Der Karneval von 1823 bis 1914 1. Die Karnevalsvereine “Der Conkurs-Congreß aller ordentlichen und außerordentlichen, wirklichen und provisorischen,interimistischen, schon kreirten und noch zu kreirenden, berathenen und noch zuberathenden, öffentlichen und geheimen in- und ausländischen Vereine. Ein buntes Mährlein der Wirklichkeit zum Nutzen und Frommen für den Bürger und Landmann erzählt.” So lautete im Jahre 1845 das Motto des Festprogramms der Großen KG in Köln, mit dem sie eine ausgeprägte Vorliebe ihrer Zeitgenossen persiflierte: die Gründung von Vereinen. Seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstanden Vereine, darunter literarische Klubs und Lesezirkel, die sich - vom Geist der Aufklärung geprägt - durch ihre “ständeüberwindende(n) Tendenz” auszeichneten. Die Mitglieder kamen sowohl aus dem Adel als auch aus dem Bürgertum, um freiwillig und selbst gesteckte Ziele gemeinsam zu verfolgen. Diese Form der Vergesellschaftung war neu, denn die ältere ständische Korporation war eine in der Regel nicht freiwillige, sondern durch Geburt und Stand bestimmte, auf das Ganze des Lebens unspezifisch ausgedehnte Organisation gewesen, die für ihre Mitglieder auch statusbedingende Rechtsfolgen hatte. Mit der spezifisch neuen Form der Kommunikation und der gesellschaftlichen Organisation trug der bürgerliche Verein mit zu der sozialen Konstituierung des Bürgertums bei, die sich beim Übergang von der traditional-ständischen zur modernen bürgerlichen Gesellschaft vollzog. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Verein “zu einer sozial gestaltenden, Leben und Aktivität der Menschen prägenden Macht” geworden, so daß das 19. Jahrhundert nicht zu unrecht als “das Jahrhundert der Vereine” bezeichnet wurde. Im ersten Jahrzehnt nach 1800 entstanden in vielen Städten gesellige Vereine, wie die Casino-Gesellschaft 1809 in Köln, die den Bildungsgedanken stark betonten und “Geselligkeit in intellektuell und sozial gehobenen Formen” anstrebten. In diese Kategorie der frühen geselligen Vereinsgründungen gehören auch die Kölner Olympische Gesellschaft von 1803 sowie die erste Kölner KG von 1823. Heute werden unter Karnevalsvereinen “freiwillige Freizeitorganisationen mit dem Interessenschwerpunkt Organisation und Gestaltung von Fastnachtsveranstaltungen” verstanden. “Wichtigstes Kriterium bei der Definition ist der Interessenschwerpunkt Organisation und inhaltliche Ausfüllung von öffentlichen Fastnachtsveranstaltungen.” Dies trifft grundsätzlich auch schon auf die frühen Karnevalsgesellschaften zu, die allerdings in bezug auf die polizeiliche Genehmigung noch einer gewissen behördlichen Willkür unterlagen. In Preußen wurden Vereine vor 1848 in der Regel genehmigt, “so lange diese nicht das Kompetenzmonopol der bürokratischen Monarchie in allen politischen Angelegenheiten in Frage stellte(n)”. Um die Genehmigung zu erlangen, mußten auch die Vereine ihre Statuten und ihr Mitgliederverzeichnis einreichen. Karnevalsgesellschaften durften sich meist nur für die Karnevalszeit konstituieren und mußten sich am Aschermittwoch jedes Jahres wieder auflösen. Die erste Kölner KG erfreute sich bis mindestens 1840 einer so bevorzugten Behandlung durch die Behörden, daß sie offenbar keine polizeiliche Genehmigung als Verein beantragen mußte, obwohl sie dies de facto war. Zu dieser Annahme scheint eine Bemerkung des Kölner Regierungspräsidenten aus dem Jahre 1839 zu berechtigen. Auf die Anfrage des österreichischen Geschäftsträgers Baron von Koller, ob die Kölner KG von der Regierung genehmigt sei und ob auch “österreichischen Unterthanen” der Beitritt gestattet sei, antwortete er: Die Genehmigung habe diese Gesellschaft weder nachgesucht noch erhalten. Sie stehe aber unter Polizeiaufsicht, und dieses Verfahren habe bisher noch keine Probleme verursacht. Auf diesem Hintergrund wird auch erklärlich, daß für die älteste Kölner KG keine Gründungsstatuten erhalten sind, weil es diese vermutlich nie gegeben hat. Der Chronist Wilhelm Schneider-Clauß faßte dies 1894 in die blumige Formulierung: “Gestiftet und begründet ward sie überhaupt nicht, unsere “Große”, sie ist geworden, gewachsen und herangediehen wie ein Organismus in der schöpferischen Natur, sie hat sich von selbst entwickelt aus ihrem Kern und Urstoff, ein Kind der Zeit und der Verhältnisse [...].” Da in der Kölner KG die Vertreter der Kölner Stadtelite Mitglieder waren, die ja selbst an den wesentlichen Stellen der Stadtverwaltung, Armenverwaltung und Wirtschaft saßen, bedurfte es keiner polizeilichen Prüfung und ausdrücklichen Genehmigung. Der Erfolg des Vereinskarnevals zeigte sich sehr schnell darin, daß die Mitgliederzahlen der Karnevalsvereine anstiegen: Die Kölner KG zählte 1824 noch 109 Mitglieder, 1827 schon 302 und 1829 dann gar über 500 Mitglieder. Nach kurzer Zeit kam es zu weiteren Gründungen von verschiedenen sozialen Gruppen innerhalb der Städte. Schon 1829 erwähnte der Kölner Chronist Fuchs, es hätten sich in Köln außer der großen KG “auch noch andere aus der Klasse der Handwerker in Bierhäusern” gebildet, die an den Karnevalstagen ihre Vorstellungen auf den Straßen gaben. Karnevalsvereine differenzierten sich sozial aus: Sie wurden von Handwerkern und später auch von Arbeitern gegründet. Wohlhabende Handwerker versuchten, in die vornehmsten Karnevalsgesellschaften aufgenommen zu werden. Die exklusiven Karnevalsgesellschaften reagierten darauf, indem sie sich durch besondere Aufnahmebestimmungen verstärkt nach unten abschlossen. Der Mitgliedsbeitrag für die exklusiven Karnevalsgesellschaften in Köln betrug in jener Zeit dagegen meist 11 Mark. Die Ämter der Vorstandsmitglieder benannte die “Närrische Einigkeit” getreu nach bürgerlichem Vorbild mit den Bezeichnungen Präsident, Ehrenpräsident, Vize-Präsident, Protokollführer, 1. Rat, 2. Rat, 1. Kassierer, 2. Kassierer, Närrische Polizei, Trinkrat sowie “Cermonienmeister [sic!]”