Vorlesungsscript

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Fachhochschule für Technik und Wirtschaft,
Fachbereich Umweltverfahrenstechnik, Lehrgebiet Biologie
Dr. rer. nat. Regine Grafe, Lehrbeauftragte
Vorlesungsscript - Biologie/Umweltmikrobiologie -
1
Inhaltsverzeichnis
Seite
1
Einleitung
3
1.1
Grundlagen biochemischer Prozesse
3
1.2
Aminosäuren und Peptide
9
1.3
Proteine
12
1.4
Enzyme und Co-Enzyme
18
1.5
Fette und Lipide
28
1.6
Kohlenhydrate
33
1.7
Nucleinsäuren
41
1.8
Nucleinsäuresynthese und Expression
der genetischen Information
47
2
Zellulare Strukturen
51
2.1
Aufbau und Funktion der Zelle
51
2.2
Stoffwechsel der Zelle
63
2.3
Replikationsprozesse der Zelle
70
3.0
Mikroorganismen
71
3.1
Bakterien, Pilze, Viren, Virionen und Bakteriophagen
73
3.2
Mikroorganismen als Leistungsorganismen
97
Begriffsdefinitionen
101
2
1.
Einleitung
Das Lehrgebiet Biologie, das sich in den Rahmen der Ausbildung zum
Ingenieur für Umweltverfahrenstechnik oder auch für Ingenieure mit der
Vertiefungsrichtung Umweltanalytik einbindet, setzt sich in seiner
Gesamheit aus einem theoretischen Teil, der grundlegende Kenntnisse von
biochemischen Prozessen in lebenden Strukturen vermittelt und einem
relativ eng konfektionierten Teil der Umweltmikrobiologie, der ausgewählte
zellulare Strukturen und Systeme, die sowohl im technischen
Umweltschutz,
z.B.
bei
Bodendekontaminationen
oder
der
Abwasseraufbereitung etc., als auch solche Mikroorganismen, die als
Leistungsorganismen in den verschiedenen Bereichen der Biotechnologie
zum Einsatz kommen, beinhaltet, zusammen.
Als eine wesentliche Ergänzung dieses theoretischen Teils fungiert das
biologische Praktikum, das sich diesen Inhalten implementiert. Das
Praktikum ist immanenter Bestandteil dieser Ausbildung.
Zu den zu erarbeitenden Versuchen liegt ein umfangreiches Studien- und
Anleitungsmaterial vor.
Eine Weiterführung und fachliche Vertiefung finden die Inhalte des
Lehrgebietes Biologie/Umweltmikrobiologie in dem im 6. oder 7. Semester
angebotenen
Lehrgebiet
Grundlagen
der
Biotechnologie.
Schwerpunktmäßig werden in diesem biotechnologische Prozesse zur
Herstellung und Gewinnung von Bioprodukten wie biotechnologisch
gewonnene Nahrungs- und Genußmittel oder Pharmazeutika etc. und die
Herausforderungen
des
molekularen
Design
abgehandelt.
Auf
grundlegende Prozeßparameter wird eingegangen.
1.1
Grundlagen biochemischer Prozesse
Die Biochemie beschäftigt sich mit den in lebenden Strukturen und
Systemen
in
unterschiedlichsten
Verknüpfungen
vorkommenden
Kohlenstoff. Die organische Chemie oder auch die Chemie der
Kohlenwasserstoffe stellen eine wichtige Grundlage für die Biochemie dar.
Naturtoffchemie und Biochemie haben fließende Grenzen. Um
biochemische Prozesse verstehen zu können, bedarf es guter Kenntnisse
der allgemeinen und der organischen Chemie. Biochemische Prozesse sind
eng an Leben gebunden, d.h. die Umwandlung von Stoffen während der
funktionalen Lebensbedingungen (Stoffwechsel) sind biochemische
Reaktionen.
Für das Verständnis dieser Prozesse werden Kenntnisse der chemischen
Bindung
(Atombindung,
Ionenbeziehung,
Nebenvalenzbindung,
Wasserstoff-Brückenbindung, Hydrophobe Bindungen) benötigt.
Eine zentrale Rolle bei Reaktionen in lebenden Strukturen spielt das
Wasser. Im Zusammenhang mit biochemischen Reaktionen werden
Kenntnisse über den Dipol-Charakter des Wassers, zu Wasser als
Lösungsmittel, zur Rolle des Wassers bei der Dissoziation, zur Reaktion mit
Wasser, für die Hydrolyse erforderlich.
Die Biochemie beschäftigt sich mit den Kohlenstoffverbindungen in
lebenden Strukturen, deshalb ist es für das Verständnis solcher
Verbindungen
und
deren
Verhalten
unumgänglich,
daß
die
3
Kohlewasserstoffe in ihrem Grundkörper bekannt sind und die
grundlegenden Reaktionsmechanismen beherrscht werden.
Von großer Bedeutung sind die Strukturen der Kohlenwasserstoffe. Sie
werden unterschieden in aliphatische und cyclische Kohlenwasserstoffe,
oder auch in Aliphaten und Aromaten. Die Strukturen ihrerseits
unterscheiden sich in gesättigte und ungesättigte Kohlenwasserstoffe und
bei den cyclischen Kohlenwasserstoffen unterscheidet man je nach
Ausbildung in verschiedene Ringsysteme, z.B. carbozyklische, N-haltige
und O-haltige Ringsystemen, die ihrerseis wieder gesättigt bzw. ungesättigt
sein können.
Ringförmige Kohlenwasserstoffe können heterozyklisch oder homozyklisch
sein, sie können mit anderen Ringsystemen kondensiert vorliegen.
Bei der Darstellung von organischen Verbindungen bedient man sich einer
starken Vereinfachung über Teilstrukturformeln bzw. nur der Angabe von
"Skeletten". Die Art der Bindung (Doppelbindung, Dreifachbindung,
Einfachbindung) wird in aller Regel eingetragen. Auf das Eintragen von CSymbolen oder auch von H-Symbolen wird häufig verzichtet. Man setzt das
Wissen dazu voraus.
Im Arbeitsblatt sind einige wichtige, unter dem Gesichtspunkt von
biochemischen Prozessen ausgewählte, Molekülgrundkörer dargestellt.
Der Klassifizierung organischer Verbindungen dienen in Hinblick auf
mögliche Reaktionsfelder auch die funktionellen Gruppen. Eine Viezahl von
Verbindungen tragen so einen gemeinsamen Namen, d. h. alle diese
Verbindungen haben die gleiche funktionelle Gruppe, z.B Alkohole,
Alkanale, Ketone, Carboxylsäuren, Amine etc.
Die Kenntnis der funktionellen Gruppe ist von entscheidender Bedeutung
bei der Bewertung bzw. Verfolgung von biochemischen Reaktionen. In
diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, daß im
wissenschaftlichen Schrift- und Sprachgebrauch nicht immer einheitliche
Benennungen verwendet werden, z.B. die Bezeichnung Alkanal ist
identisch mit der Bezeichnung Aldehyd. Besonders bei biochemischen
Reaktionen, die in der Technik oder auch in der Medizin von Bedeutung
sind, treten solche inhomogenen Sprachgebrauche auf.
Stellvertretend seien hier einige biochemisch bedeutsame funktionelle
Gruppen genannt:
- Hydroxy-Gruppe als funktionelle Gruppe der Alkohole, man unterscheidet
in primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole.
- Die phenolische Hydroxy-Gruppe steht an einer Doppelbindung, die in
das mesomere aromatische System einbezogen ist.
- Amino-Gruppe als funktionelle Gruppe der Amine, man unterscheidet in
primäre, sekundäre, tertiäre und quartäre Amine
- Carbonyl-Gruppe als funktionelle Gruppe der Aldehyde (Alkanale) und
Ketone;
von großer Bedeutung ist die Fähigkeit der Halbacetalbildung,
4
insbesondere was die wichtige Stoffgruppe der Kohlenhydrate angeht.
- Imino-Gruppe als funktionelle Gruppe der Imine.
Von besonderer Wichtigkeit ist hier das Guanidin.
- Carboxy-Gruppe als funktionelle Gruppe der Carbonsäuren. Carbon- oder
auch Caboxy- Säuren sind organische Säuren, die durch Mesomerie
zwei gleichberechtigte O-Atome haben. Diese Verbindungsgruppe kann
Abhängigkeit vom Vorhandensein anderer funktioneller Gruppen
verschiedene Derivate bilden.
So entstehen z.B. Säureamide und Säureester. Sie sind aber auch zu
ganz normaler Dissoziation fähig und bilden Salze.
Im Arbeitsblatt sind einige ausgewählte biochemisch bedeutsame Säuren
und Salze dargestellt.
Die chemischen Eigenschaften einer Verbindungsklasse, wie die der
Alkohole oder der Carbonsäuren wird weitestgehend von deren
funktioneller Gruppe bestimmt.
Carbonsäuren haben die Fähigkeit der Dissoziation, d.h. sie dissoziieren in
wäßriger Lösung in Protonen und in ein Carboxylat-Anion, das durch
Mesomerie stabilisiert ist.
Die meisten organischen Säuren liegen bei physiologischen pH-Wert als
Anionen vor, d.h. als Salze. Die Namen dieser Salze leiten sich aus den
lateinischen Namen der Säuren ab, z.B Natriumacetat (nicht
Natriumessigat).
In der Biochemie werden diese Namen-Fragmente auch gern benutzt, auch
wenn man das Gegenion nicht kennt. Man spricht also z.B. von Acetaten.
Die
Dissoziation
der
Carbonsäuren
unterliegt
den
gleichen
Gesetzmäßigkeiten wie alle andere Säuren oder Basen auch, sie genügt
dem Massenwirkungsgesetz und dem Ionenprodukt des Wassers, dem pHWert. Die Dissoziationskonstante dieser Säuren wird mit Ka bezeichnet
(a entspricht acid).
Von außerordentlich hoher Bedeutung ist in der Biochemie bzw. in den
physiologischen Gleichgewichten von lebenden Strukturen die Fähigkeit der
sogenannten Pufferung. Puffer-Systeme genügen ebenfalls den Gesetzen
der Dissoziation. Ihre Wirkungsweise wird aus dem Massenwirkungsgesetz
verständlich.
Sie dienen in jedem Falle einer Stabilisierung des pH-Wertes. Als PufferGemische eignen sich im allgemeinen schwache Säuren oder schwache
Basen im Gemisch mit ihren Salzen. Sie puffern am besten im Bereich des
pK-Wertes. In der Biochemie finden vor allem Phosphatpuffer, Citratpuffer,
Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan-puffer (Tris) etc. Anwendung.
Biochemisch wichtige Reaktionen
Alle biochemischen Reaktionen werden durch Enzyme (Fermente)
katalysiert. Enzyme und auch die besondere Spezie der Coenzyme stellen
Biokatalysatoren dar, deren Wirksamkeit prinzipiell mit der Wirksamkeit von
Katalysatoren in der anorgnisch-technische Chemie übereinstimmt. Eine
5
besondere Definition des Biokatalysators ist somit nicht erforderlich.
Enzyme wirken im wäßrigen Medium bei annähernd neutralem pH und in
engen Temperaturbereichen. In lebenden Strukturen wirken Enzyme in den
Zellen. Mit den Fortschritten in der Biotechnologie sind zunehmend aber
auch enzymatisch katalysierte biochemische Reaktionen außerhalb von
zellularen Strukturen bekannt (in vitro).
Auf die Prinzipien der biochemischen Katalyse wird jedoch im Verlaufe
dieses Scriptes nochmals eingegangen werden.
Die Vielzahl von biochemischen Reaktionen lassen sich in einige Gruppen
klassifizieren.
Dehydrierung (Oxidation) und Hydrierung (Reduktion)
Beide
Reaktionstypen
entsprechen
grundlegend
den
Elektronenübergangsprozessen,
die
für
chemische
Reaktionen
charakteristisch sind. Es handelt sich in aller Regel um reversible
Vorgänge.
Durch Dehydrierung werden
-
Akohole in Carbonyl-Verbindungen umgewandelt
-
gesättige Verbindungen werden zu ungesättigten Verbindungen
-
Aldehyde werden zu Carbonsäuren (diese Reaktion ist nicht so ohne
weiteres reversibel zu gestalten)
-
Amine werden zu Iminen, die anschließend zu Carbonyl-Verbindungen
hydrolysieren ( auch diese Reaktion ist nicht so ohne weiteres
umkehrbar, Ausnahme: Transaminierung)
-
Reaktionen mit Sauerstoff
Bei einigen biochemischen Reaktionen ist molekularer Sauerstoff der
Reaktionspartner. Von der Elektronenkonfiguration her ist bekannt, daß
der Sauerstoff ein, zwei oder vier Elektronen aufnehmen kann. Wird ein
Elektron eingelagert, so entsteht das Superoxidradikal-Anion, das ein
äußerst reaktives Ion ist, welches eine Vielzahl von organischen Stoffen
angreift und zerstören kann. Die in zellularen Strukturen vorliegende
Superoxid-Dismutase, ein Enzym, zerlegt dieses Radikal in Sauerstoff
und in Wasserstoffperoxid. Diese Elektronenübergangsreaktion wird
von vielen Dehydrogenasen (Enzymgruppe) realisiert. In welchen Formen
beide Verbindungen in der Zelle vorliegen, wird allerdings in der
Wissenschaft noch konträr dikutiert.
Die Übertragung von vier Elektronen auf ein Sauerstoffmolekül führt zur
Bildung von Wasser. Diese Reaktion setzt sehr viel Energie frei. Enzyme,
die diese Reaktion katalysieren enthalten meist Kupfer.
Die wichtigste Reaktion dieser Art ist die Bildung von Wasser in der
Atmungskette der Mitochondrien.
Enzyme, die Sauerstoff direkt in ein organisches Molekül einführen, heißen
Oxygenasen. Sauerstoff spielt für alle aerob lebenden zellularen Strukturen
6
eine erhebliche Bedeutung. Da er im wäßrigen Medium nur mäßig löslich
ist, wird ein kompliziertes Transportsystem notwendig.
Im Blut wird der Sauerstofftransport z.B. durch das Transportsystem
Hämoglobin der roten Blutkörperchen realisiert. Das Sauerstoffmolekül
kann indessen sehr gut durch Lipidmembranen treten und dadurch in die
Zelle und an den Ort der Zellatmung, die Mitochondrien, gelangen.
Gruppenübertragende Reaktionen (Gruppentransferreaktionen)
Bei dieser Art von Reaktionen werden ganze Gruppen von einem Molekül
auf ein anderes mit Hilfe von sogenannten gruppenübertragenden Enzymen
übertragen. Meist verlaufen diese Reaktionen nucleophil nuceophile
Substitution).
Bei diesen gruppenübertragenden Enzymen handelt es sich in aller Regel
um Coenzyme. Auf diese Art und Weise werden C-O-Bindungen, C-NBindungen und C-C-Bindungen geknüpft, wobei hochmolekulare
Verbindungen entstehen können. Auf die Komplexität dieser
Transferreaktionen und die dabei wirksam werdenden Enzyme bzw.
Coenzyme wird zu einem späteren Zeitpunkt noch eingegangen werden.
Hydrolyse
Hydrolysen können als Substitutionen betrachtet werden, bei denen das
OH-Ion in ein Molekül eintritt und dafür eine andere Gruppe das Molekül
verläßt.
Knüpfung von C-C-Bindungen
Die Knüpfung von C-C-Bindungen vollzieht sich meist als eine nucleophile
Addition einer CH-aciden Komponente. Typische Reaktionen dafür sind die
Aldol-Addition, die Bildung von .beta.-Carbonyl-Verbindungen nach dem
Prinzip der Esterkondensation und die Carboxylierung von Ketonen und
Acyl-CoA-Verbindungen (CoenzymA) und deren reversible Reaktion der
Decarboxylierung unter Lösung der C-C-Knüpfung. C-C-Bindungen können
aber auch durch andere Reaktionen geknüpft werden.
Die C-C-verknüpfungen werden von der Enzymgruppe Lyasen katalysiert.
Andere Lyasen bewirken die Anlagerung von Wasser oder Ammoniak an
Kohlenstoff-Doppelbindungen
bzw.
deren
Eleminierung
durch
Eleminierungsreaktionen.
Weitere Verknüpfungsenzyme sind die Gruppe der Isomerasen, die
Isomerisationreaktionen katalysieren und die Gruppe der Ligasen, die eine
Vielzahl sehr uneinheitlicher Reaktionen bewirken.
Für biochemische Reaktionen sind immer Enzyme, die sich nach
Enzymgruppen klassifizieren lassen, verantwortlich. Die wichtigsten
Reaktionen sind Dehydrierung, Hydrierung, Oxidation, Reduktion,
Reaktionen mit molekularem Sauerstoff, Gruppenüberragungsreaktionen,
Hydrolyse, C-C-Verknüpfungsreaktionen der unterschiedlichsten Art.
Diese Reaktionen werden durch die Enzymgruppen Dehydrogenase,
Hydrogenase, Oxygenase, gruppenübertragende Co-Enzyme, Lyasen,
Isomerasen und Ligasen katalysiert.
7
Größe und Gestalt der Moleküle
Für Moleküle, die von biochemischen Interesse sind, gelten alle Molekül
beschreibenden Parameter, wie sie aus der allgemeinen und anorganisch
technischen Chemie bekannt sind.
Allerdings sind die biochemishen Moleküle häufig hochmolekular oder
makromelekular, d.h. sie haben erheblich größere Molekülmassen als die
Stoffe, die aus der anorganischen Chemie bekannt sind. Auf Grund dessen,
daß biochemischen Moleküle gebunden sind an das Vorhandensein von
Kohlenstoff, explizit an Kohlenwasserstoff-Einheiten, die unterschiedlich
miteinander verknüpft sind, spielt für die Morphologie dieser Moleküle das
Tetraedermodell des Kohlenstoffhybrides die entscheidende Bedeutung.
Auf dieser Basis lassen sich Chiralität, Projektionsformeln, die sogenannten
D- und L- Reihen, das R-S-System, die cis- und trans-Isomerie, die Z,ENomenklatur und die Konformation von Kohlenstoffringen erklären und
ableiten.
Da die weitaus größere Anzahl von biochemischen Stoffen als Biopolymere
vorliegen, kommt den Reaktionen Polymerisation und Polykondensation
eine große Rolle zu. Die so entstandenen Moleküle sind hochpolymer bzw.
stellen Makromoleküle mit enormen Molmassen und Zahlen an Monomeren
dar.
Solche großen Moleküle sind in besonderen, energetisch bedingten,
Strukturen vorliegend.
Man unterscheidet dabei in Primärstrukturen, Sekundär- und
Tertiärstrukturen.
Sehr häufig, vor allem im in vivo Zustand liegen biochemische Strukturen
molekulardispers bzw. monodispers vor. Globuläre Proteine liegen z.B. in
Sol- oder/und Gelform vor.
(Hinweis: Kolloiddisperse Biopolymere gibt es nicht, auch das Zellplasma ist
kein kolloides System)
Zusammenfassung
Die Chemie der Kohlenstoffverbindungen ist die Grundlage der Biochemie.
In organischen Verbindungen werden die Atome durch Atombindungen
(kovalente, homoöpolare Bindung) zusammengehalten.
Als Nebenvalenzen sind Wasserstoff-Brückenbindungen und hydrophobe
Bindungskräfte von Bedeutung.
Zellulare Strukturen enthalten einen sehr hohen Anteil an Wasser (ca.
70%). Die Wassermoleküle haben Dipol-Charakter und verfügen so über
alle physikalischen Eigenschaften eines Dielektrikum.
Wasser stellt das wichtigste Lösungsmittel und somit Reaktionsmedium für
biochemische Reaktionen dar. Es ist aber auch häufig Reaktionspartner.
Formal sind Kohlenwasserstoffe die Grundkörper aller biochemischen
(organischen) Verbindungen. Sie können linear, verzweigt, ringförmig,
carbocyclisch oder heterocyclisch sein. In diese Kohlenwasserstoff können
8
funktionelle Gruppen eintreten, die die charakteristischen chemischen
Eigenschaften der Stoffe maßgeblich bestimmen.
Wichtige Derivate sind die Ester und die Amide.
Die wichtigsten biochemischen Reaktionen sind Dehydrierung (Oxidation)
und Hydrierung (Reduktion), die Gruppenübertragung, die Hydrolyse und
die Verknüpfung bzw. Spaltung von C-C-Verknüpfungen.
Biochemische Reaktionen verlaufen zum großen Teil stereoselektiv, d.h.
der Geometrie des Moleküls kommt eine immense Bedeutung zu. Chiralität,
Stereoisomerie und Konformation von Molekülen bedingen weitestgehend
deren Reaktionsvermögen und somit ganze biochemische Prozesse und
Systemabläufe.
Eine große Rolle kommt den Biopolymeren zu. Auch Biopolymere werden
in ihrer Wirksamkeit bestimmt durch ihre Morphologie, aber darüber hinaus
insbesondere durch ihr Verhalten in biologischen Kompartimenten.
Chemische Reaktivität und ihr Verhalten in Wasser ( Dispersion, Sol, Gel)
bestimmen ihre Stellung in biologischen bzw. biochemischen Systemen.
In den nachfolgenden Abhandlungen werden kurz die innerhalb des
Lehrgebietes für das Verständnis biologischer Funktionalität wichtigen
Biomoleküle – Peptide, Proteine, Enzyme, Lipide, Lipoproteine und
Kohlenhydrate erläutert.
Weiterführende Grundlagen sind der jeweiligen Fachliteratur zu entnehmen.
1.2 Aminosäuren und Peptide
Im nachfolgenden werden die großen Gruppen der organischen Moleküle,
die insbesondere in zellularen Strukturen und biologischen Systemen eine
wichtige, wenn nicht unabdingbare, Rolle spielen in Hinblick auf
Zusammensetzung, Morphologie, Reaktionsfähigkeit, chemisches und
physikalisches Verhalten, charakterisiert.
Weitere Informationen zu diesen Molekülen, die hier Biomoleküle genannt
werden, entnehmen Sie bitte der weiterführenden wissenschaftlichen
Fachliteratur.
Es werden hier die Peptide, Proteine, Lipide und Kohlenhydrate vorgestellt.
Aminosäuren und Peptide
Wesentlicher Bausteine von lebenden Zellen und biologischen Systemen
sind die Proteine. Es handelt sich um hochmolekulare Verbindungen, die
durch Verknüpfen von Aminosäuren entstehen. Die Bindung zwischen den
Aminosäuren ist eine Peptidbindung.
Neben diesen hochmolekularen Verbindungen der Proteine, stellen auch
kleinere Einheiten aus durch Peptidbindung verknüpften Aminosäuren, die
Peptide, eine bedeutende Verbindungsklasse in lebenden Struturen dar.
Verknüpfung von zwei Aminosäuren heißt Dipeptid, von drei Tripeptid, von
acht Oktapeptid usw.
Sind weniger als zehn Aminosäuren miteinander verknüpft, heißen die
Peptide Oligopeptide. Darüber hinaus spricht man von Polypeptiden. Liegen
sehr viele Aminosäuren verknüpft vor, spricht man auch von Proteinen.
9
Chemische Konstitution
Aminosäuren sind organische Säuren, die zwei funktionelle Gruppen
tragen: Die Amino-Gruppe und die Carboxy-Gruppe. Für biochemische
bzw. biologisch relevante Betrachtungsweisen interessieren vor allem die
.alpha.-Aminosäuren, da diese Bestandteil der Eiweiße sind.
.Alpha.-Aminosäuren sind dadurch gekennzeichnet, daß sie am .alpha.Kohlenstoffatom
zur
Carboxy-Gruppe
neben
einer
anderen
kohlenstoffhaltigen Gruppe (R) noch eine Amino-Gruppe haben. R kann
dabei aliphatisch oder aromatisch sein.
R-CHNH-COOH
Bedeutet in der Formel R nicht H (Wasserstoff), sondern eine KohlenstoffKette, so ist das .alpha.-Kohlenstoff-Atom asymmetrisch substituiert. Das
bedeutet, daß optische Aktivität auftritt, da das Molekül nicht mit seinem
Spiegelbild in Deckung gebracht werden kann. Auf Grund dessen
unterscheidet man in zwei sterische Reihen, die L-Reihe und die D-Reihe.
Die in Proteinen vorkommenden Aminosäuren gehören der L-Reihe an. Der
optische Drehungssinn ist dabei unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer
sterischen Reihe.
Im Arbeitsblatt sind eine D- und eine L-Aminosäure dargestellt.
Die Aminosäuren zeigen aufgrund ihrer funktionellen Gruppen ein
Zwitterionenverhalten.
Die Carboxy-Grupp dissoziiert als eine saure Gruppe, d.h. sie gibt Protonen
ab (saure Reaktion).
Die Amino-Gruppe nimmt dieses Proton auf, d.h. sie verhält sich basisch
(basische Reaktion).
Sind beide Gruppen dissoziiert, liegt ein Zwitterion vor (-COO- und -NH3 + ).
Bei bestimmten pH-Werten liegt die zwitterionige Form der Aminosäuren
überwiegend vor.
Dieser Zustand wird als isoelektrischer Punkt bezeichnet. Er wird bei der
Ionenaustauschchromatographie zur Isolation der Aminosäuren genutzt, bei
der die Aminosäuren in der Reihenfolge ihrer isoelektrischen Punkte
desorbiert werden, um dann ins Eluat zu wandern.
Im Arbeitsblatt ist eine solche Titrationskurve dargestellt, in der der
isoelektrische einer Aminosäure ersichtlich ist.
Mit
beiden
funktionellen
Gruppen
können
die
Aminosäuren
charakteristische Derivate bilden.
Die Carboxy-Gruppe ist befähigt, Salze zu bilden. Nach Abgabe eines
Protons stellt sie die Aminosäure als das Anion eines Salzes dar.
Sie ist aber darüber hinaus auch befähigt, Säureester und Säureamide zu
bilden.
Als Reaktionen der Amino-Gruppe seien nochmals die Salzbildung mit
Säuren und die Acylierung zu Säureamiden erwähnt.
Eine wichtige Farbreaktion zum Nachweis und zur Bestimmung von
10
Aminosäuren ist die Ninhydrin-Reaktion.
In Proteinen findet man regelmäßig zwanzig verschiedene Aminosäuren,
die von den Nucleinsäuren codiert sind.
Von lebenden Strukturen ( auch von tierischen Organismen, inklusive des
Menschen) können nicht alle Aminosäuren aufgebaut werden. Manche
müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Diese bezeichnet man als
essentielle Aminosäuren. Essentiell steht für lebensnotwendig oder
unentbehrlich.
Für den Menschen z.B. sind die Aminosäuren Valin, Leucin, Isleucin,
Phenylalanin essentiell, sie stabilisieren das Proteinmolekül.
Saure Aminosäuren, Monoaminodicarbonsäuren, Glutaminsäure und
Asparaginsäure enthalten zwei Carboxy-Gruppen und verleihen damit dem
Gesamtmolekül einen sauren Überschuß.
Basische Aminosäuren oder Diamino-monocarbonsäuren sind Säuren, die
zusätzliche basisch wirksame Gruppen besitzen, die die positiven Ladung
des Gesamtmoleküls bedingen.
Selten vorkommende Aminosäuren sind solche, die nicht zu den zwanzig
gehören, die in Proteinen gefunden werden. Sie kommen in der Natur meist
als
freie
Aminosäuren
vor.
Sie
sind
häufig
auch
Zwischenstoffwechselprodukte. Von ihnen sind derzeit mehrere Hundert
bekannt.
Zu den Aminosäuren, die zwar nicht in Proteinen, aber in Peptiden
vorkommen und während des Stoffwechselgeschehens entstehen, gehören
u.a. das Ornithin (aus Arginin), das .beta.-Alanin (aus Asparaginsäure) und
die .gamma.-Aminobuttersäure, die in freier Form im Gehirn vorliegt.
Die analytische Identifizierung und Trennung von Aminosäuren erfolgt
weitestgehend mit Hilfe von chromatographischen Methoden. Als
besonders bewährt haben sich dabei die Papierchromatographie, die
Dünnschichtchromatographie und die Ionenaustauschchromatographie.
Peptide
Peptide sind Verbindungen, die aus mehr als 10 und weniger als 100
Aminosäuren bestehen. Die Aminosäuren sind über Peptidbindung
verknüpft. Chemisch sind Peptide Säureamide. Sie zerfallen bei der
Hydrolyse in Aminosäuren. Das Gleichgewicht dieser Reaktion liegt weit auf
der Seite des Zerfalls, was daran liegt, daß sich eine Peptidbindung nur aus
der undissoziierten, unpolaren Form heraus vollzieht und diese Formen
praktisch in wäßriger Lösung nicht vorliegen.
Die systematische chemische Nomenklatur faßt Peptide als AcylAminosäuren auf. Das heißt, der Name wird gebildet aus der Aminosäure,
deren Carboxy-Gruppe an der Peptidbindung teilnimmt, daran wird ein -ylgehängt und der Name der zweiten Aminosäure, deren Aminogruppe an
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der Peptidbindung teilnimmt, angehängt, z.B. Glycin verknüpft mit Alanin:
Glycyl-Alanin; Glycin steuert die Carboxy-Gruppe und Alanin steuert die
Aminogruppe für die Peptid-Bindung bei.
Von besonderer Bedeutung ist die Sequenzermittlung von Aminosäuren in
Peptiden oder auch in Proteinen.
Häufig wird zuerst die N-terminale Aminosäure der Endgruppe identifiziert,
die mit einer Markierungsgruppe versehen und mit Hilfe nachfolgender
Hydrolyse entfernt wird. Das verwendete Reagens ist zur Fluoreszens
befähigt und es kann so schnell und sicher die Sequenz der Aminosäuren
in Peptiden bestimmt werden.
Natürlich kommen eine Vielzahl von Oligopeptiden vor, die eine wichtige
physiologische Bedeutung haben.
Von besonderer Bedeutung sind die Peptide mit Hormonwirkung. Aber auch
hormonähnliche Stoffe sind Peptide. Die Endorphine oder auch
Enkapheline sind ebenfalls Peptide.
