Wirtschaftsgeschichte 1

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Vorlesung HS 2010!
Dr. Tobias Straumann
Wirtschaftsgeschichte 1
Zusammenfassung von Emanuel Roos
Einführung
Forschungsdebatte: Wann ist der Wendepunkt vom stagnierenden Wirtschaftsmodell zum
wachsendem Wirtschaftsmodell?
OʻRourke/Williamson:" Industrialisierung im 19. Jahrhundert durch die Preiskonvergenz
"
(Malthusianische Falle)
Flynn/Giraldez:"
Globalisierung schon im 16. Jahrhundert via Manila (Silberflüsse)
Die Klassiker der Wirtschaftsgeschichte
Adam Smith (1723-1790)
•schottischer Aufklärer und Begründer der Nationalökonomie
•Wealth of Nations, Buch III
•Wirtschaftsgeschichte seit Ende des römischen Reichs
•wirtschaftlicher Aufschwung der Städte dank Institutionen (v.a. property rights)
•Aufschwung der Städte bringt Produktivitätsfortschritt in der Landwirtschaft
Karl Marx (1818-1883)
•deutscher Philosoph und politischer Journalist
•Historischer Materialismus
•Basis (Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse) und Überbau
•Klassenkampf
•Stammesgesellschaft, Feudale Gesellschaft, Kapitalismus, Kommunismus
•Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate
•Arbeitswertlehre
•sinkende Profitrate führt zum Zusammenbruch des Kapitalismus
Max Weber (1864-1920)
•deutscher Nationalökonom und Begründer der Soziologie
•wichtigste Gedanken
•Zusammenhang zwischen Protestantismus und Wirtschaftswachstum
•Bedeutung der Städte
•Recht und Wirtschaft
Die aktuellen Richtungen
Weltsystemtheorie (Immanuel Wallerstein, Kenneth Pomeranz)
•System dominiert, ist expansiv und krisenanfällig, aber flexibel
•bestimmendes Strukturprinzip ist Profitstreben (führt zu ungleichen Tauschverhältnissen)
•keine Konvergenz: Zentrum, Semi-Peripherie, Peripherie (strukturelle Differenzierung)
Cliometrics (Robert Fogel, Findlay/OʻRourke, Broadberry/OʻRourke)
•Mischung aus Geschichte und Ökonometrie
•methodische Erweiterung führt zu neuen Fragen
!
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Dr. Tobias Straumann
Global History (May Weber, Fernand Braudel waren Vorläufer)
•neuer Trend der Geschichtswissenschaft, welcher über die Ökonomie hinaus geht
•diverse Zeitschriften (Journal of World History, Journal of Global History)
Warum Europa, Warum England? Kultur
Grundfrage
Die wichtigste Frage der Wirtschaftsgeschichte befasst sich mit dem schnellen
Aufschwung Europas während der Industrialisierung. Warum fand dieser schnelle
Aufschwung ausgerechnet in Europa statt?
Grosse Umschichtung zwischen 1000 und 1900
•Höhepunkt der europäischen Macht vor dem ersten Weltkrieg (1914-1918)
•um 1000 war Westeuropa an der Peripherie
•fast kein Import oder Export
•islamische Welt ist absolut zentral (hat viel Geld und ist sehr entwickelt)
•ganzer Handel läuft über die islamische Welt (Scharnierfunktion)
•tiefere Nominallöhne in China (aber fast gleich hoher Kalorienwert)
•impliziert eine höhere Kaufkraft Chinas
•Datierung des europäischen Vorsprungs ist umstritten
Die malthusianische Falle (Thomas Malthus, David Ricardo um 1800)
Annahmen
1. Fertilität wächst mit steigendem Lebensstandard
2. Mortalität sinkt mit steigendem Lebensstandard
3. Lebensstandard sinkt mit steigender Bevölkerungszahl
Hintergrund
•fast kein technischer Fortschritt bis 1800
•Lebensstandard in vorindustrieller Zeit durch konsumierte Nahrungsmittel definiert
•Malthus und Ricardo entdeckten Gesetz des abnehmenden Grenzertrags
Resultate
•langsames Bevölkerungswachstum bis 1800 (viele Totgeburten)
•Katastrophen sind gut für den Lebensstandard (mehr Ressourcen für Überlebende)
•technologischer Fortschritt wird durch Bevölkerungswachstum kompensiert
•je mehr Leute, desto weniger Pro-Kopf Einkommen
•da Ressourcen linear steigen und Bevölkerung exponentiell wächst, gibt es Engpass
Kultur
Europa hat den Rest der Welt wirtschaftlich überholt, weil es geistreicher und kulturell
überlegen war. Dabei galt lange Zeit die katholische Kirche als Bremser der Wissenschaft
und somit des wirtschaftlichen Fortschritts.
