Möglichkeiten einer finanz- wirtschaftlichen

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Finanzwirtschaftliche Restrukturierung
Möglichkeiten einer finanzwirtschaftlichen Restrukturierung
Maßnahmen zur Krisenbewältigung im
checklistenartigen Überblick
Mark Niggemann / Prof. Dr. Diethard B. Simmert*
© Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2010
Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 03/2010, Seite 120-124;
Die Restrukturierung von Krisenunternehmen umfasst grundsätzlich sämtliche Maßnahmen, die dazu geeignet sind, das in der
Krise befindliche Unternehmen zu retten.
Hierzu zählen neben leistungswirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen auch
finanzwirtschaftliche Maßnahmen, die auf
die Stärkung der Eigenkapitalbasis und die
Erhaltung der Zahlungsfähigkeit abstellen.
Der nachfolgende Beitrag zeigt, dass es
allein auf der finanzwirtschaftlichen Ebene
eine Reihe von Maßnahmen gibt, durch die
eine tragfähige Kapitalstruktur in Krisenzeiten erreicht werden kann.
1. Überblick
Für die Restrukturierung von Krisenunternehmen steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, die vor ihrer Anwendung allerdings umfassend und in Bezug auf
den Einzelfall zu überprüfen sind. Einen
prägnanten Überblick über die zur Verfügung stehenden Maßnahmen gibt Tab. 1 auf
S. 121.
2. Finanzwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen im Bereich
des Aktivvermögens
2.1 Anlagevermögen
Aus einem bereits erarbeiteten Restrukturierungskonzept sollte sich die zukünftige strategische Ausrichtung des Unternehmens und
damit eine Antwort auf die Frage ergeben,
welche Wirtschaftsgüter zukünftig betriebsnotwendig sind und welche Vermögenswerte
veräußert werden können.
Neben Sachanlagevermögen wie Immobilien, Maschinen und Anlagen sowie Be-
triebs- und Geschäftsausstattungen können
auch immaterielle Vermögensgegenstände,
wie Lizenzen, Markenrechte, Patente etc.
veräußert werden. Diese Desinvestitionen
führen i. d. R. kurzfristig zu nennenswerten
Liquiditätszuflüssen. Die erzielbaren Preise
entsprechen aber häufig nicht den Vorstellungen der Unternehmen. In Krisensituationen gilt jedoch die grundlegende Regel, dass
„Liquidität vor Rentabilität geht“. Denn
schließlich ist die Zahlungsfähigkeit eines
Unternehmens durch die Veräußerung von
nichtbetriebsnotwendigen Vermögensgegenständen kurzfristig wieder herstellbar.
Auch für die Vermögensgegenstände, die zur
Realisierung der zukünftigen Unternehmensstrategie benötigt werden, können liquiditätsschöpfende Maßnahmen durchgeführt
werden. Insbesondere für Immobilien kann
über das Sale-and-lease-back-Verfahren zusätzliche Liquidität generiert werden. Hierbei fließt dem Krisenunternehmen der Verkaufspreis für die Immobilie in voller Höhe
zu. Im Gegenzug wird zukünftig eine Zahlung
in Form einer entsprechenden Leasingrate
fällig. Das gleiche Verfahren ist selbstverständlich auch für immaterielle Vermögensgegenstände umsetzbar. So können Lizenzen,
Markenrechte und Patente gleichermaßen
verkauft werden und anschließend über Nutzungsvereinbarungen im Unternehmen wieder eingesetzt werden.
Im Bereich des Finanzanlagevermögens können ebenso nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände veräußert werden. Häufig
sind Rückdeckungsversicherungen für Pensionszusagen ein wesentlicher Bestandteil
des Finanzanlagevermögens. Diese können
zur Liquiditätsschaffung genutzt werden, indem z. B. ein Policendarlehen beantragt wird.
