Schadenversicherungsmathematik Statische Risikomodelle Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof. Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar Gliederung 1. 2. 3. 4. 5. |2| Einleitung Exposurekurven in der nicht-proportionalen Rückversicherung Exposure Pricing in der Sachversicherung Exposure Pricing in der Haftpflichtversicherung Literatur Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 1.Einleitung Risikoprofil und Aufteilung der Originalprämie zwischen Erst- und Rückversicherer • Erstversicherer fragt beim Rückversicherer eine nicht-proportionale Deckung in Form eines Schadenexzedenten (XL) „Haftung in excess of Priorität“(Haftung xs Priorität) an. • Pricing von pro Risiko XLs sollte Exposure bzw. Exponierung mit berücksichtigen. Exposure Pricing basiert auf sogenannten Risikoprofilen. • Beispiel für ein Risikoprofil.xls • Hauptproblem des Exposure Pricings: Faire Aufteilung der Originalprämie zwischen Erst- und Rückversicherer. • Zuerst Eliminierung der Kosten und Marge des Erstversicherers aus der Originalprämie. • Dann Aufteilung der Risikoprämie pro Versicherungssummenband mittels Exposurekurven. • Unterscheidung zwischen Sachversicherung und Haftpflichtversicherung nötig – PMLs (possible maximum loss) und Policenlimits. |3| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 2.Exposurekurven in der nicht-proportionalen Rückversicherung Heuristische Herleitung • Erläuterung der oberen linken Abbildung: Anordnung der Schäden einer Periode gemäß Schadenhöhe. Treppenfunktion ist empirische Schadenverteilung. Horizontale Achse ist Schadengrad a, d.h.Schaden in % der Versicherungssumme / des PMLs. Vertikale Achse ist Anzahl der Schäden mit Schadengrad kleiner gleich a. • Erläuterung der oberen rechten Abbildung: Zeigt die zur empirischen Schadenverteilung zugehörige Exposurekurve bzw. Schadengradkurve. Horizontale Achse repräsentiert Priorität a in % der Versicherungssumme bzw. des PMLs. Vertikale Achse zeigt die Entlastung für den Gesamtschaden. |4| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 2.Exposurekurven in der nicht-proportionalen Rückversicherung Heuristische Herleitung - Extremfall Im Extremfall eines Portefeuilles mit ausschließlich Total-Schäden sehen die empirische Schadenverteilung und die (proportionale) Exposurekurve wie folgt aus: |5| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 2.Exposurekurven in der nicht-proportionalen Rückversicherung Mathematische Herleitung Wir betrachten ein Risiko i eines Versicherungs-Portefeuilles von I Risiken und verwenden das kollektive Modell. Dann hat Risiko i in fester Periode (z.B. ein Jahr) den Gesamtschaden Ni S := ∑X in mit Schadenanzahl Ni und stochastisch unabhängigen Schadenhöhen X i 1, X i 2,... mit Verteilungsfunktion Fi . n =1 Der Gesamtschaden R des Portefeuilles für einen unlimitierten XL mit Priorität a > 0 entspricht dann: I R= Ni ∑∑ max ( X ) in − a,0 , und für den Preis des XLs folgt mit X i für X in : i =1 n =1 I Ε (R ) = I ∑ Ε (N ) Ε (max ( X − a,0)) = ∑ i i i =1 ( Ε ( Ni ) Ε max ( X i − a,0 ) i =1 Ε ( Ni ) Ε ( X i ) )Ε S I ( i ) = ∑ (1 − ri ( a ) )Ε (Si ) i =1 a mit ri ( a ) := ( Ε min ( X i , a ) Ε ( Xi ) )= ∫ (1− F ( x ))dx i 0 ∞ . Hier geht die Gleichung X i = min ( X i , a ) + max ( X i − a,0 ) ein. ∫ (1− F ( x )) dx i 0 ri ( a ) heißt Schadenentlastungskoeffizient des Risikos i zur XL-Priorität a, und die Funktion a → ri ( a ) heißt Schadenentlastungskurve bzw. Exposurekurve. Problem in der Praxis: Bestimmung von Fi für jedes Risiko i unmöglich. |6| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 3.Exposure Pricing in der Sachversicherung Verteilung der Schadengrade In der Sachversicherung haben Risiken aus gleichen Risiko-Klassen dieselbe Verteilung G der X Schadengrade Yi := i , wobei v i den PML vom Risiko i bezeichnet. Insbesondere ist G unabhängig von i für vi Risiken derselben Risiko-Klasse. Es folgt: ri ( a ) = ( Ε min ( X i , a ) ) Ε ( Xi ) a Ε min Yi , vi = Ε (Yi ) a = r vi mit w ∫ (1− G ( y )) dy r (w ) := 0 1 für 0 ≤ w ≤ 1 und r (w ) := 1 für w > 1, ∫ (1− G ( y )) dy 0 X und es ist G (w ) = P i ≤ w die Verteilung der Schadengrade. vi Bemerkungen: r ist auf 0,1 streng monton wachsend und konkav. r ,G,Yi sind unabhängig von Inflation und Währungskursschwankungen. Die Rückversicherer haben mehrere Sachversicherungs-Exposurekurven. |7| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 