1 - PRESSEMITTEILUNG 7. Oktober 2013, 15.10

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PRESSEMITTEILUNG
7. Oktober 2013, 15.10 Uhr
im Zusammenhang mit dem Kunstfund Cornelius Gurlitt und entsprechenden
Medienberichten
Im Zusammenhang mit Cornelius Gurlitt und dem Kunstfund in München wurde in den
Medien auch die Rolle des Kunsthandelsplatzes Schweiz vor, während und nach dem 2.
Weltkrieg beleuchtet. Dabei fällt auch immer wieder der Blick auf die Schweiz und Theodor
Fischer (1878-1957). Theodor Fischer war der Vater des Dr. Paul Fischer (1911-1976) und
Grossvater des heutigen Geschäftsführers Dr. Kuno Fischer (geb. 1973). Auf Basis der
jüngsten Forschung und der Erfahrungen der Galerie Fischer bei der Unterstützung der Erben
bei der Rückführung abhandengekommener (also insbesondere gestohlener oder geraubter)
Kunstobjekte informiert hiermit die Galerie Fischer direkt aus erster Hand zu den
nachstehenden Fragestellungen. Die Galerie Fischer ist das älteste Schweizer
Kunstauktionshaus (gegründet 1907) und eines der führenden Häuser in Europa.
Wie geht die Galerie Fischer mit der Frage Kunsthandel in der Schweiz vor, während
und nach dem 2. Weltkrieg um?
Die Galerie Fischer öffnete qualifizierten Wissenschaftlern sehr früh, konkret im Jahre
1990/1991, und als eines der weltweit gesehen sehr wenigen Kunsthandelsunternehmen das
Archiv. Namentlich öffnete sie das Archiv für Dr. Stephanie Barron (Curator Los Angeles
County Museum), was ihr die umfassende Ausstellung und wissenschaftliche Publikation
Degenerate Art, The Fate of the Avantgarde, Los Angeles 1991, überhaupt erst ermöglichte.
Weiter forschte Dr. Thomas Buomberger im Auftrag des Bundesamtes für Kultur hinsichtlich
der Publikation „Raubkunst - Kunstraub“ (Die Schweiz und der Handel mit gestohlenen
Kulturgütern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs), Zürich 1998, mit Beständen aus dem
Archiv der Galerie Fischer. Letztlich hatten Esther Tisa Francini sowie Anja Heuss, beide von
der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg vollumfänglichen
Zugang zum Archiv. Das Ergebnis wurde publiziert in: Esther Tisa Francini/Anja
Heuss/Georg Kreis, Fluchtgut - Raubgut, Der Transfer von Kulturgütern in und über die
Schweiz 1933-1945 und die Frage der Restitution' (Unabhängige Expertenkommission
Schweiz - Zweiter Weltkrieg; Bd. 1), Zürich 2001. Dieses Werk ist heute die umfassendste
Publikation und korrigiert viele Fehler und Behauptungen früherer Autoren.
Fazit: Die Galerie Fischer unterstützte (insbesondere durch Öffnung der Archive) die
wissenschaftlichen Forschungen zur Rolle der Schweiz allgemein und im Speziellen der
-1-
Galerie Fischer vor, während und nach dem 2. Weltkrieg. Wichtig ist die profunde
Analyse sowohl aus (wirtschafts-)historischer und kunstwissenschaftlicher Sicht, da es
sich fast immer um sehr komplexe Konstellationen handelt.
Verfolgt „Luzern“ im Zusammenhang mit der Geschichte vor, während und nach dem
2. Weltkrieg eine Strategie des „Vergessens“?
Damit wird der Artikel von Michael Soukup im Tagesanzeiger vom 7. November 2013, S. 4,
angesprochen. Diesem Artikel ist vor allem zu entnehmen, dass Herr Soukup das Interview
der Neuen Luzerner Zeitung (NLZ) mit Kuno Fischer als zu wenig scharf kritisiert und die
wichtigen Fragen vermisst. Damit will er offensichtlich die NLZ bekämpfen.
