Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Fachbereich Umweltverfahrenstechnik, Lehrgebiet Biologie Dr. rer. nat. Regine Grafe, Lehrbeauftragte Vorlesungsscript - Biologie/Umweltmikrobiologie - 1 Inhaltsverzeichnis Seite 1 Einleitung 3 1.1 Grundlagen biochemischer Prozesse 3 1.2 Aminosäuren und Peptide 9 1.3 Proteine 12 1.4 Enzyme und Co-Enzyme 18 1.5 Fette und Lipide 28 1.6 Kohlenhydrate 33 1.7 Nucleinsäuren 41 1.8 Nucleinsäuresynthese und Expression der genetischen Information 47 2 Zellulare Strukturen 51 2.1 Aufbau und Funktion der Zelle 51 2.2 Stoffwechsel der Zelle 63 2.3 Replikationsprozesse der Zelle 70 3.0 Mikroorganismen 71 3.1 Bakterien, Pilze, Viren, Virionen und Bakteriophagen 73 3.2 Mikroorganismen als Leistungsorganismen 97 Begriffsdefinitionen 101 2 1. Einleitung Das Lehrgebiet Biologie, das sich in den Rahmen der Ausbildung zum Ingenieur für Umweltverfahrenstechnik oder auch für Ingenieure mit der Vertiefungsrichtung Umweltanalytik einbindet, setzt sich in seiner Gesamheit aus einem theoretischen Teil, der grundlegende Kenntnisse von biochemischen Prozessen in lebenden Strukturen vermittelt und einem relativ eng konfektionierten Teil der Umweltmikrobiologie, der ausgewählte zellulare Strukturen und Systeme, die sowohl im technischen Umweltschutz, z.B. bei Bodendekontaminationen oder der Abwasseraufbereitung etc., als auch solche Mikroorganismen, die als Leistungsorganismen in den verschiedenen Bereichen der Biotechnologie zum Einsatz kommen, beinhaltet, zusammen. Als eine wesentliche Ergänzung dieses theoretischen Teils fungiert das biologische Praktikum, das sich diesen Inhalten implementiert. Das Praktikum ist immanenter Bestandteil dieser Ausbildung. Zu den zu erarbeitenden Versuchen liegt ein umfangreiches Studien- und Anleitungsmaterial vor. Eine Weiterführung und fachliche Vertiefung finden die Inhalte des Lehrgebietes Biologie/Umweltmikrobiologie in dem im 6. oder 7. Semester angebotenen Lehrgebiet Grundlagen der Biotechnologie. Schwerpunktmäßig werden in diesem biotechnologische Prozesse zur Herstellung und Gewinnung von Bioprodukten wie biotechnologisch gewonnene Nahrungs- und Genußmittel oder Pharmazeutika etc. und die Herausforderungen des molekularen Design abgehandelt. Auf grundlegende Prozeßparameter wird eingegangen. 1.1 Grundlagen biochemischer Prozesse Die Biochemie beschäftigt sich mit den in lebenden Strukturen und Systemen in unterschiedlichsten Verknüpfungen vorkommenden Kohlenstoff. Die organische Chemie oder auch die Chemie der Kohlenwasserstoffe stellen eine wichtige Grundlage für die Biochemie dar. Naturtoffchemie und Biochemie haben fließende Grenzen. Um biochemische Prozesse verstehen zu können, bedarf es guter Kenntnisse der allgemeinen und der organischen Chemie. Biochemische Prozesse sind eng an Leben gebunden, d.h. die Umwandlung von Stoffen während der funktionalen Lebensbedingungen (Stoffwechsel) sind biochemische Reaktionen. Für das Verständnis dieser Prozesse werden Kenntnisse der chemischen Bindung (Atombindung, Ionenbeziehung, Nebenvalenzbindung, Wasserstoff-Brückenbindung, Hydrophobe Bindungen) benötigt. Eine zentrale Rolle bei Reaktionen in lebenden Strukturen spielt das Wasser. Im Zusammenhang mit biochemischen Reaktionen werden Kenntnisse über den Dipol-Charakter des Wassers, zu Wasser als Lösungsmittel, zur Rolle des Wassers bei der Dissoziation, zur Reaktion mit Wasser, für die Hydrolyse erforderlich. Die Biochemie beschäftigt sich mit den Kohlenstoffverbindungen in lebenden Strukturen, deshalb ist es für das Verständnis solcher Verbindungen und deren Verhalten unumgänglich, daß die 3 Kohlewasserstoffe in ihrem Grundkörper bekannt sind und die grundlegenden Reaktionsmechanismen beherrscht werden. Von großer Bedeutung sind die Strukturen der Kohlenwasserstoffe. Sie werden unterschieden in aliphatische und cyclische Kohlenwasserstoffe, oder auch in Aliphaten und Aromaten. Die Strukturen ihrerseits unterscheiden sich in gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe und bei den cyclischen Kohlenwasserstoffen unterscheidet man je nach Ausbildung in verschiedene Ringsysteme, z.B. carbozyklische, N-haltige und O-haltige Ringsystemen, die ihrerseis wieder gesättigt bzw. ungesättigt sein können. Ringförmige Kohlenwasserstoffe können heterozyklisch oder homozyklisch sein, sie können mit anderen Ringsystemen kondensiert vorliegen. Bei der Darstellung von organischen Verbindungen bedient man sich einer starken Vereinfachung über Teilstrukturformeln bzw. nur der Angabe von "Skeletten". Die Art der Bindung (Doppelbindung, Dreifachbindung, Einfachbindung) wird in aller Regel eingetragen. Auf das Eintragen von CSymbolen oder auch von H-Symbolen wird häufig verzichtet. Man setzt das Wissen dazu voraus. Im Arbeitsblatt sind einige wichtige, unter dem Gesichtspunkt von biochemischen Prozessen ausgewählte, Molekülgrundkörer dargestellt. Der Klassifizierung organischer Verbindungen dienen in Hinblick auf mögliche Reaktionsfelder auch die funktionellen Gruppen. Eine Viezahl von Verbindungen tragen so einen gemeinsamen Namen, d. h. alle diese Verbindungen haben die gleiche funktionelle Gruppe, z.B Alkohole, Alkanale, Ketone, Carboxylsäuren, Amine etc. Die Kenntnis der funktionellen Gruppe ist von entscheidender Bedeutung bei der Bewertung bzw. Verfolgung von biochemischen Reaktionen. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, daß im wissenschaftlichen Schrift- und Sprachgebrauch nicht immer einheitliche Benennungen verwendet werden, z.B. die Bezeichnung Alkanal ist identisch mit der Bezeichnung Aldehyd. Besonders bei biochemischen Reaktionen, die in der Technik oder auch in der Medizin von Bedeutung sind, treten solche inhomogenen Sprachgebrauche auf. Stellvertretend seien hier einige biochemisch bedeutsame funktionelle Gruppen genannt: - Hydroxy-Gruppe als funktionelle Gruppe der Alkohole, man unterscheidet in primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole. - Die phenolische Hydroxy-Gruppe steht an einer Doppelbindung, die in das mesomere aromatische System einbezogen ist. - Amino-Gruppe als funktionelle Gruppe der Amine, man unterscheidet in primäre, sekundäre, tertiäre und quartäre Amine - Carbonyl-Gruppe als funktionelle Gruppe der Aldehyde (Alkanale) und Ketone; von großer Bedeutung ist die Fähigkeit der Halbacetalbildung, 4 insbesondere was die wichtige Stoffgruppe der Kohlenhydrate angeht. - Imino-Gruppe als funktionelle Gruppe der Imine. Von besonderer Wichtigkeit ist hier das Guanidin. - Carboxy-Gruppe als funktionelle Gruppe der Carbonsäuren. Carbon- oder auch Caboxy- Säuren sind organische Säuren, die durch Mesomerie zwei gleichberechtigte O-Atome haben. Diese Verbindungsgruppe kann Abhängigkeit vom Vorhandensein anderer funktioneller Gruppen verschiedene Derivate bilden. So entstehen z.B. Säureamide und Säureester. Sie sind aber auch zu ganz normaler Dissoziation fähig und bilden Salze. Im Arbeitsblatt sind einige ausgewählte biochemisch bedeutsame Säuren und Salze dargestellt. Die chemischen Eigenschaften einer Verbindungsklasse, wie die der Alkohole oder der Carbonsäuren wird weitestgehend von deren funktioneller Gruppe bestimmt. Carbonsäuren haben die Fähigkeit der Dissoziation, d.h. sie dissoziieren in wäßriger Lösung in Protonen und in ein Carboxylat-Anion, das durch Mesomerie stabilisiert ist. Die meisten organischen Säuren liegen bei physiologischen pH-Wert als Anionen vor, d.h. als Salze. Die Namen dieser Salze leiten sich aus den lateinischen Namen der Säuren ab, z.B Natriumacetat (nicht Natriumessigat). In der Biochemie werden diese Namen-Fragmente auch gern benutzt, auch wenn man das Gegenion nicht kennt. Man spricht also z.B. von Acetaten. Die Dissoziation der Carbonsäuren unterliegt den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie alle andere Säuren oder Basen auch, sie genügt dem Massenwirkungsgesetz und dem Ionenprodukt des Wassers, dem pHWert. Die Dissoziationskonstante dieser Säuren wird mit Ka bezeichnet (a entspricht acid). Von außerordentlich hoher Bedeutung ist in der Biochemie bzw. in den physiologischen Gleichgewichten von lebenden Strukturen die Fähigkeit der sogenannten Pufferung. Puffer-Systeme genügen ebenfalls den Gesetzen der Dissoziation. Ihre Wirkungsweise wird aus dem Massenwirkungsgesetz verständlich. Sie dienen in jedem Falle einer Stabilisierung des pH-Wertes. Als PufferGemische eignen sich im allgemeinen schwache Säuren oder schwache Basen im Gemisch mit ihren Salzen. Sie puffern am besten im Bereich des pK-Wertes. In der Biochemie finden vor allem Phosphatpuffer, Citratpuffer, Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan-puffer (Tris) etc. Anwendung. Biochemisch wichtige Reaktionen Alle biochemischen Reaktionen werden durch Enzyme (Fermente) katalysiert. Enzyme und auch die besondere Spezie der Coenzyme stellen Biokatalysatoren dar, deren Wirksamkeit prinzipiell mit der Wirksamkeit von Katalysatoren in der anorgnisch-technische Chemie übereinstimmt. Eine 5 besondere Definition des Biokatalysators ist somit nicht erforderlich. Enzyme wirken im wäßrigen Medium bei annähernd neutralem pH und in engen Temperaturbereichen. In lebenden Strukturen wirken Enzyme in den Zellen. Mit den Fortschritten in der Biotechnologie sind zunehmend aber auch enzymatisch katalysierte biochemische Reaktionen außerhalb von zellularen Strukturen bekannt (in vitro). Auf die Prinzipien der biochemischen Katalyse wird jedoch im Verlaufe dieses Scriptes nochmals eingegangen werden. Die Vielzahl von biochemischen Reaktionen lassen sich in einige Gruppen klassifizieren. Dehydrierung (Oxidation) und Hydrierung (Reduktion) Beide Reaktionstypen entsprechen grundlegend den Elektronenübergangsprozessen, die für chemische Reaktionen charakteristisch sind. Es handelt sich in aller Regel um reversible Vorgänge. Durch Dehydrierung werden - Akohole in Carbonyl-Verbindungen umgewandelt - gesättige Verbindungen werden zu ungesättigten Verbindungen - Aldehyde werden zu Carbonsäuren (diese Reaktion ist nicht so ohne weiteres reversibel zu gestalten) - Amine werden zu Iminen, die anschließend zu Carbonyl-Verbindungen hydrolysieren ( auch diese Reaktion ist nicht so ohne weiteres umkehrbar, Ausnahme: Transaminierung) - Reaktionen mit Sauerstoff Bei einigen biochemischen Reaktionen ist molekularer Sauerstoff der Reaktionspartner. Von der Elektronenkonfiguration her ist bekannt, daß der Sauerstoff ein, zwei oder vier Elektronen aufnehmen kann. Wird ein Elektron eingelagert, so entsteht das Superoxidradikal-Anion, das ein äußerst reaktives Ion ist, welches eine Vielzahl von organischen Stoffen angreift und zerstören kann. Die in zellularen Strukturen vorliegende Superoxid-Dismutase, ein Enzym, zerlegt dieses Radikal in Sauerstoff und in Wasserstoffperoxid. Diese Elektronenübergangsreaktion wird von vielen Dehydrogenasen (Enzymgruppe) realisiert. In welchen Formen beide Verbindungen in der Zelle vorliegen, wird allerdings in der Wissenschaft noch konträr dikutiert. Die Übertragung von vier Elektronen auf ein Sauerstoffmolekül führt zur Bildung von Wasser. Diese Reaktion setzt sehr viel Energie frei. Enzyme, die diese Reaktion katalysieren enthalten meist Kupfer. Die wichtigste Reaktion dieser Art ist die Bildung von Wasser in der Atmungskette der Mitochondrien. Enzyme, die Sauerstoff direkt in ein organisches Molekül einführen, heißen Oxygenasen. Sauerstoff spielt für alle aerob lebenden zellularen Strukturen 6 eine erhebliche Bedeutung. Da er im wäßrigen Medium nur mäßig löslich ist, wird ein kompliziertes Transportsystem notwendig. Im Blut wird der Sauerstofftransport z.B. durch das Transportsystem Hämoglobin der roten Blutkörperchen realisiert. Das Sauerstoffmolekül kann indessen sehr gut durch Lipidmembranen treten und dadurch in die Zelle und an den Ort der Zellatmung, die Mitochondrien, gelangen. Gruppenübertragende Reaktionen (Gruppentransferreaktionen) Bei dieser Art von Reaktionen werden ganze Gruppen von einem Molekül auf ein anderes mit Hilfe von sogenannten gruppenübertragenden Enzymen übertragen. Meist verlaufen diese Reaktionen nucleophil nuceophile Substitution). Bei diesen gruppenübertragenden Enzymen handelt es sich in aller Regel um Coenzyme. Auf diese Art und Weise werden C-O-Bindungen, C-NBindungen und C-C-Bindungen geknüpft, wobei hochmolekulare Verbindungen entstehen können. Auf die Komplexität dieser Transferreaktionen und die dabei wirksam werdenden Enzyme bzw. Coenzyme wird zu einem späteren Zeitpunkt noch eingegangen werden. Hydrolyse Hydrolysen können als Substitutionen betrachtet werden, bei denen das OH-Ion in ein Molekül eintritt und dafür eine andere Gruppe das Molekül verläßt. Knüpfung von C-C-Bindungen Die Knüpfung von C-C-Bindungen vollzieht sich meist als eine nucleophile Addition einer CH-aciden Komponente. Typische Reaktionen dafür sind die Aldol-Addition, die Bildung von .beta.-Carbonyl-Verbindungen nach dem Prinzip der Esterkondensation und die Carboxylierung von Ketonen und Acyl-CoA-Verbindungen (CoenzymA) und deren reversible Reaktion der Decarboxylierung unter Lösung der C-C-Knüpfung. C-C-Bindungen können aber auch durch andere Reaktionen geknüpft werden. Die C-C-verknüpfungen werden von der Enzymgruppe Lyasen katalysiert. Andere Lyasen bewirken die Anlagerung von Wasser oder Ammoniak an Kohlenstoff-Doppelbindungen bzw. deren Eleminierung durch Eleminierungsreaktionen. Weitere Verknüpfungsenzyme sind die Gruppe der Isomerasen, die Isomerisationreaktionen katalysieren und die Gruppe der Ligasen, die eine Vielzahl sehr uneinheitlicher Reaktionen bewirken. Für biochemische Reaktionen sind immer Enzyme, die sich nach Enzymgruppen klassifizieren lassen, verantwortlich. Die wichtigsten Reaktionen sind Dehydrierung, Hydrierung, Oxidation, Reduktion, Reaktionen mit molekularem Sauerstoff, Gruppenüberragungsreaktionen, Hydrolyse, C-C-Verknüpfungsreaktionen der unterschiedlichsten Art. Diese Reaktionen werden durch die Enzymgruppen Dehydrogenase, Hydrogenase, Oxygenase, gruppenübertragende Co-Enzyme, Lyasen, Isomerasen und Ligasen katalysiert. 7 Größe und Gestalt der Moleküle Für Moleküle, die von biochemischen Interesse sind, gelten alle Molekül beschreibenden Parameter, wie sie aus der allgemeinen und anorganisch technischen Chemie bekannt sind. Allerdings sind die biochemishen Moleküle häufig hochmolekular oder makromelekular, d.h. sie haben erheblich größere Molekülmassen als die Stoffe, die aus der anorganischen Chemie bekannt sind. Auf Grund dessen, daß biochemischen Moleküle gebunden sind an das Vorhandensein von Kohlenstoff, explizit an Kohlenwasserstoff-Einheiten, die unterschiedlich miteinander verknüpft sind, spielt für die Morphologie dieser Moleküle das Tetraedermodell des Kohlenstoffhybrides die entscheidende Bedeutung. Auf dieser Basis lassen sich Chiralität, Projektionsformeln, die sogenannten D- und L- Reihen, das R-S-System, die cis- und trans-Isomerie, die Z,ENomenklatur und die Konformation von Kohlenstoffringen erklären und ableiten. Da die weitaus größere Anzahl von biochemischen Stoffen als Biopolymere vorliegen, kommt den Reaktionen Polymerisation und Polykondensation eine große Rolle zu. Die so entstandenen Moleküle sind hochpolymer bzw. stellen Makromoleküle mit enormen Molmassen und Zahlen an Monomeren dar. Solche großen Moleküle sind in besonderen, energetisch bedingten, Strukturen vorliegend. Man unterscheidet dabei in Primärstrukturen, Sekundär- und Tertiärstrukturen. Sehr häufig, vor allem im in vivo Zustand liegen biochemische Strukturen molekulardispers bzw. monodispers vor. Globuläre Proteine liegen z.B. in Sol- oder/und Gelform vor. (Hinweis: Kolloiddisperse Biopolymere gibt es nicht, auch das Zellplasma ist kein kolloides System) Zusammenfassung Die Chemie der Kohlenstoffverbindungen ist die Grundlage der Biochemie. In organischen Verbindungen werden die Atome durch Atombindungen (kovalente, homoöpolare Bindung) zusammengehalten. Als Nebenvalenzen sind Wasserstoff-Brückenbindungen und hydrophobe Bindungskräfte von Bedeutung. Zellulare Strukturen enthalten einen sehr hohen Anteil an Wasser (ca. 70%). Die Wassermoleküle haben Dipol-Charakter und verfügen so über alle physikalischen Eigenschaften eines Dielektrikum. Wasser stellt das wichtigste Lösungsmittel und somit Reaktionsmedium für biochemische Reaktionen dar. Es ist aber auch häufig Reaktionspartner. Formal sind Kohlenwasserstoffe die Grundkörper aller biochemischen (organischen) Verbindungen. Sie können linear, verzweigt, ringförmig, carbocyclisch oder heterocyclisch sein. In diese Kohlenwasserstoff können 8 funktionelle Gruppen eintreten, die die charakteristischen chemischen Eigenschaften der Stoffe maßgeblich bestimmen. Wichtige Derivate sind die Ester und die Amide. Die wichtigsten biochemischen Reaktionen sind Dehydrierung (Oxidation) und Hydrierung (Reduktion), die Gruppenübertragung, die Hydrolyse und die Verknüpfung bzw. Spaltung von C-C-Verknüpfungen. Biochemische Reaktionen verlaufen zum großen Teil stereoselektiv, d.h. der Geometrie des Moleküls kommt eine immense Bedeutung zu. Chiralität, Stereoisomerie und Konformation von Molekülen bedingen weitestgehend deren Reaktionsvermögen und somit ganze biochemische Prozesse und Systemabläufe. Eine große Rolle kommt den Biopolymeren zu. Auch Biopolymere werden in ihrer Wirksamkeit bestimmt durch ihre Morphologie, aber darüber hinaus insbesondere durch ihr Verhalten in biologischen Kompartimenten. Chemische Reaktivität und ihr Verhalten in Wasser ( Dispersion, Sol, Gel) bestimmen ihre Stellung in biologischen bzw. biochemischen Systemen. In den nachfolgenden Abhandlungen werden kurz die innerhalb des Lehrgebietes für das Verständnis biologischer Funktionalität wichtigen Biomoleküle – Peptide, Proteine, Enzyme, Lipide, Lipoproteine und Kohlenhydrate erläutert. Weiterführende Grundlagen sind der jeweiligen Fachliteratur zu entnehmen. 1.2 Aminosäuren und Peptide Im nachfolgenden werden die großen Gruppen der organischen Moleküle, die insbesondere in zellularen Strukturen und biologischen Systemen eine wichtige, wenn nicht unabdingbare, Rolle spielen in Hinblick auf Zusammensetzung, Morphologie, Reaktionsfähigkeit, chemisches und physikalisches Verhalten, charakterisiert. Weitere Informationen zu diesen Molekülen, die hier Biomoleküle genannt werden, entnehmen Sie bitte der weiterführenden wissenschaftlichen Fachliteratur. Es werden hier die Peptide, Proteine, Lipide und Kohlenhydrate vorgestellt. Aminosäuren und Peptide Wesentlicher Bausteine von lebenden Zellen und biologischen Systemen sind die Proteine. Es handelt sich um hochmolekulare Verbindungen, die durch Verknüpfen von Aminosäuren entstehen. Die Bindung zwischen den Aminosäuren ist eine Peptidbindung. Neben diesen hochmolekularen Verbindungen der Proteine, stellen auch kleinere Einheiten aus durch Peptidbindung verknüpften Aminosäuren, die Peptide, eine bedeutende Verbindungsklasse in lebenden Struturen dar. Verknüpfung von zwei Aminosäuren heißt Dipeptid, von drei Tripeptid, von acht Oktapeptid usw. Sind weniger als zehn Aminosäuren miteinander verknüpft, heißen die Peptide Oligopeptide. Darüber hinaus spricht man von Polypeptiden. Liegen sehr viele Aminosäuren verknüpft vor, spricht man auch von Proteinen. 9 Chemische Konstitution Aminosäuren sind organische Säuren, die zwei funktionelle Gruppen tragen: Die Amino-Gruppe und die Carboxy-Gruppe. Für biochemische bzw. biologisch relevante Betrachtungsweisen interessieren vor allem die .alpha.-Aminosäuren, da diese Bestandteil der Eiweiße sind. .Alpha.-Aminosäuren sind dadurch gekennzeichnet, daß sie am .alpha.Kohlenstoffatom zur Carboxy-Gruppe neben einer anderen kohlenstoffhaltigen Gruppe (R) noch eine Amino-Gruppe haben. R kann dabei aliphatisch oder aromatisch sein. R-CHNH-COOH Bedeutet in der Formel R nicht H (Wasserstoff), sondern eine KohlenstoffKette, so ist das .alpha.-Kohlenstoff-Atom asymmetrisch substituiert. Das bedeutet, daß optische Aktivität auftritt, da das Molekül nicht mit seinem Spiegelbild in Deckung gebracht werden kann. Auf Grund dessen unterscheidet man in zwei sterische Reihen, die L-Reihe und die D-Reihe. Die in Proteinen vorkommenden Aminosäuren gehören der L-Reihe an. Der optische Drehungssinn ist dabei unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer sterischen Reihe. Im Arbeitsblatt sind eine D- und eine L-Aminosäure dargestellt. Die Aminosäuren zeigen aufgrund ihrer funktionellen Gruppen ein Zwitterionenverhalten. Die Carboxy-Grupp dissoziiert als eine saure Gruppe, d.h. sie gibt Protonen ab (saure Reaktion). Die Amino-Gruppe nimmt dieses Proton auf, d.h. sie verhält sich basisch (basische Reaktion). Sind beide Gruppen dissoziiert, liegt ein Zwitterion vor (-COO- und -NH3 + ). Bei bestimmten pH-Werten liegt die zwitterionige Form der Aminosäuren überwiegend vor. Dieser Zustand wird als isoelektrischer Punkt bezeichnet. Er wird bei der Ionenaustauschchromatographie zur Isolation der Aminosäuren genutzt, bei der die Aminosäuren in der Reihenfolge ihrer isoelektrischen Punkte desorbiert werden, um dann ins Eluat zu wandern. Im Arbeitsblatt ist eine solche Titrationskurve dargestellt, in der der isoelektrische einer Aminosäure ersichtlich ist. Mit beiden funktionellen Gruppen können die Aminosäuren charakteristische Derivate bilden. Die Carboxy-Gruppe ist befähigt, Salze zu bilden. Nach Abgabe eines Protons stellt sie die Aminosäure als das Anion eines Salzes dar. Sie ist aber darüber hinaus auch befähigt, Säureester und Säureamide zu bilden. Als Reaktionen der Amino-Gruppe seien nochmals die Salzbildung mit Säuren und die Acylierung zu Säureamiden erwähnt. Eine wichtige Farbreaktion zum Nachweis und zur Bestimmung von 10 Aminosäuren ist die Ninhydrin-Reaktion. In Proteinen findet man regelmäßig zwanzig verschiedene Aminosäuren, die von den Nucleinsäuren codiert sind. Von lebenden Strukturen ( auch von tierischen Organismen, inklusive des Menschen) können nicht alle Aminosäuren aufgebaut werden. Manche müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Diese bezeichnet man als essentielle Aminosäuren. Essentiell steht für lebensnotwendig oder unentbehrlich. Für den Menschen z.B. sind die Aminosäuren Valin, Leucin, Isleucin, Phenylalanin essentiell, sie stabilisieren das Proteinmolekül. Saure Aminosäuren, Monoaminodicarbonsäuren, Glutaminsäure und Asparaginsäure enthalten zwei Carboxy-Gruppen und verleihen damit dem Gesamtmolekül einen sauren Überschuß. Basische Aminosäuren oder Diamino-monocarbonsäuren sind Säuren, die zusätzliche basisch wirksame Gruppen besitzen, die die positiven Ladung des Gesamtmoleküls bedingen. Selten vorkommende Aminosäuren sind solche, die nicht zu den zwanzig gehören, die in Proteinen gefunden werden. Sie kommen in der Natur meist als freie Aminosäuren vor. Sie sind häufig auch Zwischenstoffwechselprodukte. Von ihnen sind derzeit mehrere Hundert bekannt. Zu den Aminosäuren, die zwar nicht in Proteinen, aber in Peptiden vorkommen und während des Stoffwechselgeschehens entstehen, gehören u.a. das Ornithin (aus Arginin), das .beta.-Alanin (aus Asparaginsäure) und die .gamma.-Aminobuttersäure, die in freier Form im Gehirn vorliegt. Die analytische Identifizierung und Trennung von Aminosäuren erfolgt weitestgehend mit Hilfe von chromatographischen Methoden. Als besonders bewährt haben sich dabei die Papierchromatographie, die Dünnschichtchromatographie und die Ionenaustauschchromatographie. Peptide Peptide sind Verbindungen, die aus mehr als 10 und weniger als 100 Aminosäuren bestehen. Die Aminosäuren sind über Peptidbindung verknüpft. Chemisch sind Peptide Säureamide. Sie zerfallen bei der Hydrolyse in Aminosäuren. Das Gleichgewicht dieser Reaktion liegt weit auf der Seite des Zerfalls, was daran liegt, daß sich eine Peptidbindung nur aus der undissoziierten, unpolaren Form heraus vollzieht und diese Formen praktisch in wäßriger Lösung nicht vorliegen. Die systematische chemische Nomenklatur faßt Peptide als AcylAminosäuren auf. Das heißt, der Name wird gebildet aus der Aminosäure, deren Carboxy-Gruppe an der Peptidbindung teilnimmt, daran wird ein -ylgehängt und der Name der zweiten Aminosäure, deren Aminogruppe an 11 der Peptidbindung teilnimmt, angehängt, z.B. Glycin verknüpft mit Alanin: Glycyl-Alanin; Glycin steuert die Carboxy-Gruppe und Alanin steuert die Aminogruppe für die Peptid-Bindung bei. Von besonderer Bedeutung ist die Sequenzermittlung von Aminosäuren in Peptiden oder auch in Proteinen. Häufig wird zuerst die N-terminale Aminosäure der Endgruppe identifiziert, die mit einer Markierungsgruppe versehen und mit Hilfe nachfolgender Hydrolyse entfernt wird. Das verwendete Reagens ist zur Fluoreszens befähigt und es kann so schnell und sicher die Sequenz der Aminosäuren in Peptiden bestimmt werden. Natürlich kommen eine Vielzahl von Oligopeptiden vor, die eine wichtige physiologische Bedeutung haben. Von besonderer Bedeutung sind die Peptide mit Hormonwirkung. Aber auch hormonähnliche Stoffe sind Peptide. Die Endorphine oder auch Enkapheline sind ebenfalls Peptide. In höheren Organismen entstehen die Peptide durch proteolytische Spaltung größerer Polypeptide, die nach den Prinzipien der Proteinbiosynthese gebildet werden. Neben diesem Bildungsprinzip erfolgt auch die Verknüpfung von sogenannten aktivierten Säure-Derivaten. Als aktivierte Derivate fungieren häufig Aminoacyl-Co-EnzymA-Verbindungen. Die so energetisch angereicherte Aminoacyl-Gruppe wird dann enzymatisch mit der AminoGruppe der nächsten Aminosäure bis hin zum Peptid verknüpft. Ein Beispiel dafür ist die Synthese von Glutathion im Erythrozyten-Stoffwechsel-System, wo das Glutathion die Rolle eines Redox-Systems spielt. Zusammenfassung Die .alpha.-Aminosäuren sind die Bausteine der Peptide und Proteine. Im neutralen Bereich liegen Zwitterionen mit einer negativen Carboxy-Gruppe und einer positiven Ammonium-Gruppe vor. Alle zwanzig in Proteinen vorkommenden Aminosäuren haben L-Form. Glycin, Alanin, Leucin, Valin, Isoleucin, Prolin und Phenylalanin sind Aminosäuren, die keine weiteren funktionellen Gruppen aufweisen. Eine Hydroxy-Gruppe in der Seitenkette tragen Serin, Threonin und Tyrosin, einen Indol-Ring Tryptophan, eine SH-Gruppe das Cystein und eine Thioether-Gruppe das Methionin. Säureamid-Gruppen haben Asparagin und Glutamin in der Seitenkette. Die Glutaminsäure und die Asparaginsäure tragen in der Seitenkette eine zweite Carboxy-Gruppe (Aminodicarbonsäuren). Diaminocarbonsäuren wie Lysin, Arginin und Histidin enthalten eine zusätzliche basische Gruppe. Neben den zwanzig Aminosäuren, die die Proteine aufbauen, gibt es noch eine weitere Anzahl von Aminosäuren, die teils als Metaboliten der proteinogenen Aminosäuren auftreten und zum großen Teil spezielle Funktionen (Antibiotikum, freie Säure etc.) haben. 12 Viele natürliche Peptide nehmen physiologische Funktionen wahr (Hormone, Mediatoren, Transmitter). Die Biosynthese der Peptide erfolgt durch die proteolytische Spaltung von Proteinen, die nach den Prinzipien der Proteinbiosynthese gebildet worden sind. Bei Mikroorganismen erfolgt die Peptid-Synthese ausschließlich über den Weg der Co-EnzymA aktivierten Aminosäure an multifunktionellen Enzymen. 1.3 Proteine Man bezeichnet die Aneinanderreihung von mehr als 100 Aminosäuren, die über die bekannte Peptidbindung miteinander verknüpft sind, als Proteine. Sie verfügen häufig über Kettenlängen von hunderten bis etwa tausend Aminosäureresten. Ihre relativen Molekülmassen liegen zwischen 10 000 und 100 000. Proteine nehmen eine zentrale Stellung bei den Lebensfunktionen ein. Sie sind Bestandteil jeder Zelle, sie bilden die kontraktilen Elemente und die Enzyme, die die Energie für die Lebensfunktioen bereitstellen. Proteine haben sehr unterschiedliche Eigenschaften. Deshalb klassifiziert man Proteine nach ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften. - Skleroproteine Sie sind in Wasser nicht löslich, besitzen Faserstruktur und diene als Stütz- und Gerüstsubstanz. In Faserrichtung weisen sie einen hohen Ordnungszustand auf. Wichtige Vertreter dieser Proteine sind die Kollagene, die Keratine und das Myosin der Muskeln. - Globuläre Proteine oder Sphäroproteine Sie sind in Wasser oder in verdünnten Salzlösungen löslich, ihre Moleküle sind sphärisch, wenn auch unregelmäßig, gestaltet. Wichtige Vertreter sind die Proteine des Blutserum, die Eiklarproteine und sehr viele Enzyme. - Protein-Komplexe Sie setzen sich aus einemProteinanteil und einem nicht proteinartigen Anteil zusammen. Dieser nicht proteinartige Anteil (Teil) wird auch hinzutretenderTeil oder prosthetische Gruppe genannt. Es wird je nach Art der hinzutretenden Teile unterschieden nach Glykoproteine Lipoproteine Phosphoproteine Metalloproteine. 