Hämorrhoidalleiden – Teil 2 Letzter Ausweg Operation

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Hämorrhoidalleiden – Teil 2
Letzter Ausweg Operation
D. Geile
In der letzten Ausgabe wurden
hauptsächlich die verschiedenen konservativen Behandlungsmöglichkeiten beim
Hämorrhiodalleiden vorgestellt. Manchmal reichen
diese jedoch nicht mehr aus
und es bleibt als letzter Ausweg nur noch die Operation.
a
D
Operationsmethoden beim
Hämorrhoidalleiden
DgHAL (Dopplerschall-gesteuerte
Hämorrhoidalarterienligatur)
Segmentäre Verfahren:
— offene Hämorrhoidektomie:
nach Milligan-Morgan
— geschlossene Hämorrhoidektomie: nach Ferguson
— submuköse Hämorrhoidektomie:
nach Parks
b
© Dr. D. Geile, München (alle Abbildungen)
as dritte Stadium des Hämorrhoidalleidens ist gekennzeichnet
durch den bleibenden Vorfall
von Plexusanteilen (zirkulär oder in segmentalen Bezirken), die mit Mukosa
überzogen sind. Wird Mukosa erst einmal permanent vor dem After sichtbar,
muss davon ausgegangen werden, dass
die Halterung des Hämorrhoidalpolsters
im Analkanal zerrissen ist. Dabei kann
es sich um einzelne Knoten im Bereich
der vermehrten Druckeinwirkung – bei
Frauen eher in der vorderen Zirkumferenz, bei Männern eher im sakral gele-
Abbildungen 1a und b: Operationsindikationen beim Hämorrhoidalleiden
a: Anteriorer Mucosaprolaps
b: Thrombosierter Hämorrhoidalknoten
Zirkuläre Verfahren:
— rekonstruktive Hämorrhoidektomie:
nach Fansler-Arnold
— supraanodermale Hämorrhoidektomie: nach Longo/Stapler
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Fortbildung
Hämorrhoidalleiden – Teil 2
Abbildungen 2a – b
Hämorrhoidalleiden Grad 3
a
b
— kompletter Analprolaps, schmerzlos, Inkontinenzzeichen
— B
lutungen bei mechanischer Reizung
— s tändiger Stuhldrang
genen Anteil – oder auch um zirkuläre
Prolapsformen handeln (Abb. 1a und b,
S. 61); auch der gesamte Analkanal kann
ausgestülpt sein (= kompletter Analprolaps, Abb. 2a und b).
Die typische Symptomatik umfasst
Inkontinenzzeichen, ständiges Nässen,
Druckgefühl und Blutungen bei mechanischer Einwirkung. Durch die Überdehnung der Sphinkteren kommt es im
weiteren Verlauf zur Funktionsstörung,
die Inkontinenzsymptomatik wird durch
die ständig sezernierende, evertierte Mu-
Abbildung 3: Offen-segmentäres Operationsverfahren nach Milligan-Morgan
62
kosa verstärkt. Die Polster- beziehungsweise Knotenbildung erweist sich als
hygienisch und ästhetisch sehr störend,
außerdem führt der ständige Stuhldrang
zu massivem Pressen des Patienten und
so schließt sich ein Teufelskreis.
DgHAL: nicht immer
von Erfolg gekrönt
Bei der Dopplerschall-gesteuerten Hämorrhoidalarterienligatur (DgHAL)
werden mittels eines speziellen Instrumentariums die zum Plexus führenden
Arterien lokalisiert und durch ein Spe­
zialproktoskop submukös umstochen.
Diese an sich einfache Methode ist beim
Hämorrhoidalleiden Grad 2 und 2–3 als
Zwischenform indiziert (vgl. Abb. 6,
S. 66). Sie kann ambulant durchgeführt
werden (je nach Autor mit oder ohne
Anästhesie). Einwände gegen die Methode könnten aufgrund anatomischer Gegebenheiten bestehen: Nach einer Studie
der Arbeitsgruppe in Innsbruck verlaufen
bei 71% der Untersuchten die Endäste
des arteriellen Zuflusses der Arteria rektalis superior in den äußeren Schichten
der Rektumwand nach distal und münden erst unterhalb des Ligaturbereichs in
die Submukosa ein [Aigner, Fritsch et al.,
2005].