Der Tagesanzeiger erwähnte die Galerie Fischer zwei Mal (am 5. und 7. November 2013),
ohne nur einmal bei der Galerie Fischer nachzufragen, geschweige denn mit Kuno Fischer zu
sprechen. Die NLZ aber suchte den direkten Kontakt mit Kuno Fischer, um aus erster Hand
zu erfahren. Die Galerie Fischer ist der Auffassung, dass der Weg der NLZ, gerade auch auf
dem Hintergrund der Komplexität der Sache und Respekt vor der Geschichte und Personen,
der richtige Weg ist. Dies wollte Kuno Fischer (der sich nebst der geschichtlichen
Aufarbeitung auch bei der Unterstützung der Rückführung engagiert) Herrn Michael Soukup
direkt persönlich telefonisch mitteilen; doch er war trotz drei Versuchen am 7. November
2013 telefonisch nicht zu erreichen. Schade.
Es wurde (auch in Deutschland) viel wissenschaftlich geforscht und publiziert zur Frage des
Kunsthandels im 2. Weltkrieg. Die Galerie Fischer hat die Archive geöffnet und unterstützt
bei der Recherche und Rückführung. Dies in aller Regel unentgeltlich. Das sind Taten (und
nicht bloss Worte) die belegen, dass man nicht vergessen will und darf. Wichtig ist aber
immer ein respektwollen Umgang mit der Vergangenheit auf wissenschaftlicher Basis.
Effekthascherei sollte nicht betrieben werden.
Was ist der Unterschied zwischen den Begriffen „Entartete Kunst“, „Kunst aus
Deutschen Museen“, „Raubkunst“ und „Fluchtgut“?
„Entartete Kunst“ war während der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland der
offiziell propagierte Begriff für mit rassentheoretischen Begründungen diffamierte Moderne
Kunst. Als „Entartete Kunst“ galten im NS-Regime alle Kunstwerke und kulturellen
Strömungen, die mit dem Kunstverständnis und dem Schönheitsideal der Nationalsozialisten
nicht in Einklang zu bringen waren: Expressionismus, Dadaismus, Neue Sachlichkeit,
Surrealismus, Kubismus oder Fauvismus (Quelle: Wikipedia). Diese Definition sagt also
nichts darüber aus, ob das entsprechende Kunstwerk im Staatseigentum (namentlich „Kunst
aus „Deutschen Museen“) steht oder Privatsammlungen angehören, geschweige denn ob das
Kunstwerk gestohlen, geraubt oder sonst wie abhandengekommen ist.
-2-
"Bei Fluchtgut handelt es sich um Kulturgüter, die von den (jüdischen) Eigentümern selbst in
oder über die Schweiz ins Exil gebracht wurden" (Francini/Heuss/Kreis, BergierExpertenkommission, S. 25). Beim Fluchtgut haben die Eigentümer bei den
Verkaufsverhandlungen noch einen gewissen Handelungsspielraum, bewegen sie sich ja auf
dem freien, schweizerischen Markt (Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission, S.
25 f.).
"[…] bei Raubgut hingegen geht es um von deutschen Stellen im "Altreich" oder in den
"angeschlossenen" und besetzten Ländern entzogene, konfiszierte und dann in der Schweiz
verwertete Kulturgüter" (Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission, S. 25). Dabei
sind die Eigentümer ihres Vermögens bereits verlustig gegangen.
Warum wird immer wieder (so auch im Expertenbericht) geschrieben, Theodor Fischer
kam eine zentrale Rolle vor, während und nach dem 2 Weltkrieg zu?