13 Der chemische Aufbau der Proteine läßt sich als Kondensation von aufeinanderfolgende Aminosäuren, die durch Peptidbindung verknüpft sind, beschreiben. Die Reihenfolge der verknüpften Aminosäuren wird Sequenz genannt. Mit der Sequenz ist die sogenannte Primärstruktur definiert. Mit der Raumstruktur oder auch der Kettenkonformation werden dann die Sekundär- und Tertiärstrukturen der Proteine beschrieben. Sequenz = Primärstruktur räumliche Anordnung der Peptidkette = Sekundärstruktur räumliche Lage aller Atome (auch die der Seitenketten) = Tertiärstruktur Aggregationen von mehreren Peptidketten = Quartiärstruktur Die räumliche Struktur von Proteinen wird mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse bestimmt. Die Strukturen der Proteine bestimmen weitesgehend ihre physikalischen aber auch chemischen und physiologischen Eigenschaften. Die Gesetzmäßigkeiten der Sequenz von Aminosäuren in Proteinen sind entweder periodisch oder aperiodisch. Sie gehorchen vor allen Dingen dem 2. Hauptsatz der Thermdynamik. Bei einer Kettenlänge von z.B. 100 Aminosäuren könnten aus 20 Aminosäuren 20 100 = 10 130 verschiedene Sequenzen aufgebaut werden. Das ist eine unvorstellbar große Varietät. Aus genetischen Daten läßt sich aber schätzen, daß in höher differenzierten Organismen etwa 10 5 bis 10 6 verschiedene Proteine vorkommen können. Die Sequenz der Aminosäuren ist genetisch festgelegt. Deshalb findet man auch Proteine mit gleicher oder auch in Abschnitten ähnlicher Sequenzen. Solche Proteine werden homologe Proteine genannt. Sie haben auch ähnliche Eigenschaften bzw. erfüllen ähnliche Funktionen. Man geht davon aus, daß diese homologen Proteine im Verlauf der Evolution auseinander hervorgegangen sind. Es gibt deutliche Hinweise, daß die Vielzahl von Proteinen letzt Endes auf verhältnismäßig wenige Grundtypen zurückzuführen sind. Ein Beispiel für diese Homologie ist die Hämoglobin-Sequenz. Das normale Hämoglobin des Menschen ist aus vier Peptid-Ketten aufgebaut, von denen zwei einander gleich sind. Sie werden Alpha- und Beta-Ketten genannt. Die beiden Ketten sind durch Ionenbeziehungen und Wasserstoff-Brücken miteinander verknüpft. Ihre Sequenzen sind homolog, wobei einige Positionen nicht verknüpft werden. Die Hämoglobin-Sequenzen zeigen auch große Übereinstimmung mit anderen Proteinen, z.B. mit dem Myoglobin der Muskeln. Veränderungen in der Sequenz des Hämoglobins sind auf Mutationsprozesse zurückzuführen. Es sind folgende Sequenzen der Hämoglobine derzeit bekannt: NormalHämoglobin: Val-His-Leu-Thr-Pro-Glu-Glu-Lys Sichelzell-Hb S: Val-His-Leu-Thr-Pro-Val-Glu-Lys Hämoglobin C: Val-His-Leu-Thr-Pro-Lys-Glu-Lys 14 Man kennt derzeit mehr als 200 Hämoglobine, die alle Mutationen darstellen. Die klinischen Symptome, die durch diese Mutationen auftreten, sind derzeit von geringer pathologischer Relevanz. Sekundärstruktur Proteinmoleküle haben eine bestimmte räumliche Struktur, d.h. die Aminosäureketten sind räumlich "gestaltet". Die Faltung einer Aminosäurekette ist festgelegt durch die Aminosäuresequenz. Sie ist die konsequente Folge von Bindungskräften, die zwischen den in der Kette aufgereihten Aminosäuren und deren Restvalenzen und Polaritäten. Wenn die Ketten selbst, d.h. die Atome der Peptidbindung, miteinander in bindungsähnliche Wechselwirkungen bzw. wenn sie echte Bindungen eingehen, spricht man von Sekundärstruktur. Proteine sind aus L-Aminosäuren aufgebaut, dadurch ist die sterische Anordnung am .alpha.-C-Atom festgelegt. Die Dimension der Peptidkette ist bekannt (0,363 nm). Die C-Atome der Peptidbindung liegen in einer Ebene, da sich Mesomerie zwischen den Grenzzuständen ausbildet und die ebene Lage begünstigt ist. Von großer Bedeutung für die Verknüpfung bzw. die interaktiven Wechselwirkungen von gefalteten Proteinstrukturen sind die WasserstoffBrückenbindungen. Wasserstoffbrücken-Bindungen sind Nebenvalenzkräfte, die für die Ausbildung von Sekundärstrukturen verantwortlich sind. Man symbolisiert diese Art von Bindungen durch das zeichnen von Punkten, z.B =C=O ............HN- .Die Bindungsenergie der WasserstoffBrückenbindung beträgt etwa 1/10 der Hauptvalenzen. Die Sekundärstrukturprinzipien bringen unterschiedlich räumlich ausgedehnte Moleküle hervor. Als bedeutend gelten die Peptidrost- und Faltblattstruktur, die .alpha.-Schraube oder auch .alpa.-Helix. Im Arbeitsblatt sind diese Strukturen schematisch dargestellt. Tertiärstruktur Globuläre Proteine verfügen über eine sogenannte Tertiärstruktur, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass neben den von den Sekundärstrukturen bekannten Wasserstoff-Brückenbindungen noch Disulfid-Bindungen, Ionenbeziehungen und hydrophobe Bindungen auftreten und somit hochkomplexe, spezifisch räumlich ausgerichteten Protein-Moleküle entstehen. Als Ordnungsprinzipien stellen sich die Elemente der Sekundärstruktur (.alpha.-Helix und .beta.-Faltblatt) und eine regelmäßig wiederkehrende Molekülschleife (Haarnadelkurve) dar. Diese definierte Ordnung wird durch die Wechselwirkungen mit den Seitenketten der Aminosäuren zusätzlich bestimmt. Im Arbeitsblatt sind solche Bindungen in einer typischen Tertiärstruktur ersichtlich. 15 Die Bildung der Tetiärstruktur erfolgt bereits während der Proteinbiosynthese am Ribosom. Noch während des Aufbaus des Proteins wird die Faltung realisiert. Die Art der Faltung ist von der jeweiligen Sequenz bestimmt. Bespielsweise werden helicale Strukturen durch folgende Sequenzen bestimmt: Starke Helixbildner: Glu, Ala, Leu, Met Schwache Helixbildner: Ile, Lys, Gln, Trp, Val, Phe Schwache Helixbrecher: Asn, Tyr Starke Helixbrecher: Gly, Pro Starke Faltblattbildner: Tyr, Val, Ile Schwache Faltblattbildner: Cys, Met, Phe, Gln, Leu, Thr, Trp Schwache Faltblattbrecher: Ser, Gly, Lys Starke Faltblattbrecher: Glu, Pro, Asp Da die Sequenz genetisch determiniert ist, ist zwangsläufig auch die Raumstruktur der Proteine genetisch bedingt. Die Gestalt der Moleküle und vor allem die Größe ihrer Hydrathülle bestimmen die Reibung, die das Molekül bei der Bewegung in Lösung erfährt. Die Idealform ist die Kugel. Das Ausmaß der Abweichung von dieser Form muß berücksichtigt werden, um Sedimentations- und Diffusionsprozesse, vor allem bei Membrandiffusionen, richtig beurteilen zu können. Die meisten Proteine bestehen zumeist zur Hälfte aus Sekundärstrukturanteilen und die zweite Hälfte machen Aminosäurereste aus, die in irgendeiner spezifischen Form angeordnet sind. Proteine sind sehr kompakte Moleküle. Ihre Dichte liegt bei 1,4 g/ccm. Bei globulären Molekülen ist der Innenbereich des Moleküls hydrophob. Im Inneren bildet sich ein hydrophober Bereich. Die geladenen Gruppen befinden sich fast ausschließlich auf der Oberfläche der Moleküle. Insofern bildet sich in wäßriger Lösung eine mehr oder weniger große Hydrathülle, die das Molekül größer werden läßt. Bei den Proteinen von biologischen Membranen befinden sich die hydrophoben Gruppen außen und bilden hydrophobe Bindungen zu den Lipiden der Membran aus. Dadurch werden die Proteine fest in der Membran verankert. Für viele Proteine ist diese Verankerung von funktioneller Bedeutung (z.B. Enzyme der Atmungskette). Wegen der hydrophoben Oberfläche sind solche Proteine in Wasser oder Salzlösungen nicht löslich. 16 Die Raumstrukturen der Proteine sind nicht starr. Sie können sich in Abhängigkeit vom Funktionszustand sowohl von der Geometrie als auch in der räumlichen Ausdehnung verändern. Bei längeren Peptidketten aus mehr als 180 Aminosäuren findet man häufig ein oder mehrere räumlich abgegrenzte Bereiche, welche man Domänen nennt, die eine spezifische Faltung bewirken. Von Supersekundärstrukturen spricht man, wenn in globulären Proteinen bestimmte Sekundärstrukturen vorherrschen sind, z.B. Proteine mit überwiegend .alpha.-helicalen Strukturen, Proteine mit überwiegend Faltblattstrukturen (getrennt nach alpha und beta) und solche Proteine, die periodisch helicale und Faltblattstrukturen aufweisen. Das Myoglobin ist ein typisches Protein mit überwiegend helicalen Struktureinheiten. Z.B. besteht das Myoglobin des Wals aus 154 Aminosäuren, die in acht Helicalabschnitten geordnet sind. Durch die Umkehrschleife (Haarnadelkurve) ordnen sich diese zu einem globulären Protein. Das Myoglobin besitzt eine prosthetische Gruppe, das sogenannte Häm, das durch Nebenvalenzen zwischen den Helicalabschnitten festgehalten wird. Das Häm vermag Sauerstoff reversibel zu binden (Funktion im Muskel). Im Arbeitsblatt ist das schematisch dargestellt. Molekül des Myoglobin und das des Häm Quartiärstruktur Die zu einem globulären Protein zusammen geschlossen Peptidketten ordnen sich zu noch höheren Aggregationen zusammen. Diese Aggregationn werden als Quartiäre Proteine bezeichnet, wobei die einzelnen Peptidketten als Untereinheiten gelten. Eine ganz typische Quartiärstruktur weist das Hämoglobin auf. Es besteht aus vier Untereinheiten, wobei nur zwei identisch sind. Die zwei unterschiedlichen Untereinheiten treten zu einem Tetramer zusammen. Es besteht aus je zwei alpha-Ketten und je zwei beta-Ketten. Die Tertiärstruktur dieser Ketten ähnelt sehr dem Myoglobin. Das Häm, die prosthetische Gruppe des Hämoglobins, ist im Arbeitsblatt schematisch dargestellt. Der Porphyrinring stellt ein mesomeres System dar, dass vier Koordinationsstellen für das Eisen hat, die fünfte wird von einem HistidinRest eingenommen und an die sechste lagert sich der Sauerstoff reversibel an. Da jede Kette ein Häm enthält und jede Häm-Gruppe ein Sauerstoffmolekül bindet, kann das Hämoglobinmolekül vier Sauerstoffatome aufnehmen bzw. abgeben. Diese reversible Bindung hat große Ähnlichkeit mit der Bindung eines Substrates an ein Enzym. Ein Vergleich der Strukturen von mit Sauerstoff beladenem Häm und solchen ohne Sauerstoff hat gezeigt, dass sich mit Beladung die Tertiärstruktur ändert, das Molekül schrumpft. Diese räumliche Veränderung bewirkt natürlich auch eine Änderung der gesamten helicalen Struktur, was bewirkt, dass die Untereinheiten im Sinne 17 eines positiven kooperativen Effektes beeinflußt werden. Die Bindung von Sauerstoffatomen erfolgt mit größerer Affinität. Für den Abgabe- und Aufnahmeprozess des Sauerstoffs am Hämoglobin ist das Bis-Phosphoglycerat verantwortlich, welches der Regulation des Sauerstofftransport dient. Zusammenfassung Die Proteine sind neben den Nucleinsäuren die wichtigsten Biomoleküle. Sie sind nach dem Peptidprinzip aufgebaut. Aufgrund der sehr komplexen Strukturen unterscheidet man in Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartiärstruktur. Die allosterische Regulation der Bindungseigenschaften von Proteinen wird durch Konformationsänderungen bedingt. Sie spielt vor allen Dingen bei der Enzymaktivität eine Rolle. Ein nicht am Bindungsort des Substrates bindender Effektor verändert durch Konformationsänderung am Protein die Bindungseigenschaften oder auch die katalytische Wirksamkeit des Proteins (Hämoglobin und BisPhosphoglycerat). Allosterische Reaktion und Kooperativität treten oft zusammen auf. Proteine werden mit Hilfe von Elektrophorese, Ausschlußchromatographie und Ultrazentrifugation getrennt. 1.4 Enzyme und Co-Enzyme Enzyme sind chemisch gesehen Proteine. Sie sind von ihrem Aufbau, ihrer Struktur und ihrer Funktionaltät sehr unterschiedlich. Enzyme werden häufig auch als Fermente bezeichnet. Dieser Begriff spielt vor allem im technischen Sprachgebrauch eine Rolle. Enzyme sind ihrer Funktion nach Biokatalysatoren. Auch hier gelten die Gesetze der Katalyse im vollen Umfange. Biochemische Reaktionen weisen gegenüber chemischen Reaktionen, wie sie z.B. aus der anorganischen oder auch der Synthesechemie bekannt sind, auf. Besonderheiten von chemischen Reaktionen biochemischen Reaktionen gegenüber Biochemische Reaktionen werden - von Enzymen katalysiert laufen um den Neutralpunkt ab erfolgen bei mäßigen Temperaturen Enzyme sind hochspezialisierte katalytischen Fähigkeiten - Proteine mit außergewöhnlichen sie katalysieren Reaktion in verdünnten wäßrigen Lösungen sie besitzen hohe Substratspezifität 18 - sie beschleunigen spezifische chemische Reaktionen ohne Bildung von Nebenprodukten Die Findung und Erforschung der Funktionalität von Enzymen hat eine lange Geschichte und ist eng verbunden mit sehr bekannten Namen aus Wissenschaft und Forschung. Einteilung von Enzymen Viele Enzyme sind durch Anfügen der Endung -ase an das Substrat gekennzeichnet (Urease katalysiert Hydrolyse von Harnstoff, Arginase Hydrolyse von Arginin), andere haben Namen, der nicht auf das Substrat hinweist, z.B. Pepsin, Thrypsin. Mitunter gibt es auch zwei oder mehr Namen für ein Enzym oder auch ein Name für mehrere Enzyme. Einteilung nach Substratspezifität und Typ der von ihnen katalysierten Reaktion systematische Klassifizierung in sechs Hauptklassen, die in Unterklassen und Untergruppen gegliedert sind Die Enzyme sind in folgende Hauptklassen eingeteilt Oxidoreduktasen Transferasen Hydrolasen Lyasen Isomerasen Ligasen Zum Beispiel: ATP + D-Glucose → ADP + D-Glucose-6-phosphat systemat. Bezeichnung ATP: Glucose-Phosphotransferase Das Enzym katalysiert die Übertragung einer Phosphatgruppe vom ATP auf die Glucose. Bei zu langen oder auch sehr komplizierten systematischen Namen werden häufig Trivialnamen verwendet, hier z.B. Hexokinase Struktur von Enzymen Die Struktur des Enzyms bedingt dessen Spezifität. Die Stelle, an die das Substrat gebunden wird, wird als aktives oder katalytisches Zentrum bezeichnet. Es befindet sich im Innern des Enzyms in der hydrophoben Tasche. Sie ist das aktive Zentrum aller Enzymen. Dort erfolgt die katalytische Umsetzung des Substrats. 19 Bei einigen Enzymen ist die enzymatische Aktivität an Cofaktoren gebunden. Cofaktoren können Metallionen oder organischen Moleküle (Coenzyme) sein. Je nachdem, in welcher Art und Weise solche Faktoren (prosthetische Gruppen) an den Proteinkörper gebunden sind, unterscheidet man in: • Enzymprotein und Coenzym: Holoenzym • Proteinanteil ohne Coenzym: Apoenzym Als prosthetische Gruppe werden alle an ein Protein gebundenen Gruppen, auch die ohne katalytische Wirkung, bezeichnet. Co-Faktoren sind oft vom Enzymprotein trennbar, sie sind häufig thermostabil und haben ein niedriges Molekulargewicht. Sie fungieren oft als Überträger von Elektronen, Wasserstoffatomen oder funktionellen Gruppen. Als aktive Molekülkomponente in Coenzymen treten oft Flavin, Thiamin oder Nicotinamid (Verbindungen, die der Mensch als Vitamine aufnehmen muß) auf. Coenzyme sind keine Katalysatoren, sie gehen aus einer Reaktion nicht unverändert hervor. Sie werden in weiteren Reaktion regeneriert. Die Kinetik von Enzymreaktionen Enzyme sind Biokatalysatoren, d. h. ihre Funktionalität entspricht den Gesetzen der Katalyse. In geschlossenen Systemen stellt sich bei chemischen Reaktionen nach einer gewissen Zeit immer ein Gleichgewichtszustand ein, in dem keine Konzentrationsänderungen der Reaktanden mehr erfolgen (statisches Gleichgewicht), dessen Lage durch das Verhältnis der Konzentrationen der Reaktionspartner und Reaktionsprodukte zueinander bestimmt und durch Gleichgewichtskonstante K beschrieben wird. Die Gesetzmäßigkeiten des chemischen Gleichgewichts sind nur in geschlossenen Systemen gültig, d.h. das System hat keinen Austausch von Materie und/oder Energie mit der Umgebung (andere Systeme). Die Zelle ist z.B. ein offenes System, d. h. es erfolgt ein Stoff- und Energieaustausch mit der Umgebung. Das Stoffwechselsystem der Zelle im Fließgleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, daß alle Prozesse in Richtung Gleichgewicht verlaufen, was aber im offenen System nicht erreicht wird. Das lebende System bleibt immer in der Lage, Energie aus den ablaufenden Reaktionen zu gewinnen. Das Fließgleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass Ausgangsstoffe genauso schnell in Reaktionssystem eingebracht werden, wie Reaktionsprodukte das System verlassen. Im Zellstoffwechsel gibt es zahlreiche Reaktionsfolgen im Fließgleichgewicht, z.B. die der Glykolyse oder der Atmungskette. Bei diesem Prozess ist die freie Energie negativ, es 20 wird Arbeit geleistet. Man spricht von exergonischen Reaktionen. Die Freisetzung von Energie in Form energiereicher Verbindungen, und die Übertragung von chemische Energie und deren Speicherung in der Zelle ist eine zentrale Funktion im Fließgeleichgewicht der Zelle. Im komplexen Zellstoffwechsel spielen aber auch energieverbrauchende, endergonische Reaktionen eine bedeutende Rolle. Der Ablauf von endergonischen Reaktionen durch Kopplung mit einer exergonischen Reaktionen ist möglich. Endergonische Reaktion sind immer an exergonische Reaktion gekoppelt (energetische Kopplung). Das wird am Beispiel der Bildung von ATP aus ADP und Phosphat deutlich. Hier erfolgt durch energetische Kopplung an stark exergonische Reaktionen. Andererseits wird Energie durch Spaltung von ATP in ADP und Phosphat freigesetzt, die für andere endergonische Reaktion genutzt wird, dabei erfolgt gleichzeitig eine Aktivierung eines Moleküls, z.B. von Glucose, durch Übertragung der Phosphatgruppe (Phosphorylierung). Der Ablauf von chemischen Reaktionen erfolgt nur, wenn Moleküle oder Atome zu bestimmtem Zeitpunkt hinreichende Energie aufweisen, d.h. in aktivierter Form vorliegen. Nur dann ist ein Aufbrechen einer chemischen Bindung oder Knüpfen einer neuen möglich. In vereinfachter Form lassen sich diese Prozesse folgendermaßen darstellen: • aktivierter (Übergangszustand): Energiebarriere wird verkleinert, die den Ausgangsstoff vom Produkt trennt • die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion ist der Konzentration an aktivierten Molekülen direkt proportional • Aktivierungsenergie: erforderliche Energie um alle Moleküle einer Verbindung in den aktivierten Zustand zu überführen • im allgemeinen sind zwei Wege zur Beschleunigung chemischer Reaktionen möglich: Erhöhung der Temperatur oder/und Zusatz von Katalysatoren • eine Temperaturerhöhung um 10°C → Verdopplung der Reaktionsgeschwindigkeit • der Zusatz von Katalysatoren: Bildung eines kurzlebigen Zwischenproduktes zwischen Ausgangsstoff und Katalysator und damit Schaffung eines energetisch günstigen Zustandes, das unter Zurückbildung des Katalysators zum Produkt weiter reagiert • ein Katalysator beschleunigt die Reaktion durch Senkung der Aktivierungsenergie, d.h. eine Reaktion mit Katalysator verläuft über den Mechanismus mit geringerer Aktivierungsenergie • nach Bildung der Reaktionsprodukte liegt Katalysator unverändert wieder vor Enzyme und biochemische Reaktion: Enzyme sind biologische Katalysatoren (Biokatalysator), sie genügen im vollen Umfange den Gesetzen der Katalyse. • biochemische Reaktionen: Enzyme übernehmen Rolle des Katalysators 21 • sie setzen die Aktivierungsenergie, die zur Umsetzung der Reaktionspartner erforderlich ist, stark herab • die katalytische Wirkungsweise von Enzymen beruht auf der Bildung von kurzlebigen aber sehr reaktionsfähigen Enzym-Substrat-Verbindungen • Aktivierung des Substrats durch Bindung an das Enzym → Erniedrigung der Gesamtenergie für das System • bei enzymkatalysierten Reaktionen erfolgt die Zunahme der Geschwindigkeit nicht proportional zur Substratkonzentration • bei konstanter Enzymkonzentration und geringer Substratkonzentration erfolgt zunächst eine lineare Zunahme der Reaktionsgeschwindigkeit; bei hohen Substratkonzentrationen ist die Reaktionsgeschwindigkeit nahezu unabhängig von der Substratkonzentration, das Enzym ist substratgesättigt, die Reaktion verläuft mit maximaler Geschwindigkeit • bei Substratsättigung ist die Geschwindigkeit nur von der Enzymkonzentration abhängig Die allgemeine Theorie über Wirkung und Kinetik von Enzymen wurde von Michaelis und Menten 1913 aufgestellt. Das Michaelis-Menten-Modell geht davon aus, dass das Enzym mit dem Substrat eine Verbindung eingeht. dabei kommt es zur Bildung eines Enzym-Substratkomplexes. Danach zerfällt dieser Komplex in das Enzym und das neu gebildete Produkt. Die Geschwindigkeit der enzymatischen Reaktion Substratkonzentration folgendermaßen verbunden: ist mit der v=V*S(K m+S)-1 Km ist die Michaelis-Menten-Konstante. Sie ist die charakteristische Kenngröße für ein Enzym. Sie gibt die Substratkonzentration in mol/l bei halbmaximaler Geschwindigkeit an. Sie ist unabhängig von der Enzymkonzentration. Km liegt für die meisten Enzyme zwischen 10-1 und 15-6. Die experimentelle Bestimmung der Michaelis-Menten-Konstante erfolgt über die Messung der Anfangsgeschwindigkeit der enzymkatalysierten Reaktion bei verschiedenen Substratkonzentrationen und gleichbleibender Enzymkonzentration. Die Geschwindigkeit enzymatischer Reaktionen ist Temperatur- und pHWert abhängig. Das Temperaturoptimum liegt meist zwischen 30 und 50°C. Bei höheren Temperaturen erfolgt eine Geschwindigkeitsabnahme infolge der zunehmenden Denaturierung der Enzymproteine. Das pH-Optimum liegt häufig innerhalb begrenzter pH-Bereiche, eine optimale Aktivität ist meist zwischen 6 und 8 zu verzeichnen. Es gibt aber auch Ausnahmen, z.B. legt das Optimum für Pepsin bei pH=2 (Magensäure). 22 Spezifität der Enzyme Eine wesentliche Eigenschaft der Proteine ist ihre ausgeprägte Substratspezifität, die sie befähigen, nur bestimmte Substrate zu katalysieren. Chemisch nahe Verwandte werden mitunter noch an ein Enzym gebunden, aber nicht mehr umgesetzt (wirken dann als kompetetive Hemmsubstanz). Es gibt nicht wenige Enzyme, die über absolute Spezifität für eine Substanz verfügen. Einige Enzyme sind vollkommen spezialisiert auf ein bestimmtes Substrat, sie greifen nicht einmal sehr ähnliche Moleküle an, z.B. die Aspartase, ein Pflanzen- und Bakterienenzym, das die reversible Anlagerung von Ammoniak an die Doppelbindung der Fumarsäure unter Bildung von L-Aspartat katalysiert. Es lagert sich nicht an irgendeine andere ungesättigt Säure an, sondern nur an die Fumarsäure. Man findet darüber hinaus außerdem eine ausgeprägte optische und geometrische Spezifität. Es wirkt z.B. nicht auf D-Aspartat oder Maleat (cisIsomeres der Fumarsäure), sondern nur auf Fumarsäure. Viele Enzyme haben eine breitere Spezifität, d.h. sie setzen Stoffe um, die chemisch sehr nahe verwandt sind, z.B. Substanzen, die gemeinsame strukturelle Merkmale besitzen. Als ein Beispiel sei hier das Chymotrypsin, das die Hydrolyse vieler Peptide und Polypeptide katalysiert, dabei aber nur die Peptidbindungen, in denen die Carbonylgruppe von Phenylalanin, Thyrosin oder Tryptophan an der Bindung teilnimmt, der Hydrolyse zugängig macht. Die Umsetzung eines Substrats durch ein Enzym ist von zwei Faktoren abhängig: • das Substrat muß die chemische Voraussetzung für den Angriff des Enzyms erfüllen • das Substrat muß noch zusätzliche Bindungsstellen haben, mit denen es sich in der Nähe des katalytischen Zentrums anlagern kann Die Struktur des Enzymproteins ist für die Substratspezifität von entscheidender Bedeutung, weil die funktionelle Gruppen in den Enzymmolekülen innerhalb der Peptidkette oft weit voneinander entfernt sind. Durch eine Zusammenlagerung der funktionellen Gruppen zu einem aktiven Zentrum durch entsprechende Faltung der Peptidkette und damit Ausbildung einer Tertiärstruktur können innerhalb des Enzyms hydrophobe und hydrophile Zonen entstehen, die für Anlagerung und räumliche Orientierung des Substratmoleküls entscheidend sind und die Spezifität des Enzyms wesentlich beeinflussen. Die Substratspezifität von Enzymen wird durch das Konzept einer komplementären Schlüssel-Schloß-Beziehung zwischen Substratmolekül und bestimmtem Bereich der Oberfläche des Enzymmoleküls diskutiert. Isoenzyme Isoenzyme sind Enzyme, die die gleiche chemische Reaktion katalysieren aber molekular unterschiedlich aufgebaut sind. Ihre Trennung ist z.B. mit Hilfe von Elektrophorese möglich. Isoenzyme sind innerhalb eines 23 Organismus oder sogar innerhalb einer Zelle präsent. Als Beispiel für ein Isoenzym sei die Lactat-Dehydrogenase, die aus insgesamt vier Untereinheiten aufgebaut ist, genannt. Die Untereinheiten können mit zwei Polypeptidketten in fünf verschiedenen Kombinationen fungieren. Die unterschiedliche Verteilung von Isoenzymen in einem Organismus ist Ausdruck von unterschiedlichen molekularen Differenzierungsvorgängen. Isoenzyme haben unterschiedliche MichaelisMenten-Konstanten. Sie spielen bei der Regulation von Stoffwechselvorgängen eine Rolle. Am Beispiel der n Lactat-Dehydrogenase ist nachgewiesen worden, daß sich das Isoenzymmuster je nach Gewebe und Entwicklungszustand ändern kann. Isoenzyme bedingen u.U. individuelle Besonderheiten bei der Reaktion eines Organismus auf Medikamente. Multienzymsysteme Multienzymsysteme bewirken in lebenden Zellen eine Vielzahl von enzymkatalysierten Reaktionen in geordneter Reihenfolge. Das Produkt eines Enzyms bildet Substrat eines anderen usw. Die Katalyse von bestimmten Stoffwechselsequenzen wird durch Multienzymsysteme realisiert, die entsprechende Enzyme im Komplex vereinigt haben und somit eine Reaktionsabfolge ohne Freisetzung von Zwischenprodukten ermöglicht wird. Als Beispiele dafür seien die Atmungskette oder auch der Citratcyclus genannt. Das Endprodukt einer biosynthetischen Reaktionssequenz, an der mehrere Enzyme beteiligt sind, ist oft eines der beteiligten Enzyme ein Inhibitor. Hemmung von Enzymen Die Hemmung von Enzymen ist auf verschiedene Weise möglich. Die Hemmung einiger Enzyme durch Stoffwechselzwischenprodukte ist mitunter sehr wichtig für die Regulation des Intermediärstoffwechsels. Eine Hemmung von Enzymen kann auch durch zellfremde Substanzen (wichtig in Medizin und Pharmazie, da Pharmaka Enzyme hemmen können) erfolgen. Man unterscheidet in reversibler und irreversibler Hemmung. Unter irreversibler Hemmung wird die Zerstörung oder die permanente chemische Veränderung der wesentlichen funktionellen Gruppe (Iodacetamid: reagiert mit Sulfhydrilgruppe (SH-) von essentiellen Cysteinresten oder mit Imidazolgruppe von Histidinresten) verstanden. Reversible Hemmung ist dagegen eine Kompetitive Hemmung, bei der das Inhibitormolekül mit der funktionellen Gruppe entsprechend der Reaktion des Substrates reagiert. Diese Hemmung ist durch Erhöhung der Substratkonzentration zu überwinden. Sie hat die Erhöhung des K m Wertes zur Folge. Der Inhibitor ähnelt in seiner dreidimensionaler Struktur dem Substrat. So wird das Enzym bei der Anlagerung „überlistet“. Die nicht-kompetetive Hemmung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die Hemmsubstanz auch an Bindungsstellen außerhalb des aktiven Zentrums des Enzymmoleküls anlagert, wobei das aktive Zentrum nicht beeinträchtigt sein muß, und so die Umsetzung des Substrats nicht mehr katalysiert. Die Herabsetzung der Maximalgeschwindigkeit läßt sich durch Erhöhung der Substratkonzentration nicht aufheben. Beispiele dafür sind die normalen Stoffwechselintermediärprodukte, die sich mit spezifischen Bindungsstellen 24 regulatorischer Enzyme verbinden und dadurch die Aktivität der katalytischen Zentren verändern. Solche Intermediärprodukte sind u.a. Schwermetallionen wie Quecksilber oder Cu+ , die mit den SHGruppen der Enzymproteine reagieren. Faktoren die zur katalytischen Wirksamkeit beitragen sind • Nähe und Lage des Substrat: Die Bindung des Substrats an das Enzym muß so erfolgen, daß die empfindliche und reaktive Bindung dem katalytischen Zentrum sehr nahe kommt und exakt zu ihr ausgerichtet ist und so die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in den angeregten Zustand vergrößert • Verformung und Torsion: Substratbindung kann Konformationsänderung am Enzymmolekül (induzierte Anpassung) hervorrufen, weil das Substrat die Struktur des katalytischen Zentrums spannt und das gebundene Enzym verformt. Eine Änderung der Tertiär- oder Quartärstruktur des Enzyms kann mechanische Hebel oder Wechselwirkungen auf Substrat ausüben. • allgemeine Säure-Basen-Katalyse das katalytische Zentrum steuert R-Gruppen spezifischer Aminosäurereste bei, die gute Protonendonatoren oder –akzeptoren sind. Diese sauren oder basischen Gruppen sind wirksame Katalysatoren für organische Reaktionen in wäßrigen Systemen • kovalente Katalyse: Bildung unbeständiger, kovalent gebundener Enzym-Substratkomplexe, aus denen leichter Produkte gebildet werden als bei unkatalysierter Reaktion • man nimmt heute an, daß vier Faktoren zur Reaktionsbeschleunigung beitragen, aber in keinem Fall hat man genaue Kenntnis zum Mechanismus der Beschleunigung der Reaktion Allosterische Enzyme Allosterische Enzyme sind solche, die nicht der Michaelis-Menten-Kinetik genügen. Sie besitzen Bindungsstellen zusätzlich und außerhalb des aktivem Zentrum, an die sich Effektor- oder Modulatormoleküle reversibel binden können. Dadurch sind Verringerung oder Erhöhung der katalytischen Aktivität möglich. Es gibt positive oder negative Modulatormoleküle. Allosterische Enzyme sind größer und komplizierter gebaut als andere Enzyme, da sie aus zwei oder mehr Polypeptidketten aufgebaut sind. Die allosterische Hemmung oder Aktivierung verläuft immer vollständig reversibel. Sie spielen eine bedeutende Rolle für die zelluläre Regulation. Allosterische Enzyme haben Bindungsstellen für Modulatormoleküle, das sind Chemosensoren für die Metabolitenkonzentration, die unmittelbare metabolische Feinsteuerung ausübt. 