2.2 Umlaufvermögen
Im Bereich der Vorräte ist häufig zu beobachten, dass in Krisensituationen die Vorräte
überbewertet sind und nicht mit Reichweiten- bzw. Gängigkeitsabschlägen gearbeitet
wird. Durch den Verzicht auf die Beachtung
des Grundsatzes des Niederstwertprinzips
wollen Unternehmen eine günstigere Ertragskraft und Vermögenssituation darstellen als dies den Gegebenheiten entspricht.
Dafür werden z.T. sogar noch liquiditätsbelastende Steuerzahlungen in Kauf genommen.
Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen erscheint es oft geboten, die strenge
Beachtung des Niederstwertprinzips wieder
einzuführen. Dadurch ergibt sich häufig eine
Verschlechterung wichtiger Kennzahlen. Im
Rahmen einer „Generalbereinigung“ ist es
aber nicht nur zweckmäßig, die realen Verhältnisse darzustellen, sondern es sollte gleichzeitig auch eine Liquiditätsentlastung durch
Steuererstattungen erreicht werden.
Weiterhin sollte es das Bestreben eines krisenbehafteten Unternehmens sein, nicht
mehr benötigte Vorräte so günstig wie möglich zu veräußern. Die dadurch zu erreichenden Liquiditätszuflüsse sind allerdings
üblicherweise nicht nennenswert.
Von wesentlich höherem Interesse bei Krisenunternehmen sind die Forderungen aus
Lieferungen und Leistungen. Zur Erhöhung
der Liquidität ist die Einführung von Factoring häufig möglich. Einzelne Factoring-Gesellschaften beziehen auch auftragsbezogene
Vorräte mit in die Finanzierungsbasis ein.
Forfaitierung von Forderungen ist häufig
auch eine interessante Alternative – insbesondere dann, wenn es um langfristige Verträge mit Kunden hoher Bonität geht.
Die Möglichkeiten eines stringenteren
Mahnwesens und die damit zusammenhängende Verbesserung der Debitoren-Organisation können auch kurzfristig zu nennenswerten Liquiditätszuflüssen führen. Dies ist
insbesondere bei Unternehmen der Fall, die
sich noch nicht im Insolvenzverfahren befinden. Bei Unternehmen, die hingegen beESV DOI: 1153/AUTOR000709
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* Dipl.-Bw. Mark Niggemann ist Geschäftsführer des
Instituts für Wirtschaftsberatung (IfW), Meinerzhagen; Prof. Dr. Diethard B. Simmert ist Professor
an der International School of Management (ISM),
Dortmund und Frankfurt/M.
Finanzwirtschaftliche Restrukturierung
Bereich
Maßnahme
Finanzen
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3. Finanzwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen im Bereich
der Gesellschafter
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3.1 Maßnahmen zur Stärkung der
Eigenkapitalbasis
Um eine mögliche Überschuldung zu beseitigen, gibt es die Möglichkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung als Buchrestrukturierung durch den Ausgleich von Bilanzverlusten. Diese Möglichkeit wird häufig in
Verbindung mit einer anschließenden Kapitalerhöhung gegen Bareinlage genutzt. Je
nach Möglichkeit der Gesellschafter, eine
Bareinlage zu leisten, kann diese Maßnahme
als Vorstufe für eine Gesamtrestrukturierung
dienen. Neben der neuen Liquidität führt
eine derartige Maßnahme auch zu einer höheren Kreditwürdigkeit des Unternehmens.
Außerdem sind Investoren eher bereit, in
eine neue Gesellschaft zu investieren, wenn
Altverluste durch die Gesellschafter bereinigt sind, die diese im Zweifelsfall verursacht
haben.
