ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 1 Regelung der Asynchronmaschine mit Transistorumrichter 1 Leistungsteil Wir betrachten die Regelung einer Asynchronmaschine, die über einen Transistorumrichter gespeist wird. Bild 1 zeigt den dazu erforderlichen Leistungsteil in seiner einfachsten Varianten: AH BH CH ua ub uc L1 L2 L3 BR AL BL ASM CL Bild 1 Transistorumrichter mit Asynchronmaschine Über eine ungesteuerte Diodenbrücke wird der Zwischenkreiskondensator auf die Zwischenkreis-Spannung Ud aufgeladen. Um den Einschaltstrom zu begrenzen, ist ein Ladewiderstand vorhanden, der nach erfolgter Aufladung überbrückt wird. Durch Pulsbreitenmodulation kann über die Transistorzweige an jede der Maschinenklemmen ein Potenzial angelegt werden, dessen Mittelwert gegenüber einem fiktiven Nullpunkt beliebige Werte zwischen -Ud /2 und + Ud /2 annehmen kann. Antiparallele Freilaufdioden erlauben einen Stromfluss in beliebige Richtung. Der Transistorwechselrichter gestattet einen Energiefluss in beide Richtungen: Vom Zwischenkreis zur Maschine (Treiben) und von der Maschine zum Zwischenkreis (Bremsen). Allerdings kann die hier vorgesehene einfache Diodenbrücke auf der Netzseite keine Energie ins Netz zurückspeisen. Deshalb würde im Bremsbetrieb die Zwischenkreisspannung unzulässig ansteigen. Um dies zu verhindern, ist ein Bremswiderstand vorgesehen, der über einen Transistor (Chopper) zugeschaltet wird, sobald die Zwischenkreisspannung einen bestimmten Wert übersteigt. Die Bremsenergie wird also in diesem Widerstand verheizt. Selbstverständlich kann durch entsprechend aufwendigere Schaltungen auf der Netzseite auch ein Umrichter gebaut werden, der die Bremsenergie ins Netz speist. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 2 2 Signalverarbeitung Wir wollen nun schrittweise eine Signalverarbeitung entwerfen, die es gestattet, eine dynamisch hochwertige Regelung der Asynchronmaschine zu realisieren, d.h. das Moment mit möglichst kleiner Zeitverzögerung beliebig vorzugeben. Wir verwenden dazu das Verfahren der feldorientierten Regelung. Es sei angemerkt, dass es mehrere Varianten davon gibt; wir betrachten zunächst eine besonders einfache. Es soll außerdem versucht werden, bei der Herleitung mit einem Minimum an Mathematik auszukommen. Zu diesem Zweck werden einige Idealisierungen vorgenommen und Gedankenexperimente durchgeführt. Selbstverständlich kann diese Vorgehensweise die ausführliche mathematische Behandlung nicht ersetzen, sie mag aber dazu beitragen, anschauliche Vorstellungen von den physikalischen Vorgängen zu gewinnen. 2.1 Ständerstromregelung Im Folgenden werden wir physikalische Größen (insbesondere Ströme und Spannungen) mit indizierten Kleinbuchstaben bezeichnen, denn wir betrachten den Zeitverlauf. Die zugehörigen Signale, also die internen Größen der Signalverarbeitung, bezeichnen wir mit Folgen von Großbuchstaben. Dies soll uns daran erinnern, dass diese Signale beispielsweise Variablen in einem Mikrorechnerprogramm sind. Zwischen physikalischer Größe und Signal gibt es jeweils einen (im allgemeinen dimensionsbehafteten) Umrechnungsfaktor. Zunächst versehen wir den Leistungsteil mit einer Regelung, die es gestattet, beliebige Ströme in den Ständer einzuprägen. Selbstverständlich kann es nur gelingen, zwei der drei Ständerströme vorzugeben, denn wegen ia+ ib + ic = 0 (Kirchhoff) ergibt sich der dritte Strom zwangsläufig. Wir haben deshalb: - 2 Stromsollwerte, z.B. IAW und IBW - 2 Stromistwerte, z.B. IAX und IBX - 2 Stromregler und 2 Stellgrößen, z.B. UA und UB Wir müssen uns noch überlegen, was wir mit dem dritten Transistorzweig anfangen sollen bzw. wie wir uc vorgeben wollen. Eine einfache Überlegung hilft uns hier weiter: Für den Sonderfall, dass ua und ub sinusförmigen Zeitverlauf und gleiche Amplituden haben und um 120° phasenverschoben sind, ist es sicher wünschenswert, dass uc die beiden zu einem symmetrischen Drehspannungssystem ergänzt. Dazu muss ua + ub + uc = 0 gelten, d.h. wir wählen uc = - ua - ub ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 3 Damit erhalten wir die in Bild 2 dargestellte Regelung: UA IAW + A - UC PWM B - UB C IBW + ia ib ASM ic IAX IBX Bild 2 Ständerstromregelung Wir erinnern uns an die Arbeitsweise der Pulsbreitenmodulation PWM (Pulse Width Modulation). uc ua ub ZOOM UA 250µs UB UC A B C In Bild 3 sind die