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Application Note
AN26.01.de
Autor: Dipl. Wirt. Ing. (FH) Thomas Walker
Leiter Marketing, PULS GmbH, München
Wide Range Eingänge bei
Schaltnetzteilen
Marketing-Gag oder eine sinnvolle
Angelegenheit?
Was klingt angenehmer, als in
Anlagen oder Maschinen eine
Stromversorgung für alle
weltweiten Spannungen zu
verbauen, die ohne weitere
Einstellarbeiten betrieben
werden kann?
Kein manueller Eingriff bei
der Inbetriebnahme, eine
einfachere technische
Beschreibung der Anlage
und ein reduzierter
Logistikaufwand sind die
angenehmen Seiten.
Marketingexperten einiger Stromversorgungshersteller preisen Schaltnetzteile mit dem sogenannten WideRange-Eingang gerne als die beste
Lösung an. Dem gegenüber aber stehen mit den heute bekannten und
verwendeten Schaltungskonzepten
handfeste Einbußen bei der Sicherheit
gegenüber Netzfehlern, höhere Störanfälligkeit bei Spannungsspitzen
sowie ein schlechterer Wirkungsgrad
und eine höhere Wärmeentwicklung.
Was also ist besser? Wie so oft im
Leben liegt die Lösung in der Mitte
bzw. hängt in erster Linie von der
Anwendung ab.
Situation
Sollen Maschinen und Anlagen weltweit verkauft und eingesetzt werden,
müssen ihre Stromversorgungen in
der ein oder anderen Form die weltweit unterschiedlichen Spannungen
der jeweiligen Stromnetze verarbeiten
können. Tabelle 1 zeigt am Beispiel
einiger Länder die unterschiedlichen
Versorgungsspannungen bei ein- bzw.
dreiphasigen Netzen. Damit eine
Stromversorgung sowohl an Netzen
des unteren als auch des oberen
Spannungsbereiches betrieben werden
kann, muss die Eingangsstufe des
Netzteiles entsprechend ausgelegt
sein. Dabei müssen in einphasigen
Netzen Spannungsnennbereiche von
100-120V und von 220-240V abgedeckt werden. Die meisten Netze lassen dabei eine Toleranz von +/- 10%
zu, womit sich zulässige Eingangsbereiche von 90-132V und von 198264V AC ergeben. Ein 100V-Netz darf
also zulässig auf 90V absinken, ein
220V-Netz bis auf 198V. Damit bei
kurzen Spannungseinbrüchen, wie
z.B. durch Zuschaltung großer Lasten,
das Netzteil nicht unterversorgt wird
und abschaltet, legen die Hersteller
von Stromversorgungen nach unten
nochmals eine Reserve dazu. Gängige
Eingangsbereiche von Schaltnetzteilen sind deshalb 85...132V AC und
185...264V AC.
Land
1-Phasen-Netz
3-Phasen-Netz
Australien
120/240Vac
415Vac
China
220Vac
380Vac
Deutschland
230Vac
400Vac
Japan
100/200Vac
-/-
USA
120/240Vac
208/460Vac
Tabelle 1: Weltweite Netzspannungen
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Auto- bzw. Manual-Select
Wide Range
Mögliche Realisierung
Um die unterschiedlichen Eingangsbereiche mit einem Gerät abzudekken, können Hersteller bei der
Entwicklung eines Schaltnetzteiles
verschiedene Schaltungskonzepte
wählen (siehe Abbildung 1):
Auto-Select-Eingang:
Die Spannungsdopplerschaltung nützt
alle Bauteile zunächst im zulässigen
Bereich des oberen Spannungsbereiches optimal aus. Wird als Versorgungsspannung eine Netzspannung
des unteren Bereiches angelegt, schaltet das Gerät um und verdoppelt über
die Dopplerschaltung die Eingangsspannung im internen Eingangskreis.