25 Lokalisation von Enzymsystemen in der Zelle Verschiedene Enzymsysteme sind in charakteristischer Weise an morphologische Strukturen in der Zelle gebunden. Die Enzyme für die Glycolyse sind z.B im Cytosol lokalisiert. Die Enzyme des Elektronentransports, des Fettsäureabbaus, der Atmungskette, der oxidativen Phosphorylierung und des Citratcyclus sind an die Membranen der Mitochondrien gebunden. Die für die Fettsäuresynthese, die Steroidsynthese und die hydroxylierende Enzymsysteme sind an den Membranen des endoplasmatischen Retikulums lokalisiert. Ein Kompartimentierung innerhalb der Zelle ermöglicht zeitliche und räumliche Koordination der intrazellulären Stoffwechselvorgänge. Enzyme des Elektronentransports Eine der wichtigsten Prozesse zur Energiegewinnung in der Zelle ist die Atmung und die Photosynthese. Beide sind Folgen von Reduktions- und Oxidationsreaktionen, die an die Phosphorylierung von ADP gekoppelt sind. Redox-Reaktionen sind bekannterweise gebunden an die Übertragung von Elektronen von einem Reaktionspartner auf den anderen. Dabei gibt der Elektronendonator (Reduktionsmittel) Elektronen an Elektronenakzeptor (Oxidationsmittel) ab. Bei einigen Reaktionen geschieht gleichzeitig eine Übertragung von Wasserstoffionen. Die reduzierenden Substanzen haben die Neigung, Elektronen abzugeben „Elektronendruck“ und oxidierende Substanzen die Tendenz, Elektronen aufzunehmen „Elektronenaffinität“. Die Stärke des Elektronendruckes ist durch die Größe des Redoxpotentials bestimmt. Die Messung der Potentialdifferenz von Redoxsystemen wird mit einem Potentiometer, das zwischen zwei Halbzellen geschaltet ist, ausgeführt. In biologischen Systemen erfolgt die Messung bei pH=7 gegenüber dem Potential der Standardwasserstoffelektrode (-0,42 V). Stärkere Reduktionsmittel als H2 besitzen negativeres und schwächere positiveres Normalpotential. Redoxsysteme mit stark negativem Potential besitzen hohes Reduktionsvermögen und hohe Neigung, Elektronen abzugeben. Bei Redoxsystemen mit stark positivem Potential besteht eine hohe Oxidationsneigung. Ordnet man verschiedene Redoxsysteme nach ihrem Redoxpotential ergibt sich die sogenannte Elektronentransportkette. Da der Elektronenfluß vom negativen zum positiven Potential erfolgt, kann die Richtung des Elektronentransports innerhalb verschiedener biologischer Redoxsysteme vorausgesagt werden. Eine Verringerung des Elektronendrucks von Stufe zu Stufe der Elektronentransportkette ist mit einer Verringerung der freien Energie verbunden. In der Zelle erfolgt die Katalyse des Elektronen- bzw. Wasserstoff-Flusses durch Elektronen- oder wasserstoffübertragende Enzyme, deren Coenzyme bei der katalytischen Funktion wesentlich sind. Coenzyme von wasserstoffübertragenden Enzymen sind Nicotinamidadenin-dinucleotid (NAD+) und Nicotiamid-adenin-dinucleotidphosphat (NADP). Bei enzymatischen Umsetzungen ist das Pyridinderivat 26 Nicotinamid von entscheidender Bedeutung. Beide Coenzyme nehmen reversibel Wasserstoff auf. Es entstehen so die reduzierten Formen NADH+H + bzw. NADPH+H + , in oxidierter Form ist der Pyridin-Kern positiv geladen. Die Coenzymfunktion ist durch Aufnahme von zwei Elektronen in Verbindung mit zwei Wasserstoffionen erfüllt, wobei die Aufhebung der positiven Ladung des Pyridinringes und Verlust seiner aromatischen Natur erfolgt. Die Bindung des Wasserstoffatoms erfolgt stereospezifisch als Hydridanion, während ein Proton keine feste Bindungsstelle besitzt. Der Übergang von der reduzierten (NADH/NADPH) zur oxidierten Form (NAD+/NADP+), die mit einer starken Abnahme der Lichtabsorption bei 340 nm verbunden ist, stellt die Grundlage für die Messung der enzymatischen Aktivität unter Beteiligung dieses Coenzyms dar. NADH und NADPH sind in der Regel kovalent an die entsprechenden Enzyme, die Dehydrogenasen, gebunden. Sie werden nicht als feste prosthetische Gruppen, sondern als Cosubstrate betrachtet, da meistens Dissoziation vom aktiven Zentrum des Enzyms während der enzymatischen Reaktion erfolgt. NAD+ und NADPH+ sind bewegliche Überträger von Wasserstoff oder Elektronen. Flavinmononucleotid (FMN) und Flavindinukleotid (FDN) sind Coenzyme der Flavinproteine, deren gelbe Farbe vom Riboflavin (Vitamin B2) stammt. Sie stellen wasserstoffübertragende Proteine dar, die ein reversible Wasserstoffanlagerung an die Stickstoffatome des Isoalloxacinringsystems bewirken. Flavin-Coenzyme sind fest an das Enzym gebunden (prosthetische Gruppe). Die prosthetische Gruppen zahlreicher elektronenübertragender Systeme sind Eisenporphyrine, z.B. Cytochrome, wobei das im Porphyrinring komplexgebundene Eisen zur 3+ Elektronenaufnahme und -abgabe befähigt [Fe -Porphyrin] + e →[Fe2+Porphyrin] ist. Auch das Kupfer ist oft Co-Faktor in elektronenübertragenden Enzymen Cu2+ + e- → Cu+. Zusammenfassung • Enzyme sind Proteine, die spezifische chemische Reaktionen katalysieren • sie binden Substratmoleküle und bilden kurzlebigen Enzym-SubstratKomplex, der in Enzym und entsprechende Produkte zerfällt • eine Erhöhung der Substratkonzentration führt zur Erhöhung der katalytischen Aktivität, die Reaktionsgeschwindigkeit nähert sich hyperbelförmig der charakteristischen Maximalgeschwindigkeit, bei der nahezu das gesamte Enzym als Enzym-Substratkomplex vorliegt und gesättigt ist • die Substratkonzentration, bei der die halbe maximale Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird, entspricht K m • jedes Enzym besitzt außerdem ein pH-Optimum sowie eine charakteristische Spezifität für sein Substrat • eine Inaktivierung von Enzymen erfolgt durch irreversible Modifikation der für die katalytische Aktivität essentiellen funktionellen Gruppen • die reversible Hemmung erfolgt kompetitv oder nicht-kompetitiv 27 • kompetitive Inhibitoren konkurrieren mit dem Substrat um die Bindung am aktiven Zentrum, werden aber vom Enzym nicht umgewandelt • nicht-kompetitive Inhibitoren greifen an anderen Stellen des Enzyms an, sie werden an den Enzym-Substratkomplexes gebunden, die Wirkung wird durch das Substrat nicht aufgehoben • die Beschleunigung chemischer Reaktionen durch Enzyme erfolgt durch Orientierung des Substrats in der Nähe des aktiven Zentrum und durch Bereitstellung katalytischer Protonendonatoren und Protonenakzeptoren sowie durch Bildung unbeständiger kovalenter Zwischenformen mit dem Substrat oder durch Streckung oder Verformung des Substrats • einige Enzyme besitzen neben ihrer katalytischen Aktivität auch regulierende Aktivität →sie dienen als Schrittmacher bei metabolischen Umsetzungen • die Geschwindigkeit einiger regulierbarer Enzyme (allosterische Enzyme) ist durch reversible nicht-kovalente Bindung eines spezifischen Modulators oder Effektors an das regulatorische oder allosterische Zentrum variierbar; als Modulator agiert entweder das Substrat selbst oder ein anderer Stoffwechselmetabolit • bei anderen Enzymklasse erfolgt eine Modulation der Enzymaktivität durch eine kovalente Modifaktion von funktionellen Gruppen, die für die Aktivität notwendig sind • Enzyme, die in mehreren Formen vorkommen sind Isozyme oder Isoenzyme, welche unterschiedliche kinetische Charakteristika aufweisen • bei vielen genetisch bedingten Krankheiten funktionieren ein oder mehrere Enzyme fehlerhaft in Folge von vererbbaren Mutationen 1. 5 Fette und Lipide Fette und fettähnliche Verbindungen werden zusammengefaßt zu den Lipiden. Das Hauptkriterium für die Zuordnung zu den Lipiden ist die Wasserlöslichkeit der Verbindungen. Lipide sind in Wasser unlöslich, sie können in Wasser lediglich kolloidale bzw. micellare Lösungen bilden. Lipide sind in organischen Lösungsmitteln wie Benzol, Ether, Chloroform oder auch in Lösungsmittelgemischen von organischen Lösungsmitteln löslich. Die Stoffklasse der Lipide wird eingeteilt in nicht hydrolysierbare Lipide wie Kohlenwasserstoffe (Alkane), Alkohole (langkettige Akohole) und Säuren (langkettige Säuren) z.B. .beta.-Carotin, Cholesterin oder Palmitinsäure. Daneben gibt es die einfachen Ester wie Fette, Wachse und Stearinester. Diese Verbindungsklassen werden als die einfachen Lipide bezeichnet. Die Phospholipide mit Phosphatidsäuren und Phosphatiden und die Glykolipide mit Cerebrosoide und Gangliosiden werden die komplexen Lipide genannt. Alle Lipide haben sehr viele Gemeinsamkeiten im Stoffwechsel. Das ist unter anderem auch der Grund dafür, dass man sie zusammengefaßt hat. Die grundlegende Gemeinsamkeit aller dieser Verbindungen ist, dass sie ausnahmslos aus aktivierter Essigsäure aufgebaut werden. Viele enthalten langkettige Fettsäuren als Hauptkomponente. Sie werden häufig über sehr einfache Reaktionen im Stoffwechsel ineinander überführt. 28 Die Lipide stellen eine sehr wichtige Stoffklasse beim Aufbau biologischer Membranen dar. Sie bestimmen die Funktionsweise und die Eigenschaften von biologischen Membranen maßgeblich. Chemischer Aufbau der Fette Als Neutralfette bezeichnet man die Ester, die aus unverzweigten Monocarbonsäuren und Glycerin entstehen. Die Monocarbonsäuren sind dabei die entsprechenden Fettsäuren, welche gesättigt und ungesättigt vorliegen können und Glycerin ist ein dreiwertiger Alkohol, der Mono-Di- und Triester bilden kann. Ihre (veraltete) aber gebräuchliche Bezeichnung wäre Mono-, Di- und Triglycerid. Man nennt sie heute entsprechend verbindlich Monoacyl-, Diacyl- und Triacylglycerin. Natürlich vorkommende Fette sind immer Gemische aus zahlreichen Triglyceriden. In aller Regel sind unterschiedliche Fettsäuren an der Esterbindung beteiligt. Die Säuren, die in natürlichen Fetten vorkommen, besitzen stets eine gerade Anzahl an Kohlenstoffatomen, was darauf zurückzuführen ist, dass sie aus C2-Einheiten, nämlich dem Essigsäurerest, aufgebaut sind. Man unterscheidet in gesättigte und in ungesättigte Fettsäuren. Ungesättigte Fettsäuren weisen eine oder auch mehrere Doppelbindungen in der Kohlenstoffkette auf. Im Arbeitsblatt sind einige ausgewählte Fettsäuren schematisch dargestellt. Zu den ungesättigte Fettsäuren gehört auch die Ölsäure. Die Doppelbindungen in ungesättigten Fettsäuren liegen fast ausnahmslos in der cis-Konfiguration vor. Bei der Ölsäure liegt die Doppelbindung zwischen dem C9 und dem C10 der Kette. Bei mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind die Doppelbindungen meist isoliert, d.h. sie sind jeweils durch eine CH2-Gruppe getrennt. Die .Pi.-Elektronen können somit nicht in Wechselwirkung treten (vgl. auch konjugierte Doppelbindung in Aromaten). Beispiele für ungesättigte Fettsäuren sind die Linolsäure, die Linolensäure und die Arachidonsäure. Linolsäure und Linolensäure befinden sich besonders reichlich in verschiedenen pflanzlichen Ölen (Leinöl, Rapsöl, Sonnenblumenöl). Noch höher ungesättigte Fettsäuren findet man in Fischleberölen (Eicosapentaensäure). Die Linolsäure ist eine essentielle Fettsäure, d.h. sie kann im Säugetierorganismus nicht gebildet werden, sie muß zugeführt werden. Eine andere, aber nicht minder wichtige Verbindungsklasse stellen die Wachse dar. Natürliche Wachse wie Bienenwachs, Walrat und pflanzliche Wachse sind Gemische verschiedener Ester, deren Hauptbestandteil langkettige Alkohole mit höheren Fettsäuren sind. Neben diesen Estern findet man in Wachsen auch höhere unverzweigte Kohlenwasserstoffe. 29 Fette sind enorme Energieträger. Die eigentliche biologische Bedeutung der Fette liegt darin, dass sie als Reservestoffe dienen. Man unterscheidet bei höheren Lebewesen (z.B. Säugetieren) in Leberfette und in Depotfett. Das Leberfett einer Ratte z.B. hat eine biologische Halbwertzeit von 1- 2 Tagen, das entsprechende Depotfett 8 – 10 Tage. Im Blut werden Fette zusammen mit Phosphatiden in den Chylomikronen und in den Lipoproteinen transportiert. Soll Energie aus dem Depot der Fette gewonnen werden, muß die Spaltung des Glycerins von den Fettsäuren erfolgen. Diese Spaltung führen die Lipasen aus. Lipasen sind eine fettspaltende Enzymgruppe (vgl. auch Enzyme). Die Spaltprodukte der Fette gehen im Stoffwechsel sehr verschiedene Wege. Das Glycerin steht in naher Beziehung zu den Kohlenhydraten, es wird in der Leber durch das Enzym Glycerin-Kinase mit ATP phosphoryliert und dann zum Aufbau von Glucose verwendet bzw. auf dem gleichen Wege wie die Kohlenhydrate abgebaut. Die Fettsäuren werden nach dem Prinzip der .beta.-Oxidation in C2-Einheiten (Acetyl-CoA) zerlegt. Die .beta.-Oxidation der Fettsäuren Fettsäuren sind chemisch nahezu inert, d.h. ihre Reaktionsfähigkeit muß erhöht werden, damit Reaktionen in einer physiologisch vertretbaren Geschwindigkeit ablaufen können. Diese Aktvierung verläuft über die Bildung von Thioestern. Thioester verfügen über ein hohes Gruppenübrtragungspotential. Die Thiol-Gruppe ist die des Coenzyms A, welches Cysteamin gebunden enthält. Es muß ein Mol ATP für diese Übertragung aufgewendet werden. Die Reaktion wird von der Acyl-CoA-Synthetase katalysiert und erfolgt über zwei Stufen. 1. Stufe Die Fettsäure reagiert mit ATP unter Abspaltung von Diphosphat zu Acyl-Adenylat 2. Stufe Acyl-Adenylat wird dann durch CoA-SH in Acyl-SCoA und AMP zerlegt. Die CoA-Verbindung der Fettsäure steht m Gleichgewicht mit einem anderen Derivat, dem Carnitin-Ester, welcher als Transfermolekül dient. Mit Hilfe dieses Transportmoleküls gelangen die Fettsäuren in die Mitochondrien der Zelle. Dort wird der Fettsäurerest auf HS-CoA rückübertragen (siehe Stufe 2). Danach erfolgen alle weiteren Abbauschritte wieder an der Acyl-CoAVerbindung. 30 Durch die Folge von vier Reaktionen wird die Kette in C2-Bruchstücke, die aktivierte Essigsäure ( Acetyl-CoA), zerlegt. Da die vier Reaktionen das .beta.-C-Atom betreffen, wird der Abbau auch .beta.-Oxidation genannt. Der Zyklus der .beta.-Oxidation ist im Arbeitsblatt schematisch dargestellt. Weiterführende Kenntnisse zur .beta.-Oxidation sind der wissenschftlichen Grundlagenliteratur zu entnehmen. Der Wasserstoff, der im Verlauf der .beta.-Oxidation auf prosthetische Gruppen oder das Coenzym NAD+ (Nicotinamid-adenindinucleotid) übertragen wurde, wird in den Mitochondrien innerhalb der Atmungskette zu Wasser verbrannt. Die aktivierte Essigsäure wird im Citratzyklus zu CO2 oxidiert. .Beta.-Oxidation und Endabbau der aktivierten Essigsäure müssen gekoppelt ablaufen, damit Energie gewonnen werden kann. Alle diesbezüglichen Vorgänge laufen in den Mitochondrien ab. Nicht minder bedeutsam als der Abbau von Fetten und Fettsäuren ist der Aufbau von Fetten im Organismus. Selbst gering differenzierte biologische Strukturen bauen Fette auf. Der Aufbau von Fetten vollzieht sich im wesentlichen aus Kohlenhydraten. Die Synthese der langkettigen Fettsäuren läuft an einem Fettsäure-Synthase-Komplex (Enzymkomplex) ab, der sich in den Mitochondrien befindet. Bei Bakterien erfolgt die Verknüpfung zu Fettsäuren nicht an einem Synthase-Komplex sondern an einem bakteriellen Enzym-Komplex, der aus einzelnen Proteinen aufgebaut ist. Hefen besitzen einen einfachen Synthase-Komplex, der aus zwei Untereinheiten besteht. Die Fettsäuren, die bei der Biosynthese entstehen, werden als Glycerinester, d.h. als Neutralfette gespeichert. Die Esterbildung erfolgt nicht am Glycerin sondern am Glycerinphosphat, das durch Phosphorylierung von Glycerin mit ATP (Adenosintriphosphat) entstehen kann. Verantwortlich dafür ist das Enzym Glycerin-Kinase, welches aber nur in der Leber vorhanden ist. In Geweben, in denen dieses Enzym fehlt (Muskulatur, Bindegewebe, Fettgewebe) entsteht Glycerinphosphat durch Reduktion von Glyceronphosphat, einem Metaboliten des Kohlenhydratstoffwechsels. Phospholipide Phospholipide werden auch Phospholipoide oder Phasphatide genannt. Chemisch sind sie Phosphodiester. Die Phosphorsäure ist einerseits mit einem Sphingosin- (Amino-dialkohol) oder Glycerin-Derivat (meist Diacylglycerin) und andereseits mit Cholin, Ethanolamin, Serin, Inosit oder Glycerin verestert. Alle Phosphatide enthalten Glycerinphosphat als Baustein. 31 Glykolipide Glykolipide enthalten anstelle des Phosphat einen MonoOligosaccharid-Rest. Dieser ist meist mit dem Sphingosin (Amino-dialkohol) verknüpft. oder Lipoproteine Lipoproteine sind keine durch Hauptvalenzen zusammen gehaltenen Verbindungen, wie z.B. die Glykolipide oder die Phopholipide. Sie sind vielmehr Anlagerungsverbindungen an Proteine. Sie enthalten häufig Phospholipide, Cholesterin, Cholesterinester, Glykolipide u.a. Die bekanntesten Lipoproteine sind LDL, VLDL und HDL (low density lipoproteins, very low density lipoproteins, high density lipoproteins). Zusammenfassung Fette sind wichtige Reservestoffe tierischer und pflanzlicher Zellen. Chemisch sind Fette Triacyl-Derivate des Glycerins. Sie stellen Ester des Glycerins mit Fettsäuren dar. Fette werden im Fettgewebe gespeichert und bei Bedarf freigesetzt. Die Steuerung dieser Lipolyse erfolgt u. a. über Hormone. Mediatorstoff ist dabei das cyclo-AMP (Adenosinmonophosphat). Der Abbau der Fette unter Energiegewinn erfolgt über die .beta.-Oxidation. Die Kapazität der .beta.Oxidation ist begrenzt. Zahlreiche pathologische Erscheinungsformen gründen auf dieser begrenzten Kapazität. Der Aufbau von Fettsäuren und Fett vollzieht sich im wesentlich aus Kohlenhydraten. Die Glykolyse liefert das Pyruvat, aus diesem entsteht durch oxidative Decarboxylierung Acetyl-CoA, welches zu Maloyl-CoA carboxyliert wird. An einem Enzym-Komplex vollzieht sich der Aufbau der Fettsäuren, der in etwa der Umkehrung der .beta.-Oxidation entspricht. Phosphatide und Glykolipide gehören zu den Molekülen, die über Hauptvalenzen miteinander verknüpft sind. Es sind Verbindungen aus mehrwertigen Akoholen und Phosphorsäure bzw. Sacchariden. Lipoproteine sind Aggregate aus Apolipoproteinen und Fetten, Phosphatiden, Cholesterin und Cholesterinestern in unterschiedlichen Mengenzusammensetzun-gen. Lipoproteine stellen die Transportform der Lipide im Butplasma dar. Sie werden vor allem in der Leber gebildet. 32 1.6 Kohlenhydrate Kohlenhydrate stellen für Menschen, Tiere und viele Mikroorganismen den Hauptteil der aufgenommenen Energie dar. Sie stehen im Zentrum des Stoffwechsels grüner Pflanzen und anderer zur Photosynthese befähigter Organismen, die aus CO2 und H2 O mit Sonnenenergie Kohlenhydrate synthetisieren. Die durch Photosynthese hergestellten Kohlenhydrate sind die Kohlenstoff- und Energielieferanten für die nicht-photosynthesefähigen Zellen der Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen. Die Einteilung der Kohlenhydrate wird in der Wissenschaft und insbesondere in den technischen Wisenschaften nicht einheitlich und häufig auch unsystematisch vorgenommen. Sinnvoll erscheint es, vor diesem Hintergrund eine Einteilung nach biochemischen Grundlagen bzw. Parametern vorzunehmen. Wichtige Funktionen der Kohlenhydrate erfüllen z.B. Stärke und Glykogen, beide sind Speicherformen der Glucose. Unlösliche Kohlenhydratpolymere dienen strukturellen und stützenden Elemente in Zellwänden von Bakterien und Pflanzen und in Bindegeweben und Zellhüllen von tierischen Organismen. Sie dienen aber auch zum Schmieren von Gelenken des Skeletts, zur Adhäsion zwischen den Zellen, zur Verleihung der Spezifität der Oberfläche von tierischen Zellen. Biochemisch sind Kohlenhydrate Polyhydroxyaldehyde oder -ketone oder bilden diese bei Hydrolyse. Ihr Name leitet sich davon ab, daß die meisten Verbindungen Summenformeln aufweisen, in denen C:H:O im Verhältnis 1:2:1 stehen, welches suggeriert, daß es sich um Hydrate des Kohlenstoffs handelt. Das trifft zwar für viele Kohlenhydrate zu, z.B. für Glucose C6H12O6, aber nicht für alle, manche enthalten außerdem N, P, S. In der folgenden Abhandlung zu den biochemischen Grundlagen, die im Zusammenhang mit der Stoffgruppe der Kohlenhydrate stehen, wird für den Begriff Kohlenhydrate der Einfachheit wegen die Abkürzung KH verwendet. Man unterscheidet bei den KH drei Hauptklassen: Monosaccharide, Oligosaccharide und Polysaccharide Der Name Saccharid leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet Zucker. Monosaccharide: Sie stellen eine Polyhodroxyaldehyd- oder –ketoneinheit dar. Das häufigste in der Natur vorkommende Monosaccharid ist der C 6-Zucker Glucose. Oligosaccharide: Abgeleitet von oligos (griech.) = einige Sie bestehen aus kurzen Ketten von Monosacchariden, die durch kovalente Bindung verknüpft sind. Die am häufigsten vorkommenden Disaccharide sind die, die aus zwei Monosaccharid-Einheiten bestehen. Typisch dafür sind die Saccharose oder Rohrzucker, in dem die C 6-Einheiten der D-Glucose und der D-Fructose kovalent miteinander verbunden sind. 33 Oligosaccharide mit drei oder mehr Einheiten kommen nicht frei vor, sondern treten als Seitenketten an Polypeptiden auf. Polysaccharide: Sie sind lange Ketten mit Hunderten oder Tausenden Monosaccharideinheiten. Einige haben eine lineare Struktur, z.B. Cellulose, andere verzweigte Ketten, z.B. Glykogen. Häufigste Polysaccharide im Pflanzenreich sind Stärke und Cellulose. Sie bestehen aus D-Glucoseeinheiten und unterscheiden sich hinsichtlich der Art der Verknüpfung. Mono- und Disaccharide besitzen Namen, die auf die Silbe -ose enden. Bei den KH gilt genauso wie bei allen anderen Stoffen, daß die Struktur und die Konfiguration maßgeblich die Eigenschaften bestimmen. Die biochemischen und auch die physikalischen Eigenschaften der Mono-, Di-, Oligo- und Polysaccharide unterscheiden sich zum Teil erheblich. Monosaccharide Monosacharide sind farblose, kristalline Substanzen, die in Wasser löslich und in unpolaren Lösungsmitteln unlöslich sind (vgl. auch zu den Fetten). Die meisten haben einen süßlichen Geschmack. Ihre allgemeine Summenformel ist (CH2O)n; n≥3. Sie bestehen aus einem Grundgerüst, das eine unverzweigte Kohlenstoffkette mit Einfachbindungen darstellt, wobei ein C mit Doppelbindung an ein O gebunden ist (Carbonylgruppe), die übrigen C tragen OH-Gruppen bzw. H-Atome. Steht die Carbonylgruppe am letzten C-Atom der Kette entspricht der Monosaccharid einer Aldose (Aldehyd → Aldose). Stehen Cabonylgruppe an jeder beliebigen anderen Position entspricht der Monosaccharid einer Ketose (Keton → Ketose). Die einfachsten Monosaccharide sind die C3-Verbindungen wie Triosen Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton. Liegen 4,5,6,7 Kohlenstoffatome verknüpft vor, handelt es sich um Tetrosen, Pentosen, Hexosen und Heptosen, wovon jeweils zwei Reihen Aldotetrosen und Ketotetrosen usw. sind. Die in der Natur wichtigsten vorkommende Monosaccharide sind die Hexosen, D-Glucose und D-Fructose. Die Aldopentosen, D-Ribose und 2-Desoxy-D-Rribose sind Bestandteile der Nucleinsäuren. Monosaccharide enthalten immer asymmetrische Zentren. Die einzige Ausnahme ist Dihydroxyaceton. Diese asymmetrischen Zentren bewirken die optisch aktiven, isomeren Formen. Hexosen haben vier asymmetrische Kohlenstoffatome und kommen als 2n=24=16 verschiedene Stereoisomere vor, d.h. als Formen, die die gleiche Summenformel haben, aber unterschiedliche räumliche Struktur aufweisen. 34 Das Arbeitsblatt zeigt die Zucker der D-Reihe und der Ableitung. Die Art der Darstellung wird als Karl-Fischer Projektion bezeichnet, die horizontalen Bindungen stehen aus der Ebene heraus und die vertikalen liegen hinter ihr. Die schematischen Darstellungen dieser Verbindungsgruppe sind dem Arbeitsblatt zu entnehmen. Die in der Natur vorkommende Form der Glucose ist die D-Form. Da sie wie viele Aldosen über mehrere asymmetrische C-Atome verfügt, bezieht sich die Bezeichnung D- oder L- auf das am weitesten von der Carbonylgruppe entfernt stehende Kohlenstoffatom (OH-Gruppe zeigt nach rechts→DForm). Die am meisten in der Natur vorkommenden Monosaccharide sind die Pentose, D-Ribose, und die Hexosen, D-Glucose, D-Mannose und DGalactose. Die Bezeichnung der Ketosen erfolgt analog der Aldosen, aber durch einfügen der Silbe -ul z.B. Ribulose. Einige besitzen Trivialnamen, z.B. Fructose. Aldosen und Ketosen in der L-Form kommen in der Natur relativ selten vor. Zwei Zucker, die sich nur in der Konfiguration um ein C-Atom unterscheiden, nennt man Epimere, z.B. D-Glucose und D-Mannose (C-2) oder D-Glucose und D-Galactose (C-4). Monosaccharide mit fünf und mehr C-Atomen im Grundgerüst, besitzen in Lösung cyclische Strukturen, d.h. Carbonylgruppe liegt nicht frei vor sondern ist mit einer OH-Gruppe eine kovalente Bindung eingegangen. Die Bildung dieser Pyranoseringe ist das Ergebnis einer allgemeinen Reaktion zw. Aldehyden oder Ketonen und Alkoholen unter Bildung von Halbacetalen. Halbacetale enthalten ein asymmetrisches Kohlenstoffatom, d.h. zwei stereoisomere Formen. D-Glucopyranose ist intramolekulares Halbacetal. Die freie Hydroxylgruppe des C-5 hat mit Aldehyd-C-1 reagiert, so ist die Ringform der D-Glucose mit einem asymmetrisches C-Atom mehr als aus geradkettiger Formel entstanden. Zwei Stereoisomere der D-Glucose , α-D-Glucose und β-D-Glucose sind das Ergebnis. Telegramm Isomere Formen von Monosacchariden, die sich nur in ihrer Konfiguration um das Halbacetal-Kohlenstoffatom unterscheiden wie α-D-Glucose und β-D-Glucose werden als Anomere bezeichnet. Cycliche Formen von Aldohexosen können auch als Fünfringe existieren. Sie leiten sich dann vom Furan ab und werden als Furanosen bezeichnet. Die Stabilität der Aldopyranose-Sechsringe ist wesentlich größer als die der Aldofuranose-Fünfringe. Pyranoseringe sind nicht planar. Sie können in Wannen- oder Sesselform vorliegen, wobei die Sesselform häufiger ist. Die Konformation der einfachen Zucker mit sechs C-Atomen ist für die Ausprägung einiger biologischer Eigenschaften und Funktionen der Polysaccharide bedeutsam. 35 Im folgenden sind besonders wichtige chemische Eigenschaften von Monosacchariden aufgeführt. • Chemische Eigenschaften: − Monosaccharide sind Reduktionsmittel, d.h. sie reduzieren z.B. Hexacyanoferrat(III)-Ionen, Wasserstoffperoxid oder Cu2+ -Ionen, dabei wird Carbonylgruppe oxidiert (ist Elektronendonator) − diese Zucker heißen dann reduzierende Zucker Diese Eigenschaft wird bei der Analyse auf Zucker genutzt. Anhand der Menge des reduzierten Oxidationsmittels wird dann die Zuckerkonzentration bestimmt. Anwendung findet diese Analyse bei der Bestimmung des Zuckergehaltes in Blut oder Urin Disaccharide Disaccharide bestehen aus zwei kovalent miteinander verbundenen Monosacchariden. Diese Bindung ist meistens eine Glycosidbindung, die durch Reaktion einer Hydroxylgruppe des einen Zuckers mit dem anomeren C-Atom des anderen Zuckers reagiert. Dies zeigen die Reaktion des C-1 bei Hexosen und des C-2 bei Furanosen mit beliebiger OH-Gruppe. Die Bindungen werden durch Säuren leicht hydrolysiert, widerstehen aber der Spaltung durch Basen. Häufigste Disaccharide sind Saccharose und Maltose. Maltose besteht aus zwei Glucoseresten, die durch glycosidische Bindung zwischen dem C-1 einer α-D-Glucose und der OH-Gruppe am C-4 der anderen α-D-Glucose oder β-D-Glucose α(1→4)-Bindung entstanden ist. Sie kann in α- oder β-Form vorkommen. Die α-Form wird durch das Speichelenzym Amylase gebildet (Amylase zerlegt Stärke in Gemisch aus Maltose, Glucose u. Oligosacchariden, spürbar z.B. beim Kauen von Brot, das bei längerem Kauen süß schmeckt, z.B Mundspeichelenzym ist Ptyalin). Sie wirkt reduzierend, da auch sie über eine potentiell freie Carboxylgruppe verfügt. Disaccharid Cellobiose enthält auch zwei Glukosemoleküle, die aber über β(1→4)-Bindung verbunden sind. Lactose ist aus D-Galactose und D-Glucose aufgebaut. Sie kommt nur in der Milch vor. Auf Grund dessen, daß sie eine potentiell freie Carboxylgruppe enthält, wirkt sie reduzierend. Telegramm Lactose wird mit Hilfe von Lactase enzymatische durch Hydrolyse gespalten. Dieses Enzym ist bei Säuglingen sehr aktiv, es bleibt im Erwachsenenalter nur bei Nordeuropäern und einigen afrikanischen Völkern 36 erhalten. Andere Völker besitzen wenig Darm-Lactase und haben somit eine Lactose-Intoleranz, was genetisch bedingt ist. Lactose muß im Darm gespalten werden bevor sie in den Blutkreislauf aufgenommen werden kann. Bei Lactose-Intoleranz bleibt sie unverdaut im Darm liegen. Saccharose besteht aus D-Glucose und D-Fructose. Sie wird von vielen Pflanzen gebildet und kommt bei Tieren nicht vor. Sie besitzt keine freien anomeren C-Atome, da diese miteinander verbunden sind. Sie stellt einen nicht reduzierender Zucker dar. − sie ist das Hauptzwischenprodukt der Photosynthese − sie ist oft die Hauptform, in der Zucker von den Blättern über das Gefäßsystem in andere Pflanzenteile transportiert wird − der Grund dafür ist möglicherweise in der Verbindung der anomeren C-Atome, die vor Angriff durch Pflanzenenzyme schützen, zu suchen − Tiere können Saccharose als solche nicht absorbieren, durch ein Enzym in der Zellwand des Dünndarms, die Invertase, wird Absorptionsverfügbarkeit hergestellt. Invertase katalysiert die Hydrolyse zu D-Glucose und D-Fructose. Saccharose hat den süßesten Geschmack von allen Zuckern Telegramm Steigende Kosten für importierten Rohrzucker (aus Zuckerrohr und Zuckerrüben)haben bewirkt, dass in den USA riesige Mengen von Glucose durch Hydrolyse von Maisstärke gewonnen werden. Das Verfahren um daraus Süßstoff herzustellen umfaßt zuerst die Hydrolyse der Stärke zu Glucose in Form von Sirup, der über große Säulen läuft, die ein auf Trägermaterial gebundenes Enzym, die Glucose-Isomerase, enthalten. Es folgt dann die Katalyse der Reaktion. Am Ende liegen D-Glucose und D-Fructose in äquimolare Mischung vor. Aufgrund der hohen Süßkraft von Fructose ist die Süßkraft dieses Produktes sehr hoch. Es wird in der Nahrungsmittel-, Getränke- und Eiscreme-Industrie verwendet. Es ist billiger als Rohrzucker und genauso nahrhaft. Ein weiteres neues Produkt, das aus 90% Fructose besteht und das nach dem gleichem Verfahren hergestellt wird, kostet doppelt soviel wie Saccharose. Es ist günstiger zum Süßen, da es süßer als Saccharose ist und gleichzeitig eine geringere Energieaufnahme gewährleistet. Diese künstlichen Süßstoffe besitzen keinen Nährwert. Sie stimulieren die gleichen Geschmacksknospen auf der Zunge, werden aber nicht als Nahrungsmittel verwertet. Der am häufigsten 37 verwendete Süßstoff ist Saccharin. Er ist 400mal süßer als Saccharose. Polysaccharide Die meisten Kohlenhydrate in der Natur sind Polysaccharide mit hohen relativen Molekülmassen. Einige dienen als Monosaccharid-Speicher, andere als strukturelle Elemente in Zellwänden und Bindegeweben. Bei vollständiger Hydrolyse von Polysacchariden entstehen Monosaccharide und ihre Derivate. Polysaccharide werden auch Glycane genannt. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der enthaltenen Monosaccharid-Einheiten, der Länge der Ketten und deren Verzweigungsgrad. Man unterscheidet nach der Zusammensetzung in zwei Arten, HomoGlycane (Stärke: nur aus D-Glucose Einheiten) und Hetero-Glycane (Hyaluronsäure des Bindegewebes aus zwei einander abwechselnden Resten von zwei verschiedenen Monosacchariden). Polysaccharide besitzen im Gegensatz zu Proteinen keine festgelegten Molekülmassen. Sie sind Mischungen von Monosaccharid-Molekülen hoher Molmassen. Je nach Bedarf der Zelle, in der sie lagern, werden diese Monosaccharid-Einheiten an- oder abgekoppelt. Polysaccharide sind wichtige Speicherstoffe, z.B Stärke in Pflanzen und Glycogen in tierischen Zellen. Sie kommen intrazellulär in Form von Zusammenlagerungen oder Granula vor. In aller Regel sind sie stark hydratisiert, was auf die zahlreichen exponierten Hydroxylgruppen zurück zu führen ist. Sie bilden nach Extraktion mit heißem Wasser kolloidale Lösungen oder Dispersionen. Stärke: Stärke kommt besonders häufig in Knollengewächsen (Kartoffeln) oder in Samen (Getreide) vor. Die meisten Pflanzenzellen können selbst Stärke bilden. Man unterscheidet in zwei Arten von Glucosepolymeren, Amylose und Amylopectin. Während die α -Amylose aus langen unverzweigten Ketten aus DGlucoseeinheiten besteht, die durch α(1→4)-Bindung verknüpft sind und deren Molekülmasse wenige Tausend bis 500.000 units ausmachen, hat das α -Amylopectin eine relativ hohe Molekülmasse, ist stark verzweigt, die Bindungen in den Ketten sind α(1→4)-Bindung, in den Verzweigungen sind es α(1→6)-Bindungen. Beim Kochen von Kartoffeln z.B. wird die Amylose zum größten Teil durch das heiße Wasser extrahiert, das Amylopectin bleibt in den Kartoffeln zurück. 