NEWS Das neue Rechnungslegungsrecht Das neue Rechnungslegungsrecht ist per 01.01.2013 in Kraft getreten. Nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren müssen nun die ersten Rechnungsabschlüsse für das Geschäftsjahr 2015 (resp. 2016 für Konzerne) nach neuem Recht erstellt werden. Das Gesetz regelt neu die Grundsätze der ordnungsmässigen Buchführung. Namentlich gilt es zu beachten: Eine wesentliche Änderung betrifft die Differenzierung der Rechnungslegung nach Unternehmensgrösse statt nach Rechtsform. Grundsätzlich sind sämtliche Gesellschaften von der neuen Regelung betroffen. - - - 1. Differenzierung Unternehmensgrössen 1.1 KMU Als KMU gelten Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit mehr als CHF 500‘000 Umsatz im Jahr sowie sämtliche juristische Personen ohne Pflicht zur ordentlichen Revision. 1.2 Grössere Unternehmen Als grössere Unternehmen gelten alle Unternehmen mit einer Bilanzsumme von mehr als CHF 20 Mio., Umsatz von mehr als CHF 40 Mio. und mehr als 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt, falls zwei der vorstehenden Kriterien in zwei aufeinander folgenden Jahren überschritten werden. 1.3 Erweiterte Vorschriften Die erweiterten Vorschriften gelten für börsenkotierte Unternehmen, Grossgenossenschaften mit mindestens 2‘000 Genossenschaftern und Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind. Vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge Klarheit Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens Nachprüfbarkeit Die Buchführung erfolgt wie bis anhin in einer Landessprache oder neu auch in englischer Sprache. Die Buchführung kann in der Landeswährung oder gemäss neuem Recht in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen Währung vorgenommen werden. Wird nicht die Landeswährung verbucht, müssen die Werte im Geschäftsbericht (Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang) zusätzlich in der Landeswährung angegeben werden. Die verwendeten Umrechnungskurse sind im Anhang offen zu legen. Unter die Aufbewahrungspflicht fallen neben den Geschäftsbüchern und Buchungsbelegen gemäss altem Recht, neu auch die Jahresrechnungen und Revisionsberichte, welche schriftlich und unterzeichnet während zehn Jahren aufzubewahren sind. Die Aufbewahrung der allgemeinen Geschäftskorrespondenz wird hingegen von Gesetzes wegen nicht mehr verlangt. Bei der erstmaligen Anwendung des neuen Rechnungslegungsgesetzes kann auf die Angabe der Vorjahreszahlen verzichtet werden. 2. Anforderungen für alle Unternehmen 2.2 Bilanzierungs- und Gliederungsvorschriften für die Jahresrechnung 2.1 Allgemeine Vorschriften 2.2.1 Bilanz Wir führen im Folgenden nur ausgewählte und wesentliche Neuerungen des neuen Rechts gegenüber dem alten auf. Es handelt sich bei unseren Ausführungen nicht um eine abschliessende und vollständige Wiedergabe des neuen Rechnungslegungsrechts. Die Gliederung der Bilanz hat die nachfolgend nicht abschliessend erwähnten Anpassungen erfahren. NEWS September 2014 1 NEWS Damit ein Vermögenswert aktiviert werden darf, ist es erforderlich, dass aufgrund eines vergangenen Ereignisses über diesen verfügt werden kann, ein Mittelzufluss wahrscheinlich ist und der Wert verlässlich geschätzt werden kann. Gründungskosten müssen deshalb neu als Aufwand verbucht und nach altem Recht aktivierte Kosten abgeschrieben werden. Als Umlaufvermögen definiert das Gesetz flüssige Mittel sowie andere Aktiven, welche innerhalb eines Jahres realisiert werden können. Alle übrigen Aktiven gelten als Anlagevermögen. Das neue Recht verlangt den gesonderten Ausweis von Forderungen gegenüber Beteiligten und Organen sowie gegenüber Unternehmen, an denen eine Beteiligung besteht. Das Anlagevermögen enthält die bereits bekannten Gruppen, jedoch müssen neu die Beteiligungen separat aufgeführt werden. Die Passiven werden in Fremd- und Eigenkapital unterteilt. Eine Verbindlichkeit muss als Fremdkapital bilanziert werden, wenn diese durch ein vergangenes Ereignis bewirkt wurde, ein Mittelabfluss wahrscheinlich ist und die Höhe verlässlich geschätzt werden kann. Als kurzfristige Verbindlichkeiten definiert das Gesetz Verbindlichkeiten, die innerhalb eines Jahres zur Zahlung fällig werden, als langfristige sind alle übrigen Verbindlichkeiten zu bilanzieren. Produktionserfolgsrechnung (Gesamtkostenverfahren) Nettoerlös aus Lieferungen und Leistungen +/- Bestandesänderungen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie an nicht fakturierten Dienstleistungen = Betrieblicher Ertrag aus Lieferungen