Ökonomie der Altägyptischen Feste

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Ökonomie der Altägyptischen Feste
Z EINAB S AYED
Feste im Alten Ägypten hatten nicht nur einen reli-
ten Festbedarfes wurden große Mengen Gold
giösen Charakter, indem sie der Erfüllung der reli-
benötigt. So berichtet z. B. im Mittleren Reich Iqer-
giösen Pflichten dienten und die Sehnsucht nach
nofret unter dem König Sesostris III., dass er von
Nähe zu den Göttern stillten, sie hatten auch rein
diesem beauftragt worden sei, für das Osirisfest in
weltliche Funktion. Dabei scheuten die alten Ägyp-
Abydos, Kultgeräte her- und wiederherzustellen
ter weder Kosten noch Aufwand, die Feste ihrer Göt-
und mit Gold aufzufrischen, das aus der nubischen
ter in einer angemessenen Form zu feiern.
Kriegsbeute stammte.1
Der reichen Quellenlage entsprechend, liegen
Zwei Inschriften Ramses’ II. aus dem Tempel
umfangreiche Forschungen zu den altägyptischen
Sethos I. in Kanais2 berichten vom Herbeibringen des
Festen vor. Dabei stehen zumeist die Rituale und der
Goldes für das Hb-sd-Fest Ramses’ II.
Ablauf der Feste im Mittelpunkt, während profane
Ebenfalls aus der Zeit Thutmosis’ III. gibt es Hin-
und praktische Aspekte in der ägyptologischen Fest-
weise auf die kostbaren, für das Fest benötigten
forschung meist am Rande behandelt werden. Auch
Materialien, insbesondere Edelmetalle: „Elektron
erwähnen die meisten Quellen lediglich die Rituale,
des Festes, Erz des Festes“.3
die Zeitspanne, in der diese Rituale stattfanden, und
Die Finanzierung von Festen erfolgte durch den
manchmal auch die Opfer, die bei den Festen darge-
König. Dafür wird er (gemäß den Texten) vom Gott
bracht wurden. Aussagen zu wirtschaftlichen Aspek-
belohnt. Außer dem König als Stifter umfangreicher
ten finden sich in den Quellen hingegen spärlich und
Opfereinheiten treten verschiedene weitere Institu-
meistens nicht in direkter Form.
tionen als Stifter auf. Zudem lassen sich Stiftungen
In diesem Beitrag werden daher Quellen analy-
und Festgaben von Privatpersonen nachweisen.
siert, die es erlauben, Rückschlüsse auf die ökono-
Letztere sind anhand diverser Hinweise deutlich aus-
mische Seite der Feste zu ziehen. Das Augenmerk
zumachen, wie z.B. die Stiftung des ¡apy-DfAy, deren
richtet sich dabei auf die Finanzierung der Feste, aber
Verwendungszweck und Umfang dieser in seinen
auch auf die Beziehung zwischen Festen und Handel
Verträgen mit den Totenpriestern festgesetzt hat.4
und auf die Frage, welche Bevölkerungsgruppen von
Gefäßinschriften aus El-Malqata sprechen dafür,
den Festen bzw. von den Festopfern profitierten.
„dass die Privatleute bzw. die hohen Beamten für die
Sedfeste des Königs und andere Feste Abgaben zu
entrichten hatten“.5
Finanzierung der Feste
Fraglich ist, ob Privatpersonen verpflichtet waren,
die Feste mitzufinanzieren, um an ihnen teilnehmen
Um einen reibungslosen Festablauf zu sichern, ist es
zu dürfen, und ob man sich dies als eine Art „Fest-
unerlässlich, den umfangreichen Festbedarf, d.h. die
diversen Arten der Opfergaben, in genügender
1 Lichtheim, M., Ancient Egyptian Autobiographies Chiefly of
Menge und zur rechten Zeit zu beschaffen. Außer-
the Middle Kingdom, OBO, 84, 1988, 98 f.; Anthes, R., Die
dem geht es um die Sicherung bzw. die Einrichtung
der Lieferquellen sowie um die Sicherstellung einer
Berichte des Neferhotep und des Ichernofret über das Osirisfest in Abydos, Festschrift zum 150jährigen Bestehen des
Berliner Ägyptischen Museums, Berlin, 1974, 15.
genügenden Anzahl von Arbeitskräften, die den per-
2 KRI, II, 397, 12.
fekten Ablauf der Festvorbereitung gewährleisten.