Die Arbeit der Expertenkommission Schweiz-2. Weltkrieg verstand sich „als eine zunächst
qualitative Analyse von mehr oder weniger repräsentativen Beispielen, die aufgrund der als
dürftig und disparat zu bezeichnenden Quellenlage ausgewählt wurden. […] Die Galerie
Fischer bildet eine bedeutende Ausnahme betreffend Umfang der verwahrten Akten […]
(Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission, S. 26, 29). In den anderen Galerien aber
wurden generell nur selten Akten gefunden. "Diese erklärten, keine Akten aufbewahrt zu
haben" (Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission, S. 28). Die Expertenkommission
hatte teilweise Zweifel an diesen Aussagen (Francini/Heuss/Kreis, BergierExpertenkommission, S. 108, Fn. 276). Doch nicht nur aufgrund der Aktenlage bildet sich die
Meinung, Fischer käme eine zentrale Rolle zu, sondern auch aufgrund der Charakteristika der
eben öffentlichen Kunstauktionen gegenüber dem nicht-öffentlichen Kunsthandel: Es wird ein
öffentlicher Kunstauktionskatalog mit Beschreibung und Abbildung der Objekte weltweit
publiziert, die Werke werden öffentlich ausgestellt und in der Öffentlichkeit versteigert,
worüber auch die Medien ausführlich berichten. Theodor Fischer schloss immer schriftliche
Auktionsverträge mit den Einlieferern, in denen Schätzungen und Minimuspreise (Limiten)
verbindlich abgemacht wurden. Es folgte eine schriftliche Auktionsrechnung an den Käufer
und eine schriftliche Auktionsabrechnung mit dem Einlieferer. Die Resultate wurden auch
den Medien mitgeteilt.
Fazit: Die gute Aktenlage wie auch die Öffentlichkeit der Auktion führen dazu, dass
man darüber viel weiss und entsprechend auch berichten kann. Mit 125 Objekten an
der Auktion 1939 bei Fischer im Gegensatz zu ca. 20‘000 Objekten „Entarteter Kunst“,
die von der Verwertungskommission (Bernhard A. Böhmer, Wolfgang Gurlitt, Karl
Buchholz und Ferdinand Moeller) zu verkaufen waren, ist die Aussage, dass Fischer
eine zentrale Rolle zukam, offensichtlich zu relativieren. Auch mit Blick auf die Schweiz
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kann die Aussage wohl nicht unbedingt stehen gelassen werden, haben doch sehr
wichtige Schweizer Kunsthändler ihre Archive nicht geöffnet oder erhalten.
Gibt es typische Fallkonstellationen, in denen Fischer involviert war vor, während und
nach dem 2. Weltkrieg?
Im Bericht der Bergier-Expertenkommission wurde versucht, Strukturen und Akteure
herauszuarbeiten, Typologien und Kategorien von Transaktionen auf dem Kunst- und
Kulturgütermarkt zu liefern, so dass Einzelfälle, auch wenn sie bisher unbekannt waren,
inskünftig in bereits aufgezeigte Zusammenhänge eingebettet werden können. Man verstand
die Arbeit als eine zunächst qualitative Analyse von mehr oder weniger repräsentativen
Beispielen, die aufgrund der als dürftig und disparat zu bezeichnenden Quellenlage
ausgewählt wurden" (Francini/Jeuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission S.19, 26). Die
Erfahrung der Galerie Fischer und der im Einzelfall bei der Rückführung von Raubgut
involvierten Personen nach der Praxis in den letzten 10-15 Jahren ist, dass jeder Fall wieder
anders gelagert ist und isoliert betrachtet werden muss. Arbeitet man mit idealtypischen
Konstruktionen, wird man weder den damaligen Umständen, noch den (damals) involvierten
Personen und letztlich auch der geschichtlichen Aufarbeitung nicht gerecht.
Wer waren die mit der Verwertung von rund 20‘000 Werken Entarteter Kunst vom
Nazi-Regime beauftragten Personen?
Dies waren Bernhard A. Böhmer, Wolfgang Gurlitt, Karl Buchholz und Ferdinand Moeller.