und Leistungen - Material- und Warenaufwand = Bruttoergebnis nach Material- und Warenaufwand - Personalaufwand = Bruttoergebnis nach Personalaufwand - Übriger betrieblicher Aufwand = Betriebliches Ergebnis vor Abschreibungen und Wertberichtigungen, Finanzerfolg und Steuern (EBITDA) - Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Positionen des Anlagevermögens = Betriebliches Ergebnis vor Finanzerfolg und Steuern (EBIT) - Finanzaufwand + Finanzertrag = Betrieblicher Ergebnis vor Steuern (EBT) - Betriebsfremder Aufwand + Betriebsfremder Ertrag - Ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Aufwand + Ausserordentlicher, einmaliger oder periodenfremder Ertrag = Jahresgewinn oder Jahresverlust vor Steuern - Direkte Steuern = Jahresgewinn oder Jahresverlust 2.2.3 Anhang Neu verlangt das Rechnungslegungsrecht den separaten Ausweis von verzinslichen und unverzinslichen Verbindlichkeiten. Die nachfolgende Aufstellung zeigt die Mindestangaben des Anhangs, welche aufgeführt werden müssen: Wie bei den Forderungen ist auch bei den Verbindlichkeiten der gesonderten Ausweis von Verbindlichkeiten gegenüber Beteiligten und Organen sowie gegenüber Unternehmen, an denen eine Beteiligung besteht, vorzunehmen. - Eigene Kapitalanteile, welche bisher in den Aktiven aufgeführt wurden, gelten neu als Minusposten des Eigenkapitals. 2.2.2 Erfolgsrechnung Die folgende Aufstellung zeigt die Mindestgliederung der Erfolgsrechnung, erweitert um die empfehlenswerten Zwischenergebnisse. Sie kann als Produktionserfolgsrechnung oder als Absatzerfolgsrechnung dargestellt werden. Die Positionen sind je einzeln und in der vorgegebenen Reihenfolge auszuweisen. NEWS September 2014 - - Angaben über die in der Jahresrechnung angewandten Grundsätze, soweit nicht vom Gesetz vorgeschrieben Angaben, Aufschlüsselungen und Erläuterungen zu Bilanz- und Erfolgsrechnungspositionen Den Gesamtbetrag der netto aufgelösten stillen Reserven, wenn dadurch das erwirtschaftete Ergebnis wesentlich günstiger dargestellt wird Weitere vom Gesetz verlangte Angaben Nach neuem Recht enthält der Anhang folgende Angaben, sofern diese nicht bereits aus der Bilanz oder der Erfolgsrechnung ersichtlich sind. Wir führen nur diejenigen Positionen auf, welche eine wesentliche Neuerung gegenüber dem alten Recht darstellen. - Firma oder Name sowie Rechtsform und Sitz des Unternehmens 2 NEWS - - - - - - Erklärung darüber, ob die Anzahl Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt nicht über 10, über 50 bzw. über 250 liegt Restbetrag aus Leasingverpflichtungen und kaufvertragsähnlichen Leasinggeschäften, falls diese nicht innert zwölf Monaten ab Bilanzstichtag auslaufen oder gekündigt werden können Verpflichtungen, bei denen ein Mittelabfluss unwahrscheinlich erscheint oder in der Höhe nicht verlässlich geschätzt werden kann (Eventualverbindlichkeiten) Anzahl und Wert von Beteiligungsrechten oder Optionen für alle Leitungs-, Verwaltungsorgane und die Mitarbeitende Erläuterungen zu ausserordentlichen, einmaligen oder periodenfremden Positionen der Erfolgsrechnung Wesentliche Ereignisse nach dem Bilanzstichtag Bei einem vorzeitigen Rücktritt der Revisionsstelle: die Gründe, die dazu geführt haben Nicht mehr im Anhang aufzuführen sind nach neuem Recht die Risikobeurteilung sowie der Brandversicherungswert der Sachanlagen. Einzelunternehmen und Personengesellschaften können auf die Erstellung des Anhangs verzichten, wenn sie nicht zur Rechnungslegung nach den Vorschriften für grössere Unternehmen verpflichtet sind. 2.3 Bewertung 2.3.1 Grundsätze Im neuen Recht sind erstmals Grundsätze der Bewertung von Aktiven und Passiven gesetzlich explizit verankert. Folgende Grundsätze sind festgehalten: - - Einzelbewertung Vorsicht in der Bewertung, ohne die zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage zu verhindern Überprüfung und gegebenenfalls. Anpassung der Werte bei Anzeichen für eine Überbewertung von Aktiven oder für zu geringe Rückstellungen 2.3.2 Aktiven Die Aktiven dürfen höchstens zu Anschaffungsoder Herstellungskosten bilanziert werden. Für die Bewertung müssen zudem folgenden Regelungen angewendet werden: NEWS September 2014 - - Der nutzungs- und altersbedingte Wertverlust muss durch Abschreibungen korrigiert werden Anderweitige Wertverluste müssen durch Wertberichtigungen berücksichtigt werden Zu Wiederbeschaffungszwecken und zur Sicherung der Fortführung des Unternehmens dürfen zusätzliche Abschreibungen und Wertberichtigungen vorgenommen werden Aktiven mit Börsenkurs oder