In höheren Organismen entstehen die Peptide durch proteolytische
Spaltung größerer Polypeptide, die nach den Prinzipien der
Proteinbiosynthese gebildet werden. Neben diesem Bildungsprinzip erfolgt
auch die Verknüpfung
von sogenannten aktivierten Säure-Derivaten. Als aktivierte Derivate
fungieren häufig Aminoacyl-Co-EnzymA-Verbindungen. Die so energetisch
angereicherte Aminoacyl-Gruppe wird dann enzymatisch mit der AminoGruppe der nächsten Aminosäure bis hin zum Peptid verknüpft. Ein Beispiel
dafür ist die Synthese von Glutathion im Erythrozyten-Stoffwechsel-System,
wo das Glutathion die Rolle eines Redox-Systems spielt.
Zusammenfassung
Die .alpha.-Aminosäuren sind die Bausteine der Peptide und Proteine. Im
neutralen Bereich liegen Zwitterionen mit einer negativen Carboxy-Gruppe
und einer positiven Ammonium-Gruppe vor. Alle zwanzig in Proteinen
vorkommenden Aminosäuren haben L-Form.
Glycin, Alanin, Leucin, Valin, Isoleucin, Prolin und Phenylalanin sind
Aminosäuren, die keine weiteren funktionellen Gruppen aufweisen. Eine
Hydroxy-Gruppe in der Seitenkette tragen Serin, Threonin und Tyrosin,
einen Indol-Ring Tryptophan, eine SH-Gruppe das Cystein und eine
Thioether-Gruppe das Methionin. Säureamid-Gruppen haben Asparagin
und Glutamin in der Seitenkette.
Die Glutaminsäure und die Asparaginsäure tragen in der Seitenkette eine
zweite Carboxy-Gruppe (Aminodicarbonsäuren).
Diaminocarbonsäuren wie Lysin, Arginin und Histidin enthalten eine
zusätzliche basische Gruppe.
Neben den zwanzig Aminosäuren, die die Proteine aufbauen, gibt es noch
eine weitere Anzahl von Aminosäuren, die teils als Metaboliten der
proteinogenen Aminosäuren auftreten und zum großen Teil spezielle
Funktionen (Antibiotikum, freie Säure etc.) haben.
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Viele natürliche Peptide nehmen physiologische Funktionen wahr
(Hormone, Mediatoren, Transmitter).
Die Biosynthese der Peptide erfolgt durch die proteolytische Spaltung von
Proteinen, die nach den Prinzipien der Proteinbiosynthese gebildet worden
sind. Bei Mikroorganismen erfolgt die Peptid-Synthese ausschließlich über
den Weg der Co-EnzymA aktivierten Aminosäure an multifunktionellen
Enzymen.
1.3
Proteine
Man bezeichnet die Aneinanderreihung von mehr als 100 Aminosäuren, die
über die bekannte Peptidbindung miteinander verknüpft sind, als Proteine.
Sie verfügen häufig über Kettenlängen von hunderten bis etwa tausend
Aminosäureresten.
Ihre relativen Molekülmassen liegen zwischen 10 000 und 100 000.
Proteine nehmen eine zentrale Stellung bei den Lebensfunktionen ein. Sie
sind Bestandteil jeder Zelle, sie bilden die kontraktilen Elemente und die
Enzyme, die die Energie für die Lebensfunktioen bereitstellen. Proteine
haben sehr unterschiedliche Eigenschaften. Deshalb klassifiziert man
Proteine nach ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften.
-
Skleroproteine
Sie sind in Wasser nicht löslich, besitzen Faserstruktur und diene als
Stütz- und Gerüstsubstanz. In Faserrichtung weisen sie einen hohen
Ordnungszustand auf.
Wichtige Vertreter dieser Proteine sind die Kollagene, die Keratine und
das Myosin der Muskeln.
-
Globuläre Proteine oder Sphäroproteine
Sie sind in Wasser oder in verdünnten Salzlösungen löslich, ihre
Moleküle sind sphärisch, wenn auch unregelmäßig, gestaltet. Wichtige
Vertreter sind die Proteine des Blutserum, die Eiklarproteine und sehr
viele Enzyme.
-
Protein-Komplexe
Sie setzen sich aus einemProteinanteil und einem nicht proteinartigen
Anteil zusammen. Dieser nicht proteinartige Anteil (Teil) wird auch
hinzutretenderTeil oder prosthetische Gruppe genannt.
Es wird je nach Art der hinzutretenden Teile unterschieden nach
Glykoproteine
Lipoproteine
Phosphoproteine
Metalloproteine.
13
Der chemische Aufbau der Proteine läßt sich als Kondensation von
aufeinanderfolgende Aminosäuren, die durch Peptidbindung verknüpft sind,
beschreiben. Die Reihenfolge der verknüpften Aminosäuren wird Sequenz
genannt.
Mit der Sequenz ist die sogenannte Primärstruktur definiert.
Mit der Raumstruktur oder auch der Kettenkonformation werden dann die
Sekundär- und Tertiärstrukturen der Proteine beschrieben.
Sequenz = Primärstruktur
räumliche Anordnung der Peptidkette = Sekundärstruktur
räumliche Lage aller Atome (auch die der Seitenketten) = Tertiärstruktur
Aggregationen von mehreren Peptidketten = Quartiärstruktur
Die räumliche Struktur von Proteinen wird mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse bestimmt.
Die Strukturen der Proteine bestimmen weitesgehend ihre physikalischen
aber auch chemischen und physiologischen Eigenschaften.
Die Gesetzmäßigkeiten der Sequenz von Aminosäuren in Proteinen sind
entweder periodisch oder aperiodisch. Sie gehorchen vor allen Dingen dem
2. Hauptsatz der Thermdynamik. Bei einer Kettenlänge von z.B. 100
Aminosäuren könnten aus 20 Aminosäuren 20 100 = 10 130 verschiedene
Sequenzen aufgebaut werden.
Das ist eine unvorstellbar große Varietät. Aus genetischen Daten läßt sich
aber schätzen, daß in höher differenzierten Organismen etwa 10 5 bis 10 6
verschiedene Proteine vorkommen können.
Die Sequenz der Aminosäuren ist genetisch festgelegt. Deshalb findet man
auch Proteine mit gleicher oder auch in Abschnitten ähnlicher Sequenzen.
Solche Proteine werden homologe Proteine genannt. Sie haben auch
ähnliche Eigenschaften bzw. erfüllen ähnliche Funktionen. Man geht davon
aus, daß diese homologen Proteine im Verlauf der Evolution auseinander
hervorgegangen sind.
Es gibt deutliche Hinweise, daß die Vielzahl von Proteinen letzt Endes auf
verhältnismäßig wenige Grundtypen zurückzuführen sind.
Ein Beispiel für diese Homologie ist die Hämoglobin-Sequenz.
Das normale Hämoglobin des Menschen ist aus vier Peptid-Ketten
aufgebaut, von denen zwei einander gleich sind. Sie werden Alpha- und
Beta-Ketten genannt.
Die beiden Ketten sind durch Ionenbeziehungen und Wasserstoff-Brücken
miteinander verknüpft. Ihre Sequenzen sind homolog, wobei einige
Positionen nicht verknüpft werden.
Die Hämoglobin-Sequenzen zeigen auch große Übereinstimmung mit
anderen Proteinen, z.B. mit dem Myoglobin der Muskeln.
Veränderungen in der Sequenz des Hämoglobins sind auf Mutationsprozesse zurückzuführen.
Es sind folgende Sequenzen der Hämoglobine derzeit bekannt:
NormalHämoglobin: Val-His-Leu-Thr-Pro-Glu-Glu-Lys
Sichelzell-Hb S:
Val-His-Leu-Thr-Pro-Val-Glu-Lys
Hämoglobin C:
Val-His-Leu-Thr-Pro-Lys-Glu-Lys
14
Man kennt derzeit mehr als 200 Hämoglobine, die alle Mutationen
darstellen. Die klinischen Symptome, die durch diese Mutationen auftreten,
sind derzeit von geringer pathologischer Relevanz.
Sekundärstruktur
Proteinmoleküle haben eine bestimmte räumliche Struktur, d.h. die
Aminosäureketten sind räumlich "gestaltet". Die Faltung einer
Aminosäurekette ist festgelegt durch die Aminosäuresequenz. Sie ist die
konsequente Folge von Bindungskräften, die zwischen den in der Kette
aufgereihten Aminosäuren und deren Restvalenzen und Polaritäten.
Wenn die Ketten selbst, d.h. die Atome der Peptidbindung, miteinander in
bindungsähnliche Wechselwirkungen bzw. wenn sie echte Bindungen
eingehen, spricht man von Sekundärstruktur.
Proteine sind aus L-Aminosäuren aufgebaut, dadurch ist die sterische
Anordnung am .alpha.-C-Atom festgelegt. Die Dimension der Peptidkette
ist bekannt (0,363 nm).
Die C-Atome der Peptidbindung liegen in einer Ebene, da sich Mesomerie
zwischen den Grenzzuständen ausbildet und die ebene Lage begünstigt
ist.
Von großer Bedeutung für die Verknüpfung bzw. die interaktiven
Wechselwirkungen von gefalteten Proteinstrukturen sind die WasserstoffBrückenbindungen. Wasserstoffbrücken-Bindungen sind Nebenvalenzkräfte, die für die Ausbildung von Sekundärstrukturen verantwortlich sind.
Man symbolisiert diese Art von Bindungen durch das zeichnen von
Punkten, z.B
=C=O ............HN- .Die Bindungsenergie der WasserstoffBrückenbindung beträgt etwa 1/10 der Hauptvalenzen.
Die
Sekundärstrukturprinzipien
bringen
unterschiedlich
räumlich
ausgedehnte Moleküle hervor. Als bedeutend gelten die Peptidrost- und
Faltblattstruktur, die .alpha.-Schraube oder auch .alpa.-Helix.
Im Arbeitsblatt sind diese Strukturen schematisch dargestellt.
Tertiärstruktur
Globuläre Proteine verfügen über eine sogenannte Tertiärstruktur, welche
dadurch gekennzeichnet ist, dass neben den von den Sekundärstrukturen
bekannten Wasserstoff-Brückenbindungen noch Disulfid-Bindungen,
Ionenbeziehungen und hydrophobe Bindungen auftreten und somit
hochkomplexe, spezifisch räumlich ausgerichteten Protein-Moleküle
entstehen.
Als Ordnungsprinzipien stellen sich die Elemente der Sekundärstruktur
(.alpha.-Helix und .beta.-Faltblatt) und eine regelmäßig wiederkehrende
Molekülschleife (Haarnadelkurve) dar.
Diese definierte Ordnung wird durch die Wechselwirkungen mit den
Seitenketten der Aminosäuren zusätzlich bestimmt.
Im Arbeitsblatt sind solche Bindungen in einer typischen Tertiärstruktur
ersichtlich.
15
Die Bildung der Tetiärstruktur erfolgt bereits während der
Proteinbiosynthese am Ribosom.
Noch während des Aufbaus des Proteins wird die Faltung realisiert. Die Art
der Faltung ist von der jeweiligen Sequenz bestimmt.
Bespielsweise werden helicale Strukturen durch folgende Sequenzen
bestimmt:
Starke Helixbildner:
Glu, Ala, Leu, Met
Schwache Helixbildner:
Ile, Lys, Gln, Trp, Val, Phe
Schwache Helixbrecher:
Asn, Tyr
Starke Helixbrecher:
Gly, Pro
Starke Faltblattbildner:
Tyr, Val, Ile
Schwache Faltblattbildner:
Cys, Met, Phe, Gln, Leu, Thr, Trp
Schwache Faltblattbrecher: Ser, Gly, Lys
Starke Faltblattbrecher:
Glu, Pro, Asp
Da die Sequenz genetisch determiniert ist, ist zwangsläufig auch die
Raumstruktur der Proteine genetisch bedingt.
Die Gestalt der Moleküle und vor allem die Größe ihrer Hydrathülle
bestimmen die Reibung, die das Molekül bei der Bewegung in Lösung
erfährt. Die Idealform ist die Kugel.
Das Ausmaß der Abweichung von dieser Form muß berücksichtigt werden,
um Sedimentations- und Diffusionsprozesse, vor allem bei Membrandiffusionen, richtig beurteilen zu können.
Die meisten Proteine bestehen zumeist zur Hälfte aus Sekundärstrukturanteilen und die zweite Hälfte machen Aminosäurereste aus, die in
irgendeiner spezifischen Form angeordnet sind. Proteine sind sehr
kompakte Moleküle. Ihre Dichte liegt bei 1,4 g/ccm.
Bei globulären Molekülen ist der Innenbereich des Moleküls hydrophob.
Im Inneren bildet sich ein hydrophober Bereich. Die geladenen Gruppen
befinden sich fast ausschließlich auf der Oberfläche der Moleküle. Insofern
bildet sich in wäßriger Lösung eine mehr oder weniger große Hydrathülle,
die das Molekül größer werden läßt.
Bei den Proteinen von biologischen Membranen befinden sich die
hydrophoben Gruppen außen und bilden hydrophobe Bindungen zu den
Lipiden der Membran aus.
Dadurch werden die Proteine fest in der Membran verankert. Für viele
Proteine ist diese Verankerung von funktioneller Bedeutung (z.B. Enzyme
der Atmungskette). Wegen der hydrophoben Oberfläche sind solche
Proteine in Wasser oder Salzlösungen nicht löslich.
16
Die Raumstrukturen der Proteine sind nicht starr. Sie können sich in
Abhängigkeit vom Funktionszustand sowohl von der Geometrie als auch in
der räumlichen Ausdehnung verändern.
Bei längeren Peptidketten aus mehr als 180 Aminosäuren findet man häufig
ein oder mehrere räumlich abgegrenzte Bereiche, welche man Domänen
nennt, die eine spezifische Faltung bewirken.
Von Supersekundärstrukturen spricht man, wenn in globulären Proteinen
bestimmte Sekundärstrukturen vorherrschen sind, z.B. Proteine mit
überwiegend .alpha.-helicalen Strukturen, Proteine mit überwiegend
Faltblattstrukturen (getrennt nach alpha und beta) und solche Proteine, die
periodisch helicale und Faltblattstrukturen aufweisen.
Das Myoglobin ist ein typisches Protein mit überwiegend helicalen
Struktureinheiten.
Z.B. besteht das Myoglobin des Wals aus 154 Aminosäuren, die in acht
Helicalabschnitten
geordnet
sind.
Durch
die
Umkehrschleife
(Haarnadelkurve) ordnen sich diese zu einem globulären Protein. Das
Myoglobin besitzt eine prosthetische Gruppe, das sogenannte Häm, das
durch Nebenvalenzen zwischen den Helicalabschnitten festgehalten wird.
Das Häm vermag Sauerstoff reversibel zu binden (Funktion im Muskel).
Im Arbeitsblatt ist das
schematisch dargestellt.
Molekül des Myoglobin und das des Häm
Quartiärstruktur
Die zu einem globulären Protein zusammen geschlossen Peptidketten
ordnen sich zu noch höheren Aggregationen zusammen. Diese
Aggregationn werden als Quartiäre Proteine bezeichnet, wobei die
einzelnen Peptidketten als Untereinheiten gelten.
Eine ganz typische Quartiärstruktur weist das Hämoglobin auf. Es besteht
aus vier Untereinheiten, wobei nur zwei identisch sind. Die zwei
unterschiedlichen Untereinheiten treten zu einem Tetramer zusammen.
Es besteht aus je zwei alpha-Ketten und je zwei beta-Ketten. Die
Tertiärstruktur dieser Ketten ähnelt sehr dem Myoglobin.
Das Häm, die prosthetische Gruppe des Hämoglobins, ist im Arbeitsblatt
schematisch dargestellt.
Der Porphyrinring stellt ein mesomeres System dar, dass vier
Koordinationsstellen für das Eisen hat, die fünfte wird von einem HistidinRest eingenommen und an die sechste lagert sich der Sauerstoff reversibel
an. Da jede Kette ein Häm enthält und jede Häm-Gruppe ein
Sauerstoffmolekül
bindet,
kann
das
Hämoglobinmolekül
vier
Sauerstoffatome aufnehmen bzw. abgeben. Diese reversible Bindung hat
große Ähnlichkeit mit der Bindung eines Substrates an ein Enzym.
Ein Vergleich der Strukturen von mit Sauerstoff beladenem Häm und
solchen ohne Sauerstoff hat gezeigt, dass sich mit Beladung die
Tertiärstruktur ändert, das Molekül schrumpft.
Diese räumliche Veränderung bewirkt natürlich auch eine Änderung der
gesamten helicalen Struktur, was bewirkt, dass die Untereinheiten im Sinne
17
eines positiven kooperativen Effektes beeinflußt werden. Die Bindung von
Sauerstoffatomen erfolgt mit größerer Affinität.
Für den Abgabe- und Aufnahmeprozess des Sauerstoffs am Hämoglobin ist
das Bis-Phosphoglycerat verantwortlich, welches der Regulation des
Sauerstofftransport dient.
Zusammenfassung
Die Proteine sind neben den Nucleinsäuren die wichtigsten Biomoleküle.
Sie sind nach dem Peptidprinzip aufgebaut. Aufgrund der sehr komplexen
Strukturen unterscheidet man in Primär-, Sekundär-, Tertiär- und
Quartiärstruktur.
Die allosterische Regulation der Bindungseigenschaften von Proteinen wird
durch Konformationsänderungen bedingt.
Sie spielt vor allen Dingen bei der Enzymaktivität eine Rolle. Ein nicht am
Bindungsort des Substrates bindender Effektor verändert durch
Konformationsänderung am Protein die Bindungseigenschaften oder auch
die katalytische Wirksamkeit des Proteins (Hämoglobin und BisPhosphoglycerat). Allosterische Reaktion und Kooperativität treten oft
zusammen auf.
Proteine werden mit Hilfe von Elektrophorese, Ausschlußchromatographie
und Ultrazentrifugation getrennt.
1.4
Enzyme und Co-Enzyme
Enzyme sind chemisch gesehen Proteine. Sie sind von ihrem Aufbau, ihrer
Struktur und ihrer Funktionaltät sehr unterschiedlich. Enzyme werden häufig
auch als Fermente bezeichnet. Dieser Begriff spielt vor allem im
technischen Sprachgebrauch eine Rolle.
Enzyme sind ihrer Funktion nach Biokatalysatoren. Auch hier gelten die
Gesetze der Katalyse im vollen Umfange.
Biochemische Reaktionen weisen gegenüber chemischen Reaktionen, wie
sie z.B. aus der anorganischen oder auch der Synthesechemie bekannt
sind, auf.
Besonderheiten
von
chemischen Reaktionen
biochemischen
Reaktionen
gegenüber
Biochemische Reaktionen werden
-
von Enzymen katalysiert
laufen um den Neutralpunkt ab
erfolgen bei mäßigen Temperaturen
Enzyme sind hochspezialisierte
katalytischen Fähigkeiten
-
Proteine
mit
außergewöhnlichen
sie katalysieren Reaktion in verdünnten wäßrigen Lösungen
sie besitzen hohe Substratspezifität
18
-
sie beschleunigen spezifische chemische Reaktionen ohne Bildung von
Nebenprodukten
Die Findung und Erforschung der Funktionalität von Enzymen hat eine
lange Geschichte und ist eng verbunden mit sehr bekannten Namen aus
Wissenschaft und Forschung.
Einteilung von Enzymen
Viele Enzyme sind durch Anfügen der Endung -ase an das Substrat
gekennzeichnet (Urease katalysiert Hydrolyse von Harnstoff, Arginase
Hydrolyse von Arginin), andere haben Namen, der nicht auf das Substrat
hinweist, z.B. Pepsin, Thrypsin.
Mitunter gibt es auch zwei oder mehr Namen für ein Enzym oder auch ein
Name für mehrere Enzyme.
Einteilung nach Substratspezifität und Typ der von ihnen katalysierten
Reaktion systematische Klassifizierung in sechs Hauptklassen, die in
Unterklassen und Untergruppen gegliedert sind
Die Enzyme sind in folgende Hauptklassen eingeteilt
Oxidoreduktasen
Transferasen
Hydrolasen
Lyasen
Isomerasen
Ligasen
Zum Beispiel:
ATP + D-Glucose → ADP + D-Glucose-6-phosphat
systemat. Bezeichnung ATP:
Glucose-Phosphotransferase
Das Enzym katalysiert die Übertragung einer Phosphatgruppe vom ATP
auf die Glucose.
Bei zu langen oder auch sehr komplizierten systematischen Namen
werden häufig Trivialnamen verwendet, hier z.B. Hexokinase
Struktur von Enzymen
Die Struktur des Enzyms bedingt dessen Spezifität.
Die Stelle, an die das Substrat gebunden wird, wird als aktives oder
katalytisches Zentrum bezeichnet. Es befindet sich im Innern des Enzyms
in der hydrophoben Tasche. Sie ist das aktive Zentrum aller Enzymen.
Dort erfolgt die katalytische Umsetzung des Substrats.
19
Bei einigen Enzymen ist die
enzymatische Aktivität an Cofaktoren
gebunden.
Cofaktoren können Metallionen oder organischen Moleküle (Coenzyme)
sein.
Je nachdem, in welcher Art und Weise solche Faktoren (prosthetische
Gruppen) an den Proteinkörper gebunden sind, unterscheidet man in:
• Enzymprotein und Coenzym: Holoenzym
• Proteinanteil ohne Coenzym: Apoenzym
Als prosthetische Gruppe werden alle an ein Protein gebundenen Gruppen,
auch die ohne katalytische Wirkung, bezeichnet.
Co-Faktoren sind oft vom Enzymprotein trennbar, sie sind häufig
thermostabil und haben ein niedriges Molekulargewicht. Sie fungieren oft
als Überträger von Elektronen, Wasserstoffatomen oder funktionellen
Gruppen.
Als aktive Molekülkomponente in Coenzymen treten oft Flavin, Thiamin
oder Nicotinamid (Verbindungen, die der Mensch als Vitamine aufnehmen
muß) auf.
Coenzyme sind keine Katalysatoren, sie gehen aus einer Reaktion nicht
unverändert hervor. Sie werden in weiteren Reaktion regeneriert.
Die Kinetik von Enzymreaktionen
Enzyme sind Biokatalysatoren, d. h. ihre Funktionalität entspricht den
Gesetzen der Katalyse.
In geschlossenen Systemen stellt sich bei chemischen Reaktionen nach
einer gewissen Zeit immer ein Gleichgewichtszustand ein, in dem keine
Konzentrationsänderungen der Reaktanden mehr erfolgen (statisches
Gleichgewicht), dessen Lage durch das Verhältnis der Konzentrationen der
Reaktionspartner und Reaktionsprodukte zueinander bestimmt und durch
Gleichgewichtskonstante K beschrieben wird. Die Gesetzmäßigkeiten des
chemischen Gleichgewichts sind nur in geschlossenen Systemen gültig,
d.h. das System hat keinen Austausch von Materie und/oder Energie mit
der Umgebung (andere Systeme).
Die Zelle ist z.B. ein offenes System, d. h. es erfolgt ein Stoff- und
Energieaustausch mit der Umgebung. Das Stoffwechselsystem der Zelle im
Fließgleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, daß alle Prozesse in
Richtung Gleichgewicht verlaufen, was aber im offenen System nicht
erreicht wird. Das lebende System bleibt immer in der Lage, Energie aus
den ablaufenden Reaktionen zu gewinnen.
Das Fließgleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass Ausgangsstoffe
genauso schnell in Reaktionssystem eingebracht werden, wie
Reaktionsprodukte das System verlassen. Im Zellstoffwechsel gibt es
zahlreiche Reaktionsfolgen im Fließgleichgewicht, z.B. die der Glykolyse
oder der Atmungskette. Bei diesem Prozess ist die freie Energie negativ, es
20
wird Arbeit geleistet. Man spricht von exergonischen Reaktionen. Die
Freisetzung von Energie in Form energiereicher Verbindungen, und die
Übertragung von chemische Energie und deren Speicherung in der Zelle ist
eine zentrale Funktion im Fließgeleichgewicht der Zelle.
Im komplexen Zellstoffwechsel spielen aber auch energieverbrauchende,
endergonische Reaktionen eine bedeutende Rolle.
Der Ablauf von endergonischen Reaktionen durch Kopplung mit einer
exergonischen Reaktionen ist möglich. Endergonische Reaktion sind immer
an exergonische Reaktion gekoppelt (energetische Kopplung).
Das wird am Beispiel der Bildung von ATP aus ADP und Phosphat deutlich.
Hier erfolgt durch energetische Kopplung an stark exergonische
Reaktionen. Andererseits wird Energie durch Spaltung von ATP in ADP und
Phosphat freigesetzt, die für andere endergonische Reaktion genutzt wird,
dabei erfolgt gleichzeitig eine Aktivierung eines Moleküls, z.B. von Glucose,
durch Übertragung der Phosphatgruppe (Phosphorylierung). Der Ablauf von
chemischen Reaktionen erfolgt nur, wenn Moleküle oder Atome zu
bestimmtem Zeitpunkt hinreichende Energie aufweisen, d.h. in aktivierter
Form vorliegen. Nur dann ist ein Aufbrechen einer chemischen Bindung
oder Knüpfen einer neuen möglich.
In vereinfachter Form lassen sich diese Prozesse folgendermaßen
darstellen:
• aktivierter (Übergangszustand): Energiebarriere wird verkleinert, die den
Ausgangsstoff vom Produkt trennt
• die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion ist der Konzentration an
aktivierten Molekülen direkt proportional
• Aktivierungsenergie: erforderliche Energie um alle Moleküle einer
Verbindung in den aktivierten Zustand zu überführen
• im allgemeinen sind zwei Wege zur Beschleunigung chemischer
Reaktionen möglich: Erhöhung der Temperatur oder/und Zusatz von
Katalysatoren
• eine
Temperaturerhöhung
um
10°C
→
Verdopplung
der
Reaktionsgeschwindigkeit
• der
Zusatz
von
Katalysatoren:
Bildung
eines
kurzlebigen
Zwischenproduktes zwischen Ausgangsstoff und Katalysator und damit
Schaffung eines energetisch günstigen Zustandes, das unter
Zurückbildung des Katalysators zum Produkt weiter reagiert
• ein Katalysator beschleunigt die Reaktion durch Senkung der
Aktivierungsenergie,
d.h. eine Reaktion mit Katalysator verläuft über den Mechanismus mit
geringerer Aktivierungsenergie
• nach Bildung der Reaktionsprodukte liegt Katalysator unverändert wieder
vor
Enzyme und biochemische Reaktion:
Enzyme sind biologische Katalysatoren (Biokatalysator), sie genügen im
vollen Umfange den Gesetzen der Katalyse.
• biochemische Reaktionen: Enzyme übernehmen Rolle des Katalysators
21
• sie setzen die Aktivierungsenergie, die zur Umsetzung der
Reaktionspartner erforderlich ist, stark herab
• die katalytische Wirkungsweise von Enzymen beruht auf der Bildung von
kurzlebigen aber sehr reaktionsfähigen Enzym-Substrat-Verbindungen
• Aktivierung des Substrats durch Bindung an das Enzym → Erniedrigung
der Gesamtenergie für das System
• bei enzymkatalysierten Reaktionen erfolgt die Zunahme der
Geschwindigkeit nicht proportional zur Substratkonzentration
• bei konstanter Enzymkonzentration und geringer Substratkonzentration
erfolgt zunächst eine lineare Zunahme der Reaktionsgeschwindigkeit; bei
hohen Substratkonzentrationen ist die Reaktionsgeschwindigkeit nahezu
unabhängig von der Substratkonzentration, das Enzym ist
substratgesättigt, die Reaktion verläuft mit maximaler Geschwindigkeit
• bei Substratsättigung ist die Geschwindigkeit nur von der
Enzymkonzentration abhängig
Die allgemeine Theorie über Wirkung und Kinetik von Enzymen wurde von
Michaelis und Menten 1913 aufgestellt. Das Michaelis-Menten-Modell geht
davon aus, dass das Enzym mit dem Substrat eine Verbindung eingeht.
dabei kommt es zur Bildung eines Enzym-Substratkomplexes. Danach
zerfällt dieser Komplex in das Enzym und das neu gebildete Produkt.
Die Geschwindigkeit der enzymatischen Reaktion
Substratkonzentration folgendermaßen verbunden:
ist
mit
der
v=V*S(K m+S)-1
Km ist die Michaelis-Menten-Konstante. Sie ist die charakteristische
Kenngröße für ein Enzym. Sie gibt die Substratkonzentration in mol/l bei
halbmaximaler Geschwindigkeit an. Sie ist unabhängig von der
Enzymkonzentration.
Km liegt für die meisten Enzyme zwischen 10-1 und 15-6.
Die experimentelle Bestimmung der Michaelis-Menten-Konstante erfolgt
über die Messung der Anfangsgeschwindigkeit der enzymkatalysierten
Reaktion bei verschiedenen Substratkonzentrationen und gleichbleibender
Enzymkonzentration.
Die Geschwindigkeit enzymatischer Reaktionen ist Temperatur- und pHWert abhängig. Das Temperaturoptimum liegt meist zwischen 30 und 50°C.
Bei höheren Temperaturen erfolgt eine Geschwindigkeitsabnahme infolge
der zunehmenden Denaturierung der Enzymproteine. Das pH-Optimum
liegt häufig innerhalb begrenzter pH-Bereiche, eine optimale Aktivität ist
meist zwischen 6 und 8 zu verzeichnen. Es gibt aber auch Ausnahmen, z.B.
legt das Optimum für Pepsin bei pH=2 (Magensäure).
