Motivation Dr. István Tiringer Institut für Verhaltenswissenschaften Wichtige Fragen der Motivationspsychologie? • Warum verhalten sich Menschen so wie es tun? • Worauf zielt ihr Verhalten ab? • Wie entstehen Motive? • Konflikte zwischen Motiven • Neurobiologische Substrate von Motivationen Grundbegriffe • Instinkt: Angeborenes Verhalten, das meist auf sog. Schlüsselreize nach einem festen Schema abläuft • Trieb (drive): Handlunsmotivation, die primär biologische Voraussetzngen hat (Selbst-, Arterhaltung) • Bedürfnis (need): Zustand eines Mangels, dessen Behebung verlangt wird – physiologische, gelernte, erworbene Bedürfnisse • Motiv: Primär psychologisch bzw. sozial bedingte Handlungsmotivation (aktuell oder zietlich stabil, Persönlichkeitsmerkmal) – synonym: Beweggründe • Anreiz: von außen gesetzte Anregung zur Handlung • Wille (Intention): kognitive, selbstbestimmte Entschluss zu einer Handlung Physisiologische Grundlagen der Motivation Körpefunktionen wie Hunger, Durst sind gekennzeichnet vom Bemühen eines physiologischen Gleichgewichts (Homöostase). Eßverhalten • Hungergefühl – Absinken, Anstieg des Blutzuckerspiegels (Sollwerttheorie – homeostatisches Modell) • Essen hat eine über den Stoffwechsel hinausreichende Bedeutung (Anreiztheorie – soziale, kulturelle und psychische Aspekte – individuelle Unterschiede, Störungen des Eßverhaltens) • In jüngerer Zeit – zentralnervöse Einfluß auf die Nahrungsaufnahme – Hypothalamus Erbliche Komponente des Eßverhaltens Instinktheoretische, etologische Modelle • Vergleichende Verhaltensforschung – vergleicht die Bedingungen, Merkmale und Funktionen des Verhaltens unterschiedlicher Tierarten → Rückschlüsse auf angeborene, phylogenetische Anteile des Verhaltens • Anpassungsvorteil – bewährte Verhaltensweisen werden weitergegeben • Angeborenes – erworbenes Verhalten • K. Lorenz – Instinkthandlung: Appetenzverhalten – Schlüsselreiz – angeborene auslösende Mechanismus (AAM) – konsumatorische Endhandlung • Die Prägung – Nachfolgeverhalten von jungen Gänse („Mutter”) kurze sensible Phase – irreversibel Das „Kindchenschema” (K. Lorenz) • Schlüsselreiz für instinktmäßiges, mütterliches Pfelgeverhalten o Kopf / Rumpf ↑ o Hohe, vorgewölbte Stirn bei kleinem Gesicht o Kurze, dicke Ärmchen und Beinchen o Rundliche Körperformen o Tiefliegende, große Augen • Beliebtheit von Hummelfiguren Das hierarchische Motivationsmodell von Maslow • Primäre und sekundäre Motive • Zunächst primäre Motive werden befriedigt müssen • Die höheren, menschlichen Motive sind weniger fordernd: – Sich selbst verwirklichen – Die Potenziale zur Enfaltung bringen – Sie können zugunsten eines fundamentalen Bedürfnisses vernachlässigt werden (Bedürfnisaufschub) Situative Motivationsmodelle • Situative Modelle wenden sich dem Kontext menschlichen Handelns zu. • Wie eine Verhaltenssequenz überhaupt in Gang kommt, wie die Zielsteuerung erfolgt, wie die Situationsanpassung erfolgt und eine Verhaltenssequenz beendet wird. • Diese Modelle beschäftigen sich häfig mit dem Phänomen des Konflikts. Konflikt: „Situation, in der gleichzeitig entgegengesetzt gerichtete, dabei aber annähernd gleich starke Kräfte auf das Individuum einwirken” (K. Lewin). • Konfliktsituation – widerstreitende Motive (intrapsychische Konflikte) Intrapsychische Konfliktarten Konfliktart Charakteristika Beispiel Appetenz- AppetenzWahl zwischen zwei Konflikt (Annäherungs- annähernd gleich Annäherungskonflikt) anziehenden Gegebenheiten oder Zielen, die miteinander unvereinbar sind Medizinstudentin – wo ihr PJ machen möchte. Sowohl Neurologie in den USA als auch Psychiatrie in der Schweiz Aversions- Aversions- Wahl zwischen zwei Konflikt (Vermeidungs- annähernd gleich starken Vermeidungskonflikt) Übeln Wahlpflichtfach wählen – alle Themen gleichermaßen uninterresant Appetenz- AversionsEin und dieselbe Sache ist Unfall – sehr entstelltes Konflikt (Annäherungs- zugleich abstoßend und Gesicht. Operation Vermeidungskonflikt) anziehend schmerzhaft, Risiko einer Infektion ↑ Kausalattributionen von Erfolg und Misserfolg Neigung zur Ursachenzuschreibung – Bedeutung von Kognitionen im Motivationsprozess • Lokation – internale vs. externale Attribution • Stabilität – stabile vs. variable Attribution • Ausmaß (Globalität) – spezifische vs. globale Attribution Kausalattributionen haben Einfluss auf Selbstwerterleben un Erwartungen – bei internaler Attribution sind Affekte stärker • Die Stärke der Selbstwertaffekte ist