Es ist festzuhalten, dass Theodor Fischer (1878-1957) nicht Mitglied dieser
Verwertungskommission war. Dennoch wurden ihm im Juni 1939 125 dieser Werke (aus
Staatseigentum; also nicht Raubgut) zur Kunstauktion in Kommission übergeben. Über diese
Auktion hat im Jahr 1991 Dr. Stephanie Barron mit einer Ausstellung und einer umfassenden
Publikation (siehe oben) bis ins letzte Detail berichtet. Bei den Objekten handelt es sich um
Werke aus Deutschen Museen, deren Eigentümer der Deutsche Staat war; die 125 Objekte
waren kein Raubgut, das jüdischen Sammlern gestohlen oder abgenötigt wurde.
Hat Theodor Fischer auch Raubgut versteigert?
Die im Juni 1939 125 dieser Werke „Entarterter Kunst“ versteigerten Werke waren
Staatseigentum und nicht Raubgut. Doch Theodor Fischer hat in Einzelfällen auch Raubgut
von Verkäufern erhalten. Dabei ist im Nachhinein sehr schwierig zu sagen, ob Theodor
Fischer wusste, dass eine problematische Provenienz bestand oder nicht. Im Gegensatz zu
heute konnte nicht ein Art Loss Register (internationale Datenbank für als gestohlen oder
vermisst gemeldete Kunstobjekte) konsultiert werden. Zudem war es eine Ausnahme, wenn
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Kaufrechnungen, Quittungen, Zolldokumente, Sammlungsinventare, usw. vorlagen.
Diesbezüglich muss jeder Einzelfall genau wissenschaftlich untersucht werden; indem man
idealtypische Konstellationen versucht zu erarbeiten, wird man dem Einzelfall nicht gerecht.
Ein Fall soll hier exemplarisch beschrieben werden: Das Propagandamiminstrieum hatte
Schulden bei Theodor Fischer, weil es Objekte an der Auktion gekauft, aber (über einen sehr
langen Zeitraum) nicht bezahlt hatte; dies obwohl Theodor Fischer mehrmals zur Zahlung
aufforderte. Nach längerer Zeit wurde seitens des Deutschen Staates angeboten,
Impressionisten an Stelle einer Zahlung zu liefern. Angesicht der angespannten Situation
willigte Fischer ein. Er verkaufte diese Werke in der Folge Emil Bührle. Kurz nach dem Krieg
wurde dieser Fall aufgegriffen und die Erben von Paul Rosenberg (jüdischer Kunsthändler in
Paris) forderte die Werke von Emil Bührle zurück. Dabei wurde vom Bundesgericht
ausführlich untersucht und geklärt, ob Theodor Fischer in Bezug auf die Provenienz
Gutgläubigkeit zugesprochen werden konnte oder ob ihm Bösgläubigkeit attestiert werden
musste. Das Bundesgericht erachtete ihn als gutgläubig und ging damit (mindestens implizit
davon aus), dass Theodor Fischer vom Deutschen Staat über die problematische Provenienz
getäuscht wurde.
Hat die Galerie Fischer vor und während des 2. Weltkieges auch Fluchtgut versteigert?
Es wurden einige Sammlungen versteigert von Personen, die vom Nazi-Regime verfolgt
wurden und fliehen mussten. "Bei einem Verkauf in Deutschland wurde in der Regel kein
marktgerechter Preis erzielt, konnten die Verkäufer den Zeitpunkt und die Umstände des
Verkaufes oft nicht frei bestimmen, und zudem wurde der Verkaufserlös durch
diskriminierende Steuern in erheblichem Masse abgeschröpft. All diesen Bedingungen sahen
sich die Emigranten bei Verkäufen in der Schweiz grundsätzlich nicht ausgesetzt"
(Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenkommission, S. 25). Wenn also Theodor Fischer
anbot, Objekte in der Schweiz zu versteigern, waren die Bedingungen grundsätzlich besser,
einen höheren Nettoerlös zu erhalten.