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Produktion
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Materialwirtschaft
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Absatzbereich/
Vertrieb
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Beschleunigung des Forderungseinzugs
Sale-and-lease-back-Verfahren
Factoring
Realisierung stiller Reserven durch Verwertung nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile
Kostenmanagement (Zero-base-budgeting)
Selektive Gläubigerbefriedigung
Stundungsvereinbarungen
Sicherungsvereinbarungen
Nutzung von Sicherungsinstrumenten bei Währungs-/Transferrisiken
Optimierung von Rechnungswesen/Controlling
Kapitalzufuhr
Prüfung der Produktionsqualität
Reduzierung der Fertigungszeiten
Überprüfung der Fertigungstiefe
Überprüfung der Produktionspalette
Sparprogramme
Abbau von Zwischenlagern
Abbau von Lagerbeständen
Überprüfung von Abhängigkeiten
Erschließung neuer Beschaffungsquellen
Senkung der Materialflusskosten
Senkung der Transport-/Lagerkosten (z. B. durch Just-in-time-Lieferungen)
Durchführung der Marketingstrategie nach Absatzmarktanalyse
Abbau von Abhängigkeiten
Nutzung von Preis-/Rabattsystemen
Optimierung der Vertriebswege
Überprüfung der Kundenstruktur
Änderung der Verkaufspolitik
Abbau oder Erhöhung von Service- und anderen Dienstleistungen
zanine-Kapitalgebern üblicherweise sehr
hoch sind. Speziell in schwierigen Zeiten
sind Verzinsungen im zweistelligen Bereich
die Regel.
Die Aufnahme von Mezzanine-Kapital, welches so ausgestaltet ist, dass es als echtes
Eigenkapital klassifiziert werden kann, führt
ebenfalls zu einem Mittelzufluss ohne steuerliche Auswirkungen. Für die Altgesellschafter hat Mezzanine-Kapital den Vorteil,
dass sich an der gesellschaftsrechtlichen
Struktur keine Änderungen ergeben und
i. d. R. auch kein Mitspracherecht besteht. Zu
beachten ist jedoch, dass Mezzanine-Kapital
in Krisenzeiten schwierig zu akquirieren ist
und die Vergütungsvorstellungen bei Mez-
Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung
einer Überschuldung ist der Rangrücktritt
bei bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern. Die Verbindlichkeiten
verbleiben in voller Höhe bei der Gesellschaft, werden jedoch bei der Ermittlung
eines Überschuldungsstatus nicht als Fremdkapital eingestuft und somit dem Eigenkapital hinzugerechnet. In vielen Fällen ist ein
derartiger Rangrücktritt ausreichend, um
eine formale Überschuldung zu vermeiden.
Im Übrigen ist es nicht zwingend erforder-
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Möglicherweise ist es auch ausreichend, eine
einfache Kapitalerhöhung ohne vorherigen
Kapitalschnitt durchzuführen. Einkommensteuerliche Aspekte sind hierbei nicht zu
berücksichtigen, da auf Gesellschaftsebene
weder Ausschüttungspotenzial geschaffen
wird noch zu versteuerndes Einkommen entsteht. Bei den Gesellschaftern führt die Kapitalerhöhung steuerlich zu einer Erhöhung
der Anschaffungskosten. Bei einer späteren
Veräußerung der Beteiligung kann in Höhe
der Anschaffungskosten der Verkaufspreis
steuerfrei vereinnahmt werden.
Personal/
Verwaltung
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Reduzierung des Personals
Einführung von Kurzarbeit
Abbau von Überstunden
Nutzung von Werksurlaub
Verbesserung der Personalstruktur
Aussetzung von Lohn- und Gehaltssteigerungen
Steigerung und Erhaltung der Mitarbeitermotivation
Tab. 1: Überblick über mögliche Restrukturierungsmaßnahmen
lich, in Höhe der gesamten Verbindlichkeiten
gegenüber Gesellschaftern einen Rangrücktritt zu erklären. Ein Rangrücktritt kann
durchaus auch für Teilbeträge erklärt werden.
In 2009 wurde auch das Schuldverschreibungsgesetz von 1899 reformiert. Seit dem
1. 8. 2009 können nun auch Gläubiger von
strukturierten Anleihen und klassischen
Schuldverschreibungen Zugeständnisse in
Restrukturierungssituationen machen. Nach
altem Recht war ausschließlich eine Herabsetzung oder Stundung der Zinsen für die
Dauer von drei Jahren zulässig. Ein Kapitalverzicht war grundsätzlich ausgeschlossen.