Wieder werden alle Bauteile optimal
genützt. Die Umschaltung kann automatisch über eine Elektronik im Gerät
erfolgen. Diese versucht zunächst im
oberen Bereich das Netzteil hochzufahren und sollte dies auf Grund von
zu geringer Eingangsspannung nicht
gelingen, schaltet sie auf die Dopplerschaltung um. Das Gerät passt sich
automatisch an die obere bzw. untere
Versorgungsspannung an. Eine Zeitkonstante verhindert dabei, dass sich
das Gerät bei Unterspannung (im
oberen Bereich) bzw. Überspannung
(im unteren Bereich) kurzfristig
umstellt und so möglicherweise einen
Fehler verursachen könnte.
Manual-Select-Eingang:
Ein manuell zu bedienender Schalter
ersetzt hier die Elektronik des Umschalters. Dadurch entfallen die zur
Steuerung und Ermittlung der Eingangsspannung erforderlichen elektronischen Bauteile, was Platz und
Kosten spart. Zudem wird im Gerät
geringfügig weniger Energie selbst
verbraucht, was den Wirkungsgrad je
nach Situation noch einmal um 0,5 bis
1% erhöht.
4) Übertrager
5) Schalter für Übertrager
6) Umschalter für unteren/oberen
Spannungsbereich (mechanisch,
Relais oder elektronisch)
1) Brückengleichrichter (4 Dioden)
2) Einschaltstrombegrenzung
(z.B. durch NTC oder aktiv durch
Halbleiterkomponente)
3) Elkos zur Glättung und Prüfung
Wide-Range-Eingang:
Bei einem Weitbereichseingang ist die
Schaltung so ausgelegt, dass sie durchgängig alle Eingangsspannungen von
der unteren bis zur oberen Grenze
verarbeitet. Dazu müssen die Bauteile,
im Wesentlichen Kondensatoren und
Halbleiter (MOSFETs / IGBTs) für den
gesamten Spannungsbereich zuzügl.
der jeweiligen Reserven nach unten
und oben ausgelegt sein. Und gerade
hier liegen einige Nachteile:
gang. Zudem muss sie, da
Verlustleistung, über zusätzliche
Kühlkörperflächen weggekühlt werden. Was wiederum einen größeren
Platzbedarf und ein größeres Gerät
nach sich zieht und sowohl das Netzteil als auch den Schaltschrank weiter
aufheizt. Bei einem 480W-Netzteil
kann der Unterschied zwischen dem
Betrieb an 240V- und 120V-Netzen je
nach Hersteller und Wirkungsgrad
durchaus zusätzliche 10 bis 25W an
Verlustleistung betragen. Bedenkt
man, dass ein Temperaturanstieg um
10°C die Ausfallwahrscheinlichkeit
(MTBF = MeanTime Between Failure)
des Gerätes verdoppelt und die
Lebenserwartung halbiert, so hat eine
höhere Verlustleistung durchaus
ernstzunehmende Konsequenzen in
Bezug auf die Betreibssicherheit.
Natürlich nicht nur des Netzteiles,
sondern auch der anderen
Komponenten im Schaltschrank.
Abbildung 2 vergleicht das 72W, PULS
MiniLine ML70 mit Manual-Select-
Nachteil Nr. 1...
...ist ein schlechterer Wirkungsgrad im
unteren Eingangsbereich und damit
verbunden eine höhere Verlustleistung
und Wärmeentwicklung. Denn für
dieselbe Ausgangsleistung P=U*I fließt
bei halber Eingangsspannung der
doppelte Strom durch alle Komponenten des Eingangkreises. Dies sind der
Brückengleichrichter (= 4 Dioden), die
Halbleiter für eine aktive PFC-Regelung
und/oder Einschaltstrombegrenzung
und Taktung des Übertragers. Da diese
Bauteile jeweils mit
einem Spannungsabfall zwischen 0,4
und 0,8V behaftet
sind, verdoppelt sich
somit auch deren
Verlustleistung. Diese
verlorene Leistung
fehlt dann am AusAbb. 2: Vergleich
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und Wide-Range-Eingang im unteren
Spannungsbereich von 85...132V bei
24,5V Ausgangsspannung und Vollast.