Max Weber
•starke Korrelation zwischen Konfession und sozialer Schichtung
•protestantischer Charakter des Kapitalbesitzes
•Idee der Opportunitätskosten
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•protestantisches Denken: Müssiggang ist rausgeworfenes Geld
David Landes
•Erfindungen werden institutionalisiert
•Empirie als Forschungshintergrund
Joel Mokyr
•Wissen und Glauben der Schlüsselpersonen spielen wichtige Rolle
•ideale Mischung von Ideen, Kultur, Institutionen und Technologie führten zum Wachstum
Jan Luiten van Zanden
•Institutionen und Humankapital entwickeln sich seit dem Hochmittelalter in Westeuropa
schneller als in China, Japan und Indien
•Indikatoren sind Zinsen (tiefe Zinsen impliziert hohes Vertrauen in Schuldiger) und
Buchproduktion (Klöster sind Träger des ökonomischen Fortschritts)
Warum Europa, warum England? Welthandel I
Ausgangslage im 15. Jahrhundert
•blühender Handel im Indischen Ozean, Südostasien und China (Age of Commerce)
•mit dem mongolischen Reich entsteht riesiges Handelsgebiet (zollfrei)
•wichtigste Güter: Gewürze und Baumwolltextilien aus Indien sowie Seidenstoffe
und Keramik aus China
•wegen Angriffe von japanischen Piraten und der zunehmenden Bedrohung der
Nomaden werden Ming-Dynastie Expeditionen um 1430 eingestellt
•steigender Lebensstandard in Westeuropa wegen der Pest (1348-1351)
•Wiederbelebung des Handels (Venedig und Genua), Bevölkerungswachstum und
Ausbau der landwirtschaftlichen Fläche und Produktivität
•Rückgang des BIP, Anstieg des BIP pro Kopf, der Kaufkraft und der Löhne
•arbeitsintensive Güter werden teurer (zu wenig Arbeitskräfte)
•Boom in den Märkten für Luxusgüter (Umstellung auf Viehwirtschaft,...)
•Erholung erst nach einiger Zeit, aber keine Rückkehr zum Gleichgewicht
(Nachfrage nach Luxusgüter bleibt weiterhin)
•Grund: preventive checks, statt positive checks (spätere Heirat der Frauen und
weniger Kinder) und technologischer Wandel (Buchdruck, Feuerwaffen)
•Überlandhandel mit China blockiert nach dem Ende des Mongolischen Reiches
•ägyptischer Flaschenhals
•Abhängigkeit von ägyptischen Mameluken und venezianischen Händlern
•hohe Zölle der Mameluken (Reitervolk)
•Dominanz von Venedig im Gewürzhandel
Das spanisch-portugiesische Welthandelssystem
Rahmen
•Portugal kolonialisiert vor allem den Osten (Afrika, Indien, Malaysia, Indonesien,...)
•Gründe: Kreuzzugsmentalität, Sklavenreservoir Afrika, Gewürze,...)
•Portugal will Monopol im Gewürzhandel in Indien (gelingt nicht, da hoher Wettbewerb)
•Portugal ist relativ erfolgreich (nur wenige Truppen und Schiffe)
•Gründe: Uneinigkeit der Gegner und Schusswaffen (Indien hat keine Schusswaffen)
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•trotzdem bleibt der grosse Erfolg Portugals aus (Asien dominiert Portugal am Ende des
16. Jahrhunderts)
•Spanien in Amerika
•europäische Nutztiere werden heimisch gemacht (Pferde, Rinder Schafe und
Schweine)
•Getreide, Zuckerrohr und Baumwolle werden angebaut und nach China und
Europa exportiert
•Europa und China übernehmen Mais, Tabak und Kartoffeln
•Handelsmonopol durch Händlerguilde in Sevilla
Fazit
•Findlay/OʻRourke: Errungenschaften während 1500-1650 bildeten die Grundlage für die
wirkliche Weltwirtschaft
•grosser Silberstrom nach China und Indien aus den spanischen Kolonien in Amerika, aus
Europa und Japan
Vorherrschaft der Niederlande
•durch den Krieg mit Habsburg-Spanien verliert Antwerpen wirtschaftliche Bedeutung und
Amsterdam gewinnt an Bedeutung
•starke führende Wirtschaft (Fischfang, Stoffe, Schiffsproduktion, Reexporte,...)
•stabiler Finanzsektor und blühende Kunst
•aufgrund des Embargo gegen niederländische Händler 1585 werden 1594 die ersten
Schiffe nach Asien losgeschickt
•1602 Gründung der VOC (Niederlande erhält Monopol für Handel mit Asien)
•kein Erfolg in Nord- und Südamerika
•Hauptquelle des Reichtums ist weiterhin Handel in Europa und Herringfischerei
Der Aufstieg Grossbritanniens
•warum Grossbritannien?
•militärische Überlegenheit
•Tradition von internem Kolonialismus (Wales, Schottland, Irland)
•grosse Bedeutung der Piraterie
•Wirtschaftskrieg gegen die Niederlande
•Neidgefühle Grossbritanniens, da Niederlande so starke Wirtschaft
•diverse Seekriege mit den Niederlande
•Konkurrenz mit Frankreich
•GB will nicht, dass F zu dominant in Europa wird
•F will nicht, dass GB zu viele Kolonien besitzt
•somit besitzen beide Nationen eine stehende Armee (grosse Belastung der
Staatsfinanzen)
•Frankreich breitet sich in Nordamerika aus (New Orleans, Kanada)
•Ergebnis nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1701-1713: GB hat Vorrang bei Import von
portugiesischen Wein gegen englische Textilien (Ricardo: komparative Kostenvorteile)
•Folgen der Kriege: grosse Staatsschulden in F und GB (GB hat Vorteile, da es über
parlamentarisches System verfügt); F hilft der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung
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Warum Europa, warum England? Welthandel II
Sklavenhandel und industrielle Revolution (Eric Williams)
„Williams-These“:"
"
Der moderne Kapitalismus ist ein Resultat des atlantischen
Sklavenhandels.
