lässt sich in die Standardaktivierungsenthalpie
∆ ≠ H 0m und in die Standardaktivierungsentropie ∆ ≠S0m unterteilen
∆ ≠S0m
∆ ≠ H 0m
−
k ⋅T
k = κ ⋅ B 0 ⋅ e R ⋅ e R ⋅T
h ⋅c
Wir wollen noch den bereits erhaltenen Arrhenius-Ausdruck für die
Geschwindigkeitskonstante mit der Theorie des Übergangszustandes interpretieren.
Für κ = 1 gilt:
Arrhenius
d ln k
EA
=
dT
R ⋅ T2
ln k = ln
kB
h ⋅c
0
+ ln T + ln K´C≠
d ln k 1 d ln K´C≠
= +
dT
T
dT
Seite 43
Plankkonstante h = 6,62.10-34 J.s
Physikalische Chemie 2003
T
Fos
d ln k 1 ∆ ≠ U 0m ∆ ≠ U 0m + R ⋅ T
= ⋅
=
dT
T R ⋅ T2
R ⋅ T2
E A = ∆ ≠ U 0m + R ⋅ T
Wegen H = U + pV gilt für die Aktivierungsenthalpie
0
∆ ≠ H 0m = ∆ ≠ U 0m + p ⋅ ∆ ≠ Vm
Für Reaktionen in der idealen Gasphase gilt allgemein
0
p ⋅ ∆ ≠ Vm
= ∑i νi ⋅ R ⋅ T
Für eine bimolekulare Reaktion ist ∑i νi = −1 und damit:
E A = ∆ ≠ H 0m + 2 ⋅ R ⋅ T
Damit erhalten wir für die Geschwindigkeitskonstante:
k=
kB ⋅ T ⋅ e
h ⋅ c0
∆ ≠S0m
E
− A
R
R
⋅e
⋅ e ⋅T
EA
R
k = A ⋅ e ⋅T
−
Mit Hilfe der abgeleiteten Beziehung kann man also aus dem experimentell bestimmten
präexponentiellen Faktor A die Standard-Aktivierungsentropie bestimmt werden. Aus der
experimentell bestimmten Aktivierungsenergie EA kann man mit Hilfe der obigen Gleichung
für die Aktivierungsenergie die Standardaktivierungsenthalpie berechnen.
Weiter findet man für Standard-Aktivierungsentropie im Allgemeinen negative Werte, da bei
der Bildung des aktivierten Komplexes Translations- und Rotationsfreiheitsgrade verloren
gehen. Die Lebensdauer des Übergangszustandes liegt in der Regel im pico Sekunden
Bereich, in einigen Fällen im femto Sekunden Bereich.
Beispiel:
Wir betrachten die bimolekulare Reaktion
H o + CH 4→
←H 2 + oCH 3
Der bei 500 K gemessene präexponentielle Faktor wurde zu 1010 L mol-1 s-1 bestimmt.
A ⋅ h ⋅ c0
J
0
Mit ∆ ≠Sm = R ⋅ ln
= −74
kB ⋅ T ⋅ e
mol ⋅ K
Allgemein gilt in Abhängigkeit von der Reaktionsordnung n für den präexponentiellen Faktor
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Physikalische Chemie 2003
T
Fos
∆ ≠S0m
k ⋅T
A = B 0 ⋅ en ⋅ e R
h ⋅c
Die thermodynamische Formulierung der Eyring-Theorie wird auch oft formal auf
Reaktionen in Flüssigkeiten übertragen. Eine Berechnung der Geschwindigkeitskonstanten ist
jedoch nicht möglich, da die Zustandssummen nur in der Gasphase berechnet werden können.
In der flüssigen Phase können sich die Moleküle nicht mehr frei bewegen und damit keine
freien Translations- und Rotationsbewegungen mehr ausführen. Man verwendet jedoch die
quasi – thermodynamische Formulierung der Eyring-Theorie für den Fall, dass die Reaktion
nicht diffusionskontrolliert ist.
4.6.3 Katalysatoren
Katalysatoren sind Substanzen, deren Anwesenheit bei einer chemischen Reaktion die
Reaktionsgeschwindigkeit erhöht, ohne dass diese selbst umgesetzt werden. Die Reaktionen
können sowohl in homogenere Phase ( Reaktanden und Katalysator beide gasförmig oder
flüssig) als auch in heterogenen Systemen (Katalysator fest ) ablaufen. Insbesondere letztere
haben für viele technische
Anwendungen eine
Einfluss eines Katalysators auf die
herausragende Bedeutung
freie
Aktivierungs-Reaktionsenthalpie
∆G#m,R
(z.B. Hydrierung von CO /
Fischer-Tropsch-Synthese).
Auf Details solcher
Reaktionen, bei denen auch
Adsorptionsgleichgewichte
eine Rolle spielen, soll hier
nicht eingegangen werden.
Die Selektivität vieler
katalysierter Reaktionen
beruht darauf, dass ein
Reaktionsweg durch einen
speziellen Katalysator
begünstigt wird, indem eine
der möglichen
Parallelreaktionen
beschleunigt wird. Die
höchste Selektivität wird bei
enzymatischen Reaktionen
gefunden.
In der Betrachtungsweise der
Diagramm 4-13
Theorie des aktivierten
Komplexes verkleinert der
Katalysator die freie Standard-Aktivierungs-Enthalpie, indem er die StandardAktivierungs-Enthalpie herabsetzt und/oder den Durchlässigkeitsfaktor κ und die StandardAktivierungs-Entropie vergrößert.
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T
Fos
4.7 Reaktionen in Lösungen, Reaktionen von Ionen
Im Gegensatz zur Gasphasenreaktion sind Reaktionen in Lösungen theoretisch wesentlich
schwieriger zu beschreiben, da bereits die Flüssigkeitsstruktur sehr komplex ist. Die
Raumerfüllung beträgt ca. 50% ( in Gasen im Allgemeinen ca. 0,1%), woraus folgt, dass sich
die Moleküle aneinander vorbeischieben müssen, um zur Reaktion zu kommen. Somit werden
bei Reaktionen in Lösung Transportprozesse für die Einschränkung der
Reaktionsgeschwindigkeit verantwortlich. Wir untersuchen folgendes Reaktionsmodell:
kD