Mit der Reform sind jetzt auch
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reits einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt haben und sich im
Insolvenzverfahren befinden, wird das Bestehen von Forderungen häufig mithilfe von
Reklamationen bestritten.
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Finanzwirtschaftliche Restrukturierung
Wertschöpfungs- Synergiepotenziale
phasen
Maßnahmen zur Potenzialausschöpfung
Beschaffung
Ausnutzung von mengengestaffelten Preisstufen durch gemeinsame Bestellung der
Akquisitionspartner bei einem Lieferanten
Senkung der Material- und Vorprodukteinstandspreise
Vermeidung von Engpässen in der Pro- Gemeinsame Bestellung der Akquisitionsduktion durch oftmals nicht terminge- partner erhöht die Abhängigkeit des Lieferanten und damit dessen Servicequalität
rechte Belieferung mit Vorprodukten
Produktion
Absatz
Senkung der Ausschussquote
Übertragung von Know-how zur Qualitätssicherung zwischen den Akquisitionspartnern
Senkung der Stückkosten
Einsatz von effizienteren Fertigungsverfahren wird nach der Zusammenlegung der
Produktion für die größere Ausbringungsmenge lohnend
Erweiterung des Kundenstamms
Vermeidung redundanter Werbeausgaben
Erschließung neuer Vertriebswege durch
die vergrößerte gemeinsame Ausbringungsmenge
Erhöhung der Verkaufspreise ohne
Senkung der Absatzmenge
Verkaufspreiserhöhung durch Veränderung
des Qualitätsniveaus
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Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 03/2010, Seite 120-124;
Verkauf der Produkte des übernommenen
Unternehmens unter dem Markennamen
des übernehmenden Unternehmens und damit verbundene höhere Verkaufspreise
Tab. 2: Beispiele für Synergiepotenziale und Maßnahmen zu ihrer Ausschöpfung im Falle einer horizontalen
Akquisition
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die Freigabe von Sicherheiten,
ein Verzicht auf die Einhaltung von Kreditklauseln in Form sog. Covenants und
die Umwandlung in Eigenkapital möglich.
Die Bereitstellung neuer Liquidität ist zudem
als „normales“ Gesellschafterdarlehen möglich. Hier ist allerdings zu beachten, dass in
Krisensituationen derartige Darlehen immer
eigenkapitalersetzenden Charakter haben.
Folglich sollten die zur Verfügung gestellten
Darlehen mit einem Rangrücktritt versehen
sein, damit im Falle der Überschuldung eine
Hinzurechnung zum Eigenkapital erfolgen
kann.
Eine weitere Möglichkeit der Restrukturierung besteht in der Aufnahme neuer Gesellschafter. Neben finanzwirtschaftlichen Aspekten wie der Erzielung einer angemessenen Rendite sind für Unternehmen, die
ihre Liquidität zu Beteiligungskäufen einsetzen, häufig operative Ziele bestimmend. So
stehen marketing-, produktions- und synergieorientierte Aspekte im Fokus der unternehmerischen Investoren. Vor dem Hinter-
grund des sich ergebenden Zusatznutzens
besteht häufig auch die Bereitschaft, Minderheitsbeteiligungen zu akzeptieren.
3.2 Synergiepotenziale und Ausschöpfungsmaßnahmen
Der Zusatznutzen einer horizontalen Beteiligungsakquisition lässt sich aus der Tab. 2
ableiten.
Aus dem Kreis von Marktteilnehmern bieten
sich insbesondere sog. Anrainer an, die komplementäre Produkte fertigen oder Vertriebswege verfolgen. Bei diesen Anrainern können sich ggf. erhebliche zusätzliche Vorteile
durch die Nutzung von Synergiepotenzialen
und Skaleneffekten ergeben. Auch können
Wachstumsziele durch derartige Beteiligungen unterstützt werden. Speziell Anrainer sind auch gerne bereit, Minderheitsbeteiligungen zu akzeptieren.