38 Glykogen: Glykogen wird auch als tierische Stäre bezeichnet. In der Tat ist es die Stärke in Tierzellen. Chemisch stellt es ein verzweigtes Polysaccharid der D-Glucose dar. Es hat die gleichen Bindungen wie Amylopectin, ist aber stärker verzweigt und kompakter aufgebaut. Bei tierischen Organismen ist es vor allem in der Leber (bis 7% des Feuchtgewichtes) als große Granula, die durch Zusammenlagerungen kleiner Granula entstanden sind, die aus stark verzweigten Glykogenmolekülen bestehen, zu finden. Die durchschnittliche relative Molmasse beträgt mehrere Millionen. Die Granula enthalten außerdem Enzyme für die Synthese und den Abbau von Glykogen. Glykogen und Stärke werden im Verdauungstrakt von Amylase hydrolysiert (Spaltung der α(1→4)-Bindung) unter Bildung von D-Glucose, geringen Mengen Maltose und Rest-Dextrin. Rest-Dextrin wird von α-Amylase nicht weiter hydrolysiert, da es keine α(1→6)-Bindungen angreifen kann. Das gemeinsames Wirken von α-Amylase und α(1→6)-Glucosidase ermöglicht den vollständigen Abbau von Stärke und Glykogen. Die gebildete Glucose wird absorbiert und als "Brennstoff" in den Mitochondrien der Zellen zu Kohlendioxid und Wasser unter Energiegewinn abgebaut (veratmet, verbrannt). In tierischen Zellen erfolgt der Abbau des Glykogens durch die GlycogenPhosphorylase, es entsteht das Glucose-1-phosphat statt Glucose. Das Enzym β-Amylase aus Malz spaltet nur jede zweite α(1→4)-Bindung, dadurch erfolgt die Bildung von hauptsächlich Maltose und wenig Glucose (α- und β- beziehen sich nicht auf Glycosidbindung). Cellulose: Cellulose ist ein sogenannter Strukturpolysaccharid, der eine faserige, feste, wasserunlösliche Substanz darstellt. Es kommt in den Zellwänden von Pflanzen, besonders in Stielen und Stämmen vor. Holz besteht zum größten Teil aus Cellulose und anderen polymeren Substanzen. Baumwolle ist fast reine Cellulose. Cellulose ist der häufigste extrazelluläre Strukturpolysaccharid und häufigster Polysaccharid, der ein lineares unverzweigtes Homopolysaccharid aus 10.000 oder mehr D-Glucoseeinheiten darstellt, die durch 1→4-Gycosidbindungen miteinander verknüpft sind. Bei Cellulose haben diese Bindungen β-Konfiguration, was entscheidende Eigenschaftsunterschiede gegenüber Stärke und Glykogen bewirkt. Aufgrund der Geometrie ihrer α(1→4)-Bindungen bevorzugen sie gewundenen HelixKonformation, was die Bildung dichter Granula fördert. Die D-Glucoseketten der Cellulose haben wegen der β-Bindungen gestreckte Konformation, die sich parallel zusammenlagern, was zu unlöslichen Fibrillen führt. Die Bindungen zwischen den Monomeren der Cellulose werden durch Amylase nicht hydrolysiert. Wirbeltiere verfügen über kein Enzym, 39 das Cellulose hydrolysieren kann, d.h. Cellulose ist für sie unverdaulich. Die Cellulase, ein Cellulose hydrolysierendes Enzym wird von einigen Pilzen und Bakterein produziert. Telegramm Die einzigen Wirbeltiere, die Cellulose als Nahrungsmittel nutzen können, sind die Wiederkäuer( z.B.Rinder), welche vier hintereinander geschaltete Mägen haben. Die ersten beiden arbeiten mit Cellulase sezernierenden Mikroorganismen zusammen, Cellulose wird dort zu D-Glucose abgebaut, die zu kurzkettigen Fettsäuren, CO2 und CH4 umgewandelt wird. Fettsäuren werden resorbiert und als Brennstoff verwertet. CO2 und Methan werden reflexartig freigesetzt. In den anderen Mägen werden Mikroorganismen von Enzymen verdaut und ergeben Aminosäuren, Zucker u.a. Hydrolyseprodukte, die als Nährstoffe verstoffwechselt werden. Es liegt also eine nützliche symbiotische Beziehung zwischen Mikroorganismen und Wiederkäuern, sowohl für die Wiederkäuer als auch für Mikroorganismen stellt Cellulose im Gras und Klee etc. die Hauptbrennstoffquelle dar, vor. Die meisten Pflanzenzellen werden von starren und kräftigen Polysaccharid-Strukturen umgeben, was vielleicht vergleichbar mit glasfaserverstärktem Kunststoff ist. Das Gerüst der Pflanzenzellwände besteht aus netzförmigen Lagen von Cellulosefasern, die mit anders strukturierten Sacchariden und Lignin verstärkt sind. Zusammenfassung • KH sind Polyhydroxyaldehyde oder -ketone mit der empirischen Formel (CH2O)n • Sie werden klassifiziert in Monosaccharide (eine Aldehyd- oder Ketoneinheit), Oligosaccharide (mehrere Monosaccharide) und Polysaccharide (große verzweigte oder lineare Moleküle aus vielen Monosaccharideinheiten) • Monosaccharide haben mindestens ein asymmetrisches C-Atom und kommen in stereoisomeren Formen vor • häufigste vorkommende Zucker sind Glucose, Ribose, Fructose, Mannose, sie b gehören der D-Reihe an • einfache Zucker mit 5 und mehr C-Atomen kommen in Form geschlossener Ringe vor – Halbacetale, welche als Furanosen oder Pyranosen benannt werden, die als anomere α- oder β-Form existieren • Zucker, die Oxidationmittel reduzieren können, werden als reduzierende Zucker bezeichnet • Disaccharide bestehen aus zwei kovalent verbundenen Monosacchariden • Maltose ist Zucker, welcher aus 2 D-Glucoseresten durch α(1→4)Glycosidbindung verknüpft vorliegt • Lactose stellt eine Verknüpfung von D-Galactose und D-Glucose dar 40 • Saccharose ist die Verknüpfung von D-Glucose und D-Fructose, sie stellt einen nicht reduzierenden Zucker dar • Polysaccharide sind glykosidische Verknüpfungen von vielen Monosaccharideinheiten • Die wichtigsten Polysaccharide sind Stärke und Glykogen (hochmolekulare, verzweigte Polykondensate der D-Glucose mit α(1→4)Verknüpfungen in den Hauptketten und α(1→6)-Verknüpfungen an den Verzweigungspunkten) • α(1→4)-Bindungen sind mit Hilfe von α-Amylase und die α(1→6)Bindungen durch α(1→6)-Glucosidase hydrolisierbar • einige Polysaccharide haben Speicherfunktion • andere Polysaccharide haben Strukturfunktion in den Zellwänden • Cellulose ist ein Strukturpolysaccharid der Pflanzen • Sie besteht aus α(1→4)-verknüpften D-Glucose-Einheiten • Sie wird nicht von Amylasen angegriffen • Ausnahme: Wiederkäuer, bei denen von Mikroorganismen ausgeschiedene Cellulase die Cellulose abbaut • Pflanzenzellwände werden durch starre starke Gerüste aus Cellulosefasern, die mit anderen polymeren Substanzen durchsetzt sind, gebildet • Tierzellen sind geschmeidige, flexible Mäntel aus Glycolax oder Oligosacchariden, die an Lipide oder Proteine gebunden sind • Glycoproteine enthalten einen oder mehrere Zuckerreste • Glycoproteine sind die meisten Proteine der Zelloberfläche und fast alle extrazellulären Proteine • Bindegewebe von Tieren enthalten saure Mucopolysaccharide aus alternierenden Zuckereinheiten von denen eine eine Säuregruppe enthält • Verbindungen, in denen das Polysaccharid überwiegt, nennt man Proteoglycane 1.7 Nucleinsäuren Die Nucleinsäuren gelten als die Schlüsselmoleküle des Lebens. Sie enthalten die genetische Information. Nucleinsäuren sind chemisch Polynucleotide, die aus heterozyklischen Basen, einem Kohlenhydrat und Phosphorsäure (Orthophosphorsäure) aufgebaut sind. Nach der Art des Kohlenhydratbausteins werden die Nucleinsäuren in zwei Verbindungsklassen eingeteilt, in die Desoxyribonucleinsäuren (DNS bzw. DNA) und in die Ribonucleinsäuren (RNA). Enthalten diese Bausteine Desoxyribose als Kohlenhydrat spricht man von DNA bzw. DNS, enthalten sie Ribose spricht man von RNA. Diese rein chemische Unterscheidung entspricht biologisch unterschiedlichen Funktionen. Während die DNA Träger der genetischen 41 Information ist, sind die RNA an der Biosynthese der Proteine unmittelbar beteiligt. Als Erbfaktoren oder Gene werden die biologischen Einheiten definiert, die die Fähigeit der Merkmalsauslösung und damit zur identischen Reproduktion und zur Mutation besitzen. Die Erbfaktoren oder Gene sind auf den Chromosomen lokalisiert und werden entsprechend der Mendelschen-Gesetze vererbt. Gene werden unverändert über Generationen hinweg weitergegeben. Viele Tausende von Nachkommen und Millionen von Zellgenerationen zeugen davon, dass eine identische Reduplikation stattfindet. Als sehr seltenes Ereignis werden plötzliche Veränderungen der Ebfaktoren wahrgenommen. Das dadurch veränderte Gen wird in dieser Form weitergegeben. Durch solche Mutationen erklärt sich die Vielfalt der erbverschiedenen Rassen. Telegramm Afrikanische Völker, bei denen das Hämoglobinmolekül genetisch verändert ist, zeigen eine spezifische Erkrankung, die vor allem durch Anfälle, die durch physische Anstrengung ausgelöst werden, gekennzeichnet ist. Die Patienten fühlen sich schwach, schwindelig, kurzatmig, es treten pathologische Herzgeräusche auf, erhöhte Pulsgeschwindigkeit. Ein geringer Hämoglobingehalt im Blut macht sie „anämisch“, blutarm. Mikroskopische Aufnahmen zeigen, daß die roten Blutkörperchen abnorm sind. Normale rote Blutkörperchen sind runde, flache bikonkave Scheiben. Die im Zusammenkahng mit der Krankheit sind langgestreckte dünne, halbmondförmige rote Blutzellen, die leicht aufplatzen. Deshalb kommt es auch zu dem geringen Hämoglobingehalt des Blutes. Darüber hinaus kommt es zur Verstopfung vieler Blutkapillaren durch diese Blutkörperchen, was zum Tod dieser Patienten führt. Die Ursache ist ein mutiertes Hämoglobin-Gen, das von beiden Eltern vererbt wird, das Hämoglobin S, welches in der desoxidierten Form unlöslich ist und deshalb die Form der roten Blutkörperchen verändert. Eine Analyse der Primärstruktur der Polypeptidketten ergab, daß das Hämoglobin S einen Valinrest anstelle eines Glutaminrestes im Vergleich zum normalen Hämoglobin A enthält, alle anderen Aminosäurereste sind identisch. Als abnormer Rest befindet sich in Position 6 der βKetten ein kritischer Punkt in der Quartärstruktur, die Entstehung eines hydrophoben Kontaktpunktes, der das Zusammenkleben der Desoxyhämoglobinmoleküle bewirkt. Die Gen-Codierung der β-Kette ist irreversibel 42 mutiert. So entstehet der genetische Defekt, die Mutation, die zum veränderten Protein führt. Solche Veränderungen müssen nicht immer negativ sein, sie können auch zur Verbesserung der Funktion eines Proteins führen und ein Überleben des Organismus in der natürlichen Umwelt erleichtern. Das häufige Auftreten der Sichelzellanämie in einigen Gebieten Afrikas (betrifft etwa 40% der Bevölkerung) hat auch einen positiven Einfluß. Eingeborene Sichelzellträger sind weniger anfällig gegenüber von Malaria, da der Erreger der Malaria sich in den Sichelzellen nicht so gut entwickeln kann. Die Nucleinsäuren wurden 1869 in den Lymphozyten des Eiters entdeckt Aber erst 1944 wurden sie als für die genetische Funktion bedeutsam erkannt. 1953 wurde die sogenannte Basenpaarung als der Schlüssel für die genetisch Information identifiziert. Die DNA gilt als die Gensubstanz. Sie ist die genetische Substanz bei Bakterien, Viren und den höheren Organismen. Die DNA-Menge und damit der Umfang der Information ist verschieden. Während ein Bakterium, z.B Escherichia coli, ca. 4x 106 Basenpaare hat, hat das diploide Genom eines Menschen 5,75x109 , die Hefezellen 27x106 . Bakterien besitzen zusätzlich noch Plasmide. Das sind kleine ringförmige DNA-Moleküle. Sie reduplizieren sich selbständig. Sie werden häufig in der Gentechnologie zum Transfer von genetischer Information genutzt. Plasmide existieren unabhängig von der chromosomalen DANN. Sie befindet sich im Zellplasma, aber auch in Mitochondrien und in Plastiden. Die genetische Information ist in der DNA als Sequenz der Basen codiert. Die Übertragung dieser Information ist möglich durch das Prinzip der Basenpaarung. Jede Base bestimmt eindeutig ihren gegenüber liegenden Partner und legt damit im neuen Strang die Basenfolge fest. Die Aneinanderlagerung von Nucleinsäuren durch Paarung zueinander gehöriger komplementärer Basen führt einerseits zur Raumstruktur der Doppelhelix und andrerseits erlaubt sie die Aufstellung von Grundregeln der Informationsübertragung. Die genetische Information ist in der DNA als Sequenz der Basen enthalten. Die vier Basen: Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin bilden den Code AGCT (Nucleoside der Nucleinsäure). Nach dem Prinzip der Paarung der komplementärer Basen kann jede Base die jeweilig korrespondierende genau determinieren. Damit kann die Information beliebig weiter gegeben und übertragen werden. Nucleinsäuren besitzen die Fähigkeit der Selbstinstruktion. Die identische Replikation gehorcht dem Prinzip der Basenpaarung. 43 § Die genetische Information determiniert die Aminosäuresequenz von Proteinen. Diese ist in einem Code verschlüsselt, bei dem eine Folge von drei Basen eine Aminosäure bedeutet. § Mittlersubstanz zwischen DNA und Protein ist eine informationstragende RNA,die sogenannte messenger-RNA oder auch m-RNA. Die DNA trägt nicht nur Informationen für die proteincodierende RNA, sondern auch für andere RNA-Arten wie Transfer-RNA, ribosomale-RNA. Die Gene hierfür liegen meist in mehreren Kopien vor. Es gibt aber auch DNA-Sequenzen, die regulatorische Faktoren beinhalten oder auch solche, an denen keine Transscription stattfindet. Bausteine der Nucleinsäuren Die Bausteine der Nucleinäuren sind hochmolekulare Nucleotide. Sie bestehen aus einer Base, einem Zucker und Phosphorsäure. Basen Die Basen sind Purin-Basen und Pyrimidin-Basen. Während Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin in den DNA enthalten sind, sind Uracil in der RNA und Hypoxanthin in der t-RNA zu finden. Diese Basen sind heterozyklisch und haben die Fähigkeit über Wasserstoffbrückenbindung mit ihren komplementären Basen zu vernetzen. Zucker Zwei Pentosen, Desoxyribose und Ribose, sind die Zucker der Nucleinsäuren. Desoxyribose befindet sich in den DNA, Ribose in den RNA. Die Zucker sind N-glykosidisch mit der jeweiligen heterozyklischen Base verknüpft. Diese Verbindungen heißen Nucleoside. Die Nucleoside haben Trivialnamen, die sich von den Basen ableiten. Die Verknüpfung von Guanin mit dem Zucker heißt Guanosin, die von Cytidin Cytosin. Phosphorsäure Die in den Nucleinsäuren vorhandene Orthophosphorsäure verknüpft die Nucleoside miteinander und vernetzt so zu Nucleotiden. Die Bindung erfolgt wechselseitig an der OH-Gruppe des C3 und an der OH-Gruppe des C5 der Pentose. Die Nucleotide sind Phosphorsäureester der Nucleoside. 44 Struktur der Nucleinsäuren Nucleinsäuren sind Makromoleküle unterschiedlichen Ordnungsgrades. Man unterscheidet bei ihnen auch Primär-, Sekundär- und Tertiärstrukturen. 1. Die Primärstruktur ist die Sequenz der Nucleotide, die die genetische Information codiert enthält 2. Die Sekundärstruktur ist gekennzeichnet durch die Folge der Paarung mit den komplementären Basen über Wasserstoffbrückenbindung 3. Die Tertiärstruktur, d.h. die vollständige Raumstruktur der DNA wird als eine Doppelhelix beschrieben. Neben dieser Grundform, die auch B-DNA genannte wird, sind aber auch solche bekannt, die Neigungen der Zucker in den Windungen aufweisen, diese werden als A-DNA bezeichnet. Von der DNA ist eine Z-Konformation bekannt, d.h. neben der im B-DNA Modell ausgewiesenen Rechtsdrehung der Schrauben gibt es auch die linksdrehende. Dies wird als Z-DNA bezeichnet. Der sogenannte Schmelzpunkt der DNA ist abhängig von der Basenzusammensetzung, z.B. hat eine GC-reiche DNA einen höheren Schmelzpunkt als die anderen, weil sie über drei Wasserstoffbrückenbindungen zwischen G und C verfügt. Erwärmt man DNA auf etwa 70 bis 90 .degree.C, so beobachtet man eine Aufspaltung der Struktur in Einzelstränge. Dabei ändern sich die physikalischen Eigenschaften. Man kann das Verhalten in der Wärme mit dem der kristallinen Strukturen vergleichen. Insofern können gespaltene DNA-Stränge auch wieder renaturiert werden. Nucleinsäuren, die über längere Strecken eine komplementäre Basensequenz besitzen, können sich zu Doppelschrauben zusammen lagern, die aus je einem Strang von jeder Nucleinsäure bestehen. Man bezeichnet dieses als Hybridisierung. DNA-Hybride haben zunehmend Bedeutung in der Gentechnologie und der Biotechnologie. Die größte Bedeutung hat die Strukturanalyse der DNA in der Bestimmung der DNA-Sequenzierung. Sie ermöglicht das Erkennen von Mutationen und kann pathobiochemische Mechanismen erklären. Sie gibt nicht nur Auskunft über proteincodierte Abschnitte, sondern auch über solche, die an der Regulation der Genexpression beteiligt sind und als Angriffsort für viele Signale wirken. Informationen zu Möglichkeiten der Strukturanalyse der DNA sind der weiterführenden fachwissenschaftlichen Literatur zu entnehmen. 45 Zusammenfassung Nucleinsäuren sind chemisch hochmolekulare Polynucleotide. Sie gelten als Schlüsselmoleküle für alle lebenden Strukturen. Sie enthalten die genetische Information. In allen Zellen ist die DNA die Gensubstanz. Die genetische Information in der DNA ist als Sequenz der Basen codiert. Nach dem Prinzip der Basenpaarung hat sie die Fähigkeit der Selbstinstruktion, d.h. sie ermöglicht die identische Replikation und die Weitergabe der genetischen Information an die Tochterzellen. Die genetische Information determiniert die Aminosäuresequenz von Proteinen. Sie ist die Basis für die Prozesse der Proteinbiosynthese. Mittlersubstanz ist die m-RNA. Die Nucleinsäuren bestehen aus den heterozyklischen Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin bzw. in der RNA das Uracil. Die Pentosen, Ribose und Desoxyribose, werden durch den Phosphatrest der Orthophosphorsäure verknüpft. Die in den Nucleinsäuren enthaltenen Purin- und Pyrimidin-Basen können in den Organismen aus kleinsten Bruchstücken aufgebaut werden. Der Abbau der Purin-Basen führt zur Harnsäure. Die DNA bildet Makromoleküle von sehr großer Länge. Durch die Wirkung von Restriktionsendonucleasen (Enzyme) kann sie sehr spezifisch gespalten werden. Dadurch ist eine Sequenzermittlung möglich, gleichzeitig können aber auch gentechnische Veränderungen in Organismen vorgenommen werden. Die Restriktionsendonucleasen fungieren dann als Genschere. Für die Raumstruktur der Nucleinsäuren wird die Doppelhelix diskutiert. Die Chromosomen der Eukaryo(n)ten bestehen aus DNA und Proteinen. Die Grundstruktur ist ein Nucleosom, das aus Histon und DNA aufgebaut ist. Die DNA von Eukaryo(n)ten enthält repetitive Sequenzen, zu denen auch die Gene für die r-RNA und T-RNA gehören. Die Prokaryo(n)ten haben eine ringförmig geschlossene DNA. Über die genetisch determinierte Proteinbiosynthese werden alle lebensnotwendigen Proteine synthetisiert. Das betrifft alle Enzyme, Vitamine, Hormone und Membranproteine. Die Nucleinsäuren spielen auch bei den nicht zellularen Strukturen wie Viren, Phagen, Prionen, Virionen etc. eine wichtige Rolle. Informationen dazu werden im Kapitel Viren gegeben. Spezifische Grundlagen und weiterführendes Wissen sind in der entsprechenden wissenschaftlichen Literatur zu erwerben. Ein völlig neuer Anwendungsbereich tut sich derzeit auf dem Gebiet des molekularen Designs auf. Hier fließen die Erkenntnisse aus der Informationstechnik und der Biochemie auf der Grundlage von genetischem Wissen zusammen. Dieser Bereich der Biotechnologie ist schon heute ein 46 Markt, der höher dotiert ist als die InformationsKommunikationstechnik – also der Markt der nahen Zukunft. und 1.8 Nucleinsäuresynthese und Expression der genetischen Information Replikation der DNA Die Informationsübertragung durch Nucleinsäuren ist getragen von der Replikation der DNA, die nach dem Prinzip der Selbstinstruktion erfolgt. Die Basensequenz in der DNA legt nach dem Prinzip der komplementären Basen die Sequenz der neu gebildeten DNA-Kette fest. Diese Art von Strukturen werden auch dissipative Strukturen genannt. Ihre Selbstorganisation beruht auf den Gesetzen der Thermodynamik. Die DNA-Replikation ist semikonservativ. Der DNA-Doppelstrang wird mit Hilfe einer Restruktionsendonuclease (Enzym) geöffnet, die Einzelstränge determinieren jeweils die komplemantären Basen. Durch fortlaufende Synthese entstehen neue DNA-Stränge, es liegt jeweils ein "alter" Strang und ein "neuer" Strang vor, d.h. ein Strang (der alte)ist konserviert und ein Strang (der neue) ist synthetisiert. Aufgrund der chemischen Konfiguration der Stränge kommt es dazu, daß die DNA nur in eine bevorzugte Richtung wachsen (replizieren) kann. Die so gebildeten Stränge werden mit Hilfe von Ligasen (Enzym) miteinander verknüpft. Die Replikation stellt ein sehr kompliziertes System aus Informationsübertragungslementen und chemisch und physikalisch bedingten Effekten dar. Die Replikationsprozesse sind bei den Prokaryo(n)ten derzeit sehr gut untersucht. Bakterien haben meistens nur ein Chromosom, welches als sogenanntes Nucleoid in der Bakterienzelle liegt. Dabei ist die DNA mit basischen Proteinen verknüpft, die den chromosomalen Proteinen der Eukaryo(n)ten chemisch ähnlich sind. Die gesamte Erbinformation ist in einem einzigen Nucleinsäuremolekül untergebracht. Das am besten untersuchte Bakterium ist das E. coli, welches z.B. eine Nucleinsäure mit etwa vier Milionen Basenpaaren hat und ringförmig in der Bakterienzelle liegt. Dabei folgt die ringförmige Anordnung energetischen Gesichtspunkten. Im Arbeitsblatt ist das Schema der DNA Replikation am Beispiel von E. coli dargestellt. 47 Die Replikation der DNA erfolgt bei Eukaryo(n)ten im Prinzip genauso. Unterschiede ergeben sich daraus, daß das Genom hier wesentlich größer ist und die DNA in den sogenannten Nucleosomen organisiert ist. Jedes Chromosom enthält ein Molekül DNA, stellt also eine genetische Einheit dar. Durch basische Proteine, die Histone, wird sie so "verpackt", daß die Einheiten so groß werden, daß sie mikroskopisch sichtbar werden. Ein mikroskopisch sichtbares Chromosom stellt immer ein Histon dar, das die DNA in irgendeiner Form implementiert (inhousing) hat. Neben den HistonProteinen gibt es die nicht Histon-Proteine, die ebenfalls mit der DNA vergesellschaftet sind. Solche Proteine sind z.B. Polymerasen, Regulationsproteine, Gerüstproteine etc. Sie haben alle eine relativ geringe Molekülmasse und werden deshalb als HMG-Proteine (high mobility group) zusammengefaßt. Die Replikation der DNA beginnt bei Eukaryo(n)ten an mehreren tausend Stellen der chomosomalen DNA gleichzeitig. Die Histon-Biosynthese erfolgt parallel zur DNA-Synthese. Die Nucleosomen aus neugebildeten und alten (konservierten) Histonen werden auf die beiden DNA-Stränge verteilt. Die Zellteilung von Eukaryo(n)ten erfolgt meist mitotisch. Auf die Zeitspanne der Mitose folgt eine, in der keine DNA synthetisiert wird. Danach folgt eine Zeitspanne, in der die gesamte DNA der Zelle repliziert wird, der wiederum eine Phase folgt, in der keine DNA repliziert wird. Die Zeitspannen der "Ruhe" werden als Lücken (engl. gap) bezeichnet, deshalb spricht man auch von G-Phasen. Die Zeitspannen der Replikation werden als S-Phasen bezeichnet ( S von Synthese). Transkription - Biosynthese der RNA Die Synthese der RNA erfolgt in der Zelle ebenfalls nach dem Prinzip der komplementären Basen. Die RNA enthält als komplementäre Base Uracil. Da hierbei die Information der DNA in die Zeichen (Basenfolge) der RNA umgeschrieben (transkriptiert) wird, bezeichnet man diesen Vorgang als Transkription. Der Prozeß der Transkription verläuft in drei Abschnitten, Initiation, Elongation und Termination. Bei Eukaryo(n)ten schließt sich häufig noch eine sogenannte Reifung (Prozessierung) an. Die Transkription erfolgt durch Enzyme, die DNA-abhängigen RNAPolymerasen. Die Initiation erfolgt immer an AT-reichen (A=Adenin,T=Thymin) Abschnitten der DNA. Dieser Bereich wird Promotor genannt. Bei der Elongation wird nur ein Strang, der codogene Strang (Exon), kopiert. Die Termination ist das Ende der Biosynthese, das bestimmt wird durch einen bestimmten Code auf der DNA. Die RNA-Transkription benötigt als Substrat die vier Nucleotide (Nucleosidtriphosphate) und die doppelsträngige DNA als Matrize. 48 Die Transkription der RNA unterscheidet sich bei Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten in vielen Einzelheiten, was mit dem Differenziertheitsgrad der zellularen Strukturen zusammenhängt. Es werden ribosomale- (r-RNA), messenger- (m-RNA) und transfer-RNA (tRNA) entsprechend ihrer Funktion unterschieden. Telegramm Bei der Transkription wirken eine Reihe von Enzymen mit. Solche Enzyme können in ihrer Wirkung gehemmt werden. Die Hemmung bewirkt, das der Transkriptionprozess behindert, fehlerhaft oder gar nicht abläuft. In alle Regel führt das zu pathogenen Erscheinungen. Durch das .alpha.-Amanitin, dem Giftstoff des grünen Knollenblätterpilzes, wird z.B. eine Polymerase gehemmt, die die t-RNA hemmt. Die t-RNA trägt, ähnlich wie die Coenzyme, Aminosäuren in energiereicher Bindung und "übersetzt" die Sprache der Basenpaarung in die Sprache der Aminosäure, z.B. Basenpaarung UGC (Uracil, Guanin,Cytosin) ergibt die Aminosäure Cystein. Wird sie gehemmt, findet dieser Vorgang nicht statt, was sich durch Vergiftungserscheinungen nach Genuß eines Grünen Knollenblätterpilzes bemerkbar macht. Das .alpha.-Aminitin ist für Mitteleuropäer tödlich giftig. Das primäre Transkript, das durch die zuerst angreifende Polymerase entsteht, ist eine RNA, die aus 45 Segmenten besteht, die durch verschiedene Nucleasen gespalten wird. Die so entstandenen Einzelstücke liegen dann in den Ribosomen vor. Diese RNA wird r-RNA genannt. Sie ist für die ribosomale Verknüpfung von Aminosäuren und kurzkettigen Peptiden verantwortlich. Die Strukturgene werden von der Poymerase, die sekundär angreift, transskribiert. Das Transkriptionsprodukt ist eine hocholekulare RNA, die als m-RNA bezeichnet wird. Bei dieser Art der RNA gibt es Vorstufen, die noch keine fortlaufenden codiereden Sequenzen aufweisen. Vielmehr sind Stücke von nicht übersetzbaren Basensequenzen in unterschiedlicher Reihenfolge und Abfolge vorhanden. Man bezeichnet die nicht codierenden Abschnitte als Introns, die codierenden als Exons. Die Introns werden im Zuge der "Reifung" der DNA herausgelöst und die codierenden in der entsprechenden Reihenfolge verknüpft. Die so entstandene RNA trägt die exakte Information. 49 Regulation der Genexpression Die Transkription der Strukturgene wird als Genexpression bezeichnet. Die Regulation dieses Vorganges ist aus mehreren Gründen von Bedeutung. Erstens ist der Prozeß der Transkription sehr energieaufwendig und bedarf aus diesem Grund schon einer Regulation und zweitens kann durch die verstärkte oder verminderte Synthese von Enzymen der Stoffwechsel gesteigert bzw. erniedrigt werden, was erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtorganismus hat. Drittens sind bei höher differenzierten Organismen sehr viele Merkmale genetisch determiniert. Die Transkriptionskontrolle erfolgt bei Prokaryo(n)ten anders als bei Eukaryo(n)ten. Sie ist bei letzteren sehr viel aufwendiger. Eine zentrale Rolle spielt aber in beiden Fällen das Operon, das einem Operator vergleichbar ist. Es beginnt mit dem Operatorabschnitt, auf dem die Promotorsequenz liegt. Das Operon ist verantwortlich für den gesamten Einlese- und Abbruchprozeß der Proteinbiosynthese. Von besonderer Bedeutung sind die Hemmstoffe für die Nucleinsäure- und Proteinbiosynthese. Zu diesen Hemmstoffen gehören auch die Antibiotica. Translation - Proteinbiosynthese Das Problem der Biosynthese von Proteinen läßt sich in zwei große Problemfelder einteilen. Das erste umfaßt die energetischen Bedingungen, unter denen die Verknüpfung von Aminosäuren ablaufen kann und das zweite besteht darin zu kären, wie wird abgesichert, welche Aminosäuresequenz synthetisiert wird, um zu Peptiden zu kommen. Die Bildung von Aminosäure-Derivaten mit hohem Gruppenübetragungspotential dient der Aktivierung der zu verknüpfenden Aminosäuren. Diese Aminosäuren werden dann auf ein Hilfsmolekül übertagen, der t-RNA, welche die Aminosäure in energiereicher Bindung trägt und diese entsprechend ihrer Nucleotidfolge, die mit der der m-RNA korrespondiert, vermittelt. Sie übersetzt also die "Basensprache" in die "Aminosäuresprache". Aminoacyl-t-RNA-Synthetasen (Enzyme) katalysieren die Beladung der t-RNA. Sie sind von hoher Spezifikation. Durch die Transkription von der DNA auf die m-RNA und die Übersetzung der "Basensprache" in die "Aminosäuresprache" durch die t-RNA ist dann eine Verknüpfung der Aminosäuren zu Peptiden möglich. Die Basensequenz der m-RNA wird entsprechend dem Codon (Basentriplett) in die Aminosäuresequenz der Peptidkette übersetzt. 50 Die Schlüsselmoleküle dafür sind die t-RNA (t von translation = übersetzen). In diesem Zusammenhang spielen die Ribosomen eine entscheidende Rolle. Sie stellen sozusagen die Vermittlungsstätte für die Verknüpfung der Aminosäuren entsprechend der Codierung dar. Ribosomen sind submikroskopische Partikel, die sowohl in Prokaryo(n)ten als auch in Eukaryo(n)ten vorkommen. Wenn Ribosomen an einem m-RNA-Strang angehängt sind, spricht man von Polysomen. Solche die am endoplasmatischen Reticulum lokalisiert sind, synthetisieren Glykoproteine oder Sekretproteine, die anderen liegen frei im Zellplasma. Ribosomen können als sehr große Multi-Enzymkomplexe aufgefaßt werden. Die Initiation der Proteinbiosynthese erfolgt über den Startcodon. Der Startcodon ist mit großer Wahrscheinlichkeit für die unterschiedlichen Spezies auch unterschiedlich. Auch hier ist das E.coli das am besten untersuchte Bakterium. Der Initiation folgt die Elongation (Kettenverlängerung), bei der sich das Ribosom entlang der m-RNA bewegt. Man kann diesen Vorgang mit Verweben bezeichnen. Die Knüpfung der Peptidbindung erfordert keine zusätzliche Energie. Der Abbruch der Verknüpfung wird als Termination bezeichnet. Sie beruht auf einem Stopcodon. Alle drei Vorgänge oder Prozeßabschnitte verlaufen bei den Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten unterschiedlich. Für diese Synthesen spielt auch der in den Zellen liegende Golgi-Apparat eine bedeutende Rolle, z.B bei der Synthese der Membranproteine. Weiterführende Informationen sind der wissenschaftlichen Literatur zu entnehmen. 2. 