phytotherapie

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GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE
ANBAU, VERARBEITUNG UND
QUALIFIZIERUNG DER DROGEN
PHYTOTHERAPIE
Ágnes Alberti
Institut für Pharmakognosie
16. 02. 2017 / 23. 02. 2017
THEMATIK DER VORLESUNG
Die Historie der Pharmakognosie
 Produktion, Anbau, Einsammlung, Verarbeitung der
Heilpflanzen
 Gruppen der auf Heilpflanzen basierenden Produkte

Qualifizierung der Heilpflanzen
 Pharmazeutische Bücher

Therapeutische Anwendung der pflanzlichen Drogen
 Phytotherapie
 Evidenzbasierte Medizin (ESCOP, EMA Monografien)

2
PHARMAKOGNOSIE
pharmacon = Heilmittel, Gift
gnosis = Kenntnis
Kenntnis
über
Nachweis,
chemische
Strukturen,
Biosynthese, Gewinnung, Analytik, Eigenschaften und
Verwendung biogener Wirkstoffe



Getrocknete
oder
aufbereitete
Pflanzen
oder
Pflanzenteile, die als Arzneimittel, zur Herstellung von
Arzneizubereitungen
oder
von
Reinsubstanzen
verwendet werden.
Unorganisierte
Pflanzenteile,
die
aus
Pflanzen
gewonnen werden (Harze, ÄÖ, Milchsaft etc.)
Produkte aus tierischen Organen (tierische Drogen)
3
GESCHICHTE DER PHARMAKOGNOSIE
Ebers Papyrus in Ägypten (1600 v. Chr.)
 Sammlung von Rezepturen
 Beschreibungen
von
Krankheiten,
deren
Symptomen und Diagnosen
 Anweisungen
für Behandlungen und Zubereitung
für Heilmittel

Der Papyrus enthält Kapitel über Darm-Erkrankungen
und
Parasiten,
Augenund
Hautprobleme,
Empfängnisverhütung
und
gynäkologische
Erkrankungen, Herz und Gefäße, Depressionen,
Zahnheilkunde,
die
operative
Behandlung
von Abszessen und Tumoren.
4
TRADITIONELLE CHINESISCHE MEDIZIN (TCM)
die „fünf Säulen“ der chinesischen Therapie: Arzneitherapie,
Akupunktur, Massagetechniken, Bewegungsübungen und die
Diätetik
Chinesische Arzneimitteltherapie:
überwiegend pflanzliche Mittel,
mineralische oder tierische Arzneien




zum
kleineren
Teil
als wässrige Abkochungen (Dekokte) verordnet
fast nie als Einzelmittel – zu einer Rezeptur
zusammengestellt
geeignete Arzneimittelkombinationen und Synergismen
die Wirkung der Arzneimittel wird durch unterschiedliche
Aufbereitungsverfahren beeinflusst
5
DIE CHINESISCHE HEILPFLANZENKUNDE
Traditionen
sind
auf
die
Spätere
Han-Dynastie
zurückzuführen.
(die Späte Han-Dynestie regierte das Kaiserreich China von
23/25–220)
Das „Grundbuch Materia Medica” hat die Beschreibung von
Pflanzen in Mittelpunkt gesetzt.
 252 Titelwort pflanzlicher
 45 mineraler
 67 tierischer Herkunft
Unter jedem Titelwort wurden die Arzneien nach Geschmack
ausgewertet.
Die
therapeutischen
Möglichkeiten
der
einzelnen
Heilpflanzen wurden bekannt gegeben.
6
Die Toxizität wurde auch registriert.
HEILKUNDE IM ALTERTÜMLICHEN EUROPA –
ANTIKES GRIECHENLAND
Hippokrates (460-377 v. Chr.)
 7 Bücher: basierten auf die altgriechische Volksheilkunde
 Beifuß, Zwiebel, Mandel, Senfkorn, Zimt, Tüpfelfarn,
Weihrauch, Mohn
Theophrastos (371-286 v. Chr.)
 „Historia plantarum” - 9 Bücher
 „De Causis Plantarum” - 6 Bücher
 Klassifizierungen, Beschreibungen: z.B. Koriander, Kalmus
 die
ersten Werke, die sich mit Pharmakognosie
beschäftigten
7
HEILKUNDE IM ALTERTÜMLICHE EUROPA
– ANTIKES GRIECHENLAND
Galenos von Pergamon (129/131-199/201)
 man muss die Heilpflanzen am Ort vom Anbau studieren,
eigenhändig einsammeln, sowie verschiedene Formen der
Medikamente zubereiten
 Galenus-Präparate: Tee, Infus, Dekokt, Mazerat, Tinktur (Extrakt
mit Wasser und Alkohol), Salben, Pflaster, Pulver
Dioskorides
 „De Materia Medica”
(Arzneimittellehre) - systematische und
ausführliche Beschreibung der Heilpflanzen
 Heilmittel überwiegend pflanzlicher, aber auch mineralischer und
tierischer Herkunft
 Katzenwurzel,
Wacholder,
Mehlbeere,
Adonisröschen,
Tausendgüldenkraut
8
MITTELALTERLICHE
MEDIZIN -
KLOSTERMEDIZIN
Karl der Grosse König des Fränkischen Reichs
verordnete Klöstern und auch Städten das Anlegen von
Kräutergärten und vorschrieb verbindlich die darin zu züchtenden
Pflanzen (capitulare de villis)
Salbei,
Wermut,
Fenchel,
Schlafmohn,
Liebstöckel,
Kerbel, Flohkraut, Betonie, Rettich und Minze
 Klostermedizin basiert vor allem auf der Phytotherapie und der
klösterlichen Wasserheilkunde
 seit
dem Frühmittelalter wurden die Hospitäler von
den Klöstern betrieben
 Mönche und Nonnen verfügten über Kenntnisse zur Heilwirkung
von Kräutern und Heilpflanzen
 Rezeptsammlungen,
Werke
über
Kräuterheilkunde,
Beschreibungen von Heilpflanzen und die ihnen zugeschriebenen
9
Wirkungen

