Autor Anwender Status Innovativ Frontzahnlücke: Fertigung einer Klebebrücke aus Lithiumdisilikat Kategorie Anwenderbericht Dr. Thomas Brunner, ZÄ Maria Karmann Einzelzahnlücken im Bereich der Frontzähne sind im Praxisalltag nicht selten. Häufig vermutete der behandelnde Zahnarzt eine Wurzellängsfraktur (Abb. 1). stellen sie für den behandelnden Zahnarzt nicht einfach zu versorgende Situationen dar. Eine Implantation ist gerade in diesem Bereich des Alveolarkamms entweder anatomisch schwierig oder gar unmöglich und konventionelle Brücken sind oft aufgrund der Unversehrtheit der Nachbarzähne kontraindiziert. Vollkeramische Adhäsivbrücken erweisen sich in vielen Fällen als Abb. 1: Der Zahnfilm zeigte eine apikal-laterale Aufhellung. die beste Versorgungsstrategie. Im folgenden Patientenfall wird die Therapie einer solch anspruchsvoll zu versorgenden Frontzahnlücke im Unterkiefer mittels einer CAD/CAM-gefertigten Klebebrücke aus Lithiumdisilikat vorgestellt. Dabei bietet das CAD/CAM-System CEREC mit der Schleifeinheit CEREC MC XL (Sirona Dental Systems, D-Bensheim) den Anwendern ideale Möglichkeiten, die Planung, Konstruktion, Fertigung und Einpassung einer solchen vollkeramischen Brücke zeiteffizient und patientenindividuell zu gestalten. Befund und Diagnose Im März 2011 stellte sich in der Praxis ein 83-jähriger Patient mit Schmerzen in regiones 42 und 43 vor. Der Perkussionstest an Zahn 42 war positiv, der Zahn insgesamt gelockert. Der erstellte Zahnfilm zeigte eine apikal-laterale Aufhellung. Der Zahn war bereits mehrfach wurzelbehandelt, eine frühere Wurzelfüllung im Jahr 2002 revidiert worden. 2008 schließlich erfolgte die Versorgung des Apikalbereiches dieses Zahnes mit einem ER-Wurzelstift (Gebrüder Brasseler, D-Lemgo) und einer mit dem CEREC-System gefertigten Krone aus VITABLOCS Mark II (VITA, D-Bad Säckingen). Basierend auf dieser Anamnese und der Befunderhebung an Zahn 42 14 Behandlungsplan Aufgrund der gestellten Diagnose riet der Zahnarzt dem Patienten zur Extraktion des Zahnes 42 und zur anschließenden Versorgung der dadurch entstandenen Lückensituation. Der Patient stimmte dem Vorgehen zu, sodass eine adäquate Versorgung der Extraktionslücke geplant werden konnte. Basierend auf dem Wissen um das hohe Alter des Patienten, der eingeschränkten Mundhygienefähigkeit, der parodontal geschädigten, aber dennoch stabilen Zähne beziehungsweise Zahnwurzeln und der ohnehin erneuerungsbedürftigen Füllung an Zahn 43, fiel die Entscheidung zur Versorgung auf eine vollkeramische Klebebrücke 41 bis 43 aus Lithiumdisilikat. Die mit dem CEREC-System konstruierte und aus dem Block IPS e.max CAD (Ivoclar Vivadent, FL-Schaan) geschliffene Restauration kann im Anschluss an die CAM-Fertigung vom Zahntechniker in Farbe und Form individualisiert werden. Der mesiale Klebeflügel sollte an der lingualen Fläche des Zahnes 41 zu liegen kommen und am distalen Nachbarzahn 43 sollte die bereits vorhandene ves­ tibulär-mesial-inzisale Füllungskavität als eine Art Inlay-Pfeiler dienen. DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 Korrelationsaufnahme und Extraktion Nach Leitungsanästhesie im 4. Quadranten mit Ultracain D-forte (Hoechst, D-Frankfurt/Main) und Infiltrationsanästhesie der regiones 41 bis 43 erfolgte eine Aufnahme der intraoralen Situation. Dazu