Diabetische Nierenerkrankung Entstehung und Behandlung einer Nephropathie Ein Service Ihres Versorgungsteams Inhalt Aufbau und Funktion der Niere 4 Wie kommt es zu einer Nierenschwäche? 5 Untersuchung der Nierenfunktion 6 Was Sie für Ihre Nieren tun können 8 Wenn die Niere ersetzt werden muss 10 Wie wär‘s mit einem kleinen Quiz? 13 Weitere Informationen 14 Zum Schluss … 15 Sämtliche medizinischen Informationen und Empfehlungen sind neutral und basieren auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. oder der anerkannten Lehrmeinung. Unsere Broschüre wurde für Sie von einem Team aus Ärzten, Krankenschwestern, Apothekern und Ernährungswissenschaftlern verfasst. Um unsere Broschüren schneller und einfacher lesbar zu machen, unterscheiden wir nicht zwischen „weiblicher“ und „männlicher“ Schreibweise. 2 Diabetische Nierenerkrankung Liebe Leser, leichte Schwankungen des Blutzuckerspiegels sind völlig normal und kommen auch bei Gesunden täglich vor. Sind die Blutzuckerwerte jedoch über Jahre hinweg deutlich erhöht, kann dies schwerwiegende und nicht mehr rückgängig zu machende gesundheitliche Folgen haben. Etwa ein Drittel aller Diabetiker entwickelt im Laufe der Erkrankung eine diabetische Nierenerkrankung (Nephropathie). Die Nieren verlieren dabei langsam ihre Funktionsfähigkeit. Durch eine normnahe Blutzuckereinstellung und eine konsequente Blutdruckeinstellung auf niedrige Werte lässt sich diese Erkrankung oft aufhalten und ein Nierenversagen verhindern. In dieser Broschüre finden Sie einiges zum Aufbau und zur Funktion der Nieren, die Behandlung der diabetischen Nephropathie und erfahren, wie Sie dem Fortschreiten der Erkrankung entgegenwirken können. Falls Sie noch Fragen haben, rufen Sie uns an oder kontaktieren Sie direkt Ihren Arzt. Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. Ihr KKH Versorgungsteam 3 Aufbau und Funktion der Niere Die Niere entgiftet den Körper – darüber hinaus hat sie jedoch noch weitere ­häufig ungeahnte Fähigkeiten. Der Körper entledigt sich vieler Abfallstoffe, indem er sie über die Nieren mit dem Urin ausscheidet. Giftstoffe aus Nahrungsmitteln, Medikamenten und Abbauprodukte aus Stoffwechselprozessen im Körper werden auf diese Weise abtransportiert. Die Stoffe, die aus dem Körper über den Urin (Harn) entfernt werden müssen, werden „harnpflichtige“ Substanzen genannt. Aber die Nieren erfüllen noch weitere wichtige Funktionen: óó Sie regulieren zum Beispiel den Blutdruck, indem sie in den Wasser- und Salzhaushalt eingreifen. Ist der Blutdruck zu niedrig, halten sie Wasser zurück, damit ausreichend Flüssigkeit in den Blutgefäßen verbleibt. Die Blutmenge nimmt zu und der Blutdruck steigt. Ist der Blutdruck zu hoch, sorgt sie dafür, dass mehr Wasser ausgeschieden wird. Die Blutmenge sinkt und in der Folge sinkt auch der Blutdruck. Dabei halten sie die Salzkonzentrationen stets konstant. óó Darüber hinaus sind die Nieren am Vitamin-DStoff­wechsel und somit am Knochenaufbau beteiligt. Auch die Produktion roter Blutkörperchen wird durch ein Hormon, dem Erythropoetin (Epo), der Nieren gesteuert. Die Nieren bestehen aus mikroskopisch kleinen Funktionseinheiten, den Nephronen, die auch als „Miniklärwerke“ bezeichnet werden können. Sie bestehen aus einem Knäuel haarfeiner Blutgefäße (Glomerulum), die von einer Kapsel umgeben sind, und den Nierenkanälchen. In den Nephronen werden u. a. Wasser, Mineralien und harnpflichtige Substan­ zen gefiltert und konzentriert. Übrig bleibt der Urin, der sich im Nierenbecken sammelt und über Harnleiter und Harnblase letztlich ausgeschieden wird. Die Niere produziert täglich 170 Liter sogenannten Primärharn, der auf ein bis eineinhalb Liter Urin konzentriert