3.Exposure Pricing in der Sachversicherung Die verwendeten Exposurekurven und die Berechnung der XL-Prämie in der Praxis Die Berechnung der XL-Risikoprämie pro PML-Bandmitte mit zugehöriger Originalprämie für pro Risiko Sachversicherungs XL Haftung xs Priorität aus aktuellem PML∗ -Risikoprofil mit Schadenquote SQ und einer geeignet gewählten Exposurekurve ergibt sich wie folgt: Der Faktor SQ • Originalprämie wird multipliziert mit der Differenz Priorität Priorität+Haftung Exposurekurve - Exposurekurve PML-Band Mitte PML-Band Mitte Summe aller XL-Prämien pro PML-Band liefert gesamte XL-Risikoprämie. Problem: Policen mit "multi locations" im Risikoprofil. ∗ Bemerkung : In Sachversicherung brauchen Rückversicherer Risiko-Profil auf PML-Basis und nicht auf Versicherungssummenbasis. Am Beispiel aus der Praxis sieht es wie folgt aus: •XL_Exposure_Pricing_Sach.xls |8| Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 4.Exposure Pricing in der Haftpflichtversicherung Increase Limit Factors und Riebesells Formel - In allgemeiner Haftpflichtversicherung gibt es keine PMLs, sondern Policenlimits. - Anstatt Exposurekurven werden Increased Limit Factors (ILF) und Verdopplungsfaktoren verwendet → "Zuschlagsquotierung". - ILFv b (v ) (v ) := b 0 (v 0 ) , wobei b (v ) die Risikoprämie zum Policenlimit v und b (v 0 ) die Risikoprämie zum Basislimit v 0 darstellen. - In den USA stellt das Insurance Services Office (ISO) auf statistischen Daten basierende ILF-Tabellen zur Verfügung für verschiedene Haftpflichtversicherungssparten. Wenn man eine ILF-Tabelle gegeben hat und Policenlimit v verdoppelt wird, berechnet der Versicherer die zugehörige ( ) Risikoprämie zu b ( 2v ) = b (v ) 1 + z (v ) mit Verdopplungsfaktor z (v ) := b ( 2v ) − b (v ) b (v ) = ILFv 0 ( 2v ) − ILFv 0 (v ) . ILFv (v ) 0 In Deutschland und vielen anderen Ländern verwendet man keine ILFs, sondern einen konstanten Verdopplungsfaktor z ∈ ( 0,1) : Sei b0 := b (v 0 ) die Risikoprämie zum Basispolicenlimit v 0 > 0 für ein Risiko mit Schadenhöhen-Zufallsgröße X . Es gilt b ( 2v 0 ) = b0 (1 + z ) und analog b ( 4v 0 ) = b0 (1 + z ) log2 ( t ) b ( tv 0 ) = b0 (1 + z ) Riebesells Formel |9| 2 ( ) und allgemein b 2k v 0 = b0 (1 + z ) k für k ∈ N0 bzw. für beliebiges t ∈ ¡ > 0 . Es folgt für alle Policenlimits v > 0 und Verdopplungsfaktor z ∈ ( 0,1) : v log2 b v = b0 1 + z v0 ( ) ( ) v = b0 v 0 log2 (1+ z ) Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar . 4.Exposure Pricing in der Haftpflichtversicherung Berechnung der Rückversicherungsprämie in der Praxis Wenn Riebesells Prämienfunktion b als kollektives Modell darstellbar wäre, erhielten wir für Policenlimit v und Schadenanzahl-Zufallsgröße N : v ( ) b (v ) = Ε ( N ) Ε min ( X ,v ) = Ε ( N ) ∫ (1− F ( x )) dx. Es folgt b ' (v ) = Ε (N ) (1− F (v )) und lim b ' (v ) = ∞ im Widerspruch zu Ε (N ) endlich. v →0 0 Mack und Fackler zeigen aber, daß man b in einem Intervall 0, u zu einer linearen Funktion modifizieren kann und b dann als kollektives Modell darstellbar ist. Falls nun ein Risiko mit Versicherungssumme v i und Priorität a mit 0 < a ≤ v i rückversichert werden soll , erhalten wir mit Schadenhöhen-Zufallsgröße X : ri ( a ) := ( ) = b ( a ) = a log (1+ z ) Ε ( min ( X ,v i ) ) b ( v i ) v i Ε min ( X , a ) 2 als Schadenentlastungsfunktion, und ri ist unabhängig von Inflation und Währungskursschwankungen. Die Berechnung der XL-Risikoprämie pro Policenlimitband v i mit zugehöriger Originalprämie aus aktuellem Policenlimit-Risikoprofil für einen pro Risiko Haftpflichtversicherungs XL Haftung xs Priorität ergibt sich mit Notation der Riebesell Formel und Schadenquote SQ wie folgt: { {( ) ( Der Faktor SQ • Originalprämie wird multipliziert mit max 0 , min ri (Pr iorität+Haftung) - ri ( Priorität ) , 1 − ri (Priorität ) )}}. Die Summe dieser XL-Prämien pro Policenlimitband liefert uns die gesamte XL-Risikoprämie. Dies sei erklärt am Beispiel: • | 10 | XL_Exposure_Pricing_Haftpflicht.xls Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar 5.Literatur • Bernegger, S., The Swiss Re Exposure Curves, ASTIN Bulletin 27 (1997), 99-111. • Mack, T. Und Fackler, M., Exposure Rating in Liability Reinsurance, ASTIN Colloquium Berlin 2003. • Riebesell, P., Einführung in die Versicherungsmathematik, Berlin 1936. | 11 | Exposure Pricing in der nicht-proportionalen Rückversicherung Prof.Dr. Michael Fröhlich, DAV Aktuar