R
(AB)LM →
A + B →

P
k _D
←

k
(AB)Lm sei das Molekülpaar im Lösungsmittelkäfig, kD die Geschwindigkeitskonstante für
den Diffusionsprozess der Annäherung der Teilchen, die durch die brownsche
Molekularbewegung bestimmt wird, und kR die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion der
Teilchen im Lösungsmittelkäfig. Für die Bildung des Molekülpaares nehmen wir zunächst
Stationarität an:
dc AB
= k D ⋅ c A ⋅ c B − k _ D ⋅ c AB − k R ⋅ c AB = 0
dt
kD
c AB =
⋅ cA ⋅ cB
k _ D + kR
Damit ergibt sich die Geschwindigkeit der Reaktion:
dc
k ⋅k
v R = P = k R ⋅ c AB = R D ⋅ c A ⋅ c B
dt
k _ D + kR
wobei die Zusammenfassung aller Konstanten die effektive Geschwindigkeitskonstante
kR ⋅ kD
= k eff
darstellt:
k _ D + kR
Demnach ist die Reaktion 2. Ordnung. Wir betrachten 2 Grenzfälle:
1.
Aktivierungskontrollierte Reaktionen
k_D >> kR :
k ⋅k
k eff = R D = K ⋅ k R
k_ D
K=kD/k_D ist die Geschwindigkeitskonstante für die Bildung des Molekülpaares.
Dieser Fall tritt auf, wenn die Reaktion zum Produkt mit einer hohen
Aktivierungsenergie verbunden ist. Die Aktivierungsenergie muss sich dann erst noch
im Stoßpaar ansammeln, was z.B. durch Wechselwirkung mit den umgebenden
Lösungsmittel-Molekülen geschehen kann. Ein Beispiel für die
aktivierungskontrollierte Reaktion ist die Solvolyse von (CH3)3CCl in Wasser, die eine
Aktivierungsenergie von 100 kJ/mol benötigt.
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Physikalische Chemie 2003
2.
T
Fos
Diffusionskontrollierte Reaktionen
k eff = k D
k_D << kR :
Die Geschwindigkeitskonstante liegt in der Größenordnung von 109 L mol-1 s-1, d.h.,
diffusionskontrollierte Reaktionen sind sehr schnell. Sie treten bei Reaktionen mit
geringer Aktivierungsenergie auf, wie z.B. bei vielen Ionen- und Radikalreaktionen.
Die Reaktion von Teilchen B mit A erfolgt, wenn das Teilchen B durch die
Kugeloberfläche der Größe AS = 4 ⋅ π ⋅ R 2AB tritt, d.h., wenn der Teilchenabstand
r = RAB = RA + RB wird. Für den Gesamtfluss J´B = JB.AS von B durch die
Kugeloberfläche AS gilt nach dem 1. Fickschen Gesetz :
J B = −DB ⋅ N A ⋅
cB
∫ dcB = −
0
cB =
dc B
dr
∞
J´B
dr
⋅ ∫ 2
4 ⋅ π ⋅ DB ⋅ N A R r
AB
J´B
4 ⋅ π ⋅ R AB ⋅ D B ⋅ N A
Damit folgt für die Bildung des Molekülpaares AB:
dc B
= −J´B ⋅c A = 4 ⋅ π ⋅ R AB ⋅ D B ⋅ N A ⋅ c A ⋅ c B
dt
und für die Geschwindigkeitskonstante der diffusionskontrollierten Reaktion
k eff = k D = 4 ⋅ π ⋅ R AB ⋅ D ⋅ N A
Hier ist für den Diffusionskoeffizient D = DA + DB gesetzt worden, da auch A in der
Lösung diffundiert.
Den Einfluss der Viskosität des Lösungsmittels auf die Reaktionsgeschwindigkeit erkennt
man, wenn man die Stokes-Einstein-Beziehung heranzieht, die streng genommen jedoch nur
für große kugelförmige Moleküle i mit dem hydrodynamischen Radius Ri gilt
Di =
kB ⋅ T
6 ⋅ π ⋅ η ⋅ Ri
Darin ist η der Viskositätskoeffizient des Lösungsmittels. Eingesetzt in die Gleichung für die
effektive Geschwindigkeitskonstante ergibt sich.
 1
2 ⋅ k B ⋅ T ⋅ NA
1 