22
Spezifität der Enzyme
Eine wesentliche Eigenschaft der Proteine ist ihre ausgeprägte
Substratspezifität, die sie befähigen, nur bestimmte Substrate zu
katalysieren. Chemisch nahe Verwandte werden mitunter noch an ein
Enzym gebunden, aber nicht mehr umgesetzt (wirken dann als kompetetive
Hemmsubstanz). Es gibt nicht wenige Enzyme, die über absolute Spezifität
für eine Substanz verfügen. Einige Enzyme sind vollkommen spezialisiert
auf ein bestimmtes Substrat, sie greifen nicht einmal sehr ähnliche
Moleküle an, z.B. die Aspartase, ein Pflanzen- und Bakterienenzym, das die
reversible Anlagerung von Ammoniak an die Doppelbindung der
Fumarsäure unter Bildung von L-Aspartat katalysiert. Es lagert sich nicht an
irgendeine andere ungesättigt Säure an, sondern nur an die Fumarsäure.
Man findet darüber hinaus außerdem eine ausgeprägte optische und
geometrische Spezifität. Es wirkt z.B. nicht auf D-Aspartat oder Maleat (cisIsomeres der Fumarsäure), sondern nur auf Fumarsäure.
Viele Enzyme haben eine breitere Spezifität, d.h. sie setzen Stoffe um, die
chemisch sehr nahe verwandt sind, z.B. Substanzen, die gemeinsame
strukturelle Merkmale besitzen. Als ein Beispiel sei hier das Chymotrypsin,
das die Hydrolyse vieler Peptide und Polypeptide katalysiert, dabei aber nur
die Peptidbindungen, in denen die Carbonylgruppe von Phenylalanin,
Thyrosin oder Tryptophan an der Bindung teilnimmt, der Hydrolyse
zugängig macht.
Die Umsetzung eines Substrats durch ein Enzym ist von zwei Faktoren
abhängig:
• das Substrat muß die chemische Voraussetzung für den Angriff des
Enzyms erfüllen
• das Substrat muß noch zusätzliche Bindungsstellen haben, mit denen
es sich in der Nähe des katalytischen Zentrums anlagern kann
Die Struktur des Enzymproteins ist für die Substratspezifität von
entscheidender Bedeutung, weil die funktionelle Gruppen in den
Enzymmolekülen innerhalb der Peptidkette oft weit voneinander entfernt
sind.
Durch eine Zusammenlagerung der funktionellen Gruppen zu einem aktiven
Zentrum durch entsprechende Faltung der Peptidkette und damit
Ausbildung einer Tertiärstruktur können innerhalb des Enzyms hydrophobe
und hydrophile Zonen entstehen, die für Anlagerung und räumliche
Orientierung des Substratmoleküls entscheidend sind und die Spezifität des
Enzyms wesentlich beeinflussen.
Die Substratspezifität von Enzymen wird durch das Konzept einer
komplementären Schlüssel-Schloß-Beziehung zwischen Substratmolekül
und bestimmtem Bereich der Oberfläche des Enzymmoleküls diskutiert.
Isoenzyme
Isoenzyme sind Enzyme, die die gleiche chemische Reaktion katalysieren
aber molekular unterschiedlich aufgebaut sind. Ihre Trennung ist z.B. mit
Hilfe von Elektrophorese möglich. Isoenzyme sind innerhalb eines
23
Organismus oder sogar innerhalb einer Zelle präsent. Als Beispiel für ein
Isoenzym sei die Lactat-Dehydrogenase, die aus insgesamt vier
Untereinheiten aufgebaut ist, genannt.
Die Untereinheiten können mit zwei Polypeptidketten in fünf verschiedenen
Kombinationen fungieren. Die unterschiedliche Verteilung von Isoenzymen
in einem Organismus ist Ausdruck von unterschiedlichen molekularen
Differenzierungsvorgängen. Isoenzyme haben unterschiedliche MichaelisMenten-Konstanten. Sie spielen bei der Regulation von Stoffwechselvorgängen eine Rolle. Am Beispiel der n Lactat-Dehydrogenase ist nachgewiesen worden, daß sich das Isoenzymmuster je nach Gewebe und
Entwicklungszustand ändern kann. Isoenzyme bedingen u.U. individuelle
Besonderheiten bei der Reaktion eines Organismus auf Medikamente.
Multienzymsysteme
Multienzymsysteme bewirken in lebenden Zellen eine Vielzahl von
enzymkatalysierten Reaktionen in geordneter Reihenfolge. Das Produkt
eines Enzyms bildet Substrat eines anderen usw. Die Katalyse von
bestimmten Stoffwechselsequenzen wird durch Multienzymsysteme
realisiert, die entsprechende Enzyme im Komplex vereinigt haben und
somit eine Reaktionsabfolge ohne Freisetzung von Zwischenprodukten
ermöglicht wird. Als Beispiele dafür seien die Atmungskette oder auch der
Citratcyclus
genannt.
Das
Endprodukt
einer
biosynthetischen
Reaktionssequenz, an der mehrere Enzyme beteiligt sind, ist oft eines der
beteiligten Enzyme ein Inhibitor.
Hemmung von Enzymen
Die Hemmung von Enzymen ist auf verschiedene Weise möglich.
Die Hemmung einiger Enzyme durch Stoffwechselzwischenprodukte ist
mitunter sehr wichtig für die Regulation des Intermediärstoffwechsels. Eine
Hemmung von Enzymen kann auch durch zellfremde Substanzen (wichtig
in Medizin und Pharmazie, da Pharmaka Enzyme hemmen können)
erfolgen. Man unterscheidet in reversibler und irreversibler Hemmung.
Unter irreversibler Hemmung wird die Zerstörung oder die permanente
chemische Veränderung der wesentlichen funktionellen Gruppe
(Iodacetamid: reagiert mit Sulfhydrilgruppe (SH-) von essentiellen
Cysteinresten oder mit Imidazolgruppe von Histidinresten) verstanden.
Reversible Hemmung ist dagegen eine Kompetitive Hemmung, bei der
das Inhibitormolekül mit der funktionellen Gruppe entsprechend der
Reaktion des Substrates reagiert. Diese Hemmung ist durch Erhöhung der
Substratkonzentration zu überwinden. Sie hat die Erhöhung des K m Wertes
zur Folge. Der Inhibitor ähnelt in seiner dreidimensionaler Struktur dem
Substrat. So wird das Enzym bei der Anlagerung „überlistet“.
Die nicht-kompetetive Hemmung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die
Hemmsubstanz auch an Bindungsstellen außerhalb des aktiven Zentrums
des Enzymmoleküls anlagert, wobei das aktive Zentrum nicht beeinträchtigt
sein muß, und so die Umsetzung des Substrats nicht mehr katalysiert. Die
Herabsetzung der Maximalgeschwindigkeit läßt sich durch Erhöhung der
Substratkonzentration nicht aufheben. Beispiele dafür sind die normalen
Stoffwechselintermediärprodukte, die sich mit spezifischen Bindungsstellen
24
regulatorischer Enzyme verbinden und dadurch die Aktivität der
katalytischen Zentren verändern. Solche Intermediärprodukte
sind u.a. Schwermetallionen wie Quecksilber oder Cu+ , die mit den SHGruppen der Enzymproteine reagieren.
Faktoren die zur katalytischen Wirksamkeit beitragen sind
• Nähe und Lage des Substrat: Die Bindung des Substrats an das
Enzym muß so erfolgen, daß die empfindliche und reaktive Bindung
dem katalytischen Zentrum sehr nahe kommt und exakt zu ihr
ausgerichtet ist und so die Wahrscheinlichkeit des Übergangs in den
angeregten Zustand vergrößert
• Verformung
und
Torsion:
Substratbindung
kann
Konformationsänderung am Enzymmolekül (induzierte Anpassung)
hervorrufen, weil das Substrat die Struktur des katalytischen Zentrums
spannt und das gebundene Enzym verformt. Eine Änderung der
Tertiär- oder Quartärstruktur des Enzyms kann mechanische Hebel
oder Wechselwirkungen auf Substrat ausüben.
• allgemeine Säure-Basen-Katalyse
das katalytische Zentrum steuert R-Gruppen spezifischer
Aminosäurereste bei, die gute Protonendonatoren oder –akzeptoren
sind. Diese sauren oder basischen Gruppen sind wirksame
Katalysatoren für organische Reaktionen in wäßrigen Systemen
• kovalente Katalyse: Bildung unbeständiger, kovalent gebundener
Enzym-Substratkomplexe, aus denen leichter Produkte gebildet
werden als bei unkatalysierter Reaktion
• man nimmt heute an, daß vier Faktoren zur Reaktionsbeschleunigung
beitragen, aber in keinem Fall hat man genaue Kenntnis zum
Mechanismus der Beschleunigung der Reaktion
Allosterische Enzyme
Allosterische Enzyme sind solche, die nicht der Michaelis-Menten-Kinetik
genügen.
Sie besitzen Bindungsstellen zusätzlich und außerhalb des aktivem
Zentrum, an die sich Effektor- oder Modulatormoleküle reversibel binden
können. Dadurch sind Verringerung oder Erhöhung der katalytischen
Aktivität möglich. Es gibt positive oder negative Modulatormoleküle.
Allosterische Enzyme sind größer und komplizierter gebaut als andere
Enzyme, da sie aus zwei oder mehr Polypeptidketten aufgebaut sind. Die
allosterische Hemmung oder Aktivierung verläuft immer vollständig
reversibel. Sie spielen eine bedeutende Rolle für die zelluläre Regulation.
Allosterische Enzyme haben Bindungsstellen für Modulatormoleküle, das
sind Chemosensoren für die Metabolitenkonzentration, die unmittelbare
metabolische Feinsteuerung ausübt.
25
Lokalisation von Enzymsystemen in der Zelle
Verschiedene Enzymsysteme sind in charakteristischer Weise an
morphologische Strukturen in der Zelle gebunden. Die Enzyme für die
Glycolyse sind z.B im Cytosol lokalisiert. Die Enzyme des
Elektronentransports, des Fettsäureabbaus, der Atmungskette, der
oxidativen Phosphorylierung und des Citratcyclus sind an die Membranen
der Mitochondrien gebunden. Die für die Fettsäuresynthese, die
Steroidsynthese und die hydroxylierende Enzymsysteme sind an den
Membranen des endoplasmatischen Retikulums lokalisiert. Ein
Kompartimentierung innerhalb der Zelle ermöglicht zeitliche und räumliche
Koordination der intrazellulären Stoffwechselvorgänge.
Enzyme des Elektronentransports
Eine der wichtigsten Prozesse zur Energiegewinnung in der Zelle ist die
Atmung und die Photosynthese. Beide sind Folgen von Reduktions- und
Oxidationsreaktionen, die an die Phosphorylierung von ADP gekoppelt sind.
Redox-Reaktionen sind bekannterweise gebunden an die Übertragung von
Elektronen von einem Reaktionspartner auf den anderen. Dabei gibt der
Elektronendonator (Reduktionsmittel) Elektronen an Elektronenakzeptor
(Oxidationsmittel) ab.
Bei einigen Reaktionen geschieht gleichzeitig eine Übertragung von
Wasserstoffionen. Die reduzierenden Substanzen haben die Neigung,
Elektronen abzugeben „Elektronendruck“ und oxidierende Substanzen die
Tendenz, Elektronen aufzunehmen „Elektronenaffinität“. Die Stärke des
Elektronendruckes ist durch die Größe des Redoxpotentials bestimmt. Die
Messung der Potentialdifferenz von Redoxsystemen wird mit einem
Potentiometer, das zwischen zwei Halbzellen geschaltet ist, ausgeführt. In
biologischen Systemen erfolgt die Messung bei pH=7 gegenüber dem
Potential der Standardwasserstoffelektrode (-0,42 V). Stärkere
Reduktionsmittel als H2 besitzen negativeres und schwächere positiveres
Normalpotential. Redoxsysteme mit stark negativem Potential besitzen
hohes Reduktionsvermögen und hohe Neigung, Elektronen abzugeben.
Bei Redoxsystemen mit stark positivem Potential besteht eine hohe
Oxidationsneigung. Ordnet man verschiedene Redoxsysteme nach ihrem
Redoxpotential ergibt sich die sogenannte Elektronentransportkette. Da der
Elektronenfluß vom negativen zum positiven Potential erfolgt, kann die
Richtung des Elektronentransports innerhalb verschiedener biologischer
Redoxsysteme vorausgesagt werden.
Eine Verringerung des Elektronendrucks von Stufe zu Stufe der
Elektronentransportkette ist mit einer Verringerung der freien Energie
verbunden.
In der Zelle erfolgt die Katalyse des Elektronen- bzw. Wasserstoff-Flusses
durch Elektronen- oder wasserstoffübertragende Enzyme, deren Coenzyme
bei der katalytischen Funktion wesentlich sind.
Coenzyme von wasserstoffübertragenden Enzymen sind Nicotinamidadenin-dinucleotid (NAD+) und Nicotiamid-adenin-dinucleotidphosphat
(NADP). Bei enzymatischen Umsetzungen ist das Pyridinderivat
26
Nicotinamid von entscheidender Bedeutung. Beide Coenzyme nehmen
reversibel Wasserstoff auf.
Es entstehen so die reduzierten Formen NADH+H + bzw. NADPH+H + , in
oxidierter Form ist der Pyridin-Kern positiv geladen.
Die Coenzymfunktion ist durch Aufnahme von zwei Elektronen in
Verbindung mit zwei Wasserstoffionen erfüllt, wobei die Aufhebung der
positiven Ladung des Pyridinringes und Verlust seiner aromatischen Natur
erfolgt. Die Bindung des Wasserstoffatoms erfolgt stereospezifisch als
Hydridanion, während ein Proton keine feste Bindungsstelle besitzt.
Der Übergang von der reduzierten (NADH/NADPH) zur oxidierten Form
(NAD+/NADP+), die mit einer starken Abnahme der Lichtabsorption bei
340 nm verbunden ist, stellt die Grundlage für die Messung der
enzymatischen Aktivität unter Beteiligung dieses Coenzyms dar.
NADH und NADPH sind in der Regel kovalent an die entsprechenden
Enzyme, die Dehydrogenasen, gebunden. Sie werden nicht als feste
prosthetische Gruppen, sondern als Cosubstrate betrachtet, da meistens
Dissoziation vom aktiven Zentrum des Enzyms während der enzymatischen
Reaktion erfolgt.
NAD+ und NADPH+ sind bewegliche Überträger von Wasserstoff oder
Elektronen.
Flavinmononucleotid (FMN) und Flavindinukleotid (FDN) sind Coenzyme
der Flavinproteine, deren gelbe Farbe vom Riboflavin (Vitamin B2) stammt.
Sie stellen wasserstoffübertragende Proteine dar, die ein reversible
Wasserstoffanlagerung an die Stickstoffatome des Isoalloxacinringsystems
bewirken. Flavin-Coenzyme sind fest an das Enzym gebunden
(prosthetische Gruppe). Die prosthetische Gruppen zahlreicher
elektronenübertragender Systeme sind Eisenporphyrine, z.B. Cytochrome,
wobei
das
im
Porphyrinring
komplexgebundene
Eisen
zur
3+
Elektronenaufnahme und -abgabe befähigt [Fe -Porphyrin] + e →[Fe2+Porphyrin]
ist.
Auch
das
Kupfer
ist
oft
Co-Faktor
in
elektronenübertragenden Enzymen Cu2+ + e- → Cu+.
Zusammenfassung
• Enzyme sind Proteine, die spezifische chemische Reaktionen
katalysieren
• sie binden Substratmoleküle und bilden kurzlebigen Enzym-SubstratKomplex, der in Enzym und entsprechende Produkte zerfällt
• eine Erhöhung der Substratkonzentration führt zur Erhöhung der
katalytischen Aktivität, die Reaktionsgeschwindigkeit nähert sich
hyperbelförmig der charakteristischen Maximalgeschwindigkeit, bei der
nahezu das gesamte Enzym als Enzym-Substratkomplex vorliegt und
gesättigt ist
• die
Substratkonzentration,
bei
der
die
halbe
maximale
Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird, entspricht K m
• jedes Enzym besitzt außerdem ein pH-Optimum sowie eine
charakteristische Spezifität für sein Substrat
• eine Inaktivierung von Enzymen erfolgt durch irreversible Modifikation
der für die katalytische Aktivität essentiellen funktionellen Gruppen
• die reversible Hemmung erfolgt kompetitv oder nicht-kompetitiv
27
• kompetitive Inhibitoren konkurrieren mit dem Substrat um die Bindung
am aktiven Zentrum, werden aber vom Enzym nicht umgewandelt
• nicht-kompetitive Inhibitoren greifen an anderen Stellen des Enzyms an,
sie werden an den Enzym-Substratkomplexes gebunden, die Wirkung
wird durch das Substrat nicht aufgehoben
• die Beschleunigung chemischer Reaktionen durch Enzyme erfolgt durch
Orientierung des Substrats in der Nähe des aktiven Zentrum und durch
Bereitstellung katalytischer Protonendonatoren und Protonenakzeptoren
sowie durch Bildung unbeständiger kovalenter Zwischenformen mit dem
Substrat oder durch Streckung oder Verformung des Substrats
• einige Enzyme besitzen neben ihrer katalytischen Aktivität auch
regulierende Aktivität →sie dienen als Schrittmacher bei metabolischen
Umsetzungen
• die Geschwindigkeit einiger regulierbarer Enzyme (allosterische Enzyme)
ist durch reversible nicht-kovalente Bindung eines spezifischen
Modulators oder Effektors an das regulatorische oder allosterische
Zentrum variierbar; als Modulator agiert entweder das Substrat selbst
oder ein anderer Stoffwechselmetabolit
• bei anderen Enzymklasse erfolgt eine Modulation der Enzymaktivität
durch eine kovalente Modifaktion von funktionellen Gruppen, die für die
Aktivität notwendig sind
• Enzyme, die in mehreren Formen vorkommen sind Isozyme oder
Isoenzyme, welche unterschiedliche kinetische Charakteristika aufweisen
• bei vielen genetisch bedingten Krankheiten funktionieren ein oder
mehrere Enzyme fehlerhaft in Folge von vererbbaren Mutationen
1. 5
Fette und Lipide
Fette und fettähnliche Verbindungen werden zusammengefaßt zu den
Lipiden.
Das Hauptkriterium für die Zuordnung zu den Lipiden ist die
Wasserlöslichkeit der Verbindungen. Lipide sind in Wasser unlöslich, sie
können in Wasser lediglich kolloidale bzw. micellare Lösungen bilden.
Lipide sind in organischen Lösungsmitteln wie Benzol, Ether, Chloroform
oder auch in Lösungsmittelgemischen von organischen Lösungsmitteln
löslich.
Die Stoffklasse der Lipide wird eingeteilt in nicht hydrolysierbare Lipide wie
Kohlenwasserstoffe (Alkane), Alkohole (langkettige Akohole) und Säuren
(langkettige Säuren) z.B. .beta.-Carotin, Cholesterin oder Palmitinsäure.
Daneben gibt es die einfachen Ester wie Fette, Wachse und Stearinester.
Diese Verbindungsklassen werden als die einfachen Lipide bezeichnet. Die
Phospholipide mit Phosphatidsäuren und Phosphatiden und die Glykolipide
mit Cerebrosoide und Gangliosiden werden die komplexen Lipide genannt.
Alle Lipide haben sehr viele Gemeinsamkeiten im Stoffwechsel. Das ist
unter anderem auch der Grund dafür, dass man sie zusammengefaßt hat.
Die grundlegende Gemeinsamkeit aller dieser Verbindungen ist, dass sie
ausnahmslos aus aktivierter Essigsäure aufgebaut werden.
Viele enthalten langkettige Fettsäuren als Hauptkomponente. Sie werden
häufig über sehr einfache Reaktionen im Stoffwechsel ineinander überführt.
28
Die Lipide stellen eine sehr wichtige Stoffklasse beim Aufbau biologischer
Membranen dar. Sie bestimmen die Funktionsweise und die Eigenschaften
von biologischen Membranen maßgeblich.
Chemischer Aufbau der Fette
Als Neutralfette bezeichnet man die Ester, die aus unverzweigten
Monocarbonsäuren und Glycerin entstehen.
Die Monocarbonsäuren sind dabei die entsprechenden Fettsäuren, welche
gesättigt und ungesättigt vorliegen können und Glycerin ist ein dreiwertiger
Alkohol, der Mono-Di- und Triester bilden kann. Ihre (veraltete) aber
gebräuchliche Bezeichnung wäre Mono-, Di- und Triglycerid. Man nennt sie
heute entsprechend verbindlich Monoacyl-, Diacyl- und Triacylglycerin.
Natürlich vorkommende Fette sind immer Gemische aus zahlreichen
Triglyceriden.
In aller Regel sind unterschiedliche Fettsäuren an der Esterbindung
beteiligt.
Die Säuren, die in natürlichen Fetten vorkommen, besitzen stets eine
gerade Anzahl an Kohlenstoffatomen, was darauf zurückzuführen ist, dass
sie aus C2-Einheiten, nämlich dem Essigsäurerest, aufgebaut sind.
Man unterscheidet in gesättigte und in ungesättigte Fettsäuren.
Ungesättigte Fettsäuren weisen eine oder auch mehrere Doppelbindungen
in der Kohlenstoffkette auf.
Im Arbeitsblatt sind einige ausgewählte Fettsäuren schematisch
dargestellt.
Zu den ungesättigte Fettsäuren gehört auch die Ölsäure. Die
Doppelbindungen in ungesättigten Fettsäuren liegen fast ausnahmslos in
der cis-Konfiguration vor.
Bei der Ölsäure liegt die Doppelbindung zwischen dem C9 und dem C10
der Kette.
Bei mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind die Doppelbindungen meist
isoliert, d.h. sie sind jeweils durch eine CH2-Gruppe getrennt.
Die .Pi.-Elektronen können somit nicht in Wechselwirkung treten (vgl. auch
konjugierte Doppelbindung in Aromaten).
Beispiele für ungesättigte Fettsäuren sind die Linolsäure, die Linolensäure
und die Arachidonsäure. Linolsäure und Linolensäure befinden sich
besonders reichlich in verschiedenen pflanzlichen Ölen (Leinöl, Rapsöl,
Sonnenblumenöl).
Noch höher ungesättigte Fettsäuren findet man in Fischleberölen
(Eicosapentaensäure). Die Linolsäure ist eine essentielle Fettsäure, d.h. sie
kann im Säugetierorganismus nicht gebildet werden, sie muß zugeführt
werden.
Eine andere, aber nicht minder wichtige Verbindungsklasse stellen die
Wachse dar.
Natürliche Wachse wie Bienenwachs, Walrat und pflanzliche Wachse sind
Gemische verschiedener Ester, deren Hauptbestandteil
langkettige
Alkohole mit höheren Fettsäuren sind. Neben diesen Estern findet man in
Wachsen auch höhere unverzweigte Kohlenwasserstoffe.
29
Fette sind enorme Energieträger. Die eigentliche biologische Bedeutung der
Fette liegt darin, dass sie als Reservestoffe dienen.
Man unterscheidet bei höheren Lebewesen (z.B. Säugetieren) in Leberfette
und in Depotfett. Das Leberfett einer Ratte z.B. hat eine biologische
Halbwertzeit von 1- 2 Tagen, das entsprechende Depotfett 8 – 10 Tage.
Im Blut werden Fette zusammen mit Phosphatiden in den Chylomikronen
und in den Lipoproteinen transportiert. Soll Energie aus dem Depot der
Fette gewonnen werden, muß die Spaltung des Glycerins von den
Fettsäuren erfolgen.
Diese Spaltung führen die Lipasen aus. Lipasen sind eine fettspaltende
Enzymgruppe (vgl. auch Enzyme).
Die Spaltprodukte der Fette gehen im Stoffwechsel sehr verschiedene
Wege.
Das Glycerin steht in naher Beziehung zu den Kohlenhydraten, es wird in
der Leber durch das Enzym Glycerin-Kinase mit ATP phosphoryliert und
dann zum Aufbau von Glucose verwendet bzw. auf dem gleichen Wege wie
die Kohlenhydrate abgebaut. Die Fettsäuren werden nach dem Prinzip der
.beta.-Oxidation in C2-Einheiten (Acetyl-CoA) zerlegt.
Die .beta.-Oxidation der Fettsäuren
Fettsäuren sind chemisch nahezu inert, d.h. ihre Reaktionsfähigkeit muß
erhöht werden, damit Reaktionen in einer physiologisch vertretbaren
Geschwindigkeit ablaufen können. Diese Aktvierung verläuft über die
Bildung von Thioestern.
Thioester verfügen über ein hohes Gruppenübrtragungspotential.
Die Thiol-Gruppe ist die des Coenzyms A, welches Cysteamin gebunden
enthält.
Es muß ein Mol ATP für diese Übertragung aufgewendet werden.
Die Reaktion wird von der Acyl-CoA-Synthetase katalysiert und erfolgt über
zwei Stufen.
1. Stufe
Die Fettsäure reagiert mit ATP unter Abspaltung von Diphosphat zu
Acyl-Adenylat
2. Stufe
Acyl-Adenylat wird dann durch CoA-SH in Acyl-SCoA und AMP zerlegt.
Die CoA-Verbindung der Fettsäure steht m Gleichgewicht mit einem
anderen Derivat, dem Carnitin-Ester, welcher als Transfermolekül dient. Mit
Hilfe dieses Transportmoleküls gelangen die Fettsäuren in die
Mitochondrien der Zelle.
Dort wird der Fettsäurerest auf HS-CoA rückübertragen (siehe Stufe 2).
Danach erfolgen alle weiteren Abbauschritte wieder an der Acyl-CoAVerbindung.
30
Durch die Folge von vier Reaktionen wird die Kette in C2-Bruchstücke, die
aktivierte Essigsäure ( Acetyl-CoA), zerlegt. Da die vier Reaktionen das
.beta.-C-Atom betreffen, wird der Abbau auch .beta.-Oxidation genannt.
Der Zyklus der .beta.-Oxidation ist im Arbeitsblatt schematisch dargestellt.
Weiterführende Kenntnisse zur .beta.-Oxidation sind der wissenschftlichen
Grundlagenliteratur zu entnehmen.
Der Wasserstoff, der im Verlauf der .beta.-Oxidation auf prosthetische
Gruppen oder das Coenzym NAD+ (Nicotinamid-adenindinucleotid)
übertragen wurde, wird in den Mitochondrien innerhalb der Atmungskette zu
Wasser verbrannt. Die aktivierte Essigsäure wird im Citratzyklus zu CO2
oxidiert. .Beta.-Oxidation und Endabbau der aktivierten Essigsäure müssen
gekoppelt ablaufen, damit Energie gewonnen werden kann. Alle
diesbezüglichen Vorgänge laufen in den Mitochondrien ab.
Nicht minder bedeutsam als der Abbau von Fetten und Fettsäuren ist der
Aufbau von Fetten im Organismus. Selbst gering differenzierte biologische
Strukturen bauen Fette auf. Der Aufbau von Fetten vollzieht sich im
wesentlichen aus Kohlenhydraten.
Die Synthese der langkettigen
Fettsäuren läuft an einem Fettsäure-Synthase-Komplex (Enzymkomplex)
ab, der sich in den Mitochondrien befindet. Bei Bakterien erfolgt die
Verknüpfung zu Fettsäuren nicht an einem Synthase-Komplex sondern an
einem bakteriellen Enzym-Komplex, der aus einzelnen Proteinen aufgebaut
ist.
Hefen besitzen einen einfachen Synthase-Komplex, der aus zwei
Untereinheiten besteht.
Die Fettsäuren, die bei der Biosynthese entstehen, werden als
Glycerinester, d.h. als Neutralfette gespeichert. Die Esterbildung erfolgt
nicht am Glycerin sondern am Glycerinphosphat, das durch
Phosphorylierung von Glycerin mit ATP (Adenosintriphosphat) entstehen
kann.
Verantwortlich dafür ist das Enzym Glycerin-Kinase, welches aber nur in
der Leber vorhanden ist. In Geweben, in denen dieses Enzym fehlt
(Muskulatur, Bindegewebe, Fettgewebe) entsteht Glycerinphosphat durch
Reduktion
von
Glyceronphosphat,
einem
Metaboliten
des
Kohlenhydratstoffwechsels.
Phospholipide
Phospholipide werden auch Phospholipoide oder Phasphatide genannt.
Chemisch sind sie Phosphodiester. Die Phosphorsäure ist einerseits mit
einem Sphingosin- (Amino-dialkohol) oder Glycerin-Derivat (meist
Diacylglycerin) und andereseits mit Cholin, Ethanolamin, Serin, Inosit oder
Glycerin verestert.
Alle Phosphatide enthalten Glycerinphosphat als Baustein.
31
Glykolipide
Glykolipide enthalten anstelle des Phosphat einen MonoOligosaccharid-Rest.
Dieser ist meist mit dem Sphingosin (Amino-dialkohol) verknüpft.
oder
Lipoproteine
Lipoproteine sind keine durch Hauptvalenzen zusammen gehaltenen
Verbindungen, wie z.B. die Glykolipide oder die Phopholipide.
Sie sind vielmehr Anlagerungsverbindungen an Proteine. Sie enthalten
häufig Phospholipide, Cholesterin, Cholesterinester, Glykolipide u.a.
Die bekanntesten Lipoproteine sind LDL, VLDL und HDL (low density
lipoproteins, very low density lipoproteins, high density lipoproteins).
Zusammenfassung
Fette sind wichtige Reservestoffe tierischer und pflanzlicher Zellen.
Chemisch sind Fette Triacyl-Derivate des Glycerins. Sie stellen Ester des
Glycerins mit Fettsäuren dar.
Fette werden im Fettgewebe gespeichert und bei Bedarf freigesetzt.
Die Steuerung dieser Lipolyse erfolgt u. a. über Hormone. Mediatorstoff ist
dabei das cyclo-AMP (Adenosinmonophosphat). Der Abbau der Fette unter
Energiegewinn erfolgt über die .beta.-Oxidation. Die Kapazität der .beta.Oxidation ist begrenzt. Zahlreiche pathologische Erscheinungsformen
gründen auf dieser begrenzten Kapazität.
Der Aufbau von Fettsäuren und Fett vollzieht sich im wesentlich aus
Kohlenhydraten.
Die Glykolyse liefert das Pyruvat, aus diesem entsteht durch oxidative
Decarboxylierung Acetyl-CoA, welches zu Maloyl-CoA carboxyliert wird.
