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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
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16.10.2014
Von: Rolf Winkel
Übernahme
Nach der Ausbildung – wie geht’s weiter?
Eine knappe halbe Million Auszubildende bestehen in jedem Jahr ihre Abschlussprüfung. Doch längst nicht
jeder wird danach von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen. Worauf sollten die Ex-Azubis achten? Wir
geben Antworten.
aquasolid/istockphoto
Gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Beschäftigung durch den Ausbildungsbetrieb?
Nein. In einer Reihe von Betrieben haben die Betriebsräte allerdings Vereinbarungen zur Übernahme der
Azubis ausgehandelt. Viel Druck wurde dabei von den Jugend- und Auszubildendenvertretungen im Rahmen
der IG BCE-Kampagne „Unser Einsatz für Deine Übernahme" ausgeübt. Für Ausgelernte in der chemischen
Industrie und der Kautschukindustrie hat die IG BCE tarifvertraglich verankert, dass die unbefristete
Übernahme von Azubis zum Normalfall wird.
Wie häufig werden Azubis übernommen?
Etwa zwei von drei Auszubildenden wurden in den letzten Jahren jeweils übernommen. Das hat das
Bundesinstitut für Berufsbildung ermittelt.
Wie können Berufsanfänger sicher sein, dass sie in den richtigen Tarif eingestuft werden?
Dafür gibt es Tarifverträge, die die IG BCE ausgehandelt hat. Nach diesen müssen sich zumindest
tarifgebundene Firmen richten. Michael Porschen, Bundesjugendsekretär der IG BCE rät den Ex-Azubis: „In
Zweifelsfällen sollten sie sich an Betriebsräte oder an die Jugend- und Ausbildungsvertretung wenden.“
Ab wann besteht nach der Übernahme ein Kündigungsschutz?
Ab dem ersten Beschäftigungstag. Vorausgesetzt, jemand hat zuvor mindestens sechs Monate lang im
gleichen Betrieb seine Ausbildung absolviert. Das Kündigungsschutzgesetz gilt nämlich nur dann, wenn die
Betroffenen bereits mindestens ein halbes Jahr beim selben Arbeitgeber beschäftigt sind. Zudem muss der
Betrieb mindestens zehn Arbeitnehmer haben.
Die Ausbildungszeit wird nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. November 1999 (Az.:
2 AZR 89/99) mitgezählt, wenn geprüft wird, ob die sechsmonatige Wartezeit erfüllt ist. Kündigungsschutz –
das bedeutet allerdings nicht, dass Arbeitnehmer nicht entlassen werden können. Sie können allerdings dann
gegen die Kündigung eine Klage vor dem Arbeitsgericht einreichen. Diese muss innerhalb von drei Woche
nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eingehen, erklärt Ansgar Claes, Leiter der Abteilung Arbeitsund Sozialrecht bei der IG BCE. Allerdings: „Ein Protestschreiben an den Arbeitgeber reicht hierbei nicht.“
Wichtig ist zudem: Kündigungsschutz besteht auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen.
Was ist mit Resturlaub aus der Zeit der Ausbildung?
Hier gibt es eine für Ex-Azubis günstige Regelung: Falls aus der Ausbildungszeit noch Urlaubstage offen
sind, können diese auch in der anschließenden Beschäftigungszeit noch genommen werden. Dabei muss dann
der volle Arbeitnehmer-Lohn – und nicht die niedrigere Ausbildungsvergütung – fortgezahlt werden. Zudem
besteht Anspruch auf Urlaubsgeld.
Was gilt bei Krankheit?
Wer von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen wird, hat ab dem ersten Beschäftigungstag Anspruch auf
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber. Selbst bei einer Krankheit bereits zu Beginn
des Beschäftigungsverhältnisses muss in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit (AU) das vereinbarte Arbeitsentgelt
fortgezahlt werden. Dauert die AU länger als sechs Wochen, so haben die Betroffenen Anspruch auf
Krankengeld von der Krankenkasse. Dabei wird in jedem Fall „das neue Arbeitsentgelt aus dem neuen
Arbeitsverhältnis bei der Berechnung zu Grunde gelegt“, so Claudia Widmaier vom Spitzenverband der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Als Krankengeld gibt es meist 90 Prozent des „normalen“
Nettoentgelts.
Gibt’s nach der Übernahme in eine Beschäftigung eine neue Probezeit?
Das ist rechtlich nicht ganz klar. In der Probezeit können Arbeitgeber und Arbeitnehmer – salopp gesagt –
testen, ob die jeweiligen Erwartungen erfüllt werden. Sie dauert maximal sechs Monate. In dieser Zeit
können beide Seiten das Arbeitsverhältnis ohne besondere Begründung beenden. Die Kündigungsfrist beträgt
in dieser Zeit zwei Wochen. „Eine solche Probezeit macht für übernommene Azubis eigentlich keinen Sinn,
weil der Arbeitgeber den Ex-Azubi ja bereits jahrelang kennt“, meint Ansgar Claes. Viele Arbeitgeber sehen
das allerdings anders und argumentieren, dass bei einem Arbeitsverhältnis andere Forderungen gestellt
würden als bei einer Ausbildung. Tipp: Im Streitfall sollten übernommene Azubis, die in der (angeblichen)
Probezeit kurzfristig entlassen werden, Rechtsberatung durch die IG BCE in Anspruch nehmen.