einem anderen beobachtbaren Marktpreis in einem aktiven Markt dürfen zum Kurs oder Marktpreis bewertet werden, auch wenn dieser über dem Anschaffungswert liegt. Die Anwendung dieser Bewertung muss gegebenenfalls im Anhang erwähnt werden 2.3.3 Passiven Verbindlichkeiten müssen zum Nennwert eingesetzt werden. Lassen vergangene Ereignisse einen Mittelabfluss erwarten, so müssen die voraussichtlich erforderlichen Rückstellungen gebildet werden. Rückstellungen dürfen zudem insbesondere gebildet werden für Garantieverpflichtungen, Sanierungen von Sachanlagen, Restrukturierungen und für die Sicherung der Fortführung des Unternehmens. Nicht mehr begründete Rückstellungen müssen nicht aufgelöst werden. 3. Anforderungen für grössere Unternehmen Unternehmen, welche gemäss Ziffer 1.2 dieses Schreibens zu den grösseren Unternehmen zählen, haben zusätzliche Anforderungen an den Geschäftsbericht zu erfüllen: 3.1 Zusätzliche Angaben im Anhang - - Angaben zu den langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten, aufgeteilt nach Fälligkeit innerhalb von einem bis fünf Jahren und mehr als fünf Jahren Honorar der Revisionsstelle je gesondert für Revisionsdienstleistungen und andere Dienstleistungen 3.2 Geldflussrechnung Als Teil der Jahresrechnung muss neu eine Geldflussrechnung erstellt werden. Das neue Recht enthält nur summarische Vorgaben für die Geldflussrechnung. Die Veränderung der flüssigen Mittel aus der Geschäftstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit sind je gesondert darzustellen. 3 NEWS 3.3 Lagebericht Zudem müssen grössere Unternehmen einen Lagebericht erstellen. Dieser stellt den Geschäftsverlauf und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens am Ende des Geschäftsjahres dar. Die Mindestvorgaben für den Inhalt sind folgende: - Anzahl Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt Durchführung einer Risikobeurteilung Bestellungs- und Auftragslage Forschungs- und Entwicklungstätigkeit Aussergewöhnliche Ereignisse Zukunftsaussichten 4. Erweiterte Vorschriften Unternehmen, welche gemäss Ziffer 1.3 dieses Schreibens unter die erweiterten Vorschriften fallen, müssen zusätzlich zur Jahresrechnung nach neuem Rechnungslegungsrecht einen Abschluss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellen. Als solche kommen die Standards von Swiss GAAP FER, IFRS und US GAAP in Frage. 5. Milchbüchleinrechnung Das neue Rechnungslegungsrecht definiert zusätzlich zu den in Ziffer 1 dieses Schreibens formulierten Unternehmensgrössen, die sogenannten Kleinstunternehmen. Kleinstunternehmen sind Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als CHF 500‘000 Umsatz im Jahr. Ebenfalls dazu gehören Vereine und Stiftungen, welche nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen. Diese Unternehmen müssen lediglich über Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch führen, die sogenannte Milchbüchleinrechnung. 6. Unsere Beurteilung/Empfehlung Die Grundidee des neuen Rechnungslegungsrechts ist die Entlastung der Kleinbetriebe und die einheitliche Gliederung für alle Rechtsformen. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen bedeuten für die Unternehmen aber erstmal einen nicht zu unterschätzenden Zusatzaufwand für die Implementierung des neue Rechnungslegungsrechts in das bestehende Rechnungswesen. Von der Anwendung der Milchbüchleinrechnung raten wir ab, da diese erhebliche Nachteile in der Transparenz und in der Abrechnung mit den Steuerbehörden, insbesondere MWST, hat. Wir empfehlen auch für Kleinstunternehmen die Anwendung einer der Grösse angepassten doppelten Buchhaltung. Gerne unterstützen wir Sie bei spezifischen Fragen zum neuen Rechnungslegungsgesetz und dessen Umsetzung ins bestehende Rechnungswesen. Zögern Sie nicht uns diesbezüglich zu kontaktieren. Dieter Mathys Thomas Hirsig Anne Marie Liechti Roland Melliger Partner Dipl. Steuerexperte Dipl. Wirtschaftsprüfer [email protected] Partner Dipl. Steuerexperte Partnerin Fachfrau Finanz- und Rechnungswesen mit eidg. FA [email protected] Partner lic. rer. pol [email protected] [email protected] Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Wirtschaftsberatung, Buchführung und allgemeine Treuhandfunktionen Engel Copera AG 3097 Bern-Liebefeld Waldeggstrasse 37 Tel. 031 950 25 00 Fax 031 950 25 01 4900 Langenthal Bahnhofstrasse 13 Tel. 031 950 25 00 Fax 031 950 25 01 4500 Solothurn Römerstrasse Tel. 031 950 25 00 Fax 031 950 25 01 Engel Copera Oberland AG Thun / Frutigen / Brienz www.engelcopera.ch NEWS September 2014 4