An einem Enzym-Komplex vollzieht sich der Aufbau der Fettsäuren, der in
etwa der Umkehrung der .beta.-Oxidation entspricht.
Phosphatide und Glykolipide gehören zu den Molekülen, die über
Hauptvalenzen miteinander verknüpft sind. Es sind Verbindungen aus
mehrwertigen Akoholen und Phosphorsäure bzw. Sacchariden.
Lipoproteine sind Aggregate aus Apolipoproteinen und Fetten,
Phosphatiden, Cholesterin und Cholesterinestern in unterschiedlichen
Mengenzusammensetzun-gen. Lipoproteine stellen die Transportform der
Lipide im Butplasma dar. Sie werden vor allem in der Leber gebildet.
32
1.6
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate stellen für Menschen, Tiere und viele Mikroorganismen den
Hauptteil der aufgenommenen Energie dar. Sie stehen im Zentrum des
Stoffwechsels grüner Pflanzen und anderer zur Photosynthese befähigter
Organismen, die aus CO2 und H2 O mit Sonnenenergie Kohlenhydrate
synthetisieren. Die durch Photosynthese hergestellten Kohlenhydrate sind
die Kohlenstoff- und Energielieferanten für die nicht-photosynthesefähigen
Zellen der Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen.
Die Einteilung der Kohlenhydrate wird in der Wissenschaft und
insbesondere in den technischen Wisenschaften nicht einheitlich und häufig
auch unsystematisch vorgenommen. Sinnvoll erscheint es, vor diesem
Hintergrund eine Einteilung nach biochemischen Grundlagen bzw.
Parametern vorzunehmen. Wichtige Funktionen der Kohlenhydrate erfüllen
z.B. Stärke und Glykogen, beide sind Speicherformen der Glucose.
Unlösliche Kohlenhydratpolymere dienen strukturellen und stützenden
Elemente in Zellwänden von Bakterien und Pflanzen und in Bindegeweben
und Zellhüllen von tierischen Organismen. Sie dienen aber auch zum
Schmieren von Gelenken des Skeletts, zur Adhäsion zwischen den Zellen,
zur Verleihung der Spezifität der Oberfläche von tierischen Zellen.
Biochemisch sind Kohlenhydrate Polyhydroxyaldehyde oder -ketone oder
bilden diese bei Hydrolyse. Ihr Name leitet sich davon ab, daß die meisten
Verbindungen Summenformeln aufweisen, in denen C:H:O im Verhältnis
1:2:1 stehen, welches suggeriert, daß es sich um Hydrate des Kohlenstoffs
handelt. Das trifft zwar für viele Kohlenhydrate zu, z.B. für Glucose
C6H12O6, aber nicht für alle, manche enthalten außerdem N, P, S.
In der folgenden Abhandlung zu den biochemischen Grundlagen, die im
Zusammenhang mit der Stoffgruppe der Kohlenhydrate stehen, wird für den
Begriff Kohlenhydrate der Einfachheit wegen die Abkürzung KH verwendet.
Man unterscheidet bei den KH drei Hauptklassen:
Monosaccharide, Oligosaccharide und Polysaccharide
Der Name Saccharid leitet sich aus dem griechischen ab und bedeutet
Zucker.
Monosaccharide:
Sie stellen eine Polyhodroxyaldehyd- oder –ketoneinheit dar. Das häufigste
in der Natur vorkommende Monosaccharid ist der C 6-Zucker Glucose.
Oligosaccharide:
Abgeleitet von oligos (griech.) = einige
Sie bestehen aus kurzen Ketten von Monosacchariden, die durch kovalente
Bindung verknüpft sind. Die am häufigsten vorkommenden Disaccharide
sind die, die aus zwei Monosaccharid-Einheiten bestehen. Typisch dafür
sind die Saccharose oder Rohrzucker, in dem die C 6-Einheiten der
D-Glucose und der D-Fructose kovalent miteinander verbunden sind.
33
Oligosaccharide mit drei oder mehr Einheiten kommen nicht frei vor,
sondern treten als Seitenketten an Polypeptiden auf.
Polysaccharide:
Sie sind lange Ketten mit Hunderten oder Tausenden Monosaccharideinheiten. Einige haben eine lineare Struktur, z.B. Cellulose, andere
verzweigte Ketten, z.B. Glykogen. Häufigste Polysaccharide im
Pflanzenreich sind Stärke und Cellulose.
Sie bestehen aus D-Glucoseeinheiten und unterscheiden sich hinsichtlich
der Art der Verknüpfung.
Mono- und Disaccharide besitzen Namen, die auf die Silbe -ose enden.
Bei den KH gilt genauso wie bei allen anderen Stoffen, daß die Struktur und
die Konfiguration maßgeblich die Eigenschaften bestimmen. Die
biochemischen und auch die physikalischen Eigenschaften der Mono-, Di-,
Oligo- und Polysaccharide unterscheiden sich zum Teil erheblich.
Monosaccharide
Monosacharide sind farblose, kristalline Substanzen, die in Wasser löslich
und in unpolaren Lösungsmitteln unlöslich sind (vgl. auch zu den Fetten).
Die meisten haben einen süßlichen Geschmack. Ihre allgemeine
Summenformel ist (CH2O)n; n≥3.
Sie bestehen aus einem Grundgerüst, das eine unverzweigte
Kohlenstoffkette mit Einfachbindungen darstellt, wobei ein C mit
Doppelbindung an ein O gebunden ist (Carbonylgruppe), die übrigen C
tragen OH-Gruppen bzw. H-Atome.
Steht die Carbonylgruppe am letzten C-Atom der Kette entspricht der
Monosaccharid einer Aldose (Aldehyd → Aldose).
Stehen Cabonylgruppe an jeder beliebigen anderen Position entspricht der
Monosaccharid einer Ketose (Keton → Ketose).
Die einfachsten Monosaccharide sind die C3-Verbindungen wie Triosen
Glycerinaldehyd und Dihydroxyaceton.
Liegen 4,5,6,7 Kohlenstoffatome verknüpft vor, handelt es sich um
Tetrosen, Pentosen, Hexosen und Heptosen, wovon jeweils zwei Reihen
Aldotetrosen und Ketotetrosen usw. sind.
Die in der Natur wichtigsten vorkommende Monosaccharide sind die
Hexosen, D-Glucose und D-Fructose.
Die Aldopentosen, D-Ribose und 2-Desoxy-D-Rribose sind Bestandteile der
Nucleinsäuren.
Monosaccharide enthalten immer asymmetrische Zentren. Die einzige
Ausnahme ist Dihydroxyaceton.
Diese asymmetrischen Zentren bewirken die optisch aktiven, isomeren
Formen.
Hexosen haben vier asymmetrische Kohlenstoffatome und kommen als
2n=24=16 verschiedene Stereoisomere vor, d.h. als Formen, die die gleiche
Summenformel haben, aber unterschiedliche räumliche Struktur aufweisen.
34
Das Arbeitsblatt zeigt die Zucker der D-Reihe und der Ableitung.
Die Art der Darstellung wird als Karl-Fischer Projektion bezeichnet, die
horizontalen Bindungen stehen aus der Ebene heraus und die vertikalen
liegen hinter ihr.
Die schematischen Darstellungen dieser Verbindungsgruppe sind dem
Arbeitsblatt zu entnehmen.
Die in der Natur vorkommende Form der Glucose ist die D-Form. Da sie wie
viele Aldosen über mehrere asymmetrische C-Atome verfügt, bezieht sich
die Bezeichnung D- oder L- auf das am weitesten von der Carbonylgruppe
entfernt stehende Kohlenstoffatom (OH-Gruppe zeigt nach rechts→DForm). Die am meisten in der Natur vorkommenden Monosaccharide sind
die Pentose, D-Ribose, und die Hexosen, D-Glucose, D-Mannose und DGalactose.
Die Bezeichnung der Ketosen erfolgt analog der Aldosen, aber durch
einfügen der Silbe -ul z.B. Ribulose. Einige besitzen Trivialnamen, z.B.
Fructose.
Aldosen und Ketosen in der L-Form kommen in der Natur relativ selten vor.
Zwei Zucker, die sich nur in der Konfiguration um ein C-Atom
unterscheiden, nennt man Epimere, z.B. D-Glucose und D-Mannose (C-2)
oder D-Glucose und D-Galactose (C-4).
Monosaccharide mit fünf und mehr C-Atomen im Grundgerüst, besitzen in
Lösung cyclische Strukturen, d.h. Carbonylgruppe liegt nicht frei vor
sondern ist mit einer OH-Gruppe eine kovalente Bindung eingegangen.
Die Bildung dieser Pyranoseringe ist das Ergebnis einer allgemeinen
Reaktion zw. Aldehyden oder Ketonen und Alkoholen unter Bildung von
Halbacetalen.
Halbacetale enthalten ein asymmetrisches Kohlenstoffatom, d.h. zwei
stereoisomere Formen. D-Glucopyranose ist intramolekulares Halbacetal.
Die freie Hydroxylgruppe des C-5 hat mit Aldehyd-C-1 reagiert, so ist die
Ringform der D-Glucose mit einem asymmetrisches C-Atom mehr als aus
geradkettiger Formel entstanden. Zwei Stereoisomere der D-Glucose ,
α-D-Glucose und β-D-Glucose sind das Ergebnis.
Telegramm
Isomere Formen von Monosacchariden, die sich nur in
ihrer Konfiguration um das Halbacetal-Kohlenstoffatom
unterscheiden wie α-D-Glucose und β-D-Glucose werden als Anomere bezeichnet.
Cycliche Formen von Aldohexosen können auch als Fünfringe existieren.
Sie leiten sich dann vom Furan ab und werden als Furanosen bezeichnet.
Die Stabilität der Aldopyranose-Sechsringe ist wesentlich größer als die der
Aldofuranose-Fünfringe. Pyranoseringe sind nicht planar. Sie können in
Wannen- oder Sesselform vorliegen, wobei die Sesselform häufiger ist. Die
Konformation der einfachen Zucker mit sechs C-Atomen ist für die
Ausprägung einiger biologischer Eigenschaften und Funktionen der
Polysaccharide bedeutsam.
35
Im folgenden sind besonders wichtige chemische Eigenschaften von
Monosacchariden aufgeführt.
• Chemische Eigenschaften:
− Monosaccharide sind Reduktionsmittel, d.h. sie reduzieren z.B.
Hexacyanoferrat(III)-Ionen, Wasserstoffperoxid oder Cu2+ -Ionen,
dabei wird Carbonylgruppe oxidiert (ist Elektronendonator)
− diese Zucker heißen dann reduzierende Zucker
Diese Eigenschaft wird bei der Analyse auf Zucker genutzt. Anhand der
Menge
des
reduzierten
Oxidationsmittels
wird
dann
die
Zuckerkonzentration bestimmt. Anwendung findet diese Analyse bei der
Bestimmung des Zuckergehaltes in Blut oder Urin
Disaccharide
Disaccharide bestehen aus zwei kovalent miteinander verbundenen
Monosacchariden. Diese Bindung ist meistens eine Glycosidbindung, die
durch Reaktion einer Hydroxylgruppe des einen Zuckers mit dem anomeren
C-Atom des anderen Zuckers reagiert. Dies zeigen die Reaktion des C-1
bei Hexosen und des C-2 bei Furanosen mit beliebiger OH-Gruppe. Die
Bindungen werden durch Säuren leicht hydrolysiert, widerstehen aber der
Spaltung durch Basen.
Häufigste Disaccharide sind Saccharose und Maltose.
Maltose besteht aus zwei Glucoseresten, die durch glycosidische Bindung
zwischen dem C-1 einer α-D-Glucose und der OH-Gruppe am C-4 der
anderen α-D-Glucose oder β-D-Glucose α(1→4)-Bindung entstanden ist.
Sie kann in α- oder β-Form vorkommen. Die α-Form wird durch das
Speichelenzym Amylase gebildet (Amylase zerlegt Stärke in Gemisch aus
Maltose, Glucose u. Oligosacchariden, spürbar z.B. beim Kauen von Brot,
das bei längerem Kauen süß schmeckt, z.B Mundspeichelenzym ist
Ptyalin). Sie wirkt reduzierend, da auch sie über eine potentiell freie
Carboxylgruppe verfügt.
Disaccharid Cellobiose enthält auch zwei Glukosemoleküle, die aber über
β(1→4)-Bindung verbunden sind.
Lactose ist aus D-Galactose und D-Glucose aufgebaut. Sie kommt nur in
der Milch vor. Auf Grund dessen, daß sie
eine potentiell freie
Carboxylgruppe enthält, wirkt sie reduzierend.
Telegramm
Lactose wird mit Hilfe von Lactase enzymatische
durch Hydrolyse gespalten. Dieses Enzym ist bei
Säuglingen sehr aktiv, es bleibt im Erwachsenenalter nur
bei Nordeuropäern und einigen afrikanischen Völkern
36
erhalten. Andere Völker besitzen wenig Darm-Lactase und
haben somit eine Lactose-Intoleranz, was genetisch
bedingt ist. Lactose muß im Darm gespalten werden bevor
sie in den Blutkreislauf aufgenommen werden kann. Bei
Lactose-Intoleranz bleibt sie unverdaut im Darm liegen.
Saccharose besteht aus D-Glucose und D-Fructose. Sie wird von vielen
Pflanzen gebildet und kommt bei Tieren nicht vor. Sie besitzt keine freien
anomeren C-Atome, da diese miteinander verbunden sind. Sie stellt einen
nicht reduzierender Zucker dar.
− sie ist das Hauptzwischenprodukt der Photosynthese
− sie ist oft die Hauptform, in der Zucker von den Blättern über das
Gefäßsystem in andere Pflanzenteile transportiert wird
− der Grund dafür ist möglicherweise in der Verbindung der
anomeren C-Atome, die vor Angriff durch Pflanzenenzyme
schützen, zu suchen
− Tiere können Saccharose als solche nicht absorbieren, durch ein
Enzym in der Zellwand des Dünndarms, die Invertase, wird
Absorptionsverfügbarkeit hergestellt. Invertase katalysiert die
Hydrolyse zu D-Glucose und D-Fructose. Saccharose hat den
süßesten Geschmack von allen Zuckern
Telegramm
Steigende Kosten für importierten Rohrzucker (aus
Zuckerrohr und Zuckerrüben)haben bewirkt, dass in den
USA riesige Mengen von Glucose durch Hydrolyse von
Maisstärke gewonnen werden. Das Verfahren um daraus
Süßstoff herzustellen umfaßt zuerst die Hydrolyse der
Stärke zu Glucose in Form von Sirup, der über große
Säulen läuft, die ein auf Trägermaterial gebundenes
Enzym, die Glucose-Isomerase, enthalten. Es folgt dann
die Katalyse der Reaktion. Am Ende liegen D-Glucose und
D-Fructose in äquimolare Mischung vor. Aufgrund der
hohen Süßkraft von Fructose ist die Süßkraft dieses
Produktes sehr hoch. Es wird in der Nahrungsmittel-,
Getränke- und Eiscreme-Industrie verwendet. Es ist
billiger als Rohrzucker und genauso nahrhaft.
Ein weiteres neues Produkt, das aus 90% Fructose
besteht und das nach dem gleichem Verfahren hergestellt
wird, kostet doppelt soviel wie Saccharose. Es ist
günstiger zum Süßen, da es süßer als Saccharose ist und
gleichzeitig
eine
geringere
Energieaufnahme
gewährleistet. Diese künstlichen Süßstoffe besitzen
keinen Nährwert. Sie stimulieren die gleichen
Geschmacksknospen auf der Zunge, werden aber nicht
als Nahrungsmittel verwertet. Der am häufigsten
37
verwendete Süßstoff ist Saccharin. Er ist 400mal süßer als
Saccharose.
Polysaccharide
Die meisten Kohlenhydrate in der Natur sind Polysaccharide mit hohen
relativen Molekülmassen.
Einige dienen als Monosaccharid-Speicher, andere als strukturelle
Elemente in Zellwänden und Bindegeweben.
Bei
vollständiger
Hydrolyse
von
Polysacchariden
entstehen
Monosaccharide und ihre Derivate. Polysaccharide werden auch Glycane
genannt. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der enthaltenen
Monosaccharid-Einheiten,
der
Länge
der
Ketten
und
deren
Verzweigungsgrad.
Man unterscheidet nach der Zusammensetzung in zwei Arten, HomoGlycane (Stärke: nur aus D-Glucose Einheiten) und Hetero-Glycane
(Hyaluronsäure des Bindegewebes aus zwei einander abwechselnden
Resten von zwei verschiedenen Monosacchariden).
Polysaccharide besitzen im Gegensatz zu Proteinen keine festgelegten
Molekülmassen. Sie sind Mischungen von Monosaccharid-Molekülen hoher
Molmassen. Je nach Bedarf der Zelle, in der sie lagern, werden diese
Monosaccharid-Einheiten an- oder abgekoppelt.
Polysaccharide sind wichtige Speicherstoffe, z.B Stärke in Pflanzen und
Glycogen in tierischen Zellen. Sie kommen intrazellulär in Form von
Zusammenlagerungen oder Granula vor.
In aller Regel sind sie stark hydratisiert, was auf die zahlreichen
exponierten Hydroxylgruppen zurück zu führen ist. Sie bilden nach
Extraktion mit heißem Wasser kolloidale Lösungen oder Dispersionen.
Stärke:
Stärke kommt besonders häufig in Knollengewächsen (Kartoffeln) oder in
Samen (Getreide) vor.
Die meisten Pflanzenzellen können selbst Stärke bilden.
Man unterscheidet in zwei Arten von Glucosepolymeren, Amylose und
Amylopectin.
Während die α -Amylose aus langen unverzweigten Ketten aus DGlucoseeinheiten besteht, die durch α(1→4)-Bindung verknüpft sind und
deren Molekülmasse wenige Tausend bis 500.000 units ausmachen, hat
das α -Amylopectin eine relativ hohe Molekülmasse, ist stark verzweigt, die
Bindungen in den Ketten sind α(1→4)-Bindung, in den Verzweigungen sind
es α(1→6)-Bindungen.
Beim Kochen von Kartoffeln z.B. wird die Amylose zum größten Teil durch
das heiße Wasser extrahiert, das Amylopectin bleibt in den Kartoffeln
zurück.
38
Glykogen:
Glykogen wird auch als tierische Stäre bezeichnet. In der Tat ist es die
Stärke in Tierzellen. Chemisch stellt es ein verzweigtes Polysaccharid der
D-Glucose dar. Es hat die gleichen Bindungen wie Amylopectin, ist aber
stärker verzweigt und kompakter aufgebaut.
Bei tierischen Organismen ist es vor allem in der Leber (bis 7% des
Feuchtgewichtes) als große Granula, die durch Zusammenlagerungen
kleiner Granula entstanden sind, die aus stark verzweigten
Glykogenmolekülen bestehen, zu finden. Die durchschnittliche relative
Molmasse beträgt mehrere Millionen. Die Granula enthalten außerdem
Enzyme für die Synthese und den Abbau von Glykogen.
Glykogen und Stärke werden im Verdauungstrakt von Amylase hydrolysiert
(Spaltung der α(1→4)-Bindung) unter Bildung von D-Glucose, geringen
Mengen Maltose und Rest-Dextrin. Rest-Dextrin wird von α-Amylase nicht
weiter hydrolysiert, da es keine α(1→6)-Bindungen angreifen kann.
Das gemeinsames Wirken von α-Amylase und α(1→6)-Glucosidase
ermöglicht den vollständigen Abbau von Stärke und Glykogen.
Die gebildete Glucose wird absorbiert und als "Brennstoff" in den
Mitochondrien der Zellen zu Kohlendioxid und Wasser unter Energiegewinn
abgebaut (veratmet, verbrannt).
In tierischen Zellen erfolgt der Abbau des Glykogens durch die GlycogenPhosphorylase, es entsteht das Glucose-1-phosphat statt Glucose.
Das Enzym β-Amylase aus Malz spaltet nur jede zweite α(1→4)-Bindung,
dadurch erfolgt die Bildung von hauptsächlich Maltose und wenig Glucose
(α- und β- beziehen sich nicht auf Glycosidbindung).
Cellulose:
Cellulose ist ein sogenannter Strukturpolysaccharid, der eine faserige,
feste, wasserunlösliche Substanz darstellt. Es kommt in den Zellwänden
von Pflanzen, besonders in Stielen und Stämmen vor. Holz besteht zum
größten Teil aus Cellulose und anderen polymeren Substanzen. Baumwolle
ist fast reine Cellulose.
Cellulose ist der häufigste extrazelluläre Strukturpolysaccharid und
häufigster
Polysaccharid,
der
ein
lineares
unverzweigtes
Homopolysaccharid aus 10.000 oder mehr D-Glucoseeinheiten darstellt, die
durch 1→4-Gycosidbindungen miteinander verknüpft sind. Bei Cellulose
haben diese Bindungen β-Konfiguration, was entscheidende Eigenschaftsunterschiede gegenüber Stärke und Glykogen bewirkt. Aufgrund der
Geometrie ihrer α(1→4)-Bindungen bevorzugen sie gewundenen HelixKonformation, was die Bildung dichter Granula fördert.
Die D-Glucoseketten der Cellulose haben wegen der β-Bindungen
gestreckte Konformation, die sich parallel zusammenlagern, was zu
unlöslichen Fibrillen führt.
Die Bindungen zwischen den Monomeren der Cellulose werden durch
Amylase nicht hydrolysiert. Wirbeltiere verfügen über kein Enzym,
39
das Cellulose hydrolysieren kann, d.h. Cellulose ist für sie
unverdaulich.
Die Cellulase, ein Cellulose hydrolysierendes Enzym wird von einigen
Pilzen und Bakterein produziert.
Telegramm
Die einzigen Wirbeltiere, die Cellulose als Nahrungsmittel nutzen
können, sind die Wiederkäuer( z.B.Rinder), welche vier
hintereinander geschaltete Mägen haben. Die ersten beiden arbeiten
mit Cellulase sezernierenden Mikroorganismen zusammen, Cellulose
wird dort zu D-Glucose abgebaut, die zu kurzkettigen Fettsäuren,
CO2 und CH4 umgewandelt wird. Fettsäuren werden resorbiert und
als Brennstoff verwertet. CO2 und Methan werden reflexartig
freigesetzt. In den anderen Mägen werden Mikroorganismen von
Enzymen verdaut und ergeben Aminosäuren, Zucker u.a.
Hydrolyseprodukte, die als Nährstoffe verstoffwechselt werden. Es
liegt also eine nützliche symbiotische Beziehung zwischen
Mikroorganismen und Wiederkäuern, sowohl für die Wiederkäuer als
auch für Mikroorganismen stellt Cellulose im Gras und Klee etc. die
Hauptbrennstoffquelle dar, vor.
Die meisten Pflanzenzellen werden von starren und kräftigen
Polysaccharid-Strukturen umgeben, was vielleicht vergleichbar mit
glasfaserverstärktem Kunststoff ist. Das Gerüst der Pflanzenzellwände
besteht aus netzförmigen Lagen von Cellulosefasern, die mit anders
strukturierten Sacchariden und Lignin verstärkt sind.
Zusammenfassung
• KH sind Polyhydroxyaldehyde oder -ketone mit der empirischen Formel
(CH2O)n
• Sie werden klassifiziert in Monosaccharide (eine Aldehyd- oder
Ketoneinheit), Oligosaccharide (mehrere Monosaccharide) und
Polysaccharide (große verzweigte oder lineare Moleküle aus vielen
Monosaccharideinheiten)
• Monosaccharide haben mindestens ein asymmetrisches C-Atom und
kommen in stereoisomeren Formen vor
• häufigste vorkommende Zucker sind Glucose, Ribose, Fructose,
Mannose, sie b gehören der D-Reihe an
• einfache Zucker mit 5 und mehr C-Atomen kommen in Form
geschlossener Ringe vor – Halbacetale, welche als Furanosen oder
Pyranosen benannt werden, die als anomere α- oder β-Form existieren
• Zucker, die Oxidationmittel reduzieren können, werden als reduzierende
Zucker bezeichnet
• Disaccharide
bestehen
aus
zwei
kovalent
verbundenen
Monosacchariden
• Maltose ist Zucker, welcher aus 2 D-Glucoseresten durch α(1→4)Glycosidbindung verknüpft vorliegt
• Lactose stellt eine Verknüpfung von D-Galactose und D-Glucose dar
40
• Saccharose ist die Verknüpfung von D-Glucose und D-Fructose, sie stellt
einen nicht reduzierenden Zucker dar
• Polysaccharide sind glykosidische Verknüpfungen von vielen
Monosaccharideinheiten
• Die wichtigsten Polysaccharide sind Stärke und Glykogen
(hochmolekulare, verzweigte Polykondensate der D-Glucose mit α(1→4)Verknüpfungen in den Hauptketten und α(1→6)-Verknüpfungen an den
Verzweigungspunkten)
• α(1→4)-Bindungen sind mit Hilfe von α-Amylase und die α(1→6)Bindungen durch α(1→6)-Glucosidase hydrolisierbar
• einige Polysaccharide haben Speicherfunktion
• andere Polysaccharide haben Strukturfunktion in den Zellwänden
• Cellulose ist ein Strukturpolysaccharid der Pflanzen
• Sie besteht aus α(1→4)-verknüpften D-Glucose-Einheiten
• Sie wird nicht von Amylasen angegriffen
• Ausnahme:
Wiederkäuer,
bei
denen
von
Mikroorganismen
ausgeschiedene Cellulase die Cellulose abbaut
• Pflanzenzellwände werden durch starre starke Gerüste aus
Cellulosefasern, die mit anderen polymeren Substanzen durchsetzt sind,
gebildet
• Tierzellen sind geschmeidige, flexible Mäntel aus Glycolax oder
Oligosacchariden, die an Lipide oder Proteine gebunden sind
• Glycoproteine enthalten einen oder mehrere Zuckerreste
• Glycoproteine sind die meisten Proteine der Zelloberfläche und fast alle
extrazellulären Proteine
• Bindegewebe von Tieren enthalten saure Mucopolysaccharide aus
alternierenden Zuckereinheiten von denen eine eine Säuregruppe
enthält
• Verbindungen, in denen das Polysaccharid überwiegt, nennt man
Proteoglycane
1.7
Nucleinsäuren
Die Nucleinsäuren gelten als die Schlüsselmoleküle des Lebens. Sie
enthalten die genetische Information.
Nucleinsäuren sind chemisch Polynucleotide, die aus heterozyklischen
Basen, einem Kohlenhydrat und Phosphorsäure (Orthophosphorsäure)
aufgebaut sind.
Nach der Art des Kohlenhydratbausteins werden die Nucleinsäuren in zwei
Verbindungsklassen eingeteilt, in die Desoxyribonucleinsäuren (DNS bzw.
DNA) und in die Ribonucleinsäuren (RNA).
Enthalten diese Bausteine Desoxyribose als Kohlenhydrat spricht man von
DNA bzw. DNS, enthalten sie Ribose spricht man von RNA.
Diese
rein
chemische
Unterscheidung
entspricht
biologisch
unterschiedlichen Funktionen. Während die DNA Träger der genetischen
41
Information ist, sind die RNA an der Biosynthese der Proteine unmittelbar
beteiligt.
Als Erbfaktoren oder Gene werden die biologischen Einheiten definiert, die
die Fähigeit der Merkmalsauslösung und damit zur identischen
Reproduktion und zur Mutation besitzen.
Die Erbfaktoren oder Gene sind auf den Chromosomen lokalisiert und
werden entsprechend der Mendelschen-Gesetze vererbt.
Gene werden unverändert über Generationen hinweg weitergegeben. Viele
Tausende von Nachkommen und Millionen von Zellgenerationen zeugen
davon, dass eine identische Reduplikation stattfindet.
Als sehr seltenes Ereignis werden plötzliche Veränderungen der Ebfaktoren
wahrgenommen. Das dadurch veränderte Gen wird in dieser Form
weitergegeben.
Durch solche Mutationen erklärt sich die Vielfalt der erbverschiedenen
Rassen.
Telegramm
Afrikanische Völker, bei denen das Hämoglobinmolekül
genetisch verändert ist, zeigen eine spezifische
Erkrankung, die vor allem durch Anfälle, die durch
physische
Anstrengung
ausgelöst
werden,
gekennzeichnet ist. Die Patienten fühlen sich schwach,
schwindelig, kurzatmig, es treten pathologische
Herzgeräusche auf, erhöhte Pulsgeschwindigkeit. Ein
geringer Hämoglobingehalt im Blut macht sie
„anämisch“, blutarm. Mikroskopische Aufnahmen
zeigen, daß die roten Blutkörperchen abnorm sind.
Normale rote Blutkörperchen sind runde, flache
bikonkave Scheiben. Die im Zusammenkahng mit der
Krankheit sind langgestreckte dünne, halbmondförmige
rote Blutzellen, die leicht aufplatzen. Deshalb kommt es
auch zu dem geringen Hämoglobingehalt des Blutes.
Darüber hinaus kommt es zur Verstopfung vieler
Blutkapillaren durch diese Blutkörperchen, was zum
Tod dieser Patienten führt.
Die Ursache ist ein mutiertes Hämoglobin-Gen, das von
beiden Eltern vererbt wird, das Hämoglobin S, welches
in der desoxidierten Form unlöslich ist und deshalb die
Form der roten Blutkörperchen verändert. Eine Analyse
der Primärstruktur der Polypeptidketten ergab, daß das
Hämoglobin S einen Valinrest anstelle eines
Glutaminrestes im Vergleich zum normalen Hämoglobin
A enthält, alle anderen Aminosäurereste sind identisch.
Als abnormer Rest befindet sich in Position 6 der βKetten ein kritischer Punkt in der Quartärstruktur, die
Entstehung eines hydrophoben Kontaktpunktes, der
das Zusammenkleben der Desoxyhämoglobinmoleküle
bewirkt. Die Gen-Codierung der β-Kette ist irreversibel
42
mutiert. So entstehet der genetische Defekt, die
Mutation, die zum veränderten Protein führt.