. Am Anfang waren die Karnevalsgesellschaften meist reine Männerdomänen. Frauen erhielten nur zu besonderen Damenkomitees oder zu festlichen Anlässen wie Maskenbällen Zutritt. Die ersten Damenkomitees sind für Köln schon in den 1830er Jahren belegt. In den 1880er Jahren entstanden dann Karnevalsgesellschaften, in denen auch Frauen Mitglieder werden konnten. Die “Kölner Narrenzunft” von 1880 sowie die KG “Carnevalistischer Reichstag” waren die ersten Kölner Familiengesellschaften. Beide Vereine, die Narrenzunft und der Reichstag, wurden von einigen Karnevalisten nicht als vollwertig anerkannt. So schrieb der Präsident der Kölner KG, August Wilcke, im Jahre 1888 an den Oberbürgermeister, die Vereine “Narrenzunft” und “Reichstag” seien keine “eigentliche(n) Karnevalsgesellschaften [...], da sie alle Sitzungen mit Damen halten und dadurch sich ihre Existenz sichern.” Es entstanden schließlich auch sogenannte “weibliche Karnevalsgesellschaften”. In der Kölnischen Zeitung wurde 1913 über die KG “Lustige Weechter” berichtet, deren Kleiner Rat ausschließlich aus Frauen bestehe. Die Mitglieder seien Handwerker und Arbeiter, darunter mehr Männer als Frauen, die sich im Hinterzimmer eines “Schnapsladens” träfen. Der formale Ablauf der Sitzung entspreche derjenigen der großen bürgerlichen Karnevalsgesellschaften, nur der Inhalt der Vorträge sei weitaus deftiger und volkstümlicher. Zunehmender Beliebtheit erfreuten sich nach 1871 Karnevalsgarden und Korpsgesellschaften, die im Unterschied zu den Frackgesellschaften uniformiert waren. Die “Roten Funken” - eine Persiflage auf die alten Kölner Stadtsoldaten und eine Parodie alles Militärischen - waren fast fünfzig Jahre lang eine Gruppe innerhalb der Großen KG, bis sie 1869 ihren eigenen Karnevalsverein gründeten. Im Jahre 1870 spaltete sich von dieser gerade erst gegründeten Gesellschaft die “Funken-Artillerie” ab, deren Mitglieder wegen ihrer blau-weißen Uniformen auch “Blaue Funken” genannt wurden. “Die Artillerie, die “Bombardiere” der Kölner Stadtsoldaten, sind das Vorbild dieser Gesellschaft”, heißt es in der Vereinschronik. Als Grund für die Abspaltung wird angeführt, daß sie mit der Persiflage auf das Militär, v. a. das preußische, nicht mehr einverstanden gewesen seien. Nach 1871/72 wurden viele neue Karnevalsgarden gegründet, deren Mitglieder offenbar vor allem die Freude an einer bunten Paradeuniform zusammenführte. Diese Korps ahmten das militärische Leben mehr nach, als es zu karikieren. Unter den bis heute bestehenden Karnevalsgarden findet sich auch die im Jahre 1902 gegründete “Ehrengarde der Stadt Köln”, das Begleitkorps für Bauer und Jungfrau. Die Ehrengarde wählte als Kostüm eine grün-gelbe Phantasieuniform, die sich an das des Lützowschen Korps und der Schillschen Offiziere anlehnte. 1906 wurde dann mit der weiß-rot uniformierten “Prinzengarde” auch eine eigene Eskorte für den Prinzen Karneval gegründet. 1908 ging im Rosenmontagszug erstmals die KG “Seiner Tollität Reichsflotte” mit, die heute nicht mehr existiert. Die Veranstaltungen der Reichsflotte trugen in der Karnevalssession 1908 die Bezeichnungen “Flottenmanöver”, “Seegefecht”, “große Seeschlacht” oder auch “große Flottenparade”. In Köln gab es im Jahre 1849 sechs Karnevalsgesellschaften: Die Große KG, die 1844 gegründete Allgemeine KG, das 1846 gegründete “Bürger-Komitee”, die 1847 entstandenen Vereine “Rosenfarben Blau-Montags-Kränzchen” und die “CaecilienKarnevals Gesellschaft” sowie das 1849 gegründete “Hanswurstliche Kasino”. 1857 waren es bereits 31, “die im Gegensatz zu den früher reinen Oberschichtenvereinen, nun oft auf der Grundlage gemeinsamen Standes, jedoch mehr noch im nachbarlichen Verband entstanden und darin dem vermehrten Geselligkeitsbedürfnis der Unterschichten entsprachen.” Die Leipziger Illustrierte Zeitung zählte im Jahre 1857 sogar “38 - 42” verschiedene Kölner Karnevalsvereine. Die meisten dieser Karnevalszusammenschlüsse hatten nicht lange Bestand, nur die KG “Greesberger” existiert noch heute. Die Große KG von 1823 taucht in dieser Aufzählung aus dem Jahre 1857 nicht auf, da sie nach 1850 einige Jahre lang keine größeren Veranstaltungen organisierte. In den Jahren 1858 bis 1864 trug sie dann vier verschiedene Namen, bis ihr Präsident August Wilcke 1865 wieder den Namen “Große Karnevalsgesellschaft” einführte, um auf diese Weise an die ältere Tradition anzuknüpfen. 1889 wurde auch das „Festordnende Komitee“, der bisherige „Kleine Rat“ der „Großen Karnevalsgesellschaft“, ins Vereinsregister eingetragen, wobei der Präsident der „Großen“ weiterhin bis zum Jahre 1908 gleichzeitig auch Präsident des „Festordenden Komitees“ war. Zwei der heute noch bestehenden großen Kölner Karnevalsgesellschaften, die Große Kölner KG und die Große Allgemeine KG, wurden von ehemaligen Präsidenten der Großen KG gegründet: August Wilcke, der 17 Jahre lang Präsident der Großen KG war, gründete Ende 1882 die Große Kölner KG. Peter Prior schied als Präsident der Großen KG 1896 aus und gründete im Jahre 1900 die Große Allgemeine KG. Diese drei Karnevalsgesellschaften – die Große KG, die Große Kölner KG und die Große Allgemeine KG - gehörten am Vorabend des Ersten Weltkrieges mit jeweils über tausend Mitgliedern zu den größten Kölner Karnevalsgesellschaften. 2. “Gleiche Brüder, gleiche Kappen” - Närrische Symbole Eine wichtige, identitätsstiftende Rolle spielten die närrischen Symbole im Vereinsleben der Karnevalsgesellschaften, darunter zählen z. B. die Narrenkappe, die Narrenzahl Elf, die Verleihung von Orden und Ehrendiplomen sowie der Karnevalsruf “Alaaf!”