Ökonomie der Altägyptischen Feste Z EINAB S AYED Feste im Alten Ägypten hatten nicht nur einen reli- ten Festbedarfes wurden große Mengen Gold giösen Charakter, indem sie der Erfüllung der reli- benötigt. So berichtet z. B. im Mittleren Reich Iqer- giösen Pflichten dienten und die Sehnsucht nach nofret unter dem König Sesostris III., dass er von Nähe zu den Göttern stillten, sie hatten auch rein diesem beauftragt worden sei, für das Osirisfest in weltliche Funktion. Dabei scheuten die alten Ägyp- Abydos, Kultgeräte her- und wiederherzustellen ter weder Kosten noch Aufwand, die Feste ihrer Göt- und mit Gold aufzufrischen, das aus der nubischen ter in einer angemessenen Form zu feiern. Kriegsbeute stammte.1 Der reichen Quellenlage entsprechend, liegen Zwei Inschriften Ramses’ II. aus dem Tempel umfangreiche Forschungen zu den altägyptischen Sethos I. in Kanais2 berichten vom Herbeibringen des Festen vor. Dabei stehen zumeist die Rituale und der Goldes für das Hb-sd-Fest Ramses’ II. Ablauf der Feste im Mittelpunkt, während profane Ebenfalls aus der Zeit Thutmosis’ III. gibt es Hin- und praktische Aspekte in der ägyptologischen Fest- weise auf die kostbaren, für das Fest benötigten forschung meist am Rande behandelt werden. Auch Materialien, insbesondere Edelmetalle: „Elektron erwähnen die meisten Quellen lediglich die Rituale, des Festes, Erz des Festes“.3 die Zeitspanne, in der diese Rituale stattfanden, und Die Finanzierung von Festen erfolgte durch den manchmal auch die Opfer, die bei den Festen darge- König. Dafür wird er (gemäß den Texten) vom Gott bracht wurden. Aussagen zu wirtschaftlichen Aspek- belohnt. Außer dem König als Stifter umfangreicher ten finden sich in den Quellen hingegen spärlich und Opfereinheiten treten verschiedene weitere Institu- meistens nicht in direkter Form. tionen als Stifter auf. Zudem lassen sich Stiftungen In diesem Beitrag werden daher Quellen analy- und Festgaben von Privatpersonen nachweisen. siert, die es erlauben, Rückschlüsse auf die ökono- Letztere sind anhand diverser Hinweise deutlich aus- mische Seite der Feste zu ziehen. Das Augenmerk zumachen, wie z.B. die Stiftung des ¡apy-DfAy, deren richtet sich dabei auf die Finanzierung der Feste, aber Verwendungszweck und Umfang dieser in seinen auch auf die Beziehung zwischen Festen und Handel Verträgen mit den Totenpriestern festgesetzt hat.4 und auf die Frage, welche Bevölkerungsgruppen von Gefäßinschriften aus El-Malqata sprechen dafür, den Festen bzw. von den Festopfern profitierten. „dass die Privatleute bzw. die hohen Beamten für die Sedfeste des Königs und andere Feste Abgaben zu entrichten hatten“.5 Finanzierung der Feste Fraglich ist, ob Privatpersonen verpflichtet waren, die Feste mitzufinanzieren, um an ihnen teilnehmen Um einen reibungslosen Festablauf zu sichern, ist es zu dürfen, und ob man sich dies als eine Art „Fest- unerlässlich, den umfangreichen Festbedarf, d.h. die diversen Arten der Opfergaben, in genügender 1 Lichtheim, M., Ancient Egyptian Autobiographies Chiefly of Menge und zur rechten Zeit zu beschaffen. Außer- the Middle Kingdom, OBO, 84, 1988, 98 f.; Anthes, R., Die dem geht es um die Sicherung bzw. die Einrichtung der Lieferquellen sowie um die Sicherstellung einer Berichte des Neferhotep und des Ichernofret über das Osirisfest in Abydos, Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Berliner Ägyptischen Museums, Berlin, 1974, 15. genügenden Anzahl von Arbeitskräften, die den per- 2 KRI, II, 397, 12. fekten Ablauf der Festvorbereitung gewährleisten. 