wird. Nebenniere Nieren Harnleiter óó Nieren-­ becken Nieren-­ vene Nierenarterie Blase Harnröhre Lage der Nieren und der Blase Nierenkapsel Aufbau der Niere Harnleiter Wie kommt es zu einer Nierenschwäche? Die feinen Strukturen der Filteranlagen (Nephronen) in der Niere sind besonders anfällig für Gefäßverengungen. Hohe Blutzuckerwerte und hohe Blutdruckwerte sind bei Diabetikern häufig der Grund für Gefäßverengungen (Arteriosklerose). Zunächst sind meist kleinste Arterien betroffen, z. B. an Augen (Retinopathie) und Nieren. Bei einer Nierenschwäche sammeln sich harnpflichtige Substanzen im Körper an. Gleichzeitig gehen dem Organismus wertvolle Stoffe, z. B. Eiweiße, verloren, weil die geschädigten Nieren sie nicht mehr zurückhalten können. An den Nieren kommt es durch die Gefäßverengungen in den Nephronen zu einer Einschränkung der Filterfunktion. Werden keine Gegen­maßnahmen ­­ge­troffen, führt dies zu einem bleibenden Funktions­verlust der Nieren, der als Nierenschwäche bezeichnet wird. Werden frühe Anzeichen dieser Erkrankung erkannt und Risikofaktoren (z. B. hoher Blutzucker, hoher Blutdruck) eingedämmt, kann ein Voranschreiten der Erkrankung verhindert werden. Nierenbecken­ (gelb markiert)­ Nierenrinde Nephronen Vene Arterie Glomerulum Nieren-­ mark Nierenarterie Nieren­-­ kanälchen Nieren-­ vene Die Niere im Querschnitt Nephronen – die Filteranlagen der Nieren 5 Untersuchung der Nierenfunktion Es gibt zwei wichtige Untersuchungen, um eine Nierenschwäche schon im Frühstadium zu erkennen. Lässt die Nierenfunktion nach, treten zunächst keine spürbaren Krankheitszeichen auf. Im Blut oder Urin können sich jedoch schon die ersten Anzeichen einer Nierenschwäche zeigen. Um diese frühzeitig zu erkennen, ist es sinnvoll, einmal jährlich die Nieren auf eventuelle Schädigungen zu untersuchen. Ihr jährlicher Nierenfunktions-Check 1. Blutuntersuchung und Befragung durch den Arzt 2. ggf. Urinuntersuchung Benötigt werden keine speziellen Untersuchungen, sondern Routinewerte, wie Kreatinin im Blut, Ihr Alter, Körpergewicht und -größe. Untersuchung des Morgenurins auf das Eiweiß Albumin sowie auf Kreatinin. Aus diesen Werten wird Ihr Arzt die glomeruläre Filtrationsrate, den GFR-Wert, errechnen. Dieser zeigt an, wie leistungsfähig die Nieren sind, also wie viel Flüssigkeit insgesamt von den Nieren in der Minute gefiltert wird. Am besten, Sie fragen Ihren Arzt nach dem GFRWert und vergleichen diesen mit der folgenden Tabelle. Besprechen Sie dann, wenn dies noch nicht erfolgt ist, mit Ihrem Arzt, was das für Ihre Therapie und den Schutz Ihrer Nieren bedeutet. Kategorien der glomerulären Filtrationsrate (GFR) GFR (ml/min/ 1,73 m2 KOF) > 90 60 – 89 45 – 59 30 – 44 15 – 29 < 15 Ausscheidungsfähigkeit der Niere normal oder hoch leicht verringert leicht bis moderat verringert moderat bis stark verringert stark verringert Nierenversagen nach der Definition der Kidney Disease: Improving Global # Outcomes Initiative (KDIGO) von 2012 6 In unserer Blutflüssigkeit sind verschiedene Eiweiße gelöst, einen großen Anteil daran hat Albumin. Gesunde Nieren halten Eiweiße normalerweise zurück und scheiden sie nicht über den Urin aus. Schon kleinste Mengen Eiweiß, wie Albumin, können mithilfe einfacher Labormethoden, z. B. mit Teststreifen, nachgewiesen werden (Untersuchung auf Mikroalbuminurie). Ist der Wert dieses Eiweißes erstmals erhöht, wird im Abstand von zwei bis vier Wochen eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, da ein einmaliger Befund noch keine Aus­sagekraft hat. Kreatinin wird mit dem Urin ausgeschieden. Erniedrigte Werte im Urin sprechen für eine Nieren­schwäche. Ihr Arzt wird die Werte von Kreatinin und ­Albumin im