Begründung
•Portugal beginnt mit Sklavenhandel (wollen nur Rohstoffe aus den Kolonien)
•sind für 45% des Sklavenhandels zuständig
•England bildeten hauptsächlich Siedlungskolonien
•Ausnahme: Jamaika (diente als Cash Cow, da sehr hohe Rendite auf
Zuckerplantagen)
•nordamerikanische Kolonien verfolgen eine diversifizierte Wirtschaft (Mais, Pelzhandel,
Viehzucht, Fischerei, Schiffsbau,...)
•Handel mit Portugal, Spanien und der Karibik
•schnelles Wachstum (1775 rund 15% der globalen Eisenproduktion und Schiffsbau)
•Folgen:
•Strukturänderung des atlantischen Handels im späten 17.Jhd
•Tabak und Zucker nach England, dann Reexport (starke Preisreduktion)
•Anreiz mehr zu arbeiten, um diese Stoffe konsumieren zu können
•relative Abnahme der Wollstoffexporte
Kritik
Eltis und Engermann:"
"
"
"
"
"
"
These ist qualitativ und deswegen kaum zu prüfen
1. Markt für britische Produkte ist zu klein und nicht so relevant
2. Kapitalakkumulation war nicht so bedeutend
3. Versorgung billiger Rohstoffe überschätzt
4. „Industrious Revolution“ (Zucker ist nicht das einzige
überseeische Konsumgut, wichtig sind auch Tee und
Baumwolltextilien, die nicht durch Sklaven hergestellt wurden)
Harley:"
"
"
„Entscheidend für die industrielle Revolution sind vor allem die
Innovationen gewesen; der Sklavenhandel spielte nur eine
sekundäre Rolle“
Kohle und Kolonialismus (Pomeranz)
Grundthese::"
"
"
"
"
Ostasien(China und Japan) und Westeuropa waren in der Mitte
des 18. Jahrhunderts (unmittelbar vor der industriellen Revolution)
etwa auf dem gleichen wirtschaftlichen Niveau. Vor allem der
Vergleich zwischen England und dem Jangtse-Delta zeigt
verblüffende Ähnlichkeiten.
Ähnlichkeiten
•hohe Produktivität in der Landwirtschaft
•keine Zünfte in der Textilindustrie
•starke Verbreitung der Protoindustrialisierung
•Unterstützung vom Staat
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Erklärung der industriellen Revolution in England
•England hat Kohlegebiete in der Nähe der Zentren der Textilindustrie, während die
Kohlevorkommen in China weit weg vom Jangtse-Delta liegen
•England hat dank dem atlantischen Handel Zugang zu den wichtigen Rohstoffen,
während China kein Meeres-Kolonialreich besitzt
Kritik
Robert C. Allen:"
"
"
Bestätigung der These von Pomeranz (Landwirtschaft in China
war sehr entwickelt, produktiver als in Grossbritannien; höhere
Kaufkraft Chinas)
Broadberry/Gupta:"
"
"
Da die Löhne in Grossbritannien höher sind als in China, war der
Lebensstandard besser; was der These von Pomeranz
widersprechen würde.
Billige Kohle und hohe Löhne wegen Welthandel
Robert C. Allen:"
"
"
Die Kombination von hohen Löhnen (aufgrund des Welthandels)
und Kohlevorkommen gab einen grossen Anreiz in Maschinen zu
investieren.
Broadberry/Gupta:"
"
"
"
"
"
Da im frühen 19. Jahrhundert die Löhne in Britannien mehr als
vier Mal höher sind als in Indien, entstand ein Druck bzw. ein
Anreiz, Maschinen zu entwickeln, um die indische Konkurrenz
preislich zu unterbieten. Aufgrund der Knappheit der Baumwolle
und wegen des Krieges gegen Napoleon, verzögert sich die
Überlegenheit (erst ab 1820 überlegen).
Welthandel und Nachfrage (de Vries, Findlay/O‘Rourke)
These:"
"
Der Welthandel hat eine so grosse Nachfrage generiert, dass eine
industrielle Revolution nötig war.
Begründung
•„industrious Revolution“ in den Haushalten (Arbeitszeit nimmt zu)
•Reduktion der Freizeit wegen des steigenden Grenznutzens des Geldeinkommens
dank der Verfügbarkeit von attraktiven Konsumgütern
•Reallokation der Haushaltarbeit von den Gütern und Dienstleistungen für den
direkten Konsum zur Produktion von Marktgütern
•Folgen
•steigender Grenzertrag durch zunehmende Arbeitsteilung (Adam Smith)
•kommerzielle Orientierung der Gesellschaft nimmt zu (Produktion nicht nur für
Eigenbedarf)
•grosse Nachfrage nach Baumwolltextilien (Baumwollimport nimmt zu; neue
Erfindungen)
Kritik
Joel Mokyr:"
"
"
!