Solche Veränderungen müssen nicht immer negativ sein,
sie können auch zur Verbesserung der Funktion eines
Proteins führen und ein Überleben des Organismus in
der natürlichen Umwelt erleichtern. Das häufige
Auftreten der Sichelzellanämie in einigen Gebieten
Afrikas (betrifft etwa 40% der Bevölkerung) hat auch
einen positiven Einfluß. Eingeborene Sichelzellträger
sind weniger anfällig gegenüber von Malaria, da der
Erreger der Malaria sich in den Sichelzellen nicht so gut
entwickeln kann.
Die Nucleinsäuren wurden 1869 in den Lymphozyten des Eiters entdeckt
Aber erst 1944 wurden sie als für die genetische Funktion bedeutsam
erkannt. 1953 wurde die sogenannte Basenpaarung als der Schlüssel für
die genetisch Information identifiziert.
Die DNA gilt als die Gensubstanz. Sie ist die genetische Substanz bei
Bakterien, Viren und den höheren Organismen. Die DNA-Menge und damit
der Umfang der Information ist verschieden.
Während ein Bakterium, z.B Escherichia coli, ca. 4x 106 Basenpaare hat,
hat das diploide Genom eines Menschen 5,75x109 , die Hefezellen 27x106 .
Bakterien besitzen zusätzlich noch Plasmide. Das sind kleine ringförmige
DNA-Moleküle.
Sie reduplizieren sich selbständig. Sie werden häufig in der Gentechnologie
zum Transfer von genetischer Information genutzt. Plasmide existieren
unabhängig von der chromosomalen DANN. Sie befindet sich
im
Zellplasma, aber auch in Mitochondrien und in Plastiden.
Die genetische Information ist in der DNA als Sequenz der Basen codiert.
Die Übertragung dieser Information ist möglich durch das Prinzip der
Basenpaarung.
Jede Base bestimmt eindeutig ihren gegenüber liegenden Partner und legt
damit im neuen Strang die Basenfolge fest. Die Aneinanderlagerung von
Nucleinsäuren durch Paarung zueinander gehöriger komplementärer Basen
führt einerseits zur Raumstruktur der Doppelhelix und andrerseits erlaubt
sie die Aufstellung von Grundregeln der Informationsübertragung.
Die genetische Information ist in der DNA als Sequenz der Basen enthalten.
Die vier Basen: Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin bilden den Code
AGCT (Nucleoside der Nucleinsäure).
Nach dem Prinzip der Paarung der komplementärer Basen kann jede Base
die jeweilig korrespondierende genau determinieren.
Damit kann die Information beliebig weiter gegeben und übertragen
werden.
Nucleinsäuren besitzen die Fähigkeit der Selbstinstruktion. Die identische
Replikation gehorcht dem Prinzip der Basenpaarung.
43
§
Die genetische Information determiniert die Aminosäuresequenz von
Proteinen. Diese ist in einem Code verschlüsselt, bei dem eine Folge
von drei Basen eine Aminosäure bedeutet.
§
Mittlersubstanz zwischen DNA und Protein ist eine informationstragende
RNA,die sogenannte messenger-RNA oder auch m-RNA.
Die DNA trägt nicht nur Informationen für die proteincodierende RNA,
sondern auch für andere RNA-Arten wie Transfer-RNA, ribosomale-RNA.
Die Gene hierfür liegen meist in mehreren Kopien vor.
Es gibt aber auch DNA-Sequenzen, die regulatorische Faktoren beinhalten
oder auch solche, an denen keine Transscription stattfindet.
Bausteine der Nucleinsäuren
Die Bausteine der Nucleinäuren sind hochmolekulare Nucleotide. Sie
bestehen aus einer Base, einem Zucker und Phosphorsäure.
Basen
Die Basen sind Purin-Basen und Pyrimidin-Basen.
Während Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin in den DNA enthalten sind,
sind Uracil in der RNA und Hypoxanthin in der t-RNA zu finden.
Diese Basen sind heterozyklisch und haben die Fähigkeit über
Wasserstoffbrückenbindung mit ihren komplementären Basen zu vernetzen.
Zucker
Zwei Pentosen, Desoxyribose und Ribose, sind die Zucker der
Nucleinsäuren.
Desoxyribose befindet sich in den DNA, Ribose in den RNA.
Die Zucker sind N-glykosidisch mit der jeweiligen heterozyklischen Base
verknüpft.
Diese Verbindungen heißen Nucleoside.
Die Nucleoside haben Trivialnamen, die sich von den Basen ableiten.
Die Verknüpfung von Guanin mit dem Zucker heißt Guanosin, die von
Cytidin Cytosin.
Phosphorsäure
Die in den Nucleinsäuren vorhandene Orthophosphorsäure verknüpft die
Nucleoside miteinander und vernetzt so zu Nucleotiden.
Die Bindung erfolgt wechselseitig an der OH-Gruppe des C3 und an der
OH-Gruppe des C5 der Pentose.
Die Nucleotide sind Phosphorsäureester der Nucleoside.
44
Struktur der Nucleinsäuren
Nucleinsäuren sind Makromoleküle unterschiedlichen Ordnungsgrades.
Man unterscheidet bei ihnen auch Primär-, Sekundär- und Tertiärstrukturen.
1. Die Primärstruktur ist die Sequenz der Nucleotide, die die genetische
Information codiert enthält
2. Die Sekundärstruktur ist gekennzeichnet durch die Folge der Paarung
mit den komplementären Basen über Wasserstoffbrückenbindung
3. Die Tertiärstruktur, d.h. die vollständige Raumstruktur der DNA wird als
eine Doppelhelix beschrieben.
Neben dieser Grundform, die auch B-DNA genannte wird, sind aber auch
solche bekannt, die Neigungen der Zucker in den Windungen aufweisen,
diese werden als A-DNA bezeichnet.
Von der DNA ist eine Z-Konformation bekannt, d.h. neben der im B-DNA
Modell ausgewiesenen Rechtsdrehung der Schrauben gibt es auch die
linksdrehende. Dies wird als Z-DNA bezeichnet.
Der sogenannte Schmelzpunkt der DNA ist abhängig von der
Basenzusammensetzung, z.B. hat eine GC-reiche DNA einen höheren
Schmelzpunkt
als
die
anderen,
weil
sie
über
drei
Wasserstoffbrückenbindungen zwischen G und C verfügt.
Erwärmt man DNA auf etwa 70 bis 90 .degree.C, so beobachtet man eine
Aufspaltung der Struktur in Einzelstränge.
Dabei ändern sich die physikalischen Eigenschaften. Man kann das
Verhalten in der Wärme mit dem der kristallinen Strukturen vergleichen.
Insofern können gespaltene DNA-Stränge auch wieder renaturiert werden.
Nucleinsäuren, die über längere Strecken eine komplementäre
Basensequenz besitzen, können sich zu Doppelschrauben zusammen
lagern, die aus je einem Strang von jeder Nucleinsäure bestehen.
Man bezeichnet dieses als Hybridisierung.
DNA-Hybride haben zunehmend Bedeutung in der Gentechnologie und der
Biotechnologie.
Die größte Bedeutung hat die Strukturanalyse der DNA in der Bestimmung
der DNA-Sequenzierung. Sie ermöglicht das Erkennen von Mutationen und
kann pathobiochemische Mechanismen erklären. Sie gibt nicht nur Auskunft
über proteincodierte Abschnitte, sondern auch über solche, die an der
Regulation der Genexpression beteiligt sind und als Angriffsort für viele
Signale wirken.
Informationen zu Möglichkeiten der Strukturanalyse der DNA sind der
weiterführenden fachwissenschaftlichen Literatur zu entnehmen.
45
Zusammenfassung
Nucleinsäuren sind chemisch hochmolekulare Polynucleotide. Sie gelten
als Schlüsselmoleküle für alle lebenden Strukturen. Sie enthalten die
genetische Information.
In allen Zellen ist die DNA die Gensubstanz. Die genetische Information in
der DNA ist als Sequenz der Basen codiert.
Nach dem Prinzip der Basenpaarung hat sie die Fähigkeit der
Selbstinstruktion, d.h. sie ermöglicht die identische Replikation und die
Weitergabe der genetischen Information an die Tochterzellen.
Die genetische Information determiniert die Aminosäuresequenz von
Proteinen.
Sie ist die Basis für die Prozesse der Proteinbiosynthese. Mittlersubstanz ist
die m-RNA.
Die Nucleinsäuren bestehen aus den heterozyklischen Basen Adenin,
Guanin, Cytosin und Thymin bzw. in der RNA das Uracil.
Die Pentosen, Ribose und Desoxyribose, werden durch den Phosphatrest
der Orthophosphorsäure verknüpft.
Die in den Nucleinsäuren enthaltenen Purin- und Pyrimidin-Basen können
in den Organismen aus kleinsten Bruchstücken aufgebaut werden. Der
Abbau der Purin-Basen führt zur Harnsäure.
Die DNA bildet Makromoleküle von sehr großer Länge. Durch die Wirkung
von Restriktionsendonucleasen (Enzyme) kann sie sehr spezifisch
gespalten werden.
Dadurch ist eine Sequenzermittlung möglich, gleichzeitig können aber auch
gentechnische Veränderungen in Organismen vorgenommen werden. Die
Restriktionsendonucleasen fungieren dann als Genschere.
Für die Raumstruktur der Nucleinsäuren wird die Doppelhelix diskutiert.
Die Chromosomen der Eukaryo(n)ten bestehen aus DNA und Proteinen.
Die Grundstruktur ist ein Nucleosom, das aus Histon und DNA aufgebaut
ist.
Die DNA von Eukaryo(n)ten enthält repetitive Sequenzen, zu denen auch
die Gene für die r-RNA und T-RNA gehören. Die Prokaryo(n)ten haben eine
ringförmig geschlossene DNA.
Über die genetisch determinierte Proteinbiosynthese werden alle
lebensnotwendigen Proteine synthetisiert. Das betrifft alle Enzyme,
Vitamine, Hormone und Membranproteine.
Die Nucleinsäuren spielen auch bei den nicht zellularen Strukturen wie
Viren, Phagen, Prionen, Virionen etc. eine wichtige Rolle. Informationen
dazu werden im Kapitel Viren gegeben.
Spezifische Grundlagen und weiterführendes Wissen sind in der
entsprechenden wissenschaftlichen Literatur zu erwerben.
Ein völlig neuer Anwendungsbereich tut sich derzeit auf dem Gebiet des
molekularen Designs auf. Hier fließen die Erkenntnisse aus der
Informationstechnik und der Biochemie auf der Grundlage von genetischem
Wissen zusammen. Dieser Bereich der Biotechnologie ist schon heute ein
46
Markt,
der
höher
dotiert
ist
als
die
InformationsKommunikationstechnik – also der Markt der nahen Zukunft.
und
1.8 Nucleinsäuresynthese und Expression der
genetischen Information
Replikation der DNA
Die Informationsübertragung durch Nucleinsäuren ist getragen von der
Replikation der DNA, die nach dem Prinzip der Selbstinstruktion erfolgt.
Die Basensequenz in der DNA legt nach dem Prinzip der komplementären
Basen die Sequenz der neu gebildeten DNA-Kette fest.
Diese Art von Strukturen werden auch dissipative Strukturen genannt. Ihre
Selbstorganisation beruht auf den Gesetzen der Thermodynamik.
Die DNA-Replikation ist semikonservativ. Der DNA-Doppelstrang wird mit
Hilfe einer Restruktionsendonuclease (Enzym) geöffnet, die Einzelstränge
determinieren jeweils die komplemantären Basen. Durch fortlaufende
Synthese entstehen neue DNA-Stränge, es liegt jeweils ein "alter" Strang
und ein "neuer" Strang vor, d.h. ein Strang (der alte)ist konserviert und ein
Strang (der neue) ist synthetisiert.
Aufgrund der chemischen Konfiguration der Stränge kommt es dazu, daß
die DNA nur in eine bevorzugte Richtung wachsen (replizieren) kann.
Die so gebildeten Stränge werden mit Hilfe von Ligasen (Enzym)
miteinander verknüpft.
Die
Replikation
stellt
ein
sehr
kompliziertes
System
aus
Informationsübertragungslementen und chemisch und physikalisch
bedingten Effekten dar.
Die Replikationsprozesse sind bei den Prokaryo(n)ten derzeit sehr gut
untersucht.
Bakterien haben meistens nur ein Chromosom, welches als sogenanntes
Nucleoid in der Bakterienzelle liegt. Dabei ist die DNA mit basischen
Proteinen verknüpft, die den chromosomalen Proteinen der Eukaryo(n)ten
chemisch ähnlich sind.
Die gesamte Erbinformation ist in einem einzigen Nucleinsäuremolekül
untergebracht.
Das am besten untersuchte Bakterium ist das E. coli, welches z.B. eine
Nucleinsäure mit etwa vier Milionen Basenpaaren hat und ringförmig in der
Bakterienzelle liegt.
Dabei folgt die ringförmige Anordnung energetischen Gesichtspunkten.
Im Arbeitsblatt ist das Schema der DNA Replikation am Beispiel von E. coli
dargestellt.
47
Die Replikation der DNA erfolgt bei Eukaryo(n)ten im Prinzip genauso.
Unterschiede ergeben sich daraus, daß das Genom hier wesentlich größer
ist und die DNA in den sogenannten Nucleosomen organisiert ist. Jedes
Chromosom enthält ein Molekül DNA, stellt also eine genetische Einheit
dar. Durch basische Proteine, die Histone, wird sie so "verpackt", daß die
Einheiten so groß werden, daß sie mikroskopisch sichtbar werden. Ein
mikroskopisch sichtbares Chromosom stellt immer ein Histon dar, das die
DNA in irgendeiner Form implementiert (inhousing) hat. Neben den HistonProteinen gibt es die nicht Histon-Proteine, die ebenfalls mit der DNA
vergesellschaftet sind. Solche Proteine sind z.B. Polymerasen,
Regulationsproteine, Gerüstproteine etc. Sie haben alle eine relativ geringe
Molekülmasse und werden deshalb als HMG-Proteine (high mobility group)
zusammengefaßt.
Die Replikation der DNA beginnt bei Eukaryo(n)ten an mehreren tausend
Stellen der chomosomalen DNA gleichzeitig. Die Histon-Biosynthese
erfolgt parallel zur DNA-Synthese. Die Nucleosomen aus neugebildeten
und alten (konservierten) Histonen werden auf die beiden DNA-Stränge
verteilt.
Die Zellteilung von Eukaryo(n)ten erfolgt meist mitotisch. Auf die Zeitspanne
der Mitose folgt eine, in der keine DNA synthetisiert wird. Danach folgt eine
Zeitspanne, in der die gesamte DNA der Zelle repliziert wird, der wiederum
eine Phase folgt, in der keine DNA repliziert wird.
Die Zeitspannen der "Ruhe" werden als Lücken (engl. gap) bezeichnet,
deshalb spricht man auch von G-Phasen. Die Zeitspannen der Replikation
werden als S-Phasen bezeichnet ( S von Synthese).
Transkription - Biosynthese der RNA
Die Synthese der RNA erfolgt in der Zelle ebenfalls nach dem Prinzip der
komplementären Basen. Die RNA enthält als komplementäre Base Uracil.
Da hierbei die Information der DNA in die Zeichen (Basenfolge) der RNA
umgeschrieben (transkriptiert) wird, bezeichnet man diesen Vorgang als
Transkription.
Der Prozeß der Transkription verläuft in drei Abschnitten, Initiation,
Elongation und Termination. Bei Eukaryo(n)ten schließt sich häufig noch
eine sogenannte Reifung (Prozessierung) an.
Die Transkription erfolgt durch Enzyme, die DNA-abhängigen RNAPolymerasen.
Die Initiation erfolgt immer an AT-reichen (A=Adenin,T=Thymin)
Abschnitten der DNA. Dieser Bereich wird Promotor genannt.
Bei der Elongation wird nur ein Strang, der codogene Strang (Exon),
kopiert.
Die Termination ist das Ende der Biosynthese, das bestimmt wird durch
einen bestimmten Code auf der DNA.
Die RNA-Transkription benötigt als Substrat die vier Nucleotide
(Nucleosidtriphosphate) und die doppelsträngige DNA als Matrize.
48
Die Transkription der RNA unterscheidet sich bei Prokaryo(n)ten und
Eukaryo(n)ten in vielen Einzelheiten, was mit dem Differenziertheitsgrad der
zellularen Strukturen zusammenhängt.
Es werden ribosomale- (r-RNA), messenger- (m-RNA) und transfer-RNA (tRNA) entsprechend ihrer Funktion unterschieden.
Telegramm
Bei der Transkription wirken eine Reihe von Enzymen mit.
Solche Enzyme können in ihrer Wirkung gehemmt werden.
Die Hemmung bewirkt, das der Transkriptionprozess behindert,
fehlerhaft oder gar nicht abläuft. In alle Regel führt das zu pathogenen
Erscheinungen.
Durch das .alpha.-Amanitin, dem Giftstoff des grünen
Knollenblätterpilzes, wird z.B. eine Polymerase gehemmt, die die
t-RNA hemmt. Die t-RNA trägt, ähnlich wie die Coenzyme,
Aminosäuren in energiereicher Bindung und "übersetzt" die Sprache
der Basenpaarung in die Sprache der Aminosäure, z.B. Basenpaarung
UGC (Uracil, Guanin,Cytosin) ergibt die Aminosäure Cystein. Wird sie
gehemmt, findet dieser Vorgang nicht statt, was sich durch
Vergiftungserscheinungen nach Genuß eines Grünen
Knollenblätterpilzes bemerkbar macht. Das .alpha.-Aminitin ist für
Mitteleuropäer tödlich giftig.
Das primäre Transkript, das durch die zuerst angreifende Polymerase
entsteht, ist eine RNA, die aus 45 Segmenten besteht, die durch
verschiedene Nucleasen gespalten wird. Die so entstandenen Einzelstücke
liegen dann in den Ribosomen vor.
Diese RNA wird r-RNA genannt. Sie ist für die ribosomale Verknüpfung von
Aminosäuren und kurzkettigen Peptiden verantwortlich.
Die Strukturgene werden von der Poymerase, die sekundär angreift,
transskribiert.
Das Transkriptionsprodukt ist eine hocholekulare RNA, die als m-RNA
bezeichnet wird.
Bei dieser Art der RNA gibt es Vorstufen, die noch keine fortlaufenden
codiereden Sequenzen aufweisen. Vielmehr sind Stücke von nicht
übersetzbaren Basensequenzen in unterschiedlicher Reihenfolge und
Abfolge vorhanden.
Man bezeichnet die nicht codierenden Abschnitte als Introns, die
codierenden als Exons. Die Introns werden im Zuge der "Reifung" der DNA
herausgelöst und die codierenden in der entsprechenden Reihenfolge
verknüpft.
Die so entstandene RNA trägt die exakte Information.
49
Regulation der Genexpression
Die Transkription der Strukturgene wird als Genexpression bezeichnet.
Die Regulation dieses Vorganges ist aus mehreren Gründen von
Bedeutung.
Erstens ist der Prozeß der Transkription sehr energieaufwendig und bedarf
aus diesem Grund schon einer Regulation und zweitens kann durch die
verstärkte oder verminderte Synthese von Enzymen der Stoffwechsel
gesteigert bzw. erniedrigt werden, was erhebliche Auswirkungen auf den
Gesamtorganismus hat.
Drittens sind bei höher differenzierten Organismen sehr viele Merkmale
genetisch determiniert.
Die Transkriptionskontrolle erfolgt bei Prokaryo(n)ten anders als bei
Eukaryo(n)ten.
Sie ist bei letzteren sehr viel aufwendiger.
Eine zentrale Rolle spielt aber in beiden Fällen das Operon, das einem
Operator vergleichbar ist. Es beginnt mit dem Operatorabschnitt, auf dem
die Promotorsequenz liegt. Das Operon ist verantwortlich für den gesamten
Einlese- und Abbruchprozeß der Proteinbiosynthese.
Von besonderer Bedeutung sind die Hemmstoffe für die Nucleinsäure- und
Proteinbiosynthese.
Zu diesen Hemmstoffen gehören auch die Antibiotica.
Translation - Proteinbiosynthese
Das Problem der Biosynthese von Proteinen läßt sich in zwei große
Problemfelder einteilen. Das erste umfaßt die energetischen Bedingungen,
unter denen die Verknüpfung von Aminosäuren ablaufen kann und das
zweite besteht darin zu kären, wie wird abgesichert, welche
Aminosäuresequenz synthetisiert wird, um zu Peptiden zu kommen.
Die
Bildung
von
Aminosäure-Derivaten
mit
hohem
Gruppenübetragungspotential dient der Aktivierung der zu verknüpfenden
Aminosäuren. Diese Aminosäuren werden dann auf ein Hilfsmolekül
übertagen, der t-RNA, welche die Aminosäure in energiereicher Bindung
trägt und diese entsprechend ihrer Nucleotidfolge, die mit der der m-RNA
korrespondiert, vermittelt. Sie übersetzt also die "Basensprache" in die
"Aminosäuresprache".
Aminoacyl-t-RNA-Synthetasen (Enzyme) katalysieren die Beladung der
t-RNA. Sie sind von hoher Spezifikation.
Durch die Transkription von der DNA auf die m-RNA und die Übersetzung
der "Basensprache" in die "Aminosäuresprache" durch die t-RNA ist dann
eine Verknüpfung der Aminosäuren zu Peptiden möglich.
Die Basensequenz der m-RNA wird entsprechend dem Codon
(Basentriplett) in die Aminosäuresequenz der Peptidkette übersetzt.
50
Die Schlüsselmoleküle dafür sind die t-RNA (t von translation =
übersetzen).
In diesem Zusammenhang spielen die Ribosomen eine entscheidende
Rolle.
Sie stellen sozusagen die Vermittlungsstätte für die Verknüpfung der
Aminosäuren entsprechend der Codierung dar. Ribosomen sind
submikroskopische Partikel, die sowohl in Prokaryo(n)ten als auch in
Eukaryo(n)ten vorkommen. Wenn Ribosomen an einem m-RNA-Strang
angehängt sind, spricht man von Polysomen.
Solche die am endoplasmatischen Reticulum lokalisiert sind, synthetisieren
Glykoproteine oder Sekretproteine, die anderen liegen frei im Zellplasma.
Ribosomen können als sehr große Multi-Enzymkomplexe aufgefaßt
werden.
Die Initiation der Proteinbiosynthese erfolgt über den Startcodon. Der
Startcodon ist mit großer Wahrscheinlichkeit für die unterschiedlichen
Spezies auch unterschiedlich. Auch hier ist das E.coli das am besten
untersuchte Bakterium.
Der Initiation folgt die Elongation (Kettenverlängerung), bei der sich das
Ribosom entlang der m-RNA bewegt. Man kann diesen Vorgang mit
Verweben bezeichnen.
Die Knüpfung der Peptidbindung erfordert keine zusätzliche Energie.
Der Abbruch der Verknüpfung wird als Termination bezeichnet.
Sie beruht auf einem Stopcodon.
Alle drei Vorgänge oder Prozeßabschnitte verlaufen bei den Prokaryo(n)ten
und Eukaryo(n)ten unterschiedlich.
Für diese Synthesen spielt auch der in den Zellen liegende Golgi-Apparat
eine bedeutende Rolle, z.B bei der Synthese der Membranproteine.
Weiterführende Informationen sind der wissenschaftlichen Literatur zu
entnehmen.
2.
2.1
Zellulare Strukturen
Aufbau und Funktion der Zelle
Biochemische Prozesse laufen innerhalb von zellularen Strukturen
unterschiedlichen Differenziertheitsgrades, in oder an dissipativen
Strukturen oder auch in biotechnolgischen Systemen ab.
Die Zelle ist die kleinste räumlich abgeschlossene Einheit eines
biologischen Systems, in dem alle Funktionen, die dem Leben der Zelle
dienen, ablaufen.
Die Zelle ist ein Informations- und Stoffaustauschsystem gleichermaßen.
Sie nimmt Informationen auf, verarbeitet diese und gibt Informationen ab.
51
Die Komplexheit dieses Informationsverarbeitungsprozesses ist nur
verständlich, wenn die grundlegenden biochemischen Reaktionen
verständlich werden.
Der Informationsaustausch ist eng an den Stoffaustausch gebunden.
Um diese gewaltigen Aufgaben zu meistern, sind die Zellen mit einer
umfangreichen Anzahl von Stoff- und Energieaustauschzentren, die
unterschiedlich groß und verschieden strukturiert sind, versehen.
Sie sind aber auch determiniert dadurch, in welcher Art und Weise die
notwendigen Prozesse des Stoff- und Energieaustausches erfolgen. Zellen,
die befähigt sind zu einem autotrophen Stoffwechsel haben andere
Prozeßzentren als Zellen, die heterotroph sind. Zellen unterscheiden auch
in Hinblick auf ihren Differenziertheitsgrad. Es gibt Zellen, in denen
sämtliche lebenserhaltenden und lebensvermehrenden Prozesse ablaufen
und solche, die so stark spezialisiert sind, daß sie einen ganz spezifischen
Prozeß mit größter Präzision ausführen können, aber alle anderen
Prozesse nicht.
Dabei wird schon deutlich, daß die letzteren nur in einem Zellverbund
existieren können und der Zellverbund durch sie.
Klassifiziert man zellulare Strukturen nach ihrem Ordnungsgrad,
unterscheidet man in Einzeller, Zellhaufen, Zellverbunde und einfache
Mehrzeller bis hin zu hochdifferenzierten Organismen. Die Klassifizierung
der Mehrzeller erfolgt nach Gesichtspunkten der biologischen
Wissenschaften, z.B. nach der Art der Fortpflanzung oder nach der Art der
Nahrungsaufnahme, der Morphologie oder auch der Art des Gebärens. Alle
diese bestehenden Systeme hängen eng mit der historischen Entwicklung
der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweisen durch die Menschen
zusammen. Vergleicht man sie miteinander, kann man leicht feststellen,
daß die Systeme der Einteilungen nicht unbedingt gleich sind. Besonders
erschwerend kommt noch dazu, daß durch die historisch bedingte Vielzahl
von Betrachtungsweisen eine Vereinheitlichung der Systematik unmöglich
ist, und so einzelne Fachwissenschaften ihre spezifische Systematik
pflegen.
Interdisziplinäre Betrachtungsweisen sind häufig nur in Spuren vorhanden
oder geeignet, einfache überschauliche Systematiken zu komplizieren.
Grundsätzlich wird aber unterschieden in Prokaryo(n)ten und
Eukaryo(n)ten, dabei ist es unerheblich, ob es sich zum Beispiel um eine
prokaryotische Zelle, die zum heterotrophen Stoffwechsel befähigt ist oder
zum autotrophen, handelt, oder ob die eukaryotische Zelle als Einzeller
oder als Mehrzeller in mehr oder weniger geordneten Konfigurationen
existiert und dabei entweder heterotroph oder autotroph lebt.
Prokaryo(n)te und Eukaryo(n)ten haben ihre Bezeichnung von der Art und
Weise der Ausbildung (Differenziertheit) der Zellkerne ihrer Zelle oder ihrer
Zellen.
Eine prokaryotische Zelle ist dadurch charakterisiert, daß ihre
Erbinformation, die DNA, als Molekülstrang uneingekapselt im Zellplasma
liegt. Sie haben keinen Zellkern.
Eine eukaryotische Zelle dagegen hat einen mehr oder weniger
abgeschlossenen Raum, in dem sich die DNA befindet, den Zellkern. Die
52
DNA wird von einer semipermeablen Membran umhüllt und liegt eingebettet
im Kernplasma. Der Aufbau der Kernmembran ist in den einzelnen Zellen
sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen, daß sie Poren aufweisen, die
den Stoff- und Informationsaustausch gewährleisten.
Prokaryotische und eukaryotische Zellen sind auch dadurch
gekennzeichnet, daß die Vorgänge der Übertragung der genetischen
Information über Replikation, Genexpression und Proteinbiosynthese zwar
grundlegend den gleichen Mechanismen gehorchen, sich aber
unterschiedlich gestalten.
Unter diesen Gesichtspunkten soll versucht werden, zellulare Strukturen in
ihrer Gemeinsamkeit und in ihren Unterschieden zu beschreiben.
Allgemeine Beschreibung der Zellen
Definition:
Die Zelle ist die kleinste noch selbständig lebensfähige morphologische
Einheit, die mit allen Fähigkeiten des Lebens ausgestattet ist.
Alle Lebewesen sind aus Zellen aufgebaut. Ausnahmen sind Viren,
Viroiden, Prionen, Virionen, die eine Sonderstellung einnehmen.
Einzelne Zellen leben auch im vielzelligen Organismus relativ selbständig.
Aus einem Verband herausgelöste Zellen können in gegeigneter
Nährlösung weiterleben und sich vermehren.
Aus isolierten Zellen können wieder ganze Organismen entstehen; z.B. aus
Mesophylzellen, Wurzelparenchymzellen oder Pollenkörpern ganze
Pflanzen.
Eines ist aber allen gleich, jede einzelne Zelle eines vielfältig differenzierten
Organismus verfügt über die gesamte genetische Information des
gesamten Organismus.
Die Grundeigenschaften der Zelle sind:
• die Zelle steht mit der Umgebung im Stoff- und Energieaustausch
• sie kann auf Änderungen der Umgebung sinnvoll reagieren → ist
reizbar
• sie ist vermehrungsfähig
• Teile von Zellen können außerhalb der Zelle Teilfunktionen
wahrnehmen
• sie erfüllt Funktionen, die nur lebender Substanz zugeordnet
werden können, die nur in elementarer Funktionseinheit der Zelle
wahrnehmbar sind
• charakteristische Eigenschaften der Zelle sind Stoffwechsel,
Wachstum, Vermehrung
• Zellen können nur aus Zellen hervorgehen
• Zellen weisen verschiedenste Differenzierungsformen auf (bereits
einzellige Lebewesen verfügen über vielfältige physiologische und
morphologische Abwandlungen)
• vielzellige Organismen sind hochdifferenziert (die Zellen dienen
u.a. als Leitelemente, Nervenzellen, Epidermen, Drüsenzelle,
Blutzelle usw.)