Der Therapieerfolg, was das Symptom Blutung betrifft, wird in der Lite-
ratur mit 50 – 90 % angegeben; Komplikationen treten bei 1 – 15 % der Behandelten auf. Die Ergebnisse in Hinblick
auf die Beseitigung prolabierender Formationen sind in den noch wenigen
Studien mit 80–90% angegeben, der
Follow-up bewegt sich allerdings noch
im Bereich von Monaten. Die Patientenzufriedenheit ist bei Beendigung der
Therapie hoch (82 % sind sehr zufrieden
bei einem Follow-up von bis zu zwölf
Monaten) [Plescher et al., 2005].
Weitere Operationsmethoden
Mit den Methoden, die den Zustrom
drosseln, kann die zerstörte Struktur
nicht wieder hergestellt werden. Als
operatives Vorgehen bieten sich je nach
Befund segmentäre oder zirkuläre Verfahren an, die als offene oder geschlossene Operation durchgeführt werden –
das heißt unter Offenlassen der Exzisionswunden und nachfolgender offener
Wundbehandlung oder mit Rekonstruktion der Auskleidung des Analkanals
(s. Tabelle, S. 61).
Segmentäre Operationsverfahren
Beim segmentären Operationsverfahren
werden alle Eingriffe nach folgendem
Prinzip durchgeführt:
Fortsetzung Seite 65 —
URO-NEWS 4·2006
der zuführenden Ar— Unterbindung
terien,
des abundanten Gewe— Entfernung
bes,
der Prolapsstrukturen,
— Reposition
Erhalt
oder
Wiederherstellung aus—
reichender Hautauskleidung (Epidermis/Mukosa/Anoderm) im Analkanal zum Erhalt der Sensibilität.
Offen: Die Standardmethode des 20.
Jahrhunderts ist die offene, segmentäre
Hämorrhoidektomie nach Milligan
Morgan, die besonders bei Entfernung
einzelner prolabierender Knoten nach
wie vor ihren Platz im Repertoire der
Proktologen hat. Es werden bis zu drei
Hauptknoten des Plexus mit den Einstrombahnen bei 3.00 Uhr, 7.00 Uhr
und 11.00 Uhr exzidiert, dabei der arterielle Zufluss ligiert und die Wunden
offen nachbehandelt (Abb. 3, S. 62).
Durch mehrere offene Wunden im
Analkanal hat der Patient teilweise erhebliche Schmerzen; weniger schmerzhaft ist die Entfernung nur einzelner
Knoten.
Geschlossen: Die Auskleidung des
Analkanals beziehungsweise der Hautmukosaüberzug der Knoten werden
eingeschnitten und nach plastisch-chi­
rurgischer Schnittführung abpräpariert.
Die Knoten werden im Submukosabereich nach Ligatur der zuführenden Arterie entfernt und die Hautläppchen
über der Wunde wieder verschlossen – je
nach Methode vollständig oder unter
Belassung einer kleinen äußeren Öffnung zum Abfluss des Wundsekrets.
Vorteil der Rekonstruktion ist die verringerte Schmerzhaftigkeit, als Nachteil
ist die oft sehr zeitaufwändige Präparierarbeit zu sehen.
Als Methoden für einzelne Knoten
sind die Operation nach Ferguson oder
nach Parks zu nennen, als zirkuläre Methode die nach Fansler/Arnold.