Weiterhin bieten sich Lieferanten, Kunden
und Wettbewerber an. Lieferanten können
eine Vorwärtsintegration realisieren sowie
Marktsicherung und Marktforschung über
eine derartige Beteiligung erreichen. Kunden
bzw. potenzielle Kunden sind hingegen gelegentlich an Rückwärtsintegrationen interessiert, durch die die Verbesserung der Prozesssteuerung, die Ressourcensicherung und
die Nutzung von Synergien erreicht werden
können. Wettbewerber gelten überwiegend
als besonders geeignete Käufer. Schließlich
wird sich kaum ein Wettbewerber die Möglichkeit entgehen lassen, Interesse an einem
Beteiligungskauf zu bekunden.
Es gibt keine bessere Möglichkeit der Wettbewerbsanalyse als eine Kaufprüfung durchzuführen. Im Hinblick auf i. d. R. ohnehin
ausreichende Kapazitäten wird überwiegend
wenig Interesse an weiteren Kapazitäten bestehen. Häufig können jedoch Sortimentsergänzungen und die Nutzung von Synergiepotenzialen neben der Stärkung des Marktanteils maßgebliche Motive für Beteiligungen sein. Des Weiteren sind vermögende
Familien in zunehmendem Umfang an „realen“ unternehmerischen Investitionen interessiert.
4. Finanzwirtschaftliche Restrukturierungsmaßnahmen der Gläubiger
4.1 Lieferanten
Eine der kurzfristigsten Möglichkeiten der
Lieferanten, einen Beitrag zur Überwindung
der Liquiditätskrise zu erbringen, ist die Stundung von Forderungen aus Lieferungen und
ggf. die Stundung bereits angefallener Zinsen. Bei einer Stundung ist zu beachten, dass
es sich hierbei lediglich um eine kurzfristige
Maßnahme handelt, um temporäre Liquiditätsschwierigkeiten zu überbrücken. Eine
Überschuldung bzw. eine Verlustsituation
wird dadurch nicht beseitigt. Auch besteht
eine Verpflichtung der Lieferanten zur Stundung von Forderungen nicht, vielmehr ist
eine derartige Maßnahme als eine freiwillige
Leistung des Gläubigers anzusehen.
Eine weitere Möglichkeit der Lieferanten,
einen Beitrag zur Unternehmensrestrukturierung zu leisten, ist der Verzicht auf Forderungen. Hierbei wird effektiv auf Teile bzw.
ganze Forderungen verzichtet. Diese wirken
beim restrukturierungsbedürftigen Unternehmen stets gewinnerhöhend. Sind keine
entsprechenden Verlustvorträge vorhanden
bzw. reichen die Verluste des laufenden Jahres nicht aus, wird durch den Verzicht auf
Forderungen möglicherweise eine SteuerESV DOI: 1153/AUTOR000709
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Zum einen hängt der Verzicht auf berechtige Forderungen von der finanzwirtschaftlichen Situation des Lieferanten ab
und somit von dem Sachverhalt, ob sich
der Lieferant den Forderungsverzicht auch
leisten kann.
Zum anderen wird sich der Lieferant die
Frage stellen, welche Bedeutung das restrukturierungsbedürftige Unternehmen
als Kunde für das eigene Unternehmen
hat. Dabei gilt, dass ein Kunde mit großer
Bedeutung für den Lieferanten eher eine
Unterstützung erfährt als ein unbedeutender Kunde.
Zugleich wird der Lieferant auch berücksichtigen, dass durch einen Forderungsverzicht
eine eingetretene operative Verlustsituation
nicht behoben werden kann. Durch einen
Forderungsverzicht kann lediglich eine
Überschuldung beseitigt bzw. vermieden
werden. Häufig wird ein Forderungsverzicht
mit einer Besserungsabrede verbunden, sodass je nach zukünftiger Entwicklung des
Unternehmens die Forderung wieder aufleben kann.
Eine weitere Möglichkeit, um kurzfristig fällig werdende Lieferantenverbindlichkeiten
zu „verlängern“, ist die Möglichkeit der Umwandlung in eine langfristige Kapitalforderung (Darlehen). Eine entsprechende Vereinbarung kann vor dem Hintergrund eines
möglicherweise schon bestehenden Restrukturierungsplans mit entsprechender Zinsund Tilgungsleistung geschlossen werden.
