Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | HE-Färbung | Labororganisation HE-Färbung Herausforderungen und Chancen Johanna Wezgowiec, Institut für Pathologie, Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg Präanalytik und Ergebnisqualität Roche Jede analytische Methode ist immer nur so gut wie das eingesetzte Material. Daher wird auch die Qualität der HE-Färbung maßgeblich vom kompletten Prozess der Präanalytik beeinflusst. Etliche „Fallstricke“ sind zu vermeiden, um die bestmögliche Ergebnisqualität zu erreichen. Jede Gewebeprobe durchläuft im histologischen Labor eine Hämatoxylin-Eosin-(HE-) Färbung. Angewandt seit 1865, avancierte sie im Laufe der Jahre zur Standardübersichtsfärbung, um Gewebestrukturen zu visualisieren. Und tatsächlich liefert die HE-Färbung in den meisten Fällen bereits eine finale Diagnose. Trotz der vielfachen Routineanwendung in jeder Pathologie gibt es immer noch vermeidbare „Fallstricke“ mit negativen Auswirkungen auf die Ergebnisqualität. Neuralgische Punkte dazu sind im Folgenden ausgeführt. Die kompetente Durchführung der präanalytischen Schritte sowie vollautomatisierte Färbeprozesse können jedoch das diagnostische Potenzial dieser klinisch hochrelevanten Methode weiter ausreizen. Hauptbestandteile der Methode sind die Farbstoffe Hämatoxylin und Eosin. Hämatoxylin, ein Naturprodukt, färbt negativ geladene Strukturen blau, wodurch die Zellkerne lichtmikroskopisch sichtbar werden. Der synthetische Farbstoff Eosin hingegen markiert alle basischen Strukturen rötlich das sind vor allem zytoplasmatische Komponenten (Abb. 1–3). Die unterschiedliche Darstellung der Zellmorphologie ermöglicht die finale Diagnose bei benignem Gewebe (ca. 80 % aller Fälle), bei malignem Befund dient sie – im Sinne einer Stufendiagnostik – als Ausgangsfärbung für immunhistochemische und molekularbiologische Verfahren. Mehrstufige Präanalytik Vor der eigentlichen Färbung durchlaufen Gewebeproben einen mehrstufigen präanalytischen Prozess. OFixierung des Gewebes mittels 4 % neutral gepuffertem Formaldehyd (entspricht 10 % Formalin). Das verhindert biologische Reaktionen (z. B. Autolyse) und stellt sicher, dass die Gewebestruktur im Entnahmezustand konserviert wird. Dieser erste präanalytische Schritt erfolgt durch den behandelnden Arzt, der dem Patienten die Gewebeprobe entnimmt. Die weiteren Arbeitsschritte laufen im histologischen Labor. ONach dem fachärztlichen Gewebezuschnitt dienen zusätzliche Fixierungsund Entwässerungsschritte dazu, die Zellmorphologie weiter zu konservieren und die Probe für die nachfolgenden Schritte vorzubereiten. ODie Einbettung in das wachsartige Paraffin überführt das Gewebe in eine solide und starre Form. OAus dem Paraffinblock werden dünne Schnittpräparate (2–4 µm) hergestellt und auf Objektträger aufgebracht. In diesem Format durchläuft die Gewebeprobe dann die analytische Phase. Nach der fachgerechten Entnahme des Gewebes sollten mechanische Schädigungen (Quetschungen) der Gewebeprobe vermieden werden. Anschließend ist die direkte Überführung in das Fixierungsmedium (4 % neutral gepuffertes Formaldehyd) innerhalb von 30 Minuten essenziell. Dauert es länger, können Prozesse wie Autolyse, Fäulnis und Verwesung das Gewebe unwiderruflich schädigen und die Diagnostik erschweren beziehungsweise sogar unmöglich machen. Der Einsatz von 4 % gepufferten Formaldehyd sollte heute eigentlich Standard sein. Jedoch kommt aus Kostengründen immer noch nicht gepuffertes Formaldehyd zum Einsatz. Diese „Einsparung“ von wenigen Cents pro Liter geht auf Kosten der Diagnosesicherheit. Die fehlende Pufferung fördert eine lichtinduzierte Oxidation des Formaldehyds, wodurch aggressive Ameisensäure entsteht. Diese schädigt irreversibel Gewebestrukturen und verschlechtert die Morphologie. Auch die Systeme, die eine vollautomatische Nachfixierung und Entwässerung nach dem Zuschnitt durchführen, sollten nur mit neutral gepuffertem Formaldehyd und anderen hochwertigen Einsatzstoffen (Alkohole, Intermedium, Paraffin) betrieben und in regelmäßigen, dem Probenaufkommen angepassten Abständen erneuert werden. Auf diese Weise lässt sich eine weitgehend gleichbleibende und standardisierte Fixierung erreichen. Besonderen Einfluss auf die Eindeutigkeit der HE-Färbung hat die Schnittdicke. Kernreiches Gewebe wie das lymphatische 21 Labororganisation | HE-Färbung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 Roche