Aus der Forschung Die Verwendung von „Gemma Micro®“ von der Firma Skretting, Dänemark, bei der Anfütterung von Zanderlarven (Sander lucioperca) mit Lebendplankton Ulrich Knaus – Landesforschungsanstalt MV, Institut für Fischerei und Gerald Gallandt – Teichwirtschaft Boek, Fischerei Müritz-Plau GmbH 1Einleitung Mikropartielle Trockenmischfuttermittel wie „Gemma Micro®“ (Skretting, Dänemark) stehen aufgrund ihrer alternativen Verwendung zu der Artemia-Anfütterung (Artemia spec.) im besonderen Interesse der Aquakultur. Entwickelt als „pre-starter-diet“ für marine Fischlarven ist Gemma Micro® reich an Aminosäuren (55 % Rohprotein), essentiellen Fettsäuren (14,3 % n-3 HUFA; 15 % Rohfett), Vitaminen, Mineralien und weiteren wichtigen Nährstoffkomponenten (Produktinformation der Firma Skretting zu Gemma Micro®). Für die bessere Verdaulichkeit ist eine große Fraktion des Proteins im Futtermittel hydrolisiert. „Gemma Micro®“, als kommerzielles ArtemiaSubstitut, wurde bereits erfolgreich bei verschiedenen Fischarten getestet wie dem Barramundi (Lates calcarifer, Curnow et al., 2006a; Curnow et al., 2006b), Amerikanischen Zander (Sander vitreus, Johnson et al., 2008), Karpfen (Cyprinus carpio; Gasparri, 2006), Wolfsbarsch (Dicentrarchus labrax), der Brasse (Abramis brama), Kabeljau (Gadus morhua), Heilbutt (Hippoglossus hippoglossus), der Dorade (Sparus aurata), beim Roten Umberfisch („Red drum“, Sciaenops ocellatus) und der Seezunge (Solea solea; Curvier, 2003). Insbesondere beim Wolfsbarsch konnten mit Gemma Micro® Wachstumsvorteile sowie bessere Überlebensraten (70 %) gegenüber der Artemia- Anfütterung (50 %) erzielt werden (Curvier, 2003). Die künstliche Anfütterung von Zanderlarven (Sander lucioperca, L.) ist abhängig von teuren Lebendnahrungorganismen wie Artemia spec. (bes. „Micro-Artemia“) oder in Quantität schwankenden Planktonorganismen aus natürlichen Habitaten (z. B. Brachionus spec., Keratella spec.; Copepoda-Crustacea; Knaus & Gallandt, 2010). Untersuchungen sind daher notwendig, um den Einsatz von Gemma Micro® bei S. lucioperca näher verifizieren zu können. Ziel soll eine Teil- bis Komplettsubstitution der kosten- und arbeitsaufwändigen „life-feed-production“ Prozedur von Salinenkrebsen (Artemia spec.) sein. Fischerei & Fischmarkt in MV • 4/2012 Im vorliegenden Versuch wurde die Akzeptanz von larvalen Zandern (Sander lucioperca, L.) gegenüber dem mikropartikulärem Futtermittel „Gemma Micro®“ (Skretting, Dänemark) bei kombinierter Fütterung mit lebenden Planktonorganismen überprüft („co-feeding“). Der Versuch lief über 36 Tage und wurde unter praktischen Bedingungen im Bruthaus der TW Boek (Pächter: Fischerei-Müritz-Plau GmbH) im Rahmen des Zanderpilotprojektes (Knaus et al., 2009a) MV 350905 (DRM 106) des Institutes für Fischerei Rostock (IfF) der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei (LFA-MV) durchgeführt. 2Ergebnisse Nach dem Absetzen der Planktondiät am 15. Tag nach dem Schlupf konnte Gemma Micro® eindeutig im Magen-Darm-Kanal der Larven identifiziert werden (Abb. 1, 2). Eine Unterscheidung von durch Kannibalismus entstandener Fischnahrung im Magen-Darm-Kanal (Masse dunkel) war möglich. Die Wasserparameter lagen in für barschartige Fische tolerierbaren Grenzen (Tab. 1). Das Wachstum der Zanderlarven war allgemein gut. