BMBWK-51.700/0075-VII/10/2005 eSTUDY – eLearning im Studium: Wie beurteilen und nutzen Studierende eLearning? Zusammenfassung Das Forschungsprojekt eSTUDY – eLearning im Studium: Wie beurteilen und nutzen Studierende eLearning? wurde von der Arbeitsgruppe Pädagogische Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz im Auftrag des bm:bwk durchgeführt. Es wurde für den tertiären Bildungssektor untersucht, wie Studierende eLearning im Vergleich zur Präsenzlehre nutzen und bewerten und welchen Einfluss individuelle und institutionelle bzw. organisationale Rahmenbedingungen auf die Beurteilung und Nutzung von eLearning haben. Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wurden eine Interview- und eine Fragebogenerhebung durchgeführt, die beide auf einem didaktischen Modell beruhten, das von fünf Qualitätsbereichen und –prozessen ausgeht. Unterschieden werden die Bereiche ‚Didaktisches Design’, ‚Tutorielle Betreuung’, ‚Kommunikation und Kooperation’, ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ und ‚Lernerfolg’. Methode An der Interviewerhebung nahmen insgesamt 446 Studierende von acht österreichischen Hochschulen teil. Die Studierenden wurden zu allen Qualitätsbereichen über ihre positiven und negativen Erfahrungen sowie ihre Wünsche bezüglich eLearning-Veranstaltungen befragt. Die Antworten der Studierenden wurden mittels Inhaltsanalyse ausgewertet und dienten als Grundlage für die Entwicklung eines standardisierten Erhebungsinstruments. Der so entstandene Fragebogen umfasst 72 Items, die spezifisch auf die Anliegen der Studierenden zugeschnitten waren und alle Qualitätsbereiche beinhalteten. Jedes Item wurde auf einer sechsstufigen Skala (trifft überhaupt nicht zu bis trifft völlig zu oder überhaupt nicht wichtig bis sehr wichtig) beantwortet. An der Fragebogenerhebung nahmen 2196 Studierende von 16 Universitäten und 13 Fachhochschulen aus allen neun Bundesländern teil. Sie wurden zu ihren Erfahrungen mit sowie ihren Wünschen an medienbasierte/n Lehrveranstaltungen (gemessen an der subjektiven Bedeutung der Qualitätsbereiche) befragt und sollten medienbasierte Lehre mit Präsenzlehre im Hinblick auf Lernqualität vergleichen. Zusätzlich zu den Erfahrungen und Wünschen bzw. der vergleichenden Bewertung von medienbasierter und Präsenzlehre wurden bei der Auswertung moderierende Einflussgrößen (individuelle Voraussetzungen der Lernenden und Rahmenbedingungen der Organisation) berücksichtigt. Ergebnisse Die Erfahrungen in medienbasierte Lehrveranstaltungen werden von den Studierenden durchwegs positiv bewertet. Besonders hervorgehoben wurden die Qualitätsbereiche ‚Tutorielle Betreuung’, ‚Didaktisches Design’ und ‚Lernerfolg’. Bei den Wünschen kommt allen fünf Qualitätsbereichen große Bedeutung zu. Trotz durchwegs positiver Erfahrungen mit medienbasierter Lehre bestehen hoch differenzierte Wünsche an das Lernen mit PC und Internet. Beim Vergleich von medienbasierter Lehre mit Präsenzlehre wird deutlich, dass die Studierenden die Anforderungen in den Qualitätsfeldern ‚Didaktisches Design’ und ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ besser in medienbasierter Lehre erfüllt sehen. Besonders hervorgehoben wird dabei die Flexibilisierung des Lernens, die durch Neue Medien ermöglicht wird. Die Präsenzlehre weist nach Meinung der Studierenden Vorteile in den Kernbereichen ‚Kommunikation und Kooperation’, ‚Tutorielle Betreuung’ und ‚Lernerfolg’ auf. Am wichtigsten sind den Studierenden dabei der persönliche Kontakt zu Mitstudierenden und das Durchführen von Gruppenarbeiten. Bezüglich der individuellen Voraussetzungen der Lernenden konnten Einflüsse von Alter und Geschlecht nachgewiesen werden. So geben jüngere Studierende (bis 20 Jahre) an, mehr ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ zu erleben als ihre älteren Kommiliton/inn/en. Bei Frauen fallen die Beurteilungen positiver aus als bei Männern. Weibliche Studierende schätzen die -1- BMBWK-51.700/0075-VII/10/2005 ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ höher ein als männliche Studierende und beurteilen ihren ‚Lernerfolg’ als höher. Gleichzeitig sind den Studentinnen die Qualitätsfelder ‚Didaktisches Design’, ‚Tutorielle Betreuung’, ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ und ‚Lernerfolg’ wichtiger als den