⋅ R AB ⋅ 
+
3⋅η
 RA RB 
2 ⋅ k B ⋅ T ⋅ NA
R + RB
⋅ R AB ⋅ A
k eff =
3⋅η
RA ⋅ RB
k eff =
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Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Für RAB = RA+RB und RA = RB erhält man:
k eff = k D =
8⋅R ⋅T
3⋅η
Im Rahmen dieser Näherung ist kD unabhängig von den Radien der Reaktionspartner und
hängt nur von der Temperatur und von der Viskosität des Lösungsmittels ab. Der
Viskositätskoeffizient η nimmt mit steigender Temperatur ab, so dass die
Geschwindigkeitskonstante entsprechend größer wird.
Beispiel :
Für die Rekombination von I-Atomen in Hexan bei 298 K berechnet man:
Viskosität η von Hexan = 3,26.10-4 kg m-1 s-1
k eff = k D =
1kg.m/s2 = 1N
8 ⋅ R ⋅ T 8 ⋅ 8,314 Nm ⋅ 298K ⋅ m ⋅ s ⋅ 1kg ⋅ m ⋅ 1000L
L
=
= 2,0 ⋅ 1010
4
2
3
−
3⋅η
mol ⋅ s
K ⋅ mol ⋅ 3 ⋅ 3,26 ⋅ 10 kg ⋅ s ⋅ 1N ⋅ 1m
Das Experiment ergibt einen Wert von 1,3.1010 L mol-1 s-1. Die Übereinstimmung ist trotz der
gemachten Näherungen relativ gut.
4.7.1 Reaktionen zwischen Ionen
Bisher haben wir nur Reaktionen von Neutralteilchen in Lösung betrachtet. Für Reaktionen
zwischen Ionen der Ladungszahl zi in Lösung wollen wir nur einige qualitative Überlegungen
anstellen. Wir gehen von folgendem Reaktionsschema aus:
A
zA
kD
→

kR
zA +zB
+ Bz B k _ D (AB)LM

→P
←
Die Geschwindigkeit der Reaktion ist gegeben durch:
vR =
dc P
= k R ⋅ c AB
dt
Mit der thermodynamischen Gleichgewichtskonstanten
( a = Aktivität, f = Aktivitätskoeffizient )
Ka =
a AB
c ⋅ c0 f AB
= AB
⋅
a A ⋅ a B cA ⋅ cB f A ⋅ f B
f
v R = k R ⋅ K a ⋅ 0 AB
⋅ c A ⋅ c B = k´⋅c A ⋅ c B
c ⋅ fA ⋅ fB
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Physikalische Chemie 2003
T
Fos
Für geringe Ionenkonzentrationen können die Aktivitätskoeffizienten fi näherungsweise durch
das Debye-Hückel-Grenzgesetz ausgedrückt werden. Man erhält für den Logarithmus des
Verhältnisses der Geschwindigkeitskonstanten mit k´ und ohne k´_D Berücksichtigung der
Aktivitätskoeffizienten der Ionen in wässriger Lösung:
log
k´
= log f A + log f B − log f AB
k´D
log
k´
= −0,509 ⋅ I z 2A + z 2B − z 2A − 2 ⋅ z A ⋅ z B − z 2B
k´D
log
k´
= 1,018 ⋅ z A ⋅ z B ⋅ I
k´D
(
)
mit k´D = kR.Ka.(c0)-1 und zAB = zA + zB
Mit Hilfe dieser Gleichung lässt sich der sogenannte kinetische Salzeffekt, die Abhängigkeit
der Reaktionsgeschwindigkeit von der Ionenstärke I der Lösung, verstehen. Haben die
reagierenden Ionen gleichnamige Ladungen, führt die Erhöhung der Ionenstärke durch
Zugabe von Fremdionen auf Grund besserer Abschirmung der Ladungen zu einer Erhöhung
der Geschwindigkeitskonstanten (k´/k´D >1). Andererseits werden Ionenreaktionen zwischen
Ionen ungleichnamiger Ladung mit steigender Ionenstärke langsamer. Aus der Steigung einer
Auftragung von log (k´/k´D ) gegen Wurzel Ionenstärke erhält man Informationen über den
Ladungstyp des aktivierten Komplexes.
Die Beschreibung der Geschwindigkeitskonstanten von Ionenreaktionen ist im Detail noch
wesentlich komplexer und die Interpretation der Messergebnisse wesentlich schwieriger als
bei Gasphasenreaktionen. Insbesondere sind die Begriffe der Molekularität und
Elementarreaktion wegen der weitreichenden Wechselwirkungen und der
Lösungsmitteleffekte nicht einfach zu definieren wie bei der Gasphasenreaktion.
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