ABŪ ALĪ AL-HUSAIN IBN ABDULLĀH IBN SĪNĀ
(980-1037)







persischer Arzt, bekannt
(latinisiert Avicenna)
unter
dem
Namen
Ibn
Sina
Der Qānūn at-Tibb (Kanon der Medizin) ist sein berühmtestes
Werk.
Die Materia Medica („Medizinisches Material“): Beschreibungen
von Heilpflanzen, mit Angaben zu deren Anwendung und
Wirksamkeit
z.B.
Schierling
(Conium),
Tschomorik,
Eisenhutblume und sonstigen Gewürz- und Harzpflanzen.
bestäubende,
schmerzstillende
Wirkung:
Belladonna,
Salatenkern, Zimt, Mandragora, Opium, Kälte (Frost)
zum Abwaschen der Wunde: Wein
milde Laxante wurden in die Heilkunde eingeführt:
Kammonenharz, Sennablätter, Aloesaft, Manna, geschrumpelte
Pflaumen aus Damaskus, Rhabarber
10
Er erfand die Wasserdampfdestillation, um Öle zu erzeugen.
PHILIPPUS THEOPHRASTUS AUREOLUS BOMBASTUS VON HOHENHEIM
PARACELSUS, ARZT IN BASEL (1493-1541)
das
Prinzip
„Quinta
essentia”Grundsatz
der
Pharmachemie
Auffinden
von
Heilmittelträgern
und alchemistischer
Techniken zur Extraktion der darin enthaltenen Wirkstoffe

Übereinstimmung zwischen dem Menschen als Mikrokosmos
und der Welt als Makrokosmos
äußere Eigenschaften wie Form und Farbe von Pflanzen zeigen
die Wirkung, z.B. Pflanzen mit herz-, leber-, lungenförmigen
Blättern wirken auf die entsprechenden Organe
z.B. herzförmige Blüten sollen gegen Herzkrankheiten,
stachelige Disteln gegen Stechen in der Brust wirken.

11
NEUZEIT



1553. Gründung des ersten Institut für Pharmakognosie
(Padua) - Prof. Francesco Buonafede
Pharmakobotanische Lehrstühle: Italien, Niederlande,
Frankreich
1804. Setürner, deutscher Pharmazeut; Isolation von
Morphium
Gründer der Alkaloiden-Chemie

1820. Pelletier und Caventou herstellten das Chinin
12
ANBAU, VERARBEITUNG UND
QUALIFIZIERUNG DER DROGEN
13
DROGE IM PHARMAZEUTISCHEN SINN
Wirkstoffe werden meist in bestimmten Organen der Pflanze
angereichert











getrocknete Pflanzen, Pflanzenteile
Blatt (folium), Laubblätter
Blüte (flos), Einzelblüten, Blütenstände
Frucht (fructus), Früchte oder Teile davon
Wurzel (radix)
Rhizom (rhizoma)
Tuber (Knolle), bulbus (Zwiebel)
Samen (semen), Samen oder nur Teile
Kraut (herba), oberirdische Teile oder Sprossspitzen
Holz (lignum), Kern- oder Splintholz
Rinde (cortex), Stamm-, Wurzelrinde (Borke)
14
NOMENKLATUR VON DROGEN
Pflanzenteil + Bezeichnung der Stammpflanze
ÖAB: Radix Gentianae
Ph.Eur.: Gentianae Radix
Systematischer Pflanzenname:
Gattung + Art (Gentiana lutea, Atropa belladonna)
Gentianae radix – Belladonnae folium
wenn es zur Verwechslung kommen könnte → Angabe
von Gattung und Art, z.B.:
Digitalis lanatae folium,
Digitalis purpureae folium
15
HERKUNFT DER ROHDROGEN
Pflanzliche Drogen werden von wildwachsenden oder kultivierten
Arzneipflanzen gewonnen.
1. Wildsammlungen:
ca. 2/3 der Arten stammen aus Wildsammlungen (Heterogenität!)
Unterschiedliche Qualität
Endogene und exogene Einflüsse
Nachteile:
 Wirkstoffgehalt und –zusammensetzung unbekannt (Analysen)
 Verunreinigungen
durch
Pestizide/Herbizide,
Schwermetallbelastung,
Umweltbelastung
(Sammelort!
Straßenrand?), Schädlinge
 Naturschutzbestimmungen – Artenschutz!
 Gute Pflanzenkenntnisse nötig (Verwechslung, Verfälschungen) 16
 Schlechte Trocknung (enzymatische Reaktionen, Pilzbefall)
ANBAU VON ARZNEIPFLANZEN – KULTUREN I.
1/3 der Arten, aber ca. 50% des Drogenbedarfs stammen aus
der Kultur

Direkte Aussaat (Kümmel, Fenchel, Kamille)

Jungpflanzen (Eibisch, Baldrian, Rhabarber)



Vegetative Vermehrung (Teilung unterirdischer Organe,
Ausläufer = Stolone, Stecklinge) bei Vorliegen von Hybriden,
bei schlecht keimenden Samen (Pfefferminze, Huflattich)
Ein-, zwei- und mehrjährige Kulturen (Bilsenkraut –
einjährig; Baldrian – zweijährig; Lavendel, Ginseng –
mehrjährig)
Tropische,
Zonen
subtropische
Anbaugebiete,
gemäßigte
17
ANBAU VON ARZNEIPFLANZEN – KULTUREN II.
Vorteil:
Homogene Drogenqualität, hoher Wirkstoffgehalt, gleichmäßige
Wirkstoffzusammensetzung, genetische Selektion, Wahl des
Erntezeitpunktes, Trocknungsverfahren
Nachteil:
Monokultur
–
Schädlingsbefall,
Krankheiten
(Blattpilze,
Viruserkrankungen), Zerstörung der gesamten Kultur möglich
Gründe für Kulturen:
 Wildvorkommen kann Drogenbedarf nicht mehr decken
 Naturschutzbestimmungen
einiger Länder verbieten das
Sammeln
 durch Züchtung und Kultur: hochwertige Rassen lassen sich
bessere Ernteerträge und Drogen mit gleich bleibenden und zum
Teil höheren Wirkstoffgehalten erhalten
 klimatisch günstige Bedingungen können ausgenützt werden
 Gefahr von Drogenverwechslungen und Verfälschungen ist
18
minimiert
BEEINFLUSSUNG DES WIRKSTOFFGEHALTES UND
DER ZUSAMMENSETZUNG