53
Es gibt verschiedene Zellarten, die sich stark unterscheiden in Größe, Form
und Funktion. In höher differenzierten Organismen gibt es
hochspezialisierte Zellen, die
in Form von Geweben und Organen
zusammen wirken.
Die grundsätzlichen strukturellen Eigenschaften sind bei Zellen sehr
ähnlich. Zellen sind in sich abgeschlossen und eigenständig, sie werden
von einer Zellmembran oder Zellwand umschlossen, die Stoff- und
Energieaustausch gewährleisten. Darüber hinaus verfügen Zellen über eine
Plasmamembran oder Cytoplasmamembran,die selektiv permeabel ist,
d.h. Nährstoffe und Salze können in die Zelle, Abfallstoffe aus der Zelle
heraus diffundieren. In der Zelle befindet sich das Zellplasma oder auch
Cytoplasma. Hier laufen die enzymkatalysierte Reaktionen des
Stoffwechsels ab, die die Nutzung chemischer Energie zur
Aufrechterhaltung der Struktur, zur Fortbewegung und Kontraktion
gewährleisten. Das Cytoplasma enthält Ribosomen, an denen die
Proteinsynthese erfolgt. Der Zellkern dient der Replikation des genetischen
Materials und der Speicherung der genetischen Information in Form der
DNA.
Zellen sind sehr klein. Bakterienzellen liegen bei 2 µm; Zellen höherer Tiere
liegen bei bei 20-30 µm (1µm=1000 nm). Die Größe der Zellen ist begrenzt.
Sie müssen wenigstens so groß sein, daß die Bausteinmoleküle, die durch
die Größe der sie aufbauenden Atome bestimmt ist, aufgenommen werden
können. Außerdem müssen die durch Diffusion eintretenden, in wäßrigen
Lösungen vorliegenden, Stoffe aufgenommen werden können. Auf diese Art
und Weise entstehen größere Zellen. Eine Erleichterung der
Wechselwirkung zwischen spezifischen Molekülen wird durch Organellen
geschafft.
Außerdem spielt das Verhältnis von Oberfläche und Volumen eine
bedeutende Rolle. Um einen guten Nährstofftransport zu gewährleisten
sollte dies möglichst groß sein.
Die Unterteilung der Zellen erfolgt in Prokaryo(n)ten und Eukaryo(n)ten
(abgeleitet von Karyon (griech.)= Kern oder Nuß → Zellkern; Prokaryont →
vor dem Kern; Eukaryont → mit Zellkern)
Prokaryonten:
Sind einfachste, sehr kleine Zellen;die einen einzelligen Organismus
darstellen (Bakterien). Man geht davon aus, dass es die ersten Zellen in der
Evolution (über 3 Miliarden Jahre) waren. Ihr genetisches Material ist im
Nucleoid lokalisiert, der nicht durch eine Membran vom Zelleplasma
abgegrenzt ist.
Eukaryonten:
Sie sind größer und komplexer als die Prokaryo(n)ten und durch große
Variabilität und Differenziertheit gekennzeichnet. Sie stellen das
Zellmaterial in Tieren und Pflanzen dar. Sie sind etwa 1 Milliarde Jahre
nach den Eukaryonten entstanden. Sie besitzen einen hochentwickelten
komplexen Zellkern, der von einer Zellkern-Membran umgeben wird.
54
Prokaryonten
Die Prokaryonten umfassen ca. 3000 Spezies von Bakterien inkl. der
Blaugrünalgen.
Die
Cyanobakterien
sind
die
einzige
Bakterienklasse
mit
sauerstoffbildendem, photosynthetisierendem System.
Die meisten Bakterien sind nicht photosynthesefähig. Sie gewinnen ihre
Energie aus dem Abbau von Nährstoffen aus der Umgebung.
Sie umfassen mehr als 20 Klassen von Bakterien. Die Klassifizierung und
Benennung erfolgt nach Form (Morphologie), Anfärbbarkeit mit bestimmten
Farbstoffen (Gram-Färbung), bevorzugten Nährstoffen, Bewegungsfähigkeit
oder nach den von ihnen hergestellten Produkten.
Einige sind pathogen, viele sind nützlich und werden als
Leistungsmikroorganismen in der Biotechnologie genutzt.
¾ der Biomasse besteht aus Mikroorganismen, von denen die meisten
Prokaryonten sind
Bakterien spielen eine wichtige Rolle beim biologischen Austausch auf der
Erde.
Telegramm
Photosynthese → Energie und Kohlenhydrate;
Stickstoffkreislauf → N2-Bindung aus der Atmosphäre und Synthese
stickstoffhaltiger Verbindungen ⇒ Anfang der Nahrungskette;
Sind aber auch Endverbraucher → Zersetzung organischer Substanz
und Abgabe der Endprodukte an die Atmosphäre, dieErde und das
Meer → Wiedereingliederung der Stoffe in den biologischen Kreislauf
Aufgrund ihrer Einfachheit lassen sie sich leicht züchten und werden
deshalb
zunehmend
zu
biologischen
und
biochemischen
Forschungobjekten.
Ihre Vermehrung erfogt ungeschlechtlich, d.h. sie wachsen bis zum
Erreichen ihrer doppelten Größe heran, danach erfolgt die Teilung in zwei
identische Tochterzellen (Mitose).
Prokaryonten haben nur ein Chromosom (doppelsträngige DNA), in dem
sich Mutationen leicht induzieren lassen.
Sie haben einen wichtigen Beitrag zum Verständnis fundamentaler
molekularer Vorgänge bei der Übertragung der genetischen Information
geleistet.
Aufbau:
Am Beispiel des Darmbakterium Escherichia coli wird kurz der Aufbau
einer prokaryontischen Zelle beschrieben.
Sie besitzen eine Zellwand, deren Innenseite mit einer Membran
ausgekleidet ist. Von dieser Membran werden das Cytoplasma und
der Nucleoid, der eine doppelsträngige DNA als endlose Schleife, die oft als
Ring ausgebildet ist, umschlossen.
55
• DNA ist etwa 1000 mal so lang wie Zelle selbst → enge Faltung
• im Cytoplasma liegen außerdem kleine Segmente von DNA, die
Plasmide
• Die Zellwand ist von schleimiger Substanz mit kurzen
haarähnlichen Strukturen, den Pili, umgeben. Die Funktion der Pili
ist noch ungeklärt
• einige bewegungsfähige Bakterien besitzen eine oder mehrere
Geißel(n), die an der Innenseite der Bakterienmembran mit
getriebeähnlicher Struktur befestigt sind
• Die Zellmembran stellt eine dünne Doppelschicht aus
Lipidmolekülen mit eingelagerten Proteinen dar. Sie ist selektiv
permeabel für Proteine, die Nährstoffe in die Zelle und Abfallstoffe
heraus
transportieren
können.
Außerdem
passieren
elektronentransportierende Proteine, die Energie aus der
Umwandlung von Nahrungsstoffen in ATP umwandeln können,
diese Membran.
• In der inneren Membran sind photosynthesefähige Proteine
enthalten wie z.B. Chlorophyll und andere Pigmente
• Im Cytoplasma liegen körnige Strukturen. Am auffallendsten sind
die Ribosomen, die die RNA und Proteine enthalten, die
verantwortlich für die Synthese der Zellproteine sind. Häufig liegen
diese Strukturen in Gruppen vor, den Polyribosomen oder
Polysomen.
• In den Granula findet man Nährstoffe in Form von Kohlenhydraten
oder Fett.
• Das Cytosol ist die wäßrige Phase des Cytoplasma. In ihm
liegen die Enzyme in gelöster Form vor. Man findet aber auch
Bausteinmoleküle und anorganische Salze.
• Die Zellen sind von Arbeitsteilung gekennzeichnet. Während die:
Zellwand als äußere Begrenzung hauptsächlich Schutzfunktion
hat, dient die Zellmembran dem Nährstoff- und Abfalltransport
sowie der Energieerzeugung in Form von ATP.
• Das Cytoplasma ist der Ort, an dem die enzymkatalysierten
Reaktionen der Synthese von Zellbestandteilen stattfinden. In den
Ribosomen erfolgt die Proteinbiosynthese.
• Der Nucleolid dient der Speicherung und der Übertragung der
genetischen Information
56
• Prokaryontische Zellen verfügen über primitive Sinnessysteme,
d.h. sie können sich zu Nährstoffen hin und von toxischen
Substanzen weg bewegen (Chemotaxis)
Einige haben die Tendenz zur Zusammenlagerung, was den
: Anschein primitiver multizellulärer Organismen erweckt.
(echte Organismen bestehen immer aus Eukaryontenzellen)
Eukaryonten
Eukaryonten sind viel größer als Prokaryonten. Z.B. Hepatozyten
(Hauptzelltyp der Säugetierleber) haben einen ∅ von 20-30 µm; ihr
Zellvolumen ist 1000-10.000mal größer als das von Prokaryonten. Einige
sind sehr groß. So ist das Ei vom Huhn, dessen Volumen fast vollständig
von Nährstoffen für den Embryo eingenommen ist, eine sehr große Zelle.
Motorische Zellen sind in aller Regel sehr lang. Z.B. die Zellen des
Nervensystems vom Menschen sind bis zu ca. 1m lang.
Charakteristisch für Eukaroynten ist, daß sie einen gut entwickelten Zellkern
besitzen, der von einer doppelten Membran umgeben wird und eine
komplexe innere Struktur aufweist.
Sie vermehren sich durch ungeschlechtliche Teilung, durch Mitose
Keimzellen können außerdem durch komplexe Konjugation zum
Genaustausch führen.
Weitere membranumschlossenen Organellen sind die Mitochondrien, das
endoplasmatisches Reticulum und der Golgi-Apparat. Sie haben
spezifische Stoffwechselaufgaben.
Eukaryonten weisen eine stärker entwickelte Arbeitsteilung der inneren
Strukturen als Prokaryonten auf.
EukaryotischeZellen sind die Zellen von Tieren und Pflanzen, von Pilzen
und Einzellern wie Protozoen, Kieselalgen, Euglena, Hefen und
Schleimpilzen. Sie verfügen über größere Menge an genetischem Material.
Infolge der Chromosomen-Konjugationen, die einen Genaustausch
bewirken, entsteht ein breites Spektrum an Spezialisierungen und
Differenzierungen. Millionen verschiedener Spezies entstehen.
Prokaryonten sind sehr viel toleranter gegenüber Veränderungen der
Umgebung und realisieren ihre Reproduktion in größerer Anzahl, so daß sie
ein besseres Überlebensvermögen haben.
1. Zellkern
In der Regel besitzen Zellen einen, mitunter aber auch mehrere Zellkerne.
Kernlose Zellen sind sehr kurzlebig, z.B. Siebröhren in Pflanzen.
Der Zellkern enthält fast gesamte DANN, die von der Kernmembran
umgeben ist, die aus zwei Membranen besteht, die durch dünne Spalte
getrennt sind. Kernmembran wird vom endoplasmatischen Reticulum
gebildet und bleibt mit ihm in Verbindung. Sie stellt auch die Verbindung
zum Kern benachbarter Zellenher. Die Membranen sind in bestimmten
Abständen verschmolzen. Die so entstehenden Öffnungen nennt man
Kernporen, durch die der Stoffaustausch realisiert wird.
57
Im Zellkern liegt der Nucleolus, welcher reich an RNA ist. Im zellkern liegt
das Chromatin (entspiralisierte Chromosomen). Der Name leitet sich von
der charakteristische Anfärbbarkeit ab.
Nucleolus und Chromatin nennt man auch das Karyoplasma.
Kurz vor Zellteilung kommt es zu einer charakteristischen Anordnung des
Chromatins.
Die Zahl der Chromosomen ist für jede eukaryontische Spezies
charakteristisch.
Während der Mitose kommt es zur Verdopplung der Chromosomen, zur
Trennung der Tochterchromosomen und damit zur Weitergabe der
genetischen Information an die Tochterzellen, in denen dann wieder die
Verteilung des Chromatins erfolgt. Im Vergleich zu den Nukleoiden
der Prokaryonten weist es eine komplexe Struktur und komplexe
biologische Aktivität auf.
2. Mitochondrien
Größe, Anzahl, Form und Lage sind je nach Zellart sehr verschieden.
(Leberzelle der Ratte:1000 mit ∅ 1µm wie Bakterienzelle; Hefezellen: sehr
wenige; Eizellen: viele tausend)
Mitochondrien sind z.T. hochgradig verzweigt und verästeln sich über den
großen Bereich des Cytoplasmas. Sie bestehen aus zwei
Membransystemen. Die äußere Membran ist glatt und umgibt das
Mitochondrium vollständig. Die innere Membran ist gekennzeichnet durch
Einfaltungen, den Cristae, die unterschiedlich ausgebildet sind (in
Leberzellen wenige, in Herzzellen zahlreiche, parallel zueinander
angeordnete). Der Innenraum ist mit einer gelartiger Matrix gefüllt.
Sie sind die Kraftwerke der Zelle.
Sie enthalten viele Enzyme, die die Oxidation organischer Nährstoffe durch
O2 zu CO2 und H2 O katalysieren. Die Enzyme sind in der Matrix oder der
inneren Membran gelöst.
Während der Oxidation freigesetzte chemische Enrgie wird durch
Umwandlung in ATP zwischengespeichert (Übertragermolekül). Das
erzeugte ATP verteilt sich in der Zelle und dient der Nutzung zur Zellarbeit.
Mitochondrien enthalten geringe Mengen an DNA, RNA und Ribosomen.
In den Mitochondrien erfolgt die Kodierung der Synthese spezifischer
Proteine der inneren Membran.
Telegramm
Die Theorie zur Entstehung der Mitochondrien postuliert,
daß
in
das
Cytoplasma
größerer
anaerober
Prokaryontenzellen kleinere eingedrungen sind, die zur
Nährstoffoxidation
mit
O2
fähig
waren
Diese
eingedrungene Bakterienwaren die Parasiten in der
Wirtszelle. Mit fortschreitender Evolution entstand daraus
die Entwicklung einer symbiotischen Beziehung, d.h.ein
Leben zum beiderseitigen Vorteil.
Heute ist bekannt, daß sich Mitochondrien während der Zellteilung
selbst teilen. Die mitochondriale DNA und mitochondriale Ribosomen
58
könnten Nachfahren der DNA und Ribosomen der eingdrungenen
Bakterien sein
3. endoplasmatisches Reticulum (ER)
Es
stellt
ein
komplexes
dreidimensionales
Labyrinth
von
Membrankanälchen mit vielen Falten und Windungen dar, und durchzieht
als lockeres oder dichtes, mehr oder weniger geordnetes System, große
Teile der Zelle. Größe und Form sind vom Entwicklungszustand und vom
Stoffwechsel abhängig. Räume, die sich innerhalb des ER befinden,
werden Cisternae genannt. Sie dienen zum Transport von Produkten durch
die Zelle aber auch aus der Zelle heraus. In manchen Zellen dienen die
Cisternae als Speicherräume.
Das ER stellt die Verbindung zur Plasmamembran und zum perinucleären
Raum bzw. zum Extrazellularraum dar.
Man unterscheidet in zwei Arten, in glattes und rauhes ER. Beide stehen
miteinander in Verbindun. Im rauhen ER ist die äußere Fläche mit
Ribosomen besetzt (lockere Assoziation). Das glattes ER ist ohne
Ribosomen. Es besteht aus röhrenartigen Elementen.
Die Ribosomen des rauhen ER sind an der Biosynthese von Proteinen
beteiligt, die aus der Zelle ausgeschleust werden sollen.
Die in den membrangebundenen Ribosomen synthetisierten Proteine
werden durch die Membran der Cisternae ausgeschleust, so dass sie in die
Extrazellulärräume gelangen
Das ER spielt auch eine Rolle bei der Lipidsynthese und der Synthese von
Steroidhormonen. Es
hat in verschiedenen Zellarten verschiedene
Funktionen. Z.B in den Skelettmuskelzellen ist es verantwortlich für die
Kontraktionsfähigkeit, die durch Ca2+ beeinflußt wird, wobei wird durch eine
Wiederaufnahme von Ca2+ der Erschlaffungsprozess begünstigt wird.
4. Golgi-Apparat, Dictyosomen
Dieser Zellbestandteil ist nach seinem Entdecker Camillo Golgi, einem
italienischen Cytologen, benannt.
Die Gesamtheit der Dictyosomen beträgt im Schnitt pro Zelle 20, in den
Drüsenzellen findet man bis zu mehreren Tausend.
In verschiedenen Zellarten liegen verschiedene Formen, die in
charakteristischer Anordnung, z.B als Stapel abgeflachter Bläschen, die
jeweils von einer Membran umschlossen sind, vor.
Der Golgi-Apparat nimmt teil an den Vorgängen des Membranflusses und
den Wechselwirkungen mit anderen Biomembranen.
Am Rande der Bläschen liegen kleinere Bläschen, die von größeren
abgetrennt sind.
Sie enthalten Zellprodukte, deren stoffliche Zusammensetzung nicht genau
bekannt ist, u.a. Polysaccharide, Mucopolysaccharide, Glykoproteine, die
zu Pektinbausteinen, Hemizellulosen oder sauren Polysacchariden
umgewandelt und in Sekretionsbläschen (Golgi-Vesikel) verpackt werden
und sich zur äußeren Membran der Zelle bewegen und mit ihr
verschmelzen. Durch Öffnung des fusionierten Teils erfolgt eine Abgabe
59
des Inhalts nach außen (Exocytose). So werden zum Beispiel
Bausteinmoleküle für den Aufbau der Zellwandbestanteile ausgeschleust.
5. Lysosomen
Lysosomen sind membranumgebene kugelförmige Bläschen im
Cytoplasma. Sie sind von unterschiedliche Größe, aber nicht größer als
Mitochondrien. Sie beinhalten Enzyme zum hydrolytischen Abbau von
überflüssigen Zellproteinen, Polysacchariden und Lipiden. Da Enzyme für
den Rest der Zelle schädlich sind, kommt es zur Absonderung solcher
Stoffe, die selektiv in die Lysosomen gebracht und abgebaut werden, um
dann ins Cytoplasma zurückgebracht zu werden.
6. Peroxisomen
Peroxisomen sind membranumgebene Organellen im Cytoplasma. Sie
werden auch auch Microbodies genannt. Sie sind etwas größer als
Lysosomen, haben eine einfache Membran und enthalten viel Protein in
kristalliner Form.
Sie enthalten Enzyme, die Wasserstoffperoxid bilden und Katalase, die es
abbaut.
7. Mikrofilamente
Man unterscheidet in verschiedene Mikrofilamente.
Actinfilamente bilden ein loses Netz unterhalb der Zellmembran. Sie sind an
der Erzeugung von mechanischer Spannungen, z.B. Muskelkontraktionen,
Faltung und Streckung der Zellmembran, Bewegung von Strukturen
innerhalb der Zelle, beteiligt.
Myosinfilamente sind dicker als Actinfilamente. Sie sind Hauptbestandteile
des kontraktilen Systems der Skelettmuskeln. Sie wirken oft zusammen mit
Actinfilamenten und dünnen Filamenten. Sie sind an der Zellmembran
befestigt. Actin- und Myosinfilamente sind an verschiedenen Arten von
zellulären oder intrazellulären Bewegungen beteiligt.
Neben diesen beiden Filamentarten gibt es noch eine dritte Art von
Filamenten, deren ∅ bei ca.10nm liegen. Sie werden in verschiedenen
Zellen unterschiedlich bezeichnet.
8. Mikrotubuli
Mikrotubuli liegen in vielen Zellen vor. Besonders in den langen
Nervenzellen der Tiere findet man sie. Sie haben einen ∅ von ca. 25 nm.
Jede Faser besteht aus 13 Strängen Proteinmolekülen, die um einen leeren
Raum dicht angeordnet sind. In Nervenzellen dient das Bündel dem
Materialtransport vom Zellkörper zum Zellende. Sie weisen eine Vielzahl
60
von Funktionen auf. Unter anderem spielen sie eine Rolle bei der
Ausbildung der mitotischen Spindel und bei der Ausbildung von
beweglichen Einheiten bei eukaryontischen Cilien oder Geißeln.
9. Cytoskelett
Das Cytoskelett ist ein flexibles Gerüst, welches von Mikrofilamenten
gebildet wird und in dem Mikrotubuli und mikrotrabekulare Geflechte
sichtbar
werden,
die
im
Elektronenmikroskop
mit
hohem
Auflösungsvermögen entdeckt worden sind und als dünne verschlungene
Filamente, deren chemische Zusammensetzung unbekannt ist, vorliegen,
aber höchstwahrscheinlich Proteine enthält; wird derzeit eingehend
untersucht.
Das Cytoskelett gibt den Zellen die charakteristische Gestalt bzw. Form.
Es stellt die Befestigungspunkte für Organellen und andere Strukturen und
deren Fixierung dar. Es ermöglicht auch die Kommunikation zwischen
verschiedenen Teilen der Zelle. Es ist kein festes, statisches Gerüst,
sondern eine dynamische, sich verändernde Struktur (Mikrotubuli z.B.
unterliegen einem ständigen Auf- und Abbau)
10. Cilien und Geißeln
Cilien und Geißeln sind bewegliche Strukturen bzw. Fortsätze von
einzelligen Eukaryonten und bestimmten tierischen Gewebszellen.
Es gibt eine deutliche Unterscheidung von prokaryontischen Geißeln (dünn,
aus einzelnem Protein). Eukaryontische Geißeln sind von dicker komplexer
Struktur und können auf der gesamten Länge Bewegung erzeugen. Diese
Fortsätze stellen neun Paare von Mikrotubuli, die um 2 Paare von
Zentraltubuli angeordnet sind dar, die mit Zellmembran umhüllt sind.
Cilien dienen der Bewegung von Material an der Zelle vorbei. Sie sind
ca.10 µm lang.
Geißeln dienen der Fortbewegung der Zelle und sind bis zu bis 200 µm
lang. Die Bewegung wird hervorgerufen durch ein Gegeneinanderbewegen
der Mikrotubuli, was Energie in Form von ATP erfordert.
11. Granula
Granula sind nicht von Membran umgeben. Sie kommen in
unterschiedlichen Formen vor und erfüllen auch unterschiedliche
Funktionen. Zu den Granula gehören unter anderem auch die Ribosomen,
die entweder frei im Cytoplasma oder an das ER gebunden vorkommen.
Die Ribosomen sind in Eukaryonten größer als in Prokaryonten, aber haben
die gleiche Funktion - Synthese von Proteinen -.
Neben den Ribosomen kommen auch Glykogengranula (Brennstoffreserve
in Leber- oder Muskelzellen) oder Fett-Tröpfchen vor.
61
12. Cytoso
Das Cytosol stellt die wäßrige Phase des Cytoplasma dar, in dem
Organellen, Ribosomen und granuläre Elemente schwimmen.
Es ist von komplexer Zusammensetzung und gelartiger Konsistenz. In ihm
sind Enzyme, Enzymsysteme, Proteine, Nährstoffe, Spurenelemente und
O2 binden Moleküle, viele Arten von Biomolekülen, Metaboliten,
Coenzymen, ATP und ADP sowie Elektrolyte.
Die Konzentration bzw. das Konzentrationsverhältnis der Bestandteile
werden durch das Zusammenwirken der Transportsysteme konstant
gehalten. Das Oberflächen Volumenverhältnis bestimmt beim Stoffwechsel
die Diffussionsgeschwindigkeit der Nährstoffe und des Sauerstoffs.
1. Eukaryonten haben geringere Stoffwechselgeschwindigkeit als
Prokaryonten, da ihre Hauptaufgaben nicht Wachstum und
Vermehrung sind
2. Eine Vergrößerung der Oberfläche wird durch bestimmte
Oberflächenformen bestimmt, z.B. sind Nervenzellen lang und
dünn, andere Zellen weisen starke Verzweigungen oder Sternform
auf oder es liegen starke Kräuselungen der Zellmembran vor.
Darüber hinaus kommt es zur Bildung von fingerartigen Fortsätzen
(Mikrovilli).
Vor allem bei Tierzellen mit hoher Stoffwechselaktivität (Dünndarmepithel)
bedarf es einer Vergrößerung der Oberfläche.
Bei tierischen Zellen findet man außer der Plasmamembran einen dünnen
flexiblen Zellmantel aus Polysacchariden, Lipiden und Proteingruppen, die
an äußerer Oberfläche der Membran haften und der Signalerkennung und
Wahrnehmung dienen. Solche → darunter Orte der Zellerkennung (→
Zellen erkennen andere Zellen der gleichen Art) und Befestigungspunkte,
zur Erhaltung der Struktur spezifischer Gewebe; außerdem an
Zelloberfläche Hormonrezeptoren → Stimulation bestimmter Zellaktivitäten;
an anderen spezifischen Stellen Erkennung fremder Proteine → in der Zelle
ausgelöste Reaktion bewirkt Allergie und Abstoßung von transplantiertem
Gewebe und Organen
• Pflanzenzellen enthalten Plastiden (wesentlicher Unterschied zur
Tierzelle)
• Plastiden: spezialisierte Organellen im Cytoplasma; am auffälligsten in
Grünpflanzen → Chloroplasten (verwenden Sonnenenergie zur
Reduktion von CO2 zu Kohlenhydraten; setzen Sauerstoff frei); sind
analog zu Mitochondrien Kraftwerke;
• Chloroplasten sind erheblich größer als Mitochondrien
• sie kommen in viele verschiedene Formen vor
• im allgemeinen sind sie grün, aber sie können auch in anderen
Farben je nach Pigmentzusammensetzung auftreten
• Pigmentmoleküle in der inneren Membran der Chloroplasten
bedingen die Farbe
• sie enthalten DNA, RNA und Ribosomen
62
• sie scheinen analog den Mitochondrien durch parasitierende
Prokaryonten entstanden zu sein (Eindringlinge: Cyanobakterien
mit Fähigkeit zur Photosynthese und Sauerstoffbildung)
• Leukoplasten: farblos; zur Speicherung von Stärke und Fetten
• Vakuolen: membranumgeben, mit Zellflüssigkeit und Abfallstoffen, in
kristalliner Form angefüllt; werden mit zunehmendem Zellalter größer →
häufig größter Teil des Zellvolumens
• Pflanzenzellen besitzen keine Cilien oder Geißeln,
sie sind vollständig von Zellwand umgeben → feste schützende Schalen,
relativ dick, porös und sehr kräftig; aus Cellulosefasern, die mit polymerer
Zementsubstanz zusammengeklebt sind; für Wasser und kleine Moleküle
durchlässig, verhindert Anschwellen der eingeschlossenen Zelle; in
holzigen Teilen der Pflanze primäre Zellwand von sekundärer Zellwand
umgeben
Zusammenfassung
• alle Zellen: umschließende Plasmamembran, Cytoplasma, das
Ribosomen enthält und Kernzone oder Zellkern
• Diffusionsgeschwindigkeit
von
Nährstoffen
und
Verhältnis
Oberfläche:Volumen bestimmen Form und Größe der Zelle
• Prokaryonten: einfache kleine Zellen, genetisches Material nicht von
Membran umgeben (Bakterien); haben Zellwand und Plasmamembran;
einige Geißeln zum Antrieb; Cytoplasma ohne membranumgebene
Organellen, mit Ribosomen und Nährstoffgranula;
• Eukaryonten: viel größer als Prokaryonten; Volumen 1 000 - 10 000 mal
größer
• enthalten membranumgebenen Zellkern und andere membranumgebene
Organellen
• Mitochondrien: Oxidation von Zellbrennstoffen und ATP-Herstellung
• Chloroplasten in photosynthesefähigen Zellen: Aufnahme von
Lichtenergie zur Umwandlung von CO2 zu Glucose
• Mitochondrien und Chloroplasten vermutlich bakteriellen Ursprungs
• endoplasmatisches Retikulum → leiten Sekretionsprodukte in GolgiApparat → dort verpacken zum Ausschleusen aus der Zelle
• Lysosomen: hydrolysierende Enzyme
• Peroxysomen: Trennung peroxyd-bildender und peroxyd-zerstörender
Enzyme vom Rest der Zelle
• Cytoplasma: drei Arten von Mikrofilamenten und Mikrotubuli → bilden mit
mikrotrabekularem Geflecht inneres flexibles Gerüst: Cytoskelett
• tierische Zellen oft mit Geißeln: Gehalt an gepaarten Mikrotubuli erlaubt
propellerartige Bewegungen
• Ribosomen kommen frei oder an rauhes ER gebunden vor
• an Oberfläche tier. Zellen: Erkennungs- und Bindungsorte für Hormone
und andere Zellen
63
2.2 Stoffwechselfunktionen der Zelle
Zellen sind komplexe Systeme, die befähigt sind neben der Vermehrung
Stofwechselprozesse zur Energie- und Stoffgewinnung auszuführen.
Man unterscheidet in anabole und in katabole Stoffwechsel. Die Art und
Weise, wie Stoffwechsel ausgeführt werden teilt die klassische Biologie in
Organismen oder zellulare Strukturen, die sich autotroph und in solche, die
sich heterotroph ernähren, d.h, die einen autotrophen bzw. heterotrophen
Stoffwechsel haben.
Gleichermaßen kann man einteilen in zellulare Strukturen, die für ihre
Stoffwechselprozesse den Sauerstoff der Luft brauchen und in solche, die
diesen nicht brauchen – in Aerobier und in Anaerobier.
Aerobier leben an der Luft und verwenden zur Oxidation ihrer
Nahrungsstoffe molekularen Sauerstoff. Anaerobier leben in Abwesenheit
von Sauerstoff und bauen ihren Nahrungsbestandteile ohne Sauerstoff ab.
Hefezellen z.B. können sowohl aerob als auch anaerob leben, man
bezeichnet eine solche Fähigkeit als fakultativ anaerob.
Anaerobier, für die Sauerstoff Giftwirkung hat, werden als streng anaerob,
z.B. Mikroorganismen tief im Boden oder auf dem Meeresgrund,
bezeichnet.
Die meisten Zellen höher differenzierter Organismen sind fakultativ
anaerob.
