www.evimed.ch Vitamin D und Calcium reduziert Stürze vor allem bei älteren, wenig aktiven Frauen Frage: Welchen Einfluss auf das Sturzrisiko hat die Einnahme von Vitamin D und Calcium bei älteren Personen, die zu Hause leben? Hintergrund: In einem kürzlich publizierten Systematic Review wurde über die Wirksamkeit von Vitamin D zur Reduktion des Sturzrisikos berichtet. Unklar ist, ob Vitamin D (auch in Verbindung mit einer Calcium-Substitution) je nach Geschlecht, Aktivitätsgrad oder individuellem Vitamin DAusgangswert unterschiedlich stark wirkt. Einschlusskriterien: • Gesunde, ältere Personen (Alter: ≥65 Jahre), die zu Hause lebten. Ausschlusskriterien: • • • Laufende medikamentöse Therapie mit Bisphosphonaten, Calcitonin, Östrogen, Tamoxifen oder Testosteron innerhalb der letzten 6 Monate bzw. mit Fluoriden innerhalb der letzten 2 Jahre Nierenerkrankung oder Nierensteine (innerhalb der letzten 5 Jahre) Malignom, Hyperparathyreodismus, Kreatinin >1.2mg%, Lebererkrankung, Calcium-Zufuhr mit der Nahrung >1500 mg/Tag Studiendesign: • • Randomisierte, kontrollierte, doppelt verblindete Studie Die hier publizierten Daten stammen aus einer 1997 publizierten Studie, die als primäres Outcome den Einfluss von Vitamin D und Calcium auf die Knochendichte untersuchte. Studienort: Boston, USA (Zeitraum des Patienteneinschlusses: keine Angabe) Intervention: • • Interventionsgruppe: Cholecalciferol (Vitamin D3; 700IU/d) plus Calciumcitrat (500 mg/d) Kontrollgruppe: Placebo Follow-Up: Alle 6 Monate Einladung zu einer Kontrolluntersuchung; gesamter Follow-up: 3 Jahre Outcome: Risiko wenigstens einmal während des Follow-up zu stürzen Resultat: • • Von ursprünglich 848 gescreenten Personen konnten 445 Teilnehmer (stratifiziert nach Geschlecht, Alter und Vitamin D-Ausgangswert) randomisiert werden (55% Frauen; mittleres Alter aller Teilnehmer: 71 Jahre). Nach 3 Jahren erschienen 389 von 445 Personen (d.h. 87%) zur Abschlussuntersuchung und 318 nahmen noch die Studienmedikation ein. www.evimed.ch • Bis zum Ende des Follow-up waren 49% der Männer (97/199) und 55% der Frauen (134/246) mindestens einmal gestürzt. • Über alle Teilnehmer (n=416) gesehen zeigte sich in der Interventionsgruppe keine signifikante Reduktion des Sturzrisikos (OR 0.77, 95%-CI: 0.51 – 1.15; siehe Tabelle). Wurden lediglich die Frauen (n=229) ausgewertet, so war das Sturzrisiko auf etwa die Hälfte reduziert (OR 0.54, 95%-CI: 0.30 – 0.97). • • In der Gruppe der wenig aktiven Frauen (n=130) war der Effekt noch deutlicher (OR 0.35, 95%-CI: 0.15 – 0.81). • Bei den Männern (n=187) war das Risiko, unabhängig vom Aktivitätsgrad, nicht reduziert (OR 0.93, 95%-CI: 0.50 – 1.72). Outcome (nach 3 Jahren) Risiko, mindestens einmal zu stürzen OR (95%-CI); Intervention vs. Placebo (*Teilnehmer mit Daten nach 3 jahren) Alle Teilnehmer Nur Frauen Nur Männer (n = 416)* (n = 229)* (n = 187)* 0.77 (0.51-1.15) 0.54 (0.30-0.97) 0.93 (0.50-1.72) • Bei der Gesamtzahl der dokumentierten Stürze zeigte sich bei Männern und Frauen kein relevanter Unterschied zwischen den Gruppen (durchschnittlich 1.1 bis 1.4 Stürze während des Follow-up). • Der individuelle Vitamin D-Ausgangswert hatte keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Medikation. Kommentar: • • • Der Follow-up der Studie scheint mit 3 Jahren für die Fragestellung genügend lang. Der Anteil Teilnehmer, der nicht nachverfolgt werden konnte, hält sich in Grenzen. Allerdings wird der Randomisierungsmodus nicht beschreiben und es ist nicht nach vollziehbar, wie mit fehlenden Daten bei der Analyse umgegangen wurde. Die Subgruppen-Analyse für „geringe körperliche Aktivität“ war zwar vordefiniert und das Resultat scheint auch biologisch plausibel, allerdings könnten unbekannte Störgrössen das Ergebnis beeinflusst haben. Literatur: Bischoff-Ferarri H. et al.: Effect of Cholecalciferol Plus Calcium on Falling in Ambulatory Older Men and Women. Arch Intern Med. 2006;166:424-430. Verfasser: Klaus Eichler