e:Med – systemmedizin in deutschland etablieren Systemmediziner treffen sich in Heidelberg zur Gründung eines neuen Netzwerks von Silke Argo Nicht weniger als die Etablierung eines Netzwerkes der Systemmedizin in Deutschland hat sich e:Med auf die Fahne geschrieben. e:Med – das ist ein brandneues Kind des BMBF mit vielen Protagonisten: Kliniker, Biologen, Mathematiker, ITler. Beim Kick-off Meeting im November 2014 bilden sie ein bewegliches Muster im Glashausfoyer des DKFZ Kommunikationszentrums in Heidelberg. Langjährige Partner clustern in engen Gruppen, Wissenschaftler neu gegründeter Forschungsverbünde stellen ihr Team und ihre Projekte vor, Forscher strömen zwischen Gruppen, Postern und Catering hin und her. Eine hochmotivierte Community, die sich daran macht, ein neues Feld zu erschließen. Damit diese Datenflut – Stichwort „Big Data“ – tatsächlich dem Patienten zu Gute kommen kann, vernetzen sich Mediziner und Biologen mit Experten aus Computerwissenschaft und Mathematik. Ziel ist es, die komplexen molekularen Abläufe, die das Funktionieren des Körpers und die Entstehung von Krankheiten bestimmen, quantitativ und in ihrer zeitlichen Abfolge zu erfassen. Der systembiologische Ansatz, mit dem die Daten durch ein Wechselspiel von Laborexperimenten und Computermodellen analysiert werden, spielt dabei eine zentrale Rolle. Doch damit nicht genug: Die Wissenschaftler zielen zunehmend darauf, auch krankheitsübergreifende pathologische Prozesse zu verstehen. Aber: Was ist das überhaupt, Systemmedizin? Was ist ihr Ziel? Und warum ist die Systemmedizin so wichtig, dass ihr ein ganzes Förderprogramm gewidmet wird? Systemmedizin – Big Data dem Patienten nutzbar machen e:Med – modular, flexibel, zukunftsweisend Der rasante technische Fortschritt und die immer genaueren im DLR zur offiziellen Eröffnung des Kick-off Meetings Struk- Analysemethoden mit digitaler Datenerfassung tragen dazu bei, tur und Ziele von e:Med vorstellt. Er hebt die Wichtigkeit der dass in der Medizin zunehmend große Datenmengen anfallen. Systemmedizin für das Verständnis vieler Krankheiten hervor Diese Daten entstammen der Analyse des Erbguts, der Proteine und formuliert die Erwartung, dass e:Med einen entscheidenden oder der Stoffwechselprodukte. In aktuellen Ansätzen werden Impuls für ein deutschlandweites Netzwerk der Systemmedizin mit ausgefeilten technischen Methoden enorm viele Proben geben wird. Markus Nöthen von der Universität Bonn, einer parallel und mit sehr hoher Geschwindigkeit untersucht, in so- der Sprecher des e:Med-Projektkomitees, betont, dass e:Med als genannten Hochdurchsatzverfahren. Die Menge resultierender modulares Förderkonzept zur richtigen Zeit kommt, aber auch, Daten ist gigantisch und steigt täglich. dass für eine international wettbewerbsfähige Systemmedizin Der Saal ist voll besetzt, als Andreas Weller vom Projektträger weitere Mittel dringend notwendig sind. 24 Forschung e:Med – Systemmedizin in Deutschland etablieren www.systembiologie.de e:Med Community auf dem Kick-off Meeting, November 2014, DKFZ Heidelberg (Foto: e:Med). e:Med-Konsortien am Start deren Lebermetastasen mit paralleler Erforschung personali- Die Chance, einen Überblick über die Projekte zu erhalten, sierter tumorinitiierender Zellen. wird auf diesem e:Med-internen Meeting von den über 230 Teilnehmenden gerne ergriffen. Vierzehn Konsortien und Die beiden Bereiche Transplantations- und Krebsmedizin ste- der erste von neun Juniorverbünden werden durch ihre Ko- hen im Mittelpunkt von SYSIMIT. Die Gemeinsamkeit liegt in ordinatoren vorgestellt. An dieser Stelle können nur einige der mikroskopisch sichtbaren Immunreaktion, erläutert Fried- Aspekte herausgegriffen werden: rich Feuerhake von der Medizinischen Hochschule Hannover. Diese konnte bisher nur unzureichend erfasst werden. Das Durch einen integrativen Ansatz zielt beispielsweise das e:Med- Konsortium setzt nun modernste Methoden der automatisier- Konsortium PANC-STRAT auf eine personalisierte Behandlung ten Bildverarbeitung und mathematischen Modellierung von von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Rechnergestützte Modellierung dynamischen Vorgängen ein, um die zeitliche und räumliche wird mit Patienten-basierten Tumormodellen