3 Urk. IV, 876, 16.
4 Siehe Spalinger, A., A Redistributive Pattern at Assiut, JAOS,
Essentiell ist die Beschaffung der finanziellen Mittel.
Für die Herstellung von Kultgeräten und die Finanzierung des aus dem In- und Ausland herbeigeschaff-
105, 1985, 7-20.
5 Hayes, W., Inscriptions from the Palace of Amenhotep III,
JNES, 10, 1951, Inschrift 167, 168; Urk.IV, 1792, 13-15; 1876,
17-18; 1893, 15-16; 1954, 12-18.
IBAES VII • Das Heilige und die Ware
301
gebühr“ oder „Feststeuer“ vorzustellen hat. Zugun-
Aus dem bisher Gesagten lässt sich schließen, dass
sten einer solchen Annahme wurde eine Textstelle
die Finanzierung von Festen nicht nur durch Könige
übersetzt.6
erfolgte, sondern von den Tempeln selbst, einem
Eine Textstelle in Pap. Anast IV deutet ebenfalls dar-
Geflecht von Institutionen sowie Privatpersonen mit
auf hin: Dort ist die Rede von Htr n pA Hb „Steuer des
getragen wurde. Laut W. Helck musste die Opferlie-
Festes“.7
ferung in die einzelnen Tempel „wegen der finanzi-
in der Lehre des Ani mit „Festgebühr“
Zieht man entsprechende Regeln der Ptolemäer-
ellen Belastung genau zwischen der Institution und
zeit zum Vergleich heran, so spricht einiges für die
den verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgeteilt
Annahme, dass auch im Alten Ägypten die Mitfinan-
werden“.15
zierung der Feste durch Privatpersonen erwartet
wurde. In der Ptolemäerzeit gehörte eine Sachspende bzw. die Finanzierung der beim Fest benötigten
Institutionalisierter Handel
Güter zu den Pflichten der Versammlungsteilnehmer.
Verzeichnisse solcher Abgaben und Verpflichtungen
Hinsichtlich der Beziehung zwischen Festen und
finden sich, in griechischer Sprache, u.a. im Toten-
Handel stellt sich zunächst die Frage, ob zu Festzei-
tempel Sethos’ I. in Westtheben auf Tonscherben (die
ten Händler tätig waren und welche Rolle sie dabei
von großen Tonamphoren
stammen).8
übernommen haben. Für diesen Punkt sind Papyrus
In den Texten werden zuweilen Hinweise auf die
Boulaq XI und das dazugehörige Fragment Pap. CGC
Institutionen gegeben, die finanziell und/oder durch
58081 aus der Zeit der 18. Dynastie von Interesse.
Sachspenden zu Festen beitrugen. Beispielsweise
Beide Dokumente enthalten Aufzeichnungen zur
wird unter vielen anderen die Scheune des Tempels
Vergabe von Rinderteilen, Kuchen und Wein mit
als Herkunftsort für Getreide,9 das Haus der iSd-
verschiedenen Datumsangaben an sechs Personen;
das pr-njswt (Staatsverwaltung)
diese Männer werden als Swtyw bezeichnet. Bei einer
Frucht für
Wein,10
für Schlachtopfer (Rinder und Geflügel),11 der Toten-
Person findet sich eine Angabe von 2 Saty Gold.
tempel oder andere Tempel als Herkunftsort für
Im Text wird folgendes erwähnt: das Datum,
Weihrauch, Rinder, Geflügel und Kultgeräte sowie
„(rdj.t) gegeben an Swty“ (darauf folgt dessen Name),
der Amuntempel für Brote,12 die Vogelhöfe Pharaos
der Gegenstand und schließlich eine Wertangabe
für Geflügel bzw. xt-c3-Enten13 u. v. m. genannt. Für
(Saty) für den Gegenstand. Bei den Datumsangaben
den Abydos-Tempel kamen die Opferbrote aus der
fällt auf, dass ihr zeitlicher Abstand sehr gering ist.