. All diese Symbole hatten gemeinsam, daß sie schon recht früh von den Karnevalsgesellschaften in den 1820er und 1830er Jahren aus anderen, älteren Zusammenhängen übernommen wurden und bald untrennbar zum organisierten Vereinskarneval gehörten. Bereits im Spätmittelalter war die Schellenkappe des Narren bekannt. Als allgemein verbindliches Kennzeichen aller Mitglieder eines Karnevalsvereins wurde die Kappe aber erst 1827 in Köln erfunden. Die Idee dazu hatte der preußische Generalmajor von Czettritz und Neuhauß, Kommandeur der 15. Kavallerie-Brigarde in Köln. Die Szene ist in dem Protokollbuch des Kölner Karnevalsvereins aus dem Jahre 1827 ausführlich überliefert. Der Generalmajor hatte sich bereit erklärt, für den Maskenzug am Fastnachtsmontag “seine sechs Schimmel mit den erforderlichen PrachtGeschirren, Kutschern und Vorreitern” zur Verfügung zu stellen. Aus Freude über dieses großzügige Angebot schlugen die Mitglieder der KG in der zweiten Generalversammlung am 14. Januar 1827 vor, ihn zum Kölner Bürger zu ernennen. Von Czettritz bedankte sich, begann seinen Vortrag mit den Worten “Gleiche Brüder, gleiche Kappen” und schlug vor, “hinführo als Unterscheidungs-Zeichen der Eingeweihten von den Profanen ein kleines buntfarbiges Käppchen” während der Versammlungen zu tragen, um alle, die “ungerufen eindringen, erkennen, und nach Verdienste abweisen zu können”. Sein Vorschlag wurde von der Generalversammlung begeistert angenommen, wobei man sich fragte, warum niemand schon früher auf diese Idee gekommen war. Im Jahre 1827 entschied der Vorstand sich für eine hochstehende Kappe mit senkrechten rot - weißen Streifen und grünen und gelben Quästchen. Dietz-Rüdiger Moser erklärt die Zahl Elf, die bereits für das 16. Jahrhundert als Narrenzahl belegt ist, als Zeichen der Sünde bzw. Mahnung zur Umkehr, da sie “als erste die Zehnzahl des Gesetzes [gemeint ist: des Dekalogs] überschreite und deshalb diejenigen bezeichne, die das Gesetz übertreten”. Als solche Zahl der Normüberschreitung sei sie in der katholischen Welt am Anfang des 19. Jahrhunderts noch “eine feste Größe” gewesen. Die Interpretation, die Edmund Stoll als Poet der Kölner KG im Jahre 1840 gibt, läßt vermuten, daß ihm tatsächlich die Zahl Elf als Zahl der Überschreitung des Dekalogs noch bekannt war. Stoll gelingt jedoch eine Uminterpretation: “Die Nummer Elf bezeichnet dem Kölner die lustige Narrheit; denn dem tiefer Schauenden ruft sie zu: “Ei, lustig, fröhlich!” weßhalb man auch häufig Eilf schreibt. Sie ist das Zeichen der Eintracht (11), denn ihre Rechte spricht wie ihre Linke; der Beständigkeit, denn sie endigt, wie sie anfängt; der Schönheit, denn sie zeigt Einheit in der Mannigfaltigkeit und Mannigfaltigkeit in der Einheit; des Unbegreiflichen, denn die Hälfte von XI ist sechs; ja, sogar des Heiligen, denn nach Leibnitzens Dyadik ist 11 drei. Konnte der heitere Kölner sich ein schöneres Zeichen wählen?! Kommt nun noch dazu, daß das kölnische Gebot eigentlich das eilfte ist, welches so lautet: “Laß dich nicht verblüffen - und biete höchstens die Hälfte!” dann kann von anderen Erklärungen der Nummer Eilff aus den eilf Funken oder Flämmchen im Stadt-Wappen, den eilf Tausend Jungfrauen ec. Wohl füglich abgesehen werden.” Schon 1840 waren also viele Erklärungen über die Bedeutung der Zahl Elf im Umlauf. Stoll muß aber auch die ältere Symbolik der Elf als Zahl der Sünde gekannt haben, denn er persifliert diese, indem er das kölnische elfte Gebot anführt. Im organisierten Karneval wird die Zahl Elf zum Symbol der Eintracht, der Gleichheit aller Narren und der lustigen Narrheit. Orden und Diplome waren bereits von der Narrenakademie zu Dülken im 18. Jahrhundert an Gleichgesinnte und besonders verdiente Persönlichkeiten verliehen worden. In Köln spielten Karnevalsorden in der Festgestaltung von Anfang an eine Rolle, wurden jedoch in den Sitzungen als Auszeichnung offenbar erst seit dem Ende der 1830er Jahre verliehen. Die Karnevalsmedaille aus dem Jahre 1838 gilt als “Urahn” und “Archetyp” aller Kölner Orden. Alle Teilnehmer an der Kappenfahrt am Karnevalssonntag sollten diese Medaille 1838 in Köln tragen. Vermutlich wurde sie auch in den Sitzungen als besondere Auszeichnung verliehen. Bei der Verleihung von karnevalistischen Orden mischten sich die Persiflage von höfischem Zeremoniell und militärischer Auszeichnung mit dem Stolz und der Freude über die Auszeichnung. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Orden gestiftet und verliehen. Jede größere KG hatte schließlich ihre eigenen Orden, so daß Max-Leo Schwering geradezu von einer “Ordensinflation” spricht. Die Karnevalsvereine verliehen auch Ehrendiplome, die in der Regel aus einer Kombination von Text und Bild bestanden. Sie wurden v. a. weit entfernt wohnenden Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik zugesandt und meist mit der Aufforderung verbunden, an der karnevalistischen Festgestaltung mitzuwirken. So verband beispielsweise die Kölner KG im Jahre 1839 die Verleihung der Ehrendiplome geschickt mit der Aufforderung, den Kölner Karneval durch literarische Beiträge zu verherrlichen. Die das Diplom schmückende Lithographie wurde von David Levy Elkan gestaltet, der auch in den folgenden Jahren für den Karnevalsverein arbeitete. Das Begleitschreiben bezeichnete den Karneval als “schöne Zufluchtstätte”, als Möglichkeit, “ins wirkliche Leben zu treten und die herrschende, beengende Prosa des Tages zu verdrängen”. Zugleich wurde auf Goethe verwiesen, der als Erster im Kölner Karneval “den Keim zu einem nationaldeutschen Volksfeste erkannte”. Da ein solches Fest jedoch nur durch die Mitwirkung vieler Talente gelingen könne, wurden die ernannten Ehrenmitglieder aus Kunst und Wissenschaft aufgefordert, das schöne Fest “durch Erzeugniss Ihrer Muse verherrlichen zu wollen”. Unter den Persönlichkeiten, die dem Kölner Karnevalsverein antworteten, waren Ernst Moritz Arndt, Charles Dickens, Ferdinand Freiligrath und Heinrich Zschokke. “Alaaf” bürgerte sich als Karnevalsruf spätestens in den 1830er Jahren ein. Dieser Ausdruck ist jedoch älter und stand zunächst in keinem Zusammenhang mit dem Karneval. Der bisher früheste Beleg für den Ausspruch “Alaaf” findet sich als Inschrift auf einem Bartmannkrug aus dem 2. Drittel des 16. Jahrhunderts. Das Wort “Alaaf” bedeutete hier etwa “nichts geht über” und war damals eine allgemein verbreitete und zitierfähige Wendung. All diese närrischen Symbole trugen mit dazu bei, das Narrenreich als bombastische Scheinwelt zu konstituieren. Die den Alltag bestimmenden Standesunterschiede sollten in diesem außerordentlichen, festlichen Bereich aufgehoben sein. Gerade im 19. Jahrhundert bedeutete dies eine krasse Gegenwelt zur alltäglichen Ordnung. Auf diesem Hintergrund konnte die Betonung der Gleichheit aller Narren auch eine politische Bedeutung annehmen. Die Auszeichnung einzelner Vereinsmitglieder oder auch anderer bekannter Persönlichkeiten mit närrischen Orden und Diplomen trug dazu bei, neue Hierarchien auszubilden, die sich mit den alltäglichen Hierarchien überschneiden konnten. Im