Theorie ist untauglich für die Erklärung der industriellen
Revolution, d.h. Wachstum ist vom Angebot getrieben, nicht von
der Nachfrage
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Clark:"
"
"
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keine markante Zunahme der Arbeitszeit von 1700 bis 1800;
ausserdem bringt Erhöhung der Arbeitsstunden keinen
dauerhaften Fortschritt in der malthusianischen Epoche
Welthandel und Institutionen
Nach der Glorious Revolution 1688 übernimmt neu das Parlament die vollständige Hoheit
über die Steuer- und Finanzpolitik (und nicht mehr der König). Dies führt dazu, dass sich
der König stärker verschulden kann (um zum Beispiel Krieg gegen Frankreich zu führen),
ohne bankrott zu gehen.
Warum Europa, warum England? Endogene Wachstumstheorien
„Unified Growth Theory“
•endogener technischer Fortschritt
•Grundannahme: graduelle Beschleunigung des Wachstums wegen der Zunahme
des Bevölkerungswachstums (höhere Wahrscheinlichkeit von technischer
Innovation)
•exogener technischer Fortschritt
•landwirtschaftliche und nicht-landwirtschaftliche Technologie entwickeln sich
unterschiedlich, aber konstant
•Humankapital und technischer Fortschritt
•Malthusianisches Regime (negativer Zusammenhang zwischen Pro-Kopf
Einkommen und Bevölkerungswachstum
•Post-Malthusianisches Regime (technischer Fortschritt und
Bevölkerungswachstum unter dem malthusianischem Regime führen zu einer
Reduktion der Kinderzahl und zunehmender Investition in Humankapital)
•Modernes Wachstumsregime (Wachstum der Bevölkerung, technischer Fortschritt
und wachsendes Pro-Kopf-Einkommen)
Wirtschaftshistorische Einwände
•Kein Zusammenhang zwischen Bevölkerungsgrösse und Wachstum (vgl. China und GB)
•falls Zusammenhang da, welche Kausalität? (falls Arbeitsteilung zunimmt, besteht kein
Anreiz zur industriellen Revolution)
•anfänglich fand kein Durchbruch auf breiter Basis statt (nur in der Textilindustrie); erst ab
1870 erfolgte ein industrieller Durchbruch auf breiter Front
•landwirtschaftlicher Sektor erfuhr auch eine Beschleunigung des technischen Fortschritts
•Chronologie stimmt nicht (Kinderzahl sinkt erst im späten 19. Jhd.; kaum markante
Zunahme des Humankapitals vor der industriellen Revolution)
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Die industrielle Revolution in England
Industrielle Revolution: ein überflüssiges Konzept?
Idee:"
"
Da sich die Industrielle Revolution über 100 Jahre hinweg zieht, ist
das Wort „Revolution“ vielleicht der falsche Begriff
Was war der Kern der industriellen Revolution
•Sozialer Wandel: keine Einigkeit (mehr Leute in Fabriken, weniger Bauer)
•Industrielle Organisation: keine Einigkeit
•Makroökonomie: betont die Kontinuität
•Technologie: betont revolutionären Charakter (starker Anstieg der Patente)
•Drei Phasen
•ein kleiner Sektor entwickelt sich rasch aufgrund von technologischem Fortschritt
•Sektor erhöht seinen Anteil an der Gesamtwirtschaft
•technologischer Fortschritt dehnt sich auf die traditionellen Sektoren aus
Die wichtigsten Erfindungen
•Dampfmaschine, aber erst ab den 1820er Jahren wichtig (Eisenbahnen)
•Baumwollindustrie (Spinnereien, Webereien)
•Eisenproduktion
•wichtige andere Erfindungen (chemische Industrie)
Die Entstehung der Fabrik
•wichtiger sozialer Einschnitt (vorher dominierte die Arbeit zu Hause)
•Management & Buchhaltung sind neben Gebäude & Maschinen auch wichtige Faktoren
•ganzes Management der Finanzen, da noch keine Banken vorhanden
•wichtiger Pionier war Robert Owen (Baumwollspinnerei)
•Notwendigkeit der Fabriken für die industrielle Revolution
•Skaleneffekte und billigere Energie
•informationsökonomische Gründe (Entlöhnung, Standardisierung, Ausbildung)
Der Lebensstandard während der industriellen Revolution
•Kurzfristig:
•während der 1830er und 1840er Jahre machte sich der Pauperismus in England
breit und die Bevölkerung lebte im Elend
•Langfristig:
•Lebensstandard hat sich drastisch verbessert
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Dr. Tobias Straumann
Die industrielle Revolution in der Schweiz
Ausgangslage vor der industriellen Revolution
•lange industrielle Tradition (vor allem Heimindustrie und Heimarbeit)
•Aufschwung um 1700 (Aufhebung des Edikts von Nantes 1684 führt zur Flucht der
Hugenotten in die reformierten Kantone, die neue Techniken mitbringen)
•neue Industrien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (1787 arbeitet ein knappes
Drittel der Bevölkerung im Baumwollsektor)
•industrieller Sektor besteht hauptsächlich aus der Hausindustrie und dem Verlagssystem
•Hauptexportmarkt ist Frankreich
•grosse Arbeitsteilung im Alpenraum
•Grenzen der Produktion: nur Handarbeit, kein grosser technologischer Fortschritt;
grössere Distanzen zum Zentrum; Engpass bei der Spinnereien
•Ursachen der weit entwickelten Protoindustrie waren unter anderem „protestantische
Tugenden“ (Fleiss, Sparsamkeit, Zielstrebigkeit), der Ewige Friede mit Frankreich 1516
(Neutralität, Söldnerabkommen, Handelsprivilegien), schlechte Böden,
Glaubensflüchtlinge,...