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung des Längenwachstums bis zum Tag 36 nach dem Schlupf durch lineare Regression (y=0,3563x+0,6357, R²=0,9471). Innerhalb von 36 Tagen zeigten die Zanderlarven einen Längenzuwachs von etwa 10,7 mm (N=52). Tab. 1: Chemisch-physikalische Wasserparameter (Mittelwerte, ± SD = Standardabweichung) Parameter Wassertemperatur [°C] Sauerstoffgehalt [mg l-1] pH-Wert Ammonium [mg l-1] Nitrit [mg l-1] Nitrat [mg l-1] Mittelwert 17,77 11,31 7,68 0,12 0,22 1,60 ± SD 0,41 1,41 0,12 0,06 0,10 0,33 39 Aus der Forschung Abb. 2: Zanderlarven am 36. Tag nach dem Schlupf mit Gemma Micro® gefülltem Magen-Darm-Trakt (Pfeile; TW Boek, 2012) 16 18 14 16 12 14 ◊, −−−; T = 16,08 °C ± 0,69 y = 0,3726x + 1,1321 R² = 0,8694 12 10 Länge [mm] Länge [mm] Abb. 1: Zanderlarve am 22. Tag nach dem Schlupf, Darmfüllung (Pfeil) mit Gemma Micro® (Fa. Skretting), Mikropartikel aufgelöst und im Resorptionsprozess (TW Boek, 2012) 8 6 y = 0,3563x + 0,6357 R² = 0,9471 4 10 8 ●, ▬; T = 17,7 °C ± 0,41 6 GEMMA MICRO® y = 0,3563x + 0,6357 R² = 0,9471 4 2 2 0 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Versuchstag [d] Versuchstag [d] Abb. 3: Längenwachstum [mm] von Zandern bis zum Tag Abb. 4: Vergleich des Längenwachstums [mm] zwischen Abb. 4: dem Vergleich Abb. 3: Längenwachstum [mm] von Zandern bis zum Tag 36 nach Schlupfdes bei Längenwachstums [mm] zwischen Zanderlarven der Fü 36 nach dem Schlupf bei einer mittleren Wasser- mit a) Plankton Zanderlarven der Fütterung mit a) Plankton und MICRO® (●, ▬; T = 17,7 °C ± 0,41) und einer mittleren Wassertemperatur von 17,77 °C unter kontrollierten und GEMMA ® temperatur von 17,77 °C unter kontrollierten Gemma Micro und b) der Anfütterung mit Plank- sowie ausschließlicher Fütterung mit Gemma Micro® ab dem 16. Tag (TW Boek, 2012) (TW Boek, 2012) ® Anfütterung Bedingungen und Fütterung mit Plankton und GEMMA MICRO bis zum 15.mit Plankton, Paramecium und Artemia spec. (◊, −−−; T Bedingungen und Fütterung mit Plankton und ton, Paramecium und Artemia spec. (aus Knaus & ± 0,69; aus Knaus & Gallandt, 2010) bis zum 36. Tag nach dem Tag nach dem Schlupf,® sowie ausschließlicher Fütterung°Cmit GEMMA Gemma Micro bis zum 15. Tag nach dem Schlupf, Gallandt, 2010) bis zum 36. Tag nach dem Schlupf (TW Boek, 2012). MICRO® ab dem 16. Tag (TW Boek, 2012). 3. Diskussion Obwohl die kommerziellen Futtermittel den Bedarf an Nährstoffen der Zande deckten, wurden durch alleinige Trockenfuttervergaben nur m Erfolgreich konnte im vorliegenden Versuch die Aufnahme des mikropartikulären Überlebensraten (um 50 %) beobachtet. et al. ein ähnliches Wachstum durchJohnson Zufütterung mit (2008) Gemmaverglichen we 3Diskussion ® ® Futtermittels GEMMA MICRO (SKRETTING) durch die Zanderlarven ( Sander Larven amerikanischen Zanders (Sander vitreus) an zwei Sta erreicht (Abb. 4). Erfolgreich konnte im vorliegenden Versuch die Auf-des Micro lucioperca,nahme L.) bis des zum mikropartikulären 36. Tag nach dem Futtermittels Schlupf nachgewiesen Imvielen Fischarten die direkte Vergabe von Gemma werden.Bei Wachstumsparameter durch Vergabewird unterschiedlicher Futtermittel der Firm ® Vergleich Micro mit eigenen