kombiniert. Ro- Dimension in die Bewertung von mikroskopischen Befunden land Eils, DKFZ und Universität Heidelberg, erläutert den Omics- einzubeziehen – und für die Früherkennung zu nutzen (siehe basierten Ansatz zur Untersuchung von Pankreastumoren und Artikel SYSIMIT auf Seite 28). e:Med – ein neues Forschungs- und Förderkonzept e:Med ist ein neues Forschungs- und Förderkonzept des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). „e:Med“ steht für die elektronische Prozessierung und Integration medizinisch relevanter Daten diverser Wissensebenen in der Systemmedizin. Das Konzept umfasst fünf Module und wird zunächst für acht Jahre mit 200 Mio. Euro durch das BMBF gefördert. In Modul I arbeiten 14 „Forschungskonsortien der Systemmedizin“ an 42 wissenschaftlichen Einrichtungen in 28 deutschen Städten sowie 3 Universitäten außerhalb Deutschlands zu spezifischen Themen. In Modul II haben 2015 acht „Demonstratoren für die individualisierte Medizin“ die Arbeit begonnen. Diese Pilotprojekte für die Systemmedizin erforschen mittels enger Verzahnung von Lebens- und Informationswissenschaften systemorientiert verschiedene Krankheiten und Präventionsmaßnahmen. Modul III „Nachwuchsförderung“ umfasst die Fördermaßnahmen „Juniorverbünde“, „Nachwuchsgruppen“ sowie die Organisation von hochkarätigen „Summer Schools“. In neun „Juniorverbünden in der Systemmedizin“ bearbeiten jeweils drei bis fünf junge Wissenschaftler interdisziplinär medizinische Fragestellungen bezüglich verschiedener Erkrankungen. Das e:Med-Modul IV „Zukunfts- und Querschnittsthemen“ wird ermöglichen, flexibel auf Innovationsbedarf zu reagieren und stellt aktuell eine Schnittstelle zu weiteren BMBFInitiativen wie de.NBI und i:DSem dar. Modul V „Internationalisierung“ hat die Beteiligung an wichtigen internationalen Maßnahmen wie ICGC, IHEC, ERA-Netzen und CASyM zum Gegenstand. Parallel fördert das BMBF Projekte zu den ethischen, rechtlichen und sozialen Aspekten der Systemmedizin. www.systembiologie.de Forschung e:Med – Systemmedizin in Deutschland etablieren 25 Schwere Verläufe der Lungenentzündung beschäftigen die Systemmedizin – innovatives Feld für Querdenker Wissenschaftler von CAPSyS. Markus Löffler von der Uni- Networking steht im Vordergrund. Engagiert nehmen die e:Med- versität Leipzig erklärt, wie mit Hilfe systemmedizinischer Mitglieder an den Gründungstreffen von Projektgruppen teil, Methoden an Daten und Patientenmaterial dreier deutscher um mit Kollegen Methoden, Technologien und wissenschaftliche Studiengruppen neue Signaturen gefunden werden sollen, die Inhalte zu erörtern und Initiativen zu starten. Die Postersession ein bevorstehendes Versagen der Barriere zwischen Lunge gefolgt vom abendlichen Get-Together veranlassen die Wissen- und Blutgefäßen erkennen lassen. schaftler einmal mehr, zu diskutieren, heiter und in immer neuen Gruppierungen. Visionen werden begraben und geboren. Eine Kürzlich wurden über 50 neue Gen-Orte und Lifestyle Community von Querdenkern vernetzt sich hier zunehmend. Faktoren gefunden, die mit Herzinfarkt und Schlaganfall Von ihr ist in den kommenden Jahren einiges zu erwarten. verbunden sind. Jeanette Erdmann, Universität zu Lübeck und Sprecherin des e:Med-Projektkomitees, berichtet, wie e:AtheroSysMed genetische und Lifestyle-Daten mittels diver- Kontakt: ser Omics-Technologien analysiert. Ziele dieses Konsortiums sind es, therapeutische Zielstrukturen zu entdecken, das in- Dr. Silke Argo dividuelle Risiko besser vorherzusagen und neu entwickelte e:Med Geschäftsstelle Algorithmen und Tools in die Klinik zu bringen. c/o Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg Patienten mit fortgeschrittenem Leberzellkarzinom (HCC) [email protected] stehen im Focus von Multiscale HCC, so Bernd Pichler vom Universitätsklinikum Tübingen. Das interdisziplinäre Kon- www.sys-med.de sortium kombiniert Ergebnisse multiparametrischer Bildge- meeting.sys-med.de bungs- und Omics-Methoden mit denen von klinischen Un- www.dkfz.de tersuchungen und entwickelt bzw. verfeinert mathematische Modelle der Tumorentwicklung. Diese werden genutzt, um Einnahmeschemata für Kombinationstherapien zu untersuchen und zu optimieren. 26 Forschung e:Med – Systemmedizin in Deutschland etablieren www.systembiologie.de