1 ABSTRACT 1.1 Problembereich Das Erzbistum Salzburg zog immer schon breites Forschungsinteresse auf sich. Dabei wurden zumeist Themen aus der Kirchen-, Bevölkerungs-, Wirtschafts- und politischen Geschichte erörtert. Die vorliegende Arbeit soll unter Berücksichtigung auch dieser Bereiche einen Gesamtüberblick über die Organisation des Heerwesens und den Bau von Befestigungen im Zusammenhang mit der Sicherheitspolitik des Erzstiftes Salzburgs geben. 1.2 Eingrenzung des Untersuchungszeitrahmens Der zeitliche Untersuchungsrahmen wurde im Wesentlichen abgesteckt mit dem Beginn der Türkengefahr am Ende des 15. Jahrhunderts und dem Ende des erzbischöflichen Staates Salzburg im Jahr 1803, als durch die Säkularisierung der geistlichen Stifte Salzburg, Eichstätt und Berchtesgaden und deren Zuweisung an Erzherzog Ferdinand der Erzbischof von Salzburg seine weltliche Macht verlor. Um jedoch die Entwicklungsabläufe besser aufzeigen zu können, war es zweckmäßig diese zeitliche Begrenzung einige Male zu überschreiten. 1.3 Forschungsleitende Fragestellungen Was hat Salzburg als Kleinstaat getan, um seine Souveränität und territoriale Integrität gegenüber anderen (Reichs-) Staaten zu wahren? War das Erzbistum Salzburg Mitglied von (Militär-) Bündnissen und hatte es aus diesem Grund Soldaten zu stellen oder andere Subsidien zu leisten? Wie sah die Entwicklung hin zu einem stehenden Heer, wenn es ein solches in Salzburg überhaupt gab, aus? Wie gliederten sich diese Teile und welche Mannstärke erreichten sie? Waren diese Truppen im Einsatz und wenn ja wo? Waren diese Truppen in der Lage die Souveränität beziehungsweise territoriale Integrität Salzburgs zu erhalten? 1.4 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit Die Untersuchungen wurden nach dem hermeneutischen Theorietyp angestellt. Als Hauptmethode für die Arbeit wurde die qualitative Methode gewählt. Die Hauptforschungstechniken sind hinsichtlich der Erhebungstechnik die Text- und Dokumentenauswahl und in Bezug auf die Analysetechnik die qualitative Inhaltsanalyse. Als Zitierweise wurde der geisteswissenschaftliche Ansatz gewählt. Der Aufbau der Arbeit wurde so gestaltet, dass nach einer kurzen Darstellung der geschichtlich- politischen Entwicklung des Erzbistums Salzburg zunächst die Sicherheitspolitik des Erzstiftes unter Berücksichtigung der damit im Zusammenhang stehenden, damals in Mitteleuropa gebildeten Bündnisse und der grundsätzlich dabei von Salzburg geführten Neutralitätspolitik einer genaueren Betrachtung unterzogen wurde. Anschließend war das Wehrwesen in den Bereichen des Landesaufgebotes und der regulären Truppe mit deren Geschütz- und Zeugwesen sowie die errichteten Befestigungsbauten darzustellen und deren Einsatzbereitschaft zu beurteilen. In einem dritten Abschnitt soll an Hand von konkreten Beispielen gezeigt werden, dass Salzburgs Soldaten nicht nur zur Verteidigung des eigenen Landes aufgestellt und eingesetzt wurden, sondern im Falle eines ausgerufenen Reichskrieges auch für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ins Feld rückten. 