„Kammer von bj.t und psn-Broten“, die Datteln aus
Vermutlich erfolgten die Eintragungen täglich. Auf-
at bnj.t, der „Dattelkammer“ und Bier aus der Bier-
fällig ist, dass das erste Datum im Pap. Boulaq XI,
kammer.14
der II. Axt 15, dem Datum des Opetfestes entspricht,
das unter Thutmosis III. elf Tage dauerte.16 Unter
Thutmosis III. fand am 18. Tag des II. Axt ein Fest von
6 Quack, J. F., Die Lehren des Ani, OBO, 141, 1994, 91, 154.
7 Pap. Anast IV 1a, 2: Gardiner, A., LEM, 34, 10; Caminos, R.,
LEM, 126.
unbekannter Dauer für Chnum und Anuket statt17
und am 28. des II. Axt wurde ein Fest für Satet und
8 Mysliwiec, K., Herr beider Länder, 244.
Anuket gefeiert.18 Dies bedeutet, dass ein Hauptfest
9 KRI, II, 517, 3.
in Theben und zwei lokale Feste von kürzerer Dauer
10 Altenmüller, H., Moussa, A., Die Inschriften Amenemhets II.
in Elephantine gefeiert wurden. Dabei überschnei-
aus dem Ptah-Tempel von Memphis. Ein Vorbericht, SAK,
den sich die Zeitangaben der zwei lokalen Feste mit
18, 1991, 5.
denen des Hauptfestes. Durch die verschiedenen
11 Ibid., 23-24.
12 Urk. IV, 770, 14.
Eintragungen in den Texten wird ein Zusammen-
13 Urk. IV, 1342, 6-7.
hang zwischen den Festtagen und den Ausgabeein-
14 Haring, B. J., Die Opferprozessionsszenen in Medinet Habu
tragungen deutlich.
und Abydos, in: Kurth, D., 3. Ägyptologische Tempeltagung,
Systeme und Programme der ägyptischen Tempeldekoration, ÄAT, 33, 1, 1995, 73-89; Nelson, H., The Calender
15 Helck, W., Opfertier, LÄ, IV, 1982, 594.
of Feasts and Offerings at Medinet Habu, in: Nelson, H./Höl-
16 Urk. IV, 824, 10; Schott, Festdaten, 84.
scher, U., Work in Western Thebes 1931-33, OIC, 18, 1934,
17 Urk. IV, 823, 14; Schott, S., op. cit., 87.
38 ff.
18 Urk. IV, 823, 15.
302
Zeinab • Ökonomie der Altägyptischen Feste
Janssen ist der Meinung, dass die Überschüsse bzw.
Waren Ausgabe- und Weitergabetermine identisch,
die Opferreste, die das Tempelpersonal bzw. die
oder bestand zwischen ihnen ein zeitlicher Abstand?
Tempelangehörigen nicht verbrauchten, verkauft
Handelte es sich hier um einen tatsächlichen Verkauf
wurden; folgt man ihm, kann man anhand der Zeit-
oder lediglich um Lieferungen? Diese Frage bleibt
angaben in den beiden Texten, die innerhalb der
letztendlich offen. Sofern die Eintragungen in beiden
Dauer des Opetfestes liegen, den Schluss ziehen,
Texten eine regelmäßige und ständige Lieferung von
dass die Eintragungen im Zusammenhang mit dem
bestimmten Gütern während eines Festes doku-
Verkauf von Festopfern stehen. Da diese Texte (Papy-
mentieren, ist ein geringer oder überhaupt kein zeit-
rus Boulaq XI und Pap. CGC 58081) jedoch nur Anga-
licher Abstand zwischen den einzelnen Eintragungen
ben zu den Ausgaben liefern und kein Gegeneintrag
zu erwarten. Dies wird durch die nahezu täglichen
zu den Einnahmen vorhanden ist, lässt sich schwer
Einträge im Pap. Boulaq XI bestätigt. Da die Men-
feststellen, ob sich die Wertangaben bei Ausgabe
genangaben der einzelnen Güter in diesem Papyrus
und Einnahme entsprachen oder ob sie sich unter-
aber unterschiedlich sind, ist anzunehmen, dass die
schieden, sprich: ob Gewinn gemacht wurde. Es
Lieferungen nicht regelmäßig erfolgten: Es wird sich
bleibt ungewiss, an wen die Einnahmen flossen, ob
also möglicherweise um Überschüsse von Opferga-
sie dem Tempel zugute kamen oder ob die Tem-
ben handeln, die weitergegeben wurden.
pelangehörigen die Einnahmen erhielten. Höchstwahrscheinlich gab es keine Maximierung des Pro-
Hier schließt sich die Frage nach dem Ort des Ver-
fits oder ein Gütermonopol im modernen Sinne.
kaufes an. Zum einen kann angenommen werden,
dass die Opfergaben in Theben verkauft wurden, wo
Manche Forscher sehen sich veranlasst, die in Pap.