Industrielle Revolution
•durch den französischen Protektionismus (Frankreich brauchte mehr Geld; Zölle gehen
rauf) gegen Ende des 18. Jhd., verliert die Schweiz mit Frankreich ihren wichtigsten
Exportpartner
•Reaktionen und Gegenmassnahmen
•starkes Sinken der Spinnerlöhne ab 1790 und Verlagerung auf das Handspinnen
•Technologische Bemühungen (erste mechanische Spinnerei in der Schweiz erst im
Jahr 1801)
•durch Napoleons Kontinentalsperre (Europa wird vor britischem Import geschützt) blieben
zwar die hohen Zölle in Frankreich bestehen, jedoch war die Schweiz auch von der
britischen Konkurrenz abgeschirmt, was zu einer Mechanisierung der Spinnerei ab 1810
führt
•nach Napoleon und dem Protektionismus wurden neue Märkte erschlossen (Amerika,
Asien,...) und industrieller Durchbruch gelingt während der 1820er und 1830er Jahre
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Dr. Tobias Straumann
Die erste Globalisierungswelle (1815-1914)
Etappen der Globalisierung
•Erste Phase
•Der Welthandel vor dem 19. Jhd. ist vor allem durch hohe Transportkosten,
Merkantilismus und Krieg geprägt, was dazu führt, dass vor allem Luxusgüter
gehandelt werden und kaum Konkurrenz mit einheimischen Produkten vorhanden
ist.
•Zweite Phase
•Seit 1830 führen sinkende Transportkosten, Freihandel und Frieden in Europa zu
einem Anstieg des Handels von Massengüter, der internationalen Arbeitsteilung und
des Wohlstandsunterschied.
Gründe für die erste Globalisierungswelle
•Verbesserung der Transporttechnologie (Strassen- und Kanalbau, Dampfschiffe,
Eisenbahn) führt zu einer starken Reduktion der Frachtpreise, was wiederum die
Importprodukte konkurrenzfähiger macht
•durch den expansiven Imperialismus Grossbritanniens, Frankreichs und Russlands wird
der Freihandel gefördert und die Infrastruktur ausgebaut (Eisenbahnen)
•bei der Handelspolitik gab es gravierende Unterschiede zwischen den Kontinenten
(protektionistisch in Europa mit Ausnahme von Dänemark, Niederlande, Schweiz) während
in den USA die Meinungen sehr auseinander gingen
Kennzeichen der ersten Globalisierungswelle
•Internationaler Handel steigt an (Anteil des Handels am BIP nimmt zu, Preiskonvergenz,
Goldstandard als multilaterales Handels- und Zahlungssystem)
•grosse Zunahme der Migration über den Atlantik seit Mitte des 19. Jahrhunderts (aber
auch aus China und Indien wird stark emigriert)
•Kapitalverkehr nimmt stark zu (Auslandinvestitionen vor allem in Infrastruktur)
Internationale Arbeitsteilung und die grosse Divergenz
•aussereuropäische Länder exportieren vor allem Rohstoffe und Lebensmittel, während
Europa und USA vor allem Industriegüter exportieren, was bei den asiatischen Länder
(Indien, China) zu einer dramatischen Deindustrialisierung führt
•Ungleichheit zwischen den Kontinenten nimmt im 19. Jahrhundert massiv zu, weil die
Industrieländer davon ziehen (weniger weil aussereuropäische Länder verarmen)
•starkes Exportwachstum des Südens ist durch starkes Bevölkerungswachstum zu
erklären (kaum Produktivitätszuwachs, kein Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens)
Europa
Wachstum im 19. Jahrhundert
•Zunahme des Lebensstandards ab 1850 (Pro-Kopf-Einkommen)
•Deutschland überholt Frankreich als stärkste europäische Volkswirtschaft erst 1910
(Deutschland hat besseres Humankapital und ist führend in Forschung)
•Kolonien haben besseres Pro-Kopf-BIP (viel Land, wenig Menschen)
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Dr. Tobias Straumann
Sektorielle Entwicklung
•grosse Verschiebung zwischen den Sektoren
•Landwirtschaft verliert an Bedeutung
•freigesetzte Stellen wechseln in den Dienstleistungssektor (v.a. in GB)
•Schulreformen führen zu grösserem Humankapital
Modernisierungstheorien (Kuznets, Rostow, Gerschenkron)
Gerschenkron:"
"
"
"
Je rückständiger ein Staat, desto grösser die Rolle von speziellen
institutionellen Faktoren zum Bereitstellen von Kapital und
Vorantreiben der Industrialisierung (Grossbanken in Deutschland,
Finanzministerium in Russland).