Temperatur (Atropa belladonna max. bei 26 °C; Pflanzen mit
ätherischen Ölen: in warmen Klimazonen höherer Gehalt, THCGehalt in heißem Sommer höher)
Bodenbeschaffenheit (tonig, lehmig, sandig, moorig)
Einfluss auf Wuchs, Wirkstoffgehalt
Düngung
(Stickstoffdünger
meist
Steigerung
der
Wirkstoffproduktion)
Licht (Langtag-, Kurztagpflanzen, UV-Bestrahlung)
Feuchtigkeit (Hydrophyten, Hygrophyten, Xenophyten)
Höhenlage (Cocapflanze, Chinabaum > 1000m)
Vegetationsperiode
(Ontogenese,
Wirkstoffgehalt,
Zusammensetzung kann variieren)
Einfluss von Licht/Entwicklung
Verlauf der Blattentwicklung bei Pfefferminze:
Menthol, Methylacetat → alte Blätter, Langtagpflanzen
Menthon, Menthofuran → junge Blätter, Kurztagpflanzen
19
ZÜCHTUNG VON ARZNEIPFLANZEN
Ziel: Pflanzensorten mit bestimmter Qualität, wie bessere
Drogenausbeuten, höherer Wirkstoffgehalt, konstante Wirkstoffzusammensetzung und/oder bessere Resistenz gegen Schädlingsbefall,
gleiche Wuchshöhe, gleichmäßiges Blühstadium oder Reife sowie
bessere Anpassungsfähigkeit
Wichtige Methoden:
 Selektionszüchtung (chemische Varietäten, chemische Rassen)
→ Selektion von Pflanzenindividuen nach Wirkstoffgehalt und –
Zusammensetzung gewünschter Qualität
durch
Selbstbefruchtung
oder
Fremdbefruchtung
unter
Einschränkung der freien Bestäubung eine Nachkommenschaft mit
bestimmten günstigen Eigenschaften zu erhalten


Kreuzungszüchtung
(Hybridisierung,
dann
chininreiche Cinchona-Sorten, Hybridlavendel)
Mutationszüchtung
(Genund
Polyploidmutanten durch Colchicin z.B.)
Klonung
–
20
Genommutation,
GRUNDSÄTZE DER BIOTECHNOLOGIE
Die durch die Heilpflanzen synthetisierten speziellen
Stoffwechselprodukte
können
mit
traditionellen
chemischen Methoden kaum oder nur mit zu großen
Unkosten syntetisiert werden.
 natürliche Stoffe zu pharmazeutischen Zwecken mittels
biotechnologischer Methode herstellen

durch Gentransformation hergestellte sog. „hairy root”
Kulturen:
 unbegrenztes
Wachstum
auf
hormonenfreiem
Nährboden
 genetisch stabil
 bessere Wirkstoffproduktion im Verhältnis zu den
21
traditionellen Gewebekulturen
EINFÜHRUNG FREMDER GENE MIT EINEM VEKTOR
HAIRY ROOT-KUTLUREN I.
Übertragung mit Bakterien und Viren:



Die Pflanzen werden an der Stelle des Anschweißens mit
Agrobacterium rhizogenes infiziert.
Im Laufe der Infektion kommt der Bakterium-Plasmid zum
Teil in die pflanzliche Zellen durch, und die sogenannte
Transfer-DNA (T-DNA) wird in den Nucleus eingebaut.
Im Falle einer erfolgreichen Gentransformation bildet an der
Stelle der Infektion vom A. rhizogenes „hairy root” (d. h.
haarige Wurzel).
22
EINFÜHRUNG FREMDER GENE MIT EINEM VEKTOR
HAIRY ROOT-KUTLUREN II.




Einführung von Genen, die vorteilhafte Eigenschaften tragen,
in die pflanzliche Zelle
Vorteile: genetische Stabilität, unbegrenzter Wachstum auf
hormonenfreiem Nährboden, höherer Wirkstoffgehalt im
Verhältnis zu anderen Gewebekulturen, Synthetisieren von
Verbindungen, die für die Mutterpflanze nicht typisch sind.
Agrobacterium rhizogenes: gewöhnliches Bodenbakterium
überträgt as Erbmaterial zwischen Pflanzenarten
Die noch unklaren Risikofaktoren müssen in Rücksicht
genommen werden.
23
ERNTE I.
Erntebedingungen:
 Blüten, Blätter, Kräuter nie während oder kurz nach
Regenperiode ernten, wegen Auswaschen von Glykosiden,
Alkaloiden,
lang
dauernder
Trocknungsprozess
(enzymatische Reaktionen)

Pflanzen mit ätherischen Ölen nie bei Sonnenstrahlung
ernten

oberirdische Anteile: kurz vor oder zur Blütezeit

unterirdische Organe: in der Ruheperiode der Pflanzen
(Herbst bis Frühjahr)

Rinden zu Beginn des Saftstroms
(Wirkstoffgehalt hoch, leicht ablösbar)

Maschinenernte – mit Hand geerntet
im
Frühjahr
(Rinden, Weißdornfrüchte, Birkenblätter)
24
ERNTE II.





Blätter + Kraut: kurz vor oder während der Blütezeit;
nach Blütenperiode: z.B. Alkaloidgehalt bestimmter
Pflanzen sinkt ab
Blüten: vor oder während der Bestäubungszeit, zur
Zeit der vollen Entfaltung (Caryophylli flos /
Gewürznelken: im Knospenstadium)
Früchte + Samen: zur Zeit der Vollreife
Wurzeln + Rhizome: nach Abschluss oder vor Beginn
der neuen Vegetationsperiode
Hölzer: v.a. von älteren Bäumen (Rinde von jungen
Bäumen), Unterschied Splint-Kernholz
25
TROCKNUNG
natürliche Bedingungen (im Freien, in Räumen), auf
Horden,
Vermeidung
von
Sonnenbestrahlung,
Trocknungszeit so kurz wie möglich
Trocknungsanlagen: Anwendung von Temperatur
Blütendrogen: 35-40°
Blatt-, Kraut- und Samendrogen: 45-50°
Wurzeldrogen: 50-60°
Restwassergehalt:
Blüten 8-15%
Blätter 8-15%
Früchte 13-20%
Wurzeln 8-14%
Rinden 5-10%
Samen ca. 10%
26
TROCKNUNG UND STABILISIERUNG
Stabilisierung:
Durch erneute Wasseraufnahme bei der Lagerung setzt
Enzymtätigkeit wieder ein → bei leicht veränderlichen
Wirkstoffen ist Denaturierung der Enzyme erforderlich
(Behandlung mit gespannten Wasserdampf, mit siedendem
Alkohol, heiße Luft im Trockenschrank bei 100°C)
enzymatische Reaktionen: Oxidation, Spaltung von Estern
und Glykosiden, Racemisierung → Qualitätsminderung
In Einzelfällen erwünscht: Frangulae cortex (durch Oxidation
mildes Purgans), Ausbildung des Aromas (Theae folium,
Vanillae fructus)
Frischpflanzen
Nicht lagerfähig → Trocknung zur Droge (Wasserentzug,
Restfeuchte 5-20%)
27
LAGERUNG