2.1 Zellulare Strukturen Aufbau und Funktion der Zelle Biochemische Prozesse laufen innerhalb von zellularen Strukturen unterschiedlichen Differenziertheitsgrades, in oder an dissipativen Strukturen oder auch in biotechnolgischen Systemen ab. Die Zelle ist die kleinste räumlich abgeschlossene Einheit eines biologischen Systems, in dem alle Funktionen, die dem Leben der Zelle dienen, ablaufen. Die Zelle ist ein Informations- und Stoffaustauschsystem gleichermaßen. Sie nimmt Informationen auf, verarbeitet diese und gibt Informationen ab. 51 Die Komplexheit dieses Informationsverarbeitungsprozesses ist nur verständlich, wenn die grundlegenden biochemischen Reaktionen verständlich werden. Der Informationsaustausch ist eng an den Stoffaustausch gebunden. Um diese gewaltigen Aufgaben zu meistern, sind die Zellen mit einer umfangreichen Anzahl von Stoff- und Energieaustauschzentren, die unterschiedlich groß und verschieden strukturiert sind, versehen. Sie sind aber auch determiniert dadurch, in welcher Art und Weise die notwendigen Prozesse des Stoff- und Energieaustausches erfolgen. Zellen, die befähigt sind zu einem autotrophen Stoffwechsel haben andere Prozeßzentren als Zellen, die heterotroph sind. Zellen unterscheiden auch in Hinblick auf ihren Differenziertheitsgrad. Es gibt Zellen, in denen sämtliche lebenserhaltenden und lebensvermehrenden Prozesse ablaufen und solche, die so stark spezialisiert sind, daß sie einen ganz spezifischen Prozeß mit größter Präzision ausführen können, aber alle anderen Prozesse nicht. Dabei wird schon deutlich, daß die letzteren nur in einem Zellverbund existieren können und der Zellverbund durch sie. Klassifiziert man zellulare Strukturen nach ihrem Ordnungsgrad, unterscheidet man in Einzeller, Zellhaufen, Zellverbunde und einfache Mehrzeller bis hin zu hochdifferenzierten Organismen. Die Klassifizierung der Mehrzeller erfolgt nach Gesichtspunkten der biologischen Wissenschaften, z.B. nach der Art der Fortpflanzung oder nach der Art der Nahrungsaufnahme, der Morphologie oder auch der Art des Gebärens. Alle diese bestehenden Systeme hängen eng mit der historischen Entwicklung der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweisen durch die Menschen zusammen. Vergleicht man sie miteinander, kann man leicht feststellen, daß die Systeme der Einteilungen nicht unbedingt gleich sind. Besonders erschwerend kommt noch dazu, daß durch die historisch bedingte Vielzahl von Betrachtungsweisen eine Vereinheitlichung der Systematik unmöglich ist, und so einzelne Fachwissenschaften ihre spezifische Systematik pflegen. Interdisziplinäre Betrachtungsweisen sind häufig nur in Spuren vorhanden oder geeignet, einfache überschauliche Systematiken zu komplizieren. Grundsätzlich wird aber unterschieden in Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten, dabei ist es unerheblich, ob es sich zum Beispiel um eine prokaryotische Zelle, die zum heterotrophen Stoffwechsel befähigt ist oder zum autotrophen, handelt, oder ob die eukaryotische Zelle als Einzeller oder als Mehrzeller in mehr oder weniger geordneten Konfigurationen existiert und dabei entweder heterotroph oder autotroph lebt. Prokaryo(n)te und Eukaryo(n)ten haben ihre Bezeichnung von der Art und Weise der Ausbildung (Differenziertheit) der Zellkerne ihrer Zelle oder ihrer Zellen. Eine prokaryotische Zelle ist dadurch charakterisiert, daß ihre Erbinformation, die DNA, als Molekülstrang uneingekapselt im Zellplasma liegt. Sie haben keinen Zellkern. Eine eukaryotische Zelle dagegen hat einen mehr oder weniger abgeschlossenen Raum, in dem sich die DNA befindet, den Zellkern. Die 52 DNA wird von einer semipermeablen Membran umhüllt und liegt eingebettet im Kernplasma. Der Aufbau der Kernmembran ist in den einzelnen Zellen sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen, daß sie Poren aufweisen, die den Stoff- und Informationsaustausch gewährleisten. Prokaryotische und eukaryotische Zellen sind auch dadurch gekennzeichnet, daß die Vorgänge der Übertragung der genetischen Information über Replikation, Genexpression und Proteinbiosynthese zwar grundlegend den gleichen Mechanismen gehorchen, sich aber unterschiedlich gestalten. Unter diesen Gesichtspunkten soll versucht werden, zellulare Strukturen in ihrer Gemeinsamkeit und in ihren Unterschieden zu beschreiben. Allgemeine Beschreibung der Zellen Definition: Die Zelle ist die kleinste noch selbständig lebensfähige morphologische Einheit, die mit allen Fähigkeiten des Lebens ausgestattet ist. Alle Lebewesen sind aus Zellen aufgebaut. Ausnahmen sind Viren, Viroiden, Prionen, Virionen, die eine Sonderstellung einnehmen. Einzelne Zellen leben auch im vielzelligen Organismus relativ selbständig. Aus einem Verband herausgelöste Zellen können in gegeigneter Nährlösung weiterleben und sich vermehren. Aus isolierten Zellen können wieder ganze Organismen entstehen; z.B. aus Mesophylzellen, Wurzelparenchymzellen oder Pollenkörpern ganze Pflanzen. Eines ist aber allen gleich, jede einzelne Zelle eines vielfältig differenzierten Organismus verfügt über die gesamte genetische Information des gesamten Organismus. Die Grundeigenschaften der Zelle sind: • die Zelle steht mit der Umgebung im Stoff- und Energieaustausch • sie kann auf Änderungen der Umgebung sinnvoll reagieren → ist reizbar • sie ist vermehrungsfähig • Teile von Zellen können außerhalb der Zelle Teilfunktionen wahrnehmen • sie erfüllt Funktionen, die nur lebender Substanz zugeordnet werden können, die nur in elementarer Funktionseinheit der Zelle wahrnehmbar sind • charakteristische Eigenschaften der Zelle sind Stoffwechsel, Wachstum, Vermehrung • Zellen können nur aus Zellen hervorgehen • Zellen weisen verschiedenste Differenzierungsformen auf (bereits einzellige Lebewesen verfügen über vielfältige physiologische und morphologische Abwandlungen) • vielzellige Organismen sind hochdifferenziert (die Zellen dienen u.a. als Leitelemente, Nervenzellen, Epidermen, Drüsenzelle, Blutzelle usw.) 53 Es gibt verschiedene Zellarten, die sich stark unterscheiden in Größe, Form und Funktion. In höher differenzierten Organismen gibt es hochspezialisierte Zellen, die in Form von Geweben und Organen zusammen wirken. Die grundsätzlichen strukturellen Eigenschaften sind bei Zellen sehr ähnlich. Zellen sind in sich abgeschlossen und eigenständig, sie werden von einer Zellmembran oder Zellwand umschlossen, die Stoff- und Energieaustausch gewährleisten. Darüber hinaus verfügen Zellen über eine Plasmamembran oder Cytoplasmamembran,die selektiv permeabel ist, d.h. Nährstoffe und Salze können in die Zelle, Abfallstoffe aus der Zelle heraus diffundieren. In der Zelle befindet sich das Zellplasma oder auch Cytoplasma. Hier laufen die enzymkatalysierte Reaktionen des Stoffwechsels ab, die die Nutzung chemischer Energie zur Aufrechterhaltung der Struktur, zur Fortbewegung und Kontraktion gewährleisten. Das Cytoplasma enthält Ribosomen, an denen die Proteinsynthese erfolgt. Der Zellkern dient der Replikation des genetischen Materials und der Speicherung der genetischen Information in Form der DNA. Zellen sind sehr klein. Bakterienzellen liegen bei 2 µm; Zellen höherer Tiere liegen bei bei 20-30 µm (1µm=1000 nm). Die Größe der Zellen ist begrenzt. Sie müssen wenigstens so groß sein, daß die Bausteinmoleküle, die durch die Größe der sie aufbauenden Atome bestimmt ist, aufgenommen werden können. Außerdem müssen die durch Diffusion eintretenden, in wäßrigen Lösungen vorliegenden, Stoffe aufgenommen werden können. Auf diese Art und Weise entstehen größere Zellen. Eine Erleichterung der Wechselwirkung zwischen spezifischen Molekülen wird durch Organellen geschafft. Außerdem spielt das Verhältnis von Oberfläche und Volumen eine bedeutende Rolle. Um einen guten Nährstofftransport zu gewährleisten sollte dies möglichst groß sein. Die Unterteilung der Zellen erfolgt in Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten (abgeleitet von Karyon (griech.)= Kern oder Nuß → Zellkern; Prokaryont → vor dem Kern; Eukaryont → mit Zellkern) Prokaryonten: Sind einfachste, sehr kleine Zellen;die einen einzelligen Organismus darstellen (Bakterien). Man geht davon aus, dass es die ersten Zellen in der Evolution (über 3 Miliarden Jahre) waren. Ihr genetisches Material ist im Nucleoid lokalisiert, der nicht durch eine Membran vom Zelleplasma abgegrenzt ist. Eukaryonten: Sie sind größer und komplexer als die Prokaryo(n)ten und durch große Variabilität und Differenziertheit gekennzeichnet. Sie stellen das Zellmaterial in Tieren und Pflanzen dar. Sie sind etwa 1 Milliarde Jahre nach den Eukaryonten entstanden. Sie besitzen einen hochentwickelten komplexen Zellkern, der von einer Zellkern-Membran umgeben wird. 54 Prokaryonten Die Prokaryonten umfassen ca. 3000 Spezies von Bakterien inkl. der Blaugrünalgen. Die Cyanobakterien sind die einzige Bakterienklasse mit sauerstoffbildendem, photosynthetisierendem System. Die meisten Bakterien sind nicht photosynthesefähig. Sie gewinnen ihre Energie aus dem Abbau von Nährstoffen aus der Umgebung. Sie umfassen mehr als 20 Klassen von Bakterien. Die Klassifizierung und Benennung erfolgt nach Form (Morphologie), Anfärbbarkeit mit bestimmten Farbstoffen (Gram-Färbung), bevorzugten Nährstoffen, Bewegungsfähigkeit oder nach den von ihnen hergestellten Produkten. Einige sind pathogen, viele sind nützlich und werden als Leistungsmikroorganismen in der Biotechnologie genutzt. ¾ der Biomasse besteht aus Mikroorganismen, von denen die meisten Prokaryonten sind Bakterien spielen eine wichtige Rolle beim biologischen Austausch auf der Erde. Telegramm Photosynthese → Energie und Kohlenhydrate; Stickstoffkreislauf → N2-Bindung aus der Atmosphäre und Synthese stickstoffhaltiger Verbindungen ⇒ Anfang der Nahrungskette; Sind aber auch Endverbraucher → Zersetzung organischer Substanz und Abgabe der Endprodukte an die Atmosphäre, dieErde und das Meer → Wiedereingliederung der Stoffe in den biologischen Kreislauf Aufgrund ihrer Einfachheit lassen sie sich leicht züchten und werden deshalb zunehmend zu biologischen und biochemischen Forschungobjekten. Ihre Vermehrung erfogt ungeschlechtlich, d.h. sie wachsen bis zum Erreichen ihrer doppelten Größe heran, danach erfolgt die Teilung in zwei identische Tochterzellen (Mitose). Prokaryonten haben nur ein Chromosom (doppelsträngige DNA), in dem sich Mutationen leicht induzieren lassen. Sie haben einen wichtigen Beitrag zum Verständnis fundamentaler molekularer Vorgänge bei der Übertragung der genetischen Information geleistet. Aufbau: Am Beispiel des Darmbakterium Escherichia coli wird kurz der Aufbau einer prokaryontischen Zelle beschrieben. Sie besitzen eine Zellwand, deren Innenseite mit einer Membran ausgekleidet ist. Von dieser Membran werden das Cytoplasma und der Nucleoid, der eine doppelsträngige DNA als endlose Schleife, die oft als Ring ausgebildet ist, umschlossen. 55 • DNA ist etwa 1000 mal so lang wie Zelle selbst → enge Faltung • im Cytoplasma liegen außerdem kleine Segmente von DNA, die Plasmide • Die Zellwand ist von schleimiger Substanz mit kurzen haarähnlichen Strukturen, den Pili, umgeben. Die Funktion der Pili ist noch ungeklärt • einige bewegungsfähige Bakterien besitzen eine oder mehrere Geißel(n), die an der Innenseite der Bakterienmembran mit getriebeähnlicher Struktur befestigt sind • Die Zellmembran stellt eine dünne Doppelschicht aus Lipidmolekülen mit eingelagerten Proteinen dar. Sie ist selektiv permeabel für Proteine, die Nährstoffe in die Zelle und Abfallstoffe heraus transportieren können. Außerdem passieren elektronentransportierende Proteine, die Energie aus der Umwandlung von Nahrungsstoffen in ATP umwandeln können, diese Membran. • In der inneren Membran sind photosynthesefähige Proteine enthalten wie z.B. Chlorophyll und andere Pigmente • Im Cytoplasma liegen körnige Strukturen. Am auffallendsten sind die Ribosomen, die die RNA und Proteine enthalten, die verantwortlich für die Synthese der Zellproteine sind. Häufig liegen diese Strukturen in Gruppen vor, den Polyribosomen oder Polysomen. • In den Granula findet man Nährstoffe in Form von Kohlenhydraten oder Fett. • Das Cytosol ist die wäßrige Phase des Cytoplasma. In ihm liegen die Enzyme in gelöster Form vor. Man findet aber auch Bausteinmoleküle und anorganische Salze. • Die Zellen sind von Arbeitsteilung gekennzeichnet. Während die: Zellwand als äußere Begrenzung hauptsächlich Schutzfunktion hat, dient die Zellmembran dem Nährstoff- und Abfalltransport sowie der Energieerzeugung in Form von ATP. • Das Cytoplasma ist der Ort, an dem die enzymkatalysierten Reaktionen der Synthese von Zellbestandteilen stattfinden. In den Ribosomen erfolgt die Proteinbiosynthese. • Der Nucleolid dient der Speicherung und der Übertragung der genetischen Information 56 • Prokaryontische Zellen verfügen über primitive Sinnessysteme, d.h. sie können sich zu Nährstoffen hin und von toxischen Substanzen weg bewegen (Chemotaxis) Einige haben die Tendenz zur Zusammenlagerung, was den : Anschein primitiver multizellulärer Organismen erweckt. (echte Organismen bestehen immer aus Eukaryontenzellen) Eukaryonten Eukaryonten sind viel größer als Prokaryonten. Z.B. Hepatozyten (Hauptzelltyp der Säugetierleber) haben einen ∅ von 20-30 µm; ihr Zellvolumen ist 1000-10.000mal größer als das von Prokaryonten. Einige sind sehr groß. So ist das Ei vom Huhn, dessen Volumen fast vollständig von Nährstoffen für den Embryo eingenommen ist, eine sehr große Zelle. Motorische Zellen sind in aller Regel sehr lang. Z.B. die Zellen des Nervensystems vom Menschen sind bis zu ca. 1m lang. Charakteristisch für Eukaroynten ist, daß sie einen gut entwickelten Zellkern besitzen, der von einer doppelten Membran umgeben wird und eine komplexe innere Struktur aufweist. Sie vermehren sich durch ungeschlechtliche Teilung, durch Mitose Keimzellen können außerdem durch komplexe Konjugation zum Genaustausch führen. Weitere membranumschlossenen Organellen sind die Mitochondrien, das endoplasmatisches Reticulum und der Golgi-Apparat. Sie haben spezifische Stoffwechselaufgaben. Eukaryonten weisen eine stärker entwickelte Arbeitsteilung der inneren Strukturen als Prokaryonten auf. EukaryotischeZellen sind die Zellen von Tieren und Pflanzen, von Pilzen und Einzellern wie Protozoen, Kieselalgen, Euglena, Hefen und Schleimpilzen. Sie verfügen über größere Menge an genetischem Material. Infolge der Chromosomen-Konjugationen, die einen Genaustausch bewirken, entsteht ein breites Spektrum an Spezialisierungen und Differenzierungen. Millionen verschiedener Spezies entstehen. Prokaryonten sind sehr viel toleranter gegenüber Veränderungen der Umgebung und realisieren ihre Reproduktion in größerer Anzahl, so daß sie ein besseres Überlebensvermögen haben. 1. Zellkern In der Regel besitzen Zellen einen, mitunter aber auch mehrere Zellkerne. Kernlose Zellen sind sehr kurzlebig, z.B. Siebröhren in Pflanzen. Der Zellkern enthält fast gesamte DANN, die von der Kernmembran umgeben ist, die aus zwei Membranen besteht, die durch dünne Spalte getrennt sind. Kernmembran wird vom endoplasmatischen Reticulum gebildet und bleibt mit ihm in Verbindung. Sie stellt auch die Verbindung zum Kern benachbarter Zellenher. Die Membranen sind in bestimmten Abständen verschmolzen. Die so entstehenden Öffnungen nennt man Kernporen, durch die der Stoffaustausch realisiert wird. 57 Im Zellkern liegt der Nucleolus, welcher reich an RNA ist. Im zellkern liegt das Chromatin (entspiralisierte Chromosomen). Der Name leitet sich von der charakteristische Anfärbbarkeit ab. Nucleolus und Chromatin nennt man auch das Karyoplasma. Kurz vor Zellteilung kommt es zu einer charakteristischen Anordnung des Chromatins. Die Zahl der Chromosomen ist für jede eukaryontische Spezies charakteristisch. Während der Mitose kommt es zur Verdopplung der Chromosomen, zur Trennung der Tochterchromosomen und damit zur Weitergabe der genetischen Information an die Tochterzellen, in denen dann wieder die Verteilung des Chromatins erfolgt. Im Vergleich zu den Nukleoiden der Prokaryonten weist es eine komplexe Struktur und komplexe biologische Aktivität auf. 2. Mitochondrien Größe, Anzahl, Form und Lage sind je nach Zellart sehr verschieden. (Leberzelle der Ratte:1000 mit ∅ 1µm wie Bakterienzelle; Hefezellen: sehr wenige; Eizellen: viele tausend) Mitochondrien sind z.T. hochgradig verzweigt und verästeln sich über den großen Bereich des Cytoplasmas. Sie bestehen aus zwei Membransystemen. Die äußere Membran ist glatt und umgibt das Mitochondrium vollständig. Die innere Membran ist gekennzeichnet durch Einfaltungen, den Cristae, die unterschiedlich ausgebildet sind (in Leberzellen wenige, in Herzzellen zahlreiche, parallel zueinander angeordnete). Der Innenraum ist mit einer gelartiger Matrix gefüllt. Sie sind die Kraftwerke der Zelle. Sie enthalten viele Enzyme, die die Oxidation organischer Nährstoffe durch O2 zu CO2 und H2 O katalysieren. Die Enzyme sind in der Matrix oder der inneren Membran gelöst. Während der Oxidation freigesetzte chemische Enrgie wird durch Umwandlung in ATP zwischengespeichert (Übertragermolekül). Das erzeugte ATP verteilt sich in der Zelle und dient der Nutzung zur Zellarbeit. Mitochondrien enthalten geringe Mengen an DNA, RNA und Ribosomen. In den Mitochondrien erfolgt die Kodierung der Synthese spezifischer Proteine der inneren Membran. Telegramm Die Theorie zur Entstehung der Mitochondrien postuliert, daß in das Cytoplasma größerer anaerober Prokaryontenzellen kleinere eingedrungen sind, die zur Nährstoffoxidation mit O2 fähig waren Diese eingedrungene Bakterienwaren die Parasiten in der Wirtszelle. Mit fortschreitender Evolution entstand daraus die Entwicklung einer symbiotischen Beziehung, d.h.ein Leben zum beiderseitigen Vorteil. Heute ist bekannt, daß sich Mitochondrien während der Zellteilung selbst teilen. Die mitochondriale DNA und mitochondriale Ribosomen 58 könnten Nachfahren der DNA und Ribosomen der eingdrungenen Bakterien sein 3. endoplasmatisches Reticulum (ER) Es stellt ein komplexes dreidimensionales Labyrinth von Membrankanälchen mit vielen Falten und Windungen dar, und durchzieht als lockeres oder dichtes, mehr oder weniger geordnetes System, große Teile der Zelle. Größe und Form sind vom Entwicklungszustand und vom Stoffwechsel abhängig. Räume, die sich innerhalb des ER befinden, werden Cisternae genannt. Sie dienen zum Transport von Produkten durch die Zelle aber auch aus der Zelle heraus. In manchen Zellen dienen die Cisternae als Speicherräume. Das ER stellt die Verbindung zur Plasmamembran und zum perinucleären Raum bzw. zum Extrazellularraum dar. Man unterscheidet in zwei Arten, in glattes und rauhes ER. Beide stehen miteinander in Verbindun. Im rauhen ER ist die äußere Fläche mit Ribosomen besetzt (lockere Assoziation). Das glattes ER ist ohne Ribosomen. Es besteht aus röhrenartigen Elementen. Die Ribosomen des rauhen ER sind an der Biosynthese von Proteinen beteiligt, die aus der Zelle ausgeschleust werden sollen. Die in den membrangebundenen Ribosomen synthetisierten Proteine werden durch die Membran der Cisternae ausgeschleust, so dass sie in die Extrazellulärräume gelangen Das ER spielt auch eine Rolle bei der Lipidsynthese und der Synthese von Steroidhormonen. Es hat in verschiedenen Zellarten verschiedene Funktionen. Z.B in den Skelettmuskelzellen ist es verantwortlich für die Kontraktionsfähigkeit, die durch Ca2+ beeinflußt wird, wobei wird durch eine Wiederaufnahme von Ca2+ der Erschlaffungsprozess begünstigt wird. 4. Golgi-Apparat, Dictyosomen Dieser Zellbestandteil ist nach seinem Entdecker Camillo Golgi, einem italienischen Cytologen, benannt. Die Gesamtheit der Dictyosomen beträgt im Schnitt pro Zelle 20, in den Drüsenzellen findet man bis zu mehreren Tausend. In verschiedenen Zellarten liegen verschiedene Formen, die in charakteristischer Anordnung, z.B als Stapel abgeflachter Bläschen, die jeweils von einer Membran umschlossen sind, vor. Der Golgi-Apparat nimmt teil an den Vorgängen des Membranflusses und den Wechselwirkungen mit anderen Biomembranen. Am Rande der Bläschen liegen kleinere Bläschen, die von größeren abgetrennt sind. Sie enthalten Zellprodukte, deren stoffliche Zusammensetzung nicht genau bekannt ist, u.a. Polysaccharide, Mucopolysaccharide, Glykoproteine, die zu Pektinbausteinen, Hemizellulosen oder sauren Polysacchariden umgewandelt und in Sekretionsbläschen (Golgi-Vesikel) verpackt werden und sich zur äußeren Membran der Zelle bewegen und mit ihr verschmelzen. Durch Öffnung des fusionierten Teils erfolgt eine Abgabe 59 des Inhalts nach außen (Exocytose). So werden zum Beispiel Bausteinmoleküle für den Aufbau der Zellwandbestanteile ausgeschleust. 5. Lysosomen Lysosomen sind membranumgebene kugelförmige Bläschen im Cytoplasma. Sie sind von unterschiedliche Größe, aber nicht größer als Mitochondrien. Sie beinhalten Enzyme zum hydrolytischen Abbau von überflüssigen Zellproteinen, Polysacchariden und Lipiden. Da Enzyme für den Rest der Zelle schädlich sind, kommt es zur Absonderung solcher Stoffe, die selektiv in die Lysosomen gebracht und abgebaut werden, um dann ins Cytoplasma zurückgebracht zu werden. 6. Peroxisomen Peroxisomen sind membranumgebene Organellen im Cytoplasma. Sie werden auch auch Microbodies genannt. Sie sind etwas größer als Lysosomen, haben eine einfache Membran und enthalten viel Protein in kristalliner Form. Sie enthalten Enzyme, die Wasserstoffperoxid bilden und Katalase, die es abbaut. 7. Mikrofilamente Man unterscheidet in verschiedene Mikrofilamente. Actinfilamente bilden ein loses Netz unterhalb der Zellmembran. Sie sind an der Erzeugung von mechanischer Spannungen, z.B. Muskelkontraktionen, Faltung und Streckung der Zellmembran, Bewegung von Strukturen innerhalb der Zelle, beteiligt. Myosinfilamente sind dicker als Actinfilamente. Sie sind Hauptbestandteile des kontraktilen Systems der Skelettmuskeln. Sie wirken oft zusammen mit Actinfilamenten und dünnen Filamenten. Sie sind an der Zellmembran befestigt. Actin- und Myosinfilamente sind an verschiedenen Arten von zellulären oder intrazellulären Bewegungen beteiligt. Neben diesen beiden Filamentarten gibt es noch eine dritte Art von Filamenten, deren ∅ bei ca.10nm liegen. Sie werden in verschiedenen Zellen unterschiedlich bezeichnet. 8. Mikrotubuli Mikrotubuli liegen in vielen Zellen vor. Besonders in den langen Nervenzellen der Tiere findet man sie. Sie haben einen ∅ von ca. 25 nm. Jede Faser besteht aus 13 Strängen Proteinmolekülen, die um einen leeren Raum dicht angeordnet sind. In Nervenzellen dient das Bündel dem Materialtransport vom Zellkörper zum Zellende. Sie weisen eine Vielzahl 60 von Funktionen auf. Unter anderem spielen sie eine Rolle bei der Ausbildung der mitotischen Spindel und bei der Ausbildung von beweglichen Einheiten bei eukaryontischen Cilien oder Geißeln. 9. Cytoskelett Das Cytoskelett ist ein flexibles Gerüst, welches von Mikrofilamenten gebildet wird und in dem Mikrotubuli und mikrotrabekulare Geflechte sichtbar werden, die im Elektronenmikroskop mit hohem Auflösungsvermögen entdeckt worden sind und als dünne verschlungene Filamente, deren chemische Zusammensetzung unbekannt ist, vorliegen, aber höchstwahrscheinlich Proteine enthält; wird derzeit eingehend untersucht. Das Cytoskelett gibt den Zellen die charakteristische Gestalt bzw. Form. Es stellt die Befestigungspunkte für Organellen und andere Strukturen und deren Fixierung dar. Es ermöglicht auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Teilen der Zelle. Es ist kein festes, statisches Gerüst, sondern eine dynamische, sich verändernde Struktur (Mikrotubuli z.B. unterliegen einem ständigen Auf- und Abbau) 10. Cilien und Geißeln Cilien und Geißeln sind bewegliche Strukturen bzw. Fortsätze von einzelligen Eukaryonten und bestimmten tierischen Gewebszellen. Es gibt eine deutliche Unterscheidung von prokaryontischen Geißeln (dünn, aus einzelnem Protein). Eukaryontische Geißeln sind von dicker komplexer Struktur und können auf der gesamten Länge Bewegung erzeugen. Diese Fortsätze stellen neun Paare von Mikrotubuli, die um 2 Paare von Zentraltubuli angeordnet sind dar, die mit Zellmembran umhüllt sind. Cilien dienen der Bewegung von Material an der Zelle vorbei. Sie sind ca.10 µm lang. Geißeln dienen der Fortbewegung der Zelle und sind bis zu bis 200 µm lang. Die Bewegung wird hervorgerufen durch ein Gegeneinanderbewegen der Mikrotubuli, was Energie in Form von ATP erfordert. 11. Granula Granula sind nicht von Membran umgeben. Sie kommen in unterschiedlichen Formen vor und erfüllen auch unterschiedliche Funktionen. Zu den Granula gehören unter anderem auch die Ribosomen, die entweder frei im Cytoplasma oder an das ER gebunden vorkommen. Die Ribosomen sind in Eukaryonten größer als in Prokaryonten, aber haben die gleiche Funktion - Synthese von Proteinen -. Neben den Ribosomen kommen auch Glykogengranula (Brennstoffreserve in Leber- oder Muskelzellen) oder Fett-Tröpfchen vor. 61 12. Cytoso Das Cytosol stellt die wäßrige Phase des Cytoplasma dar, in dem Organellen, Ribosomen und granuläre Elemente schwimmen. Es ist von komplexer Zusammensetzung und gelartiger Konsistenz. In ihm sind Enzyme, Enzymsysteme, Proteine, Nährstoffe, Spurenelemente und O2 binden Moleküle, viele Arten von Biomolekülen, Metaboliten, Coenzymen, ATP und ADP sowie Elektrolyte. Die Konzentration bzw. das Konzentrationsverhältnis der Bestandteile werden durch das Zusammenwirken der Transportsysteme konstant gehalten. Das Oberflächen Volumenverhältnis bestimmt beim Stoffwechsel die Diffussionsgeschwindigkeit der Nährstoffe und des Sauerstoffs. 1. Eukaryonten haben geringere Stoffwechselgeschwindigkeit als Prokaryonten, da ihre Hauptaufgaben nicht Wachstum und Vermehrung sind 2. Eine Vergrößerung der Oberfläche wird durch bestimmte Oberflächenformen bestimmt, z.B. sind Nervenzellen lang und dünn, andere Zellen weisen starke Verzweigungen oder Sternform auf oder es liegen starke Kräuselungen der Zellmembran vor. Darüber hinaus kommt es zur Bildung von fingerartigen Fortsätzen (Mikrovilli). Vor allem bei Tierzellen mit hoher Stoffwechselaktivität (Dünndarmepithel) bedarf es einer Vergrößerung der Oberfläche. Bei tierischen Zellen findet man außer der Plasmamembran einen dünnen flexiblen Zellmantel aus Polysacchariden, Lipiden und Proteingruppen, die an äußerer Oberfläche der Membran haften und der Signalerkennung und Wahrnehmung dienen. Solche → darunter Orte der Zellerkennung (→ Zellen erkennen andere Zellen der gleichen Art) und Befestigungspunkte, zur Erhaltung der Struktur spezifischer Gewebe; außerdem an Zelloberfläche Hormonrezeptoren → Stimulation bestimmter Zellaktivitäten; an anderen spezifischen Stellen Erkennung fremder Proteine → in der Zelle ausgelöste Reaktion bewirkt Allergie und Abstoßung von transplantiertem Gewebe und Organen • Pflanzenzellen enthalten Plastiden (wesentlicher Unterschied zur Tierzelle) • Plastiden: spezialisierte Organellen im Cytoplasma; am auffälligsten in Grünpflanzen → Chloroplasten (verwenden Sonnenenergie zur Reduktion von CO2 zu Kohlenhydraten; setzen Sauerstoff frei); sind analog zu Mitochondrien Kraftwerke; • Chloroplasten sind erheblich größer als Mitochondrien • sie kommen in viele verschiedene Formen vor • im allgemeinen sind sie grün, aber sie können auch in anderen Farben je nach Pigmentzusammensetzung auftreten • Pigmentmoleküle in der inneren Membran der Chloroplasten bedingen die Farbe • sie enthalten DNA, RNA und Ribosomen 62 • sie scheinen analog den Mitochondrien durch parasitierende Prokaryonten entstanden zu sein (Eindringlinge: Cyanobakterien mit Fähigkeit zur Photosynthese und Sauerstoffbildung) • Leukoplasten: farblos; zur Speicherung von Stärke und Fetten • Vakuolen: membranumgeben, mit Zellflüssigkeit und Abfallstoffen, in kristalliner Form angefüllt; werden mit zunehmendem Zellalter größer → häufig größter Teil des Zellvolumens • Pflanzenzellen besitzen keine Cilien oder Geißeln, sie sind vollständig von Zellwand umgeben → feste schützende Schalen, relativ dick, porös und sehr kräftig; aus Cellulosefasern, die mit polymerer Zementsubstanz zusammengeklebt sind; für Wasser und kleine Moleküle durchlässig, verhindert Anschwellen der eingeschlossenen Zelle; in holzigen Teilen der Pflanze primäre Zellwand von sekundärer Zellwand umgeben Zusammenfassung • alle Zellen: umschließende Plasmamembran, Cytoplasma, das Ribosomen enthält und Kernzone oder Zellkern • Diffusionsgeschwindigkeit von Nährstoffen und Verhältnis Oberfläche:Volumen bestimmen Form und Größe der Zelle • Prokaryonten: einfache kleine Zellen, genetisches Material nicht von Membran umgeben (Bakterien); haben Zellwand und Plasmamembran; einige Geißeln zum Antrieb; Cytoplasma ohne membranumgebene Organellen, mit Ribosomen und Nährstoffgranula; • Eukaryonten: viel größer als Prokaryonten; Volumen 1 000 - 10 000 mal größer • enthalten membranumgebenen Zellkern und andere membranumgebene Organellen • Mitochondrien: Oxidation von Zellbrennstoffen und ATP-Herstellung • Chloroplasten in photosynthesefähigen Zellen: Aufnahme von Lichtenergie zur Umwandlung von CO2 zu Glucose • Mitochondrien und Chloroplasten vermutlich bakteriellen Ursprungs • endoplasmatisches Retikulum → leiten Sekretionsprodukte in GolgiApparat → dort verpacken zum Ausschleusen aus der Zelle • Lysosomen: hydrolysierende Enzyme • Peroxysomen: Trennung peroxyd-bildender und peroxyd-zerstörender Enzyme vom Rest der Zelle • Cytoplasma: drei Arten von Mikrofilamenten und Mikrotubuli → bilden mit mikrotrabekularem Geflecht inneres flexibles Gerüst: Cytoskelett • tierische Zellen oft mit Geißeln: Gehalt an gepaarten Mikrotubuli erlaubt propellerartige Bewegungen • Ribosomen kommen frei oder an rauhes ER gebunden vor • an Oberfläche tier. Zellen: Erkennungs- und Bindungsorte für Hormone und andere Zellen 63 2.2 Stoffwechselfunktionen der Zelle Zellen sind komplexe Systeme, die befähigt sind neben der Vermehrung Stofwechselprozesse zur Energie- und Stoffgewinnung auszuführen. Man unterscheidet in anabole und in katabole Stoffwechsel. Die Art und Weise, wie Stoffwechsel ausgeführt werden teilt die klassische Biologie in Organismen oder zellulare Strukturen, die sich autotroph und in solche, die sich heterotroph ernähren, d.h, die einen autotrophen