3 Urk. IV, 876, 16. 4 Siehe Spalinger, A., A Redistributive Pattern at Assiut, JAOS, Essentiell ist die Beschaffung der finanziellen Mittel. Für die Herstellung von Kultgeräten und die Finanzierung des aus dem In- und Ausland herbeigeschaff- 105, 1985, 7-20. 5 Hayes, W., Inscriptions from the Palace of Amenhotep III, JNES, 10, 1951, Inschrift 167, 168; Urk.IV, 1792, 13-15; 1876, 17-18; 1893, 15-16; 1954, 12-18. IBAES VII • Das Heilige und die Ware 301 gebühr“ oder „Feststeuer“ vorzustellen hat. Zugun- Aus dem bisher Gesagten lässt sich schließen, dass sten einer solchen Annahme wurde eine Textstelle die Finanzierung von Festen nicht nur durch Könige übersetzt.6 erfolgte, sondern von den Tempeln selbst, einem Eine Textstelle in Pap. Anast IV deutet ebenfalls dar- Geflecht von Institutionen sowie Privatpersonen mit auf hin: Dort ist die Rede von Htr n pA Hb „Steuer des getragen wurde. Laut W. Helck musste die Opferlie- Festes“.7 ferung in die einzelnen Tempel „wegen der finanzi- in der Lehre des Ani mit „Festgebühr“ Zieht man entsprechende Regeln der Ptolemäer- ellen Belastung genau zwischen der Institution und zeit zum Vergleich heran, so spricht einiges für die den verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgeteilt Annahme, dass auch im Alten Ägypten die Mitfinan- werden“.15 zierung der Feste durch Privatpersonen erwartet wurde. In der Ptolemäerzeit gehörte eine Sachspende bzw. die Finanzierung der beim Fest benötigten Institutionalisierter Handel Güter zu den Pflichten der Versammlungsteilnehmer. Verzeichnisse solcher Abgaben und Verpflichtungen Hinsichtlich der Beziehung zwischen Festen und finden sich, in griechischer Sprache, u.a. im Toten- Handel stellt sich zunächst die Frage, ob zu Festzei- tempel Sethos’ I. in Westtheben auf Tonscherben (die ten Händler tätig waren und welche Rolle sie dabei von großen Tonamphoren stammen).8 übernommen haben. Für diesen Punkt sind Papyrus In den Texten werden zuweilen Hinweise auf die Boulaq XI und das dazugehörige Fragment Pap. CGC Institutionen gegeben, die finanziell und/oder durch 58081 aus der Zeit der 18. Dynastie von Interesse. Sachspenden zu Festen beitrugen. Beispielsweise Beide Dokumente enthalten Aufzeichnungen zur wird unter vielen anderen die Scheune des Tempels Vergabe von Rinderteilen, Kuchen und Wein mit als Herkunftsort für Getreide,9 das Haus der iSd- verschiedenen Datumsangaben an sechs Personen; das pr-njswt (Staatsverwaltung) diese Männer werden als Swtyw bezeichnet. Bei einer Frucht für Wein,10 für Schlachtopfer (Rinder und Geflügel),11 der Toten- Person findet sich eine Angabe von 2 Saty Gold. tempel oder andere Tempel als Herkunftsort für Im Text wird folgendes erwähnt: das Datum, Weihrauch, Rinder, Geflügel und Kultgeräte sowie „(rdj.t) gegeben an Swty“ (darauf folgt dessen Name), der Amuntempel für Brote,12 die Vogelhöfe Pharaos der Gegenstand und schließlich eine Wertangabe für Geflügel bzw. xt-c3-Enten13 u. v. m. genannt. Für (Saty) für den Gegenstand. Bei den Datumsangaben den Abydos-Tempel kamen die Opferbrote aus der fällt auf, dass ihr zeitlicher Abstand sehr gering ist. „Kammer von bj.t und psn-Broten“, die Datteln aus Vermutlich erfolgten die Eintragungen täglich. Auf- at bnj.t, der „Dattelkammer“ und Bier aus der Bier- fällig ist, dass das erste Datum im Pap. Boulaq XI, kammer.14 der II. Axt 15, dem Datum des Opetfestes entspricht, das unter Thutmosis III. elf Tage dauerte.16 Unter Thutmosis III. fand am 18. Tag des II. Axt ein Fest von 6 Quack, J. F., Die Lehren des Ani, OBO, 141, 1994, 91, 154. 