Karnevalsverein war es für manche Mitglieder möglich, ein weitaus höheres Sozialprestige zu erwerben als im alltäglichen Leben. Vertreter des Kleinbürgertums oder der Arbeiterschaft erhielten in der Regel nur in den Karnevalsgesellschaften Orden und Diplome. Nur im Karneval konnten sie in hohe militärische Ränge aufsteigen. Der organisierte Karneval konnte in dieser Hinsicht auch eine wichtige Kompensationsfunktion erfüllen. Theoretisch ermöglichten die Veranstaltungen der KG Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen sozialen Zugehörigkeiten, die sich so vielleicht im Alltag niemals ergeben hätten. “Common participation in Carnival was one way to bridge the growing social gulf between urban elites and the lower middle classes.” In der Praxis hatte dies offenbar seine Grenzen. Diese Interpretation legt zumindest die Beobachtung nah, daß die verschiedenen sozialen Gruppen ihre eigenen Karnevalsgesellschaften gründeten, um unter sich zu bleiben. 3. Knies und Klüngel Zu jeder Vereinsgeschichte gehören ´Knies´ und ´Klüngel´, also jene kleinen und größeren Auseinandersetzungen sowie persönliche Seilschaften, die gelegentlich auch zur Spaltung eines Vereins führen können. Im Rückblick sind Austritte ganzer Gruppen, die sich dann zu einem neuen Verein formieren, besser faßbar als der weitaus häufigere Fall, daß einzelne Mitglieder aus Unzufriedenheit den Verein verlassen. Die Gründe für die Unzufriedenheit mit dem Verein sind mannigfaltig: So können z. B. neben privaten, beruflichen oder politischen Kontroversen auch unterschiedliche Meinungen über die Gestaltung des Vereinslebens, den Führungsstil des Präsidenten oder die Art der Festgestaltung den Ausschlag geben. Meist kommen mehrere Gründe zusammen. Anfang der 1830er Jahre scheint es innerhalb des Kölner Karnevalsvereins starke Meinungsverschiedenheiten gegeben zu haben. Grundsätzlicher Konsens herrschte noch darüber, daß das elfte Jahr des neuen Karnevals, das Jahr 1833, besonders feierlich begangen werden müsse. “Als man jedoch über die Einzelheiten der Art und Weise der Feier in Berathung trat, entstand plötzlich eine noch nicht dagewesene Differenz in den Meinungen und Ansichten, die zuletzt in vollständige Entzweiung ausartete. [...] Ein Theil der Gesellschaftsmitglieder beschwerte sich darüber, daß die Festleiter zu despotisch verführen. Man habe, so wurde gesagt, die Grenzen der Reden zu eng gezogen, die Freiheit in den Darstellungen beim Zuge zu sehr beschränkt und der Gemüthlichkeit die Zwangsjacke angelegt.” Das verantwortliche Festkomitee wollte unter allen Umständen jede Provokation der Behörden und jede Anspielung auf Persönlichkeiten vermeiden, aber nicht alle Mitglieder waren mit dieser scharfen Selbstzensur einverstanden. Der Chronist Fuchs belegt, daß der Vorstand seine festgestaltenden Ideen durchsetzte und auf eine strenge Ordnung bedacht war. Der Rosenmontagszug im Jahr 1832 mit seinen etwa 50 Wagen, 100 Reitern und insgesamt ungefähr 260 Personen sei denjenigen “der Glanzjahre” an Zahl und Pracht beinahe gleichgekommen und habe diese sogar an Witz und Komik übertroffen. “Anzüglichkeiten auf bestimmte Personen” seien nicht mehr so häufig wie früher vorgekommen, denn die Satire sei allgemeiner gewesen. Als im Jahre 1833 der Rosenmontagszug ausfiel, weil die Mitglieder sich nicht auf ein Motto einigen konnten, kritisierte Fuchs an “den einzelne(n) kleinere(n) Maskenzüge(n)”, die am Karnevalsmontag stattdessen “ihr schwärmendes, lärmendes, neckendes Leben auf den Straßen trieben”, sie seien “nicht sehr anständig” und “ohne allen Witz” gewesen. Eine Vorstellung auf dem Gürzenicher Ball am Sonntagabend erregte 1833 die Gemüter, da viele satirische Anspielungen auf einzelne Persönlichkeiten vorkamen. Der Kaufmann Philipp Engels beschwerte sich unmittelbar nach der Vorstellung bei von Wittgenstein und verlangte am folgenden Tag in einem Schreiben, von ihm die Namen der Schauspieler zu erfahren. Dieser lehnte jede Verantwortung ab, da die fraglichen Personen nicht zur KG gehörten. Der Gruppe sei die Benutzung der Bühne ausdrücklich unter der Bedingung überlassen worden, “daß alles Anstößige [...] vermieden” werde. Die Zensur habe außerdem bereits zuvor zwei der zehn geplanten Szenen gestrichen. Auch 1834 spricht Fuchs von einem glänzenden Maskenzug mit wenigen “persönliche(n) Anzüglichkeiten”. Das Festprogramm desselben Jahres enthält die für die Mitglieder richtungsweisende Bemerkung, daß sich der Vorsitzende Heinrich von Wittgenstein bei der letzten Generalversammlung am Karnevalssonntag “im Namen aller Festtheilnehmer [...] auf das kräftigste gegen allen Unfug persönlicher Verunglimpfung” ausgesprochen habe. Anders sah dies im Jahre 1835 aus. Der Schauspieler Eduard Jerrmann aus Berlin war 1834 nach Köln gekommen, um im dortigen Schauspielhaus Vorstellungen zu geben. Er trat Anfang des Jahres 1835 in die KG ein und sorgte für große Empörung, als er den Kölner Karneval der “großartigsten Klüngeleien beschuldigte” und ihn in seinem Buch mit einem “Wespennest” verglich. In seinem Artikel für das “Frankfurter Conversationsblatt” stimmte er nicht in die Lobeshymnen auf den Kölner Karneval ein, die allgemein in den Zeitungen zu lesen waren, sondern sprach offen “einzelne Mißbräuche” an, die “aus den Personen, nicht aus der Sache (entstünden), die wahrhaft gut, liebenswerth und edel” sei. Der Kleine Rat, dessen Mitglieder “zu den angesehensten Familien der Stadt” gehörten, könne keinerlei Kritik vertragen und intrigiere gegen jedes andersdenkende Mitglied der Gesellschaft. Heinrich von Wittgenstein müsse als Präsident davon wissen, da er jede in den Generalversammlungen gehaltene Rede, vorher zu lesen wünsche. Jerrmann warf der KG vor, ihre literarischen Erzeugnisse und die von ihr angebrachten Gemälde im Gürzenich hätten keinen künstlerischen Wert. Gerade im Jahre 1835 hatte die KG mit besonders großem Aufwand die Dekorationen im Gürzenich unter der Leitung des Künstlers Simon Meister anbringen lassen. Die verschiedenen Säulen waren als Champagnergläser verkleidet. Die Reaktion der KG, vor allem diejenige der Mitglieder des Kleinen Rates Mülhens und Heimann (beides Kaufleute), führte