wurden die Zähne 32 bis 45 gepudert, anschließend erfolgte der digitale Abdruck mit der CEREC Bluecam (Sirona) (Abb. 2). So wurde die Grundlage geschaffen, das Brückengerüst ähnlich der originären Situation zu konstruieren. Anschließend folgte die Extraktion von Zahn 42. Auf eine provisorische Versorgung der entstandenen Lücke wurde verzichtet, da der Patient diese nicht als störend empfand. Abb. 4: … komplikations- und reizloses Heilungsergebnis. Die Lingualfläche an Zahn 41 wurde zur Aufnahme des Klebeflügels minimalinvasiv präpariert. An Zahn 43 folgte die Entfernung der dreiflächigen (mesial-vestibulär-inzisal) insuffizienten Füllung sowie des kariösen Defektes. Nachfolgend wurde der Zahn, mit dem Ziel eine gemeinsame Einschubrichtung und eine ausreichende Schichtdicke der Keramik zu erreichen, präpariert (Abb. 5). Abb. 2: Digitaler Abdruck der Zähne 31 bis 44. Präparation Gut zwei Wochen nach der Extraktion kehrte der Patient in die Zahnarztpraxis zurück, um die Behandlung fortführen zu lassen. Die Extraktionswunde verheilte problemlos, es stellten sich reizlose Gingiva- und Schleimhautverhältnisse dar (Abb. 3 und 4). Abb. 3: Zwei Wochen post extraktionem zeigte sich ein … DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 Abb. 5: Nach minimalinvasiver Präparation von Zahn 41 und 43. Konventioneller Abdruck Im Anschluss wurde die präparierte Situation konventionell abgeformt. Dazu wurde ein, in der entsprechenden Größe ausgewählter Rimlock Löffel mittels Optosil comfort Putty (Heraeus Kulzer, DHanau) individualisiert. Die Abformung der Unterkiefersituation des Patienten erfolgte mit dem Polyether-Abformmaterial Impregum Penta Soft Quick (3M ESPE, D-Seefeld). Für den Gegenkieferabdruck wurde der Oberkiefer mit Alginat abgeformt. Des Weiteren wurde ein Übertragungsbogen angelegt und ein Biss in HIKP (Luxatemp, DMG, D-Hamburg) angefertigt. Der Zeitpunkt für die Abformung wurde 15 relativ früh gewählt, um post extractionem eine optimale Anpassung des Brückengliedes 42 im Sinne eines ovate pontics zu realisieren. Zudem wurden mehrere Fotoaufnahmen der Kiefer- und Zahnsituation angefertigt, die dem Zahntechniker im Labor das Individualisieren von Form und Farbe der Versorgung erleichtern sollten. bis 43 der Modus Korrelation gewählt. Als Präparationsrand wurden der Bereich des extrahierten Zahnes 42, der präparierte Klebeflügel 41 und die nachpräparierte Füllungskavität 43 editiert (Abb. 7). Modellherstellung Im Praxislabor fertigte der Zahntechniker das Gegenkiefermodell sowie ein ungesägtes UnterkieferMeis­termodell aus scanbarem Superhartgips (estheticbase gold, Dentona, D-Dortmund) an. Das Oberkiefermodell wurde mittels Übertragungsbogen einartikuliert, das Unterkiefermodell mit dem HIKPRegistrat entsprechend gegenartikuliert und dynamisiert, um eine möglichst patientengenaue Bisssituation rekonstruieren zu können. Dieses Verfahren folgt der Methode von Gerd Christiansen[1]. Konstruktion mit der CERECSoftware Zunächst erfolgte die Digitalisierung des Unterkiefer-Meistermodells mit der CEREC AC Aufnahmeeinheit (Sirona) (Abb. 6). Abb. 6: Der digitale Abdruck des Meistermodells. So konnte für die anschließende Konstruktion der Versorgung auf verschiedene Aufnahmen zugegriffen werden: Die Korrelationsaufnahmen vor Entfernung des Zahnes sowie die Aufnahmen post extractionem. In der CAD-Software CEREC 3D V3.83 (Sirona) wurde für die Konstruktion der Klebebrücke 41 16 Abb. 7: Festlegung der Präparationsgrenze. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die Software auch wirklich den kompletten Bereich als eine Kroneneinheit erfasste. Nach Festlegen der korrekten Einschubachse und dem Editieren der Kopierlinie in Anlehnung an die Informationen aus der Korrelationsaufnahme schlug die Software eine entsprechende Restauration vor (Abb. 8). Abb. 8: Die digital konstruierte vollkeramische Klebebrücke. Die Klebeflügel an 41 und 43 waren präzise konstruiert, durch entsprechende Formwerkzeuge in der Software konnten einzelne Details in Form und Position nachträglich angepasst werden. In der Schleifvorschau wurde der Lithiumdisilikatblock IPS e.max CAD C14 in der Farbe A 3,5 ausgewählt (Abb. 9). Dieser wurde anschließend in die Schleif- DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 maschine CEREC MC XL eingespannt und formgeschliffen. Abb. 12: Die vollkeramische Klebebrücke von lingual. Abb. 9: Auswahl des geeigneten Glaskeramikblocks in der Schleifvorschau. Aufpassen des Gerüsts und Individualisierung im Labor Der Schleifzapfen wurde vom Gerüst abgetrennt und das Gerüst abschließend auf dem Meistermodell aufgepasst (Abb. 10). Die Individualisierung der Versorgung in Form und Farbe erfolgte in der Cut-Back-Technik mit der Verblendkeramik IPS e.max Ceram (Ivoclar Vivadent). Besonderes Augenmerk lag dabei auf den benachbarten Zähnen und den okklusalen Kontakten (Abb. 11 und 12). Adhäsives Befestigen der Res­ tauration Für das adhäsive Befestigen einer Versorgung ist absolute Trockenheit des Behandlungsgebietes wünschenswert. Aus diesem Grund wurde ein Kofferdam von Zahn 34 bis 44 gelegt (Abb. 13). Abb. 10: Die gefräste Versorgung wird auf dem Meistermodell aufgepasst. Abb. 13: Der Kofferdam in situ. Abb. 11: Ansicht von labial (Zahlen geben Einschleifreihenfolge wieder). DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 Es folgte das Anätzen der entsprechenden Flächen an den Zähnen 41 und 43 mit 37 % Phosphorsäure für eine Dauer von 30 Sekunden. Anschließend wurden die Klebeflächen mit Syntac Classic (Ivoclar Vivadent) vorbereitet. Die Klebeflächen der Keramik hingegen wurden mit dem 9 %igem gepufferten Flusssäuregel Porcelain Etch (Ultradent, US-South Jordan) für 20 Sekunden angeätzt und mit Ultradent Silane (Ultradent) silanisiert (60 Sek.). 17 Im Anschluss daran wurde der lichthärtende Einkomponentenhaftvermittler Heliobond (Ivoclar Vivadent) auf die Klebeflächen der Keramik aufgetragen, jedoch noch nicht ausgehärtet. Das Einsetzen der Restauration erfolgte unter Verwendung des lichthärtenden Composites Enamel plus HFO UD3 (Optident, UK-Ilkley). Nachdem überschüssiges Material sorgfältig entfernt worden war, wurde das Composite an allen Flächen für jeweils 40 Sekunden lichtgehärtet. Unter Anwendung von Diamanten feiner Körnung, Soflex-Polierscheiben (3M ESPE) und dem EVA-System (KaVo Dental, D-Biberach) wurden die Rest­überschüsse des Composites an den Klebeflügeln entfernt (Abb. 14 und 15). Abb. 14: Die adhäsiv befestigte vollkeramische Klebebrücke in situ. Abb. 15: Ansicht von inzisal. Durch das Dynamisieren der Modelle im Vorfeld erübrigte sich das Einschleifen der