Nicht alle Zellen eines Organismus müssen in dieser Hinsicht in die selbe
Klasse gehören. Bei Pflanzen z.B sind die chlorophyllhaltigen Blattzellen
autotroph, die Wurzelzellen sind heterotroph und auch die grünen
Blattzellen sind nur bei Tageslicht autotroph, im Dunkeln leben sie von den
Stoffen, die sie tagsüber gebildet haben.
Außer CO2, O2 und Energie brauchen alle Zellen Stickstoff für die
Biosynthese von Aminosäuren, Purin- und Pyrimidinbasen (stickstoffhaltige
Bausteine der Proteine und Nucleinsäuren).
Auch hier gibt es große Unterschiede bei den Lebewesen. Höher
differenzierte Lebewesen müssen einen Teil der Stickstoffverbindungen als
Aminosäuren aufnehmen. Der Mensch z.B. muß 10 der 20 Aminosäuren,
aus denen die Proteine aufgebaut werden, mit der Nahrung aufnehmen,
d.h. er kann sie nicht selbst bilden.
Diese Aminosäuren werden essentielle Aminosäuren genannt.
Pflanzen können im allgemeinen Stickstoff als Ammoniak oder Nitrat
aufnehmen.
Nur wenige Organismen können gasförmigen Stickstoff aus der
Atmosphäre
aufnehmen,
da
nur
sehr
wenige
lösliche
Stickstoffverbindungen in der Erdkruste vorhanden sind, sind all lebenden
Organismen von diesen Organismen abhängig.
Ein Beispiel dafür sind die Cyanobakterien. Die meisten N2-fixierenden
Mikroorganismen leben in der Erde z.T. symbiontisch in den
Wurzelknöllchen von Pflanzen. Nitrifizierende Bakterien wandeln Ammoniak
64
in Nitrit oder Nitrat um und noch andere die denitrifizierenden Bakterien
verwandeln Nitrate zurück in Ammoniak.
Außer dem Kohlenstoffkreislauf und dem Sauertoffkreislauf besteht in der
Biosphäre auch ein Stickstoffkreislauf. Materiekreisläufe sind von einem
ungeheuren Energiefluß begleitet. Die photosynthetisierende Organismen
fangen Sonnenenergie ein, wandeln sie in energiereiche Kohlenhydrate und
andere Nahrungsstoffe um, die heterotrophen Organismen als
Energiequellen dienen.
Die beim Stoffwechsel aller an Energiekreisläufen beteiligten Organismen
und beim Ablauf verschiedener energieverbrauchender Vorgänge kommt es
zu Verlust an freier verwendbarer Energie und zur Zunahme an nicht-freier
nutzloser Energie. Energie wird in Form von Wärme an Umgebung
abgegeben.
Der Energiefluß in der Biosphäre erfolgt nicht nach dem Kreislaufprinzip.
Wendet man sich dem mikroskopischen Bereich des Zellstoffwechsels zu,
stellt man fest, daß jede Zelle ihren eigenen Bedarf in Bezug auf C-, O- und
N-Quellen sowie auf Energiequellen hat. Der Zellstoffwechsel umfaßt
enzymatische Umwandlungen von Materie und Energie. Er beginnt mit
relativ einfachen Verbindungen und endet mit der Biosynthese lebender
Materie.
Enzyme bedingen die Stoffwechsel. Jedes Enzym katalysiert eine ganz
bestimmte Reaktion. Das Zusammenwirken vieler Enzyme ergibt
Enzymsysteme, wo das Produkt des einen Enzyms das Substrat des
nächsten ist.
Solche zwischenzeitlich auftretenden Umwandlungsprodukte heißen
Zwischenprodukte oder Metaboliten. Schritte der Reaktionsfolge können
Abspaltung, Transfer oder Anfügung eines bestimmten Atoms, Moleküls
oder einer funktionellen Gruppe sein. Die Aufeinanderfolge solcher
geordneten
Änderungen
führt
zu
Stoffwechselendprodukten.
Stoffwechselwege können linear oder cyclisch verlaufen.
Der Begriff Zwischenstoffwechsel verdeutlicht, daß die Sequenz von
Zwischenprodukten an den Reaktionswegen des Zellstoffwechsels beteiligt
ist.
Im Zwischenstoffwechsel gibt es zwei Phasen: Katabolismus und
Anabolismus.
• Katabolismus: abbauende Phase, organische Nahrungsstoffe wie Lipide,
Kohlenhydrate und Proteine aus der Umgebung oder aus angelegten
Reserven werden schrittweise zu kleineren Endprodukten wie Lactat,
CO2 und NH3 abgebaut, was begleitet ist von Freisetzung der in diesen
komplexen Strukturen enthaltenen freien Energie. Ein großer Teil dieser
Energie wird in Form des energiereichen Moleküls Adenosintriphosphat
(ATP) gespeichert oder auch in Wasserstoffatomen, die das Coenzym
Nicotinamid-adenin-dinucleotid-phosphat (NADPH) in reduzierter Form
enthält
• Anabolismus (Biosynthese): Aufbau und Synthesephase des
Stoffwechsels. Aus kleineren Vorstufen oder Bausteinmolekülen erfolgt
der Zusammenbau großer makromolekularer Zellkomponenten wie
65
Proteine, was die Zufuhr freier Energie erfordert, welche durch Abbau
von ATP zu ADP und Phosphat oder energiereiche Wasserstoffatome
aus dem NADPH zur verfügung steht.
Katabolismus und Anabolismus laufen in der Zelle gleichzeitig ab,
Geschwindigkeiten werden unabhängig voneinander geregelt.
Der Katabolismus aerober Organismen verläuft in drei Stufen:
− Abbau der Makromoleküle zu ihren Bausteinen (Polysaccharide zu
Hexosen und Pentosen, Lipide zu Fettsäuren und Glycerin u.a.
Komponenten, Proteine zu den 20 Aminosäuren)
− Zusammenfassen verschiedener in Stufe 1 gebildeter Moleküle
und Abbau zu noch einfacheren Molekülen (Hexosen, Pentosen
und Glycerin zu Pyruvat, das zu Acetyl-CoA umgewandelt wird,
wie auch die Fettsäuren und das Kohlenstoffgerüst der meisten
Aminosäuren zu Acetyl-Coenzym A abgebaut wird. Das AcetylCoenzym A ist das gemeinsame Endprodukt der Stufe 2
−
− Die Acetylgruppe wird in den Citratcyclus eingeschleust. Dieser
Abbauweg ist de gemeinsame Endabbau der meisten
energieliefernden Nährstoffe zu Kohlendioxid, daneben auch für
Ammoniak, und Wasser.
Im Citratcyclus fließen alle Abbauwege zusammen
Der Anabolismus oder auch Biosynthese verläuft ebenfalls in drei Stufen:
− Bildung von α-Ketosäuren und anderen Vorstufen
− Aminierung dieser α-Ketosäuren zu α-Aminosäuren
− Verknüpfung der Aminosäuren zu verschiedenen Polypeptidketten
und damit zu verschiedenen Proteinen
Entsprechend erfolgt der Aufbau der Lipide aus Acetylgruppen über
Fettsäuren.
Anabolismus ist ein divergierender Prozeß und Katabolismus ist
konvergierender Prozeß.
Jede der Hauptstufen bei Aufbau oder Abbau wird durch ein
Multienzymsystem katalysiert.
Die
nacheinander
folgenden
Reaktionen
entsprechend
der
Hauptstoffwechselwege sind bei allen Lebensformen nahezu identisch. Abund entsprechender aufbauender Stoffwechselweg zwischen bestimmten
Vorstufen und Produkt verlaufen allerdings nicht gleich. Der Abbau und die
Synthese verlaufen über verschiedenen Zwischenprodukte und
enzymatische Reaktionen.
Die Gründe für die unterschiedlichen Verlaufe sind darin zu suchen, daß
der Aubbauweg eines Moleküls für dessen Synthese energetisch
66
unbrauchbar geworden ist (Abbau → Verlust freier Energie; Biosynthese →
Energiezufuhr nötig).
Auf- und Abbau müssen unabhängig voneinander regulierbar sein. Der
Abbauweg muß sich ganz oder teilweise von der Synthese unterscheiden,
weil Prozesse mitunter in unterschiedlichen Zellteilen ablaufen. Z.B die
Oxidation von Fettsäuren zu Acetyl-CoA erfolgt in den Mitochondrien; Die
Biosynthese der Fettsäuren jedoch erfordern Reduktionsäquivalente, d.h.
sie muß an einem anderen Ort stattfinden.
Trotz des Unterschiedes zwischen katabolen und anabolen Prozessen ist
der Citratcyclus der zentraler Treffpunkt der Stoffwechsel.
Katabolismus und Anabolismus stellen die sogenannte amphibole Stufe
beider Stoffwechsel (amphi= beide) dar.
Kataboler Abbau in der in Stufe 2 gebildeten Stoffe und anabole
Bereitstellung kleiner Moleküle als Vorstufen für die Biosynthese.
Stoffwechsel insgesamt ist ein komplexes Netzwerk enzymatisch
katalysierter Reaktionen. Erfolgt eine Störung des Nährstoffflusses in Teilen
des Netzwerkes, kommt es zu Änderungen des Gesamtstoffwechsels, um
die Störung zu kompensieren und ggf. zu einer Wiederherstellung.
Die Regulation auf- und abbauender Reaktionen muß so ökonomisch wie
möglich ablaufen, d. h. geringster Verlust an Material und Energie.
In den Zellen werden die Nährstoffe mit der erforderlichen Geschwindigkeit
oxidiert, die ausreicht momentanen Energiebedarf zu decken. Nährstoffe
wie Glucose, ein Molekül mit hoher struktureller Ordnung, hat einen hohen
Gehalt an potentieller Energie. Erfolgt der Abbau, kommt es zum
Freiwerden dieser Energie
Telegramm
Unter freier Energie versteht man die Form der Energie, die bei
p=konst. und T=konst. Arbeit verrichten kann.
Beim Abbau (Katabolismus) geht nicht gespeicherte Energie als Wärme
verloren oder wird zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur genutzt.
Die Energiespeicherung erfolgt über eine gekoppelte Synthese von ATP
aus ADP und Phosphat. ATP und ADP sind das energieübertragende
System in allen Zellen.
Die im ATP konservierte chemische Energie leistet vier Arten von Arbeit:
• Energiebereitstellung für chemische Arbeit bei Biosynthesen;
dabei Übertragung der endständigen Phosphatgruppe →
Aktivierung
• Energiequelle für Motilität und Kontraktion von Zellen
• Nährstofftransport
durch
Membranen
entgegen
dem
Nährstoffgefälle
• Gewährleistung der fehlerfreien Weitergabe der genetischen
Information bei Biosynthese von DNA, RNA und Proteinen
In der Zelle erfolgt die Freisetzung der Energie durch Abspaltung der
endständigen Phosphatgruppe, es kommt zur ADP-Bildung, das als
entladene Form des Energietransportsystems dann vorliegt.
67
Die energieliefernde Prozesse stellen die Beladung von ADP mit einer
Phosphatgruppe dar und damit die Rückbildung zu ATP.
Der Energiekreislauf ist dadurch gekennzeichnet, daß das ATP Bindegleid
zwischen energieliefernden und enrgieverbrauchenden Prozessen ist.
Eine zweite Art des Energietransports stellt die Übertragung von
Wasserstoff und Elektronen dar.
Beim Aufbau von Glucose aus CO2 und von Fettsäuren aus Acetyl-CoA
werden Reduktionsäquivalente nötig für die
Reduktion von
Doppelbindungen zu Einfachbindungen. Die reduktiv wirkende H-Atome
werden mit Hilfe von Dehydrogenasen aus Brennstoffmolekülen gewonnen
und auf spezifische Coenzyme Nicotinamiddinucleotid-phosphat (NADP+)
übertragen.
Die wasserstofftragende reduzierte Form (NADPH) überträgt energiereiche
Elektronen auf elektronenverbrauchende Biosynthesen (Analogie zur
Phosphatübertrag durch ATP).
Die Geschwindigkeit der ablaufenden Vorgänge wird im Zellstoffwechsel
durch den Enrgiebedarf reguliert und nicht durch Verfügbarkeit und
Konzentration von Zellbrennstoffen. Die Geschwindigkeit der Biosynthese
wird ebenfalls den Zellbedürfnissen angepaßt.
Während des Wachstums werden 20 Aminosäuren in der Menge und dem
Verhältnis produziert, wie für die jeweilige Proteinsynthese nötig ist, es wird
kein Aminosäureüberschuß produziert.
Eine Speicherung von Nährstoffen erfolgt in Tier- und Pflanzenzellen als
Energie- oder Kohlenstoffvorrat. Er besteht ausschließlich aus Fetten und
Kohlenhydraten, Nucleinsäuren sowie einfachen Bausteinmolekülen.
Proteine dienen nicht der Speicherung. Ausnahme bilden Samen- und
Eizellen, die mit Speicherproteinen als Aminosäurequelle ausgerüstet sind.
Die zentralen Stoffwechselvorgänge müssen demzufolge empfindlich und
schnell auf Stoffwechselbedürfnisse reagieren.
Die Regulation von Stoffwechselvorgängen erfolgt auf drei Wegen:
1. Über Allosterische Enzyme, die am Anfang einer Reaktionskette
die Ankopplung des Inhibitors an ein Molekülzentrum
katalysieren, das nicht zum Substrat gehört. Das ist der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt, dabei wird das ATP
Enzym inhibiert, das in einem früheren Schritt zur Bildung von
ATP führt.
2. Über Hormone, die als Botenstoffe in den endokrinen Drüsen
gebildet werden und mit dem Blut zu anderen Geweben oder
Organen transportiert werden. Sie initiieren oder hemmen dort
die Stoffwechselaktivität.
3. Über Enzym-Induktion, die abhängig ist vom Nährstoffangebot,
sie bestimmt die Bildung oder Nichtbildung von Enzyme
68
Man unterscheidet in zentrale Stoffwechselwege, zu denen die
Umwandlung von Fetten, Kohlenhydraten und Eiweißen gehört und in
sekundäre Stoffwechselwege, wo hoch spezialisierte Biomoleküle wie
Nucleotide, Pigmente, Toxine, Alkaloide und Antibiotika mit spezifischem
biologischen Zweck und lebensnotwendiger Bedeutung
gebildet werden.
Zur
Aufklärung
Verfahrensweisen:
von
Stoffwechselprozessen
dienen
folgende
− in vitro (lat.: im „Reagenz“glas) direktester Weg; Untersuchungen
im zellfreien Gewebeextrakt, durch Zugabe bestimmter
Reagenzien bilden sich bestimmte Stoffwechselprodukte, die dann
schrittweise identifiziert werden können, wenn die ganze
Reaktionssequenz bekannt ist, kann sie mit gereinigten
Bestandteilen im Reagenzglas nachvollzogen werden
− Untersuchung genetischer Mutanten, bei denen bestimmtes
Enzym nicht in der aktiven Form synthetisiert wird; bei
Mikroorganismen
können
genetische
Defekte
durch
Röntgenstrahlung oder Chemikalien erzeugt werden; auch hier
erfolgt eine Stoffwechseluntersuchung in Abhängigkeit vom
Nährmedium, da einige Mutanten nur bei Anwesenheit bestimmter
Metabolite wachsen
− Isotopenmarkierung; organisches Molekül z.B. Essigsäure wird
mit 14C markiert (führt zu keiner Änderung der chemischen
Eigenschaften) und beispielsweise an Tiere verfüttert; im
ausgeatmeten CO2 findet sich 14C wieder → Acetat wird z.T. zu
CO2 abgebaut; mit dieser Methode auch Bestimmung der
Geschwindigkeit möglich, mit der Stoffwechselvorgänge ablaufen
→ festgestellt, daß makromol. Zellbestandteile fortwährend
umgewandelt werden, sich die Zelle in dynamischem GG „steady
state“ befindet (konst. Biosynthesegeschwindigkeit wird exakt
durch gleich hohe Abbaugeschwindigkeit ausgeglichen)
Untersuchungen von Zellbestandteilen haben ergeben, daß
bestimmte Stoffwechselprozesse in ganz bestimmten
Zellkompartimenten ablaufen
Zusammenfassung
Die Einteilung der Organismen erfolgt
nach ihrer verwertbaren
Kohlenstoffbasis. Autotrophe verwerten CO2, Heterotrophe müssen
Kohlenstoff als organische Verbindung aufnehmen. Viele autotrophe
Organismen erhalten Energie aus dem Sonnenlicht, während die
heterotrophen Organismen zur Energiegewinnung organische Substanzen
oxidieren. Es erfolgt eine Unterteilung des Intermediärstoffwechsels in
Katabolismus und Anabolismus. Katabolismus ist der Abbau energiereicher
Nährstoffmoleküle, Anabolismus ist die Biosynthese neuer Zellbestandteile.
69
Beide sind in drei Stufen gegliedert:
Beim Katabolismus erfolgt in der 1. Stufe der enzymatische Abbau von
Lipiden, Polysacchariden und Proteinen zu ihren Basisbausteinen;
in der 2. Stufen folgt die Oxidation dieser Bausteine zu Acetyl-CoA, um
schließlich in der 3. Stufe durch Oxidation von Acetyl-CoA zu CO2 abgebaut
zu werden.
Katabole Stoffwechselwege fließen in einen gemeinsamen Endweg
(konvergieren); anabole Stoffwechselwege divergieren, d.h. sie gehen aus
wenigen gemeinsamen Vorstufen hervor und führen zu vielen
verschiedenen Stoffwechselendprodukten. Einander entsprechende
katabole und anabole Stoffwechselwege verlaufen enzymatisch nicht
gleich, werden unterschiedlich reguliert und finden an unterschiedlichen
Orten in den Zell statt. Der Abbau wird von Speicherung der freiwerdenden
Energie als ATP begleitet.
ATP überträgt die chemische Energie der Abbaureaktionen auf die
energieverbrauchenden Vorgängen in der Zelle (Biosynthesen, Kontraktion,
Bewegung, Transport durch Membranen und Weitergabe genetischer
Informationen).
Dem Transport der Energie dient auch das Reduktionsäquivalent
(reduzierendes Coenzym NADPH) für katabole zu anabolen Vorgängen.
Die Stoffwechselregulation erfolgt durch allosterische Enzyme, hormonelle
Kontrolle und Enzymsynthese.
Analysen und Aufklärung von Stoffwechselwegen werden mit Hilfe von
Extrakten von Zellen und Geweben, dem Studium von Mikroorganismen mit
genetischen Defekten und mit Isotopenmarkierung ausgeführt.
Es werden auch Untersuchung an Zellorganellen nach Isolation zur
Bestimmung der enthaltenen Enzyme und damit der dort ablaufenden
Reaktionen durchgeführt.
2.3
Replikationsprozesse der Zelle
DieReplikationsprozesse der Zellen haben die biochemischen Prozesse der
genetischen Informationsübertragung und der Proteinbiosynthese zur
Grundlage. Jede Vermehrung, egal ob es sich um eine geschlechtliche
(sexuelle) oder um eine ungeschlechtliche (asexuelle) vermehrung handelt,
basiert letzt endes auf der Übertragung der genetischen informtion der DNA
auf sich neu bildende Zellen.
Die DNA liegt ja als Chromosomenstrang in jeder Zelle, ihr Aufbau und ihre
Funktion sind bekannt. Für die Replikation, der Zellvermehrung, spielt sie
die entscheidende Rolle. Die beim Replikationsprozeß ausgeführten
biochemischen Prozesse, die der Informations- und Stoffübertragung
dienen, spielen sich in jeder Zelle ab.
Man unterscheidet in die einfache Zellteilung, z.B bei Prokaryo(n)ten aber
auch bei Eukaryo(n)ten, der Mitose, und in die Reduktionsteilung, Meiose,
bei höher differenzierten Lebewesen, die sich über sexuelle Vermehrung
fortpflanzen. Durch Meiose werden die Geschlechtszellen gebildet. Wie der
Name schon sagt, ist die Meiose eine Reduktionsteilung, d.h. es entstehen
bei der Zellteilung Tochterzellen, die nur über die Hälfte eines
Chromosomensatzes verfügen, sie sind haploid.
70
Verschmelzen diese Zellen in Folge der sexuellen Vermehrung miteinander,
entstehen im verschmolzenen Zustand Zellen, die einen diploiden
Chromosomensatz haben, was dem Normalzustand von lebenden Zellen
entspricht. Solche Zellen können sich nunmehr entweder durch einfache
Zellteilung (Mitose) oder durch Reduktionsteilung (Meiose) weiter
replizieren. Bei sich sexuell fortpflanzenden Lebewesen spielen beide
Vermehrungsprozesse eine Rolle. Bei den sich asexuell Fortpflanzenden
kommt nur der mitotischeProzeß zum Tragen.
Beide Prozesse sind mikroskopisch beobachtbar, die ihnen zugrunde
liegenden biochemischen Prozesse der Replikation der DNA und der
Proteinbiosynthese nicht.
Weiterführende Grundlagen zu dieser Problematik sind der entsprechenden
Fachliteratur zu entnehmen.
3.
Mikroorganismen
Das Reich der Mikroorganismen (MO) ist von einer auffälligen Vielzahl von
Organismen gekennzeichnet. MO sind allgegenwärtig, sie entstehen und
sie wirken allgegenwärtig.
Die meisten MO sind historisch bekannt geworden durch das
Erscheinungsbild von Krankheiten. Mit Robert Koch und Louis Pasteur sind
die MO für die medizinischen und die technischen Wissenschaften zur
zentralen Bedeutung geworden. Man unterscheidet bei den MO auch in
pathogene und in nicht pathogene MO.
Die Übergänge sind aber im Einzelfall fließend.
In neuester Zeit spielen die MO zunehmend eine zentrale Rolle in der
Forschung in Hinblick auf gentechnologisch relevante Nutzung. Die
Nutzung von MO als Leistungsmikroorganismen in der Biotechnologie
spielt ebenfalls eine zunehmende Rolle. MO sind vom Menschen schon seit
der Antike und davor wissentlich und zielgerichtet als Leistungsorganismen
genutzt worden. Ein breiter Bereich der Nahrungsmittelindustrie basiert auf
dem Wirken von MO. Im letzten Jahrtausend sind eine Vielzahl von MO
zielgerichtet zur Herstellung und industriemäßigen Produktion von
Grundstoffen und Pharmaka eingesetzt worden. Pharmaka wie Penicillin
oder Insulin werden von MO hergestellt.
MO spielen abe auch eine bedutende Rolle bei der Beseitigung
(Dekontamination) von Schadstoffen in den Kompartimenten Wasser,
Boden und Luft. Der zielgerichtete Einsatz geeigneter MO in diesen
Dekontaminationsprozessen ist von zentraler Bedeutung. Am bekanntesten
sind in diesem Zusammenhang die Prozesse der Abwasserreinigung und
der Bodendekontamination.
Mikroorganismen werden aber auch in der Biosensorik und dem
Biomonitoring eingesetzt. Sie eignen sich insbesondere für die
Sichtbarmachung von für die Umwelt schädlichen Einflüssen. Ähnlich wie in
der Medizin sind sie Grundlage der Diagnostik der schädlichen
Veränderung.
71
Ein großer Teil der MO sind Einzeller. Ihre Reproduktionsrate ist bei
entsprechenden äußeren Parametern (Temperatur, Feuchte, pH-Wert,
Druckverhältnisse, Medien, Substrat) hoch. Sie treten als Prokaryo(n)ten
und Eukaryo(n)ten auf. Ihre Replikation genügt den Gesetzen der
Genexpression.
Es wird angenommen, daß eine Vielzahl von MO außerhalb unseres
Wissens existieren und, daß sich ständig neue bilden. Das Genpotential
von MO ist außerordentlich hoch.
Zu den für die Biotechnolgie bedeutsamen MO gehören im wesentlichen die
Bakterien und die (niedrig differenzierten) Pilze. Eine besondere Gruppe
innerhalb dieser Pilze stellen die Hefen dar.
Von Bedeutung sind aber auch Viren, Virionen und Bakteriophagen.
Um die überaus große Anzahl dieser MO klassifizieren zu können, bedient
man sich einer spezifischen Taxonomie, welche eine Kurzcharakteristik des
MO in Hinblick auf Morphologie, Physiologie und Wirkspektrum gibt.
Sie ist ein Teilgebiet der Biologie, sie beschreibt, benennt und ordnet
Organismen und Organismengruppen nach natürlichen Beziehungen ein.
Dazu kommt heute noch die Erforschung der Verwandschaft der
Organismen und die Einordnung in verschiedene Systeme, u.a. in ein
hierarchisches System nach Art, Unterarten oder Rassen, was
geographisch bezogen ist. Übergeordnet, ohne geographischen Bezug,
sind in aufsteigender Reihenfolge Gattung, Familie, Ordnung, Klasse,
Stamm oder Abteilung und Reich zu sehen. Mit heutigem Kenntnisstand
sind aber häufig die Übergänge fließend. Aus Übersichtlixhkeitsgründen
bleibt man aber bei der historisch bedingten Klassifizierung in die
entsprechenden Hierarchien.
Als
Art
bezeichnet
man
z.B.
eine
Abstammungsund
Fortpflanzungsgemeinschaft.
In Abgrenzung zu einer anderen Art gilt, daß entweder keine Paarung
möglich oder daß Artbastarde entstehen, die eventuell lebensfähig aber in
keinem Fall fortpflanzungsfähig sind. Früher legte man einer Art
morphologische oder typologisch übereinstimmende Merkmale zugrunde.
Dies konnte mit der fortschreitenden Erkenntnis nicht mehr aufrecht halten.
Trotzdem findet man dese Klassifizierung in der Literatur und vor allem im
Denken der Menschen noch häufig.
72
3.1
Bakterien, Pilze, Viren, Virionen und Bakteriophagen
Bakterien
Bakterien sind Einzeller oder leben in Zellkolonien. Sie können
Prokaryo(n)ten, aber auch Eukaryo(n)ten sein.
Sie sind befähigt, sich über Mitose zu replizieren und führen die
unterschiedlichsten
Stoffwechselprozesse
in
Abhängigkeit
vom
vorhandenen Medium aus.
Bakterien können sich autotroph und/oder heterotroph ernähren. Sie
können aerob, fakultativ aerob oder anaerob leben. Sie sind acidophil oder
acidophob,
thermophil
oder
kryophil,
sie
produzieren
Stoffwechselendprodukte, die sie aus der Zelle an die Umgebung abgeben,
extrazelluläre Produkte, und solche, die sie im Zellinnern aufbewahren,
intrazellulare Produkte. Sie sind in der Lage, Enzyme in Abhängigkeit vom
Nährstoffangebot (Enzyminduktion) zu bilden. Sie können in diesem
Zusammenhang homofermentativ und/oder heterofermentativ sein.
Bakterien sind pathogen und nicht pathogen, sie bilden Exotoxine oder
nicht.
Der Klassifizierung in Hinblick auf eine (medizinische) Diagnostik dient auch
die Angabe der Gram-Färbung, welche darauf beruht, daß einige Bakterien
ein besonderes Kohlenhydrat in ihrer Zellwand haben, das für eine
bleibende Anfärbung mit dem Farbstoff Kristallviolett, auch in alkoholischer
Lösung, aufweisen.
Deshalb unterscheidet man in Gram(+) und in Gram(-).
MO sind zu einer Vielzahl von Leistungen fähig, die der Mensch sich zu
nutze macht und mache kann. Sie stellen die Mikroorganismengruppe dar,
die am häufigsten als Leistungsmikroorganismen eingesetzt werden.
Die Morphologie der Bakterien stellt ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel
dar.
Häufig erscheint auch die Form, der äußere Habitus der Bakterien, im
Namen.
Grunsätzlich wird in kugelige, stäbchenförmige, schraubenförmige und in
solche, die ein Mycel ausbilden, unterschieden.
Kugelige Formen sind Kokken, stäbchenartige Formen und gekrümmte
oder schraubig gewundene Formen Vibrionen und Spirillen.
Kokken:
ganz kugelige oder ovale Zellen
oft
charakterische
Lagerung
→
anhand
eines
Ausstrichpräparates Verdachtsdiagnose
haufenförmig gelagerte Kokken → Staphylokokken
kettenförmige Lagerung → Streptokokken
paarweise Lagerung → Diplokokken (Pneumokokken,
Meningokokken, Gonokokken)
Stäbchen:
73
geringe morphologische Unterschiede
Zellen der einzelnen Arten: Unterschiede in Dicke und Länge
weiter Klassifizierung anhand der Fähigkeit der Sporenbildung,
Verhalten gegenüber Färbemitteln (Gramfärbung) oder
Unterteilung in Aerobier und Anaerobier
Schraubenförmige Bakterien
Gruppen mit starren Zellen und Gruppen mit flexiblen Zellen
starr: Vibrionen und Spirillen
flexibel: können Roll-, Abknick- oder gleitende Bewegungen
ausführen; Spirionen (für uns nicht von Bedeutung)
Mycelartiges Wachstum
Actinomyceten
Streptomyces und Nocardia
zeigenmycelartiges Wachstum → irreführend Strahlenpilze
Geißel, Fimbrien und Pili
Geißel zur Fortbewegung der Bakterien
Die Art der Begeißelung dient auch der taxonomische Einteilung.
Die Geißel besteht aus Proteinen, die sogenannte gute Antigene sind
→ H-Antigene ( durch die starke Begeißelung auf Nährböden keine
Kolonien, sondern feiner Wachstumsrasen; Antigene → in
Säugetierorganismen Auslösen von spezif. Antikörperbildung )
Telegramm
Die Geißeln dienen der Nutzung für die Herstellung von
Antiseren z.B. Schnelltest gegen Choleraerreger: Dabei wird
Antiserum von Vibrio cholerae zur Stuhlsuspension zugegeben,
die wimmelnde Vibrionen enthält → Bewegung der Vibrionen
wird sofort eingestellt → Immobilisationstest erfolgt unter
mikroskopischer Kontrolle.