dazu, daß Jerrmann es vorzog, die Stadt Köln noch 1835 zu verlassen. Die Mitglieder der KG verhinderten u. a. einen Auftritt Jerrmanns im Kölner Theater. Dies zumindest berichtete ein Kölner Agent in allen Einzelheiten. In einer veröffentlichen “Protestation” wehrte sich Jerrmann gegen diese Behandlung und verteidigte sein Recht, öffentlich Kritik an den DilettantenTheaterstücken der KG zu üben. Die Jerrmannsche Kritik traf das Karnevalskomitee in seiner Ehre, denn seine Mitglieder bekleideten hohe Positionen in der Stadt und waren gewohnt, daß man ihren kulturellen Führungsanspruch anerkannte. Auch dies trug dazu bei, daß es das Komitee nicht verstand, angemessen mit dieser Kritik umzugehen. Noch in demselben Jahre erschien eine polemische Gegendarstellung zur Ehrenrettung des Kölner Karnevals, und ein Jahr später verteidigte Rave, Redakteur des “Welt- und Staatsboten”, die Stadt Köln vor allen Angriffen. Jerrmann sah sich genötigt, in einem Buch mit dem humorvoll-satirischen Titel “Reue und Bekenntnisse” zu antworten, allerdings ohne von seinen Vorwürfen abzurücken. In das Jahr 1835 fiel zudem die Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten der KG, Heinrich von Wittgenstein, und einem Mann namens Hölterhoff. Schnabel beschreibt die Vorkommnissein seinem Reise-Journal für den Februar: “Unter den verschiedenen Anspielungen auf Personen, die bey den Maskeraden vorkommen sollen, wird vorzüglich die gegen das Mitglied des Cölner Stadtrath Hölterhoff, einen sehr achtbaren und bemittelten Mann erwähnt, der mit dem Präsidenten des Carnevals-Comites von Wittgenstein, der auch im Stadtrat ist, einen unangenehmen Wortwechsel gehabt haben” soll. Zudem sei eine Darstellung aufgetaucht, die unter anderem Hölterhoff mit dem Wortspiel “Der Teufel hölt den Hof!” karikiere. Anfang März berichtete Schnabel, daß im Kölner Maskenzug mehrere Esel mitgeritten seien, wovon jeder an seinem Schwanz einen Buchstaben angebracht hatte. Zusammen ergaben sie in der richtigen Reihenfolge gelesen den Namen “Hölterhof”. Im ReiseJournal für den März schließlich heißt es, Hölterhoff habe nun, “um sich den fortwährenden Unannehmlichkeiten nicht weiter auszusetzen”, sein Haus zum Verkauf angeboten und wolle Köln verlassen. Spätestens nach der Session 1836 trat Heinrich von Wittgenstein als erster Sprecher der Gesellschaft zurück. Der Kaufmann und Kölnisch-Wasser-Hersteller Peter Leven (1796-1850), der wahrscheinlich schon seit Beginn der KG ihr Mitglied gewesen war, wurde sein Nachfolger. Die näheren Zusammenhänge und tieferen Beweggründe für Heinrich von Wittgensteins Rücktritt sind nicht bekannt, neben anderweitigen beruflichen Verpflichtungen trugen vielleicht auch die oben skizzierten internen Streitigkeiten zu seiner Entscheidung bei. Die Kritik, die Anfang der 1840er Jahren aus den eigenen Reihen der Kölner KG kam, sollte den Verein in weit größerem Maße erschüttern, als dies bis dato der Fall gewesen war. “Die Einleitung zur diesjährigen Carnevalssaison hat zu vielen unangenehmen Reibungen und Zwiespalt unter den Carnevals Freunden Veranlassung gegeben”, beginnt der Chronist Fuchs seinen Bericht über den Kölner Karneval im Jahre 1842, “in deren Folge und wenn nicht eine Vermittlung seitens der Gemeindeverwaltung Statt gefunden hätte, das Fest nicht zustande gekommen wäre.” Am 24. Dezember hatte der Kleine Rat in der Kölnischen Zeitung bekannt gegeben, “daß er sich verpflichtet fühle, sich von der Carnevals Gesellschaft zurückzuziehen”, und dabei den Wunsch geäußert, “daß eine jüngere Generation zum Wohle der Stadt ein Fest nicht fallen lasse, welches unser frohes Cöln gewiß gern fortbestehen sähe”. An dieser Nachricht überraschte, daß der Kleine Rat mit seinem Rücktritt nicht bis zur ersten Generalversammlung des neuen Jahres wartete, um anschließend - wie üblich - von den Mitgliedern eine neue Festleitung wählen zu lassen. Der Grund wurde in einem Extrablatt der Kölnischen Zeitung desselben Tages deutlich: Der Kleine Rat, der kurz zuvor abgedankt hatte, konstituierte sich “auf Befehl unseres vielgeliebten Hanswurstes” unter dem Namen “Festordnendes Parlament” neu. Die selbsternannten Mitglieder dieses neuen Parlaments waren, mit Ausnahme von Kreuser, Leibl und Weber, bereits nachweislich Mitglieder des Festkomitees von 1839 gewesen: der Vorsitzende Peter Leven, Adolph Breuer (Musiklehrer), Bernhard Breuer (Musiklehrer), Conrad Heinrich Dahlen (Manufakturwarenhandlung), Philipp Hoffmann (Kaufmann), Peter Joseph Kamp (Modewarenhandel), Friedrich Köllner (Sekretär bei der Provinzialsteuerdirektion), Johann Peter Kreuser (Lehrer am Marzellengymnasium), Carl Leibl (Domkapellmeister), Dr. Reifferscheid (Doktor der Philosophie), Franz Xavier Schlösser (Buchdruckerei), Edmund Stoll (Korrektor an der Kölnischen Zeitung), Joseph Weber (Maler) und Dr. Ernst Weyden (Lehrer an der höheren Bürgerschule, Schriftsteller). Ebenso wie die Mitglieder des Kleinen Rats von 1839 gehörten auch die Mitglieder des neuen Festordnenden Parlaments 1842 mehrheitlich nicht mehr zur eigentlichen städtischen Elite. Dieses neue Festordnende Parlament machte in der Kölnischen Zeitung bekannt, daß die erste Sitzung am 1. Januar 1842 im Saal des Adalbert Harff auf dem Domhof stattfinden sollte, in dem die KG schon in den Jahren zuvor Generalversammlungen abgehalten hatte. Es war allerdings nicht wie bisher üblich eine Kasse am Eingang des Saales eingerichtet worden, die es jedem gegen Zahlung des Mitgliedsbeitrages von 3 Talern ermöglicht hätte, der Gesellschaft beizutreten. Man sollte sich bereits vor der ersten Sitzung in die Liste, die vom 27. Dezember an im Lokal von Thibus auslag, einschreiben lassen. Auf diese Weise konnte das Festordnende Parlament im Voraus mißliebige Anwärter abweisen. Denn es beabsichtigte, wie Fuchs bemerkt, “Leute von den großen Ratsversammlungen ferne zu halten, die nach ihren Verhältnissen wohl nicht dahin gehörten ”. So hatte sich ein Teil der Kölner KG von 1823 um die Jahreswende 1841/42 abgespalten und eine neue KG gegründet. Während das neu gebildete Festordnende Parlament bald seine Anhänger um sich versammelte und weiterhin bei Harff auf dem Domhof tagte, wählte der andere Teil der alten KG seine eigene Festleitung, die wie bisher “Kleiner Rat” hieß, und wurde nach seinem Versammlungsort, dem Eiserschen Saal in der Komödienstraße, die “Eisenritter” genannt. Der Kleine Rat der Eisenritter bestand aus folgenden Mitgliedern, von denen die vier Männer Firmenich, Kramer, Meister und Olbertz bereits im Festkomitee 1839 gesessen hatten: der Vorsitzende Dr. Friedrich Borchardt (Advokat), Carl Cramer (Literat, Kölnisch-Wasser- Fabrikant), Dr. Johann Matthias Firmenich (Philologe), Andreas Flohr (Tabakwarenhändler), Goebbels (?), Johann Peter Kramer (Buchhandlung und Leihbibliothek), Simon Meister (Kunstmaler), Franz Olbertz (Kaufmann), Schmidt (?), Dr. Wilhelm Thomé (Arzt) und Carl Wilhelm Wachter (Gerichtsreferendar, Rentier). Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Vorstände nicht wesentlich in der sozialen Herkunft ihrer Mitglieder. Wenn man jedoch die Einzelbiographien der Komiteemitglieder betrachtet, fällt ein deutlicher Unterschied in der politischen Ausrichtung auf. Mit Friedrich Borchardt, Carl Cramer und Carl Wilhelm Wachter werden in der Gesellschaft der Eisenritter drei der später führenden Kölner Demokraten greifbar. Der Vorstand des Festordnenden Parlaments bestand dagegen aus liberal eingestellten Männern, wie sich noch zeigen sollte. Die politische Einstellung dieser wohl mehrheitlich demokratisch gesinnten Karnevalisten - der Eisenritter - ging einher mit einer veränderten Kunstauffassung, die sich nicht mehr mit Plüsch und Pomp und der Darstellung von historischen und historisierenden Szenen begnügen wollte. Die Eisenritter forderten einen zeitgemäßen Karneval, der auch vor politischen Themen nicht haltmachen dürfe, während das Festordnende Parlament dies offenbar in dieser Form strikt ablehnte und sich stattdessen auf Bewährtes berief. In der Kölnischen Zeitung entbrannte Anfang Januar eine polemische Diskussion um die Frage, welche KG nun die “wahre” sei. Die bisherige “republikanische Verfassung” sei durch einen “Staatsstreich” gestürzt und an ihre Stelle eine “aristokratische oder oligarchische” gesetzt worden, schrieben die Eisenritter. Das Festordnende Parlament habe die Prinzipien der alten KG mit dem Ziel geändert, sich die Herrschaft zu sichern oder “die ihm nicht zusagenden Individuen auszuschließen”. Während in der alten Gesellschaft die Versammlung der Mitglieder im Großen Rat die Festleitung, d. h. den Kleinen Rat, wählte, bestimme nun das Festordnende Parlament seinerseits nach Art der Oligarchen die Zusammensetzung der Gesellschaft. Das sei eine Verkehrung karnevalistischer Traditionen, und zum Schluß heißt das Resumée: “[...] nur die alte Gesellschaft ist die wahre, und kein Comite, das sich selbst wählt”. Die Herren aus dem Festordnenden Parlament brachten zu ihrer Rechtfertigung vor, es habe ihnen mißfallen, daß sich in den Generalversammlungen des Vorjahres, “wenn auch selten und bei Wenigen, ein Geist offenbarte, der nicht in das Reich des Schönen gehört”. Dieser “Saat des Unschönen” müsse entgegengewirkt werden, denn Karneval sei das Fest der Freude und der “Grazie”. Und alles “Unschöne” sei zerstörerischer Natur. Die Forderung der progressiven Eisenritter nach mehr kritischem Geist, Politik und Volkstümlichkeit im Karneval teilte das Festordnende Parlament unter dem eher konservativ – liberalen Peter Leven nicht. Zudem mißfiel ihm die Öffnung der KG für breitere Schichten. Diesen Anspruch auf Exklusivität parodiert ein Lied der Eisenritter mit dem Titel “Narrenwohl”.Ein Kölner Junge beschreibt einem Karnevalsfreund, der mit den Lokalverhältnissen nicht vertraut ist, den Harffschen Saal auf dem Domhof: “Leven Heer dat ehs et Huhs, Wo se englisch sprechen, Och op englisch blechen Möschen uhs der Täschen.” Der Karnevalsfreund erwidert daraufhin ganz entsetzt: “Nein, da mag ich nicht hinein, Das sind nicht die Meinen, Die da närrisch scheinen, Stolz damit vereinen. Ich will hin, wo Jedermannn Sich recht herzlich freuen kann, Trägt er auch kein englisch Kleid. Wo sich alle Menschen gleich Da nur ist das Narrenreich.” Nach diesem Bekenntnis eilt der Karnevalsfreund zu den Eisenrittern, weil nur dort Gleichheit unter den Narren herrsche. Allerdings war das Interesse für beide Gesellschaften nicht sehr groß, denn im Jahre 1842 versammelten sich bei Harff im Parlament 285 Mitglieder, während die Eisenritter nur 171 Mitglieder zählten. Beide Gesellschaften zusammen hatten weniger Mitglieder als die alte KG im Jahre 1841. Die internen Querelen, vielleicht auch deren politischer Hintergrund, schreckten möglicherweise viele Karnevalsfreunde von einer Mitgliedschaft ab. Die Kölner Heimatforschung spricht in Gestalt des Chronisten Wilhelm Walter sogar von einem Vermittlungsversuch des preußischen Königs in der verfahrenen Situation Anfang 1842, der aber an der unnachgiebigen Haltung zweier Eisenritter gescheitert sei. Friedrich Wilhelm IV. habe bei seinem Besuch in Köln zwischen den Karnevalsgesellschaften zu vermitteln gesucht und jeweils zwei Mitglieder jeder Gesellschaft in das Regierungsgebäude geladen. Da die Eisenritter Borchardt und Wachter es aber abgelehnt hätten, mit dem Parlament zusammenzuarbeiten, habe der König den Oberbürgermeister und Heinrich von Wittgenstein zu Vermittlern erklärt. Schließlich sei auf diese Weise immerhin ein gemeinsamer Rosenmontagszug unter dem Motto “Die kölnischen Olympischen Spiele” zustande gekommen. Es ist aber nicht mit letzter Sicherheit zu entscheiden, ob dieser königliche Vermittlungsversuch tatsächlich stattfand. Jedenfalls kam es tatsächlich im Jahre 1843 zu einer vorübergehenden letzten Einigung zwischen den beiden Karnevalsgesellschaften. Ende des Jahres 1842 ernannten das Festordnende Parlament und der Kleine Rat einen gemeinsamen Ausschuß, dem zwei ehemalige Mitglieder des Kleinen Rates von 1842 angehörten: Franz Olbertz und Carl Wilhelm Wachter; zwei ehemalige Mitglieder des Festordnenden Parlaments von 1842: Joseph Weber und Peter Joseph Kamp, sowie fünf neue Männer: Grimberg, Hinsberg, Düssel, Harprath und der Gastwirt Wilhelm Illig. Dieser Ausschuß lud “zur freien Wahl eines neuen Carnevals-Vorstandes” auf den Gürzenich, einem neutralen Ort, ein. In den