Roche Roche Beispiele für HE-gefärbte Gewebeschnitte Abb. 1: Normales Lungengewebe (20x): Alveolen, Alveolarmakrophagen und ein Bronchus-Ast mit Flimmerepithel. Abb. 2: Hodgkin Lymphom: Doppelkernige Hodgkin-Blasten und Lymphozyten. Abb. 3: Mammakarzinom (10x): Invasives, Nicht-kleinzelliges Karzinom (Adenkarzinom) mit wenigen Drüsenläppchen. Gewebe erfordert dünne Schnitte (z. B. 2 µm), um sicher zu stellen, dass nur eine Zellschicht dargestellt wird. Bei zu hoher Schnittdicke überlagern sich die diagnostisch relevanten Zellkerne und erschweren so eine eindeutige Diagnose. Kernarmes fettreiches Gewebe dagegen sollte dicker geschnitten werden (z. B. 4 µm), damit ausreichend diagnostisch relevante Strukturen vorhanden sind. liefern, die nur von der Probebeschaffenheit abhängen, ist dies bei den sogenannten „Dip-&-Dunk-Automaten“ nicht der Fall. Hier werden mehrere Objektträger gemeinsam durch Küvetten mit Färbelösungen geführt, die Farbe ist im Überschuss vorhanden. Die Methode birgt folgenden Nachteil: Der Verbrauch an Färbelösungen pro Objektträger ist nicht standardisiert. Es lässt sich nur schwer nachhalten, wie viele Objektträger mit welcher Gewebeart in einer bestimmten Zeit durch die Lösungen geführt wurden. Unabhängig von der jeweiligen Gewebeprobe verändert sich über die Zeit die Farbintensität der Schnitte – auch bei regelmäßigem Wechsel der verwendeten Reagenzien. Die Färbeergebnisse in solchen System können daher tagesabhängige Schwankungen aufweisen und sind nicht immer vergleichbar. Auch gebrauchsfertige Reagenzien können eine Verwässerung, also Konzentrationsänderungen der Färbelösungen, nicht kompensieren. zu bewirken. Vollautomatische Färbesysteme „erzwingen“ quasi die weitgehende Standardisierung der Präanalytik – eine große Chance sowohl für mehr Patientensicherheit, als auch, um die stets steigenden Qualitätsanforderungen in der Pathologie zu erfüllen. Mögliche Fehler in der Präanalytik werden transparenter, sie können behoben oder zumindest dokumentiert werden. Besonders auch auf nachgeschaltete sensitivere Untersuchungen wie Immunhistochemie und Molekularpathologie kann dies einen positiven Einfluss haben, denn optimale Präanalytik und standardisierte HE-Färbung bilden die Grundlage auch für eine hohe Ergebnisqualität dieser Methoden. Korrespondenzadresse Last but not least können auch die eingesetzten Reagenzien die HE-Färbung massiv negativ beeinflussen. Für gleichbleibende Färbungen empfehlen sich gebrauchsfertige Reagenzien, um Fehler beim Lösungsansatz per se auszuschließen. Ein weiteres, wenn auch geringeres Risiko bei Verwendung von „Dip-&-Dunk-Systemen“ ist die Gewebeverschleppung. Unter Umständen können sich Gewebebestandteile auf einem Objektträger lösen und an einem Objektträger, mit der Probe eines anderen Patienten wieder anhaften. Handelt es sich dabei um Tumorzellen oder Tumorbestandteile, führt dies unter Umständen zu einer falsch positiven Tumordiagnose. Färbetechnologie und Ergebnisqualität Chancen Während vollautomatisierte, standardisierte HE-Färber wie oben beschrieben aus sachgemäß fixiertem und gleichmäßig geschnittenem Gewebe reproduzierbare Ergebnisse Die vollautomatisierte Abarbeitung des kompletten HE-Färbeprozesses mit gebrauchsfertigen Reagenzien hat das Potenzial, einen Qualitätssprung in der Gewebediagnostik Bei vollautomatisierten HE-Färbern ist der Färbeprozess – im Vergleich zu Systemen früherer Generation – erstmals komplett standardisiert. Sie arbeiten mit festgelegten Volumina und verwenden für jeden Objektträger frische Färbelösungen. Dies hat nicht zuletzt den Vorteil, dass auch Fehler in den vorausgehenden, präanalytischen Schritten eher auffallen und dem gleichmäßigen Schneiden einer Gewebeart eine besonders wichtige Rolle für das Ergebnis zukommt. Unregelmäßige Schnitte resultieren in einer deutlich unterschiedlichen Intensität der Färbung, weil mehr oder weniger Zellmaterial mit jeweils der gleichen Reagenzienmenge behandelt wird. 22 Literatur 1Platt E et al: Arch Pathol Lab Med (2009); 133: 973–978 Allgemeine Quellen •Lang G: Histotechnik (2006), Springer – Wien – New York •Mulisch M, Welsch U (Hrsg.): Romeis – Mikroskopische Technik (2010), Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Johanna Wezgowiec Leitende Medizinisch-Technische Assistentin Institut für Pathologie Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg Heerstr. 219 47053 Duisburg [email protected]