Zeitverläufe der 3 Spannungen ua , ub und uc dargestellt. Es sei nochmal darauf hingewiesen, dass die gezeigten sinusförmigen Verläufe einen Sonderfall darstellen. Die Regler aus Bild 2 können UA und UB beliebig vorgeben und UC ergänzt diese Werte so, dass in der Summe Null entsteht. In Bild 3 wird nun ein kleines Stück aus dem Zeitverlauf „gezoomt“. Dieses kleine Stück entspricht einem Modulationsintervall der PWM und sei beispielsweise 250 µs lang. In dieses Intervall passe nun genau eine Periode eines Signals mit dreieckförmigen Zeitverlauf, die Frequenz dieses Signals beträgt also 4 kHz. Dieses Dreieckssignal wird nun jeweils mit den Signalen UA, UB und UC verglichen, die den gewünschten Spannungsverläufen entsprechen. Bild 3 Pulsbreitenmodulation Solange das jeweilige Signal größer ist als das Dreieckssignal, wird das Ansteuersignal für den entsprechenden Brückenzweig auf „Eins“ gesetzt, sonst auf „Null“. Die Mittelwerte der Pulsbreitensignale A, B und C entsprechen damit den gewünschten Spannungen. Bild 4 zeigt vereinfacht eine mögliche Realisierung des Pulsbreitenmodulators. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 4 Die Darstellung zeigt eine analoge Signalverarbeitung, die im vorliegenden Fall durchaus möglich wäre und die in den „Anfangstagen“ der Signalverarbeitung bei Transistorumrichtern auch oft so ausgeführt wurde. Heute wird diese Funktion meist durch entsprechende Zählerschaltungen realisiert, die in modernen Mikrocontrollern oft eigens zu diesem Zweck als periphere Schaltung integriert sind. Da die analoge Variante sich aber besonders gut zur Darstellung des Prinzips eignet, wollen wir sie hier heranziehen. Das Dreieckssignal wird auf die negativen Eingänge der 3 Komparatoren gegeben, auf die positiven Eingänge kommen die Signale UA, UB und UC. Damit entstehen an den Ausgängen der Komparatoren die Signale A, B und C, die wir schon aus Bild 3 kennen. Aus diesen Signalen müssen nun Bild 4 Realisierung der PWM noch die Ansteuersignale für die Transistoren (AH...CL in Bild 1) erzeugt werden. Dabei ist zu beachten, dass zwischen dem Ausschalten eines Transistors und dem Einschalten eines Transitors im gleichen Zweig eine kleine „Totzeit“ eingehalten werden muss. Andernfalls könnte es passieren, dass ein Transistor in einem Zweig eingeschaltet wird, während der andere Zweigtransistor noch nicht ganz aus ist. Dann wäre eine gefürchtete Durchzündung die Folge: Der Zwischenkreiskondensator würde über einen Transistorzweig kurzgeschlossen und es käme ein großer Strom zustande. Dazu sind in Bild 4 die Zeitverzögerungen τ vorgesehen. Wechselt also z.B. das Signal A von 0 auf 1, so geht AL sofort auf 0. Aber erst nach Ablauf von τ werden beide Eingänge des oberen Und-Gatters zu 1 und damit auch AH. Wechselt das Signal A dagegen von 1 auf 0, so ist der Ablauf umgekehrt: AH geht sofort auf 0, aber AL geht erst nach Ablauf von τ nach 1. Mit der in Bild 2 dargestellten Regelung sind wir nun in der Lage, die Ströme ia und ib beliebig in die Maschine einzuprägen. Wie gut (schnell) dies geht, hängt allerdings von verschiedenen Randbedingungen, z.B. der zur Verfügung stehenden Stellreserve ab. Auch bereitet es bei höheren Frequenzen der einzuprägenden Ständerströme den dargestellten PI-Reglern Mühe, die Signale UA und UB so vorzugeben, dass die Stromistwerte den Sollwerten ohne Zeitverzug folgen. Die Regler müssen nämlich am Ausgang dann ebenfalls sinusförmige Signale liefern. Deshalb sind eventuell weitere Maßnahmen (z.B. Störgrößenaufschaltung) nötig. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 5 2.2 Raumzeiger Wir betrachten nun das „Modell“ der Ständerwicklung der Maschine (Bild 5). Wir können uns dabei auf den Fall einer 2-poligen Maschine beschränken. Die Maschine habe 3 Wicklungen, deren Achsen in ia Bild 5 mit a, b und c bezeichnet sind. b Fließt also z.B ein Strom ia durch die Wicklung a in der eingezeichneten ic ib Richtung, d.h. der Strom fließt oben aus der Zeichenebene heraus und unten in die Zeichenebene hinein, so wird eine Durchflutung in Richtung a der Achse a erzeugt. Entsprechendes gilt für die Wicklungen b und c. ib Zu der Darstellung in Bild 5 sind 2 Anmerkungen angebracht: ic c ia 1) In Bild 5 sind die Wicklungen im Bild 5 Modell der Ständerwicklung Luftspalt angeordnet. Es ist zweckmäßig, diese Vorstellung zu benutzen, weil wir uns damit später die Kraftwirkung auf diese Leiter im Magnetfeld leicht vorstellen können. Natürlich wissen wir, dass bei ausgeführten Maschinen die Wicklungen in aller Regel in Nuten „vergraben“ sind. Da das Luftspaltfeld an der Nut praktisch vorbeigeht, wirkt auf die Wicklung selbst (fast) keine Kraft. Man kann aber zeigen, dass stattdessen entsprechende Kräfte auf die Flanken der Nut wirken. Die Vorstellung, die Wicklungen seien im Luftspalt angebracht, führt deshalb zu richtigen Ergebnissen. 