Der Praxisversuch zeigt einen verbesserten Wirkungsgrad von ca. 1,5%
beim Manual-Select-Eingang.
Nachteil Nr. 2...
...ist die wesentlich geringere Haltezeit oder auch Pufferzeit der Stromversorgung bei Betrieb im unteren
Eingangsspannungsbereich. Denn bei
den derzeit verwendeten Schaltungsdesigns wird der Glättungs-Elko im
Eingangskreis gleichzeitig auch zur
Pufferung von Energie verwendet.
Damit können kurze Spannungseinbrüche oder -ausfälle des Netzes
überbrückt werden. Die gespeicherte
Energie im Elko ist im Quadrat zur
Spannung zu sehen (E=C*U2). Das
heißt, bei halber Eingangsspannung
ist nur noch ein Viertel der Energie
gespeichert. Dies verkürzt die Haltezeit (holdup time) des Netzteils bei
Spannungseinbrüchen ganz erheblich.
Das Netzteil schaltet seinen Ausgang
früher ab und gefährdet die Anwendung. Natürlich könnte ein nachgeschaltetes Puffermodul diesen
Nachteil wieder ausgleichen – aber als
zusätzliches Gerät und mit zusätzlichen Kosten. Alternativ könnte man
auch die Eingangselkos in ihrer
Kapazität einfach viermal so groß
auslegen – dies aber würde wieder
einen viermal so hohen Eingangsstrom, eine wesentlich längere
Ladezeit = Anlaufzeit des Netzteils
(startup time) und vor allem eine größere Baugröße und höheren Platzbedarf nach sich ziehen. Ein 25x50mm
großer Elko beispielsweise hat bei
200V eine Kapazität von 1.000μF und
bei 400V gerade noch 330μF.
Nachteil Nr. 3...
Damit das Netzteil bei
Transienten und Überspannungsimpulsen des Versorgungsnetzes (z.B. Blitzschlag, Kurzschluss
großer Verbraucher oder
Spannungsimpuls bei
Auslösen großer
Sicherungen) nicht gleich
zerstört wird, müssen alle
Komponenten des Netzteiles, bezüglich
ihrer Durchschlagfestigkeit gegen die
größtmöglich zu erwartende Überspannungen dimensioniert sein. Bei
Betrieb im oberen Spannungsbereich
ist dies die obere Versorgungsspannung
zuzüglich zulässiger Toleranzen. Ein
standardisierter Impulstest gegen
mögliche und zu erwartende
Spannungsimpulse beschreibt der
VDE0160-Impuls. Nach ihm muss das
Netzteil eine 2,3-fache Überspannung
der max. zulässigen Eingangsspannung
UDach für eine Zeitdauer von 1,3ms
ohne Zerstörung aushalten. Am
Beispiel eines 240V-Versorgungsnetzes
müsste das Netzteil inklusive der
zulässigen +10% Toleranz nach oben
240Vac + 10% = 264Vac mal Wurzel 2
gleich 373Vdc zuzüglich des VDEImpulses mal 2,3 = 858,6Vdc Spitzenspannung verarbeiten können. Für
ein Wide-Range-Netzteil müssen also
Komponenten ausgewählt werden,
die einerseits die höhere Strombelastung bei Betrieb im unteren und
andererseits eine hohe Spannungsfestigkeit bei Betrieb im oberen
Eingangsspannungsbereich aufweisen.
Dies wirkt sich wiederum auf den
Preis aus. Wird an einem Ende, meist
der Resistenz gegen Spannungsspitzen, gespart, führt dies in der
Praxis häufig zu nicht nachvollziehbaren Ausfällen von Netzteilen mit all
ihren Folgen.
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Abb. 3: VDE0160-Impuls
Wann also welcher Eingang?
Der Trend zur Bequemlichkeit – ein
Netzteil für alle Spannungen – wird
also mit handfesten Nachteilen quittiert. Eine optimale Lösung ist mit bislang verwendeten Schaltungsdesigns
nicht möglich.