Kritik
•zur Industrialisierung Deutschlands
•bereits vor 1850 regionale Wachstumszentren (Gerschenkron konzentriert sich auf
die 1840er bis 1870er Jahre)
•Bedeutung der Universalbanken überschätzt
•zur Industrialisierung Russlands
•Bedeutung des Staates überschätzt (Staat war vor allem Garant für ausländisches
Kapital, nicht Kapitalgeber)
•Betonung der Kapitalgüterproduktion übertrieben; russische Konsumgüterindustrie
wurde nicht verdrängt
USA und Lateinamerika
Politische Geschichte der USA
•erste Phase der Industrialisierung
•1776 (Unabhängigkeitserklärung) bis 1865 (Ende des Bürgerkriegs)
•zweite Phase der Industrialisierung
•ab 1898 (Spanisch-Amerikanischer Krieg; Kuba und Philippinen erobert)
Der wirtschaftliche Aufstieg der USA
•starke regionale Spezialisierung
•Süden: Rohstoffproduktion, Sklavenwirtschaft; Präferenz für Freihandel
•Westen: Landwirtschaft, keine Sklaverei; Präferenz für Freihandel
•Nordosten: Industrie, keine Sklaverei; Präferenz für Protektionismus
•erste Phase (bis 1860): starke Stellung des Baumwollanbaus
•zweite Phase (nach dem Bürgerkrieg): schnelle Aufholjagd gegenüber GB
•typisch für die amerikanische Industrialisierung ist eine rohstofforientierte Wirtschaft und
hohe Industriezölle
US-Unternehmensgeschichte (Alfred Chandler)
•vier Phasen bei der Entstehung der modernen Unternehmung
•funktionale Ausdifferenzierung der Ebenen (strategisch, funktional, operativ)
•Aufbau zentralisierter funktional differenzierter Strukturen
•Wachstum durch Differenzierung
•Aufbau dezentraler divisionaler Leitungsstrukturen
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Dr. Tobias Straumann
•mit Schritt zur M-Form (dezentral, divisonal) entsteht der Manager und Produktivität
wächst (Transaktionskosten sinken, Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht,
Manager verleihen Stabilität und erhöhen Wachstumsdynamik und Überlebensdauer)
Nordamerika vs. Lateinamerika
Warum ist Nordamerika heute viel reicher als Lateinamerika?
Engerman/Sokoloff:"
Die ungleiche Landverteilung (ist auf das Klima zurückzuführen;
"
nicht auf die unterschiedlichen kulturellen Faktoren) behindert die
"
Entwicklung von wirtschaftsfreundlichen Institutionen.
Jeffrey Williamson:"
"
"
Das schlechte Wachstum ist vor allem durch die politische
Instabilität nach der Unabhängigkeit erklärbar; höheres Wachstum
war aber immer mit schnell wachsender Ungleichheit verbunden.
L.P. de los Escosura:"
"
"
"
Der Rückstand Lateinamerikas wuchs erst im späten 20.
Jahrhundert dramatisch an, das heisst, das koloniale Erbe ist
weniger wichtig als oft angenommen. (gegen Dependenztheorie
und Weltsystemtheorie)
Asien
Phasen des Kolonialismus und Imperialismus
•erste Phase (ab 1492): Kolonialismus als wirtschaftliches Projekt zur Stärkung des
Staates
•zweite Phase (ab1870): Kolonialismus als politisches Prestigeprojekt
•wichtiger Wendepunkt ist 1858, als Indien Kronkolonie wird, die East India Company
aufgelöst wird und die Erschliessung des Landes beginnt
Ausdehnung der Kolonialreiche
•Entkolonisierung in Amerika (Gegentrend)
•British Empire
•bei weitem das grösste Kolonialreich
•nach Verlust der USA steht Indien im Zentrum (Seeweg wird kontrolliert,Kap-KairoLinie in Afrika, Besetzung von zentralasiatischen Gebieten um Indien gegen
Russland abzuschirmen)
•Vorstoss nach China
•Empire français
•Projekt der dritten Republik
•Kolonialismus als Prestigeprojekt um Stolz wieder herzustellen (nach verlorenen
Kriegen)
•Schwergewichte sind Nord- und Westafrika (Ost-West-Riegel), Madagaskar und
Indochina
•Deutschland
•Vorstoss nach Afrika und Osteuropa
•Russland
•nur Landkolonialismus (Sibirien, Ausdehnung auf osmanisches Reich, Persien)
•USA
•Ausdehnung auf dem Kontinent, Handelskontakte in Asien
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•Wendepunkt um 1898 mit der Annexion der Philippinen und dem SpanischAmerikanischen Krieg
•Vertrag über den Bau des Panamakanals 1903
Der Abstieg Chinas
•Ausgangslage im 18. Jahrhundert
•Ausdehnung der Reichsgrenzen
•starkes Bevölkerungswachstum
•Ausbreitung der landwirtschaftlichen Fläche nach Nordwesten
•verbesserte Landwirtschaftstechniken
•Aufschwung der Protoindustrie
•Handelsbilanzüberschuss
•Krise seit den 1830er Jahren (vor europäischer Intervention)
•China steckt immer noch in der malthusianischen Falle (Wachstum nur durch
Arbeitsteilung; nicht durch Technologiefortschritt)
•Grössenwachstum führt zu politischer Überforderung (Korruption, abnehmende
Grenzerträge)
•ökologische Probleme (Doppelernte in den Reisgebieten, weniger Vieh)
•Klima wird kälter (Dürren und Überschwemmungen)
•Handelsbilanzdefizite führt zum Silberabfluss und zur Deflation (Opiumimporte)
•Preisrelation zwischen Kupfer und Silber verändert sich
•Alte negative Ansicht (Dependenztheorie) glaubt an einen direkten Zusammenhang
zwischen Chinas Abstieg und dem ausländischen Kapitalismus
•neue neutrale Ansicht
•Handel mit Westen bis 1890 nur klein
•neue Technologie nur in den Vertragshäfen importiert (geringe Konkurrenz mit
einheimischen Gewerbe)
•Mittelsmänner profitieren auch vom Handel
•Japan erzwingt Öffnung Chinas 1895 und nicht der Westen
•Handelsbilanzdefizit nur klein
Der Aufstieg Japans
•feudalistisches System während des Tokugawa-Shogunats bzw. der Edo Periode
(1603-1867)
•Shogun führt isolierte Aussenpolitik, was zu einer Reihe von Vorteilen führt (hoher
Urbanisierungsgrad, relativ hohes Pro-Kopf-Einkommen, keine Deindustrialisierung,...)