Was ändert sich, wenn ein Azubi einen Job in einem anderen Betrieb findet?
Dann ist klar, dass das Arbeitsverhältnis mit einer Probezeit beginnt – jedenfalls wenn der Arbeits- oder
Tarifvertrag das so regelt. Zudem setzt der Kündigungsschutz dann erst nach einer sechsmonatigen
Beschäftigung ein.
Ist nach der Ausbildung auch ein befristeter Arbeitsvertrag möglich?
Ja – sowohl im Ausbildungsbetrieb als auch in einem anderen Betrieb. Die meisten Ex-Azubis wurden in den
vergangenen Jahren nur befristet – und nicht unbefristet – eingestellt. „Das ist die gegenüber einem
unbefristeten Vertrag schlechtere Lösung – aber besser als Arbeitslosigkeit“, so Ansgar Claes.
Ist das Arbeitsverhältnis befristet, so endet es erst einmal automatisch mit dem letzten Tag der vereinbarten
Beschäftigungszeit. Darüber hinaus kann es zwischenzeitlich gekündigt werden. Innerhalb der Probezeit –
soweit vereinbart – jederzeit mit einer Zweiwochenfrist, nach der Probezeit jedoch nur dann, wenn im
Arbeitsvertrag die Möglichkeit einer so genannten „ordentlichen Kündigung“ vorgesehen ist. Eine
ordentliche Kündigung (auch: fristgerechte Kündigung genannt) ist eine Entlassung, durch die das
Vertragsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist beendet wird. Fehlt eine solche Regelung, so ist das „für
den Arbeitnehmer vorteilhaft“, so der IG BCE-Rechtsexperte Claes. Denn dann dauert das Arbeitsverhältnis
im Regelfall bis zum Ende der Befristung.
Kann auch bei einem befristeten Vertrag eine Kündigungsschutzklage erhoben werden?
Ja. Das gilt selbst dann, wenn die Kündigung offenkundig rechtswidrig ist, weil der Arbeitsvertrag gar keine
ordentliche Kündigung vorsieht.
Was ist zu beachten, wenn das Ende der befristeten Beschäftigung naht?
In jedem Fall sollte man frühzeitig beim Arbeitgeber vorstellig werden und nach einer Weiterbeschäftigung
fragen. Auch dem Betriebsrat sollte das Interesse an einer Anschlussbeschäftigung signalisiert werden.
Wichtig: In vielen Betrieben werden offene Stellen zunächst betriebsintern ausgeschrieben. Hierauf kann
man sich auch jeder bewerben, der bislang nur einen befristeten Job hat.
Wer einen Job in einem anderen Betrieb suchen will oder muss, braucht dafür Zeit für die
Arbeitssuche. Besteht dann ein Anspruch auf Freistellung?
Wenn klar ist, dass mit einer Weiterbeschäftigung nach dem Auslaufen des befristeten Vertrags nicht zu
rechnen ist, sollte man bereits im letzten halben Jahr vor dem Vertragsende Stellenangebote anschauen und
Bewerbungen verschicken. Wer dann zu Vorstellungsgesprächen oder Tests eingeladen wird, hat Anspruch
auf eine bezahlte Freistellung von der Arbeit. Geregelt ist dies in § 629 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB). Der Arbeitgeber muss einen Beschäftigten danach von der Arbeit freistellen, wenn er ein
Bewerbungsgespräch hat oder an einem längeren Auswahlverfahren teilnimmt. Dabei muss die Vergütung im
Regelfall weitergezahlt werden. Nach dem Wortlaut des BGB gilt der Anspruch auf Freistellung zwar „nach
der Kündigung eines dauernden Dienstverhältnisses“. Doch die Juristen sind sich weitgehend einig, dass ein
Freistellungsanspruch auch beim Auslaufen eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses besteht. Die
Freistellung muss allerdings immer beantragt werden.
Worauf müssen befristet Beschäftigte bei der Arbeitsagentur achten?
Sie müssen sich spätestens drei Monate vor dem Ende ihrer Befristung bei der Arbeitsagentur melden, wenn
sie bis dahin noch keinen neuen Job haben. Andernfalls müssen sie mit einer Sperre des Arbeitslosengelds I
für eine Woche rechnen.
Wie hoch fällt das Arbeitslosengeld I aus?
Entscheidend ist das durchschnittliche beitragspflichtige Arbeitsentgelt in den letzten 12 Monaten vor dem
Eintritt der Arbeitslosigkeit. Wer selbst ausrechnen will, wie viel Arbeitslosengeld I ihm ungefähr gezahlt
wird, sollte die Nettoeinkünfte der letzten 12 Monate addieren und durch 12 teilen. Davon erhalten
Kinderlose 60 Prozent und Arbeitnehmer mit Kind 67 Prozent. Wer direkt nach der Ausbildung arbeitslos
wird, bekommt im Schnitt weniger als 400 Euro. Deshalb sind betriebliche Regelungen, die sicherstellen,
dass Azubis wenigstens für 12 Monate übernommen werden, so wichtig. Denn dann wird das
Arbeitslosengeld I auf Grundlage des Verdienstes im ersten Job berechnet. Es fällt dann weit höher aus.
Zudem macht es sich bei der Jobsuche gut, wenn man vorweisen kann, dass man nach der Ausbildung
übernommen wurde.
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