1.5 Hauptquellen der Arbeit und damit verbundene Probleme Als zuverlässige Grundlagen meiner Arbeit dienten die Werke über die Geschichte der Stadt Salzburg von Zillner aus dem Jahr 1885 und des Landes Salzburg von Lorenz Hübner aus den Jahren 1792/93 sowie dem dreibändigen Werk der Geschichte Salzburgs von Hans Widmann erschienen zwischen 1907 und 1914 und dem Jahrhundertwerk: „Geschichte Salzburgs Stadt und Land“ Band II von Dopsch und Spatzenegger aus dem Jahr 1988. Weiters wurden für die vorliegende Arbeit, wenn notwendig, punktuell Quellen aus dem Salzburger Landes- und Stadtarchiv herangezogen. Aufgrund der örtlichen Distanz von Wr. Neustadt und Salzburg sowie der dienstlichen Inanspruchnahme war es jedoch leider nicht möglich alle Domkapitelprotokolle, Landschaftsakten sowie Hofkriegsratsakten und –protokolle in die Arbeit einzubeziehen. Ein weiteres Problem lag darin, dass Teile der Akten, die im Stadtarchiv liegen, pilzbefallen und somit nicht zugänglich sind. Die beiden Archive enthalten also eine Reihe von Urkunden, Protokolle und Akten, welche für die Salzburger Militärgeschichte nicht uninteressante Daten liefern könnten und bedauerlicherweise aus oben genannten Gründen nicht in die Arbeit aufgenommen werden konnten. 1.6 Erkenntnisse und Resümee In der mehr als tausendjährigen Geschichte Salzburgs, als selbständiges Erzstift, regierten eine ganze Reihe von bedeutenden Persönlichkeiten als Erzbischöfe, die sowohl die geistliche als auch weltliche Gewalt ausübten und damit die Geschicke des Landes lenkten. So war es im 13. Jahrhundert den Erzbischöfen gelungen, ein geschlossenes Herrschaftsgebiet, das aus einer Vielzahl von Schenkungsgütern und Hoheitsrechten entstand, auszubilden, welches sich im 14. Jahrhundert als eigenes Land von Bayern loslöste. Was nun die Sicherheitspolitik betrifft muss Salzburg zwar als „souveräner Staat“ jedoch immer in Verbindung mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gesehen werden, wie etwa heute die Sicherheitspolitik Österreichs in Verbindung mit der Europäischen Union gesehen werden könnte. Aus diesem Grund hatte Salzburg zu allen Reichskriegen des 16., 17. und 18. Jahrhunderts gegen Türken, Franzosen und im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen aufgrund ausgerufener Reichskriege seine Kontingente zu stellen und auf Grund seiner geopolitischen Lage als „Pufferstaat“ inmitten der ständig Krieg führenden Großmächte Österreich und Bayern musste das Erzstift zusätzlich immer wieder seine innere und äußere Selbständigkeit verteidigen. Interessant ist vor allem die Tatsache, dass gerade die Konkurrenz zwischen Bayern und Österreich den Fortbestand des geistlichen Fürstentums Salzburg als eigenständigen Kleinstaat immer wieder zu sichern vermochte, da keiner dem anderen einen Gebietsund Machtzugewinn in dieser Größenordnung zubilligen wollte. Dabei versuchte das Erzstift bis zum Ende seines Bestehens 1803 eingezwängt zwischen den großen Machtblöcken eine Politik zu führen, welche grundsätzlich als neutral und unparteiisch anzusehen war. Diese Neutralitätspolitik führte Salzburg auch in Reichsangelegenheiten als etwa die politische Situation in der Bildung der konfessionellen Bündnisse von Union und Liga vor sich ging, indem Erzbischof Wolf Dietrich bereits aus dem Landsberger Bund –der Vorform der späteren Liga– austrat und sich trotz Beitrittsforderungen von Seiten Bayerns, welche schließlich mit Gewaltdrohungen 1610 ihren Höhepunkt erreichten, weigerte dem Sonderbündnis beizutreten. Das Verhältnis zur katholischen Liga wurde auch unter den Erzbischöfen Markus Sittikus und Paris Lodron nach den Richtlinien Wolf Dietrichs gestaltet, obwohl beiden in deren Wahlkapitulation ein verpflichtender Beitritt zur Liga vorgeschrieben wurde. Um nun diese Neutralitätspolitik glaubhaft führen zu