Lagerung in trockenen Räumen (relative Feuchte max. 60%,
enzymatische Reaktionen!, chemische Veränderungen)

Lagertemperatur < 25°, möglichst konstant

Lichteinfluss vermeiden (Radikalbildung)

nicht zusammen mit flüchtigen Chemikalien lagern

formstabile Behälter besser als Säcke

Gefäße aus Porzellan, Glas, oder Weißblech
(Polyethylen oder Polypropylen ungeeignet: für flüchtige,
lipophile Stoffe durchlässig,
geeignet: Aluminumfolie, Pergamin- oder Zellophanbeutel
28
VERARBEITUNG
Ganzdrogen (z.B. Frangulae cortex totus)
 Zerkleinerungsgrade, Form:
 concisus (conc., geschnitten)
 pulvis, pulveratus (pulv., pulverisiert – Siebgröße)
 contusus (cont., zerquetscht, z.B. Kümmel)
 crudus (crud., roh, ungeschält)
 depuratus (dep., gereinigt; z.B. Styrax: nach Verletzung des Amberbaumes
gebildete Balsam. Styrax crudus ist eine dickflüssige, klebrige,
undurchsichtige, graubraun gefärbte Masse. Styrax depuratus ist eine
braune, viskose, in dünner Schicht durchscheinende Flüssigkeit.)
 electus (elect., ausgelesen, nach äußeren Kriterien; z.B. Crocus electus)
 mundatus (mund., geschält, z.B. Althaeae radix/Eibischwurzel)
 naturalis (nat., naturbelassen)
 raspatus (rasp., geraspelt, Holzspäne)
 recens (rec., frisch; z.B. Myrtilli fructus recens/frische Heidelbeere)
 siccatus
(sicc., getrocknet; z.B. Myrtilli fructus siccatus/getrocknete
Heidelbeere)





Vorteile der Zerkleinerung:
geringes Transportvolumen
Packungsdichte bei Extraktion besser
Beschleunigung des Extraktionsverfahren
29
ARZNEIBÜCHER
OFFIZIELLE – NICHT OFFIZIELLE DROGEN
Offizielle Drogen = in Arzneibücher aufgenommene Drogen
und daraus hergestellte Zubereitungen / Reinstoffe
(Monographien); d.h. die Drogen sind in Monographien
beschrieben und mit genauen Prüfvorschriften versehen.
Monographie: Prüfung auf Qualität, Identität, Reinheit,
Gehalt der Wirkstoffe/Wirkwert (Ph.Eur., ÖAB, DAB, Ph.
Helv.)
nicht offizielle Drogen: (sind meist Drogen mit noch
ungenügend bekannten Inhaltsstoffen oder solche mit
geringen pharmakologischen Wirkungen), keine gesetzlich
verbindlichen Prüfvorschriften → Drogenhandbücher mit
Drogenbeschreibungen und Prüfvorschriften, DAC (Deutscher
Arzneimittelcodex), Handbücher Lebensmittelchemie (keine30
Monographien!)
QUALITÄTSSICHERUNG
offizielle / nicht offizielle DROGEN und
Zubereitungen, Phytotherapeutika




SINNESPRÜFUNG (Geruch, Geschmack,
Farbe,…)
MAKROSKOPISCHE BETRACHTUNG
(Behaarung,…)
MIKROSKOPISCHE BETRACHTUNG
(Kristalle, Behaarung,…)
CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN
Arzneibuch
31
PRÜFUNG AUF QUALITÄT



Identitäsprüfung
Reinheitsprüfung (Verfälschung, Verunreinigung)
Gehaltsbzw.
Wertbestimmung
(physikalisch-chemisch,
biologisch) → Standardisierung, Qualitätskontrolle
DURCHFÜHRUNG
DER
ANALYSE FÜR IDENTITÄTSPRÜFUNG

PROBEZIEHEN (richtige Probenmenge) – Zerkleinerung (Siebgrößen)

EXTRAKTIONSVERFAHREN Flüssigextraktion, Wasserdampfdestillation

TRENNVERFAHREN
Flüssig-Flüssig-Verteilung (Schütteln, …)
chromatographische Verfahren (DC, GC, HPLC)
fraktionierte Destillation, Sublimation
Kristallisation
32
PRÜFUNG AUF REINHEIT







Anteil fremder Bestandteile: vorgegebene zulässige
Höchstmenge, Aschengehalt, Trocknungsverlust
Kontamination mit Bakterien und Pilzen: kann bei
unsachgemäßer Trocknung stark zunehmen, Freiheit von
sichtbaren Schimmelpilzen, Grenzwerte für Arzneidrogen pro
Gramm (für Teezubereitung)
Rückstände von Pestiziden: (Schädlingsbekämpfungsmittel)
EU-Richtlinien: Menge, die täglich ohne Bedenken aufgenommen
werden kann)
Insekticide
(Insektenvertilgungsmittel),
Herbicide
(Unkrautvertilgungsmittel), Fungicide (pilztötende Mittel),
Rodenticide (Mittel gegen Nagetiere)
Entwesungs- und Entkeimungsmittel
Schwermetalle: aus dem Boden oder Luft
Bakterien- und Mycotoxine: Gehalt an Aflatoxinen einzuhalten33
Radioaktive Isotope
GEHALTS- ODER
WERTBESTIMMUNG
Droge, Zubereitung
Extraktion → Destillation, Extraktion
Reinigung → Verteilung, Fällung, DC
Gesamtwirkstoff
gravimetrisch, massenanalytisch,
photometrisch, GC, HPLC, DCRemission, polarographisch,
polarimetrisch, usw.
Trennung
↓
Einzelwirkstoffe
34
Aufbau und Inhalt einer Drogenmonographie
der Ph.Eur. – 1.
BEZEICHNUNG / TITEL
Titel: die landessprachliche Bezeichnung der Droge; z.B. Baldrianwurzel
Untertitel: die lateinische Bezeichnung; setzt sich aus der botanischen Bezeichnung der Pflanze im
Genitiv und der Bezeichnung des Pflanzenorgans zusammen; z.B. Valerianae radix
verschiedene Drogen derselben Gattung → Gattungs und Artname wird auch verwendet (z.B. Sennae
fructus angustifoliae bzw. Sennae fructus acutifoliae)
DEFINITION DER DROGE
• Stammpflanze
• Pflanzenorgan: Angabe des Pflanzenteils, evtl. ein bestimmter Erntezeitpunkt (für die Qualität
erforderlich, z.B. „während der Blütezeit“ gesammelt); Angabe, ob die Droge frisch oder getrocknet
verwendet wird;
• Zerkleinerungsgrad der Drogen: z.B. ganze Droge, grob geschnitten, gepulvert, usw. (Einfluss auf
den Gehalt an empfindlichen Inhaltsstoffen: Menge und Zusammensetzung)
• Gehalt: die Forderung bezüglich eines bestimmten Inhaltsstoffes bzw. einer Inhaltsstoffgruppe (mit
einer Mindestforderung)
Baldrianwurzel besteht aus den unterirdischen, getrockneten Organen von Valeriana officinalis L. s.l.
Die Droge umfasst den Wurzelstock, die Wurzeln sowie die Ausläufer und enthält mindestens 4 ml/kg–
1 ätherisches Öl sowie mindestens 0,17% Sesquiterpensäuren, berechnet als Valerensäure.
Digitalis-purpurea-Blätter bestehen aus den getrockneten Blättern von Digitalis purpurea L. Die Droge
enthält mindestens 0,3% Cardenolidglykoside, berechnet als Digitoxin (Mr 765) und bezogen auf die bei
100–105 °C getrocknete Droge.
IDENTITÄTSPRÜFUNGEN EINER
DROGENMONOGRAPHIE DER PH.EUR. – 2.
Eigenschaften
sensorische Eigenschaften: Farbe, Geruch, usw.
In der Beurteilung und Prüfung der Drogen geben sie Hinweise zur Identität und Reinheit.
IDENTITÄT
Das Ziel dieser Prüfung ist, die Droge eindeutig zu identifizieren.
Die Identität wird durch eine makroskopische, mikroskopische Prüfung und
häufig mittels dünnschichtchromatographischer Nachweise oder auch durch
chemische Farbreaktionen überprüft.