Dazu kommt, dass damals durch eine öffentliche Kunstauktion am besten der Marktpreis
erreicht werden konnte als z.B. im freien Handel. Denn das Objekt wurde beschrieben,
publiziert, ausgestellt und anlässlich der Auktion ausgerufen, wobei Kunden, die sich für ein
bestimmtes Objekt interessieren, Gebote abgeben können und - um ein bestimmtes Objekt zu
erwerben - die Gebote der anderen Interessenten/Konkurrenten überbieten mussten. Die
Resultate der Anfrage der britischen Gesandtschaft zur Museumspolitik der Jahre 1940-1945
zeigt auf, dass der Kauf an Auktionen ein Kauf "zum Marktpreis" ist (Francini/Heuss/Kreis,
Bergier-Expertenbericht, S. 76).
Theodor Fischer verhandelte mit dem Clearing/der Schweizerischen Verrechnungsstelle
(SVSt.) hart. "Fischer verhalf also den Emigranten zur direkten Ausbezahlung ihrer
Auktionserlöse" (Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenbericht, S. 59). "Immerhin erklärte
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sich die SVSt. bereit, jeweils von Fall zu Fall zu entscheiden und nach Möglichkeit die
besonderen Umstände zu berücksichtigen, sprich einzelne Auktionserlöse in freien Devisen
überweisen zu lassen. Solche Ausnahmen wurden bei Emigrantenauktionen häufig
gutgeheissen. Davon profitierten die Emigranten massgeblich, denn über das Clearing hätten
Zahlungen an das nationalsozialistische Deutschland geleistet werden müssen,
Ware exportiert worden war. Die überwiesenen Gelder wären dort auf
transferiert und als jüdisches Vermögen beschlagnahmt worden, und nur
Sonderbewilligungen war es möglich, den Emigranten die Erlöse in ihr
aus dem die
Sperrkonten
durch diese
Exilland zu
überweisen" (Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenbericht, S. 59 sowie S. 156).
"Fischer gewährte den Flüchtenden oft einen Vorschuss, um ihnen überhaupt eine rechtzeitige
Weiterreise zu ermöglichen und den Lebensunterhalt während der Zeit des Wartens auf die
Auktionserlöse zu erleichtern. Damit übernahm die Galerie Fischer als Kommissionär einen
Teil des Risikos, der ursprünglich bei den Emigranten gelegen hatte" (Francini/Heuss/Kreis S.
157).
Zudem lagerte Theodor Fischer oft die Gegenstände der verfolgten Emigranten gratis ein und
vermittelte den Emigranten einen (Zwischen)Aufenthalt in der Schweiz. Im Gegensatz zu
vielen anderen Händlern, hielt sich Fischer als Beauftragter und Vertrauensmann strikt an die
Instruktionen der Emigranten-Einlieferer. Es wurden schriftliche Auktionsaufträge
abgeschlossen, in denen klar die Schätzung und die Limite (unter der Fischer nicht verkaufen
durfte) festgelegt wurden. Die Käufer erhielten eine schriftliche Verkaufsrechnung und die
Verkäufer die detaillierte schriftliche Auktionsabrechnung. Die Nettoerlöse wurden gemäss
Instruktionen der Verkäufer/Emigranten überwiesen, z.B. auch nach Kuba weitergeleitet.
Die Beurteilung der Situation der Emigranten ist aus heutiger Sicht natürlich sehr schwierig.
Angesichts des Umstandes, dass viele verkaufen mussten und nur schlechtere
Ausweichmöglichkeiten hatten, war der Verkauf über Theodor Fischer wohl eine gute
Lösung.
Wie war die Preisentwicklung vor, während und nach dem 2. Weltkrieg für Kunst?
"Der europäische Kunstmarkt zeichnete sich in der fraglichen Zeit durch eine starke
Fluktuation aus. Während bestimmte Kunstrichtungen gewaltige Preisstürze erlitten,
begannen andere Anfang der 30er Jahre zu steigen. Die Preise für moderne Kunst zum
Beispiel verfielen, weil der diesbezügliche Markt aus verschiedenen Gründen gesättigt war:
teils wegen der Weltwirtschaftskrise, die dazu führte, dass zahlreiche Kunstsammlungen
aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten ihrer Eigentümer auf den Markt gelangten, teils
wegen der NS-Propaganda gegen die "entartete Kunst". Gleichzeitig stiegen die Preise für
international handelbare Kunst wie alter Meister und französische Impressionisten"
(Francini/Heuss/Kreis, Bergier-Expertenbericht, S. 74).