2) Die Wicklungen, die in Bild 5 jeweils nur durch eine Windung angedeutet sind, sind in Wirklichkeit so ausgeführt, dass die Durchflutung, die eine Wicklung erzeugt, über den Umfang cosinusförmig verteilt ist. Das Maximum der Durchflutungswelle der Wicklung a zeigt dabei in Richtung der Achse a. Dies ist Voraussetzung dafür, dass bei der Überlagerung der Durchflutungen zweier Wicklungen wiederum eine cosinusförmige Durchflutungswelle entsteht. Zur Übung und zur Stärkung unserer Vorstellungskraft wollen wir nun annehmen, dass die Wicklungen a und b mit 2 sinusförmigen Strömen gleicher Amplitude gespeist werden, wobei ib gegenüber ia um 120° in der Phase nacheilt. Zusammen mit dem Strom ic , der sich dabei zwangsläufig ergibt, bilden die 3 Ströme ia , ib und ic ein Drehstromsystem. Wir betrachten nun die Größe und Richtung der Durchflutung, die dadurch in der Maschine zustandekommt, zu 2 verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 (Bild 6). Zum Zeitpunkt t1 hat ia sein positives Maximum, ib und ic sind jeweils gerade halb so groß und haben negatives Vorzeichen. Wir können zu jedem der Ströme Größe und Richtung seines Raumzeigers angeben. Diese Raumzeiger zeigen in die gleiche Richtung, wie das Maximum der durch die jeweiligen Ströme verursachten Durchflutungswellen. Die Richtung ist durch die Spulenachse vorgegeben, die Länge wird durch den Augenblickswert des Stromes bestimmt. Ist der Strom gerade negativ, so ist der Raumzeiger entgegen der Spulenachse gerichtet. ASMCON, J.Best, WS2000/01 ic Seite 6 ib ia t1 Zeitpunkt t1 t2 Zeitpunkt t2 ic ib ia ib ic ia Wir erhalten also zum Zeitpunkt t1 einen Stromzeiger ia in Richtung der Achse a, einen halb so langen Zeiger ib entgegen der Achse b und einen Zeiger entgegen der Achse c, ebenfalls halb so lang wie ia . Damit ergibt sich zum Zeitpunkt t1 ein resultierender Stromzeiger, der in Richtung ia zeigt, aber die 1,5-fache Länge hat. Zum Zeitpunkt t2 , also 60° später, ist ia nur noch halb so groß, ib ist genauso groß, hat aber sein Vorzeichen umgekehrt und zeigt deshalb in Richtung der b-Achse und ic hat gerade sein negatives Maximum erreicht. Der resultierende Stromzeiger hat aber offensichtlich seine Länge behalten und hat sich um 60° im mathematisch Bild 6 Raumzeiger bei Drehstromspeisung positiven Sinne weitergedreht. Wir können nun mit Recht vermuten, dass bei Speisung mit einem symmetrischen Drehstromsystem ein Durchflutungszeiger konstanter Länge entsteht, der sich gleichmäßig weiterdreht. Auf einen Beweis wollen wir hier verzichten. Es sei noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Raumzeiger, wie wir sie hier betrachten, nichts mit den Zeitzeigern der komplexen Wechselstromrechnung zu tun haben. Letztere beschreiben die Dauerlösung, die sich ergibt, wenn Systeme, die sich durch lineare Differenzialgleichungen beschreiben lassen, mit sinusförmigen Größen angeregt werden. Mit den Zeitzeigern der komplexen Wechselstromrechnung kann also nur der eingeschwungene (stationäre) Zustand beschrieben werden. Wenngleich wir bei den hier verwendeten Raumzeigern sinusförmige Größen zur Überprüfung unserer Überlegungen herangezogen haben, so haben wir dennoch keine Voraussetzungen bezüglich des Zeitverlaufs z.B. der Ständerströme gemacht. Der Raumzeiger des Ständerstroms gibt einfach an, in welche räumliche Richtung der Ständerstrom in der Maschine wirkt. Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen dem resultierenden StänderstromRaumzeiger und den Ständerströmen noch etwas genauer betrachten (Bild 7a). Dort sind die Projektionen eines Raumzeigers auf die 3 Achsen a, b und c dargestellt. Die Zeiger ia und ib zeigen in Richtung der zugehörigen Wicklungsachsen, die Ströme sind positiv. Der Zeiger ic ist entgegen der Wicklungsachse gerichtet, der zugehörige Strom ist negativ. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 7 ib ia ic b ib ia a c a) Projektion des Raumzeigers β b i1β 3 i1β 2 1 i1α 2 ib ia i1α a α b) Zweiachsentransformation Durch geometrische Überlegungen können wir nachprüfen, dass die Längen der projizierten Zeiger zusammen Null ergeben, wenn wir ic negativ zählen. Addieren wir nun die Zeiger ia , ib und ic geometrisch, so erhalten wir einen Zeiger in Richtung des ursprünglichen Raumzeigers, der allerdings die 1,5fache Länge hat. Das heißt, wir können einen beliebigen Raumzeiger dadurch vorgeben, dass wir seine Projektionen auf die Achsen a und b als Ständerströme ia und ib einprägen. Zusammen mit dem Strom ic , der sich wegen ia + ib + ic = 0 zwangsläufig einstellt, ergibt sich dann ein resultierender Raumzeiger der 1,5-fachen Länge. Deshalb wird in der Literatur bisweilen bei der Bildung des resultierenden Raumzeigers ein Faktor 2/3 eingeführt, damit der Raumzeiger die gleiche Länge wie die Amplituden seiner einzelnen Komponenten erhält. Man kann sich den Raumzeiger auch durch 2 rechtwinklige (orthogonale) Komponenten i1α und i1β erzeugt denken, wie dies in Bild 7b) dargestellt ist. Dies ist, wie wir wissen, sehr viel praktischer. Außerdem haben wir beim Übergang auf rechtwinklige Komponenten zusätzlich listig einen Index 1 eingeführt. Dieser soll uns dazu dienen, den Ständerstrom (mit dem wir es bisher ausschließlich zu tun hatten) vom Läuferstrom (mit dem wir es noch zu tun bekommen), zu unterscheiden. Bild 7 Zerlegung des Raumzeigers Aus Bild 7b) können wir die Beziehungen zwischen ia und ib einerseits und i1α und i1β andererseits leicht ablesen: ia = i1α (2.2.1) ib = 3 1 ⋅ i1β − ⋅ i1α 2 2 Wir können die Beziehungen (2.2.1) leicht in eine entsprechende Signalverarbeitung umsetzen, und als „Vorsatz“ vor die Regelung in Bild 2 schalten. Wir können von nun an so tun, als hätten wir eine Maschine mit nur zwei senkrecht zueinander stehenden Ständerwicklungen. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 8 Bild 8 zeigt die entsprechende Signalverarbeitung, die wir nun vor das in Bild 2 dargestellte Blockbild schalten können. I1ALFA IAW 1 2 - I1BETA 3 2 IBW + Bild 8 Signalverarbeitung zur Zweiachsentransformation Wir stellen uns also eine Maschine vor, die zwei orthogonale Ständerwicklungen hat, in die wir über die Sollwerte I1ALFA und I1BETA beliebig Ströme einprägen können. Tatsächlich ist dies auch mit kleiner Zeitverzögerung (z.B. 1ms, je nach Leistungsteil) möglich. Diese beiden fiktiven Wicklungen bringen, genauso wie die drei tatsächlich vorhandenen Wicklungen, jeweils eine über den Umfang cosinusförmig verteilte Durchflutung zustande. Wir können deshalb mit den beiden Komponenten I1ALFA und I1BETA einen Durchflutungs-Raumzeiger in beliebige Richtung mit nur kleinem Zeitverzug vorgeben. Dieser Raumzeiger zeigt in Richtung des Maximums der Durchflutung. Die resultierende Durchflutung ist wieder cosinusförmig über den Umfang verteilt. Wir stellen uns nun weiterhin vor, dass auch der Läufer zwei solche Wicklungen trägt, wie es in Bild 9 dargestellt ist. Diese Wicklungen sind, wie bei der Asynchronmaschine üblich, jeweils kurzgeschlossen. β i1α i1β i2α i2β i2β i1β α i2α i1α Bild 9 Maschine mit 2 Ständerund 2 Läuferwicklungen In Bild 9 sind diese beiden Läufer-Wicklungen nun in eine solche Stellung gebracht, dass ihre Achsen mit denen des Ständers genau zusammenfallen. Das mag zunächst als Spezialfall erscheinen, wir können uns aber überlegen, dass auch bei einer anderen Stellung des Läufers die Wirkung die gleiche ist: Die bei einer gegenüber Bild 9 verdrehten Stellung des Läufers von diesem erzeugte Durchflutung lässt sich sich stets in 2 Komponenten in Richtung α und β zerlegen, so dass man sich die Durchflutung auch durch die in Bild 9 dargestellten Läuferwicklungen erzeugt denken kann. Entsprechendes gilt insbesondere für den Fall, dass der Läufer als Käfigläufer ausgebildet ist, also über viele Wicklungen verfügt. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 9 2.3 Erregung der Maschine Damit eine elektrische Maschine ein Drehmoment erzeugen kann, ist es zunächst notwendig, dass im Luftspalt ein Magnetfeld bzw. ein Fluss vorhanden ist. Wir wollen deshalb zunächst überlegen, wie dies erreicht werden kann. Betrachten wir nun die Ständerwicklung, deren Achse in Richtung α zeigt, und die Läuferwicklung mit der gleichen Eigenschaft. Dabei sollte uns auffallen, dass wir einen Transformator gebaut haben, der allerdings sekundärseitig (Läufer) kurzgeschlossen ist. Wir tun so, als habe dieser Transformator gleiche Windungszahl auf beiden Seiten, was zwar beim Käfigläufer nicht der Fall ist, für unseren prinzipiellen Überlegungen aber keine Rolle spielt (bei anderen Übersetzungsverhältnissen können wir die Ströme bekanntlich umrechnen). Von diesem Transformator wollen wir nun annehmen, dass er zwar eine endliche Hauptinduktivität Lh besitzt, und dass der ohmsche Widerstand auf der Sekundärseite (Läufer) nicht Null ist, dass aber sonst der Transformator ideal ist. Insbesondere vernachlässigen wir in unserem Gedankenexperiment die Streuung. Der Transformator lässt sich damit durch das Ersatzschaltbild in Bild 10 beschreiben. Mit der Elektronik können wir nun 1α 2α i1α (fast) sprungförmig einprägen, wie dies in Bild 10 dargestellt ist. Im ersten Augenblick will dieser Strom aber nicht in die Hauptinµα 2 h duktivität fließen, da sich Ströme in Induktivitäten bekanntlich nie sprungförmig ändern. Dem Strom i1α bleibt deshalb nichts anderes 1α übrig, als durch den (idealen) Transformator zu fließen. Beim idealen Transformator herrscht µα aber immer Durchflutungsgleichgewicht. Da wir ein Übersetzungsverhältnis von 1 angenommen haben, wird deshalb der 2α Transformator auf der Sekundärseite einen Strom i2α treiben, der zunächst genauso groß wie i1α ist, Bild 10 Ersatzschaltbild und Stromverläufe aber entgegen der in Bild 10 eingezeichneten Stromrichtung fließt. Der Strom i2α erzeugt einen Spannungsabfall an R2 und diese Spannung liegt an Lh an, so dass dort ein Strom iµα zu fließen beginnt. Dadurch fließt nur noch ein Teil von i1α in den idealen Transformator, wodurch sich i2α , der Spannungsabfall an R2 und die Spannung über Lh verringern. Schließlich ergeben sich die in Bild 10 dargestellten Verläufe (e-Funktionen). Die Zeitkonstante dieser Verläufe ist Lh/R2. i i i L R i i -i t In Bild 11 wird der gleiche Vorgang aus Bild 10 noch einmal aus einem anderen Blickwinkel dargestellt: ASMCON, J.Best, WS2000/01 i1α Seite 10 β t=0 i1α i2α i2α t>0 i1α α iµα i2α t>>0 i2α i1α i1α iµα Bild 11 Aufmagnetisierung der ASM Zum Zeitpunkt t=0 erzeugt i1α einen Stromraumzeiger, der in Richtung der α-Achse zeigt. In diesem Zeitpunkt ist der Strom i2α betragsmäßig gleich groß, hat aber negatives Vorzeichen. Er erzeugt deshalb einen Stromraumzeiger, der dem von i1α genau entgegen gerichtet ist und diesen deshalb im ersten Augenblick kompensiert. Damit ist die resultierende Durchflutung und damit der Fluss zunächst Null. Etwas später (t>0) ist i2α etwas abgeklungen; die Differenz aus i1α und i2α bildet nun den resultierenden Stromraumzeiger iµα , der nun einen entsprechenden Fluss in der Maschine erzeugt. Schließlich (t>>0) ist i2α ganz verschwunden; der Magetisierungsstrom iµα ist genauso groß wie i1α . Der soeben beschriebene Vorgang ist dem vergleichbar, der beim Zuschalten der Erregerspannung auf die Feldwicklung einer fremderregten Gleichstrommaschine abläuft: Der Magnetisierungsstrom und damit der Fluss baut sich mit einer eFunktion mit einer relativ großen Zeitkonstanten auf. Die Größenordnung der Zeitkonstanten zum Feldaufbau liegt in beiden Fällen in der Gegend von einigen 100ms. 2.4 Drehmoment bei festgebremstem Läufer Wir wollen nun überlegen, wie wir ein Moment in der Maschine zustande bringen können. Dazu nehmen wir in einem Gedankenexperiment an, der Läufer sei festgebremst. Eine Bewegung des Läufers würde nämlich unsere Überlegungen stark stören. Wir werden später sehen, dass diese doch sehr massive Einschränkung (wir verhindern, dass sich der Rotor dreht, was doch eigentlich seine Bestimmung ist) sich durch ein weiteres Gedankenexperiment wieder aufheben lässt. Wir prägen nun auch in die β-Wicklung des Ständers einen Strom sprungförmig ein. Bild 12 zeigt, was passiert: ASMCON, J.Best, WS2000/01 i1α Seite 11 β i1β i1β i2β i2β i1 i1β α i2β i1α iµα i1α Bild 12 Sprungförmiges Einprägen eines Stroms i1β In der Wicklung des Läufers, die gerade in α-Richtung zeigt, ist der Strom i2α zu diesem Zeitpunkt abgeklungen, wie wir bei der Diskussion von Bild 11 gesehen haben. In Bild 12 links ist diese Tatsache noch einmal dadurch verdeutlicht, dass die entsprechende Läuferwicklung „leer“ (ohne Strompfeile) dargestellt ist. In Bild 12 rechts sehen wir, dass