Makroskopische Prüfung
eine morphologische Beschreibung der Ganzdroge und/oder der Schnittdroge
auch die Unterscheidungsmerkmale zu fremden Drogen, nichterlaubten
Pflanzenteilen

Mikroskopische Prüfung
36
Die Ph.Eur. beschreibt die mikroskopische Untersuchung der Pulverdroge.
DÜNNSCHICHTCHROMATOGRAPHISCHE
UNTERSUCHUNG: GINKGOBLÄTTER (PH.EUR.)
Dünnschichtchromatographische Prüfung
Eine weitere Möglichkeit, Drogen auf Identität zu prüfen, bietet die
Dünnschichtchromatographie (DC). Das Prinzip der Prüfung besteht in der
dünnschichtchromatographischen
Auftrennung
eines
geeigneten
Drogenauszuges und im Nachweis charakteristischer Drogeninhaltsstoffe
durch Laufhöhe, Fluoreszenz oder Verhalten gegenüber Farbreagenzien.
Die Orientierung auf dem DC erfolgt durch Co-Chromatographie von
chemischen Einzelsubstanzen. Orientierung bietet die Pharmakopöe durch
eine Beschreibung des DC, wobei die Zonen in Relation zur Laufhöhe von
Referenzsubstanzen beschrieben werden; in den neueren Monographien sind
sie tabellarisch aufgeführt.
37
REINHEIT I.
Prüfung auf Fremde Bestandteile: erfolgt durch Betrachten, Auslesen der
fremden Bestandteile und Bestimmung des Prozentgehaltes an Beimengung
Das Arzneibuch versteht unter „Fremden Bestandteilen“ fremde Pflanzen und
Beimengungen wie Schimmel, Insekten, andere tierische Verunreinigungen
und mineralische Stoffe, die nicht der Definition der Droge entsprechen.
Trocknungsverlust/Wassergehalt: der Trocknungsverlust wird durch
Trocknen bei 105 °C ermittelt
ein wichtiger Parameter für die Haltbarkeit von Drogen: die Drogen, nicht
ausreichend getrocknet, sind anfällig für Mikroorganismen, insbesondere für
Schimmelpilze
frisches Pflanzenmaterial hat je nach Organ einen relativ hohen Wassergehalt
– Kraut- und
Blattdrogen: 70–85%, Wurzel- und Holzdrogen: weniger;
getrocknete Handelsdrogen: 5-15%; idealerweise sollte bei ca. 12% liegen
38
REINHEIT II.
Asche (Sulfatasche, salzsäureunlösliche Asche)
Unter Asche versteht man die nichtflüchtigen Anteile, die beim Verbrennen und
anschließenden Glühen einer Droge zurückbleiben.
Die salzsäureunlösliche Asche ist definiert als der Rückstand, der nach
Extraktion der Sulfatasche oder der Asche mit Salzsäure erhalten wird, bezogen
auf 100 g Droge.
Mit dieser Prüfung erkennt man nichtflüchtige, mineralische Bestandteile, die
entweder als Verunreinigung (z.B. Erde, Sand bei Wurzeldrogen) oder als
Verfälschung (z.B. bei Eibischwurzel als Schönungsmittel) enthalten ist.
normalerweise kleine Anteile an salzsäureunlöslicher Asche (< 1%);
kieselsäurehaltige Drogen: höchstens 20% ; z.B. Schachtelhalmkraut
Extraktgehalt: die Menge an extrahierbaren Stoffen, die aus einer Droge mit
einem bestimmten Lösungsmittel herausgelöst werden können. Der Rückstand
in Prozent nach Abdampfen des Lösungsmittels ergibt den Wert für diese
Kennzahl.
Spezielle Prüfungen: z.B. Ermittlung der Quellungszahl (z.B. Flohsamen),
die Bestimmung des Färbevermögens (z.B. Hibiscusblüten) oder des
Bitterwertes (z.B. Enzianwurzel)
GEHALT
ein wichtiges Qualitätsmerkmal (Angaben in der Definition)
z.B. Rhabarberwurzel (Rhei radix) besteht aus den getrockneten, ganzen oder
geschnittenen unterirdischen Teilen von Rheum palmatum L., Rheum officinale Baillon
oder Hybriden beider Arten oder deren Mischung. Die Droge enthält mindestens 2,2%
Hydroxyanthracen-Derivate, berechnet als Rhein (C15H8O6; Mr = 284,2) und bezogen auf
die getrocknete Droge.
Mindestwerte haben Gültigkeit nur in Verbindung mit der in der betreffenden
Drogenmonographie angegebenen Analysenvorschrift.
Die Gehaltsbestimmungen der Pharmakopöen können erfassen:
• Gruppen
von
Inhaltsstoffen
(Anthranoide,
ätherische
Öle,
Flavonoide,
Gesamtalkaloide, Triterpenglykoside)
• Einzelstoffe (Harpagosid in der Teufelskrallenwurzel; Morphin und Codein im Opium)
Die Inhaltsstoffe, die quantitativ bestimmt werden, bedingen die pharmakologische
Wirkung der Drogen; z.B. Anthranoidgehalt (Hydroxyanthracengehalt) der Sennesblätter
korreliert mit der Stärke der Laxanswirkung.
Leitstoffe / Leitsubstanzen: Inhaltstoffe, die phytochemisch die Droge charakterisieren,
deren therapeutischer Stellenwert jedoch unbekannt ist; Inhaltsstoffe, bei denen keine
direkte Beziehung zwischen Gehalt und Wirkung bestehen (pharmazeutisches
Qualitätskriterium)
HERSTELLUNG DER PHYTO-ARZNEIEN
THERAPEUTISCHE ANWENDUNG DER
PFLANZLICHEN DROGEN
PHYTOTHERAPIE;
TRADITIONELLE UND EVIDENZBASIERTE
MEDIZIN (ESCOP, EMA MONOGRAFIEN)
41
ZUBEREITUNGEN AUS ARZNEIDROGEN
Presssaft (Frischpflanze)
 Destillate (ätherische Öle)
 unorganisierte Pflanzenextrakte (Sekrete, Exkrete)
 Reinsubstanzen
(Wirkstoffe), Wirkstoffkomplexe
aus Drogen
 Tinktur (Tropfen, alkoholischer Auszug)
 Fluidextrakt
 Extrakt (Spezialextrakt)
 Teegetränk (zum sofortigen Gebrauch)
Mazerat; Infus, Aufguss; Dekokt, Abkochung