•1854 wird die Öffnung Japans durch USA erzwungen, was zu einem Inflationsdruck
wegen dem neuem Verhältnis zwischen Gold- und Silberpreis führt (Meiji-Restauration)
•neue Reformen haben zum Ziel, die Öffnung rückgängig zu machen
•Aufbau eines starken Militärs
•Zentralisierung der Macht (Abschaffung des Feudalsystems)
•Gründung eines Parlaments und Verfassung
•Bildungsreformen
•Agrarreform führt zu Produktivitätsschub in der Landwirtschaft (Abschaffung des
Feudalsystems führt zu viel verfügbarem Land)
•Textilindustrie als Leitsektor und Erschliessung neuer Energiequellen (Kohle,...)
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Afrika
Afrika und der westliche Sklavenhandel
•Definition: Mensch im Besitz eines anderen Menschen, ohne Rechte, Zwangsarbeit,
Armut ist nicht Teil davon (Ursprung: was tun mit männlichen Gefangenen?)
•Modell von Evsey D. Domar (Entwicklungsökonom)
•bei unbeschränktem Land, kann Grundbesitzer nur Mehrwert abschöpfen, wenn
Sklaverei eingeführt wird (da Grenzkosten gleich Durchschnittskosten)
•südlich der Sahara spielt Sklaverei vor dem westlichen Sklavenhandel nur eine kleine
Rolle
•Sklavenhandel mit der islamischer Welt ist wichtig, da islamische Welt nur Nicht-Muslime
als Sklaven einsetzen dürfen (Schwarzafrika als wichtigstes Reservoir)
•muslimische Zuckerplantagen in Syrien und Palästina als Vorbilder der modernen
Sklaverei (erste systematische Sklavenarbeit auf Madeira durch die Portugiesen 1540)
•Aufbau des atlantischen Dreieckhandels
•industrielle Fertiggüter (v.a. Textilien aus Indien) aus Europa
•afrikanische Sklaven nach Amerika
•Plantagenprodukte (v.a. Zucker, Tabak und Kaffee) nach Europa
•ab dem 15. Jahrhundert wird der Sklavenhandel zum wichtigsten Wirtschaftszweig an der
Westküste Afrikas (ab Mitte des 17. Jhd. entstehen im Innern Westafrikas Staaten, die sich
auf Sklavenproduktion spezialisieren
•starke Terms of Trades für afrikanische Sklavenhändler
•allerdings keine starke Integration des Kontinents in die Weltwirtschaft (einheimische
ökonomische Struktur wird in den Sklavengebieten völlig zerstört)
•Portugal dominiert Sklavenhandel (meisten Sklaven aus dem Kongo)
•Abschaffung des Sklavenhandels ab 1792 mit Dänemark (1808 Grossbritannien)
•Brasilien ist 1888 das letzte westliche Land, das die Sklaverei abschafft
•obwohl Sklaverei sehr ökonomisch, führen vor allem moralische Gründe zur Abschaffung
Aufteilung Nordafrikas
•Algerien bildet die Ausnahme, da bereits 1830 von Frankreich kolonisiert (politische
Gründe)
•Algerien bildet neben Südafrika die einzige Siedlungskolonie in Afrika
•Frankreich erhält Tunesien als osmanisches Reich aufgeteilt wird
•Streit um den Suezkanal in Ägypten zwischen Frankreich und England (Suezkanal würde
das Mittelmeer und somit Frankreich stärken und England schwächen)
•1869 wird Suezkanal fertig gestellt (unter hohen Schulden)
•1875 wird das Aktienpaket an Queen Victoria verkauft und 1876 ist Ägypten bankrott
(Frankreich und England übernehmen Finanzaufsicht)
•England im Dilemma, da Druck der europäischen Gläubiger gross, doch muss England
auch englische Steuerzahler schonen
•ökonomischer Vorteil der Besetzung Ägyptens: qualitativ hochwertige Baumwolle und
Kontrolle des Suezkanals
•ökonomischer Nachteil: da Ägypten abhängig vom Nil, müssen die Staaten nilaufwärts
besetzt werden (grosse Kosten und fast kein Ertrag)
Aufteilung Afrikas südlich der Sahara
•England will sich die Nilquellen sichern und eine Verbindung zum Kap herstellen
•Frankreich will einen West-Ost-Riegel
•führt zum Faschoda Konflikt 1898, bei welchem England gewinnt
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Vorlesung HS 2010!