das Opetfest stattfand, denn hier befanden sich
Boulaq XI erwähnten Wertangaben Saty als Preis-
während des Festes höchstwahrscheinlich unzähli-
angabe zu sehen. Dem zufolge wären die Swtyw als
ge Besucher. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die
Händler anzusehen, die den Preis für angekaufte
Festopfer weitergeleitet wurden bzw. an Orten der
Waren an den Tempel entrichten mussten. Es muss
näheren Umgebung verkauft wurden. Sowohl die
hier jedoch überlegt werden, ob es sich um die Ein-
Ausgabestelle als auch die Empfänger bleiben in den
kaufspreise für Großhändler handelt, oder um die
Pap. Boulaq XI und CGC 58081 unbekannt.
Verkaufspreise für Endkunden. Es ist fraglich, ob
die Preise festgelegt oder je nach Angebot und
Die Tatsache, dass sich alle Eintragungen auf einer
Nachfrage flexibel waren. Laut Pap. Boulaq XI rt.
einzigen Liste befinden, deutet darauf hin, dass eine
3.6 wurden 2 Sat Gold von einem der Swtyw als
zentrale Verwaltungsstelle den Warenverkehr orga-
Gegenwert für Fleisch empfangen. Zu der präzisen
nisierte und als Hauptvergabestelle die verschiede-
Bedeutung dieses Eintrags gibt es mehrere Inter-
nen Orte, d.h. den Festort sowie seine nähere Umge-
pretationsmöglichkeiten:
bung, mit Gütern versorgte. In unserem Fall wäre
Die Wertangabe kann zum einen den Gegenwert
dies die Vergabestelle in Theben. Alternativ wäre
der Güter, der in Gold bezahlt wurde, darstellen
eine zentrale Abgabestelle denkbar, die den Haupt-
oder auch eine Werteinheit, die bei der Bezahlung
festort (Theben) versorgte, der wiederum die ande-
aller Gegenstände zu Grunde gelegt wurde. Es
ren Orte (in der Nähe) belieferte. Eine weitere Mög-
wäre auch möglich, dass diese Eintragungen
lichkeit wäre eine permanente Vergabestelle an
einen Wertmaßstab darstellen, die der verant-
jedem Festort bzw. Tempel.
wortliche Swty im Falle eines Schadens oder Ver-
Neben dem Verkauf konnte der Überschuss der
lustes bezahlen musste. Das bedeutet, dass diese
Opfergaben auch anderen Zwecken dienen, wie z.B.
Eintragungen als Buchführung der Institutionen
der Versorgung der Arbeiter. In dem ODeM 46 (aus
verstanden werden können, zu denen die einzel-
der Regierungszeit Ramses’ IV.) wird erwähnt, dass
nen Swty gehörten.
neun Fleischportionen und elf Rinderköpfe vom
Zumal kein Gegeneintrag bekannt ist, ist schwer ein-
Opetfest an die Arbeiter in Deir El-Medina geliefert
zuschätzen, wie lange es dauerte, das Fleisch zu lie-
wurden. Dies könnte eine anteilige Lohnzahlung
fern und ob die Wertangabe der Ausgabe mit der der
gewesen sein oder eine zusätzliche Gabe, die in ihrer
Einnahme identisch war.
Menge nicht festgelegt war.
IBAES VII • Das Heilige und die Ware
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Märkte und Konsum
Bei Festereignissen gab es bevorzugte oder empfohlene Speisen sowie bestimmte Rituale und Kultakte,
Betrachtet man den heutigen Usus von Kauf und Ver-
die verrichtet werden mussten. Ob es an bestimmten
kauf an Festtagen, so kann man die Möglichkeit spe-
Festtagen Speiseverbote gab, ist nicht bekannt. Es
zieller Märkte an Festtagen im Alten Ägypten in
existierten jedoch andere religiöse Verbote wie das
Betracht ziehen. In diesem Fall stellt sich die Frage,
Jagdverbot auf Löwen am Fest der Bastet.
wo das Marktgeschehen stattfand, ob auf den übli-
Auch der Austausch von Geschenken zum Fest-
chen Marktplätzen oder an besonderen Orten. Nicht
anlass trug wesentlich zum gesteigerten Konsum
auszuschließen ist, dass solche Märkte in der Nähe
bei. Zusätzlich dienten die zu Festen herbeigebrach-
von Tempeln abgehalten wurden.