7 Pap. Anast IV 1a, 2: Gardiner, A., LEM, 34, 10; Caminos, R., LEM, 126. unbekannter Dauer für Chnum und Anuket statt17 und am 28. des II. Axt wurde ein Fest für Satet und 8 Mysliwiec, K., Herr beider Länder, 244. Anuket gefeiert.18 Dies bedeutet, dass ein Hauptfest 9 KRI, II, 517, 3. in Theben und zwei lokale Feste von kürzerer Dauer 10 Altenmüller, H., Moussa, A., Die Inschriften Amenemhets II. in Elephantine gefeiert wurden. Dabei überschnei- aus dem Ptah-Tempel von Memphis. Ein Vorbericht, SAK, den sich die Zeitangaben der zwei lokalen Feste mit 18, 1991, 5. denen des Hauptfestes. Durch die verschiedenen 11 Ibid., 23-24. 12 Urk. IV, 770, 14. Eintragungen in den Texten wird ein Zusammen- 13 Urk. IV, 1342, 6-7. hang zwischen den Festtagen und den Ausgabeein- 14 Haring, B. J., Die Opferprozessionsszenen in Medinet Habu tragungen deutlich. und Abydos, in: Kurth, D., 3. Ägyptologische Tempeltagung, Systeme und Programme der ägyptischen Tempeldekoration, ÄAT, 33, 1, 1995, 73-89; Nelson, H., The Calender 15 Helck, W., Opfertier, LÄ, IV, 1982, 594. of Feasts and Offerings at Medinet Habu, in: Nelson, H./Höl- 16 Urk. IV, 824, 10; Schott, Festdaten, 84. scher, U., Work in Western Thebes 1931-33, OIC, 18, 1934, 17 Urk. IV, 823, 14; Schott, S., op. cit., 87. 38 ff. 18 Urk. IV, 823, 15. 302 Zeinab • Ökonomie der Altägyptischen Feste Janssen ist der Meinung, dass die Überschüsse bzw. Waren Ausgabe- und Weitergabetermine identisch, die Opferreste, die das Tempelpersonal bzw. die oder bestand zwischen ihnen ein zeitlicher Abstand? Tempelangehörigen nicht verbrauchten, verkauft Handelte es sich hier um einen tatsächlichen Verkauf wurden; folgt man ihm, kann man anhand der Zeit- oder lediglich um Lieferungen? Diese Frage bleibt angaben in den beiden Texten, die innerhalb der letztendlich offen. Sofern die Eintragungen in beiden Dauer des Opetfestes liegen, den Schluss ziehen, Texten eine regelmäßige und ständige Lieferung von dass die Eintragungen im Zusammenhang mit dem bestimmten Gütern während eines Festes doku- Verkauf von Festopfern stehen. Da diese Texte (Papy- mentieren, ist ein geringer oder überhaupt kein zeit- rus Boulaq XI und Pap. CGC 58081) jedoch nur Anga- licher Abstand zwischen den einzelnen Eintragungen ben zu den Ausgaben liefern und kein Gegeneintrag zu erwarten. Dies wird durch die nahezu täglichen zu den Einnahmen vorhanden ist, lässt sich schwer Einträge im Pap. Boulaq XI bestätigt. Da die Men- feststellen, ob sich die Wertangaben bei Ausgabe genangaben der einzelnen Güter in diesem Papyrus und Einnahme entsprachen oder ob sie sich unter- aber unterschiedlich sind, ist anzunehmen, dass die schieden, sprich: ob Gewinn gemacht wurde. Es Lieferungen nicht regelmäßig erfolgten: Es wird sich bleibt ungewiss, an wen die Einnahmen flossen, ob also möglicherweise um Überschüsse von Opferga- sie dem Tempel zugute kamen oder ob die Tem- ben handeln, die weitergegeben wurden. pelangehörigen die Einnahmen erhielten. Höchstwahrscheinlich gab es keine Maximierung des Pro- Hier schließt sich die Frage nach dem Ort des Ver- fits oder ein Gütermonopol im modernen Sinne. kaufes an. Zum einen kann angenommen werden, dass die Opfergaben in Theben verkauft wurden, wo Manche Forscher sehen sich veranlasst, die in Pap. das Opetfest stattfand, denn hier befanden sich Boulaq XI erwähnten Wertangaben Saty als Preis- während des Festes höchstwahrscheinlich unzähli- angabe zu sehen. Dem zufolge wären die Swtyw als ge Besucher. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Händler anzusehen, die den Preis für angekaufte Festopfer weitergeleitet wurden bzw. an Orten der Waren an den Tempel entrichten mussten. Es muss näheren Umgebung verkauft wurden. Sowohl die hier jedoch überlegt werden, ob es sich um die Ein- Ausgabestelle als auch die Empfänger bleiben in den kaufspreise für Großhändler handelt, oder um die Pap. Boulaq XI und CGC 58081 unbekannt. Verkaufspreise für Endkunden. Es ist fraglich, ob die Preise festgelegt oder je nach Angebot und Die Tatsache, dass sich alle Eintragungen auf einer Nachfrage flexibel waren. Laut Pap. Boulaq XI rt. einzigen Liste befinden, deutet darauf hin, dass eine 3.6 wurden 2 Sat Gold von einem der Swtyw als zentrale Verwaltungsstelle den Warenverkehr orga- Gegenwert für Fleisch empfangen. Zu der präzisen nisierte und als Hauptvergabestelle die verschiede- Bedeutung dieses Eintrags gibt es mehrere Inter- nen Orte, d.h. den Festort sowie seine nähere Umge- pretationsmöglichkeiten: bung, mit Gütern versorgte. In unserem Fall wäre Die Wertangabe kann zum einen den Gegenwert dies die Vergabestelle in Theben. Alternativ wäre der Güter, der in Gold bezahlt wurde, darstellen eine zentrale Abgabestelle denkbar, die den Haupt- oder auch eine Werteinheit, die bei der Bezahlung festort (Theben) versorgte, der wiederum die ande- aller Gegenstände zu Grunde gelegt wurde. Es ren Orte (in der Nähe) belieferte. Eine weitere Mög- wäre auch möglich, dass diese Eintragungen lichkeit wäre eine permanente Vergabestelle an einen Wertmaßstab darstellen, die der verant- jedem Festort bzw. Tempel. wortliche Swty im Falle eines Schadens oder Ver- Neben dem Verkauf konnte der Überschuss der lustes bezahlen musste. Das bedeutet, dass diese Opfergaben auch anderen Zwecken dienen, wie z.B. Eintragungen als Buchführung der Institutionen der Versorgung der Arbeiter. In dem ODeM 46 (aus verstanden werden können, zu denen die einzel- der Regierungszeit Ramses’ IV.) wird erwähnt, dass nen Swty gehörten. neun Fleischportionen und elf Rinderköpfe vom Zumal kein Gegeneintrag bekannt ist, ist schwer ein- Opetfest an die Arbeiter in Deir El-Medina geliefert zuschätzen, wie lange es dauerte, das Fleisch zu lie- wurden. Dies könnte eine anteilige Lohnzahlung fern und ob die Wertangabe der Ausgabe mit der der gewesen sein oder eine zusätzliche Gabe, die in ihrer Einnahme identisch war. Menge nicht festgelegt war. IBAES VII • Das Heilige und die Ware 303 Märkte und Konsum Bei Festereignissen gab es bevorzugte oder empfohlene Speisen sowie bestimmte Rituale und Kultakte, Betrachtet man den heutigen Usus von Kauf und Ver- die verrichtet werden mussten. Ob es an bestimmten kauf an Festtagen, so kann man die Möglichkeit spe- Festtagen Speiseverbote gab, ist nicht bekannt. Es zieller Märkte an Festtagen im Alten Ägypten in existierten jedoch andere religiöse Verbote wie das Betracht ziehen. In diesem Fall stellt sich die Frage, Jagdverbot auf Löwen am Fest der Bastet. wo das Marktgeschehen stattfand, ob auf den übli- Auch der Austausch von Geschenken zum Fest- chen Marktplätzen oder an besonderen Orten. Nicht anlass trug wesentlich zum gesteigerten Konsum auszuschließen ist, dass solche Märkte in der Nähe bei. Zusätzlich dienten die zu Festen herbeigebrach- von Tempeln abgehalten wurden. ten Opfer als Hauptquelle für Pfründe für das Außerhalb der Festtage