Studenten. Im Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Organisation konnten sowohl bezüglich der Erfahrungen als auch bezüglich der Wünsche der Studierenden Unterschiede zwischen den Bildungsinstitutionen festgestellt werden. Studierende von Universitäten nehmen die ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ stärker wahr als Studierende von Fachhochschulen. Gleichzeitig sind den Universitäts-Studierenden die didaktischen Kernbereiche ‚Tutorielle Betreuung’ und ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ wichtiger als den FH-Studierenden. In Bezug auf die unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen der Universitäten konnten Unterschiede in den Erfahrungen der Studierenden in den Qualitätsbereichen ‚Kommunikation und Kooperation’, ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ und ‚Lernerfolg’ nachgewiesen werden. Studierende der Humanmedizin nehmen die ‚Kommunikation und Kooperation’ deutlich schlechter wahr als die anderer Wissenschaftsdisziplinen, beurteilen jedoch die ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ besser als Studierende aller anderen Disziplinen. Ihren ‚Lernerfolg’ schätzen hingegen Studierende der Sozialwissenschaften besser ein als Studierende anderer Wissenschaftszweige. Ebenso bestehen Unterschiede zwischen den Wissenschaftsdisziplinen in Bezug auf die Wünsche der Studierenden. Der ‚Tutoriellen Betreuung’ und der ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ messen Studierende der Humanmedizin mehr Bedeutung bei als die Studierenden anderer Wissenschaftsdisziplinen. Die ‚Kommunikation und Kooperation’ mit anderen Studierenden ist ihnen jedoch nicht so wichtig wie Studierenden anderer Disziplinen. Ebenso konnten Unterschiede in den Erfahrungen zwischen den verschiedenen Fachbereichen der Fachhochschulen festgestellt werden. So wird das ‚Didaktische Design’ medienbasierter Lehrveranstaltungen von Studierenden eines wirtschaftlich-sprachlichen Studiengangs besser beurteilt als von Studierenden technischorientierter Studiengänge. Die ‚Kommunikation und Kooperation’ wird von Studierenden sozialwirtschaftlicher Studiengänge schlechter beurteilt als von anderen. Die ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ nehmen wirtschaftlich-sprachliche und technisch-naturwissenschaftliche Zweige stärker wahr als Studierende im sozial-wirtschaftlichen und technisch-wirtschaftlichen Bereich. Bezüglich der Studienabschlüsse konnte nachgewiesen werden, dass die ‚Tutorielle Betreuung’ von Bakkalaureats-/Bachelorstudierenden besser beurteilt wird als von Studierenden eines Diplom- oder Magister-/Masterstudiums. Die ‚Kommunikation und Kooperation’ wird von Studierenden eines Bakkalaureats-/Bachelorstudiums und von Lehramtsstudierenden positiver wahrgenommen als von Diplom- oder Magister-/ Masterstudierenden. Die ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ wird von Doktoratsstudierenden deutlich besser bewertet als von allen anderen Studienformen. Hinsichtlich der Wünsche schreiben Bakkalaureats-/Bachelorstudierende der ‚Kommunikation und Kooperation’ mehr Wichtigkeit zu als Diplom- bzw. Magister-/ Masterstudierende, allerdings erleben Studierende eines Bakkalaureats/Bachelors und Lehramtsstudierende die ‚Unterstützung des individuellen Lernens’ als weniger wichtig als Studierende eines Diplom- bzw. Magister-/Masterstudiums. Bei der Überprüfung der Bedingungen, die gegeben sein müssen, damit medienbasierte Lehre Spaß macht, stellte sich die klare Struktur der Lehrveranstaltung und des Lernmaterials neben den Einflüssen durch die Lehrperson als wichtigster Prädiktor heraus. Des Weiteren ist der ‚Lernerfolg’, vor allem der Erwerb von fachspezifischem Wissen, wichtig für den Spaß an einer medienbasierten Lehrveranstaltung. Fazit Die Studierenden sehen sowohl in der medienbasierten als auch in der Präsenzlehre Vorteile, so dass eine Kombination beider Lehr-Lernformen eine Qualitätsverbesserung mit sich bringen kann. Die Flexibilisierung des Lernens und die Online-Bereitstellung der Lernmaterialen werden als große Vorteile des eLearnings erlebt. Gleichzeitig sollte aber der persönliche Kontakt zu anderen Studierenden und zur Lehrperson sowie gemeinsames Arbeiten in der Gruppe als Elemente erfolgreicher Präsenzlehre erhalten bleiben. -2-