bzw. heterotrophen Stoffwechsel haben. Gleichermaßen kann man einteilen in zellulare Strukturen, die für ihre Stoffwechselprozesse den Sauerstoff der Luft brauchen und in solche, die diesen nicht brauchen – in Aerobier und in Anaerobier. Aerobier leben an der Luft und verwenden zur Oxidation ihrer Nahrungsstoffe molekularen Sauerstoff. Anaerobier leben in Abwesenheit von Sauerstoff und bauen ihren Nahrungsbestandteile ohne Sauerstoff ab. Hefezellen z.B. können sowohl aerob als auch anaerob leben, man bezeichnet eine solche Fähigkeit als fakultativ anaerob. Anaerobier, für die Sauerstoff Giftwirkung hat, werden als streng anaerob, z.B. Mikroorganismen tief im Boden oder auf dem Meeresgrund, bezeichnet. Die meisten Zellen höher differenzierter Organismen sind fakultativ anaerob. Nicht alle Zellen eines Organismus müssen in dieser Hinsicht in die selbe Klasse gehören. Bei Pflanzen z.B sind die chlorophyllhaltigen Blattzellen autotroph, die Wurzelzellen sind heterotroph und auch die grünen Blattzellen sind nur bei Tageslicht autotroph, im Dunkeln leben sie von den Stoffen, die sie tagsüber gebildet haben. Außer CO2, O2 und Energie brauchen alle Zellen Stickstoff für die Biosynthese von Aminosäuren, Purin- und Pyrimidinbasen (stickstoffhaltige Bausteine der Proteine und Nucleinsäuren). Auch hier gibt es große Unterschiede bei den Lebewesen. Höher differenzierte Lebewesen müssen einen Teil der Stickstoffverbindungen als Aminosäuren aufnehmen. Der Mensch z.B. muß 10 der 20 Aminosäuren, aus denen die Proteine aufgebaut werden, mit der Nahrung aufnehmen, d.h. er kann sie nicht selbst bilden. Diese Aminosäuren werden essentielle Aminosäuren genannt. Pflanzen können im allgemeinen Stickstoff als Ammoniak oder Nitrat aufnehmen. Nur wenige Organismen können gasförmigen Stickstoff aus der Atmosphäre aufnehmen, da nur sehr wenige lösliche Stickstoffverbindungen in der Erdkruste vorhanden sind, sind all lebenden Organismen von diesen Organismen abhängig. Ein Beispiel dafür sind die Cyanobakterien. Die meisten N2-fixierenden Mikroorganismen leben in der Erde z.T. symbiontisch in den Wurzelknöllchen von Pflanzen. Nitrifizierende Bakterien wandeln Ammoniak 64 in Nitrit oder Nitrat um und noch andere die denitrifizierenden Bakterien verwandeln Nitrate zurück in Ammoniak. Außer dem Kohlenstoffkreislauf und dem Sauertoffkreislauf besteht in der Biosphäre auch ein Stickstoffkreislauf. Materiekreisläufe sind von einem ungeheuren Energiefluß begleitet. Die photosynthetisierende Organismen fangen Sonnenenergie ein, wandeln sie in energiereiche Kohlenhydrate und andere Nahrungsstoffe um, die heterotrophen Organismen als Energiequellen dienen. Die beim Stoffwechsel aller an Energiekreisläufen beteiligten Organismen und beim Ablauf verschiedener energieverbrauchender Vorgänge kommt es zu Verlust an freier verwendbarer Energie und zur Zunahme an nicht-freier nutzloser Energie. Energie wird in Form von Wärme an Umgebung abgegeben. Der Energiefluß in der Biosphäre erfolgt nicht nach dem Kreislaufprinzip. Wendet man sich dem mikroskopischen Bereich des Zellstoffwechsels zu, stellt man fest, daß jede Zelle ihren eigenen Bedarf in Bezug auf C-, O- und N-Quellen sowie auf Energiequellen hat. Der Zellstoffwechsel umfaßt enzymatische Umwandlungen von Materie und Energie. Er beginnt mit relativ einfachen Verbindungen und endet mit der Biosynthese lebender Materie. Enzyme bedingen die Stoffwechsel. Jedes Enzym katalysiert eine ganz bestimmte Reaktion. Das Zusammenwirken vieler Enzyme ergibt Enzymsysteme, wo das Produkt des einen Enzyms das Substrat des nächsten ist. Solche zwischenzeitlich auftretenden Umwandlungsprodukte heißen Zwischenprodukte oder Metaboliten. Schritte der Reaktionsfolge können Abspaltung, Transfer oder Anfügung eines bestimmten Atoms, Moleküls oder einer funktionellen Gruppe sein. Die Aufeinanderfolge solcher geordneten Änderungen führt zu Stoffwechselendprodukten. Stoffwechselwege können linear oder cyclisch verlaufen. Der Begriff Zwischenstoffwechsel verdeutlicht, daß die Sequenz von Zwischenprodukten an den Reaktionswegen des Zellstoffwechsels beteiligt ist. Im Zwischenstoffwechsel gibt es zwei Phasen: Katabolismus und Anabolismus. • Katabolismus: abbauende Phase, organische Nahrungsstoffe wie Lipide, Kohlenhydrate und Proteine aus der Umgebung oder aus angelegten Reserven werden schrittweise zu kleineren Endprodukten wie Lactat, CO2 und NH3 abgebaut, was begleitet ist von Freisetzung der in diesen komplexen Strukturen enthaltenen freien Energie. Ein großer Teil dieser Energie wird in Form des energiereichen Moleküls Adenosintriphosphat (ATP) gespeichert oder auch in Wasserstoffatomen, die das Coenzym Nicotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADPH) in reduzierter Form enthält • Anabolismus (Biosynthese): Aufbau und Synthesephase des Stoffwechsels. Aus kleineren Vorstufen oder Bausteinmolekülen erfolgt der Zusammenbau großer makromolekularer Zellkomponenten wie 65 Proteine, was die Zufuhr freier Energie erfordert, welche durch Abbau von ATP zu ADP und Phosphat oder energiereiche Wasserstoffatome aus dem NADPH zur verfügung steht. Katabolismus und Anabolismus laufen in der Zelle gleichzeitig ab, Geschwindigkeiten werden unabhängig voneinander geregelt. Der Katabolismus aerober Organismen verläuft in drei Stufen: − Abbau der Makromoleküle zu ihren Bausteinen (Polysaccharide zu Hexosen und Pentosen, Lipide zu Fettsäuren und Glycerin u.a. Komponenten, Proteine zu den 20 Aminosäuren) − Zusammenfassen verschiedener in Stufe 1 gebildeter Moleküle und Abbau zu noch einfacheren Molekülen (Hexosen, Pentosen und Glycerin zu Pyruvat, das zu Acetyl-CoA umgewandelt wird, wie auch die Fettsäuren und das Kohlenstoffgerüst der meisten Aminosäuren zu Acetyl-Coenzym A abgebaut wird. Das AcetylCoenzym A ist das gemeinsame Endprodukt der Stufe 2 − − Die Acetylgruppe wird in den Citratcyclus eingeschleust. Dieser Abbauweg ist de gemeinsame Endabbau der meisten energieliefernden Nährstoffe zu Kohlendioxid, daneben auch für Ammoniak, und Wasser. Im Citratcyclus fließen alle Abbauwege zusammen Der Anabolismus oder auch Biosynthese verläuft ebenfalls in drei Stufen: − Bildung von α-Ketosäuren und anderen Vorstufen − Aminierung dieser α-Ketosäuren zu α-Aminosäuren − Verknüpfung der Aminosäuren zu verschiedenen Polypeptidketten und damit zu verschiedenen Proteinen Entsprechend erfolgt der Aufbau der Lipide aus Acetylgruppen über Fettsäuren. Anabolismus ist ein divergierender Prozeß und Katabolismus ist konvergierender Prozeß. Jede der Hauptstufen bei Aufbau oder Abbau wird durch ein Multienzymsystem katalysiert. Die nacheinander folgenden Reaktionen entsprechend der Hauptstoffwechselwege sind bei allen Lebensformen nahezu identisch. Abund entsprechender aufbauender Stoffwechselweg zwischen bestimmten Vorstufen und Produkt verlaufen allerdings nicht gleich. Der Abbau und die Synthese verlaufen über verschiedenen Zwischenprodukte und enzymatische Reaktionen. Die Gründe für die unterschiedlichen Verlaufe sind darin zu suchen, daß der Aubbauweg eines Moleküls für dessen Synthese energetisch 66 unbrauchbar geworden ist (Abbau → Verlust freier Energie; Biosynthese → Energiezufuhr nötig). Auf- und Abbau müssen unabhängig voneinander regulierbar sein. Der Abbauweg muß sich ganz oder teilweise von der Synthese unterscheiden, weil Prozesse mitunter in unterschiedlichen Zellteilen ablaufen. Z.B die Oxidation von Fettsäuren zu Acetyl-CoA erfolgt in den Mitochondrien; Die Biosynthese der Fettsäuren jedoch erfordern Reduktionsäquivalente, d.h. sie muß an einem anderen Ort stattfinden. Trotz des Unterschiedes zwischen katabolen und anabolen Prozessen ist der Citratcyclus der zentraler Treffpunkt der Stoffwechsel. Katabolismus und Anabolismus stellen die sogenannte amphibole Stufe beider Stoffwechsel (amphi= beide) dar. Kataboler Abbau in der in Stufe 2 gebildeten Stoffe und anabole Bereitstellung kleiner Moleküle als Vorstufen für die Biosynthese. Stoffwechsel insgesamt ist ein komplexes Netzwerk enzymatisch katalysierter Reaktionen. Erfolgt eine Störung des Nährstoffflusses in Teilen des Netzwerkes, kommt es zu Änderungen des Gesamtstoffwechsels, um die Störung zu kompensieren und ggf. zu einer Wiederherstellung. Die Regulation auf- und abbauender Reaktionen muß so ökonomisch wie möglich ablaufen, d. h. geringster Verlust an Material und Energie. In den Zellen werden die Nährstoffe mit der erforderlichen Geschwindigkeit oxidiert, die ausreicht momentanen Energiebedarf zu decken. Nährstoffe wie Glucose, ein Molekül mit hoher struktureller Ordnung, hat einen hohen Gehalt an potentieller Energie. Erfolgt der Abbau, kommt es zum Freiwerden dieser Energie Telegramm Unter freier Energie versteht man die Form der Energie, die bei p=konst. und T=konst. Arbeit verrichten kann. Beim Abbau (Katabolismus) geht nicht gespeicherte Energie als Wärme verloren oder wird zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur genutzt. Die Energiespeicherung erfolgt über eine gekoppelte Synthese von ATP aus ADP und Phosphat. ATP und ADP sind das energieübertragende System in allen Zellen. Die im ATP konservierte chemische Energie leistet vier Arten von Arbeit: • Energiebereitstellung für chemische Arbeit bei Biosynthesen; dabei Übertragung der endständigen Phosphatgruppe → Aktivierung • Energiequelle für Motilität und Kontraktion von Zellen • Nährstofftransport durch Membranen entgegen dem Nährstoffgefälle • Gewährleistung der fehlerfreien Weitergabe der genetischen Information bei Biosynthese von DNA, RNA und Proteinen In der Zelle erfolgt die Freisetzung der Energie durch Abspaltung der endständigen Phosphatgruppe, es kommt zur ADP-Bildung, das als entladene Form des Energietransportsystems dann vorliegt. 67 Die energieliefernde Prozesse stellen die Beladung von ADP mit einer Phosphatgruppe dar und damit die Rückbildung zu ATP. Der Energiekreislauf ist dadurch gekennzeichnet, daß das ATP Bindegleid zwischen energieliefernden und enrgieverbrauchenden Prozessen ist. Eine zweite Art des Energietransports stellt die Übertragung von Wasserstoff und Elektronen dar. Beim Aufbau von Glucose aus CO2 und von Fettsäuren aus Acetyl-CoA werden Reduktionsäquivalente nötig für die Reduktion von Doppelbindungen zu Einfachbindungen. Die reduktiv wirkende H-Atome werden mit Hilfe von Dehydrogenasen aus Brennstoffmolekülen gewonnen und auf spezifische Coenzyme Nicotinamiddinucleotid-phosphat (NADP+) übertragen. Die wasserstofftragende reduzierte Form (NADPH) überträgt energiereiche Elektronen auf elektronenverbrauchende Biosynthesen (Analogie zur Phosphatübertrag durch ATP). Die Geschwindigkeit der ablaufenden Vorgänge wird im Zellstoffwechsel durch den Enrgiebedarf reguliert und nicht durch Verfügbarkeit und Konzentration von Zellbrennstoffen. Die Geschwindigkeit der Biosynthese wird ebenfalls den Zellbedürfnissen angepaßt. Während des Wachstums werden 20 Aminosäuren in der Menge und dem Verhältnis produziert, wie für die jeweilige Proteinsynthese nötig ist, es wird kein Aminosäureüberschuß produziert. Eine Speicherung von Nährstoffen erfolgt in Tier- und Pflanzenzellen als Energie- oder Kohlenstoffvorrat. Er besteht ausschließlich aus Fetten und Kohlenhydraten, Nucleinsäuren sowie einfachen Bausteinmolekülen. Proteine dienen nicht der Speicherung. Ausnahme bilden Samen- und Eizellen, die mit Speicherproteinen als Aminosäurequelle ausgerüstet sind. Die zentralen Stoffwechselvorgänge müssen demzufolge empfindlich und schnell auf Stoffwechselbedürfnisse reagieren. Die Regulation von Stoffwechselvorgängen erfolgt auf drei Wegen: 1. Über Allosterische Enzyme, die am Anfang einer Reaktionskette die Ankopplung des Inhibitors an ein Molekülzentrum katalysieren, das nicht zum Substrat gehört. Das ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt, dabei wird das ATP Enzym inhibiert, das in einem früheren Schritt zur Bildung von ATP führt. 2. Über Hormone, die als Botenstoffe in den endokrinen Drüsen gebildet werden und mit dem Blut zu anderen Geweben oder Organen transportiert werden. Sie initiieren oder hemmen dort die Stoffwechselaktivität. 3. Über Enzym-Induktion, die abhängig ist vom Nährstoffangebot, sie bestimmt die Bildung oder Nichtbildung von Enzyme 68 Man unterscheidet in zentrale Stoffwechselwege, zu denen die Umwandlung von Fetten, Kohlenhydraten und Eiweißen gehört und in sekundäre Stoffwechselwege, wo hoch spezialisierte Biomoleküle wie Nucleotide, Pigmente, Toxine, Alkaloide und Antibiotika mit spezifischem biologischen Zweck und lebensnotwendiger Bedeutung gebildet werden. Zur Aufklärung Verfahrensweisen: von Stoffwechselprozessen dienen folgende − in vitro (lat.: im „Reagenz“glas) direktester Weg; Untersuchungen im zellfreien Gewebeextrakt, durch Zugabe bestimmter Reagenzien bilden sich bestimmte Stoffwechselprodukte, die dann schrittweise identifiziert werden können, wenn die ganze Reaktionssequenz bekannt ist, kann sie mit gereinigten Bestandteilen im Reagenzglas nachvollzogen werden − Untersuchung genetischer Mutanten, bei denen bestimmtes Enzym nicht in der aktiven Form synthetisiert wird; bei Mikroorganismen können genetische Defekte durch Röntgenstrahlung oder Chemikalien erzeugt werden; auch hier erfolgt eine Stoffwechseluntersuchung in Abhängigkeit vom Nährmedium, da einige Mutanten nur bei Anwesenheit bestimmter Metabolite wachsen − Isotopenmarkierung; organisches Molekül z.B. Essigsäure wird mit 14C markiert (führt zu keiner Änderung der chemischen Eigenschaften) und beispielsweise an Tiere verfüttert; im ausgeatmeten CO2 findet sich 14C wieder → Acetat wird z.T. zu CO2 abgebaut; mit dieser Methode auch Bestimmung der Geschwindigkeit möglich, mit der Stoffwechselvorgänge ablaufen → festgestellt, daß makromol. Zellbestandteile fortwährend umgewandelt werden, sich die Zelle in dynamischem GG „steady state“ befindet (konst. Biosynthesegeschwindigkeit wird exakt durch gleich hohe Abbaugeschwindigkeit ausgeglichen) Untersuchungen von Zellbestandteilen haben ergeben, daß bestimmte Stoffwechselprozesse in ganz bestimmten Zellkompartimenten ablaufen Zusammenfassung Die Einteilung der Organismen erfolgt nach ihrer verwertbaren Kohlenstoffbasis. Autotrophe verwerten CO2, Heterotrophe müssen Kohlenstoff als organische Verbindung aufnehmen. Viele autotrophe Organismen erhalten Energie aus dem Sonnenlicht, während die heterotrophen Organismen zur Energiegewinnung organische Substanzen oxidieren. Es erfolgt eine Unterteilung des Intermediärstoffwechsels in Katabolismus und Anabolismus. Katabolismus ist der Abbau energiereicher Nährstoffmoleküle, Anabolismus ist die Biosynthese neuer Zellbestandteile. 69 Beide sind in drei Stufen gegliedert: Beim Katabolismus erfolgt in der 1. Stufe der enzymatische Abbau von Lipiden, Polysacchariden und Proteinen zu ihren Basisbausteinen; in der 2. Stufen folgt die Oxidation dieser Bausteine zu Acetyl-CoA, um schließlich in der 3. Stufe durch Oxidation von Acetyl-CoA zu CO2 abgebaut zu werden. Katabole Stoffwechselwege fließen in einen gemeinsamen Endweg (konvergieren); anabole Stoffwechselwege divergieren, d.h. sie gehen aus wenigen gemeinsamen Vorstufen hervor und führen zu vielen verschiedenen Stoffwechselendprodukten. Einander entsprechende katabole und anabole Stoffwechselwege verlaufen enzymatisch nicht gleich, werden unterschiedlich reguliert und finden an unterschiedlichen Orten in den Zell statt. Der Abbau wird von Speicherung der freiwerdenden Energie als ATP begleitet. ATP überträgt die chemische Energie der Abbaureaktionen auf die energieverbrauchenden Vorgängen in der Zelle (Biosynthesen, Kontraktion, Bewegung, Transport durch Membranen und Weitergabe genetischer Informationen). Dem Transport der Energie dient auch das Reduktionsäquivalent (reduzierendes Coenzym NADPH) für katabole zu anabolen Vorgängen. Die Stoffwechselregulation erfolgt durch allosterische Enzyme, hormonelle Kontrolle und Enzymsynthese. Analysen und Aufklärung von Stoffwechselwegen werden mit Hilfe von Extrakten von Zellen und Geweben, dem Studium von Mikroorganismen mit genetischen Defekten und mit Isotopenmarkierung ausgeführt. Es werden auch Untersuchung an Zellorganellen nach Isolation zur Bestimmung der enthaltenen Enzyme und damit der dort ablaufenden Reaktionen durchgeführt. 2.3 Replikationsprozesse der Zelle DieReplikationsprozesse der Zellen haben die biochemischen Prozesse der genetischen Informationsübertragung und der Proteinbiosynthese zur Grundlage. Jede Vermehrung, egal ob es sich um eine geschlechtliche (sexuelle) oder um eine ungeschlechtliche (asexuelle) vermehrung handelt, basiert letzt endes auf der Übertragung der genetischen informtion der DNA auf sich neu bildende Zellen. Die DNA liegt ja als Chromosomenstrang in jeder Zelle, ihr Aufbau und ihre Funktion sind bekannt. Für die Replikation, der Zellvermehrung, spielt sie die entscheidende Rolle. Die beim Replikationsprozeß ausgeführten biochemischen Prozesse, die der Informations- und Stoffübertragung dienen, spielen sich in jeder Zelle ab. Man unterscheidet in die einfache Zellteilung, z.B bei Prokaryo(n)ten aber auch bei Eukaryo(n)ten, der Mitose, und in die Reduktionsteilung, Meiose, bei höher differenzierten Lebewesen, die sich über sexuelle Vermehrung fortpflanzen. Durch Meiose werden die Geschlechtszellen gebildet. Wie der Name schon sagt, ist die Meiose eine Reduktionsteilung, d.h. es entstehen bei der Zellteilung Tochterzellen, die nur über die Hälfte eines Chromosomensatzes verfügen, sie sind haploid. 70 Verschmelzen diese Zellen in Folge der sexuellen Vermehrung miteinander, entstehen im verschmolzenen Zustand Zellen, die einen diploiden Chromosomensatz haben, was dem Normalzustand von lebenden Zellen entspricht. Solche Zellen können sich nunmehr entweder durch einfache Zellteilung (Mitose) oder durch Reduktionsteilung (Meiose) weiter replizieren. Bei sich sexuell fortpflanzenden Lebewesen spielen beide Vermehrungsprozesse eine Rolle. Bei den sich asexuell Fortpflanzenden kommt nur der mitotischeProzeß zum Tragen. Beide Prozesse sind mikroskopisch beobachtbar, die ihnen zugrunde liegenden biochemischen Prozesse der Replikation der DNA und der Proteinbiosynthese nicht. Weiterführende Grundlagen zu dieser Problematik sind der entsprechenden Fachliteratur zu entnehmen. 3. Mikroorganismen Das Reich der Mikroorganismen (MO) ist von einer auffälligen Vielzahl von Organismen gekennzeichnet. MO sind allgegenwärtig, sie entstehen und sie wirken allgegenwärtig. Die meisten MO sind historisch bekannt geworden durch das Erscheinungsbild von Krankheiten. Mit Robert Koch und Louis Pasteur sind die MO für die medizinischen und die technischen Wissenschaften zur zentralen Bedeutung geworden. Man unterscheidet bei den MO auch in pathogene und in nicht pathogene MO. Die Übergänge sind aber im Einzelfall fließend. In neuester Zeit spielen die MO zunehmend eine zentrale Rolle in der Forschung in Hinblick auf gentechnologisch relevante Nutzung. Die Nutzung von MO als Leistungsmikroorganismen in der Biotechnologie spielt ebenfalls eine zunehmende Rolle. MO sind vom Menschen schon seit der Antike und davor wissentlich und zielgerichtet als Leistungsorganismen genutzt worden. Ein breiter Bereich der Nahrungsmittelindustrie basiert auf dem Wirken von MO. Im letzten Jahrtausend sind eine Vielzahl von MO zielgerichtet zur Herstellung und industriemäßigen Produktion von Grundstoffen und Pharmaka eingesetzt worden. Pharmaka wie Penicillin oder Insulin werden von MO hergestellt. MO spielen abe auch eine bedutende Rolle bei der Beseitigung (Dekontamination) von Schadstoffen in den Kompartimenten Wasser, Boden und Luft. Der zielgerichtete Einsatz geeigneter MO in diesen Dekontaminationsprozessen ist von zentraler Bedeutung. Am bekanntesten sind in diesem Zusammenhang die Prozesse der Abwasserreinigung und der Bodendekontamination. Mikroorganismen werden aber auch in der Biosensorik und dem Biomonitoring eingesetzt. Sie eignen sich insbesondere für die Sichtbarmachung von für die Umwelt schädlichen Einflüssen. Ähnlich wie in der Medizin sind sie Grundlage der Diagnostik der schädlichen Veränderung. 71 Ein großer Teil der MO sind Einzeller. Ihre Reproduktionsrate ist bei entsprechenden äußeren Parametern (Temperatur, Feuchte, pH-Wert, Druckverhältnisse, Medien, Substrat) hoch. Sie treten als Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten auf. Ihre Replikation genügt den Gesetzen der Genexpression. Es wird angenommen, daß eine Vielzahl von MO außerhalb unseres Wissens existieren und, daß sich ständig neue bilden. Das Genpotential von MO ist außerordentlich hoch. Zu den für die Biotechnolgie bedeutsamen MO gehören im wesentlichen die Bakterien und die (niedrig differenzierten) Pilze. Eine besondere Gruppe innerhalb dieser Pilze stellen die Hefen dar. Von Bedeutung sind aber auch Viren, Virionen und Bakteriophagen. Um die überaus große Anzahl dieser MO klassifizieren zu können, bedient man sich einer spezifischen Taxonomie, welche eine Kurzcharakteristik des MO in Hinblick auf Morphologie, Physiologie und Wirkspektrum gibt. Sie ist ein Teilgebiet der Biologie, sie beschreibt, benennt und ordnet Organismen und Organismengruppen nach natürlichen Beziehungen ein. Dazu kommt heute noch die Erforschung der Verwandschaft der Organismen und die Einordnung in verschiedene Systeme, u.a. in ein hierarchisches System nach Art, Unterarten oder Rassen, was geographisch bezogen ist. Übergeordnet, ohne geographischen Bezug, sind in aufsteigender Reihenfolge Gattung, Familie, Ordnung, Klasse, Stamm oder Abteilung und Reich zu sehen. Mit heutigem Kenntnisstand sind aber häufig die Übergänge fließend. Aus Übersichtlixhkeitsgründen bleibt man aber bei der historisch bedingten Klassifizierung in die entsprechenden Hierarchien. Als Art bezeichnet man z.B. eine Abstammungsund Fortpflanzungsgemeinschaft. In Abgrenzung zu einer anderen Art gilt, daß entweder keine Paarung möglich oder daß Artbastarde entstehen, die eventuell lebensfähig aber in keinem Fall fortpflanzungsfähig sind. Früher legte man einer Art morphologische oder typologisch übereinstimmende Merkmale zugrunde. Dies konnte mit der fortschreitenden Erkenntnis nicht mehr aufrecht halten. Trotzdem findet man dese Klassifizierung in der Literatur und vor allem im Denken der Menschen noch häufig. 72 3.1 Bakterien, Pilze, Viren, Virionen und Bakteriophagen Bakterien Bakterien sind Einzeller oder leben in Zellkolonien. Sie können Prokaryo(n)ten, aber auch Eukaryo(n)ten sein. Sie sind befähigt, sich über Mitose zu replizieren und führen die unterschiedlichsten Stoffwechselprozesse in Abhängigkeit vom vorhandenen Medium aus. Bakterien können sich autotroph und/oder heterotroph ernähren. Sie können aerob, fakultativ aerob oder anaerob leben. Sie sind acidophil oder acidophob, thermophil oder kryophil, sie produzieren Stoffwechselendprodukte, die sie aus der Zelle an die Umgebung abgeben, extrazelluläre Produkte, und solche, die sie im Zellinnern aufbewahren, intrazellulare Produkte. Sie sind in der Lage, Enzyme in Abhängigkeit vom Nährstoffangebot (Enzyminduktion) zu bilden. Sie können in diesem Zusammenhang homofermentativ und/oder heterofermentativ sein. Bakterien sind pathogen und nicht pathogen, sie bilden Exotoxine oder nicht. Der Klassifizierung in Hinblick auf eine (medizinische) Diagnostik dient auch die Angabe der Gram-Färbung, welche darauf beruht, daß einige Bakterien ein besonderes Kohlenhydrat in ihrer Zellwand haben, das für eine bleibende Anfärbung mit dem Farbstoff Kristallviolett, auch in alkoholischer Lösung, aufweisen. Deshalb unterscheidet man in Gram(+) und in Gram(-). MO sind zu einer Vielzahl von Leistungen fähig, die der Mensch sich zu nutze macht und mache kann. Sie stellen die Mikroorganismengruppe dar, die am häufigsten als Leistungsmikroorganismen eingesetzt werden. Die Morphologie der Bakterien stellt ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel dar. Häufig erscheint auch die Form, der äußere Habitus der Bakterien, im Namen. Grunsätzlich wird in kugelige, stäbchenförmige, schraubenförmige und in solche, die ein Mycel ausbilden, unterschieden. Kugelige Formen sind Kokken, stäbchenartige Formen und gekrümmte oder schraubig gewundene Formen Vibrionen und Spirillen. Kokken: ganz kugelige oder ovale Zellen oft charakterische Lagerung → anhand eines Ausstrichpräparates Verdachtsdiagnose haufenförmig gelagerte Kokken → Staphylokokken kettenförmige Lagerung → Streptokokken paarweise Lagerung → Diplokokken (Pneumokokken, Meningokokken, Gonokokken) Stäbchen: 73 geringe morphologische Unterschiede Zellen der einzelnen Arten: Unterschiede in Dicke und Länge weiter Klassifizierung anhand der Fähigkeit der Sporenbildung, Verhalten gegenüber Färbemitteln (Gramfärbung) oder Unterteilung in Aerobier und Anaerobier Schraubenförmige Bakterien Gruppen mit starren Zellen und Gruppen mit flexiblen Zellen starr: Vibrionen und Spirillen flexibel: können Roll-, Abknick- oder gleitende Bewegungen ausführen; Spirionen (für uns nicht von Bedeutung) Mycelartiges Wachstum Actinomyceten Streptomyces und Nocardia zeigenmycelartiges Wachstum → irreführend Strahlenpilze Geißel, Fimbrien und Pili Geißel zur Fortbewegung der Bakterien Die Art der Begeißelung dient auch der taxonomische Einteilung. Die Geißel besteht aus Proteinen, die sogenannte gute Antigene sind → H-Antigene ( durch die starke Begeißelung auf Nährböden keine Kolonien, sondern feiner Wachstumsrasen; Antigene → in Säugetierorganismen Auslösen von spezif. Antikörperbildung ) Telegramm Die Geißeln dienen der Nutzung für die Herstellung von Antiseren z.B. Schnelltest gegen Choleraerreger: Dabei wird Antiserum von Vibrio cholerae zur Stuhlsuspension zugegeben, die wimmelnde Vibrionen enthält → Bewegung der Vibrionen wird sofort eingestellt → Immobilisationstest erfolgt unter mikroskopischer Kontrolle. Mancheb Bakterien besitzen Fimbrien aus Protein, welche kürzer und zarter als Geißeln sind. Diese sind von Bedeutung für die Haftung auf Schleimhäuten (Adhäsion) Andere Bakterien weisen Pili auf, welche sich unter bestimmten Bedingungen bei Enterobakterien als Sexual-Pili ausbilden Proteinröhren zwischen benachbarten Bakterien dienen als Plasmabrücken. Durch diese Brücke kann eine Übertragung von DNA-Stücken oder Plasmiden von Zelle zu Zelle erfolgen. DNA-Bruchstück wird in unter bestimmten Bedingungen in Bakterein-DNA eingebaut → Replikation mit dieser → wird Teil der Erbeigenschaften des Bakteriums → das dadurch in seinen Eigenschaften verändert wird → der Vorgang wird Transformation genannt. Im Arbeitsblatt ist eine typische Bakterienzelle schematisch dargestellt. 74 Bezeichnung von Bakterien: Die Bezeichnung erfolgt analog dem Vorname- und Familienname-Prinzip Zuerst erfolgt die Angabe der Gattung, das zweites Wort kennzeichnet die Spezifizierung → beides zusammen gibt eine konkrete Art an (Leider ist die Nomenklatur in der Praxis nicht immer einheitlich!) Die Schreibweise erfolgt folgendermaßen: Gattung groß, Art klein Familie: z.B. Bacillaceae; Pseudomonaceae; Lactobacillaceae Man unterscheidet in Eubakterien und Archebakterien. 