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Eine besondere Form der Umwandlung ist
der sog. Debt-Equity-Swap. Hierbei werden
die Lieferantenverbindlichkeiten im Rahmen
einer Kapitalerhöhung in Eigenkapital des
zu sanierenden Unternehmens und somit in
Gesellschaftsanteile umgewandelt. Für das
zu sanierende Unternehmen führt diese
Maßnahme kurzfristig zu einem höheren Eigenkapital und geringeren Verbindlichkeiten. Eine Überschuldung kann durch eine
derartige Maßnahme häufig beseitigt bzw.
verhindert werden. Die bisherigen Gesellschafter müssen dafür allerdings Anteile an
der Gesellschaft kostenlos abgeben und verlieren, je nach Höhe der umzuwandelnden
Verbindlichkeit, Teile des unternehmerischen
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Einflusses. Die Gläubiger, die einen DebtEquity-Swap durchführen, müssen berücksichtigen, dass hier die Regeln des Kapitalersatzes gelten. Diese beziehen sich auch auf
weitere, möglicherweise bestehende Darlehen oder auch zwischenzeitlich vorgenommene Aufrechnungen und Tilgungen.
Ausgleichs seiner Rechnung einem derartigen Verfahren nicht abgeneigt. Ein „echter“
Restrukturierungsbeitrag ist hiermit jedoch
nicht verbunden, da dieses Verfahren allein
der Beseitigung einer Zahlungsstockung
dient.
Problematisch kann neben dem Eigenkapitalersatz auch das Thema der verdeckten
Sacheinlage sein. Speziell in der Krise wird
ggf. die Umqualifizierung der Forderung als
nicht vollwertig angesehen. So könnte bei
einer späteren möglichen Insolvenz der Insolvenzverwalter aufgrund der mangelnden
Werthaltigkeit der Einlage eine ordnungsgemäße Erbringung verlangen.
4.2 Kreditinstitute
Neben den Lieferanten haben auch Kreditinstitute mehrere Möglichkeiten, um einen
Restrukturierungsbeitrag zu leisten. Die Möglichkeiten beziehen sich im Unterschied zu
den Lieferanten auf Kapitalforderungen und
nicht auf Verbindlichkeiten aus Lieferungen.
Sie reichen damit von Stundungen von Zinsund Tilgungsleistungen über Umschuldungen mit angepassten Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Verzicht auf Zins und Tilgungsleistungen bzw. Darlehensverzichten.
Auch ist eine Umwandlung von Kapitalforderungen in Eigenkapital eine Möglichkeit
von Kreditinstituten, einen Restrukturierungsbeitrag zu leisten. Allerdings gelten
auch hier die gleichen Aspekte wie bei den
Lieferanten.
Darüber hinaus haben Kreditinstitute noch
weitere Möglichkeiten, Liquiditätsengpässe
bei Unternehmen zu beseitigen. Eine Möglichkeit ist die Finanzierung von Einzelgeschäften. Hierbei werden „eins-zu-eins“Beziehungen zwischen dem Kredit und dem
zu finanzierenden Geschäft hergestellt. Dabei kann es sich z. B. um die Vorfinanzierung
einzelner Produkte und Aufträge, Streckengeschäfte oder Bauaufträge handeln. Eine
solche Finanzierung kann auch revolvierend
für gleichartige Geschäfte durchgeführt werden.