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Ist die Galerie Fischer mit der Rückführung gestohlener oder abhanden gekommener
Kunst von verfolgten Personen im 2. Weltkrieg involviert?
Die bereits nach Kriegende aufgearbeitete Transaktion ausserhalb der Auktion mit Emil
Bührle betraf Theodor Fischer. Ihm wurde allerdings vom Bundesgericht „Gutgläubigkeit“
attestiert, was bedeutet, dass nach Ansicht des Bundesgerichts Theodor Fischer nach den
damaligen Umständen nicht davon ausgehen musste, dass es sich bei den gehandelten
Objekten um „Raubkunst“ handelte.
Heute unterstützt die Galerie Fischer Erben bei der Suche und Rückführung von
Kunstobjekten. Dies indem die Galerie Fischer punktuell Informationen liefert und/oder
Kontakt zu den heutigen Besitzern schafft und Vorschläge ausarbeitet. Basis für eine derartige
ist aber in erster Linie immer die heutige Rechtslage. Wird der heutige Besitzer nach der
Rechtsordnung als rechtmässiger Eigentümer erachtet, so erarbeitet die Galerie Fischer
Vorschläge, die dennoch für beide Seiten akzeptabel sein können. Die Galerie Fischer bietet
im Rahmen ihrer (meist kostenlosen) Dienstleistungen aber nicht Hand, massiv moralischen
Druck auf heute nachweislich rechtmässige Eigentümer auszuüben. Ebenso – wenn die
entsprechenden Dienstleistungen überhaupt entgeltlich angeboten werden – verlangt die
Galerie Fischer keine exzessiven Honorare (teilweise werden von Historikern,
Rechtsanwälten und/oder Kunsthändlern/Auktionshäusern Honorare in der Höhe von über
50% des Wertes des rückgeführten Kunstobjektes verrechnet!).
Ist die Schweiz und deren Kunstmarkt heute eine Drehscheibe für „illegalen
Kunsthandel“ und Geldwäscherei?
Die professionellen Kunstmarktteilnehmer in der Schweiz unter diesen Generalverdacht zu
stellen, ist unzulässig. Die Schweiz hat mit dem Kulturgütertransfergesetz (KGTG, in Kraft
seit 2005) eines der weltweit schärfsten Gesetze gegen den illegalen Handel mit
Kunstobjekten bzw. Kulturgütern allgemein. So darf im Kunsthandel und im Auktionswesen
Kulturgut nur übertragen werden, wenn der Händler oder Auktionator nach den Umständen
annehmen darf, dass das Kulturgut (a) nicht gestohlen worden ist, nicht gegen den Willen der
Eigentümerin oder des Eigentümers abhandengekommen ist und nicht rechtswidrig
ausgegraben worden ist, (b) nicht rechtswidrig eingeführt worden ist (Art. 16 Abs. 1 KGTG).
Weiter unterstehen die Kunsthändler und Auktionatoren dem Art. 305bis des Schweizerischen
Strafgesetzbuches (StGB). Mit diesem Artikel werden Handlungen unter Strafe gestellt, die
geeignet sind, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von
Vermögenswerten zu vereiteln, wenn der Akteur weiss oder annehmen muss, dass die
Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren (Art. 305bis Abs. 1 StGB). Dies gilt auch
für den Fall, wenn die Haupttat im Ausland begangen wird und diese auch am Begehungsort
strafbar ist (Art. 305bis Abs. 3 StGB). Damit weist der Schweizer Kunstmarkt auch ein gutes
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Dispositiv gegen Geldwäscherei auf. Es ist festzuhalten, dass bei dem Schweizer
Kunstauktionatoren grössere Auktionsrechnungen fast immer nur durch Banküberweisung
beglichen werden können.