ten Opfer als Hauptquelle für Pfründe für das
Außerhalb der Festtage beschränkte sich der
Tempelpersonal, vor allem für die Priester, für die
Zugang zu den Tempeln auf das Personal, dagegen
Bezahlung der königlichen Arbeiter und nicht zuletzt
war an Festtagen der Tempel zumindest in bestimm-
als Gabe an die Festteilnehmer.
ten Bereichen für alle zugänglich. Insofern besteht
die Möglichkeit, dass der Markt auch im Tempel
Waren neben dem Tempelpersonal – insbesondere
selbst stattfand. Zieht man die biblische Schilderung
den Priestern – und den staatlichen Arbeitern auch
der Tempelreinigung durch Jesus heran, scheint
andere Bevölkerungsgruppen in ihrem wirtschaftli-
diese Form eines altägyptischen Tempelhandels
chen Gewinn bzw. ihrem Lebensunterhalt haupt-
plausibel:
sächlich von Geschäften anlässlich von Festen
„… und das Passahfest der Juden war nahe, und Jesus
abhängig? Dabei ist außer an Händler vor allem an
zog hinauf nach Jerusalem. Und er fand im Tempel die
kleine Handwerker wie Schneider, Friseure, Schuster
Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und
u.a. zu denken, die sicherlich insbesondere kurz vor
die Wechsler, die da saßen. Und er machte eine Geißel
Festbeginn eine große Nachfrage genossen. Vor-
aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus samt
stellbar ist, dass solche Tätigkeiten vorübergehend
den Schafen und Rindern und schüttete den Wechslern
ausgeübt wurden, während man außerhalb dieser
das Geld aus und stieß die Tische um. Und sprach zu
Zeit anderen Berufen nachging. Ähnliches ist z.T.
denen, die die Tauben verkauften: Tragt das weg, und
auch im heutigen Ägypten zu beobachten, zumeist
macht nicht meines Vaters Haus zu einem Kaufhaus!“19
auf dem Land, z.B. bei Schlachtern, Messerschleifern, Süßigkeitenverkäufern, Büglern, Puppenspie-
An bestimmten Festtagen konnten die Märkte auch
lern – und nicht zuletzt bei Bettlern.
an sonst nicht zu diesem Zweck genutzten Orten
stattfinden: z.B. auf Friedhöfen bzw. in deren Nähe
oder an den Zufahrtsstraßen zu den Friedhöfen.
Festökonomie in Krisenzeiten
Festzeiten brachten eine bedeutende Steigerung des
Die finanziellen Mittel für die Beschaffung des Fest-
Konsums mit sich, der in Binnen- und Außenhandel
bedarfs – durch Import bzw. Fernhandel – waren
Rechnung getragen werden musste. So erforderten
zuweilen knapp oder gar nicht vorhanden. Dies trifft
die Festrituale die Beschaffung von Luxusgütern aus
vor allem auf Zeiten von Unruhen bzw. Krisen zu. Das
dem Ausland, wodurch der Außenhandel stark geför-
Fehlen von Expeditionen in den Zwischenzeiten
dert wurde. Der Binnenhandel wurde zu Festzeiten
macht dies deutlich. Manche Materialien, wie z.B.
im Wesentlichen durch die erhöhte Nachfrage nach
Holz und Harze für die Balsamierung, waren aller-
bestimmten Nahrungsmitteln, Blumen, feinen Ölen,
dings wichtige Bestandteile oder ihr Vorhandensein
Düften und evtl. neuer Kleidung belebt. Herodot
war eine Voraussetzung für die Verrichtung der
berichtet zum Bastetfest: „Wein wird an diesem Fest
Rituale. Fehlten solche Materialien, war der Ablauf
mehr verbraucht als in dem ganzen übrigen Jahre.“20
des Festes gefährdet. Ein solcher Fall ist beispielsweise in der Klage des Ipw-wr dokumentiert:
19 Johannes 2, 13; vgl. dazu Matthäus 21, 12, Markus 11, 15
und Lukas 19, 45, wo es allerdings keine Hinweise auf das
Passahfest gibt.