Urin miteinander vergleichen (Kreatinin-Albumin-Ratio). So kann er noch genauere Aussagen zu Ihrer Nierenleistung treffen. Manchmal werden Patienten auch aufgefordert, ihren Urin über 24 Stunden zu Hause in einem Sammelgefäß aufzufangen. Kreatininwerte in diesem Sammelurin und im Blut werden auch hier miteinander verglichen, um eine Aussage über die Funktionsfähigkeit der Nieren treffen zu können. Ebenso kann die Eiweißausscheidung im Urin er­mittelt werden. So sorgen Sie optimal vor: Ich vereinbare bei meinem Arzt einen Termin zum Nierenfunktions-Check. 1 xhr So läuft mein Nierenfunktions-Check ab: 1. Als Erstes wird meine Nierenfunktionsleistung (glomuläre Filtrationsrate – GFR) überprüft: Mein Arzt benötigt dafür von mir: Alter: Geschlecht: Gewicht: Kreatinin (liegt meinem Arzt vor): im Ja Größe: Meine Nierenfunktionsleistung (GFR) beträgt: ml/min/1,73 m2 KOF 2 (Nierenfunktion eingeschränkt < 90 ml/min/1,73 m KOF) 2.Im zweiten Schritt wird meine Eiweißausscheidung im Urin überprüft: Ich gebe dazu eine Urinprobe ab. Meine Eiweißausscheidung im Urin beträgt: erhöht normal Um sicherzugehen, dass ich an den Nierenfunktions-Check im nächsten Jahr denke, vereinbare ich schon jetzt einen Termin und trage ihn in meinen Kalender ein. Übrigens … óó óó óó Kreatinin ist ein Abbauprodukt aus dem ­Muskel­stoffwechsel und wird unverändert über die gesunde Niere ausgeschieden. Ein hoher Kreatininwert im Blut kann ein Zeichen dafür sein, dass die Nierenfunktion einge­schränkt ist. Der Kreatininwert geht in die Formel­berechnung des GFRWertes ein. ­Kreatinin ist kein Eiweiß! Selbst kleinste Mengen Eiweißausscheidungen im Urin können relevant sein und erste Hinweise auf eine eingeschränkte Nierenfunk­tion geben. Langfristig kann sich eine Niere wieder erho­len, wenn die Eiweißausscheidung im frühen Stadium erkannt wird und geeignete Gegenmaßnahmen zum Schutz der Nieren ergriffen werden. óó óó Besonders Personen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Diabetiker oder Menschen mit Bluthochdruck profitieren von einem Nieren-Check. Denn anhand der Eiweißausscheidung kann Ihr Arzt auch Ihr Risiko einschätzen, an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken. So kann er seinen Behandlungsplan in doppelter Hinsicht anpassen. Zum Schutz Ihrer Nieren und zum Schutz vor weiteren Gefäßerkrankungen, wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Viele Medikamente werden über die Nieren aus­ geschieden. Sind die Nieren geschwächt, kann es sein, dass sich Medikamente im Körper ansammeln und stärker wirken als erwünscht. Daher ist auch für eine sichere Arzneimitteltherapie wichtig, die Nierenfunktion zu kontrollieren. 7 Was Sie für Ihre Nieren tun können Um ein Fortschreiten der Erkrankung zu vermeiden, können Sie selbst einen ­entscheidenden Beitrag leisten. Für den Schutz Ihrer Nieren vor weiteren Gefäßverengungen (Arteriosklerose) ist eine gute Blut­zuckerund Blutdruckeinstellung besonders bedeutsam (vgl. Seite 5). Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten, Ihren Nieren Gutes zu tun und auf diese Weise ein Fortschreiten der Nierenschwäche zu vermeiden und auch andere Arterien, wie z. B. Ihre Herzkranzgefäße, zu schützen. 1. Halten Sie Ihre Blutzuckerzielwerte ein Mit einer ausgewogenen gesunden Er­nährung, Bewegung und Einhalten der vom Arzt verordneten Medikamenteneinnahme sind Sie auf einem guten Weg. Legen Sie Ihre Blut­zuckerzielwerte zusammen mit Ihrem Arzt fest und notieren Sie sich Ihre Werte. Dann haben Sie über Ihre Erfolge einen guten Überblick und wissen auch, wenn es einmal nicht so gut läuft, dass Sie gegensteuern können. 