1. Eubakterien: Kriterien: 1. echte Bakterien 4. starre Zellwand 5. Form von Kugel, geraden oder gekrümmten Stäbchen abgeleitet Ausgewählte Vertreter: Lactobacillus: Lat. lac=Milch, milchiger Saft; bacillum=Stäbchen GRAM(+): Gramfärbung: Zellen werden mit Farbstoff (Kristallviolett) gefärbt, mit Iod gebeizt und mit 95%igem Alkohol gewaschen → bleibt die Färbung erhalten Gram(+), sonst Gram(-) Arten weisen kräftige Milchsäuregärung auf → Milchsäurebakterien Zellen: lang u. schlank bis kurz fast kokkenförmig, oft in Ketten in der Regel unbeweglich 3 Untergattungen: Thermobacterium (L. acidophilus), Streptobacterium (L. casei) und Betabacterium (L. fermentum) homofermentativ: bilden aus Zucker Milchsäure heterofermentativ: bilden außer Milchsäure auch Essigsäure oder Ethanol und CO2 Leuconostoc: gr. leukos=leuchtend, glänzend, weiß; willkürlich Bildung von Paracelsus kugelförmig, unbeweglich, keine Sporen brauchen nährstoffreiches Medium 75 Bacillus: Endosporen: Sporen sind Dauerformen zur Erhaltung der Art unter ungünstigen Umweltbedingungen; Endosporen, da im Zellinnern; Sporenbildung durch inäquale Zellteilung; Einschnürung der Cytoplasmamembran → Abtrennung eines Teils des Protoplasten der Mutterzelle, dieser Teil wird von Cytoplasmamembran umwachsen und eingehüllt; Freisetzung der Sporen nach Selbstauflösung der Zelle; keine Stoffwechselaktivität; hohe Resistenz gegenüber Hitze, Strahlung oder chem. Desinfektionsmittel; Bakterien nach 10 min. bei 80°C tot, Endosporen vertragen viel höhere Temperaturen mitunter stundenlanges Kochen → Problem im Krankenhausbereich Streptococcus gr. streptos=gedreht, gr. kokkos=Beere sporenlos über 30 Arten einige gehören zur normalen Bakterienflora im Mund, Rachen, Darm und auf der Haut, andere Krankheitserreger, zur Herstellung von Milchprodukten oder zur Konservierung Milchstreptokokken: S. lactis, S. lactis subsp. diacetylactis, S. cremoris, S. thermophilus Escherichia abgeleitet vom Namen des österr. Arztes Escherich gehört zur Famile der Enterobacteriaceae (Darmflora) Vertreter E. coli lat. colum=Dickdarm in Biotechnologie Nutzung in immobilisierter Form Pseudomonas: gr. pseudos=Trug, Lüge, Täuschung, gr. monas=Einheit gerade oder schwach gekrümmt durch ein oder mehrere, polare Geißeln beweglich bei O2-Mangel → Nitratatmung einige Arten: auffällige, fluoreszierend Farbstoffe Biotechnologie: Herstellung org. Säuren, Biotransformation und Abbau geruchsintensiver Stoffe (Methylketone) gentechn. veränderte Stämme: Abbau halogenierter arom. Verbindungen 76 Zymomonas: gr. zyme=Sauerteig gelegentlich eiförmig, anaerob bewegliche Formen: 1-4 Geißeln Energiestoffwechsel: Vergärung von Zuckern zu Alkohol Wachstum bis 5% Alkohol → Versuch durch Veränderungen Erreichen höherer Alkoholtoleranz gentechn. Clostridium gr. kloster=Faden, Spindel Endosporenbildung, keine Sulfatatmung meist beweglich ausgeprägter Gärungsstoffwechsel meist streng anaerob, wenige O2-tolerant Gärungsformen: Buttersäure-Gärung, Buttersäure-Butanol-Aceton und Butanol-Isopropanol-Gärung, Propionsäure-, Essigsäure-, Homoacetat-Gärung Thiobacillus gr. theion=Schwefel unbeweglich oder durch lange polare Geißel beweglich Energie: Oxidation anorganischer Schwefelverbindungen, Ausscheidung von Schwefelsäure aerobes Wachstum ferrooxidans → Energie durch Fe2+-Oxidation, thiooxidans → Oxid. von Schwefel; beide obligat chemolithoautotroph, aerob 2. Cyanobakterien Mikroorganismen, die prokaryo(n)tischen Zellaufbau besitzen und photosynthesefähig sind, Freisetzung von O2 eng verwandt mit Eubakterien Form ist von Kugel oder geraden Stäbchen abgeleitet Spirulina: gr. speira, lat. spira=Windung → Schraubenfaser lange schraubenförmig gewundene Trichome (anmalen) S. platensis: planktisch in trop. und subtrop. Salz- und Süßwasser; seit altersher bei Azteken und in Afrika Nutzung als Nahrungsmittel heute: S. platensis und S. maxima in Versuchsanlagen, flachen Wasserbeeten von Algenfarmen Züchtung in Massenkultur → billige Proteinquelle in trop. und subtrop. Gebieten; Ertrag geringer als Biomassezuwachs bei Hefen und Bakterien 77 3. Actinomyceten MO wachsen in Form verzweigter Fäden, aerob, gram(+) Zerfall in stäbchenförmige Zellen Bildung von Konidien und Sporen Streptomyces gr. myketes=Pilz bilden Substrat- und Luftmycel mit Ketten nichthitzeresistenter Sporen Bodenorganismen (1-20% der gesamten Bodenmikroorg.) typischer Bodengeruch aerober Stoffwechsel über 40 Arten biotechnolog.: Prod. von Aminosäuren, Enzymen und Vitaminen Nocardia benannt nach dem frz. Veterinärmediziner E.Nocard (1850-1903) primäre Mycelbildung, Zerfall in stäbchen- kokkenförmige Zellen teilweise oder ganz säurefest aerober Stoffwechsel Krankheitserreger, Antibiotikabildner Verwertung von H2 , niedere oder langkettige Fettsäuren und komplexer org. Stoffe auf Schaum der Belebungsbecken der Kläranlagen 4. Archaebakterien der typische Zellbaustein Murein fehlt enthaltenLipide, nicht Fettsäureester des Glycerols Unterschied auch in Proteinzusammensetzung, Ablauf der Translation und Transkription und Stoffwechselmechanismen sehr frühzeitige Abtrennung von der Entwicklung anderer Lebewesen Methanogene Bakterien streng anaerob → leben in der Natur in O2 -freien Zonen Kohlenstoffkreislauf letztes Glied, setzen Gärungsprodukte zu Methan und CO2 um Abwasserbehandlung Biogaserzeugung untereinander nur entfernte Verwandschaft besitzen kein Murein, manche haben Pseudomurein 78 Methanobacterium lange Stäbchen oder Filamente Faulturm Methanosarcina Kokkenpakete enthalten Gasvakuolen Methanococcus Kokken Sulfolobus lat. sulfur, sulphur, sulpur=Schwefel, gr. lobos=Lappen unregelmäßig, kokkenförmig acidocaldarius: sre. heiße Quellen des Yellowstone N.P.; Temperaturoptimum:70-75°C; Max. 85°C, Min. 55°C; pH-Optimum: 2-3, Max. 5.8, Min. 0,9 Energiegewinnung durch Oxidation von Schwefel mit Sauerstoff oder Oxidation organischer Substrate mit Sauerstoff In den Arbeitsblättern zum Thema biotechnologisch genutzte Mikroorganismen sind weitere Bakterien, die als Leistungsmikroorganismen zum Einsatz kommen, ersichtlich! Pilze und Hefen Hefen sind besondere Formen der Pilze, die meisten zählen zu den sogenannten Fadenpilzen Pilze ghören zu den Eukaryo(n)ten. Sie besitzen wie Pflanzenzellen Zellwand, Vakuolen, Organellen, Biomembranen im Cytoplasma und sind ebenso weitgehend bewegungsunfähig. In ihren Zellen haben sie keine Plastiden, d.h. keine Cloroplasten, keine Leukoplasten, keine Chromoplasten. Sie weisen im Gegensatz zu Pflanzen einen sehr geringen Grad an morphologischer Differenzierung auf und fast keine Arbeitsteilung. Sie nehmen Kohlenstoff heterotroph auf. Sie sind nicht in der Lage, aus CO2 organische Verbindungen aufzubauen. Die Folge davon ist, daß sie als Saprophyten oder Parasiten leben. 79 Telegramm Saprophyten beziehen organische Substanz von toten Organismen; Abbau organischer Verbindungen von pflanzlichen oder tierischen Organismen bis zu löslichen Verbindungen, die sie resorbieren können; sie können die unterschiedlichsten organischen Verbindungen als Nahrung verwenden; Vorgänge der Verwesung, Vermoderung, Fäulnis und Zersetzung gehen auf sie zurück; unter aeroben Bedingungen erfolgt Abbau aller durch Biosynthesen gebildeten Stoffe durch jeweils geeigneten Mikroorganismus; einzelne Mikroorganismen sind bezüglich ihres Substrats weitgehend spezialisiert; manche chemisch-synthetischen Verbindungen (Herbizide, Detergentien, Kunststoffe) sind von Mikroorganismen nicht abbaubar Parasiten stellen bestimmte Ansprüche an die Zufuhr bestimmter organischer Stoffe, dieser Bedarf ist nur durch direkten Anschluß an den Stoffwechsel lebender Organismen zu decken, sie beziehen organische und anorganischen Nährstoffe von lebenden Organismen; sie sind Ursache zahlreicher Erkrankungen bei Pflanzen, Tieren und Menschen; Man unterscheidet zwischen fakultativen und obligaten Parasiten; Erreger von Cholera, Typhus oder Wundstarrkrampf können saprophytisch im Boden leben und gehen nach Aufnehme durch den Menschen in eine parasitische Lebensweise über, Diphteriebakterien dagegen sind obligate Parasiten, wie auch Rost- und Brandpilze, welche nicht nur Nahrungsstoffe unter Zerstörung der Wirtszelle entziehen, sondern auch Ausscheidung von giftigen Stoffwechselprodukten (z.B. Tetanustoxin) realisieren; parasitische Lebensweise findet man auch bei höher differenzierten Organismen, Hemiparasiten sind nur mit den Wasserleitungsbahnen der Wirtsorganismen verbunden, entnehmen nur Wasser und Nährsalze, die Gewinnung der organischen Verbindungen realisieren sie durch Photosynthese (z. B. Mistel Viscum album, die auf Kiefern, Eichen, Pappeln u.a. parasitiert); Vollparasiten entnehmen zusätzlich der Wirtspflanze auch organische Stoffe. Das Wachstum der Pilze erfolgt unter aeroben Bedingungen, der Energiegewinn durch Oxidation von organischen Substanzen. Als Reservestoffe dienen Glykogen oder Fett, die in Tropfenform in den Zellen abgelagert werden. Es wird niemals Stärke gebildet. Der Vegetationskörper ist ein Thallus, der aus fadenförmigen Pilzzellen besteht. Pilzzellen weisen sehr unterschiedliche Formen auf. Sie stellen ein System von farblose Hyphen dar. Die Form der Pilzzelle ist dem Arbeitsblatt zu entnehmen. Die Gesamtheit der Hyphenmasse eines Pilzthallus bildet Mycel, das ein System verzweigter Hyphen darstellt, das in bestimmten Entwicklungsstadien gewebeartige Differenzierungen bildet (Scheingewebe: Plektenchyme). 80 Solche Plektenchyme stellen den Fruchtkörper höherer Pilze dar. Bei höheren Pilzen erfolgt die Bildung von Rhizomorphen am Mycel, die die Funktion des Stofftransportes haben. Die Stabilisierung der Zellwände der Hyphen erfolgt durch Chitineinlagerungen (Cellulose selten nachweisbar). Die Hyphen sind bei niederen Pilze ohne Querwände, bei höheren Pilzen besteht eine Gliederung durch Querwände, den Septen. Die Verbindung der Protoplasten benachbarter Hyphen erfolgt durch zentrale Poren. Das Wachstum der Hyphen an ihrer Spitze ist „apikal“. Bei den meisten Pilzen ist jeder Teil des Mycels potentiell wachstumsfähig, d.h. es ist ein winzig kleines Mycelstück ausreichend für die Entstehung eines neuen Pilzthallus. Differenzierungen, die der Fortpflanzung dienen, sind sehr vielfältig. Die Vermehrung kann geschlechtlich oder ungeschlechtlich erfolgen. Die meisten Pilzen können sich sexuell und asexuell vermehren. • ungeschlechtliche (asexuelle) Vermehrung: • durch Fraktionierung, Knospung oder Sporenbildung • Sporenbildung am verbreitetsten und am stärksten differenziert • z.B. Penicillium spec.: Abschnürung von Konidienträgern (sog. Konidiosporen) am Ende bestimmter Hyphen; Konidiosporen oder kurz Konidien → Exosporen (Folie Bildung von Konidiosporen) (bei Entstehung der Sporen im Inneren , in den Sporangien → Sporangiosporen, z.B. bei Mucor oder Rhizopus) • z.B. Hefen: Sprossung oder Knospung: an Mutterzelle Bildung einer Ausstülpung, die in den Kern einwandert, Abschnürung der Ausstülpung; bei einigen auch Zweiteilung der Zelle analog zu Bakterien • vielfach Bildung von Dauerzuständen in Form von Sklerotien (feste, stäbchenförmige oder knollige Hyphenverbände) (Folie Sklerotien: an Plektenchymen Bildung von Fruchtkörpern möglich); in den Sklerotien Verflechtung der Hyphen zu Plektenchym • geschlechtliche (sexuelle) Vermehrung: • Pilzhyphen in vegetativem Zustand mit haploidem Chromsomensatz • sexuelle Fortpflanzung hat Vereinigung von zwei Zellkernen zur Voraussetzung • Verlauf der sexuellen Fortpflanzung in drei Phasen • bei Verschmelzen von zwei Pilzhyphen Vereinigung der Protoplasten → Vorgang: Plasmogamie • Somatogamie: verschmelzende Hyphen sind nicht besonders differenziert → scheinbar Vereinigung von zwei 81 • • • • • • • • • • somatischen Zellen (Folie Somatogamie: Vermischung des Cytoplasmas → Plasmogamie; Kerne bleiben noch getrennt und teilen sich in entstehenden Tochterzellen synchron → Paarkernstadium) entstandene Zelle enthält zwei haploide Kerne Zweikern- oder dikaryotisches Stadium kann über bestimmte Zeit erhalten bleiben bei anschließenden Zellteilungen gleichzeitige Teilung beider Kerne → Paarkernstadium häufig erst nach Fruchtkörperausbildung durch Verschmelzen der beiden haploiden Kerne „Karyogamie“ Entstehung des diploiden Zygotenkerns bei niederen Pilzen vor sexueller Fortpflanzung Entstehung von Geschlechtszellen „Gameten“ sind Gameten nicht morphologisch unterscheidbar → Isogameten Bildung in speziell differenzierten Zellen: Gametangien, wenn diese morphologisch verschieden: männliche „Antheridien“ und weibliche „Oogonien“ Verschmelzung von zwei Gameten zu diploider Zygote, Art wie das passiert von Pilzart zu Pilzart verschieden, hängt davon ab, wer beweglich ist erste Teilung der Zygote: Meiose, d.h. nach verschmelzen der Zellkerne sofortige Reduktion der Chromosomenzahl → Pilze besitzen deutlichen Kernphasenwechsel drei Vorgänge erfolgen bei einigen Pilzen unmittelbar aufeinander, bei anderen in verschiedenen Entwicklungsstadien des Pilzes • Mitose: • → Kernteilung erfolgt durch Mitose • hat zwei Funktionen: 1. identische Reduplikation des genetischen Materials, die in Längsspaltung und Verdopplung der Chromosomen sichtbar wird; 2. Verteilung je eines vollständigen Chromosomensatzes auf je einen Tochterkern • wie Verdopplung der Chromosomen erfolgt, noch unklar • Verteilung der Chromosomen kann lichtmikroskopisch verfolgt werden • in Interphase: Kern strukturlose Masse • während der Teilungsphase Verkürzung der Chromosomen → werden sichtbar • Anordnung in einer Ebene, Längshälften der Chromosomen durch kontraktilen Spindelapparat auseinander gezogen • Spindeln verschwinden → Chromosomen werden unsichtbar • Tochterkerne erneut von Kernhülle umgeben 82 • Meiose: • bei sexueller Vermehrung Kernphasenwechsel • Befruchtung: Verschmelzung der Keimzellen oder Gameten und ihrer Kerne zur Zygote • männlicher und weiblicher Kern bringen gleichviel Chromosomen (n) mit → Kern der Zygote enthält doppelten Chromosomensatz oder Genome (2n) → Gameten: haploid (einsätzig) → Körperzellen diploid (zweisätzig) ⇒ deshalb bei Übergang auf die nächste Generation Halbierung der Normalzahl (2n) zur halben Normalzahl (n) ⇒ Vorgänge, die dazu führen: Meiose oder Reduktionsteilung • zwei Aufgaben: 1. Neukombination der väterlichen und mütterlichen Erbanlagen (Gene); 2. Reduktion der Chromosomenzahl • Einleitung der Meiose durch Chromosomenpaarung: jedes Chromosom vereinigt sich mit dementsprechenden vom anderen Elter stammenden homologen Chromosom • in diesem Zustand: Austausch von gleichlangen Abschnitten zwischen homologen Chromosomen durch Bruch und kreuzweise Wiedervereinigung (crossing over) • anschließend zweimalige Trennung (Spindelbildung) der gepaarten, gespaltenen Chromosomen → Entstehung von vier Zellen mit jeweils haploidem Kern ⇒ nicht Umordnung der von Vater und Mutter stammenden Chromosomen, auch Segmentaustausch zwischen homologen Chromosomen → Neukombination (Rekombination) der Gene Taxonomie der Pilze Die Taxonomie dient ebenso der Klassifikation wie bei Bakterien für praktische Zwecke, trägt aber phylogenetischen Beziehungen Rechnung. Sie regelt die Bezeichnung jeder Art mit einem Gattungs- und einem Artnamen. Eine Zusammenfassung der Arten zu Gattungen, der Gattungen zu Familien (-acae), der Familien zu Ordnungen (-ales) und der Ordnungen zu Klassen (-mycetes). Die in Klammenrn stehenden Endungen sind jeweils typisch. Die Abteilung der Mycota schließt echte Schleimpilze (Myxomycetes), niedere Pilze (Phycomycetes) und höhere Pilze (Eumycetes) ein Die Zuordnung nicht immer eindeutig, z.B. Aspergillus und Penicillium werden sowohl als Ascomycetes als auch als Deuteromycetes geführt. 83 Eumyceten • sogenannte echte Pilze • Pilze, denen Plasmoiden oder Pseudoplasmoiden fehlen und die in vegetativen Entwicklungsstadien Mycelien bilden • Unterabteilungen und Klassen 1. Mastigomycotina 2. Zygomycotina 3. Ascomycotina 4. Basidomycotina 5. Deuteromycotina • • • Ascomyceten: • Schlauchpilze, die in geschlechtl. Vermehrung Schlauch als Sporangium bilden • geschlechtliche Vermehrung durch Gametangiogamie oder durch Somatogamie • Sporenentwicklung in Asci (schlauchartiges Sporangium mit 8 Meiosporen) • im Ascus vor Sporenbildung Verschmelzung zweier Kerne (Karyogamie) und anschließend Meiose • Ascosporen und Mycel sind haploid • asexuelle Vermehrung durch Bildung von Konidien oder Konidiosporen • Entwicklung der Hauptfruchtform aus dikaryontischen Hyphen • Fruchtkörper aus Plektenchym, besitzen charakteristische Gestalt • 3 Grundformen: Kleistothezien: völlig geschlossen; Perithezien: flaschenförmige ; Apothezien: flache, schalenförmige Fruchtkörper • in der Regel ernährungsphysiologisch unselbständig, von Nährhyphen abhängig • Zellwände: Glucone, Chitin • Hyphenquerwände: zentraler Porus → Verbindung des Cytoplasmas der Zellmembran • Saccharomyces • Hefen, zählen zu den Protoascomyceten • asexuelle Vermehrung durch Sprossung • sexuelle Fortpflanzung: zwei haploide vegetative Zellen kopulieren und verschmelzen zur Zygote; Teilung des diploiden Zellkerns durch Meiose; entstehende Sporen und sich entwickelnde Hefezellen sind haploid • Beschränkung des diploiden Stadiums auf Zygote • bei dihaploiden Hefen wie S. cerevisiae auch Vermehrung der Zygote durch Sprossung möglich • diploide Sprosszellen werden zu Asci 84 • sind echte Hefen • Mycel fehlt • ausgeprägtes Gärvermögen; für industrielle Ethanolgewinnung Verwendung von Stämmen von S. cerevisiae, der Bierhefe, auch zur Brotherstellung • Bierhefe kommt nicht frei in der Natur vor, Gegensatz dazu Weinhefe • Wachstum unter aeroben Bedingungen • Zelle: rund, oval oder langgestreckt, gelegentlich Pseudomycelbildung • Vergärung verschiedener Zucker bis zum Alkohol (Glucose, Saccharose, Raffinose, Galactose) • Gärungsstoffwechsel bis zu 18 Vol% Ethanol • Stärke nur von S. diastaticus vergoren → sonst Aufschluß zu niedermolekularen Zuckern • in der Natur: Früchte und Saftflüssigkeit von Pflanzen • S. cerevisiae reich an Vitamin-B → gewisse Anwendung in der Medizin • Kulturhefen in Biotechnologie u.a. auch Enzymherstellung und Biotransformation • neuerdings in Gentechnologie zur Expression von Fremdgenen für Produktion von Hormonen, Enzymen, Oberflächenantigenen • Candida: • imperfekte Hefen, asporogene Hefen • keine sexuelle Entwicklung, multilaterale Sprossung und Bildung von Blastokonidien • runde, ovale oder längliche Zellen, echtes oder Pseudomycel • Glucose oder andere Zucker als Substrat • einige Arten ohne Gärungsstoffwechsel • leben als Saprophyten auf Haut oder Schleimhaut und auch in Geweben und Ausscheidungen von Warmblütern • prakt. Bedeutung: C.utilis: Futterhefe, auf Sulfitablaugen der Zellstoff- und Papierindustrie mit Nährstoffzusatz C.lipolytica: Spaltung von Fetten in Mayonaise und Fleischwaren; Herstellung von Einzellerprotein aus Erdöl C.krusei: Starterkulturen zur Sauerteigherstellung C.valida: Abbau von Milchsäure → Verderb von Nahrungsmitteln • Eurotiales: • Entwicklung der Asci in geschlossenen Fruchtkörpern (Kleistothezien) • Freisetzung der Asci erst nach Zerfall des Fruchtkörpers • dazu gehören Aspergillus und Penicillium • hauptsächlich vegetative Vermehrung durch Konidienbildung (Folie) 85 • Penicillium: • • • • • • • Pinselschimmel meist grünliche Konidienträger mit Konidienketten leben meist saprophytisch einige verursachen Fruchtfäulen, zersetzen Lebensmittel Einsatz zur Lebensmittelherstellung (Käse) zerstören Textilien, Polyurethane und Leder Antibiotikabildner, Herstellung organischer Säuren (Glucuronsäuren), Enzymgewinnung (Glucoseoxydase) oder Biotransformation • Aspergillus: • Gießkannenschimmel • farbloses bis lebhaft, gefärbtes septiertes Mycel • Konidienträger (zahlreich, kräftig, manchmal mehrere mm lang), entstehen aus Fußzelle, die sich verzweigt und Hyphen bildet; blasig angeschwollen, darauf allseitig ausstrahlende Zellen (Sterigmen), die Konidien abschnüren • Konidien einzellig, meist kugelförmig mit stacheliger Oberfläche, verleihen Kolonie durch ihre Farbe typische Färbung • sexuelle Fortpflanzung selten, nur unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen • Bildung keulenförmiger Gametangien • bei Befruchtung Plasmogamie → Entwicklung paarkerniger dikaryontischer Hyphen • in Asci verschmelzen der Kernpaare, anschließend Meiose → Bildung der haploiden Ascosporen • geschlechtl. Vermehrungsphase mit kugel- oder eiförmigem, gefärbten Ascoma (Fruchtkörper der Schlauchpilze) • Asci enthalten meisten 8 Ascosporen • Aspergillus flavus bildet auf fetthaltigen Lebensmitteln wie Nüssen leberschädigende und kanzerogene Aflatoxine • A. oryzae zur Produktion von Sake u.a. orientalischen Nahrungsmitteln (Sojasauce) zum Aufschluß von Stärke und Proteinen • aus Pilzen auch Gewinnung von Enzymen (Pektinasen, Amylasen, Proteinasen, Einsatz in der Traubensaftherstellung zur Trübungsbeseitigung und in der Leder- und Textilherstellung • Gewinnung von Säuren A. niger: Citronensäure, Gluconsäure, A. itaconius: Itaconsäure • Antibiotikaproduzenten: A. fumigatus: Fumigatin, A. flavus: Aspergillsäure • Clavicipitales (Mutterkornpilze): • Schlauchpilze • Ordnung der Pyrenomyceten, Fruchtkörper, Perithecien charakteristisch: flasenförmige 86 • parasitieren auf Fruchtknotenpflanzen, v.a. Wildgräser und Roggen • Pilzmycel durchwuchert Fruchtknoten → bildet weiche, weiße Masse: Sphacelia-Stadium • an Mycel Bildung von Konidiosporen durch Abschnürung von Hyphen → vegetativer Vermehrung • Entstehung der Konidiosporen durch mitotische, erbgleiche Zellteilung • gleichzeitig mit Konidienbildung Abscheidung von Honigtau (süße Flüssigkeit, die Konidiosporen enthält) • durch Insekten Übertragung des Honigtau auf andere Pflanzen • aus weicher Masse des Sphacelia-Stadiums Bildung des hornartig gebogenen Sklerotium (Dauerform des Pilzes) in den Ähren • Differenzierung zum Sklerotium, Mutterkorn → Bildung von Alkaloiden • Sklerotium durch Farbstoffeinlagerung (Droge: Secale cornutum) in äußere Plektenchymschichten blauschwarz gefärbt • Ausreifung des Getreides: Sklerotien fallen ab und überwintern im Boden • im Frühjahr: Entwicklung von köpfchenartigen Fruchtkörpern, in die Perithezien eingesenkt sind • in Perithezien Asci mit je 8 Ascosporen • Bildung geht meiotische Kernteilung voraus • Übertragung der Ascosporen durch Wind • kommerziell: Züchtung auf künstlich infiziertem Roggen; Extraktion aus dem Mycelium und Kultivierung in Fermentern; gewünschte Verbindungen durch chemische Modifikation • von 1 ha Roggen 200-500 g Sklerotien • in Submerskultur Bildung von Peptidalkaloiden; Fermentationszeit: 16-20 Tage • Basidiomyceten: • Ständerpilze: Name von charakteristischem Sporenständer (Basidie) abgeleitet • in Basidie Verschmelzung zweier haploider Kerne (Karyogamie) und sofortige Reduktionsteilung • an Basidie Abschnürung von 4 Sporen • Mycel: septiert Hyphen • nach Keimung einer Basidiospore: Entwicklung des primären Mycel, mit einkernigen Hyphen • Zusammentreffen von +- und – -Mycel → Fusion zweier vegetativer Zellen (Somatogamie) • zuerst nur Verschmelzung der Protoplasten (Pasmogamie) • aus Fusionszelle Mycelentstehung mit zweikernigen Hyphen → daraus Heranwachsen hochorganisierter, plektenchymatischer Fruchtköroer • an Unterseiten der Pilzhüte Differenzierung der Basidien • viele gehören zur Ordnung der Agaricales: Speisepilze wie Steinpilz oder Giftpilze wie Fliegenpilz 87 • Deuteromycetes: • • • • unvollkommenen Pilze („perfektes“ Stadium fehlt) Pilze, deren sexuelle Fortpflanzung unbekannt ist asexulle Vermehrung durch Konidien Genaustausch durch parasexuelle Vorgänge (Ablauf von Plasmogamie, Karyogamie und Meiose, aber nicht an bestimmten Stellen des Vegetationskörpers) Bildung heterokaryontischer Hefen, durch Vereinigung von Protoplasten, di verschiedene Kerntypen enthalten Vervielfachung des in das Mycel eingeführten fremden Kerns Ausbreitung der Tochterkerne im Mycel gelegentlich Karyogamie oder Meiose wichtige pathogene Arten: Dermatophyten (obligate Parasiten): Enzyme lösen Hornhaut auf und siedeln sich in abgestorbenen Schichten der Epidermis an Nägeln und Haaren an Formen mit wirtschaftlicher Bedeutung: Penicillium, Aspergillus • • • • • • • Trichoderma: gr. triches=Haar, derma=Haut • • • • imperfekte Bodenhefen starke Zellulosezersetzer Antagonisten zu parasit. Pilzen in Biotechnologie Abbau von cellulose- und pentosehaltigen Rohund Abfallstoffen, Gewinnung von Cellulosen • T. polysporium bildet Cyclosporin (Polypeptid-Antibiotikum) • Hansenula: • echte Hefen • rundliche oder flache Zellen, Vermehrung durch Sprossung,wachsen mit Mycel oder Pseudomycel • Gärungsstoffwechsel • Vorkommen auf Früchten • in südlichen Weinen Sherry oder Portwein wachsen auf der Oberfläche (=Kahmhefen), sind für Spätgärung bedeutsam • in Biotechnologie zur Citronensäure-, Aminosäure- oder Fettproduktion • als Oberflächenfilme auf gesäuertem Gemüse oder als Kreideschimmel auf dunklem Brot 88 Viren, Virionen und Phagen Viren sind ursprünglich als submikroskopische Erreger von Infektionskrankheiten charakterisiert worden. Sie sind die kleinsten Einheiten, die die Fähigkeit zur identischen Reduplikation aufweisen. Viren zählen zu den dissipativen Strukturen. Viren werden unter verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt. Bei einem teil der Viren werden von der Wirtszelle einzelne Komponenten der Zellmembran zum Bau einer Hülle übernommen. Nach der Natur der Nucleinsäuren unterscheidet man in DNA- und in RNA-Viren (Viriode), wobei sowohl die DNA als auch die RNA entweder als Einzelstrang- oder als Doppelstrangmolekül vorliegen können. Die Nucleinsäure ist alleinig das infektiöse Agens. Sie verleiht den Viren die Fähigkeit zur identischen Reduplikation. Sie trägt ferner die Information für Virusproteine, darunter auch für Enzyme, vor allem DNA- und RNA-Polymerasen, die für die Virusvermehrung von größter Bedeutung sind. Die Größe des Genoms ist dabei sehr unterschiedlich, es reicht von einer einfachenSandwhich-Struktur aus wenigen Nucleotiden, z.B. das Genom einer Bakteriophage bis hin zu Genomen mit 150 Genen bei den T4Phagen von E. coli und 240 Genen wie beim Pockenvirus. Unter den tierischen Viren sind Infektionserreger wie das Grippe-Virus, onkogene Erreger wie Leukämie-Erreger. Soweit Viren RNA enthalten, werden sie Retroviren genannt. Viroide nennt man Viren, die pflanzenpathogen sind. Sie bestehen lediglich aus einem RNA-Molekül unterschiedlicher Länge, das zu einem Ring geschlossen ist. Viriod bedingte Krankheiten sind bisher nur für Pflanzen bekannt. Aktuell wird über die Möglichkeit der Viriodinfektion im Zusammenhang mit der Creutzfeld-Jacob-Krankheit (vgl. Rinderwahn und BSE) diskutiert. Obwohl die Viren sehr gut untersuchte Strukturen sind, sind im Einzelfall noch sehr große Wissenslücken zu beklagen, was nicht zuletzt daran liegt, das Viren aufgrund ihres geringen Differenziertheitsgrades und der Fähigkeit der Autoreduplikation sich ständig verändern können bzw. neu entstehen. Das Genpotential ist ungeheuerlich groß. Telegramm Als infektiöse Viren sind die Influenenza-Viren, die sich periodisch verändern und periodisch die Grippe-Erkrankung mit zum Teil dramatisch veränderten Symptomen hervorrufen. Das InfluenezaVirus, das Ende des Ersten Weltkrieges die sogenannte Spanische Gruppe hervorrief, forderte mehr Todesopfer als der ganze Krieg. Grippe-Viren tragen eine Neuroamidase (Enzym), die das Eindringen der DNA in die Zelle möglich macht. Grippe-Viren haben neben der DNA noch zusätzlich acht helicale Ribonucleoproteine. Das Pocken-Virus hat insbesondere im 18. und 19.Jahrhundert eine große Anzahl von Leben zerstört. Hier erfolgte die Infektion 89 über ein Tier, die Kuh. Das Entstehen von Tumoren geht ebenfalls häufig auf virösen Befall zurück. Von diesen Tumor-Viren ist bereits eine große Anzahl bekannt. Der das menschliche Immunsystem schwächende HIV-Virus, der die Immunschwäche AIDS hervorruft hat in seinem Genom sieben codierende Abschnitte. Diese Abschnitte sind so konfiguriert, daß eine Vielzahl an Möglichkeiten der Reduplikation realisiert werden können. Das ist unter anderem auch die Schwierigkeit der medikamentösen Behandlung und Heilung. Die Zahl der Wahrscheinlichkeiten ist zu groß. Zelluläre Onkogene sind dadurch gekennzeichnet, daß sie eine ähnliche Wirkung wie die viralen Onkogene haben. Diese Proteine kontrollieren direkt die Genexpression der Zellen, d.h. auch an der malignen Entartung von Wachstums- und Differenzierungsprozessen sind sie beteiligt. Zum anderen wirken Virusproteine als Antigene, d.h. es werden spezifische Antikörper gebildet. Man bezeichnet diesen Vorgang als Immunitätserwerb. Der Körper ist dann gegen eine nochmalige Infektion mit den entsprechenden Erreger immun. Beispiele hierfür sind das Maser- und das Windpocken-Virus. Nach eine Infektion mit Viren kann der Körper Proteine abgeben, welche die Zellen befähigen, sich gegen die Virus-Infektion zu schützen. Diese Substanzen, die mit der Virusinfektion interferieren, werden als Interferone bezeichnet. Viren haben einen grundsätzlich anderen Aufbau und eine grundsätzlich andere Vermehrung als andere Mikroorganismen. Ihre grundlegenden Eigenschaften sind: • enthalten nur einen Typ von Nukleinsäure: DNA oder RNA → Unterscheidung von DNA- und RNA-Viren • sind Partikel aus Nukleoproteinen; einige kristallisierbar; besitzen weder Organelle wie Mitochondrien, Ribosomen noch verfügen sie über Enzymsysteme zur Energiegewinnung → sind zur Energiegewinnung und Vermehrung auf Stoffwechselapparat einer Wirtszelle angewiesen → obligate Parasiten, die sich nur in lebenden Zellen vermehren können • Vermehrung nicht durch Wachstum und anschließende Teilung; unter Ausnutzung des Stoffwechselapparates der Wirtszelle getrennte Synthese von der einzelnen Virusbestandteile Nukleinsäure und Proteine; danach Zusammenlagerung zum fertigen Viruspartikel, zum Virion • Begriff „Virus“ hat Doppelbedeutung: 1. Partikel aus Nukleinsäure, Proteinen und eventuell aus Lipiden, 2. infektiöses Agens, das nur aus der Nukleinsäure bestehen kann • Beschreibung des kompletten Viruspartikel als Virion • Studium der Viren hat zum Fortschritt der Biochemie und Molekularbiologie beigetragen: Entdeckung der messenger-RNA 90 • Viren auch aus anderen Gründen interessant: • Die Virenvermehrung dient als Modell für die zelluläre Entwicklung, da aufeinanderfolgende Expression von Genen und Vereinigung von Makromolekülen zu hoch geordneten Strukturen erforderlich, Wert der Viren als Modelle auch aufgrund der geringen Anzahl von Genen, der großen Geschwindigkeit der Vermehrung und der guten Durchführbarkeit genetischer Analysen • Untersuchung liefert Einblick in Evolutionsprozesse und WirtParasit Beziehungen • können in empfänglichen Tieren Krebs verursachen Größe und Geometrie • Größe zwischen 300 und 30 nm • wesentlich kleiner als Bakterien • Pockenviren am größten (300 * 240 nm), die kleinsten sind die Picornaviren 20-3 nm (Gruppe kleiner pico RNA rna Viren, RNA von ikosaedrischer Proteinhülle umgeben, Bsp.: Poliovirus, Rhinovirus (Schnupfen), Virus der Maul- und Klauenseuche) • verfügen über erstaunliche strukturelle Vielfalt Stoffliche Zusammensetzung • bestehen aus Nukleinsäure, Proteinen und in manchen Fällen aus Lipiden und Glykoproteinen • Nukleinsäure: • DNA oder RNA sind Träger der genetischen Information • nach Typ der Nukleinsäure Unterscheidung von DNA- und RNA-Viren • niemals gemeinsames Vorkommen beider Nukleinsäuretypen in einem Viruspartikel • DNA der DNA-Viren i.d.R. aus doppelsträngigen, linearen DNAMolekülen, nicht segmentiert; Bsp.: Pockenviren, Herpesviren • bei Papovaviren doppelsträngige DNA ringförmiges Molekül, wird als Vektor bei gentechnologischen Experimenten an tierischen und menschlichen Zellen genutzt • Parvoviren: einzige vermehrungsfähige Partikel, die einsträngige DNA besitzen • RNA der RNA-Viren in der Regel einsträngig • in vielen Fällen segmentiert, d.h. im Virion in mehreren Einzelsträngen • z.B. Grippeviren: 8 Einzelstränge → biolog. Besonderheiten dieser Viren: genetische Instabilität: Folge: ständige Modifikation der Impfstoffe erforderlich • doppelsträngige RNA: Reoviren • Folge des unterschiedlichen Baus: unterschiedliche Strategien bei der Vermehrung • Nukleinsäuren können infektiös wirken, mitunter aber nur wenn sie gemeinsam mit viruseigenen Polymerasen in die Wirtszelle gelangen • eigene Polymerasen: Pockenviren 91 • Proteine: • Bestandteil aller Virionen • umhüllen Nukleinsäure als Mantel (Kapsid) • spezielle Anordnung der Bausteine des Kapsids, der Kapsomeren → Form der Virionen • Proteine des Kapsids besitzen antigene Eigenschaften • Lipide: • bei Viren der Nukleokapsid von Lipidhülle (Envelope) umgeben ist, nicht bei allen Viren • stammen aus der Kern- bzw. Cytoplasmamembran der Wirtstzelle • Lipidhülle enthält virusspezifische Glykoproteine, die Antigenstrukturen der umhüllten Viren tragen • Lipidhülle bei Influenza-, Mumps- und Herpesviren Bau • Grundbausteine der