Instant-Tee (sprühgetrocknet),
Granulat-Tee (Drogenextraktlösungen auf festes Trägermaterial:
Zucker als Hilfsstoff)
42
Bad, Inhalationen, Auflage, Wickel, Polster
PFLANZLICHE ARZNEIZUBEREITUNGEN



Unter pflanzlichen Arzneizubereitungen versteht man die sog.
galenischen Mittel (Galenika): Arzneimittel, die durch einfache
Manipulationen hergestellt werden. z.B. Sirupe / Zuckersäfte: Sirupus
aurantii (Orangen-Sirup), Sirupus rubi idaei (Himbeer-Sirup)
Im einfachsten Fall besteht die Zubereitung einer Droge in der
Zerkleinerung. Die zerkleinerte Droge kann, beispielsweise mit Honig
vermischt, eingenommen werden.
In der Regel werden aber als Ergebnis der Zubereitung unerwünschte
Bestandteile entfernt und andere Stoffe hinzugefügt.
z.B. ein Infus (Teeaufguss) enthält zum Unterschied von der infundierten
Droge keine Gerüststoffe der Droge, es enthält Wasser als für den
Verwendungszweck erwünschten zusätzlichen Bestandteil

Bei der Verarbeitung von Drogen werden oft Schritte eingeschaltet, die der
Beseitigung inerter, pharmakologisch unwirksamer Stoffe / Ballaststoffe
dienen.
die
Eliminierung
inerter
Stoffe
wirksamkeitsbestimmender Prinzipien
=
eine
Anreicherung
43
ZUBEREITUNGEN AUS FRISCHPFLANZEN –
FRISCHPFLANZENPRESSSÄFTE




Zur Herstellung von Frischpflanzenpresssäften dürfen außer Wasser keine
weiteren Lösungsmittel verwendet werden.
Pflanzensäfte werden nur von Arzneipflanzen hergestellt, die keine stark
wirksamen
Inhaltsstoffe
besitzen,
z.B.
Granatäpfel,
Artischockenblütenknospen
Sie enthalten die wasserlöslichen Inhaltsbestandteile der Pflanze, aber nur
geringe Anteile an lipophilen Stoffen.
für die Presssaftherstellung nur frische Pflanzen (keine getrockneten Drogen;
Drogen in der Nähe der Produktionsstätte kultiviert oder gesammelt)
Produktionsprozess:

Reinigung + Entfernung von Fremdbestandteilen

Ausgangsmaterial Häckseln, Raspeln, usw.

Behandlung mit Wasserdampf (Enzyminaktivierung)

Saftgewinnung: mit Drücken von bis 250 bar

Zentrifugieren (Ballaststoffe gehen verloren)


Echinacea purpurea
Ultrahochkurzzeiterhitzung (Uperisation bei ca. 130 °C): Sterilisierung (lange
Haltbarkeit)
Kühlung (thermolabile Pflanzeninhaltsstoffe)
TEEDROGEN
UND
TEEGEMISCHE
angemessen zerkleinerte Einzeldrogen oder Drogenmischungen
werden verwendet, aus denen sich trinkbare Aufgüsse
herstellen lassen
 der Wirkstoffgehalt der Droge ist unbekannt
 die Extraktion ist nicht präzise steuerbar
 die Dosierungsgenauigkeit ist nicht ausreichend


kein Teegetränk aus Drogen herstellen, die toxikologisch
bedenkliche Stoffe enthalten, wie z.B. die Mistel oder die
Eibe
nur solche Drogen verwenden, die Wirkstoffe mit einer
großen therapeutische Breite enthalten
45
TEEZUBEREITUNGEN
2-5 g Droge mit 100-150 ml Wasser extrahieren
nach der Art der Extraktion unterscheidet man drei Zubereitungsarten:
• Aufguss (Infus): Die Droge wird mit kochendem Wasser übergossen; das
Gefäß wird zugedeckt; nach 5–10 min abseihen.
z.B. Blütedrogen, Blattdrogen,
Kamillenblüten, Pfefferminzblätter
Drogen
mit
ätherischen
Ölen
–
• Abkochung (Dekokt): Die Teemischung mit kaltem Wasser ansetzen, zum
Sieden bringen, 5–10 min lang leicht kochen und abseihen.
z.B. Rinde- und Wurzeldrogen, Kieselsäuredrogen – Schachtelhalmkraut
• Kaltauszug (Mazerat): Die Teemischung mit Wasser übergießen, 6–8 h
lang bei Raumtemperatur ziehen lassen und abseihen. Das Mazerat kann
kalt getrunken werden oder es kann vor dem Trinken auf Trinkwärme
gebracht werden.
z.B. Schleimdrogen – Leinsamen, Eibischwurzel
46