8 2. Reduzieren Sie Ihre Blutfettwerte Diabetes geht oft mit einer Erhöhung von Blutfettwerten einher – entweder ist sie eine Folge der Er­krankung oder sie bestand schon, bevor der ­Diabe­tes festgestellt wurde. Zu hohe Blutfettwerte führen auch zur Arteriosklerose. Sie sollten sie deshalb regelmäßig von Ihrem Arzt kontrollieren lassen. Bei erhöhten Werten wird er eine medikamentöse Therapie (z. B. Statine) in Erwägung ziehen. Diese senken die Blutfett­wer­te – ein weiterer Beitrag zum Gefäßschutz. Gesundheitspass für Eintragungen von medizinischen Werten, z. B. Blutzucker und Blutdruck (tel. Bestellung unter 07 11.66 72 14 83; Kirchheim-Verlag, 2,60 Euro) 3. Behalten Sie Ihren Blutdruck im Blick Meist wird Patienten mit Nierenschäden ein Ruhe­ blutdruck von unter 140 mmHG (erster Wert) und 90 mmHG (zweiter Wert) empfohlen. Ist bei Ihnen ein Bluthochdruck bekannt, empfehlen wir Ihnen, Ihren Blutdruck regelmäßig zu messen und die Werte zu dokumentieren. Anhand dieser Aufzeichnungen kann Ihr Arzt ggf. Therapieanpassungen vornehmen. In einer Patientenschulung können Sie lernen, wie Sie richtig messen und ­dokumentieren. Wurden Ihnen Bluthochdruckmedikamente verschrieben, nehmen Sie diese wie verordnet ein. So haben Sie einen optimalen Schutz vor weiteren Gefäßerkrankungen. 4. Essen Sie einweißreduziert 5. Gehen Sie regelmäßig zum Arzt Hohe Eiweißmengen belasten die Nieren. ­Patienten mit Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz, die noch keine Dialyse bekommen, wird empfohlen, ihre tägliche Eiweißzufuhr auf 0,8 ­­­g/­kg zu beschränken. Das sind z. B. bei 70 kg Körpergewicht 56 g Eiweiß/ Tag. Zum Vergleich: 100 g Joghurt (Voll­milch, nicht fettreduziert) enthalten 3,2 g Eiweiß. Werden Nierenschäden erst in einem fortgeschrit­te­ nen Stadium erkannt oder lässt die Nierenfunktion weiterhin nach, wird Ihr Hausarzt einen Diabetologen und Nierenspezialisten (Nephrologen) in Ihre Behandlung ein­beziehen. In einem Rat­geber des Bundesverband Niere e. V. (BN e. V.) „Ernährung in der Therapie von chronischen Nieren­erkrankungen“ finden Sie Ernährungsempfehlungen für die verschiedenen Stadien der Nierenerkrankungen und nach einer Transplantation. Bestellen können Sie die Broschüre über www.bundes­verbandniere.de/bundesverband/infomaterial-downloads/infomaterial-broschueren.html Auch eine qualitätsgeprüfte Ernährungsberatung, die Ihr Arzt Ihnen verordnet, kann Ihnen helfen, Ihren täglichen Speiseplan zusammenzustellen. In Ihrer Servicestelle können Sie nach einer Kostenbeteiligung Ihrer KKH fragen. Niereninsuffizienz im fortgeschrittenen Stadium Erreichen die Nieren ein Stadium, in dem sie trotz aller therapeutischen Maßnahmen nicht mehr in der Lage sind, harnpflichtige Substanzen auszuscheiden, kann es zu einem vollständigen Nierenversagen kommen. Um dies zu verhindern, wird meist eine Nierenersatztherapie, die sogenannte Dialyse eingeleitet. Unsere Broschüren „Die stille Gefahr“ zum Thema Bluthochdruck und „Die richtige Ernährung bei Fettstoffwechselstörungen“ bieten Ihnen umfassende Informationen. Sie können sie im Internet herunterladen unter www.kkh.de/download Gern schicken wir sie Ihnen aber auch zu – ein Anruf bei Ihrem Versorgungsteam genügt. 9 Wenn die Niere ersetzt werden muss Muss über eine Nierenersatztherapie nachgedacht werden, gibt es zwei Verfahren: die Dialyse und die Nierentransplantation. Dialyse Die Dialyse wird umgangssprachlich auch als „Blutwäsche“ oder Behandlung mit einer „künstlichen Niere“ bezeichnet. Diese übernimmt dabei die lebenswichtige Funktion der geschädigten ­Nieren – heilen kann sie sie jedoch nicht. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen der Dialyse, die Hämodialyse und die Peritonealdialyse. Hämodialyse Die Hämodialyse ist mit 65 Prozent das am ­häufigsten angewandte Verfahren. Die Reinigung des Blutes übernimmt ein Dialysegerät außerhalb des Körpers. Wie bei einer gesunden Niere auch, wird das Blut über ein Filterprinzip gereinigt. Es wird über einen Schlauch in das Dialysegerät gepumpt, dort wird es über Filtersysteme gereinigt und anschließend über den Schlauch in den Körper zurückgeführt. Die Dialyse dauert einige Stunden und wird in speziellen Einrichtungen, wie Dialysezentren, durchgeführt. Für die Hämodialyse ist es notwendig, große Mengen an Blut aus dem Körper zum Dialysegerät zu pumpen. 10 Ein einfacher Venenzugang, wie für eine Blutentnahme, würde dafür nicht ausreichen. Daher wird operativ ein sogenannter „Shunt“ angelegt (idealerweise durch einen erfahrenen Operateur). Ein Shunt ist eine Verbindung zwischen Arterie und Vene, der als Einstichstelle für die größeren Kanülen des Dialysegerätes genutzt werden kann. Er wird in der Regel am Unterarm angelegt und zwar am nichtdominanten Arm. Das heißt, bei Rechtshändern wird der linke Arm ausgewählt und andersherum. Ein Shunt funktioniert gut, wenn im Shunt mit den Fingern ein „Sirren“ zu spüren ist. Dieses entsteht, wenn viel Blut durch den Shunt fließt. Ist das „Sirren“ nicht mehr spürbar, muss umgehend ein Arzt benachrichtigt werden. Informieren Sie Ärzte und Pflegepersonal, dass Sie Dialysepatient sind. Insbesonde­re dann, wenn medizinische Eingriffe oder Behandlungen an Ihrem Shunt-Arm ge­plant sind. Peritonealdialyse Bei der Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) übernimmt das Bauchfell (Peritoneum) die Filterfunktion der Niere. Beim Bauchfell handelt es sich um eine sehr gut durchblutete, zarte glatte Zellschicht. Es kleidet die Bauchhöhle von innen aus und ­überzieht auch die Bauchorgane. Mit seiner großen Gesamtfläche kann es die Funktion eines natürlichen Filters für die Dialyse übernehmen. Wichtig zu wissen! óó Zur Vorbereitung einer Peritonealdialyse wird ope­ra­­ tiv ein Katheter durch die Bauchwand in die Bauchhöhle gelegt (dies soll­te in speziellen Zentren er­­ folgen). Der Katheter verbleibt dort dauerhaft und über ihn wird vier- bis fünfmal täglich eine Dia­lyse­­flüssigkeit in die Bauchhöhle geleitet. Aus den Blut­ gefäßen des Bauchfells treten ausscheidungspflichtige Substanzen in die Dialyseflüssigkeit über, die einige Stunden in der Bauchhöhle verweilt und anschließend durch den Katheter wieder abgeleitet wird. óó Vorteil der Perito­nealdialyse ist, dass die Patienten sie nach einer speziellen Schulung allein zu Hause durchführen können. Dies muss zwar mehrfach täglich geschehen, macht aber nicht abhängig vom ­regelmäßigen Aufenthalt in einer Dialyseeinrichtung. Ist eine Dia­lyse erforderlich, sollte am Anfang die Peritonealdialyse bevorzugt werden. Bei einem Viertel bis zur Hälfte aller dialysepflichtigen Menschen mit Dia­betes ist dieses Verfahren möglich. óó Die Einstichstelle des Katheters für die Peritonealdialyse oder der Shunt sind mögliche Eintrittspforten für Krankheitserreger: ­Entzündun­gen, die dort entstehen, werden häufig durch mang­elnde Hygiene verursacht. Daher sollten Sie und alle anderen Beteiligten auf sorgfältige Hygie­ne achten (Hände ­waschen und desinfizieren, bevor Kanülen oder Katheter angeschlossen werden, Desinfizieren des Shunts usw.). Lassen Sie sich also genau zeigen, welchen Teil Sie zur hygieni­schen Behand­lung beitragen können und nehmen Sie das Thema ernst. Dadurch können Sie weitere Krankenhausaufenthalte, die durch schwerwiegende Infektio­nen erforderlich werden, vermeiden. Regelmäßige Kontrolltermine bei Ihrem Arzt haben eine hohe Bedeutung. Blut­ zucker­werte können unter einer Dialyse stark schwanken. Wird dies schnell erkannt, können Sie zusammen mit Ihrem Arzt zeitnah gegensteuern. Für Dialysepatienten gibt es keine ­ein­­heit­li­che Diät. Auch die Trinkmenge wird von Ihrem Arzt festgelegt, denn sie richtet sich nach dem Dialyserhythmus und der noch verbliebenen Nierenfunktion. ­Nehmen Sie eine professionelle Ernährungsberatung in Anspruch (vgl. auch Seite 8), denn es ist wichtig, die Ernährung unter einer Dialyse erneut anzupassen. Die Hämodialyse dauert einige Stunden. 