vorhergehenden zur Anfütterung von Trockenmischfuttermitteln Beginn ®der(SKRETTING). exogenen Er- Die Erge (Skretting) durch dieUntersuchungen Zanderlarven(„LANSY“, (Sander „EPAC“) sowie GEMMAzu MICRO Zanderlarven mit Plankton, Paramecium caudatum und Artemia spec. (Knaus & nährungaber diskutiert. (2001) sowie Rathbun (M lucioperca, L.) bis zum 36. Tag nach dem Schlupf zeigten differierten, am Zienert Standort& Wedekind der Fischzuchtanlage Gallandt, 2010) wurde ein ähnliches Wachstum durch Zufütterung mit GEMMA Zienert & Heidrich (2005) die direkte Anfüttenachgewiesen werden. Im Vergleich mit eigenen IOWA)voreine bessere, jedoch auch nurhalten moderate Überlebensrate durch G MICRO® erreicht (Abb. 4). Untersuchungen zur Anfütterung von rung von Zandern mit Trockenfutter für nicht empfehhergehenden ® MICRO von 56,7 % (Kannibalismus: 14,6 %) gegenüber 21,6 % bei den Bei vielen Zanderlarven Fischarten wird mit die Plankton, direkte Vergabe von Trockenmischfuttermitteln zu Ostaszewska & Boruta (2005) führten Paramecium caudatum lenswert. Futtermitteln. Die alleinige Vergabe von Trockenmischfuttermitteln bei Beg Beginn derund exogenen Ernährung diskutiert.& Zienert & Wedekind Zienert vergleichende Untersuchung zur AnfütteArtemia spec. (Knaus Gallandt, 2010) (2001) wurdesowieeine exogenen Ernährung scheint bei Zandern somit derzeit nicht vorteilhaft. & Heidrich (2005) halten die direkte Anfütterung von Zandern mit Trockenfutter als Auch beim Barramundi (Lates calcarifer) konnte die Akzeptanz von GEMMA M nicht empfehlenswert. Ostaszewska & Boruta (2005) führten eine vergleichende als Alleinfuttermittel nachgewiesen werden (Curnow et al., 2006a, b). Überleb Fischerei & Fischmarkt in MV • 4/2012 40 zur Anfütterung von Zandern (S. lucioperca Untersuchung ) durch kommerzielle und Wachstum waren jedoch bei alleiniger Fütterung mit GEMMA verringert. B Trockenmischfuttermittel („BIO KYOWA & AGLO NORSE“) und der anfänglichen Überlebensratendurch. zeigten sich bei dem gemeinsamen Anbieten („co-feedin Artemiabzw. ZooplanktonErnährung GEMMA MICRO® und Artemia spec., jedoch mit Defiziten beim Wachstum Aus der Forschung rung von Zandern (S. lucioperca) durch kommerzielle Trockenmischfuttermittel („Bio Kyowa & Aglo Norse“) und der anfänglichen Artemia- bzw. Zooplankton- Ernährung durch. Obwohl die kommerziellen Futtermittel den Bedarf an Nährstoffen der Zanderlarven deckten, wurden durch alleinige Trockenfuttervergaben nur moderate Überlebensraten (um 50 %) beobachtet. Johnson et al. (2008) verglichen weiter bei Larven des amerikanischen Zanders (Sander vitreus) an zwei Standorten Wachstumsparameter durch Vergabe unterschiedlicher Futtermittel der Firma Inve („Lansy“, „Epac“) sowie Gemma Micro® (Skretting). Die Ergebnisse differierten, zeigten aber am Standort der Fischzuchtanlage Rathbun (Moravia, Iowa) eine bessere, jedoch auch nur moderate Überlebensrate durch Gemma Micro® von 56,7 % (Kannibalismus: 14,6 %) gegenüber 21,6 % bei den Futtermitteln der Fa. Inve. Die alleinige Vergabe von Trockenmischfuttermitteln bei Beginn der exogenen Ernährung scheint bei Zandern somit derzeit nicht vorteilhaft. Auch beim Barramundi (Lates calcarifer) konnte die Akzeptanz von Gemma Micro® als Alleinfuttermittel nachgewiesen