beschränkte sich der Tempelpersonal, vor allem für die Priester, für die Zugang zu den Tempeln auf das Personal, dagegen Bezahlung der königlichen Arbeiter und nicht zuletzt war an Festtagen der Tempel zumindest in bestimm- als Gabe an die Festteilnehmer. ten Bereichen für alle zugänglich. Insofern besteht die Möglichkeit, dass der Markt auch im Tempel Waren neben dem Tempelpersonal – insbesondere selbst stattfand. Zieht man die biblische Schilderung den Priestern – und den staatlichen Arbeitern auch der Tempelreinigung durch Jesus heran, scheint andere Bevölkerungsgruppen in ihrem wirtschaftli- diese Form eines altägyptischen Tempelhandels chen Gewinn bzw. ihrem Lebensunterhalt haupt- plausibel: sächlich von Geschäften anlässlich von Festen „… und das Passahfest der Juden war nahe, und Jesus abhängig? Dabei ist außer an Händler vor allem an zog hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die kleine Handwerker wie Schneider, Friseure, Schuster Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und u.a. zu denken, die sicherlich insbesondere kurz vor die Wechsler, die da saßen. Und er machte eine Geißel Festbeginn eine große Nachfrage genossen. Vor- aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt stellbar ist, dass solche Tätigkeiten vorübergehend den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern ausgeübt wurden, während man außerhalb dieser das Geld aus und stieß die Tische um. Und sprach zu Zeit anderen Berufen nachging. Ähnliches ist z.T. denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg, und auch im heutigen Ägypten zu beobachten, zumeist macht nicht meines Vaters Haus zu einem Kaufhaus!“19 auf dem Land, z.B. bei Schlachtern, Messerschleifern, Süßigkeitenverkäufern, Büglern, Puppenspie- An bestimmten Festtagen konnten die Märkte auch lern – und nicht zuletzt bei Bettlern. an sonst nicht zu diesem Zweck genutzten Orten stattfinden: z.B. auf Friedhöfen bzw. in deren Nähe oder an den Zufahrtsstraßen zu den Friedhöfen. Festökonomie in Krisenzeiten Festzeiten brachten eine bedeutende Steigerung des Die finanziellen Mittel für die Beschaffung des Fest- Konsums mit sich, der in Binnen- und Außenhandel bedarfs – durch Import bzw. Fernhandel – waren Rechnung getragen werden musste. So erforderten zuweilen knapp oder gar nicht vorhanden. Dies trifft die Festrituale die Beschaffung von Luxusgütern aus vor allem auf Zeiten von Unruhen bzw. Krisen zu. Das dem Ausland, wodurch der Außenhandel stark geför- Fehlen von Expeditionen in den Zwischenzeiten dert wurde. Der Binnenhandel wurde zu Festzeiten macht dies deutlich. Manche Materialien, wie z.B. im Wesentlichen durch die erhöhte Nachfrage nach Holz und Harze für die Balsamierung, waren aller- bestimmten Nahrungsmitteln, Blumen, feinen Ölen, dings wichtige Bestandteile oder ihr Vorhandensein Düften und evtl. neuer Kleidung belebt. Herodot war eine Voraussetzung für die Verrichtung der berichtet zum Bastetfest: „Wein wird an diesem Fest Rituale. Fehlten solche Materialien, war der Ablauf mehr verbraucht als in dem ganzen übrigen Jahre.“20 des Festes gefährdet. Ein solcher Fall ist beispielsweise in der Klage des Ipw-wr dokumentiert: 19 Johannes 2, 13; vgl. dazu Matthäus 21, 12, Markus 11, 15 und Lukas 19, 45, wo es allerdings keine Hinweise auf das Passahfest gibt. 20 Herodot II, 60. 