Das Wechsel-Scheck-Verfahren ist eine weitere Möglichkeit, einen Liquiditätsengpass
zu überbrücken. Der Kreditnehmer wird dadurch in die Lage versetzt, seine Lieferantenrechnung mit Skonto zu bezahlen und auch
der Lieferant ist aufgrund des zeitnahen
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Die Freigabe von Sicherheiten durch Kreditinstitute kann ebenfalls eine Möglichkeit für
die Zuführung zusätzlicher liquider Mittel
sein. Werden Sicherheiten freigegeben, z. B.
durch die Freigabe verpfändeter Guthaben
oder Zahlungseingänge, führt dies nicht zur
Beseitigung eines Überschuldungstatbestands. Die Wirkung zielt ausschließlich auf
die Verbesserung der Liquidität ab. Kreditinstitute werden eine Verschlechterung ihrer
Sicherheitenposition in der Praxis allerdings
kaum zulassen. Vorstellbar ist ein Tausch liquiditätsnaher Sicherheiten in liquiditätsferne Sicherheiten. Beispielsweise könnten
Barhinterlegungen für erhaltene Anzahlungen als Sicherheiten freigegeben und gegen
Gewährung zusätzlicher Grundschulden getauscht werden. Auch ist vorstellbar, dass
abgetretene Forderungen zum Zwecke des
Factorings freigegeben werden. Die durch
das Factoring zufließenden Mittel werden
jedoch nur zu 50 % zur Kredittilgung genutzt, sodass die weiteren 50 % der zufließenden Liquidität dem Unternehmen zur
freien Verfügung stehen. Kreditinstitute bewerten Forderungen speziell in Restrukturierungssituationen teilweise deutlich unter
dem Nennwert.
Eine weitere Möglichkeit von Kreditinstituten, Unternehmen in Krisensituationen zu
unterstützen, ist die Einräumung eines Restrukturierungskredits. Hierunter wird die
Einräumung neuer bzw. die Verlängerung
fälliger Kreditverhältnisse verstanden. Ein
rechtlicher Anspruch auf Einräumung eines
Restrukturierungskredits besteht nicht. Für
die Vergabe ist immer eine Einzelfallprüfung
erforderlich. Neue Darlehen können im
Zweifelsfall nicht durch werthaltige Sicherheiten unterlegt werden. Die Darlehen werden häufig für die Finanzierung der zur Restrukturierung notwendigen Maßnahmen
benötigt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere
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die Abfindung des Personals,
die Finanzierung eines Sozialplans,
die Abfindung von Dauerschuldverhältnissen,
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zahlung ausgelöst. Ob der Lieferant jedoch
auf berechtigte Forderungen verzichtet, wird
im Wesentlichen von zwei Aspekten abhängig sein:
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die Entwicklung neuer Produkte und
der Aufbau von Lagerbeständen.
4.3 Steuergläubiger
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Erschienen in: Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI), Heft 03/2010, Seite 120-124;
Eine kurzfristige Möglichkeit, Liquidität zu
generieren, ist die Überprüfung des Steuerstatus. Ist die Liquiditätskrise – wie bei vielen Unternehmen in den vergangenen Monaten – kurzfristig eingetreten, besteht häufig die Möglichkeit, eine Anpassung der
steuerlichen Vorauszahlungen mit der Finanzverwaltung abzustimmen. Die Steuervorauszahlungen orientieren sich an dem
Steueraufwand für das zuletzt abgeschlossene Geschäftsjahr. Je nach Aktualität kann
dies bedeuten, dass die steuerlichen Vorauszahlungen aufgrund eines Jahresabschlusses festgelegt worden sind, der zwei
oder mehrere Jahre zurückliegt. Durch eine
Information über die aktuelle wirtschaftliche Situation gelingt es i. d. R., dass die
Steuervorauszahlungen gestrichen und bisher geleistete Steuervorauszahlungen erstattet werden. Je nach Höhe können sich
auch durch diese Maßnahme nennenswerte
Beträge ergeben.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der
Steuerstundung bzw. des Vollstreckungsaufschubs. In Einzelfällen ist auch ein Erlass
von Steuerverbindlichkeiten vorstellbar. Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzverwaltung einem Steuererlass zustimmt, ist allerdings nicht sehr hoch.
