Der Januar-Effekt Von Aktieanalyst Holger Smitt Der Januar-Effekt am Aktienmarkt Gibt es bestimmte Monate, die zwangsläufig als starke oder schwache Aktienmonate bezeichnet werden müssen und gibt es gegebenenfalls eine rationelle Erklärung dafür? Das Augenmerk richtet sich dabei vor allem auf Januar. Ein weiteres Aktienjahr geht zu Ende und das Augenmerk richtet sich jetzt auf das Aktienjahr 2007. Erneut stellt sich die Frage, ob es Monate gibt, die historisch gesehen entweder als besonders starke oder schwache Aktienmonate bezeichnet werden können. Im Laufe der Zeit sind mehrere Faktoren analysiert worden. Von der spektakulären Erklärung, dass gegen Ende des Jahres der Aktienmarkt von einer Winterdepression eingehüllt wird bis zu unmittelbar rationelleren Faktoren: Ob es Monate gibt, in denen historisch gesehen entweder Aufwärts- oder Abwärtskorrekturen seitens der Unternehmen sehr wahrscheinlich sind. Dem Oktober wird beispielsweise oft mit einer gewissen Spannung oder eher Besorgnis entgegengefiebert. Aus historischer Perspektive fand nämlich ein Großteil der umfassenden Korrekturen am Aktienmarkt gerade im Oktober statt (1929, 1987 und 1998). Der Januar führt dagegen eine weit positivere Stimmung mit sich. Wird sich der erste Monat des neuen Jahres durch den Januar- Effekt – die so genannte Januar-Rally – auszeichnen, bei der die Anleger ihr Erspartes in Aktien anlegen sollten? Abbildung 1 OMXC20 – Kursentwicklung im Januar Abbildung 2 OMXC20 – Kursentwicklung im Mai 14 % 10 % 12 % 8% 10 % 6% 8% 4% 6% 2% 4% 0% 2% -2 % 0% -4 % -2 % -4% -6 % -6 % -8 % -8 % 0 Der Januar-Effekt in Dänemark Der dänische Aktienindex, OMXC20 – der ursprüngliche KFX, wurde Ende 1989 etabliert. Während dieser Zeit haben die 20 dänischen Aktien in diesem Index im Januar in 11 von 17 Fällen Zuwächse geliefert. Dagegen hat der Index nur in 4 Fällen um mehr als 1 % nachgegeben. Aus historischer Perspektive war der Januar-Effekt vor allem während der 90er Jahre ein wiederkehrendes Ereignis, wogegen sich in den letzten Jahren ein gemischteres Bild abzeichnet. Der Januar fiel jedoch nicht als einziger Monat stark aus, Mai und Oktober waren historisch gesehen ebenfalls von einer positiven Entwicklung gekennzeichnet. Der Mai steht oft im Fokus, was die folgende britische Faustregel bestätigt: ”Sell in May and go away, stay away till St. Leger’s Day (= 2. Samstag im September)”. Dagegen zählt Sep- 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 Anlageinfo – Dezember 006 -10 % 90 91 92 9394 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 tember zu den etwas schwächeren Aktienmonaten. Unmittelbar kann es wundern, dass November/Dezember nicht stärker als ideale Monate für Aktieninvestitionen gelten. Wollen Anleger dem Januar-Effekt zuvorkommen, dürften November/Dezember ein guter Kaufzeitpunkt sein. Eine entsprechende Analyse des dänischen Gesamtindex, OMXC, über eine 10-Jahresperiode zeigt, dass Januar kein besonders starker Aktienmonat ist. Die Analyse ergibt dagegen, dass vor allem die drei letzten Monate zur aktienseitig positiven Stimmung beitragen. Psychologie oder gesunder Menschenverstand? Von möglichen Erklärungen dafür, dass sich der Januar als