Instant-Tee (sprühgetrocknet), Granulat-Tee (Drogenextraktlösungen auf
festes Trägermaterial: Zucker als Hilfsstoff!)
EINFACHE NICHTWÄSSRIGE DROGENAUSZÜGE
TINKTUREN, FLUIDEXTRAKTE
Tinkturen sind flüssige Extrakte, die durch Mazeration, Perkolation unter
Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration hergestellt werden.
Tinkturen werden üblicherweise aus 1 Teil Droge und 5 oder 10 Teilen
Extraktionsflüssigkeit hergestellt. Abhängig von der Droge schwankt das
Verhältnis Droge zu fertiger Tinktur (Droge-Extrakt-Verhältnis; DEV)
innerhalb des Bereiches 1:4-1:4,5 oder 1:7-1:9.
Fluidextrakte sind wie Tinkturen flüssige Extraktformen, jedoch mit
abweichendem Droge-zu-Extrakt-Verhältnis, das i. A. 1:1 (m/m oder m/V)
beträgt. Fluidextrakte können durch Mazeration oder Perkolation unter
ausschließlicher Verwendung von Ethanol geeigneter Konzentration oder von
Wasser hergestellt werden. Fluidextrakte können als arzneilich wirksamer
Bestandteil in Säften, in Tropfen oder in Salben dienen.
Arzneiliche Öle sind Zubereitungen, die Arzneistoffe in nichttrocknenden
Ölen (z.B. Olivenöl, Erdnussöl, Mandelöl) gelöst oder suspendiert enthalten
z.B. Knoblauchölmazerate, Johanniskrautöl, Arnikablütenöl
Die mit Öl aus Drogen extrahierbaren Stoffe sind fette Öle, fettlösliche
Vitamine, Phytosterole und Phytosterolester, lipophile Mono- und
Sesquiterpene.
PFLANZENINHALTSSTOFFE I.
 Wirksubstanzen
(„active
substance,
active
pharmaceutical
ingredient”):
wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe; im isolierten Zustand ergeben sie
den gleichen oder ähnlichen Effekt wie der Gesamtextrakt
z.B. Anthranoide (Sennoside, Aloine), Alkaloide (Atropin), herzwirksame
Glykoside (Digitoxin), Silymarin
 Pharmazeutisch
relevante
Inhaltsstoffe
(„active
marker“):
wirksamkeitsmitbestimmende Substanzen; ergeben im isolierten Zustand
nicht den gleichen Effekt wie der Gesamtextrakt, sind aber für die
Gesamtwirkung des Extraktes (Droge) mitverantwortlich (z.B. Bisabolol in
Kamille, Flavonoide im Weißdorn)
 Leitsubstanzen
(„analytical marker“): chemisch definierte Inhaltsstoffe,
Inhaltsstoffgruppen in Drogen, die zum Zweck der pharmazeutischen
Qualitätssicherung verwendet werden;
dienen ausschließlich analytische Zwecken
spezifische Leitsubstanzen sollten verwendet werden, z.B. Valerensäure
 Inerte
Begleitstoffe: keine bekannten Funktionen im Hinblick auf
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit oder die pharmazeutische Qualität
48
PFLANZLICHE EXTRAKTIVSTOFFE II.
• wirksame Inhaltsstoffe: an die die therapeutischen Eigenschaften der
Droge ganz oder zum überwiegenden Teil gebunden sind
z.B. Anthranoide in den Sennesblättern, Cardenolide in den Digitalisblättern
• erwünschte Begleitstoffe: die die Einnahme erleichtern, die Resorption
fördern oder die Stabilität von spezifischen Wirkstoffen erhöhen
z.B. Flavone und Flavonole erhöhen die Stabilität von Ascorbinsäure in
Hagebuttenauszügen, Ascorbinsäure hemmt die Oxidation des labilen
Hyperforins in Hypericum-perforatum-Extrakten
•
unerwünschte
Extraktionsstoffe:
unerwünschte Wirkungen
sind
verantwortlich
für
z.B. Pyrrolizidinalkaloide in Extrakten aus Huflattichblättern und
Beinwellkraut sind hepatotoxisch und mutagen; andere Gifte, Karzinogene,
Mutagene, Allergene
49
Trockenextrakte
Einteilung von Trockenextrakten nach der PhEur:
Standardisierte Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt
mit wirksamem Inhaltsstoff (z.B. Arbutin) oder Inhaltsstoffgruppe (z.B.
Anthranoide in Sennesextrakten) mit einem festgelegten/eingestellten Gehalt.
z.B. eingestellter Sennesblättertrockenextrakt – Sennae folii extractum
siccum normatum (Ph.Eur.): Eingestellter Sennesblättertrockenextrakt wird
aus Sennesblättern (Sennae folium) hergestellt und enthält mindestens 5,5 und
höchstens 8,0% Hydroxyanthracen-Glykoside, berechnet als Sennosid B und
bezogen auf den getrockneten Extrakt.
Quantifizierte Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt mit
Gehaltsspannen mehrerer „pharmazeutisch relevanter Inhaltsstoffe“ („active
markers“;
z.B.
Hypericin
in
Johanniskrautextrakten),
oder
Inhaltsstoffgruppen (z.B. Procyanidine in Weißdornextrakten)
Andere Extrakte: Der Wirkstoff im Fertigprodukt ist ein Extrakt mit einer
vorgegebenen DEV-Spanne. Die Qualität der Extrakte wird ausschließlich
durch den Herstellprozess bestimmt („product by process“); z.B. Passiflorae
herbae extractum siccum.
50
PHYTOPHARMAKA
(PHYTOTHERAPEUTIKA, PFLANZLICHE FERTIGARZNEIMITTEL)



Arzneimittel, die als wirksame Bestandteile Pflanzen oder Pflanzenteile in
rohem oder verarbeitetem Zustand enthalten
chemisch isolierte, definierte Reinsubstanzen aus pflanzlichen Ursprungs
(wie Menthol, Cineol, Digitoxin, Morphin, Colchicin) werden nicht als
pflanzliche Arzneimittel eingestuft
Wirkstoff ist der Extrakt!!! (pflanzliche Vielstoffgemische)
Zubereitungen aus derselben Pflanze können je nach verwendetem
Herstellungsverfahren eine unterschiedliche Zusammensetzung haben.