11 Ist eine Nierentransplantation möglich, wird dem Empfänger eine Spenderniere eingepflanzt. Voraussetzung ist, dass die Blutgruppen- und Gewebemerkmale von Spender und Empfänger zusammenpassen. Die Spenderniere kann von einem hirntoten oder von einem gesunden Menschen stammen (Lebendspende). Nach einer Lebendspende kann der Spender nahezu ohne Einschränkung mit einer Niere weiterleben. Wie wird die Operation durchgeführt? Bei einer Nierentransplantation werden die kranken Organe des Empfängers in der Regel nicht entfernt. Transplantiert wird immer nur eine Niere. Bis diese dritte Niere ihre Funktion im vollen Umfang aufgenommen hat, dauert es etwa zwei Wochen. Die Nierentransplantation Die Dialyse ist ein zeitaufwändiges und belastendes Verfahren. Daher wird nach einiger Zeit eine Nierentransplantation zur Diskussion stehen. Ab einem bestimmten Stadium einer Niereninsuffizienz werden Ihre Ärzte die Transplantation einer Spender­ niere für Sie in Erwägung ziehen. Allerdings sind die Wartelisten für Spenderorgane lang. Auch ist nicht jeder Patient mit Typ-2-Diabetes und einer schweren Nierenschwäche für eine Transplantation geeignet. So kann z. B. nicht transplantiert werden, wenn der Organempfänger schwerwiegende Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder länger andauernde Infektionen aufweist. Auch Patienten mit starkem Übergewicht kommen für eine Transplantation nicht infrage. OP geschafft! Und mit Medikamenten und regelmäßigem Blutdruck-, Blutzucker- und BlutfettwerteCheck auf einem guten Weg. 12 Wie geht es nach der Operation weiter? Unmittelbar nach der Operation muss mit einer medikamentösen („immunsuppressiven“) Behandlung begonnen werden, die eine Abstoßung der gespendeten Niere verhindern soll. Zu einer Abstoßung kommt es, wenn die Zellen des Immunsystems das transplantierte Organ als fremd erkennen und es bekämpfen. Die immunsuppressive Behandlung muss ein Leben lang durchgeführt werden. Diese Medika­mente haben allerdings auch einen Einfluss auf das Stoffwechselgeschehen im Körper und damit z. B. auch auf die Blutdruckentwicklung. Aus diesem Grund müssen die Blutdruckwerte sowie die Blutzucker- und -fettwerte weiterhin engmaschig kontrolliert werden. Je besser diese sind, desto länger ist die Lebensdauer der gespendeten Niere. Gleichzeitig ist dies der beste Schutz vor weiteren diabetischen Folgeerkrankungen, wie Erkrankungen der Augen und Nerven. Wie wär’s mit einem kleinen Quiz? Sie haben viel Wissenswertes über die diabetische Nierenerkrankung erfahren. Jetzt können Sie Ihr Wissen testen – Mehrfachnennungen sind ­möglich. Die Lösungen finden Sie unten auf der Seite. Viel Spaß! 1. Wenn ich Diabetes habe, sind mindestens einmal im Jahr folgende Urinuntersuchungen vorgesehen: a) Mineralstoffe im Urin b) Eiweiß im Urin c) Vitamine im Urin d) Ph-Wert Messung (Säure-Basen-Bestimmung) e) Glomeruläre Filtrationsrate 2. Die Niere hat außer der Blutreinigung noch andere Aufgaben. An welchen ist sie noch beteiligt? a) An der Blutdruckregulation b) An der Insulinproduktion c) Am Abbau von Fetten 3. Welchen Beitrag kann ich leisten, um meine Nieren zu schützen und die Nierenfunktion aufrecht zuerhalten? a) Schäden an den Nieren schreiten immer