Eine umfassende Studie (mit Berücksichtigung der wichtigsten Publikationen und
Praxisaspekte) verfasste jüngst der Geldwäschereiexperte Dr. Roland M. Ryser, Kunst und
Geldwäscherei, in: Angela Cavallo/Eliane Hiestand/Felix Blocher/Irene Arnold/Beatrice
Käser/Milena Caspar/Ingo Ivic (Hrsg.), Liber amicorum für Andreas Donatsch, Im Einsatz für
Wissenschaft, Lehre und Praxis, Zürich/Basel/Genf 2012, S. 583-610.
Sollte es sein, dass die Schweiz eine Drehscheibe für illegale Kunsttransaktionen in der
Schweiz ist, so muss umgehend die Polizei und das Bundesamt für Kultur eingeschaltet sowie
die
Strafuntersuchungsbehörden
aktiv
werden.
Das
Regulativ
mit
dem
Kulturgütertransfergesetz, den dort statuierten Sorgfaltspflichten für Händler und
Auktionatoren ist vorhanden und sehr streng.
Was unternimmt die Galerie Fischer heute konkret gegen die Gefahren des illegalen
Kulturgüterhandels und der Geldwäscherei?
Vorab ist festzuhalten, dass die Kunstauktion mit ihrer Transparenz (Auktionskataloge auch
online, Vorbesichtigung, usw.) sich grundsätzlich nicht eignen, illegale Kunstgeschäfte zu
tätigen. Dunkle Akteure wollen keine Transparenz.
Die Galerie Fischer spricht mit den Einlieferern (die im Übrigen mit Name, Vorname,
Adresse und Geburtsdatum registriert werden) das Thema Provenienz direkt an. Man fragt
nach allfälligen Kaufrechnungen, Inventarlisten, Zolldokumenten, Erbdokumenten,
Empfangsquittungen, Leihverträgen, Versicherungsdokumenten, Fotografien, Gutachten, usw.
Die Mitarbeiter der Galerie Fischer konsultieren kunstwissenschaftliche Publikationen,
insbesondere Werkverzeichnisse, und nehmen mit dem international führenden, anerkannten
Spezialisten Kontakt auf. Im Bedarfsfall wird eine Provenienzrecherche an die Hand
genommen. Hierzu kann die Galerie Fischer auf eine wohl weltweit gesehen ausgezeichnete
eigene kunstwissenschaftliche Bibliothek (u.a. mit Sammlungskatalogen) zurückgreifen.
Die Galerie Fischer ist einer der ersten Partner des Art Loss Registers, der privaten
internationalen Datenbank für gestohlen oder vermisst gemeldete Kunstobjekte. Sie lässt alle
Objekte über EUR 2‘000 prüfen, ob allenfalls ein identischer Eintrag besteht. Gibt es ein
„matching“ zieht die Galerie Fischer das Objekt von der Auktion zurück. Damit wird auch ein
langfristiger Beitrag geleistet, dass illegale Kulturgüter gar nicht mehr gehandelt werden
können und so der „Schwarzmarkt“ ausgetrocknet wird.
Die grösseren Auktionsrechnungen werden von den Käufern fast immer via
Banküberweisungen beglichen. Kleinere Beträge (bis CHF 5‘000) werden aus
Praktikabilitätsgründen (der Kunde kommt, steigert, zahlt und nimmt gleich mit) auch in bar
akzeptiert. Immer ist der Kunde aber registiert mit mindestens Vorname, Name, Adresse und
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Ort und oft wird eine Passkopie verlangt. Er hat sich vor der Auktion zu registrieren und
regelmässig ein Bankreferenzschreiben beizubringen.
Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung
Dr. Kuno Fischer, Rechtsanwalt
Geschäftsführer und Auktionator Galerie Fischer Auktionen AG
Präsident Verband Schweizer Auktionatoren von Kunst- und Kulturgut
Haldenstrasse 19, CH – 6006 Luzern
Tel. +41 (0)41 418 10 10, email: [email protected]
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