i2α nicht vorhanden ist; damit wirkt i1α als Magnetsierungsstrom iµα. Mit anderen Worten: Der Strom i1α erzeugt einen Fluss in der Maschine, der in Richtung der α-Achse zeigt. Genauer: Es liegt eine cosinusförmige Feldverteilung über den Umfang vor, die in Richtung der α-Achse ihr positives Maximum hat und in Richtung der β-Achse Null ist. In Richtung der β-Achse passiert nun das Gleiche, was beim Aufmagnetisieren in αRichtung abgelaufen ist: Beim sprungförmigen Einprägen von i1β wird sofort ein gleich großer, aber entgegengesetzt gerichteter Strom i2β induziert. In diesem ersten Augenblick entsteht deshalb auch keine Durchflutung und damit auch kein Fluss in β-Richtung. Da aber nun ein Strom i2β in der Läuferwicklung fließt, und diese sich gerade dort befindet, wo der Fluss sein Maximum hat, entsteht ein Moment. Für einen kurzen glücklichen Zeitraum sind wir sogar in der Lage, dieses Moment praktisch verzögerungsfrei einzustellen. Wegen der „Trafo-Wirkung“ ändert sich i2β nämlich mit jeder Änderung von i1β und damit auch das erzeugte Moment. Die beiden Kom! ponenten i1α und i1β bilden dabei den Ständerstromraumzeiger i1 , wobei offensichtlich i1α den Fluss und i1β das Moment bestimmt. Leider währt dieses Glück nicht lange, wie Bild 13 zeigt. Der Strom i2β klingt mit der Zeitkonstanten Lh/R2 ab, so dass nun auch in ß-Richtung eine resultierende Durchflutung bzw. ein Magnetisierungsstromkomponente iµβ entsteht. Die beiden Kompo! nenten iµα und iµβ bilden nun den Magnetsierungsstromraumzeiger i µ . Dieser dreht ! sich nun offensichtlich in Richtung des Ständerstromraumzeigers i1 . Dieser Vorgang ist in Bild 14 abgeschlossen. ASMCON, J.Best, WS2000/01 i1α Seite 12 β i2β i1β i2β i2β i1β i1 i1β α iµ iµβ iµβ i1α iµα i1α Bild 13 Die Rotorstromkomponente i2β klingt ab. i1α β iµβ i1β i1β i1 iµ i1β α i1α i1α iµα Bild 14 Der Rotorstrom ist völlig abgeklungen. Nachdem nun beide Komponenten des Rotorstroms abgeklungen sind, wird der Magnetsierungsstrom nur noch vom Ständerstrom erzeugt. In dieser Situation entsteht natürlich auch kein Moment mehr. Insbesondere besteht aber der schöne Sachverhalt, wie er in Bild 12 für kurze vorgelegen hat, nämlich dass eine Komponente des Statorstroms den Fluss und die andere das Moment bildet, nicht mehr. Wollten wir nun erneut sprungförmig ein Moment erzeugen, so bräuchten wir eine Ständerwicklung, deren Achse jetzt quer zur Richtung des aktuellen Magnetisierungsstromzeigers liegt, der sich ja offensichtlich (infolge der festgebremsten Maschine) nur langsam bewegt. ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 13 In einem Gedankenexperiment betrachten wir nun eine „Phantasie-Maschine“ mit sehr vielen Ständerwicklungspaaren, von denen jeweils 2 orthogonale über bewegliche Bürstenpaare mit Strom versorgt werden können. β q d α i1d i1 iµ i1d i1q Bild 15 Gedankenexperiment zur „Feldorientierung“ In Bild 15 sind diese Bürsten nun gerade so eingestellt, dass eine Wicklung mit ihrer Achse in Richtung des Feldes liegt, wie es in Bild 14 zuletzt zustande gekommen war. Diese Achse ist in Bild 15 mit „d“ bezeichnet. Lassen wir durch diese Wicklung nun einen Strom i1d fließen, der betragsmäßig genauso groß ist, wie der Magnetsierungsstrom, so hält dieser das Feld aufrecht. Der Strom i1d bleibt auch weiterhin „flussbildend“, wenn es uns stets gelingt, die Bürsten stets so weiterzudrehen, dass die Achse der entsprechenden Wicklung in Feldrichtung („feldorientiert“) bleibt. Die Läuferwicklungen sind in Bild 15 noch stromlos, wie dies auch in Bild 14 der Fall war. Die Läuferwicklungen sind in Bild 15 aber nun auch in Richtung der „Bürstenachsen“ eingetragen. Das soll aber nicht heißen, dass der Läufer sich bewegt hat - er ist für unsere weiteren Überlegungen immer noch festgebremst - , die Anordnung wie in Bild 15 soll uns nur die weiteren Überlegungen erleichtern. Wir hatten ja bereits im Zusammenhang mit Bild 9 diskutiert, dass man sich die durch die Läuferströme erzeugte Durchflutung stets durch 2 beliebig „verdrehte“ Wicklungen erzeugt denken kann. Prägen wir nun einen Strom i1q in die Wicklung ein, die quer (Achse q) zum Feld steht, so kommt sofort ein Moment zustande (Bild 16). Es liegt praktisch die gleiche Situation vor, die wir aus Bild 12 schon kennen: Wir können mit i1q das Moment beliebig und praktisch verzögerungsfrei einstellen. Im Gegensatz