Vorstand der wiedervereinigten KG wurden für das Jahr 1843 gewählt: Peter Leven als Präsident, Friedrich Borchardt, Adolph Breuer, Philipp Hoffmann, Peter Joseph Kamp, FriedrichmKöllner, Edmund Stoll, Joseph Weber, Ernst Weyden sowie Heinrich Sittmann (Wachsfabrikant) und Franz Derckum (Musiklehrer). Die Sitzungen dieser neuen KG wurden wieder bei Harff auf dem Domhof abgehalten, wo sich 621 Mitglieder, also bedeutend mehr als im Vorjahr, einschrieben. Die vereinigte KG veranstaltete am Fastnachtsmontag 1843 einen großen Maskenzug unter dem Motto: “De köllsche Huhschull” (Die kölnische Hochschule). Doch die Einigung war nicht von langer Dauer. Als im Jahre 1844 ein “homo novus” in den Vorstand der KG gewählt wurde, traten die übrigen Vorstandsmitglieder aus Protest gegen seine Wahl zurück. Die zweite Spaltung der Kölner KG war perfekt: Die älteren Vorstandsmitglieder gründeten die Große KG und der neue Mann namens Franz Raveaux gründete mit seinen 98 Anhängern die “Allgemeine Karnevalsgesellschaft”. Franz Raveaux, die “wohl schillerndste Persönlichkeit im Kölner Karneval”, wurde als Sohn einer französischen Familie im Jahre 1810 in Köln geboren und schon im Elternhaus mit republikanischen Ideen vertraut. Nach dem Wunsch seines Vaters sollte er Kaufmann werden, doch Franz fiel weniger durch schulische Leistungen als durch Mut, Sportlichkeit und soziales Verantwortungsgefühl auf, so daß er schnell zum Anführer einer Straßenbande wurde. Im Jahre 1824 mußte er nach einem Streit das Karmelitergymnasium verlassen; die daraufhin angestrebte Karriere als Dragoneroffizier scheiterte an einem Pistolenduell wegen einer Liebesaffaire. Raveaux desertierte im Jahre 1830 und floh nach Brüssel, wo er Zeuge der belgischen Revolution wurde. Von dort ging er 1831 nach Paris, trat in die Fremdenlegion ein und kämpfte im spanischen Erbfolgekrieg als Offizier auf der Seite der bügerlichen Christinos gegen Don Carlos. Im Jahre 1836 kehrte Raveaux nach Köln zurück, heiratete und begann, als Porzellanofenhändler in Köln Geschäfte zu betreiben. Als der Erfolg ausblieb, zog er im Jahre 1842 nach Blankenheim in die Eifel, wo er mit seinem Schwager im Auftrag einer Antwerpener Schiffahrtsgesellschaft ein Auswandererbüro gründete und - durch das Ahr- und Eifelgebirge ziehend - Schiffskarten an Auswanderungswillige verkaufte. Im Juni 1842 wurde er angezeigt, er habe unter Vortäuschung falscher Tatsachen zufriedene Bauern mit der Auswanderung in ihr Unglück gestürzt, doch die Vorwürfe konnten weder endgültig widerlegt noch bestätigt werden. Wegen eines Spottgedichtes über eine Bürgermeisterwahl zu Blankenheim, die bereits sieben Jahre zurücklag, wurde gegen Raveaux 1842 eine weitere Anzeige erstattet. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, verließ Blankenheim und kehrte im Jahre 1843 wieder nach Köln zurück. Bereits vor dem Jahre 1843 hatte Raveaux in der Kölner Karnevalsgeselschaft den Tabakfabrikanten David Boom, Inhaber der Firma Dolden und Zoonen, kennengelernt, der ihn mit Kommissionsgeschäften beauftragte. Nach seiner Rückkehr 1843 eröffnete Raveaux in Köln ein Geschäft für Tabakwaren und erwarb als Grundstücksspekulant in kurzer Zeit einen ansehnlichen Wohlstand. Ende des Jahres 1843 scheint Raveaux Wortführer der Karnevalisten geworden zu sein, die in der KG mit der bisherigen Festgestaltung nicht mehr zufrieden waren. Es waren die Mitglieder, die im Jahre 1842 “Eisenritter” genannt wurden. Die Auseinandersetzung zwischen einigen Karnevalisten und dem “Magister loci”, Edmund Stoll, um die Wahl des Festkomitees für die Karnevalssession 1844 konnten die Leser der Kölnischen Zeitung mitverfolgen. In anonymen Anzeigen schlugen einige Kritiker vor, ein neues Wahlverfahren für die Festleitung einzuführen, das die sonst übliche “Klüngelei” bei der Wahl verhindern sollte. Für den 23. Dezember 1843 wurde zu einer Vorlesung “Über Klüngel und freie Wahl [...]” bei Herrn Klütsch “an der Wollküche” eingeladen. In einer Anzeige vom 31. Dezember teilte Raveaux dann mit, daß er den “Auftrag”, den ihm Karnevalsfreunde am 26. Dezember bei Herrn Illig im Hof von Holland übertragen hätten, schon teilweise erledigt habe. Näheres sei am Abend in der Versammlung bei Herrn Felten in Deutz zu erfahren. Der erwähnte Auftrag könnte mit den Vorbereitungen in Zusammenhang stehen, die dazu führten, daß Raveaux von seinen Freunden, unter ihnen David Boom, Carl Cramer, Friedrich Borchardt und Wilhelm Anton Hospelt, in der ersten Generalversammlung am Neujahrstag 1844 für die Wahl in den Vorstand vorgeschlagen und schließlich auch gewählt wurde. “Die wichtigsten Forderungen der Karnevalsopposition waren: Senkung der Eintrittspreise, häufigerer Wechsel im Vorstand und das “Hinzuziehen der Politik in die komischen Vorträge” - kurzum, ein “volkstümlicher” und kritischer Karneval.” Als die erste Generalversammlung am 1. Januar Franz Raveaux mit 99 Stimmen in den Vorstand der KG wählte, verließ der gesamte übrige Vorstand aus Protest gegen ihn den Saal. Nachdem auch die zweite Generalversammlung am 7. Januar keine Einigung gebracht hatte, trennten sich die “Neunundneunzig”, unter ihnen ein Teil der “Eisenritter”, am 9. Januar von der KG und gründeten mit Franz Raveaux als Präsidenten die Allgemeine KG. Während sie im Neuen Kuhberg bei Senf auf der Ehrenstraße tagte, blieb die Gesellschaft unter dem Vorsitz von Peter Leven bei Harff auf dem Domhof. Die Allgemeine KG konnte sich bald größter Beliebtheit erfreuen, nicht zuletzt deshalb, weil sie ihren Mitgliedsbeitrag von drei auf einen Taler senkte. Im Festkomitee, d. h. im Kleinen Rat, saßen im Jahre 1844 u. a. Franz Raveaux, Carl Cramer, Friedrich Borchardt, Wilhelm Anton Hospelt (Farbenhändler), und Carl Wachter, wobei Borchardt, Cramer und Wachter bereits 1842 im Vorstand der Eisenritter gesessen hatten. “Damit wurde (der) Führungskreis der Demokraten in Köln erstmals namentlich und organisatorisch fixierbar.” Nach der Abspaltung der Neunundneunzig und der Gründung der Allgemeinen KG im Jahre 1844 gaben sich die, die der alten Gesellschaft von 1823 die Treue hielten, den Namen “Große Karnevalsgesellschaft”. Letztere war sich unter dem Vorsitzenden Peter