statischen und dynamischen Okklusion. Abschließend wurde die Versorgung mit einer Okklubrush Bürste (Kerr Hawe, CH-Bioggio) und einer Diamantpolierpaste poliert. Der Patient zeigte sich mit der eingesetzten Restau- 18 ration sehr zufrieden (Abb. 16). Die Reinigung der Brücke mit Interdentalbürstchen (TePe, SE-Malmö) wurde dem Patienten demonstriert. Abb. 16: Die Klebebrücke aus Lithiumdisilikat in situ. Überlegungen Einer der Autoren ist seit 2006 Anwender des CEREC-Systems und verfügt über ein fundiertes Wissen sowie über umfangreiche Erfahrungen mit diesem CAD/CAM-System. Der präsentierte Patientenfall bot die Möglichkeit, anstatt einer Zirkoniumdioxid- eine Lithiumdisilikatkeramik für die Herstellung der Klebebrücke zu verwenden, da die Größe dieser die Blockgröße des IPS e.max CAD nicht überschritt. Mit dieser Methode wurden in unserer Praxis bis dato einige solcher, meist einflügeligen Brücken, zum Ersatz medialer und lateraler Incisivi angefertigt. Adhäsivbrücken aus Vollkeramik scheinen eine adäquate Versorgungsmöglichkeit für Einzelzahnlücken im Frontzahnbereich zu sein, wie Matthias Kern 2005[2] in einer Publikation bezüglich der Langzeitbewährung von ein- und zweiflügeligen vollkeramischen Klebebrücken beschrieb: Im Frontzahnbereich liegt die 5-Jahres-Überlebensrate für einflügelige, vollkeramische Klebebrücken bei 92,3 %. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (DGZPW) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) wurde dieser Sachverhalt ebenfalls erläutert[3]. CAD/CAM-gefertigte Klebebrücken aus IPS e.max CAD haben für die behandelnden Zahnärzte momentan noch einen experimentellen Charakter. DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 www.swisszirkona.ch Aus diesem Grund sollen sich Vertreter aus Wissenschaft und Industrie sowie Kollegen gleichermaßen zur Diskussion angeregt fühlen, an der sich die Autoren gern beteiligen werden. n Besonderer Dank gilt unserem Labor (www.praezisionszahntechnik.de) sowie ZTM Johannes Frank für die Individualisierung des Brückengerüstes. Literatur Christiansen, G.: Nie wieder verlorener Biss. Ingolstadt (2008). Kern, M.: Klinische Langzeitbewährung von zwei- und einflügeligen Adhäsivbrücken aus Vollkeramik. In: Quintessenz 56 [3] (2005), S. 231-239. [3] Kern, M.; Kerschbaum Th.: Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (DGZPW) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK): Adhäsivbrücken. In: DZZ 62 [9] (2007). [1] [2] Auch online unter: www.ddn-online.net Dr. med. dent. Thomas Brunner Frauenau, Deutschland n 1996 Staatsexamen an der Universität Regensburg n 1996-1998 Assistenztätigkeit bei Dr. Markus Maurer in Für kompromisslose n 1998 Promotion zum Dr. med. dent. Qualität, n seit 1999 Gemeinschaftspraxis mit Dr. Markus Maurer in Frauenau direkt vom Hersteller. Frauenau n seit 2006 Anwender von CEREC / inLab n seit 2008 Gewerbliches Labor mit Schwerpunkt CAD/CAM und Voll­ keramik Kontakt: [email protected] ZÄ Maria Karmann Frauenau, Deutschland n 2009 Staatsexamen an der Universität Regensburg n seit September 2009 Assis­tenztätigkeit in der Gemeinschafts­ praxis Dr. Markus Maurer / Dr. Thomas Brunner in Frauenau DIGITAL_DENTAL.NEWS • 5. Jahrgang • September 2011 Metoxit AG Emdwiesenstrasse 6 | CH-8240 Thayngen Tel. +41 (0)52 645 01 01 | www.metoxit.com 19