Zahnunfall beim Welpen: Abwarten erlaubt?

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Fall des Monats
Foto: absolutimages - Fotolia.com
MAGAZIN
Zahnunfall beim Welpen:
Abwarten erlaubt?
UNTERFORUM ZAHNHEILKUNDE: Bricht ein Milchzahn ab, besteht die Hoffnung, dass er bald durch einen
gesunden Nachfolger ersetzt werden kann. Ein Wurzelrest sollte dennoch zügig entfernt werden.
I
n der Tierarztpraxis Salinenstraße in
Bad Oldesloe wurde ein 4,5 Monate
alter Berner Sennenhund vorgestellt.
Dem Welpen war beim Toben ein Milchcaninus abgebrochen. Der Hund hatte
schon mehrere Schneidezähne gewechselt, sodass begründete Hoffnung bestand,
dass auch der Fangzahn zeitnah ersetzt
würde. Tierärztin Dr. Antje Nottebrock
fragte im fachforum kleintiere nach: „Muss
die Wurzel in jedem Fall entfernt werden
oder kann man hoffen, dass der bleibende
Caninus demnächst schiebt?“
Dr. Markus Eickhoff, Tierarzt und Zahnarzt sowie Spezialist für Tierzahnheilkunde
im Fachforum, erklärte, dass in solchen
Fällen Verfärbungen und Lockerungen der
betroffenen Zähne neben dem Frakturgeschehen gegebenenfalls auf einen bereits
fortgeschrittenen
Resorptionsprozess
hinweisen können. Klarheit verschafft in
664
Jede Tierärztin und jeder Tierarzt
wird im Praxisalltag mit Fragen zu
speziellen Erkrankungen oder Behandlungsverfahren konfrontiert.
Im fachforum kleintiere
(www.fachforum-kleintiere.de)
stellt sich ein Expertenteam online
diesen Fragen. Gemeinsam wird
über den richtigen Weg der Diagnose
oder Therapie diskutiert.
Der Praktische Tierarzt stellt jeden
Monat in Zusammenarbeit mit
behandelnden Tierärzten und Experten einen Fall vor, der im Forum
besprochen wurde.
jedem Fall nur ein Röntgenbild des betroffenen Zahnes – das unbedingt angefertigt
werden sollte, auch wenn sich bei unproblematischem Verlauf das Problem durch
einen baldigen Durchbruch des bleibenden
Zahnes und das Herausfallen des Milchzahnes von selbst erledigen könnte.
Nur wenn sich im Röntgenbild zeigt,
dass die Wurzel des abgebrochenen Milchzahns bereits weitestgehend aufgelöst ist,
kann tatsächlich auf eine Extraktion verzichtet werden. Ist jedoch ein offensichtlicher Wurzelrest zu sehen, rät der Experte
ganz klar zu dessen zügiger Entfernung.
Durch den offenen Wurzelkanal besteht
eine Eintrittspforte für Infektionen. Eine
entstehende Entzündung um die Zahnwurzel oder im Kieferknochen kann nicht nur
den betroffenen Milchzahn schädigen. In
der Folge kann es auch zu einer Schädigung
in der Schmelzbildung des permanenten
Der Praktische Tierarzt 97, Heft 8 (2016)
Fall des Monats
A
B
Zahnfrakturen Milchcanini: A: Beide Oberkiefermilchcanini sind frakturiert,
ihre Pulpa liegt frei .
B: Röntgenbild Milchcaninus OK rechts: Im Röntgenbild zeigt sich eine fast
vollständige Resorption der Milchfangzahnwurzel im Oberkiefer rechts,
eine Entfernung ist praktisch nicht mehr möglich oder notwendig.
Nachfolgers kommen mit Entstehung einer
Schmelzhypoplasie. Aufgrund der Entzündung im Wurzelbereich des Milchzahnes
bleibt dessen physiologische Wurzelresorption aus, es folgt eine persistierende
Schädigung der Weiterentwicklung des
permanenten Nachfolgers. Diese kann zu
einer Veränderung der Durchbruchsrichtung über eine Missbildung bis hin zur völligen Zerstörung des Zahnkeimes führen.
Unabhängig von den Auswirkungen
des Entzündungsgeschehens ist ein abgebrochener Zahn schmerzhaft, gleich ob
Milchzahn oder permanenter Zahn. Allein
schon um die Schmerzhaftigkeit zu beseitigen sowie eine sich gegebenenfalls ent-
MAGAZIN
C
C: Röntgenbild Milchcaninus OK links: Im Röntgenbild zeigt sich eine fast vollständig erhaltene Wurzel des linken Oberkieferfangzahnes. Periapikal hat sich
infolge des Entzündungsgeschehens bereits eine Osteolyse entwickelt.
Eine Resorption bleibt aus, der Zahn muss zügig entfernt werden.
wickelnde Abwehrhaltung beim Handling
am Kopf sollte der Zahn entfernt werden.
Der Hund zeigt häufig diese Beeinträchtigung nicht an, hat aber auch nur bedingt
die Möglichkeit, auf den betroffenen Zahn
hinzuweisen. Wird Futter verweigert, ist
dieses bereits ein sehr deutliches Zeichen,
häufiger sieht man Aufjaulen oder Zurückweichen bei Kontakt mit kaltem Wasser
oder Schnee.
Eine geschlossene Extraktion ist dabei
im Allgemeinen ausreichend. Ist lediglich
eine lange dünne Milchzahnwurzel verblieben, kann die Extraktion durch Präparation
eines bukkalen Mukoperiostlappens und
eine bukkale Osteotomie erleichtert wer-
Fotos (3): M. Eickhoff
den. So wird auch die Gefahr einer Schädigung des Nachfolgers durch den „blinden“
Einsatz von Extraktionshebeln im Parodontalspalt vermieden. Mittels resorbierbarer
Naht wird der Zugang abschließend verschlossen. Durch ein anschließendes Röntgenbild ist die vollständige Entfernung des
Wurzelrestes zu kontrollieren.
Der Berner-Sennen-Welpe aus Bad Oldesloe hatte Glück: In seinem Fall hat sich
das Problem ohne Extraktion erledigt, der
beschädigte Milchzahn fiel schon einen
Tag nach der Anfrage im Forum von selbst
aus.
Markus Eickhoff, Viola Melchers b
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