4.4 Sozialversicherungsträger
Auch in Bezug auf die Sozialversicherungsträger besteht die Möglichkeit der Beitragsstundung, um eine kurzfristige Liquiditäts-
Finanzwirtschaftliche Restrukturierung
krise zu überbrücken. Speziell bei Sozialversicherungsträgern sind eine kurzfristige
Information und die Aufnahme von Gesprächen zwingend erforderlich. Ein Vollstreckungsaufschub ist, genau wie bei Steuerverbindlichkeiten, ebenfalls verhandelbar.
Für die Restrukturierung sind diese Maßnahmen allerdings lediglich von kurzfristiger Natur. Eine nachhaltige Ergebnisverbesserung bzw. die Beseitigung einer Überschuldung erfolgt durch diese Maßnahmen
nicht. Es wird lediglich der Abfluss von Liquidität über einen gewissen Zeitraum verhindert.
4.5 Staatliche Fördermöglichkeiten
Es gibt eine Vielzahl staatlicher Fördermöglichkeiten. Neben Kostenübernahmen (z. B.
für Beratungsleistungen) sind
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Investitionshilfen,
Beteiligungen,
Darlehen oder
Bürgschaften vorstellbar.
Eine standardisierte Lösung für die Inanspruchnahme von öffentlichen Fördermitteln existiert allerdings nicht. Es gibt – je
nach Unternehmen und Standort des Unternehmens – unterschiedliche Möglichkeiten.
Die Darlehensgewährung ist häufig mit Subventionen für den Erhalt und die Sicherung
von Arbeitsplätzen verbunden. Auch wird
der Erhalt des Unternehmens am Standort
häufig durch regionale bzw. landeseigene
Förderprogramme subventioniert.
Oft genutzt werden auch Möglichkeiten der
Darlehensaufnahme, welche nicht über Si-
cherheiten des Krisenunternehmens abgesichert werden können. Die Möglichkeiten,
öffentliche Bürgschaften zu erhalten, sind
sehr vielfältig. Je nach erforderlicher Liquidität sind die Bürgschaftsbanken der einzelnen Länder Ansprechpartner. Daneben
sind Landes- oder Bundesbürgschaften möglich.
5. Zusammenfassung
Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um eine finanzwirtschaftliche
Restrukturierung zu erreichen. Welche Maßnahmen jedoch die passenden sind, kann
immer nur im Einzelfall entschieden werden,
da die Wirkung einzelner Maßnahmen sehr
unterschiedlich ist. Verschiedene Maßnahmen führen im Ergebnis zu einer Erhöhung
der Liquidität und somit zu einer „Entspannung“ der Situation. Andere Maßnahmen
eignen sich hingegen eher dazu, den Abfluss
von Liquidität zu verhindern und somit die
Illiquidität als maßgeblichen Grund für einen Insolvenzantrag zu vermeiden. Wieder
andere Maßnahmen sind zur Beseitigung
bzw. Vermeidung einer Überschuldung geeignet, welche auch Auslöser für einen Insolvenzantrag ist.
Unabhängig von der Wirkung der jeweils
gewählten Maßnahme ist darauf zu achten,
mit welchem zeitlichen Ablauf einzelne
Maßnahmen durchzuführen sind. Maßnahmen der Gesellschafter, wie z. B. die Bereitstellung neuer liquider Mittel oder die Rangrücktrittserklärung, sind sehr kurzfristig
erreichbar. Andere Maßnahmen, wie die
Einführung von Factoring oder Leasing, bedürfen hingen einer gewissen Vorbereitungszeit, bevor eine Entlastung des Unternehmens erfolgt. Auch der Verkauf von
nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen ist erfahrungsgemäß kurzfristig nicht umsetzbar. Ebenso sind Verhandlungen mit einzelnen Gläubigern zeitintensiv.
Die Erarbeitung eines individuellen Konzepts bildet daher die Grundlage für eine
erfolgreiche Restrukturierungsstrategie.
Wird Gläubigern zudem ein Gesamtkonzept
präsentiert, aus dem ersichtlich wird, dass
das Unternehmen zukünftig seinen Verpflichtungen nachkommen kann, kann die
Umsetzung des Restrukturierungskonzepts
deutlich erleichtert werden.
ESV DOI: 1153/AUTOR000709
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