20 Herodot II, 60.
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Zeinab • Ökonomie der Altägyptischen Feste
„[Wahrlich,] man fährt jetzt nicht nach Byblos. Was aber
sollen wir anstelle des Nadelholzes für unsere Mumien
nehmen? Man begräbt die Freien mit ihren Lieferungen
und salbt die [Fürsten] mit dem zugehörigen Öl bis hin
zung der Feste übernahmen und schließlich für die
nach Kreta. Sie kommen nicht mehr, denn es fehlt an
Festteilnehmer insgesamt, die die Früchte der inten-
Gold, und das Material für jede Arbeit ist aufgebraucht.
siven Arbeit bei ihrem Besuch genossen und teil-
<Die Dinge> des Königshauses sind geraubt. Wie oft
weise auch Nutznießer der Festgaben waren.
kommen denn noch die Oasenbewohner mit ihren
Produkten, wie Matten, [Tierfell]en, frischen rdmt-Pflanzen und Vogel[fett] zum Erzielen von Gewinn? Wahrlich,
Literatur
Elephantine und Thinis, [das im Kop]f von Oberägypten [ist,] liefern nicht mehr wegen des Aufstandes. Es
Janssen, J., Prolegomena to the Study of Egypt’s
fehlt an Erdmandeln, Holzkohle, blauer Farbe, mAa-Holz,
Economic History during the New Kingdom, SAK, 3,
nwt-Holz und Reisig für die Arbeit der Handwerker sowie
1975, 127-185.
an Johannisbrot und Bockshornklee, dem Einkommen
des Palastes. Was ist aber ein Schatzhaus ohne seine
Janssen, J., The Role of the Temple in the Egyptian
Lieferungen?“21
Economy during the New Kingdom, in: Lipinski, E.,
State and Temple Economy in the Ancient Near East,
Wie verhielt man sich in derartigen Situationen?
II, Leuven, 1979, 505-515.
Wurde auf einzelne Rituale oder gar die Feste selbst
verzichtet? Wie gestaltete sich die Entwicklung der
Megally, M., A propos du papyrus CGC 58070 (Papy-
Preise, wenn Ägypten Phasen der Unruhen durch-
rus Boulaq XI), BIFAO, 74, 1974, 161-169.
lief? Selbstverständlich konnten die politischen Krisen auch im Ausland stattfinden. Wie reagierten die
Megally, M., Le papyrus CGC 58081, suite du papy-
Ägypter darauf, wenn am Ort des Erwerbs die nöti-
rus CGC 58070, BIFAO, 75, 1975, 165-181.
gen Waren nicht verfügbar oder die Handelswege
durch Unruhen blockiert oder durch Räuber gefähr-
Müller-Wollermann, R., Funktionsträger von Geld im
det waren? Auf den Handelswegen, auf dem Land-
Alten Ägypten, in: Akten des vierten Internationalen
oder Seeweg lauerten viele Gefahren.
Ägyptologen Kongresses München, 1985, SAK Bei-
Die in EA 126, 8 berichtete Beschwerde Ribaddis,
hefte, 4, 1990, 159-166.
des Fürsten von Byblos, dass er kein Holz nach Ägypten liefern könne, weil Aziru den Seeweg nach Nor-
Reineke, W., Waren die Swty wirklich Kaufleute?, Alt-
den blockiert habe, liefert ein Beispiel für derartige
orientalische Forschungen, 6, 1979, 5-14.
Probleme. Suchte man in einer solchen Situation
einen anderen Handelspartner bzw. Handelsweg?
Römer, M., Der Handel und die Kaufleute im Alten
Welchen Einfluss hatte sie auf die Preise? Es steht
Ägypten, SAK, 19, 1992, 257-284.
fest, dass die Preise für Silber aus Hatti im Gegensatz zu den Getreidepreisen in Ägypten Schwan-
Sayed, Z., Festvorbereitungen: Die administrativen
kungen unterworfen waren, abhängig von der Situa-
und
tion in beiden Ländern.
Feste, OBO, 202, 2004.
ökonomischen
Grundlagen
altägyptischer
Obwohl die Quellen mehr Licht auf die offizielle Seite
der Feste werfen und die Erwähnung der breiten
Bevölkerung eher am Rande steht, wird deutlich,
dass ein Fest das Leben der Menschen aller Bevölkerungsschichten in irgendeiner Form berührte. Dies
gilt für diejenigen, die sich durch Stiftungen an der
Finanzierung der Feste beteiligten, für die Arbeiter,
die die administrative und handwerkliche Umset-
21 Helck, W., Die „Admonitions“ Pap. Leiden 1344 recto, Wiesbaden, 1995, 13-15.
IBAES VII • Das Heilige und die Ware
305
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