Leven ihrer Exklusivität bewußt und hob ihre besondere Qualität durch das schmückende Beiwort - Große - hervor. In quantitativer Hinsicht jedoch hatte sie gegenüber der “Allgemeinen” bald das Nachsehen. Beide Gesellschaften hatten unterschiedliche Auffassungen von der Festgestaltung und standen sich konkurrierend gegenüber. Während in der “Großen” weiterhin das liberale Besitzund Bildungsbürgertum feierte, trafen sich in der Allgemeinen KG die Demokraten um Raveaux und Borchardt, darunter auch zunehmend mittelständische Handwerker. Erst im Jahre 1848 konnten sich beide Gesellschaften für eine Session auf ein gemeinsames Ball- und Zugkomitee einigen. Die 1848/49er Revolution bedeutete das Ende für die Allgemeine KG in Köln. Da viele ihrer Mitglieder - allen voran ihr Präsident Franz Raveaux - bis zuletzt vergeblich für die Republik gekämpft hatten und dafür von der Regierung verurteilt wurden, traf die militärische Niederschlagung der Revolution die Allgemeine KG besonders hart. Die beiden Spaltungen der Kölner KG 1842 und 1844 sind insofern besonders bemerkenswert, als sie unmittelbar mit den politischen Auseinandersetzungen jener Zeit im Zusammenhang standen. Von den vielen Kölner Vereinsspaltungen in der Folgezeit soll im Folgenden noch diejenige dargestellt werden, die schließlich zur Gründung des Kölner Festkomitees im Jahre 1888 führte. In den Jahren von 1865 bis 1881 war August Wilcke Präsident der Großen KG in Köln. Die Große KG war in diesen Jahren wieder unbestritten die führende KG in Köln, die auch die Gestaltung des Rosenmontagszuges entschied. Interne Streitigkeiten führten jedoch im Jahre 1881 zum Rücktritt Wilckes. In der Großen KG war zunehmend Kritik an Wilckes Person und seiner Geschäftsführung geübt worden. Die Mitglieder waren “mit ihrem Präsidenten in Streit geraten”, wie es in der Festschrift der Großen KG von 1982 heißt. August Wilcke gründete mit seinen verbliebenen Anhängern am 11. November 1882 eine eigene Gesellschaft unter dem Namen “Kölner Karnevalsgesellschaft”. 1882 wurde Fritz Hönig zum neuen Präsidenten der Großen KG gewählt, der aber nach einer Session zurücktrat. 1883 wurde dann Emanuel Mosler neuer Präsident der Großen KG, der das Amt bis 1890 bekleidete. Ab Ende 1882 beanspruchten somit zwei große Kölner Karnevalsvereine die führende Stellung im Kölner Karneval, was für die Festgestaltung Schwierigkeiten nach sich zog, wie sie bereits in den 1840er Jahren die Spaltung der KG mit sich gebracht hatte. Beide Karnevalsgesellschaften beanspruchten das Recht, die Vorbereitungen und Durchführung des Rosenmontagszugs zu koordinieren. Beide wollten ihre Maskenbälle im städtischen Gürzenich feiern, der ihnen zu diesem Zwecke möglichst mietfrei überlassen werden sollte. Die Konkurrenz führte - ähnlich wie in den Jahren 1844 und 1845 - dazu, daß im Jahre 1883 zwei große Maskenzüge durch Köln gingen. 1885 entbrannte eine “Pressefehde” in den lokalen Zeitungen zwischen den beiden Vereinen. Der Karnevalist Jean Jörissen, der lange Zeit Präsident der Kölner Narrenzunft war, verfaßte im September 1887 die Schrift “Zur Notlage des Kölner Karnevals”, in der er auf den großen Nachteil verwies, der der Stadt durch die Uneinigkeit im Karneval entstünde. Nachbarstädte organisierten große prachtvolle Maskenzüge, die eine Konkurrenz für Köln darstellten. Der Kölner Maskenzug sei 1887 dagegen recht unrühmlich gewesen. Die schwierigen Verhandlungen um den Maskenzug 1887 sowie das unbefriedigende Ergebnis brachten den Stadtrat dazu, nun endlich eine Einigung zu fordern. Er erklärte, daß nur das Zusammengehen der beiden Großen Karnevalsgesellschaften in Köln das Zustandekommen eines der Stadt würdigen Maskenzuges garantieren könnte. Und nur unter dieser Bedingung würde sie den Gürzenich und den Neumarkt für das Karnevalsfest hergeben. Die Große KG schlug vor, an dem Arbeitsausschuß außer den jeweils fünf Vertretern der beiden großen Karnevalsgesellschaften auch je zwei Delegierte der am Zug beteiligten kleineren Gesellschaften teilnehmen zu lassen. Dagegen sprach sich die Kölner KG unter ihrem Präsidenten Wilcke aus: Die in Frage kommenden zehn kleineren Gesellschaften hätten zusammen mit der Großen KG 1050 Mitglieder, wohin gegen seine Kölner KG 750 Mitglieder vereinige. Da die kleineren Karnevalsgesellschaften bessere Beziehungen zur Großen KG als zu Wilckes Kölner KG unterhielten, bestand in seinen Augen offenbar die Gefahr einer ständigen Majorisierung. Die Kölner KG - die sich nun ganz bewußt “Große Kölner” KG nannte veröffentlichte Mitte Januar die bis dahin geführten Verhandlungen und Korrespondenzen zum Karneval 1888 in einer siebenseitigen Druckschrift. Die Gegendarstellung der Großen KG folgte einige Tage später. Emanuel Mosler wollte die letzte Entscheidungsgewalt und die Oberleitung über die Festgestaltung nicht aus der Hand geben, doch Wilckes Ansprüche ließen sich auf Dauer nicht ignorieren. Bürgermeister Thewalt und Fritz Hönig vermittelten zwischen den Vereinsvorständen, und schließlich einigten sich die Vorstände der Großen KG und der Großen Kölner KG Ende Januar darauf, gemeinsam ein “Maskenzug-Comite” unter dem Vorsitz von Fritz Hönig zu bilden. Die Stadtverordnetenversammlung bewilligte daraufhin einen Zuschuß von 1500 Mark zum Maskenzug. Erstmals hatte 1888 also ein Festkomitee die Leitung über den Maskenzug und nicht die Große KG. In den kommenden Jahren sollte das Festkomitee zu einer festen Institution werden, in dem die beiden großen Karnevalsgesellschaften gemeinsam über die Festgestaltung bestimmten. Im Jahre 1907 forderten acht weitere Kölner Karnevalsgesellschaften die Aufnahme in das Festkomitee, das bisher allein über die Wagen bestimmt und den anderen Karnevalsgesellschaften nur die “Ehre des Mitbezahlens” überlassen hatte. Sie erhielten daraufhin vermutlich mehr Entscheidungsgewalt im Hinblick auf die Auswahl der von ihnen dargestellten Gruppen im Zug. Die Mitbestimmung über die Leitung des Festkomitees blieb ihnen aber weiterhin verwehrt. Im kommenden Jahre 1908 einigten sich die beiden großen Karnevalsgesellschaften, die Große KG und die Große Kölner KG, auf einen jährlichen Wechsel im Präsidium des Kölner Festkomitees.