können, wurde unter Erzbischof Wolf Dietrich, dem Sohn eines Landknechtobristen, die Landfahne, deren Aufstellung auf das Mittelalter zurückging, neu organisiert und unter ihm und vor allem Paris Lodron weiter ausgebaut. Erzbischof Paris Lodron, dessen Regierungszeit fast vollständig von den Wirren des Dreißigjährigen Krieges ausgefüllt war, konnte seinem Land durch eine klug geführte Neutralitätspolitik, sowie der Ausstattung des gesamten Erzstiftes mit wehrhaften Befestigungen in Verbindung mit der Errichtung einer stehenden Truppe etwa um 1633, der hochfürstlichen Soldatesca, und dem Ausbau der Landfahne das traurige Los eines Kriegsschauplatzes ersparen. Wobei Salzburg sich sein stehendes Heer nicht in erster Linie zur eigenen Landesverteidigung aufstellte und beibehielt, sondern weil es wie die übrigen Stände des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Falle eines Reichskriegs sein Kontingent zu stellen hatte. Unter Paris Lodrons Nachfolger Guidobald Graf von Thun wurden die nach Ende des Dreißigjährigen Krieges unnötig gewordenen Soldaten abgedankt und die Befestigungsbauten eingestellt. Lediglich das Kader behielt man zurück um im Bedarfsfall durch Werbung rasch wieder eine schlagkräftige Truppe ausbauen zu können. In den Jahren danach bis 1803, dem Ende des erzbischöflichen Staates, ruhte man sich allerdings auf den militärischen Errungenschaften aus der Zeit Paris Lodrons aus, tätigte keine nennenswerten Neuanschaffungen im Bereich des Geschützwesens mehr, vernachlässigte die Landfahne was Ausrüstung und Übungen betrifft und beschränkte sich lediglich auf die notwendigsten Investitionen um im Falle eines Reichskrieges sein Kontingent stellen zu können. Konnte man also im Dreißigjährigen Krieg mit Hilfe des Militärs seine Souveränität wahren und damit eine Neutralitätspolitik führen, die Handlungsfreiheit zuließ, war man aufgrund von Einsparungsmaßnahmen bereits 100 Jahre später, im Österreichischen Erbfolgekrieg nicht einmal mehr in der Lage, die Hauptstadt mit eigenen Mitteln zu schützen. Hier kann man also klar erkennen, dass auch für einen Kleinstaat die Notwendigkeit eines Heeres, welches sich im eigenen Land befindet gegeben ist, wenn man eine handlungsfreie, souveräne Politik führen will. Aufgrund der erschütternden Erfahrungen aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg wurde die mit veralteter Bewaffnung ausgerüstete und schlecht ausgebildete Landfahne nicht mehr gemustert, sondern vielmehr bemühte man sich die regulären Truppen in einen brauchbareren Zustand zu bringen. Um den daraus entstandenen Bedarf an Wehrdienstleistern decken zu können, wurde etwa in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Salzburg die „Konskription“ eingeführt. In der Zeit der Kriege gegen das revolutionäre Frankreich, die mit Unterbrechungen von 1792 bis 1815 geführt wurden, hat Salzburg viel verloren. Der wirtschaftlich bereits geschwächte Staat wurde mit Kontributionsleistungen während dreimaliger französischer Besatzung in den Ruin getrieben und verlor seine letzten durch Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo angelegten Geldreserven durch den Zusammenbruch des Wiener Stadtbancos (1811). Ebenso dramatisch waren die politischen Veränderungen dieser Epoche: Ende des geistlichen Fürstentums 1803, Ende als selbständiger Staat 1806, österreichische Provinz 1807, bayerischer Verwaltungskreis 1810 und zuletzt (ober)österreichische Verwaltungskreis 1816.