zu Bild 12 haben wir aber jetzt die Möglichkeit, diesen angenehmen Zustand beizubehalten. Wir müssen „nur“ die Bürsten stets so verdrehen, dass der Strom i1d in Feldrichtung und I1q quer dazu wirkt, d.h. die „Feldorientierung“ aufrechterhalten bleibt. ASMCON, J.Best, WS2000/01 q Seite 14 β i1d d i1q i2q i1 α i2q i1d i1q i1q i1d iµ i2q i1q i1d Bild 16 Momentenbildung im Gedankenexperiment Natürlich wollen wir keine Maschine bauen, wie wir sie im Gedankenexperiment benutzt haben. Wir suchen deshalb nach einem elektronischen Ausweg. Im Zusammenhang mit der Zweiachsentransformation haben wir ja schon gesehen, wie wir durch eine geeignete Signalverarbeitung für eine Maschine, die in Wirklichkeit 3 Wicklungen hat, 2 Sollwerte (I1ALFA und I1BETA, siehe Bild 8) vorgeben können, die so wirken, als hätte die Maschine 2 orthogonale Wicklungen. Die Rechenvorschriften haben wir durch geometrische Überlegungen gefunden, indem wir die Projektionen des Stromraumzeigers auf die gewünschten Achsen betrachtet haben. Jetzt suchen wir eine Rechenschaltung, der wir Sollwerte I1D, I1Q und einen Verdrehwinkel RHO („Bürstenstellung“) vorgeben, und die dann die neuen Sollwerte I1ALFA und I1BETA liefert. Eine solche Rechenschaltung heißt Koordinatendreher, weil sie dafür sorgt, dass wir Stromkomponenten im „feldorientierten“ d-q-Koordinatensystem vorgeben können und daraus die entsprechenden Komponenten im „ständerfesten“ α-β-Koordinatensystem geliefert bekommen. Bild 17 veranschaulicht dieses Vorhaben. I1ALFA I1D I1Q Koordinatendreher I1BETA RHO Bild 17 Koordinatendreher als „Sollwertvorsatz“ IAW 2/3Koordinatenwandler IBW ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 15 β q i1 i1β i1q cosρ ρ d i1q i1d i1d sinρ i1q sinρ ρ α i1α i1d cosρ Bild 18 Zur Ableitung des Koordinatendrehers ! Bild 18 zeigt nun den Raumzeiger i1 in beiden Koordinatensystemen. Daraus lassen sich die Beziehungen zwischen den Komponenten in den beiden Koordinatensystemen ablesen: i1α = i1d ⋅ cos ρ − i1q ⋅ sin ρ (2.4.1) i1β = i1d ⋅ sin ρ + i1q ⋅ cos ρ Die notwendige Signalverarbeitung zeigt Bild 19 als Wirkschaltplan: I1D I1ALFA * * * I1BETA I1Q * COSRHO SINRHO RHO Bild 19 Wirkschaltplan zur Koordinatendrehung ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 16 Mit dem Signal RHO wird z.B. eine im ROM eines Mikrorechners abgelegte Tabelle angesteuert, die dann entsprechende Werte COSRHO und SINRHO liefert. Es sind dann nur noch 4 Multiplikationen und 2 Additionen notwendig, um die Koordinatendrehung zu vollziehen. Damit sind nun die „Innereien“ von Bild 17 bekannt. Wir brauchen also lediglich die Signalverarbeitung aus Bild 17 vor die Stromregelung aus Bild 2 zu schalten und können dann über I1D einen Stromsollwert „in Feldrichtung“ vorgeben und damit den Fluss verändern und wir können mit I1Q einen Stromsollwert vorgeben, der „quer zum Fluss“ wirkt und damit das Moment bestimmen. Letzteres geht mit der sehr geringen (typ. 1ms) durch die Stromregelung bedingten Zeitverzögerung, während der Fluss nur mit der Rotorzeitkonstanten TR = Lh / R2 (typ. einige 100ms) verstellt werden kann. Die Sache hat allerdings noch einen Schönheitsfehler: Wir brauchen noch den Winkel RHO, der angibt, wohin der Magnetisierungsstrom bzw. der Flussraumzeiger gerade zeigt. In den Anfangstagen der feldorientierten Regelung hat man versucht, dies mit Sensoren (z. B. Hallelementen) im Luftspalt herauszufinden. Da dies unpraktikabel ist, verwendet man heute lieber ein Flussmodell. 2.5 Flussmodell Wir brauchen also ein Modell der Maschine, das uns den Winkel ρ liefert. Dazu sind in Bild 20 links noch einmal die Raumzeiger aus Bild 16, wie sie im Augenblick des Zuschaltens von i1q wirksam sind, dargestellt. Ohne weitere Maßnahmen würde sich ! ! nun der Magnetisierungsstrom i µ in Richtung des Ständerstroms i1 drehen, wie dies in Bild 20 rechts für eine Zeit ∆t später dargestellt ist. t=0 t=∆t i1 i1 i1d i1q ∆iµq i1q iµ i1d iµ i2q ∆ρ∗ i2q Bild 20 Zur Herleitung des Flussmodells Das, was in Bild 20 rechts dargestellt ist, müssen wir verhindern. Deshalb müssen ! wir das d-q-Koordinatensystem genauso schnell weiterdrehen, wie sich i µ aus der dAchse wegdrehen will. Dazu müssen wir wissen, wie groß ∆iµq nach der Zeit ∆t geworden wäre. Bei der Beantwortung dieser Frage hilft uns Bild 21. Dort ist der Zeitverlauf dargestellt, mit dem sich iµq ohne