positiver Aktienmonat erweisen könnte, werden oft vier Faktoren hervorgehoben: • Zahlreiche größere institutionelle Anleger schließen relativ früh ihre Bücher im Der Januar-Effekt Dezember und bereiten sich auf einen Neuanfang im Januar vor. • Institutionelle Fondsmanager realisieren einen Teil der verlustbringenden Aktien zum Jahresende, damit der Verlust mit den Gewinnen des Jahres verrechnet werden kann. Dieses Verfahren ist auch als „Window Dressing“ bekannt. Der Effekt ist in der Regel bei SmallCap-Aktien mit niedriger Liquidität am größten. • Die Pensionseinzahlungen müssen in Wertpapieren angelegt werden. Die Dänen zahlen im Dezember bedeutende Beträge auf ihre Pensionsverträge ein. Das bewirkt eine erhöhte Liquidität auch für dänische Aktien und das könnte im Januar eine erhöhte Nachfrage nach dänischen Aktien bewirken. • Sich selbst verstärkender Effekt. Es ist nicht auszuschließen, dass der Effekt allmählich so am Markt eingearbeitet worden ist, dass die Gegenwart dieses Effekts psychologisch bedingt oder sogar fast sich selbst erfüllend ist. Auch in den USA Das Interesse am Januar-Effekt ist nicht nur ein dänisches Phänomen. Eine kürzlich veröffentlichte Analyse des US-amerikanischen SmallCap-Index CRSP beschäftigt sich eingehend mit dem Januar-Effekt. Das Ergebnis ist nicht eindeutig, wenn nur die Marktgewichtung des Index analysiert wird. Die Tabelle zeigt dagegen ein etwas deutlicheres Ergebnis, wenn die Aktien mit gleicher Gewichtung bei der Indexauswertung berücksichtigt werden. Aus der Tabelle ist der Unterschied zwischen dem mittleren Ertrag im Januar und dem mittleren Ertrag in den übrigen 11 Monaten ersichtlich. Für den gesamten Analysezeitraum, 1927-2004, ergibt sich ein Zusatzertrag im Januar – vor allem kennzeichnen sich die 1970er Jahre durch eine positive Entwicklung. Achtung! Anleger sollten keine vorzeitigen Schlüsse aus solchen historischen Perspektiven ziehen und ihre Aktienanlagen somit auf ein voraus- Tabelle 1. OMXC20-Aktien Monat für Monat – mit positiver, unveränderter und negativer Entwicklung 1990-2006 Positiv >1% Unverändert +1 % og -1 % Negativ <1% Januar 11 2 4 Februar 6 5 6 März 8 1 8 April 6 4 7 Mai 11 2 4 Juni 9 3 5 Juli 8 5 4 August 7 3 7 September 6 2 9 Oktober 10 3 4 November * 9 2 5 Dezember * 9 4 3 * mit Ausnahme von 2006 sichtliches Déjà-vu basieren. Die Zahlen zeigen, dass Januar einige Jahre eine enttäuschende Bekanntschaft für die Anleger war. Es sind viele Faktoren maßgeblich – nicht zuletzt die Entwicklung einiger bedeutender und tonangebender Aktien, die zum Jahresauftakt zu einer Beeinträchtigung des positiven Trends beitragen könnten. Trotzdem dürfte Januar zweifelsohne auch 2007 erneut die ungeteilte Aufmerksamkeit der Aktienanleger genießen. Tabelle 2. CRSP-Index 1927-2004 Jahrzehnt Mehrertrag im Januar* 1927 – 1929 1,84 % 1930 – 1939 7,56 % 1940 – 1949 3,73 % 1950 – 1959 2,47 % 1960 – 1969 4,04 % 1970 – 1979 8,77 % 1980 – 1989 5,63 % 1990 – 1999 4,11 % 2000 – 2004 6,44 % * Unterschied zwischen dem mittleren Ertrag im Januar und dem mittleren Ertrag in den 11 übrigen Monaten. Quelle: ”The January Effect”, Financial Analyst Journal, vol. 62/5, 2006. Anlageinfo – Dezember 2006 21