von der Lokation (internal / external) abhängig. • Es hängt von der Zeitstabilität der Ursache ab, welche Erwartungen an zukünftige Situationen entstehen • Erfolgs-, Misserfolgsorientation - Attributionsstiele Mögliche Ursachenzuschreibungen von Erfolg (bestandene Prüfung) Stabilität: Aussagen: stabil Affekte: Aussagen: variabel Affekte: Lokation der Ursache internal external „Ich bin klug” „Die Aufgaben waren leicht” Fähigkeit geringe Schwierigkeit der Aufgabe Stolz, Gefühl der Dankbarkeit für Kompetenz leichte Aufgaben „Ich war gut vorbereitet” „Ich hatte Glück” Anstrengung Glück Zufriedenheit, Erleichterung positive Überraschung Mögliche Ursachenzuschreibungen von Misserfolg (nicht bestandene Prüfung) Stabilität: Aussagen: stabil Affekte: Aussagen: variabel Affekte: Lokation der Ursache internal external „Ich bin einfach „Die Aufgaben zu blöd” waren zu schwer” mangelnde hohe Schwierigkeit Fähigkeit der Aufgabe Niedergeschlagenheit Verärgerung „Ich war schlecht vorbereitet” mangelnde Anstrengung Schuld, Scham „Ich hatte Pech” Pech negative Überraschung Zentrale Aspekte verschiedener Motivationmodelle Ansatz Charakteristika Kritik Evolutionsbiologische Vorteilhafte Motivationsmodelle Verhaltensweisen führten im Verlaufe der Evolution zu eine Selektion der beteiligten Gene Die Kausalität zwischen der genetischen Disposition und vor allem komplexen menschlichen Verhaltensweisen ist unklar. Psychoanalytische Motivationsmodelle Unbewußte Motive sind nur in ihren Auswirkungen erfaßbar. Die Kausalität zwischen Motiv und Verhalten bleibt unklar. Der Rückschluss auf Motive über das Verhalten stellt einen Zirkelschluss dar Wesentliche Motive menschliche Handelns sind unbewußt. Sie stellen einen Kompromiß zwischen der Realität und innerpsychischen spannungszuständen dar. Zentrale Aspekte verschiedener Motivationmodelle Ansatz Charakteristika Kritik Humanistisches Motivationsmodell Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt, sie sind durch individuelle Entwicklung geprägt. Es gibt Wachstums- und Defizitmotive Die hierarchische Anordnung der Bedürfnisse ist nicht überprüfbar. Das Modell vernachlässigt die Betrachtung des Kontextes Situative Ansätze in der Situation / Umgebung Motivationsforschung des menschlichen Handelns steht im Mittelpunkt. Zentrales Thema sind Konflikte Modell beruht auf Beobachtungen von Tieren und Menschen in Konfliktsituationen im labor. Emotionen, Kognitionen vernachläßigt. Handlungstheoretische Motivationsmodelle Nicht jede Handlung is aktiv geplant. Zusammenhang zwischen Kognition und Handlung empirische nicht überprüfbar. Aktiv planender Mensch. Handlung und handlungsvorbereitung stehen im Mittelpunkt. Krankheit, Gesundheit, und Motivation Planung von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen • Reduktion von Übergewicht – USA – konkurrirende Modelle • Vor einer Generation 47%, heute 65% übergewichtig • Soziologische Sichtweise – J. Hill: Sozialer Wandel „ Iß weniger, beweg dich mehr” – „Colorado on the move” • Molekularbiologische Sichtweise – J. Friedman: Entdeckung des Leptin-Gens – medikamentöse Behandlung ist nötig. Dabei sind soziale Strukturen der Entstehhung von Fettleibigkeit vernachlässigt. • Gefahr der alleinigen Fokussirung auf psychologische und soziologische Aspekte (kollektiver Bewegungsprogram): die Verantwortung für die Gesundheit wird ausschließlich den Menschen selbst zugeschoben. Motivation in der Arzt-Patient Beziehung • Das Psychoanalytische Modell erklärt die Motivationen der Patienten als primären und sekundären Krankheitsgewinn – Der primäre ~: ist mit der Krankheitsentstehung verbunden – unbewusste Kompromissbildung (Lähmung eines Beines) – Der sekundäre ~: ist aufrechterhaltende Faktor der Gesundheit (Schonungsituation in der Familie) – Verständniss durch das Übertragungs-/Gegenübertragungsgeschehen Szenisches Verstehen – Beziehungsangebote des Patienten mit dem eigenen Erleben der Situation in Zusammenhang zu bringen. Gefahr der festgeschriebenen assymetrischen Arzt-Patient Beziehung • Motivational Interviewing – Berater-Patient-Verhältnis – Der Patient selbst sein Verhalten und seine Symptome beeinflussen kann. Entscheidungsschwirigkeiten verhindern die Verhaltensänderung – Beleuchtung der Entscheidungsbalance – erlebte Vor- und Nachteile. Die intrinsische Motivation des Patienten wird gefördert – Abhängigkeitserkrankungen Untersuchungsmöglichkeiten von Motivationen – Thematische Apperzeption Test (TAT)