Dr. Tobias Straumann
•Deutschland übernimmt erst Mitte der 1880er unter Bismarck Namibia
•Kongo gehört Belgien
•fast ausschliesslich Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte (keine riesigen
Investitionssummen bis zum ersten Weltkrieg)
•starkes Handelswachstum in Westafrika (Struktur bleibt ziemlich intakt, d.h. vor allem
Bauern beginnen Exportprodukte anzubauen, cash crops)
•im Kongo will der Staat nicht direkt investieren (europäische Firmen dringen vor und
Schwerpunkt liegt in der Rohstoffproduktion)
Neuordnung Südafrikas
•1652 Gründung einer Handelsniederlassung durch VOC (holländisch) zur Versorgung der
Schiffe mit Lebensmittel
•1806 wird das Kapgebiet britisch (Sklaverei wird aufgehoben)
•1836-1844 wandern Buren (holländische Bauern) in das Landesinnere und gründen
Transvaal (Oranje-Freistaat)
•Funde von Diamanten und Goldader im Burenland führen zu einem Exportboom und zum
zweiten Burenkrieg 1899-1902 bei dem die Briten gewinnen
Währung, Banken und Finanzkrisen
Die Ausbreitung des Goldstandards
•beim Goldstandard sind alle Währungen gegeneinander fixiert mit fixem Goldgehalt
•in der Regel beträgt die Notendeckung mindestens 40% (falls diese Zahl fällt, z.Bsp.
wegen Handelsbilanzdefizit, muss Notenbank Zinsen erhöhen)
•Handelsbilanzdefizit führt zu einem Goldausfluss, dies führt zu einer Deflation, was
wiederum zu einer Stärkung der Währung führt (Zinsen müssen erhöht werden um
Handelsbilanzdefizit auszugleichen)
•Vorteile sind unter anderem geringe Inflation, niedrige Nominal- und Realzinssätze, lange
Laufzeiten von Anleihen,...
•Nachteile sind der relativ kleiner Spielraum für Konjunkturpolitik (auch bei schlechter
Konjunktur muss Zentralbank deflationieren) und die Tendenz zur Deflation (erst mit
Verzögerung wird neues Gold geschürft)
•erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts schwappt der Goldstandard zunehmend auf andere
Staaten über
•Gründe sind Externalitäten (je mehr Staaten den Goldstandard haben, desto eher lohnt
es sich einzusteigen), Schwächen des Bimetallismus (Greshamʻsches Gesetz: „schlechte“
Währung verdrängt „gute“ Währung), Goldfunde in Kalifornien und der deutschfranzösische Krieg (Frankreich muss Kriegsschulden in Gold bezahlen)
•Deutschland tritt folglich 1871 dem Goldstandard bei
Entstehung der modernen Bankensysteme
•zwei Typen von Banken in England
•Merchant banks (investment banks) finanzieren den Handel
•Joint-stock banks sind Kreditbanken
•in Frankreich dominieren vorwiegend Privatbanken mit staatlicher Unterstützung
(Keimzelle der Universalbank)
•in der Schweiz bis Mitte des 19. Jahrhunderts nur Privatbanken und Sparkassen
•Gründung der Schweizerischen Kreditanstalt 1856 läutet neues Zeitalter ein
•französische Struktur als Vorbild (Entwicklung hin zu Universalbanken)
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Vorlesung HS 2010!
Dr. Tobias Straumann
•Kantonalbanken werden in den 1860er gegründet zur Unterstützung der KMUs
Finanzkrisen
•fünf Stadien einer Finanzkrise (Kindleberger)
•Displacement (neue Anlagemöglichkeit)
•Euphoria or overtrading (immer mehr steigen ein; Preise steigen)
•Mania or bubble (Vorstellung des schnellen Geldes lockt Amateure an)
•Distress (Insider beginnen zu verkaufen; Minsky moment)
•Revulsion or discredit (Preise fallen, alle steigen aus, Blase platzt)
•Mississippi Bubble und South Sea Bubble (1719-1720) waren unter anderem für die erste
internationale spekulative Wirtschaftskrise im kapitalistischen Europa verantwortlich
•Folgen der Krise
•Aktiengesellschaft bis weit ins 19.Jhd in England limitiert
•Abwertung der Bankgeschäfte, Opposition gegen Papiergeld und Verbot der
Aktiengesellschaften in Frankreich
•starke Verschuldung Englands und Frankreichs
•John Law: je mehr Geld im Umlauf, desto mehr Handel und Wohlstand
•nach Tod Ludwigs XIV 1715 startet Frankreich sein erstes Experiment mit Papiergeld aus
Verzweiflung über die Staatsfinanzen
•1716 wird private Banque Genérale gegründet (kann Banknoten ausgeben)
•1718 Gründung New Orleans (Aussicht auf hohe Gewinne durch den
Kolonialhandel treibt Spekulation an)
•1720 grosser Crash und John Law flüchtet aus Frankreich
•Zunahme der Häufigkeit und Stärke von Finanzkrisen im 19. Jahrhundert
•starke Korrelation mit der Zunahme der Kapitalmobilität
•Goldstandard ist starr und erschwert die Bekämpfung einer Bankenkrise
•besonders instabile Situation in den USA (einströmendes Kapital kreiert Blasen)
•Panik von 1907 als wichtige Krise
•führt zur Gründung des Fed (Zentralbank der USA)
•Politik fängt erst ab diesem Zeitpunkt an zu greifen
•Auslöser war die Spekulation der Knickerbocker Trust Company
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