304 Zeinab • Ökonomie der Altägyptischen Feste „[Wahrlich,] man fährt jetzt nicht nach Byblos. Was aber sollen wir anstelle des Nadelholzes für unsere Mumien nehmen? Man begräbt die Freien mit ihren Lieferungen und salbt die [Fürsten] mit dem zugehörigen Öl bis hin zung der Feste übernahmen und schließlich für die nach Kreta. Sie kommen nicht mehr, denn es fehlt an Festteilnehmer insgesamt, die die Früchte der inten- Gold, und das Material für jede Arbeit ist aufgebraucht. siven Arbeit bei ihrem Besuch genossen und teil- <Die Dinge> des Königshauses sind geraubt. Wie oft weise auch Nutznießer der Festgaben waren. kommen denn noch die Oasenbewohner mit ihren Produkten, wie Matten, [Tierfell]en, frischen rdmt-Pflanzen und Vogel[fett] zum Erzielen von Gewinn? Wahrlich, Literatur Elephantine und Thinis, [das im Kop]f von Oberägypten [ist,] liefern nicht mehr wegen des Aufstandes. Es Janssen, J., Prolegomena to the Study of Egypt’s fehlt an Erdmandeln, Holzkohle, blauer Farbe, mAa-Holz, Economic History during the New Kingdom, SAK, 3, nwt-Holz und Reisig für die Arbeit der Handwerker sowie 1975, 127-185. an Johannisbrot und Bockshornklee, dem Einkommen des Palastes. Was ist aber ein Schatzhaus ohne seine Janssen, J., The Role of the Temple in the Egyptian Lieferungen?“21 Economy during the New Kingdom, in: Lipinski, E., State and Temple Economy in the Ancient Near East, Wie verhielt man sich in derartigen Situationen? II, Leuven, 1979, 505-515. Wurde auf einzelne Rituale oder gar die Feste selbst verzichtet? Wie gestaltete sich die Entwicklung der Megally, M., A propos du papyrus CGC 58070 (Papy- Preise, wenn Ägypten Phasen der Unruhen durch- rus Boulaq XI), BIFAO, 74, 1974, 161-169. lief? Selbstverständlich konnten die politischen Krisen auch im Ausland stattfinden. Wie reagierten die Megally, M., Le papyrus CGC 58081, suite du papy- Ägypter darauf, wenn am Ort des Erwerbs die nöti- rus CGC 58070, BIFAO, 75, 1975, 165-181. gen Waren nicht verfügbar oder die Handelswege durch Unruhen blockiert oder durch Räuber gefähr- Müller-Wollermann, R., Funktionsträger von Geld im det waren? Auf den Handelswegen, auf dem Land- Alten Ägypten, in: Akten des vierten Internationalen oder Seeweg lauerten viele Gefahren. Ägyptologen Kongresses München, 1985, SAK Bei- Die in EA 126, 8 berichtete Beschwerde Ribaddis, hefte, 4, 1990, 159-166. des Fürsten von Byblos, dass er kein Holz nach Ägypten liefern könne, weil Aziru den Seeweg nach Nor- Reineke, W., Waren die Swty wirklich Kaufleute?, Alt- den blockiert habe, liefert ein Beispiel für derartige orientalische Forschungen, 6, 1979, 5-14. Probleme. Suchte man in einer solchen Situation einen anderen Handelspartner bzw. Handelsweg? Römer, M., Der Handel und die Kaufleute im Alten Welchen Einfluss hatte sie auf die Preise? Es steht Ägypten, SAK, 19, 1992, 257-284. fest, dass die Preise für Silber aus Hatti im Gegensatz zu den Getreidepreisen in Ägypten Schwan- Sayed, Z., Festvorbereitungen: Die administrativen kungen unterworfen waren, abhängig von der Situa- und tion in beiden Ländern. Feste, OBO, 202, 2004. ökonomischen Grundlagen altägyptischer Obwohl die Quellen mehr Licht auf die offizielle Seite der Feste werfen und die Erwähnung der breiten Bevölkerung eher am Rande steht, wird deutlich, dass ein Fest das Leben der Menschen aller Bevölkerungsschichten in irgendeiner Form berührte. Dies gilt für diejenigen, die sich durch Stiftungen an der Finanzierung der Feste beteiligten, für die Arbeiter, die die administrative und handwerkliche Umset- 21 Helck, W., Die „Admonitions“ Pap. Leiden 1344 recto, Wiesbaden, 1995, 13-15. IBAES VII • Das Heilige und die Ware 305