Wann also macht es dann Sinn, ein
Schaltnetzteil mit einem Weitbereichseingang bzw. Auto-Select zu
verwenden? Diese Frage wird sich der
Anwender in Abhängigkeit seiner
Anwendung letztlich selbst beantworten müssen. Als Leitlinie lässt sich
aber festhalten:
a) Bei Netzteilen mit kleinerer
Leistung, z.B. bis 50W, wirkt sich
die schlechtere Effizienz in Form
von zu großer Wärementwicklung
des Wide-Range-Eingangs nur
wenig aus.
b) Geräte mit Auto-Select-Eingängen
erzielen ein höheren Wirkungsgrad
bei weniger Verlustleistung und
Wärme und sind so für höhere
Leistungen besser geeignet.
Ähnlich den Wide-Range-Geräten
passen sie sich automatisch dem
anliegenden Eingangsspannungsbereich an, decken aber den
Bereich zwischen unterem und
oberem Eingangsbereich nicht ab.
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c) Netzteile mit Manual-SelectEingang sind den Auto-SelectGeräten nahezu gleich. Anstelle
der Elektronik für die Anpassung
denn sie ist so realisiert, dass das
Gerät per Handumschalter (Manual
Select) vom unteren Bereich des einphasen Netzes, also 100-120V auf den
Abb. 4: Überblick
an die anliegende Eingangsspannung
wird hier ein Handschalter verwendet.
Damit kann bei optimalem Schaltungsdesign die Effizienz nochmals
etwas gesteigert und die Wärmeentwicklung weiter reduziert
werden. Bei Einsatz an
Versorgungsnetzen im unteren
Spannungsbereich muss das Gerät
jedoch von Hand entsprechend
eingestellt werden.
Universaleingang von 85...550V?
In jüngster Zeit sind am Markt
Netzteile verfügbar, (siehe Abb. 4) die
nicht nur den Spannungsbereich
innerhalb eines ein- oder drei-phasigen
Netzes abdecken, sondern versuchen
beide Bereiche zusammenzufassen.
Also von 85...550V betreibbar sind.
Eine äußerst optimale Lösung aus
Sicht der Lagerhaltung und reduziertem Logistikaufwand. Technisch ist
diese Lösung allerdings fragwürdig,
es möglich sein, ein Netzteil zu entwickeln, das alle Eingangsspannungen
verarbeiten kann, ohne dass dabei die
Pufferzeit in die Knie geht, der
Wirkungsgrad sich gravierend verschlechtert oder das Gerät an Sicherheit gegen Netzstörungen und
Überspannungen/Tranisenten verliert?
Und das darüber hinaus vielleicht
sogar noch zuverlässiger arbeitet,
deutlich kleiner ist und preislich sogar
noch günstiger liegt?
DIE Antwort heißt: Ja – es wird mit
einem komplett neu überdachten
Schaltungsdesign möglich sein. Erste
Geräte dieser Art werden vo PULS
noch in 2004 Jahr auf den Markt
kommen und verfügbar sein.
oberen Bereich, also 220-240, umgeschaltet werden muss. Im Bereich von
220-500V arbeitet es dann mit einem
Wide-Range-Eingang. Bei Betrieb an
einphasigen 220-240V-Netzen muss
der Anwender dann mit den
Nachteilen 1) und 2) des Wide-RangeEingangs leben, bei Betrieb an dreiphasigen 400-500V-Netzen schlägt der
Wide-Range-Nachteil Nr. 3) zu. Wird
das Gerät gar an einphasigen 100120V-Netzen betrieben, so muss auf
diese Eingangsspannung bei der
Installation sogar per Handumschalter
umgeschalten werden. Letztlich muss
man sich fragen, ob diese Nachteile
den Vorteil einer günstigeren Lagerhaltung/Logistik aufwiegen können.
Wohin geht die Reise?
Um die Nachteile eines Weitbereichseingangs zu umgehen, bietet PULS
sowohl Schaltnetzteile mit WideRange-Eingang als auch mit AutoSelect-Eingang an. Die Frage ist, wird
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