Virionen nach unterschiedlichen Bauprinzipien organisiert • Unterscheidung von Viren mit kubischer Symmetrie, mit helikaler Symmetrie und Viren mit komplexem Aufbau • prinzipiell: Nukleinsäure umgeben von Proteinmantel, dem Kapsid • Zusammensetzung des Kapsids aus Untereinheiten, den Kapsomeren • Kapsomere aus einem oder mehreren Polypeptiden • je nach Anordnung der Kapsomeren hat Kapsid Ikosaederform, d.h. folgt kubischer Symmetrie oder Form eines schraubig gewundenen Stäbchens (helikale Symmetrie) Folie Bau der Viren • Nukleinsäure und Proteine bilden Kapsid, das bei einigen Virusarten von Außenhülle umgeben sein kann • Außenhülle aus Lipiden und Glykoproteinen • umhüllte Viren weisen auch kubische oder helikale Symmetrie auf • manche Viren (Pockenviren) komplexere Struktur: Nukleinsäure von mehreren Hüllen umgeben, eigentliches Kapsid nicht klar erkennbar • Bau und Organisation von Viren Bsp.: Retrovirus (kubisch gebautes RNA-Virus mit Lipidhülle (Folie Retrovirus) • RNA aus ca. 8000 Nukleotiden, an deren Enden sich Erkennungssequenzen befinden (E) • RNA trägt außerdem noch drei Gene: gag, pol, env • gag: wird als Polyprotein translatiert und anschließend in 4 Proteine zerschnitten, die Bestandteil der inneren Virusstruktur sind • pol: Gen für RNA abhängige DNA-Polymerase, Polymerase ist Bestandteil des Ribonucleotidkomplexes im Innern des Virions • env: codiert für zwei in die Lipidhülle des Virions eingelagerte Proteine • im Innern des Virions 2 RNA-Moleküle mit t-RNA der Wirtszelle assoziiert und Proteinen als Ribonukleotidkomplex, außerdem noch weitere 40 Polymerase-Moleküle 92 • Ribonukleotidkomplex von Kapsid umgeben, das von Proteinen gebildet werden, die das gag-Gen codiert • zum Ausschleusen aus der Zelle legt sich Virus an die Innenseite der Cytoplasmamembran, die sich nach außen stülpt und als Hülle das Virus umschließt • an Stelle der Cytoplasmamembran, an der die Ausschleusung erfolgt, werden vorher zelleigenen Proteine ausgebaut und durch viruseigene Proteine des env-Gens ersetzt (Glykoproteine, die äußere Antigenstrukturen des Virions beinhalten) Vermehrung von Viren • Vermehrung nur in lebenden Zellen möglich, da auf deren Stoffwechsel angewiesen • besitzen zwar z.T. sehr spezifische eigene Enzyme, die zur Vermehrung unbedingt erforderlich, aber Energiestoffwechsel und Strukturen und Enzyme für Proteinbiosynthese fehlen • fehlende Strukturen werden von der Wirtszelle geborgt • Einteilung der Virusvermehrung in folgende Stadien: − Adsorption − Penetration − Freisetzung von Nukleinsäure − Synthese von Virusproteinen und Replikation der Virusproteinsäure − Zusammenbau der neusynthetisierten Virusbausteine, „Reifung“ der Viren − Ausschleusung der neugebildeten Viren • Adsorption: Infektion einer Zelle mit einem Virus beginnt mit Bindung des Virions an Rezeptoren der Cytoplasmamembran. • sehr spezifischer Vorgang, nicht alle Viren infizieren alle Zellen • An- und Abwesenheit spezifischer Rezeptoren entscheiden über Zellspezifität des Virus • Rezeptoren an der Oberfläche des Virions müssen spezifische Wechselwirkungen mit Rezeptoren an der Oberfläche der Wirtszelle eingehen • Rezeptorstrukturen in den Glykoproteinen der Lipidhülle oder den Proteinen des Kapsids lokalisiert • Wirtsspektrum isolierter Virusnukleinsäure wesentlich breiter als des Virions (Poliovirus kann nicht in Hühnervibrioblasten eindringen und sich darin vermehren, da spezifische Rezeptoren fehlen; isolierte Poliovirus-RNA wird dagegen von Hühnervibrioblasten aufgenommen und daraus komplette Polioviren gebildet) • Penetration § adsorbiertes Virus muß in die Zelle aufgenommen werden • Aufnahme aktive energieverbrauchende Leistung der Zelle 93 • zwei Möglichkeiten der Aufnahme: Phagocytose (Viropexis) und Membranfusion (Folie Penetration und Endocytose) • Viren mit Lipidhülle gelangen nach Fusion ihrer Lipidhülle mit der Cytoplasmamembran in die Wirtszelle • Nukleoproteid durch die Membranfusion in das Cytoplasma der Wirtszelle geschleust • Aufnahme von Viren ohne Lipidhülle in der Regel durch Phagocytose • Freisetzung der Nukleinsäure • erfolgt nach oder im Laufe der Penetration • Trennung der Virusnukleinsäuren von den Proteinen des Kapsids → „uncoating“ • Abbau der Kapsidproteine in der Zelle durch lysosomale Enzyme • nach diesem Vorgang im Elektronenmikroskop keine Viruspartikel mehr sichtbar • alle folgenden Prozesse der Virusvermehrung bis zur elektronemikroskopisch sichtbaren Viruspartikel auch als Eklipse bezeichnet • während Eklipse entscheidende Synthesen von Virusnukleinsäure und Virusproteinen in der Zelle • Synthese von Virusproteinen und Replikation der Virusnukleinsäure • in diesem Stadium Unterschiede zwischen DNA- und RNA-Viren • Viren mit doppelsträngiger DNA folgen dem allgemeinen Weg der Übertragung genetischer Informationen (Folie Vermehrung eines DNA-Virus mit doppelsträngiger DNA) • freigesetzte Virus-DNA dient als Matrize zur Synthese der m-RNA • virale m-RNA assoziiert sich mit Ribosomen der Wirtszelle, dadurch Bildung von virusspezifischen Proteinen, sogenannten Frühproteinen (Enzyme, die zur Reduplikation der Virus-DNA benötigt werden, DNAPolymerasen) • Frühproteine mitunter auch Proteine, die den wirtszelleigenen Stoffwechsel blockieren oder auch andere virusspezifische Enzyme (Herpesvirus: Thymidinkinase, die wesentlich ist für die Wirkung von Virustatika) • mit Synthese der Frühproteine einsetzen der Replikation der VirusDNA • gleichzeitig Bildung von Spätproteinen unter erneuter Transkription der m-RNA (Spätproteine: Strukturproteine des Kapsids) • bei RNA-Viren sehr unterschiedliche Strategien der Virusvermehrung • abhängig, ob RNA selbst als m-RNA fungieren kann, ob erst komplementäre m-RNA transkribiert werden muß oder ob wie bei Retroviren DNA-Stufe zwischengeschaltet ist • Polioviren: • einsträngige virale RNA besitzt selbst Botenfunktion, d.h. ⊕-Polarität 94 • eingedrungene RNA kann unmittelbar an Ribosomen der Wirtszelle assoziieren • zunächst Translation eines großen Proteins, das enzymatisch in Virusproteine geschnitten wird • zur Replikation der Virus-RNA zunächst Bildung eines RNA-Stranges mit - -Polarität, an dem RNA-Moleküle mit ⊕-Polarität transkribiert werden • wesentlich: mit der Bildung des komplementären RNA-Stranges liegt virale RNA als doppelsträngiges RNA-Molekül vor • dieses Molekül induziert in der Wirtszelle Interferonbildung • in Zellen mit Interferonschutz löst doppelsträngige RNA Vorgänge aus, die weitere Virusvermehrung blockieren • Rhabdoviren: (z.B. Tollwuterreger) • eingedrungene Virus-RNA hat - -Polarität → kann nicht als m-RNA fungieren • bleibt auch nach dem Uncoating mit einem Teil der viralen Proteine verbunden, da vermutlich Information nur aus helikal gewundener Struktur des Nukleokapsids ablesbar • Transkription der RNA mit ⊕-Polarität durch viruseigene Polymerase → m-RNA • Replikation der --RNA, die in Virionen eingebaut wird, doppelsträngiges Stadium von ⊕- und --RNA • auch hier Doppelstrang Signal für die Bildung von Abwehrreaktionen der Wirtszelle • Retroviren: (Leukämieviren, AIDS-Viren, Viren, die Tumorbildung auslösen) • RNA der Retroviren durch viruseigene, mit in die Wirtszelle eingebrachte DNA-Polymerase, reverse Transkriptase zu doppelsträngiger ringförmiger DNA transkribiert • diese im Cytoplasma gebildeten ringförmigen DNA-Moleküle gelangen in den Zellkern, wo sie in die DNA des Wirtsgenoms eingebaut wird → wesentlicher Vorgang zur Transformation einer Zelle, kann zu Tumorwachstum führen • Entdeckung der reversen Transkriptase eröffnete Möglichkeit beliebige RNA in DNA zu transkribieren → Gensynthese in der Gentechnologie • Kenntnis der unterschiedlichen Vermehrungsstrategien von Viren ist Voraussetzung für Suche nach spezifisch wirkenden Virustatika sowie das Verstehen von zellulären Abwehrmechanismen • außerdem Aufschluß über molekulare Grundlage der Zelltransformation und schließlich wichtige Werkzeuge (reverse Transkriptase) für die Gentechnologie • Entdeckung der reversen Transkriptase klärte auf, daß der Informationsfluß auch von RNA zu DNA und nicht nur umgekehrt möglich 95 • Zusammenbau der neusynthetisierten Virusbausteine, „Reifung“ der Viren • unabhängig von der Vermehrungsstrategie werden getrennt gebildete Nukleinsäuremoleküle und Kapsidproteine durch Selbstaggregation zu fertigem Virion zusammengefügt • Viren mit kubischer Symmetrie: Bildung leerer Kapside, in die Nukleinsäure eingebaut wird • Zusammenbau der Virusproteine zu Kapsomeren und deren Zusammenlagerung zu Kapsiden unter Zuhilfenahme ordnender Hilfsstrukturen und energiereicher Bindungen • neugebildete Viren in der Zelle mit dem Elektronenmikroskop sichtbar → Phase der Eklipse beendet • aus einem Molekül Virusnukleinsäure könne in einem Vermehrungsvorgang Hunderte bis Tausende neuer Viren entstehen • Vermehrung von Polioviren, Pocken: im Cytoplasma; Herpesviren u.a. im Zellkern • Ausschleusung der neugebildeten Viren • Ausschleusung von Viren ohne Lipidhülle durch Exocytose oder Akkumulation in der Wirtszelle bis zu deren Lyse • Viren mit Lipidhülle: Lipidhülle: virusspezifisch veränderte Biomembran der Zelle, entweder Kernmembran (Herpesviren) oder Cytoplasmamembran (Influenzaviren) • Lipide der Hülle stammen von Biomembran der Wirtszelle, Proteine virusspezifisch und werden in die Membran neu eingebaut • an den Stellen an den reifes Virus aus der Zelle ausgeschleust wird werden die wirtszelleigenen Proteine aus der Membran ausgebaut und durch viruseigene ersetzt • Nukleokapsid verbindet sich mit der an der Innenseite veränderten Membran und bewirkt deren Ausstülpung • schließlich löst sich ausgestülpter Membranteil ab und schließt sich als Hülle um das Nukleokapsid Zusammenfassung • Viren sind Partikel aus Nukleoproteinen • besitzen keine zelluläre Organisation und verfügen nicht über eigene Enzymsysteme zur Energiegewinnung • zur Vermehrung auf den Stoffwechsel von Wirtszellen angewiesen • obligate Zellparasiten • Größe zwischen 30 und 300 nm • nur ein Typ von Nukleinsäuren, entweder DNA oder RNA • in vielen Fällen wirkt Nukleinsäure allein infektiös • manche Viren von Hülle aus Lipiden umgeben (Influenza- und Herpesviren) 96 • nach Aufbau Unterscheidung von kubisch und helikal gebauten Viren • Pockenviren haben komplexere Struktur • Vermehrung nur in lebenden Zellen möglich • Absorption des Virus an der Zelloberfläche durch spezifische Erkennungsprozesse • Einschleusung erfolgt über unterschiedliche Mechanismen • in der Zelle Freisetzung der Nukleinsäure, die schließlich ihre eigene Vermehrung und die Bildung von Enzymen und Kapsidproteinen steuert • neugebildete Moleküle von Virusnukleinsäure und Kapsidproteinen zu neuen Viren assoziiert • Freisetzung der neuen Viren durch Lyse der Wirtszelle oder durch Endocytosevorgänge 3.2 Mikroorganismen als Leistungsorganismen Mikroorganismen finden als Leistungsorganismen vor allem in der Biotechnologie Verwendung. Die Biotechnologie hat mit Beginn der 60er Jahre eine weltweite Entwicklung erfahren. Sie hat sich als eine umfassende Nutzung biologischer Prinzipien für weitgefächerte Produktionszweige etabliert. Im Vergleich zu anderen, herkömmlichen, Industrietechnologien ist sie eine sehr junge Technologie, die erst 1989 von der Europäischen Förderation definiert worden ist. Derzeit stellt sie den in der Wirtschaft am stärksten expandierenden Sektor dar. In ihren Entwicklungsraten liegt sie deutlich noch vor der Medienindustrie. Die Biotechnologie ist ein Fachgebiet, das sich mit der Nutzung biologischer Prozesse im Rahmen technischer Verfahren für industrielle Produktionen und Dienstleistungen befaßt. Sie schließt die Nutzung biologischer Techniken, insbesondere molekular-biologischer Methoden, für die medizinische Diagnose und Therapie ein. Biotechnologische Verfahren beruhen gegenwärtig vor allem auf der Nutzung von Mikroorganismen (MO). Die Biotechnologie ist ein interdisziplinäres Fach, das durch die integrative Nutzung der Erkenntnisse der Biowissenschaften ( Mikrobiologie, Biochemie, Zellphysiologie, Genetik etc.), der Verfahrenstechnik (mechanische VT, thermische VT, chemische VT), der Technischen Chemie und weiteren Wissenschaftsdisziplinen gekennzeichnet ist. Immanenter Bestandteil von biotechnologischen Verfahren sind Meß-, Steuer- und Regeltechnik. Biotechnologie ist heute ohne computergestützte Prozessführung nicht mehr denkbar. Als Basistechniken der Biotechnologie gelten Zellkulturtechnik, Enzymtechnik, Gentechnik, Proteintechnik und Immuntechnik. Diese Techniken werden in die technischen Verfahren integriert bzw. für deren Entwicklung genutzt. Biotechnologische Verfahren lassen sich klassifizieren nach der Art des Sytems, dessen katalytische Aktivität, die Grundlage der Stoffumwandlung ist, und nach dem Ziel, das das jeweilige Verfahren erreichen will. 97 Biotechnologische Verfahren werden seit der Menschheitsgeschichte von Menschen genutzt. Sie haben eine weitzurückreichende Historienentwicklung. Technisch nutzbare MO werden aufgrund ihrer biotechnologisch relevanten Eigenschaften und Merkmale ausgesucht und ihr Leistungsvermögen genutzt. Das Leistungsvermögen eines MO ergibt sich aus den spezifischen cytologisch-morphologischen und physiologisch-biochemischen Eigenschaften. Diese Eigenschaften haben sowohl Vorteile als auch Nachteile in Hinblick auf die Prozessführung. Vorteile sind u.a. hohe Vermehrungsgeschwindigkeiten und Bildung großer Mengen an Biomasse, vielfältige Synthese und Abbauleistungen bei intensivem Substratumsatz, Normalbedingungen für die Prozessführung, hohe Spezifikation von Stoffwechselprodukten. Nachteile sind äußerste Empfindlichkeit gegenüber von Milieubedingungen, genetische Instabilität, Hemmung des Stoffwechsels durch Stoffwechselendprodukte, hoher Aufwand an Meß-, Steuer- und Regelungstechnik. Technisch eingesetzte MO sind derzeit vor allem Bakterien, vegetative Zellen mit Endosporen, Hefezellen, Viren und Phagen. Darüber hinaus kommen zunehmend Enzyme, Design-Proteine und selektierte zellulare Strukturen mit spezifischen Eigenschaften zum Einsatz. Von großer Bedeutung für den biotechnologischen Prozess sind Wachstum und Vermehrung. Entscheidend sind dabei für das biotechnologische Verfahren die Fähigkeit zur Kolonie- bzw. zur Populationsbildung. Die stoffwechselphysiologische Aktivität der MO wird maßgeblich durch das Oberflächen-Volumen-Verhältnis bestimmt. Die für das Wachstum der MO bereitzustellenden Substrate müssen die Elemente vorrätig halten, die der MO für seine Proteinbiosynthese braucht. Elementare Zusammensetzung der MO und Substratzusammensetzung stehen in einem unbedingten Zusammenhang. Während die Bakterien sich durch einfachen Zellteilung, in der Regel Querteilung, vermehren, unterscheidet man bei den Pilze in sexuelle und in asexuelle Vermehrung. Pilze können dimorph sein. Der Dimorphismus kann ontogenetisch aber auch umweltbedingt sein. Die sexuelle Vermehrung von Pilzen erfolgt über Plasmogamie, Karyogamie und Meiose. Pilze können monözisch und diözisch sein. Man unterscheidet in homothallische und heterothallische Pilze. Biotechnolgisch relevante Bakterien sind u.a. Lactobacillus, Leuconostoc, Streptococcus, Acetobacter, Escherichia, Pseudomonas, Zymomonas Clostridium, Thiobacillus, Cyanobakterium, Streptomyces, Nocardia, Methanobacterium, Methanosarcina, Sulfolobus. Biotechnologische relevante Pilze sind u.a. Rhizomucor, Rhizopus, Saccharomyces, Hansenula, Claviceps, Gibberella, Aspergillus, Penicillium, Trichoderma, Candida, Torula. Als Viren seien genannt Kern-Polyederviren (Baculovirus), Picorna-Viren, Polio-Viren. 98 Weiterfpührende Informationen zu technisch relevanten MO sind der Arbeitsblattsammlung zu entnehmen Die physiologische Aktivität der MO ist maßgeblich abhängig von den Millieufaktoren Wasseraktivität, pH-Wert, Redoxpotential, Temperatur und Druck. Die Wasseraktivität ist über den sogenannten aw _-Wert definiert, der die tatsächliche Menge an Wasser statiert, die ein MO für seine physiologische Aktivität braucht. Jeder MO hat einen minimalen aw -Wert, bei dem gerade noch eine Entwicklung des MO möglich ist. Eine Erniedrigung des Wertes bedeutet Wachstumshemmung. Die Empfindlichkeit der MO gegenüber niedrigen aw -Werten ist sehr unterschiedlich. Jede Zelle muß den intrazellulären pH-Bereich aufrecht erhalten. Der Toleranzbereich der Bakterien und der Pilze gegenüber dem pH-Wert ist dabei sehr weit gesteckt. Einer Erniedrigung des pH-Wertes des Mediums wird z.B. durch Ausscheiden und Bildung sauer reagierender Metabolite sowie durch Abgabe von Protonen entgegengewirkt. Auch N-Quellen können infolge einer Verwerfung des Stoffwechsels in der Zelle den pH-Wert drastisch verändern. Eine indirekte Wirkung besteht auch auf die Permeabilität der Zellwand/membran, die pH-abhängig ist in Hinblick auf Säuren. In Abhängigkeit vom pH-Wert bewirken undissoziierte und schwach dissoziierte Säuren eine stärkere Wachstumshemmung als dissoziierte. Die Toxizität von Stoffen ist ebenfalls pH-Wert abhängig. Unter dem Einfluß von pH-Wert Änderungen können große Mengen an toxischen Verbindungen entstehen. Häufig verändern die vom MO ausgeschiedenen Stoffwechselprodukte den pH-Wert des Millieus. Die Statierung des pHWertes spielt bei biotechnologichen Prozessen eine zentrale Rolle. Redoxpotentiale sind Summenpotentiale, die sich aus den in inem System ablaufenden Reduktions- und Oxidationsreaktionen ergeben. Das Redoxpotential genügt der Nernstschen-Gleichung und ist aktivitätsabhängig. Der aus der Nernstschen-Gleichung abgeleitete rH2Wert charakterisiert alle möglichen Redoxbedingungen für wäßrige Lösungen aller möglichen Sättigungsgrade mit Wasserstoff und Sauerstoff bzw. die Richtung der Elektronenverschiebung. Durch Redoxpotentialstatierung können hohe Stoffwechselaktivitäten in biotechnologischen Verfahren gewährleistet werden. Andereseits dient die Erfassung der Kontrolle des Prozesses. Der Temperaturbereich, in dem MO ohne Schädigung wachsen, wird als biokinetischer Temperaturbereich bezeichnet. Er umfaßt drei Kardinalpunkte: T min, Topt und Tmax. Für den suboptialen Bereich gilt eine auf die Bedingungen zugeschnittene modifizierte Arrhenius-Gleichung. Im Bereich superoptimaler Temperaturen wird bereits Wachstumshemmung durch Desaktivierung oder ggf. Denaturierung bewirkt. Bei thermotoleranten MO liegt Topt im oberen mesophilen Bereich. Die Temperaturempfindlichkeit ist auch vom Substrat abhängig. Thermostabilität kann durch Zusatz von Agenzien erreicht werden. 99 Der Temperaturstatierung kommt eine zentrale Rolle in der Biotechnologie zu. Viren und Phagen können als biotechnologisch nutzbare MO zum Einsatz kommen. Häufig treten sie aber als Störkomponenten in biotechnologischen Prozessen auf. Die Vermehrung von virulenten Viren und Phagen führt zur Lyse einer Wirtszelle. Dieser cytopathogene Effekt bewirkt die Ausbildung sogenannter Plaques auf den MO-Kulturen. Bei Hefen tritt häufig das sogenannte Killerphänomen auf. Hefen (vor allem Saccharomyces, Candida, Picha, Hansenula, u.a.) bilden Killertoxine. Killerstämme enthalten virusähnliche Partikel (Genome) , die in der Lage sind in Folge eine RNA-Replikation, Killertoxine zu bilden. Killertoxine sind Polypeptide bzw. Glucoproteine, die vorwiegend extrazellulär wirksam sind. Sie sind relativ instabil. Sie wirken vorwiegend gegen eukaryotische Zellen. Ein bedeutende Rolle bei der Findung geeigneter MO für biotechnologische Prozesse und Verfahren spielt die Gentypoptimierung. Ziel dieser Optimierung ist die Leistungserweiterung des MO. Man unterscheidet dabei in Erzeugung von Mutationen und Rekombinationen, in Protoplastenfusion, in Plasmid- und Troposomentechnik und in Gentechnik. Darüber hinaus werden Stammselektion und Stammoptimierung genutzt, neue leistungsfähige MO zu finden und zu nutzen. Spezielle Stoffwechselprozesse, die von MO in Hinblick auf in gewünschtes Produkt ausgeführt werden, sind der weiterführenden Fachliteratur bzw. dem Praktikumsscript entnehmen. Im Praktikumsskript sind enthalten: § § § § § § § § die Gewinnung von Streptomycin mit Hilfe von MO die Gewinnung von Penicillin mit Hilfe von MO die Gewinnung von Ethanol mit Hilfe von MO die Gewinnung von Milchsäure mit Hilfe von MO die Konservierung von Lebensmitteln mit Hilfe von MO die Ausnutzung der Stoffwechselaktivität von MO beim vorbereitenden Backprozeß die Gewinnung von Proteasen über MO Gewinnung von Biomasse (Basidiomyceten) 100 Begriffsdefinitionen 1. Biosphäre: Gesamtheit der lebenden Materie auf und in der Erde, in der See und der Atmosphäre: 2. Konfiguration: Anordnung der Substiuenten um ein asymmetrisches CAtom herum. 3. Konformation: dreidimensionale Makromoleküls Anordnung und Form eines 4. Denaturierung: Partielle oder vollständige Entfaltung der spezifischen nativen Konfiguration der Polypeptidkette eines Proteins. 5. Renaturierung: Wiederauffaltung eines entfalteten globulären Proteins. 6. Amphiphatische Verbindungen: Verbindung, die sowohl polare als auch unpolare Regionen enthält. 7. Chirale Verbindungen: Verbindungen mit einem asymmetrischen Zentrum, die in Form zweier spiegelbildlicher , nicht deckungsgleicher Isomeren vorkommen können. 8. Enantiomere, Spiegelbildisomere, optische Antipoden: Isomere, die sich spiegelbildlich gleichen, aber nicht miteinander in Deckung gebracht werden können. 9. Diastereoisomere: Paar von Stereoisomeren, die in Bezug auf ein zweites asymmetrisches Zentrum isomer angeordnet sind. Für jedes der beiden Isomeren hinsichtlich des ersten asymmetrischen Zentrums existiert ein solches Paar von Diastereoisomeren. 10. Anomere: zwei Stereoisomere eines gegebenen Zuckers, die sich nur in der Konfiguration um das Carbonyl- (anomerische) Kohlenstoffatom unterscheiden. 11. Links- (rechts-)drehendes Isomeres: Isomeres, polarisierten Lichts nach links (rechts) dreht das die Ebene 12.Grundzustand: stabile Form eines Atoms oder Moleküls 101 13.Angeregter Zustand: Energiereicher Zustand eines Atoms oder Moleküls, der auftritt wenn ein Elektron aus seinem stabilen Orbital auf ein Orbital höherer Energie angehoben wird; z.B. infolge von Strahlungsabsorption 14.hydrophil: wasseranziehend; bezieht sich auf Moleküle oder Gruppen, die mit Wasser chemisch reagieren oder sich mit physikalisch assoziieren können. 15.hydrophob: wasserabstoßend; bezieht sich auf unpolare Moleküle oder Gruppen, die nicht in Wasser löslich sind 16.Biomolekül: organische Verbindung, die als essentielle Verbindung in lebenden Organismen vorkommt. 17.Bausteinmolekül: Molekül, das strukturelle Einheit eines biologischen Makromoleküls darstellt. z.B. Aminosäure, Zucker, Fettsäure 18.Metabolit: chemisches Zwischenprodukt, das bei enzymkatalysierten Reaktionen im Stoffwechsel entsteht. 19.Antibiotikum: von lebenden Zellen gebildete oder aus ihnen oder ihren Stoffwechselprodukten isolierte, reproduzierbare Substanz oder ihre Derivate, die hemmende, statische, degenerative, lytische, abtötende Wirkung gegen pflanzliche oder tierische Mikroorganismen haben. Sie besitzen keinen Enzymcharakter und wirken in geringer Konzentration. Auf die erzeugende Mikroorganismenart üben sie keine Wirkung aus. Insgesamt handelt es sich um eine außerordentlich heterogene Gruppe von Naturstoffen. Die unsachgemäße Anwendung von Naturstoffen kann zur Entwicklung resistenter Stämme führen. 20.Antigene: Molekül, das die Fähigkeit besitzt, bei Vertebraten die Synthese eines spezifischen Antikörpers zu induzieren. 21.Antikörper: Abwehrproteine, die der Körper höherer Organismen nach dem Kontakt mit Antigenen bildet. Sie besitzen spezifische Bindungseigenschaften für das Antigen, das die Bildung ausgelöst hat. Ihre biologische Bedeutung besteht in der Neutralisierung schädlich wirkender Antigene. 22.Alkaloide: Gruppe sekundärer Naturstoffe in Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen; enthalte Stickstoff in Ringbindung; starke physiologische Wirkungen; Name aufgrund der alkalischen Eigenschaften; Biogenese aus Aminosäuren 23.Endokrine Drüsen: Zellgruppen, die auf die Synthese von Hormonen und deren Exkretion ins Blut spezialisiert sind, wodurch andere Arten von Zellen reguliert werden. 102 24.Endergonische Reaktion: chemische Reaktion mit positiver Änderung der freien Energie; eine „Aufwärts“-Reaktion, bei der freie Energie verbraucht wird. 25.Exergonische Reaktion: chemische Reaktion, mit negativer Änderung der freien Energie; eine „Abwärts“-Reaktion, bei der freie Energie abgegeben wird. 26.Gekoppelte Reaktionen: zwei chemische Reaktionen mit einem gemeinsamen Zwischenprodukt, die dadurch die Möglichkeit bieten Energie von einer Reaktion zur anderen zu übertragen. 27.Gemeinsames Zwischenprodukt: chemische Verbindung, die an zwei chemischen Reaktionen teilnimmt; entweder als Produkt oder als Substrat. 28.Anaplerotische Reaktion: enzymkatalysierte Reaktion, die das Angebot an Intermediärprodukten im Tricarbonsäurecyclus ergänzt. 29.Stoffwechsel: enzymkatalysierte Transformation Nährstoffmolekülen in lebenden Zellen von organischen 30.Intermediärstoffwechsel: enzymkatalysierte Reaktionen, die die in Zellen chemische Energie von Nährstoffmolekülen verwerten und sie zum Bau von Makromolekülen verwenden; Reaktionen sind zum Zellwachstum nötig 31.Amphiboler Stoffwechsel: Stoffwechselweg, der sowohl für katabole als auch für anabole Reaktionen genutzt werden kann. 32.Anabolismus: Phase des intermediären Stoffwechsels, in der Zellkomponenten durch energieverbrauchende Reaktionen aus kleineren Vorstufen synthetisiert werden. 33.Katabolismus: Gesamtheit aller Stoffwechselreaktionen, bei denen Nährstoffmoleküle zur Energiegewinnung abgebaut werden. 34.Absorption = Resorption: Transport von Verdauungsprodukten aus dem Darmtrakt in das Blut 35.Multienzymsystem: Sequenz von Enzymen, die am Stoffwechsel teilnehmen. 103 36.Endprodukt-Hemmung: Hemmung eines Enzyms am Anfang einer Multienzym-Sequenz durch das Endprodukt des Stoffwechselweges, das als allosterischer Modulator wirkt. 37.Citratcyclus: cyclische Folge enzymatischer Reaktionen zur Oxidation von Acetylresten zu CO2 , deren erster Schritt die Bildung von Citrat ist.; ein zentraler Stoffwechselweg der Zellatmung. 38.Photosynthese: Enzymatische Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie und ihre Verwendung zur Synthese von Kohlenwasserstoffen und Sauerstoff aus Wasser und CO2 in grünen Pflanzenzellen. 39.Lichtreaktion: Reaktionen der Photosynthese, die Licht benötigen, d.h. im Dunkeln nicht ablaufen. 40.Dunkelreaktion: lichtunabhängige enzymatische Reaktionen in Zellen, die zur Photosynthese befähigt sind; diese Reaktionen hängen mit der Synthese von Glucose aus CO2, ATP und NADPH zusammen. 41.Atmungskette: Sequenz elektronentransportierender Proteine, die in aeroben Zellen Elektronen vom Substrat auf molekularen Sauerstoff übertragen. 42.Assimilation: Aufnahme von Nahrungsstoffen und deren Umwandlung in körpereigene Stoffe. 43.Dissimilation: Bezeichnung der Gesamtheit der energieliefernden Abbauprozesse des Stoffwechsels; notwendige organische Stoffe werden durch Assimilation gewonnen; in Pflanzenphysiologie: Gleichsetzung von Dissimilation und Atmung 44.Aerobier: Organismen, die zum Leben Sauerstoff benötigen. 45.Fakultative Anaerobier: Zellen, die sowohl mit als auch ohne Sauerstoff existieren können. 46.Anaerobier: Organismen, die ohne Sauerstoff leben können. 47.Autotrophe Organismen: Organismen, die ihre eigenen Makromoleküle aus sehr einfachen Stoffen z.B. CO2 und NH3 bilden können. 48.Heterotrophe Organismen: Organismen, die komplexe Nährstoffmoleküle, wie Glucose, Aminosäuren u.a. zur Energieerzeugung und als Bausteinmoleküle für die Synthese von Makromolekülen benötigen 104 49.Toxizität = Giftigkeit: Giftwirkung einer Substanz gemessen am Grad der Schädigung des Organismus oder der Todesrate der Population; Phytotoxizität → giftig gegenüber Pflanzen; Zytotoxizität → giftig gegenüber Zellen 50.Pathogenität: Eigenschaft von Substanzen, psychischen Faktoren oder Mikroorganismen Krankheiten hervorzurufen 51.Mutation: spontan entstehende oder durch Mutagene experimentell induzierte qualitative oder quantitative Änderung des genetischen Materials 52.Modifikation: durch spezielle Entwicklungsbedingungen hervorgerufene Veränderung des Erscheinungsbildes; wird nicht auf Nachkommen übertragen; ist Gestaltsänderung bei Änderung der äußeren Bedingungen, die zu ihr geführt haben, beständig → Dauermodifikation 53.Totipotenz = Omnipotenz: Erscheinung, daß alle lebenden Zellen eines Organismus in ihrem Bestand an Erbinformationen der Eizelle und sonst auch untereinander gleich sind, Grund: bei mitotischer Teilung wird gesamte DNS gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt; bei differenzierten Zellen Potenzunterdrückung, nicht Verlust → aus Pflanzenblatt bildet sich neue Pflanze 54.Vertebraten: Wirbeltiere 55.Parenchym: 1) pflanzliches Grundgewebe; 2) bei Plattwürmern zwischen den Zellen liegendes Füllgewebe; 3) bei Wirbeltieren: Organgewebe der eigentlichen Organe (Leber-, Nieren-, Pankreasparenchym), Gegensatz: interstitielles Bindegewebe und Haut der Organe 56.Agar-Agar: gelierfähiges Polysaccharid, das aus verschiedenen Meeresrotalgen gewonnen wird; Benutzung zur Herstellung von Nährböden; Verflüssingung bei 100°C, Verfestigung bei 45°C; Vorteile gegenüber Gelatine: bei 37°C noch fest, keine Stickstoffverbindungen → wird nur von wenigen Mikroorganismen abgebaut und damit verflüssigt 57.in vitro: (Lat.: im Glas) bezieht sich auf Experimente die mit Zellen, Geweben oder zellfreien Extrakten „in (Glas-) Reaktionsgefäßen“ durchgeführt werden. 58. in vivo: (Lat.: im Leben): bezieht sich auf Experimente im lebenden, intakten Organismen 105 Arbeitsblatt : 1 106 Arbeitsblatt : 2[1] Arbeitsblatt : 2 [2] 107 Arbeitsblatt : 3 Arbeitsblatt : 4[1] 108 Arbeitsblatt : 4[2] 109 Arbeitsblatt : 5[1] Arbeitsblatt : 5[2] Arbeitsblatt : 5[3] 110 Arbeitsblatt : 6 Arbeitsblatt : 7[1] 111 Arbeitsblatt : 7[2] 112 Arbeitsblatt : 8 Arbeitsblatt : 9 113 Arbeitsblatt : 10[1] Arbeitsblatt : 10[2] 114 Arbeitsblatt : 11 115