werden (Curnow et al., 2006a, b). Überlebensrate und Wachstum waren jedoch bei alleiniger Fütterung mit Gemma verringert. Bessere Überlebensraten zeigten sich bei dem gemeinsamen Anbieten („co-feeding“) von Gemma Micro® und Artemia spec., jedoch mit Defiziten beim Wachstum. Durch Vergabe von Rotatorien zu Beginn der exogenen Ernährung sowie dem Anbieten von Gemma Micro® etwa um Tag 12 konnte eine Komplettsubstitution von Artemia spec. erreicht werden. Allgemein empfehlen die Autoren eine „Start-Fütterung“ nährstoffangereicherter Rotatorien mit anschließender Artemia-Fütterung unter Zugabe von Gemma Micro®. Das Wachstum erhöhte sich mittels der genannten Anfütterungsmethode um 25-30 %. Offensichtlich ist die kombinierte Vergabe von Lebendnahrung mit kommerziellen mikropartiellen Futtermitteln für Fischlarven verträglicher als beide Nahrungsmittel allein. Lebendnahrung scheint großen Einfluss auf die Effizienz der Verdauung bei postembryonalen Larven zu haben. Ein direkter Effekt exogener Enzyme von Lebendnahrungorganismen auf die Verdauungsaktivität von Fischlarven ist jedoch umstritten (Koven et al., 2001). Vielmehr werden „verdauungsunterstützende Faktoren“ (Neuropeptide der Hypophyse) vermutet, Fischerei & Fischmarkt in MV • 4/2012 die einen Vorteil der Fütterung mit Lebendnahrung gegenüber derjenigen mit Trockenfutter darstellen könnten. Insbesondere die kombinierte Vergabe von Lebendnahrung (z. B. Plankton, Artemia spec.) und mikropartiellen Futtermitteln als sogenanntes „co-feeding“ erhöht offensichtlich die Verdaulichkeit (Wachstum) der Nahrungspartikel im Verdauungstrakt der Larven. Verdauungsunterstützende Faktoren von Lebendnahrungorganismen wurden zum Teil von verschiedenen Autoren näher untersucht (in Koven et al., 2001). Offensichtlich spielen die Peptidhormone „Bombesin“ und „Cholecystokinin“ als integrale Bestandteile des „gastro-entero-pankreatischen endokrinen Systems“ eine besondere Rolle. Bombesin unterstützt die Peristaltik des Darms, die Produktion von HCL und erhöht die Durchblutung der Darmwandzellen, während Cholecystokinin die Sekretion von Pankreas-Lipasen erhöht als auch die Kontraktion der Gallenblase fördert. Bei der separaten Fütterung von lebenden Artemia spec. konnte z. B. eine Erhöhung von Bombesin um 300 % bei der Dorade festgestellt werden, im Gegensatz zur Fütterung mit einem mikropartikulärem Futtermittel allein (Koven et al., 2001). 5Zusammenfassung Im vorliegenden Experiment wurde unter praxisnahen Bedingungen die Akzeptanz von larvalen Zandern (Sander lucioperca, L.) gegenüber dem mikropartiellem Futtermittel Gemma Micro® (Skretting, Dänemark) untersucht. Die Vergabe von Gemma Micro® fand in Kombination mit der Fütterung von fraktioniertem Lebendplankton statt. Im Allgemeinen wurde Gemma Micro® von den Zanderlarven gut akzeptiert. Gegenüber der Anfütterung mit Plankton, Paramecium caudatum und Artemia spec. wurde ein vergleichbar gutes Wachstum festgestellt. Die anfänglich kombinierte Vergabe von Lebendnahrungorganismen (Plankton, Artemia spec.) mit Gemma Micro® („co-feeding“) scheint für Zanderlarven vorteilhaft. Diese Anfütterungsmethodik wird für Zanderlarven diskutiert. Literaturverzeichnis ist beim Autor erhältlich. Kontakt [email protected] 41