Zirkuläre Operationsverfahren
Das Prinzip ist die zirkuläre Entfernung
des Plexus hämorrhoidalis mit Rekonstruktion der Auskleidung des Analkanals oder Erhalt derselben. Inzwischen
werden 25 – 30 % aller Hämorrhoidenoperationen mit der geschlossenen zirkulären Resektion mittels Stapler (Operation nach Longo) durchgeführt
(Abb. 4). Das Prinzip ist das der ResekURO-NEWS 4·2006
Hämorrhoidalleiden – Teil 2
Hämorrhoidopexie: Operation nach Longo*
Abbildung 4
+
Schemata nach Haug f. Ethicon
Fortbildung
* inzwischen 25 – 30 % aller
Hämorrhoiden-Operationen
Abbildung 5: Hamorrhoidalleiden Grad 4 (Notfall!) – fixierter Analprolaps;
akut: mit Ödem und Thrombosierungen (eigentlich Hämorrhoidalleiden Grad 2)
tion der Hämorrhoidalpolster im Mukosaniveau mit gleichzeitigem Verschluss mittels Nahtapparat. Durch die
relativ hoch intraanale Lokalisation der
Resektion werden immer noch genügend
Anteile des Plexus zur Aufrechterhaltung
der Feinkontinenz belassen. Der signifikante Vorteil der Methode besteht darin,
dass der sensible Analkanal intakt bleibt
und sich damit der Schmerzmittelverbrauch sowie die Krankheitsdauer signifikant verringern.
In einer Auswertung von 22 Singlecenter-Studien und drei Multicenter-
Studien zeigen sich signifikante Vorteile
für Schmerz, Komfort und Rekonvaleszenz (Herold), unterschiedliche Ergebnisse dagegen für Operationsdauer,
Komplikationen und Klinikaufenthaltsdauer sowie die Erfolge. Eine ausgeprägte Mariskenbildung, Analfibrome
und -ödeme sowie fixierte Prolapsstrukturen außen können mit der Methode
nicht beseitigt werden, da der Stapler ja
nur unter der Voraussetzung angewendet werden kann, dass die Strukturen
komplett nach intraanal reponiert werden können.
65
Fortbildung
Hämorrhoidalleiden – Teil 2
Abbildung 6
Therapie der einzelnen Stadien
Immer: konservativ und kausal
Grad 2: Ligatur
Grad 1: Injektion
DgHAL
Grad 3: Operation: segmentär (nach Milligan
et al.) oder zirkulär (nach Stapler)
Akuter Notfall: der inkarzerierte
Hämorrhoidalprolaps
Dieses dramatische Erscheinungsbild
des Hämorrhoidalleidens ist an sich eine
akute Komplikation der Hämorrhoiden
Grad 2 bei langem intaktem After mit
eher erhöhtem Tonus und guter
Sphinkterfunktion (Abb. 5, S. 65).
Durch forcierte Druckausübung verlagert sich der Plexus nach außen, der
Sphinkterapparat reagiert mit sofortigem Spasmus und die evertierten Anteile können sich nicht mehr reponieren. Massives Ödem, Thrombosierungen und bei Fortbestehen Nekrosen
sind die Folge, gepaart mit schwersten
Schmerzen und Beeinträchtigung des
Allgemeinbefindens.
Die Therapie sollte, wenn möglich,
zunächst konservativ sein; sofort operiert werden muss bei Nekrosen und
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Grad 4: akut: wenn möglich konservativ
der Gefahr von Massenblutung. Der
Eingriff in diesem Zustand kann sich
technisch schwierig gestalten und sollte nur aus den genannten Gründen
erfolgen. Soforttherapie sind Bettruhe,
ausreichend und großzügig Schmerzmittel und Antiphlogistika, auch lokal
angewendet in Form von Umschlägen
und Salben, eventuell ergänzend Eiswasserumschläge. Ausreichend Flüssigkeitszufuhr und Stuhlregulierung sind
wichtig; der Patient kann und sollte
nicht pressen. Jede Art von Repositionsversuch hat zu unterbleiben, da sich
Ödem und Thrombosierungen verstärken können.
Fazit
Der Erfolg der fachgerecht durchgeführten operativen Therapie des
Hämorrhoidalleidens liegt bezüglich der Ausgangssymptomatik bei
65 – 80 %, je nach Dauer des Follow-up.
Es muss darauf hingewiesen werden,
dass auch die operative Therapie nicht
die eigentlichen Ursachen des Leidens beseitigt, die in Entzündungen,
Druckeinwirkung, analer Funktionsstörung etc. zu suchen sind. Ändert
sich an diesen Punkten nichts im
Sinne einer kausalen Therapie, ist das
Rezidiv vorprogrammiert.
Dr. med. Dorothea Geile
Ärztin für Chirurgie/Proktologie
Denninger Str. 44, 81679 München,
E-Mail: [email protected]
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