voran, egal, was ich mache b) Blutzuckerzielwerte einhalten c) Hin und wieder auf meine Medikamente verzichten, um die Nieren zu entlasten d) Blutdruckzielwerte einhalten 4. Die glomeruläre Filtrationsrate wird bei mir bestimmt, um meine Nierenfunktion zu überprüfen. Der Begriff Glomerulum bezeichnet: a) die äußere Schicht der Niere (Nierenrinde), durch die Schadstoffe aus dem Blut in die Niere treten b) den Harnleiter, der Niere und Blase miteinander verbindet c) ein Knäuel haarfeiner Gefäße, die sich in der Niere befinden und das Blut reinigen 5. Anhand der Eiweißausscheidung im Urin kann festgestellt werden, ob a) die Nierenfunktion eingeschränkt ist b) ein erhöhtes Risiko besteht, an einem Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erkranken c) mein Magen-Darm-Trakt gut funktioniert Lösungen: 1 b + e, 2 a, 3 b +d, 4 c, 5 a + b 13 Weitere Informationen Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) Umfangreiche und hilfreiche Informationen für Diabetiker, teils zum Herunterladen, finden Sie auf den Seiten der óó DDG – Deutsche Diabetes Gesellschaft e. V., Telefon 030.31 16 93 70, www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de óó diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe, Telefon 030.20 16 77 12, www.diabetesde.org Schulungsprogramm „Fit-für-Dialyse“ für Patienten mit Nierenerkrankungen und deren Angehörige Dialysepatienten können sich kostenlos für bundesweite Schulungsprogramme anmelden unter www.nierenratgeber.de (Service & Aktuelles à Veranstaltungen à Fit-für-Dialyse) Online-Patientenratgeber Nierentransplantation Auf der Internetseite www.nierenratgeber.de ­können sich Betroffene auch über Nierentransplantationen informieren. Nierenbuch Im Internet über www.nierenbuch.de erfahren Sie in einem Online-Buch Wissenswertes über Nieren­ erkrankungen und deren Behandlung. Das Buch ist auch als Druckversion erhältlich. 14 Patientenportal Viele Informationen, eine Arzt- und Krankenhaussuche, Selbsthilfegruppen, finden Sie unter www.patienten-information.de, einer ­Website des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Selbsthilfe Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe finden Sie am besten über die örtlichen Selbsthilfekontaktstellen, die es überall in Deutschland gibt. Deren Adresse erhalten Sie bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS), Telefon 030.31 01 89 60, www.nakos.de Patienten-Leitlinie Gut aufbereitete Informationen zu Diagnose und Therapie enthält auch die Patienten-Leitlinie „Nationale VersorgungsLeitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter“ unter www.awmf.org Weitere empfehlenswerte Adressen: Bundesverband Niere e. V. Telefon 06131.85 15 2, www.bundesverband-niere.de Bundesverband der Organtransplantierten e. V. Telefon 0203.44 20 10, www.bdo-ev.de Zum Schluss … Was können Sie auch in Zukunft gemeinsam mit Ihrem Arzt für Ihre Nieren tun? óó óó óó Ihren Blutzucker dauerhaft und konsequent gut einstellen, einen Bluthochdruck möglichst auf Normal­werte senken, und ggf. auch das Rauchen aufgeben. All diese Maßnahmen schützen Ihre Blutge­fäße und können das Fortschreiten der Nephropathie aufhalten und ein Nierenversagen verhindern. Diese Broschüre soll Ihnen helfen, Ihre Erkrankung und den Sinn ärztlicher Maßnahmen zu verstehen. Sie ersetzt nicht den Arztbesuch. Sicher haben Sie n­och weitere Fragen; bitte nehmen Sie direkt Kontakt mit Ihrem Arzt auf oder sprechen Sie uns einfach an. Wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Alles Gute für Sie und Ihre Gesundheit wünscht Ihnen Ihr KKH Versorgungsteam 15 F 7439 – 03/16 KKH Kaufmännische Krankenkasse Hauptverwaltung 30125 Hannover [email protected] www.kkh.de