Gegenmaßnahme der Komponente i1q des Ständerstroms annähern würde. Wie wir wissen, ist das eine e-Funktion mit der ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 17 Zeitkonstanten TR. Einen ähnlichen Vorgang haben wir schon anhand von Bild 10 diskutiert. TR i1q iµq ∆iµq ∆t t Bild 21 Zur Ermittlung der Änderungsrate ∆iµq / ∆t Aus Bild 21 können wir ablesen, wie schnell sich iµq im ersten Augenblick ändert: ∆i µq ∆t ≈ i1q TR (2.5.1) Aus Bild 20 lesen wir ab, wie sich dadurch der Winkel ρ* ändert: ∆i µq = i µ ⋅ sin ∆ρ * ≈ i µ . ∆ρ * (2.5.2) Der Winkel ρ ist in Bild 20 bzw. in (2.5.2) listig mit einem Stern ( * ) verziert, weil wir hier ahnen können, dass dies nicht das endgültige ρ ist, mit dem der Koordinatendreher gefüttert werden muss. Der Rotor ist ja bei unseren Überlegungen immer noch festgebremst und wenn wir diese Bremse aufheben, wird dies Einfluss auf die notwendige Koordinatendrehung haben. Wir eleminieren nun ∆iµq in (2.5.1) und (2.5.2) erhalten: ∆t ⋅ i1q TR ≈ i µ ⋅ ∆ρ * (2.5.3) ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 18 Lassen wir nun ∆t gegen Null streben, so erhalten wir: i1q ∆ρ * dρ * = = lim ∆t → 0 ∆t dt iµ ⋅ TR (2.5.4) Wenn wir außerdem berücksichtigen, dass bei Feldorientierung iµ der Ständerstromkomponenten i1d mit der Rotorzeitkonstanten TR folgt, so bekommen wir den in Bild 22 dargestellten Wirkschaltplan zur Bestimmung von ρ* : I1Q RHO* I1D TR TR Bild 22 Modell zur Berechnung von RHO* Bisher haben wir unsere Überlegungen bei festgebremsten Läufer durchgeführt. Wenn wir diese Einschränkung aufheben, ändern sich die Verhältnisse grundlegend: Die stromführenden Wicklungen in Läufer und Ständer können sich nun relativ zueinander bewegen und die von ihnen erzeugten Durchflutungen sind dann von dieser Bewegung abhängig. Damit wären unsere mühsam angestellten Betrachtungen nicht mehr gültig. Mit einem einfachen Trick können wir aber dieses Problem lösen. Wir brauchen nämlich nur die Drehung des Läufers zu erfassen und mit diesem Winkel γ den Koordinatendreher zusätzlich beaufschlagen. Damit wird, was die magnetischen und elektrischen Verhältnisse betrifft, der Ständer scheinbar mit dem Läufer mitgedreht, d.h. die Verhältnisse sind wieder so wie in der festgebremsten Maschine. Wir erhalten so die in Bild 23 dargestellte Struktur einer einfachen feldorientierten Regelung. Wir können damit die momentenbildende Komponente I1Q und die flussbildende Komponente I1D des Ständerstromes beliebig vorgeben. Damit haben wir entsprechende Stellgrößen wie bei der Gleichstrommaschine zur Verfügung. Diese einfache Version hat allerdings noch Schwachstellen: • In das Modell geht die Rotorzeitkonstante TR ein. Diese ändert sich aber mit R2, das stark temperaturabhäng ist. Da man die Temperatur im Rotor nur schlecht messen kann, wird bisweilen ersatzweise die Temperatur im Lagerschild gemessen und zur Korrektur herangezogen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, zusätzlich zu dem hier verwendeten „Strommodell“ für den Fluss ein „Spannungsmodell“ heranzuziehen. Letzteres bezieht seine Information aus den Spannungen an den Motorklemmen. Allerdings arbeitet es erst ab einer gewissen Mindest- ASMCON, J.Best, WS2000/01 Seite 19 drehzahl (z. B. 10% der Nenndrehzahl) zufriedenstellend. Man kann es aber benutzen, um oberhalb dieser Minimaldrehzahl R2 nachzuführen. • Wir haben bei unseren Überlegung die Magnetisierungskennlinie nicht berücksichtigt. Im allgemeinen wird man das Modell dahingehend erweitern müssen. • Das Flussmodell wird hier von den Sollwerten I1D und I1Q angesteuert. Besser ist es, dazu die Istwerte heranzuziehen. Da diese aber im statorfesten Koordinatensystem gemessen werden, ist dann ein weiterer Koordinatendreher notwendig. • Wir haben hier eine „Stromregelung in Ständerkoordinaten“ verwendet, d.h. die Stromregler müssen sinusförmige Soll- und Istwerte verarbeiten und entsprechende Stellgrößen ausgeben, was ihnen bei höheren Frequenzen nicht leicht fällt. Eine Alternative besteht darin, die Stromregler die Ströme im d/q-Koordinatensystem regeln zu lassen (Regelung in Feldkoordinaten). Dazu wird der Koordinatendreher hinter den Stromreglern angeordnet. I1ALFA I1D IAW 2/3 A Stromregler KoordinatenKoordinaten- I1Q dreher γ B ASM + PWM wandler C IBW I1BETA IAX, IBX RHO GAMMA RHO* TR TR Bild 23 Einfache Version einer feldorientierten Regelung T