Ihre Herstellung erfolgt analog der Herstellung anderer pharmazeutischer
Produkte
unter
Anwendung
von
GMP-Standards.
Pflanzliche
Fertigarzneimittel werden hinsichtlich Identität, Reinheit, Gehalt und
ihrer Stabilität geprüft.
Pflanzliche Produkte, die nicht als Phytopharmaka eingestuft
werden:
Homöopathika,
Nahrungsergänzungsmittel,
Kosmetika,
Therapie-Ergänzungsmittel
(Bachblüten,
Methoden
der
Komplementärmedizin)
51
PHYTOPHARMAKA
• Präparate mit „conventional extracts“ als Wirkstoff: Sie sind
altbewährt, monographiekonform und werden in Monographien der Ph.Eur.,
der Kommission E, von ESCOP, der WHO und der EMA beschrieben. Hierbei
handelt es sich oft um sog. Familien- oder Rahmenmonographien. Das
bedeutet, dass in Bezug auf den Gehalt, das Auszugsmittel und das
Herstellverfahren gewisse Spannen akzeptiert werden. Die Anwendung von
„conventional extracts“ beruht auf langjähriger Erfahrung und
Sicherheit.
Entsprechende
Phytopharmaka
werden
aufgrund
bibliographischer Unterlagen zugelassen („well-established medicinal
use“).
• Präparate mit „non-conventional extracts“ als Wirkstoff („refined
oder purified extract“): Sie werden als Innovatorpräparat bezeichnet und
basieren in der Regel auf neuen Extrakten, die oft Spezialextrakte („refined
oder purified extracts“) darstellen. Ihre Anwendung beruht noch nicht auf
langjähriger Erfahrung und Sicherheit. Ihre Zulassung erfolgt deshalb
auf Basis eines Volldossiers, d. h. mit allen erforderlichen
pharmakologisch/toxikologischen und klinischen Studien.
52
PHYTOPHARMAKA IM EIGENTLICHEN SINN
Vollzulassung § 11 bzw. § 13 (2) AMG
(Zulassungsnummer!)
 Qualität
 Wirkung(en)
 Wirksamkeit: klinische Studien, bibliographische Daten
 Unbedenklichkeit
Deklaration der Phytopharmaka
 Art des Wirkstoffes (Droge, Tinktur, Extrakt)
 DEV (Droge-Extrakt-Verhältnis)
 Art und Konzentration des Extraktionsmittels
 Indikation(en)
 Menge des Wirkstoffes (Extraktes) pro Einzeldosis
 Wirksame Tagesdosis des Extraktes
53
BESONDERHEITEN DER „PHYTOPHARMAKA“




Anwendung seit Jahrzenten/Jahrhunderten (erleichterte
Zulassung nach § 17a AMG
Wirkstoff = Extrakt = Vielkomponentengemisch
„herbal shotgun”
mehrere Angriffspunkte
„magic bullet”
ein Zielpunkt
(Enzym/Rezeptor)
Wirkprinzipien: z.T. noch nicht alle bekannt
Akzeptanz bei der Bevölkerung: Patientenurteil 
wissenschaftliche Meinung
54
PHYTOTHERAPIE – MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN





keine Therapie in der Notfallmedizin
Alternativ- und/oder Supportivtherapie bei milden bis
moderaten Krankheitsbildern
Anspruch auf Wirksamkeitsnachweis
synthetischen Produkten
gleichwertig
zu
Wirksamkeit manchmal erst nach einigen Tagen erkennbar
→ längere Latenzzeit (bis zu 14 Tagen)
Zumeist geringe Nebenwirkungen → Einsatz bei Kindern,
Patienten mit mehreren Krankheiten
!! Phytopharmaka sind nicht nebenwirkungsfrei !!
55
Europäische Arzneimittel-Agentur
(EMA, European Medicines Agency)
eine Agentur der Europäischen Union, die für die
Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln
zuständig ist




koordiniert laufende Bewertung und Überwachung aller
Human- und Tierarzneimittel
zentrale Rolle in der Arzneimittelzulassung in der
Europäischen Union
im zentralisierten Verfahren gestellte Zulassungsanträge
Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Committee for
56
Herbal Medicinal Products, HMPC)
REGISTRIERUNG TRADITIONELLER
PFLANZLICHER ARZNEIMITTEL
traditionelle pflanzliche Arzneimittel: seit mindestens 30
Jahren verwendet werden, einschließlich mindestens 15 Jahre in der
EU, ohne ärztliche Überwachung verwendet werden sollen
 z.B. Calendula officinalis L; Echinacea purpurea L., Moench;
Foeniculum vulgare Miller subsp. vulgare var. dulce (Miller)
Thellung; Mentha x piperita L.
Arzneimittel benötigen eine Zulassung, bevor sie in der EU auf
den Markt gebracht werden dürfen.
 lange Verwendungsgeschichte:
vereinfachtes Registrierungsverfahren, das aber gleichzeitig die
nötige Gewähr für Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit bietet

RICHTLINIE ÜBER PFLANZLICHE
ARZNEIMITTEL (RICHTLINIE 2004/24/EG)



Das vereinfachte Verfahren ermöglicht die Registrierung traditioneller
pflanzlicher Arzneimittel, einschließlich chinesischer und ayurvedischer
pflanzlicher Arzneimittel ohne Sicherheitstests und klinische Versuche,
deren Durchführung der Antragsteller nach dem vollständigen
Zulassungsverfahren nachweisen muss.
Statt dessen braucht der Antragsteller für die Registrierung traditioneller
pflanzlicher Arzneimittel nur hinreichend zu belegen, dass das
Arzneimittel seit mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre
in der Europäischen Union, medizinisch verwendet wird.
Aufgrund der langen Tradition des Arzneimittels besteht eine geringere
Notwendigkeit für diese Tests und Versuche; sie können durch Unterlagen
ersetzt werden, aus denen hervorgeht, dass das Erzeugnis unter
bestimmten Verwendungsbedingungen nicht schädlich ist und dass seine
Wirksamkeit aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel
ist.
58
EMA MONOGRAPHIEN
59
EUROPEAN SCIENTIFIC COOPERATIVE
PHYTOTHERAPY (ESCOP)
o
o
o
o
europäischer Dachverband
Gesellschaften
für
(Pflanzenheilkunde)
ON
der nationalen
Phytotherapie
Erstellt
durch
ein
wissenschaftliches
Komitee Monografien zu Arzneidrogen, um den
wissenschaftlichen und regulatorischen Status
von pflanzlichen Arzneimitteln in Europa zu
harmonisieren.
Monografien zu Heilpflanzen: Wirkung, Anwendungsbereiche
und Dosierungen werden wissenschaftlich beschrieben
ESCOP koordiniert das Programm zur Erarbeitung von
Standards für die sichere und wirksame Anwendung
pflanzlicher Arzneimittel sowie das Meldesystem für
unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Phytopharmaka.
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