Mancheb Bakterien besitzen Fimbrien aus Protein, welche kürzer und
zarter als Geißeln sind. Diese sind von Bedeutung für die Haftung auf
Schleimhäuten (Adhäsion)
Andere Bakterien weisen Pili auf, welche sich unter bestimmten
Bedingungen bei Enterobakterien als Sexual-Pili ausbilden
Proteinröhren zwischen benachbarten Bakterien dienen als Plasmabrücken.
Durch diese Brücke kann eine Übertragung von DNA-Stücken oder
Plasmiden von Zelle zu Zelle erfolgen. DNA-Bruchstück wird in unter
bestimmten Bedingungen in Bakterein-DNA eingebaut → Replikation mit
dieser → wird Teil der Erbeigenschaften des Bakteriums → das dadurch in
seinen Eigenschaften verändert wird → der Vorgang wird Transformation
genannt.
Im Arbeitsblatt ist eine typische Bakterienzelle schematisch dargestellt.
74
Bezeichnung von Bakterien:
Die Bezeichnung erfolgt analog dem Vorname- und Familienname-Prinzip
Zuerst erfolgt die Angabe der Gattung, das zweites Wort kennzeichnet die
Spezifizierung → beides zusammen gibt eine konkrete Art an
(Leider ist die Nomenklatur in der Praxis nicht immer einheitlich!)
Die Schreibweise erfolgt folgendermaßen: Gattung groß, Art klein
Familie: z.B. Bacillaceae; Pseudomonaceae; Lactobacillaceae
Man unterscheidet in Eubakterien und Archebakterien.
1. Eubakterien:
Kriterien:
1. echte Bakterien
4. starre Zellwand
5. Form von Kugel, geraden oder gekrümmten Stäbchen abgeleitet
Ausgewählte Vertreter:
Lactobacillus:
Lat. lac=Milch, milchiger Saft; bacillum=Stäbchen
GRAM(+): Gramfärbung: Zellen werden mit Farbstoff (Kristallviolett)
gefärbt, mit Iod gebeizt und mit 95%igem Alkohol gewaschen →
bleibt die Färbung erhalten Gram(+), sonst Gram(-)
Arten weisen kräftige Milchsäuregärung auf → Milchsäurebakterien
Zellen: lang u. schlank bis kurz fast kokkenförmig, oft in Ketten
in der Regel unbeweglich
3
Untergattungen:
Thermobacterium
(L.
acidophilus),
Streptobacterium (L. casei) und Betabacterium (L. fermentum)
homofermentativ: bilden aus Zucker Milchsäure
heterofermentativ: bilden außer Milchsäure auch Essigsäure oder
Ethanol und CO2
Leuconostoc:
gr. leukos=leuchtend, glänzend, weiß; willkürlich Bildung von
Paracelsus
kugelförmig, unbeweglich, keine Sporen
brauchen nährstoffreiches Medium
75
Bacillus:
Endosporen: Sporen sind Dauerformen zur Erhaltung der Art unter
ungünstigen Umweltbedingungen; Endosporen, da im Zellinnern;
Sporenbildung durch inäquale Zellteilung; Einschnürung der
Cytoplasmamembran → Abtrennung eines Teils des Protoplasten
der Mutterzelle, dieser Teil wird von Cytoplasmamembran
umwachsen und eingehüllt; Freisetzung der Sporen nach
Selbstauflösung der Zelle; keine Stoffwechselaktivität; hohe
Resistenz
gegenüber
Hitze,
Strahlung
oder
chem.
Desinfektionsmittel; Bakterien nach 10 min. bei 80°C tot,
Endosporen vertragen viel höhere Temperaturen mitunter
stundenlanges Kochen → Problem im Krankenhausbereich
Streptococcus
gr. streptos=gedreht, gr. kokkos=Beere
sporenlos
über 30 Arten
einige gehören zur normalen Bakterienflora im Mund, Rachen, Darm
und auf der Haut, andere Krankheitserreger, zur Herstellung von
Milchprodukten oder zur Konservierung
Milchstreptokokken: S. lactis, S. lactis subsp. diacetylactis, S.
cremoris, S. thermophilus
Escherichia
abgeleitet vom Namen des österr. Arztes Escherich
gehört zur Famile der Enterobacteriaceae (Darmflora)
Vertreter E. coli lat. colum=Dickdarm
in Biotechnologie Nutzung in immobilisierter Form
Pseudomonas:
gr. pseudos=Trug, Lüge, Täuschung, gr. monas=Einheit
gerade oder schwach gekrümmt
durch ein oder mehrere, polare Geißeln beweglich
bei O2-Mangel → Nitratatmung
einige Arten: auffällige, fluoreszierend Farbstoffe
Biotechnologie: Herstellung org. Säuren, Biotransformation und
Abbau geruchsintensiver Stoffe (Methylketone)
gentechn. veränderte Stämme: Abbau halogenierter arom.
Verbindungen
76
Zymomonas:
gr. zyme=Sauerteig
gelegentlich eiförmig, anaerob
bewegliche Formen: 1-4 Geißeln
Energiestoffwechsel: Vergärung von Zuckern zu Alkohol
Wachstum bis 5% Alkohol → Versuch durch
Veränderungen Erreichen höherer Alkoholtoleranz
gentechn.
Clostridium
gr. kloster=Faden, Spindel
Endosporenbildung, keine Sulfatatmung
meist beweglich
ausgeprägter Gärungsstoffwechsel
meist streng anaerob, wenige O2-tolerant
Gärungsformen: Buttersäure-Gärung, Buttersäure-Butanol-Aceton
und Butanol-Isopropanol-Gärung, Propionsäure-, Essigsäure-,
Homoacetat-Gärung
Thiobacillus
gr. theion=Schwefel
unbeweglich oder durch lange polare Geißel beweglich
Energie:
Oxidation
anorganischer
Schwefelverbindungen,
Ausscheidung von Schwefelsäure
aerobes Wachstum
ferrooxidans → Energie durch Fe2+-Oxidation, thiooxidans → Oxid.
von Schwefel; beide obligat chemolithoautotroph, aerob
2. Cyanobakterien
Mikroorganismen, die prokaryo(n)tischen Zellaufbau besitzen und
photosynthesefähig sind, Freisetzung von O2
eng verwandt mit Eubakterien
Form ist von Kugel oder geraden Stäbchen abgeleitet
Spirulina:
gr. speira, lat. spira=Windung → Schraubenfaser
lange schraubenförmig gewundene Trichome (anmalen)
S. platensis: planktisch in trop. und subtrop. Salz- und Süßwasser;
seit altersher bei Azteken und in Afrika Nutzung als Nahrungsmittel
heute: S. platensis und S. maxima in Versuchsanlagen, flachen
Wasserbeeten von Algenfarmen Züchtung in Massenkultur → billige
Proteinquelle in trop. und subtrop. Gebieten; Ertrag geringer als
Biomassezuwachs bei Hefen und Bakterien
77
3. Actinomyceten
MO wachsen in Form verzweigter Fäden, aerob, gram(+)
Zerfall in stäbchenförmige Zellen
Bildung von Konidien und Sporen
Streptomyces
gr. myketes=Pilz
bilden Substrat- und Luftmycel mit Ketten nichthitzeresistenter
Sporen
Bodenorganismen (1-20% der gesamten Bodenmikroorg.)
typischer Bodengeruch
aerober Stoffwechsel
über 40 Arten
biotechnolog.: Prod. von Aminosäuren, Enzymen und Vitaminen
Nocardia
benannt nach dem frz. Veterinärmediziner E.Nocard (1850-1903)
primäre Mycelbildung, Zerfall in stäbchen- kokkenförmige Zellen
teilweise oder ganz säurefest
aerober Stoffwechsel
Krankheitserreger, Antibiotikabildner
Verwertung von H2 , niedere oder langkettige Fettsäuren und
komplexer org. Stoffe
auf Schaum der Belebungsbecken der Kläranlagen
4. Archaebakterien
der typische Zellbaustein Murein fehlt
enthaltenLipide, nicht Fettsäureester des Glycerols
Unterschied auch in Proteinzusammensetzung, Ablauf der
Translation und Transkription und Stoffwechselmechanismen
sehr frühzeitige Abtrennung von der Entwicklung anderer
Lebewesen
Methanogene Bakterien
streng anaerob → leben in der Natur in O2 -freien Zonen
Kohlenstoffkreislauf letztes Glied, setzen Gärungsprodukte zu
Methan und CO2 um
Abwasserbehandlung
Biogaserzeugung
untereinander nur entfernte Verwandschaft
besitzen kein Murein, manche haben Pseudomurein
78
Methanobacterium
lange Stäbchen oder Filamente
Faulturm
Methanosarcina
Kokkenpakete
enthalten Gasvakuolen
Methanococcus
Kokken
Sulfolobus
lat. sulfur, sulphur, sulpur=Schwefel, gr. lobos=Lappen
unregelmäßig, kokkenförmig
acidocaldarius: sre. heiße Quellen des Yellowstone N.P.;
Temperaturoptimum:70-75°C; Max. 85°C, Min. 55°C; pH-Optimum:
2-3, Max. 5.8, Min. 0,9
Energiegewinnung durch Oxidation von Schwefel mit Sauerstoff
oder Oxidation organischer Substrate mit Sauerstoff
In
den
Arbeitsblättern
zum
Thema
biotechnologisch
genutzte
Mikroorganismen sind weitere Bakterien, die als Leistungsmikroorganismen
zum Einsatz kommen, ersichtlich!
Pilze und Hefen
Hefen sind besondere Formen der Pilze, die meisten zählen zu den
sogenannten Fadenpilzen
Pilze ghören zu den Eukaryo(n)ten. Sie besitzen wie Pflanzenzellen
Zellwand, Vakuolen, Organellen, Biomembranen im Cytoplasma und sind
ebenso weitgehend bewegungsunfähig.
In ihren Zellen haben sie keine Plastiden, d.h. keine Cloroplasten, keine
Leukoplasten, keine Chromoplasten. Sie weisen im Gegensatz zu Pflanzen
einen sehr geringen Grad an morphologischer Differenzierung auf und fast
keine Arbeitsteilung. Sie nehmen Kohlenstoff heterotroph auf. Sie sind nicht
in der Lage, aus CO2 organische Verbindungen aufzubauen. Die Folge
davon ist, daß sie als Saprophyten oder Parasiten leben.
79
Telegramm
Saprophyten beziehen organische Substanz von toten Organismen;
Abbau organischer Verbindungen von pflanzlichen oder tierischen
Organismen bis zu löslichen Verbindungen, die sie resorbieren
können; sie können die unterschiedlichsten organischen
Verbindungen als Nahrung verwenden; Vorgänge der Verwesung,
Vermoderung, Fäulnis und Zersetzung gehen auf sie zurück; unter
aeroben Bedingungen erfolgt Abbau aller durch Biosynthesen
gebildeten Stoffe durch jeweils geeigneten Mikroorganismus;
einzelne Mikroorganismen sind bezüglich ihres Substrats weitgehend
spezialisiert;
manche
chemisch-synthetischen
Verbindungen
(Herbizide, Detergentien, Kunststoffe) sind von Mikroorganismen
nicht abbaubar
Parasiten stellen bestimmte Ansprüche an die Zufuhr bestimmter
organischer Stoffe, dieser Bedarf ist nur durch direkten Anschluß an
den Stoffwechsel lebender Organismen zu decken, sie beziehen
organische und anorganischen Nährstoffe von lebenden
Organismen; sie sind Ursache zahlreicher Erkrankungen bei
Pflanzen, Tieren und Menschen; Man unterscheidet zwischen
fakultativen und obligaten Parasiten; Erreger von Cholera, Typhus
oder Wundstarrkrampf können saprophytisch im Boden leben und
gehen nach Aufnehme durch den Menschen in eine parasitische
Lebensweise über, Diphteriebakterien dagegen sind obligate
Parasiten, wie auch Rost- und Brandpilze, welche nicht nur
Nahrungsstoffe unter Zerstörung der Wirtszelle entziehen, sondern
auch Ausscheidung von giftigen Stoffwechselprodukten (z.B.
Tetanustoxin) realisieren; parasitische Lebensweise findet man auch
bei höher differenzierten Organismen, Hemiparasiten sind nur mit
den Wasserleitungsbahnen der Wirtsorganismen verbunden,
entnehmen nur Wasser und Nährsalze, die Gewinnung der
organischen Verbindungen realisieren sie durch Photosynthese (z. B.
Mistel Viscum album, die auf Kiefern, Eichen, Pappeln u.a.
parasitiert); Vollparasiten entnehmen zusätzlich der Wirtspflanze
auch organische Stoffe.
Das Wachstum der Pilze erfolgt unter aeroben Bedingungen, der
Energiegewinn durch Oxidation von organischen Substanzen. Als
Reservestoffe dienen Glykogen oder Fett, die in Tropfenform in den Zellen
abgelagert werden. Es wird niemals Stärke gebildet. Der Vegetationskörper
ist ein Thallus, der aus fadenförmigen Pilzzellen besteht. Pilzzellen weisen
sehr unterschiedliche Formen auf. Sie stellen ein System von farblose
Hyphen dar.
Die Form der Pilzzelle ist dem Arbeitsblatt zu entnehmen.
Die Gesamtheit der Hyphenmasse eines Pilzthallus bildet Mycel, das ein
System
verzweigter
Hyphen
darstellt,
das
in
bestimmten
Entwicklungsstadien gewebeartige Differenzierungen bildet (Scheingewebe:
Plektenchyme).
80
Solche Plektenchyme stellen den Fruchtkörper höherer Pilze dar.
Bei höheren Pilzen erfolgt die Bildung von Rhizomorphen am Mycel, die die
Funktion des Stofftransportes haben.
Die Stabilisierung der Zellwände der Hyphen erfolgt durch
Chitineinlagerungen (Cellulose selten nachweisbar).
Die Hyphen sind bei niederen Pilze ohne Querwände, bei höheren Pilzen
besteht eine Gliederung durch Querwände, den Septen.
Die Verbindung der Protoplasten benachbarter Hyphen erfolgt durch
zentrale Poren.
Das Wachstum der Hyphen an ihrer Spitze ist „apikal“.
Bei den meisten Pilzen ist jeder Teil des Mycels potentiell wachstumsfähig,
d.h. es ist ein winzig kleines Mycelstück ausreichend für die Entstehung
eines neuen Pilzthallus. Differenzierungen, die der Fortpflanzung dienen,
sind sehr vielfältig. Die Vermehrung kann geschlechtlich oder
ungeschlechtlich erfolgen. Die meisten Pilzen können sich sexuell und
asexuell vermehren.
• ungeschlechtliche (asexuelle) Vermehrung:
• durch Fraktionierung, Knospung oder Sporenbildung
• Sporenbildung am verbreitetsten und am stärksten differenziert
• z.B. Penicillium spec.: Abschnürung von Konidienträgern (sog.
Konidiosporen) am Ende bestimmter Hyphen; Konidiosporen oder
kurz Konidien → Exosporen (Folie Bildung von Konidiosporen)
(bei Entstehung der Sporen im Inneren , in den Sporangien →
Sporangiosporen, z.B. bei Mucor oder Rhizopus)
• z.B. Hefen: Sprossung oder Knospung: an Mutterzelle Bildung
einer Ausstülpung, die in den Kern einwandert, Abschnürung der
Ausstülpung; bei einigen auch Zweiteilung der Zelle analog zu
Bakterien
• vielfach Bildung von Dauerzuständen in Form von Sklerotien
(feste, stäbchenförmige oder knollige Hyphenverbände) (Folie
Sklerotien: an Plektenchymen Bildung von Fruchtkörpern
möglich); in den Sklerotien Verflechtung der Hyphen zu
Plektenchym
• geschlechtliche (sexuelle) Vermehrung:
• Pilzhyphen
in
vegetativem
Zustand
mit
haploidem
Chromsomensatz
• sexuelle Fortpflanzung hat Vereinigung von zwei Zellkernen zur
Voraussetzung
• Verlauf der sexuellen Fortpflanzung in drei Phasen
• bei Verschmelzen von zwei Pilzhyphen Vereinigung der
Protoplasten → Vorgang: Plasmogamie
• Somatogamie: verschmelzende Hyphen sind nicht
besonders differenziert → scheinbar Vereinigung von zwei
81
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
somatischen Zellen (Folie Somatogamie: Vermischung des
Cytoplasmas → Plasmogamie; Kerne bleiben noch getrennt
und teilen sich in entstehenden Tochterzellen synchron →
Paarkernstadium)
entstandene Zelle enthält zwei haploide Kerne
Zweikern- oder dikaryotisches Stadium kann über bestimmte Zeit
erhalten bleiben
bei anschließenden Zellteilungen gleichzeitige Teilung beider
Kerne → Paarkernstadium
häufig erst nach Fruchtkörperausbildung durch Verschmelzen der
beiden haploiden Kerne „Karyogamie“ Entstehung des diploiden
Zygotenkerns
bei niederen Pilzen vor sexueller Fortpflanzung Entstehung von
Geschlechtszellen „Gameten“
sind Gameten nicht morphologisch unterscheidbar → Isogameten
Bildung in speziell differenzierten Zellen: Gametangien, wenn
diese morphologisch verschieden: männliche „Antheridien“ und
weibliche „Oogonien“
Verschmelzung von zwei Gameten zu diploider Zygote, Art wie
das passiert von Pilzart zu Pilzart verschieden, hängt davon ab,
wer beweglich ist
erste Teilung der Zygote: Meiose, d.h. nach verschmelzen der
Zellkerne sofortige Reduktion der Chromosomenzahl → Pilze
besitzen deutlichen Kernphasenwechsel
drei Vorgänge erfolgen bei einigen Pilzen unmittelbar aufeinander,
bei anderen in verschiedenen Entwicklungsstadien des Pilzes
• Mitose:
• → Kernteilung erfolgt durch Mitose
• hat zwei Funktionen: 1. identische Reduplikation des genetischen
Materials, die in Längsspaltung und Verdopplung der
Chromosomen sichtbar wird; 2. Verteilung je eines vollständigen
Chromosomensatzes auf je einen Tochterkern
• wie Verdopplung der Chromosomen erfolgt, noch unklar
• Verteilung der Chromosomen kann lichtmikroskopisch verfolgt
werden
• in Interphase: Kern strukturlose Masse
• während der Teilungsphase Verkürzung der Chromosomen →
werden sichtbar
• Anordnung in einer Ebene, Längshälften der Chromosomen durch
kontraktilen Spindelapparat auseinander gezogen
• Spindeln verschwinden → Chromosomen werden unsichtbar
• Tochterkerne erneut von Kernhülle umgeben
82
• Meiose:
• bei sexueller Vermehrung Kernphasenwechsel
• Befruchtung: Verschmelzung der Keimzellen oder Gameten und
ihrer Kerne zur Zygote
• männlicher und weiblicher Kern bringen gleichviel Chromosomen
(n) mit → Kern der Zygote enthält doppelten Chromosomensatz
oder Genome (2n)
→ Gameten: haploid (einsätzig)
→ Körperzellen diploid (zweisätzig)
⇒ deshalb bei Übergang auf die nächste Generation Halbierung der
Normalzahl (2n) zur halben Normalzahl (n)
⇒ Vorgänge, die dazu führen: Meiose oder Reduktionsteilung
• zwei Aufgaben: 1. Neukombination der väterlichen und
mütterlichen
Erbanlagen
(Gene);
2.
Reduktion
der
Chromosomenzahl
• Einleitung der Meiose durch Chromosomenpaarung: jedes
Chromosom vereinigt sich mit dementsprechenden vom anderen
Elter stammenden homologen Chromosom
• in diesem Zustand: Austausch von gleichlangen Abschnitten
zwischen homologen Chromosomen durch Bruch und kreuzweise
Wiedervereinigung (crossing over)
• anschließend zweimalige Trennung (Spindelbildung) der
gepaarten, gespaltenen Chromosomen → Entstehung von vier
Zellen mit jeweils haploidem Kern
⇒ nicht Umordnung der von Vater und Mutter stammenden
Chromosomen, auch Segmentaustausch zwischen homologen
Chromosomen → Neukombination (Rekombination) der Gene
Taxonomie der Pilze
Die Taxonomie dient ebenso der Klassifikation wie bei Bakterien für
praktische Zwecke, trägt aber phylogenetischen Beziehungen Rechnung.
Sie regelt die Bezeichnung jeder Art mit einem Gattungs- und einem
Artnamen.
Eine Zusammenfassung der Arten zu Gattungen, der Gattungen zu
Familien (-acae), der Familien zu Ordnungen (-ales) und der Ordnungen zu
Klassen (-mycetes). Die in Klammenrn stehenden Endungen sind jeweils
typisch.
Die Abteilung der Mycota schließt echte Schleimpilze (Myxomycetes),
niedere Pilze (Phycomycetes) und höhere Pilze (Eumycetes) ein
Die Zuordnung nicht immer eindeutig, z.B. Aspergillus und Penicillium
werden sowohl als Ascomycetes als auch als Deuteromycetes geführt.
83
Eumyceten
• sogenannte echte Pilze
• Pilze, denen Plasmoiden oder Pseudoplasmoiden fehlen und die in
vegetativen Entwicklungsstadien Mycelien bilden
• Unterabteilungen und Klassen
1. Mastigomycotina
2. Zygomycotina
3. Ascomycotina
4. Basidomycotina
5. Deuteromycotina
•
•
•
Ascomyceten:
• Schlauchpilze, die in geschlechtl. Vermehrung Schlauch als
Sporangium bilden
• geschlechtliche Vermehrung durch Gametangiogamie oder durch
Somatogamie
• Sporenentwicklung in Asci (schlauchartiges Sporangium mit 8
Meiosporen)
• im Ascus vor Sporenbildung Verschmelzung zweier Kerne
(Karyogamie) und anschließend Meiose
• Ascosporen und Mycel sind haploid
• asexuelle Vermehrung durch Bildung von Konidien oder
Konidiosporen
• Entwicklung der Hauptfruchtform aus dikaryontischen Hyphen
• Fruchtkörper aus Plektenchym, besitzen charakteristische Gestalt
• 3 Grundformen: Kleistothezien: völlig geschlossen; Perithezien:
flaschenförmige ; Apothezien: flache, schalenförmige Fruchtkörper
• in der Regel ernährungsphysiologisch unselbständig, von Nährhyphen
abhängig
• Zellwände: Glucone, Chitin
• Hyphenquerwände: zentraler Porus → Verbindung des Cytoplasmas
der Zellmembran
• Saccharomyces
• Hefen, zählen zu den Protoascomyceten
• asexuelle Vermehrung durch Sprossung
• sexuelle Fortpflanzung: zwei haploide vegetative Zellen kopulieren
und verschmelzen zur Zygote; Teilung des diploiden Zellkerns
durch Meiose; entstehende Sporen und sich entwickelnde
Hefezellen sind haploid
• Beschränkung des diploiden Stadiums auf Zygote
• bei dihaploiden Hefen wie S. cerevisiae auch Vermehrung der
Zygote durch Sprossung möglich
• diploide Sprosszellen werden zu Asci
84
• sind echte Hefen
• Mycel fehlt
• ausgeprägtes Gärvermögen; für industrielle Ethanolgewinnung
Verwendung von Stämmen von S. cerevisiae, der Bierhefe, auch
zur Brotherstellung
• Bierhefe kommt nicht frei in der Natur vor, Gegensatz dazu
Weinhefe
• Wachstum unter aeroben Bedingungen
• Zelle:
rund,
oval
oder
langgestreckt,
gelegentlich
Pseudomycelbildung
• Vergärung verschiedener Zucker bis zum Alkohol (Glucose,
Saccharose, Raffinose, Galactose)
• Gärungsstoffwechsel bis zu 18 Vol% Ethanol
• Stärke nur von S. diastaticus vergoren → sonst Aufschluß zu
niedermolekularen Zuckern
• in der Natur: Früchte und Saftflüssigkeit von Pflanzen
• S. cerevisiae reich an Vitamin-B → gewisse Anwendung in der
Medizin
• Kulturhefen in Biotechnologie u.a. auch Enzymherstellung und
Biotransformation
• neuerdings in Gentechnologie zur Expression von Fremdgenen für
Produktion von Hormonen, Enzymen, Oberflächenantigenen
• Candida:
• imperfekte Hefen, asporogene Hefen
• keine sexuelle Entwicklung, multilaterale Sprossung und Bildung
von Blastokonidien
• runde, ovale oder längliche Zellen, echtes oder Pseudomycel
• Glucose oder andere Zucker als Substrat
• einige Arten ohne Gärungsstoffwechsel
• leben als Saprophyten auf Haut oder Schleimhaut und auch in
Geweben und Ausscheidungen von Warmblütern
• prakt. Bedeutung:
C.utilis: Futterhefe, auf Sulfitablaugen der Zellstoff- und
Papierindustrie mit Nährstoffzusatz
C.lipolytica: Spaltung von Fetten in Mayonaise und Fleischwaren;
Herstellung von Einzellerprotein aus Erdöl
C.krusei: Starterkulturen zur Sauerteigherstellung
C.valida: Abbau von Milchsäure → Verderb von Nahrungsmitteln
• Eurotiales:
• Entwicklung
der
Asci
in
geschlossenen
Fruchtkörpern
(Kleistothezien)
• Freisetzung der Asci erst nach Zerfall des Fruchtkörpers
• dazu gehören Aspergillus und Penicillium
• hauptsächlich vegetative Vermehrung durch Konidienbildung (Folie)
85
• Penicillium:
•
•
•
•
•
•
•
Pinselschimmel
meist grünliche Konidienträger mit Konidienketten
leben meist saprophytisch
einige verursachen Fruchtfäulen, zersetzen Lebensmittel
Einsatz zur Lebensmittelherstellung (Käse)
zerstören Textilien, Polyurethane und Leder
Antibiotikabildner,
Herstellung
organischer
Säuren
(Glucuronsäuren), Enzymgewinnung (Glucoseoxydase) oder
Biotransformation
• Aspergillus:
• Gießkannenschimmel
• farbloses bis lebhaft, gefärbtes septiertes Mycel
• Konidienträger (zahlreich, kräftig, manchmal mehrere mm lang),
entstehen aus Fußzelle, die sich verzweigt und Hyphen bildet;
blasig angeschwollen, darauf allseitig ausstrahlende Zellen
(Sterigmen), die Konidien abschnüren
• Konidien einzellig, meist kugelförmig mit stacheliger Oberfläche,
verleihen Kolonie durch ihre Farbe typische Färbung
• sexuelle
Fortpflanzung
selten,
nur
unter
ungünstigen
Entwicklungsbedingungen
• Bildung keulenförmiger Gametangien
• bei Befruchtung Plasmogamie → Entwicklung paarkerniger
dikaryontischer Hyphen
• in Asci verschmelzen der Kernpaare, anschließend Meiose →
Bildung der haploiden Ascosporen
• geschlechtl. Vermehrungsphase mit kugel- oder eiförmigem,
gefärbten Ascoma (Fruchtkörper der Schlauchpilze)
• Asci enthalten meisten 8 Ascosporen
• Aspergillus flavus bildet auf fetthaltigen Lebensmitteln wie Nüssen
leberschädigende und kanzerogene Aflatoxine
• A. oryzae zur Produktion von Sake u.a. orientalischen
Nahrungsmitteln (Sojasauce) zum Aufschluß von Stärke und
Proteinen
• aus Pilzen auch Gewinnung von Enzymen (Pektinasen, Amylasen,
Proteinasen, Einsatz in der Traubensaftherstellung zur
Trübungsbeseitigung und in der Leder- und Textilherstellung
• Gewinnung von Säuren A. niger: Citronensäure, Gluconsäure, A.
itaconius: Itaconsäure
• Antibiotikaproduzenten: A. fumigatus: Fumigatin, A. flavus:
Aspergillsäure
• Clavicipitales (Mutterkornpilze):
• Schlauchpilze
• Ordnung der Pyrenomyceten,
Fruchtkörper, Perithecien
charakteristisch:
flasenförmige
86
• parasitieren auf Fruchtknotenpflanzen, v.a. Wildgräser und Roggen
• Pilzmycel durchwuchert Fruchtknoten → bildet weiche, weiße Masse:
Sphacelia-Stadium
• an Mycel Bildung von Konidiosporen durch Abschnürung von
Hyphen → vegetativer Vermehrung
• Entstehung der Konidiosporen durch mitotische, erbgleiche
Zellteilung
• gleichzeitig mit Konidienbildung Abscheidung von Honigtau (süße
Flüssigkeit, die Konidiosporen enthält)
• durch Insekten Übertragung des Honigtau auf andere Pflanzen
• aus weicher Masse des Sphacelia-Stadiums Bildung des hornartig
gebogenen Sklerotium (Dauerform des Pilzes) in den Ähren
• Differenzierung zum Sklerotium, Mutterkorn → Bildung von
Alkaloiden
• Sklerotium durch Farbstoffeinlagerung (Droge: Secale cornutum) in
äußere Plektenchymschichten blauschwarz gefärbt
• Ausreifung des Getreides: Sklerotien fallen ab und überwintern im
Boden
• im Frühjahr: Entwicklung von köpfchenartigen Fruchtkörpern, in die
Perithezien eingesenkt sind
• in Perithezien Asci mit je 8 Ascosporen
• Bildung geht meiotische Kernteilung voraus
• Übertragung der Ascosporen durch Wind
• kommerziell: Züchtung auf künstlich infiziertem Roggen; Extraktion
aus dem Mycelium und Kultivierung in Fermentern; gewünschte
Verbindungen durch chemische Modifikation
• von 1 ha Roggen 200-500 g Sklerotien
• in Submerskultur Bildung von Peptidalkaloiden; Fermentationszeit:
16-20 Tage
• Basidiomyceten:
• Ständerpilze: Name von charakteristischem Sporenständer (Basidie)
abgeleitet
• in Basidie Verschmelzung zweier haploider Kerne (Karyogamie) und
sofortige Reduktionsteilung
• an Basidie Abschnürung von 4 Sporen
• Mycel: septiert Hyphen
• nach Keimung einer Basidiospore: Entwicklung des primären Mycel,
mit einkernigen Hyphen
• Zusammentreffen von +- und – -Mycel → Fusion zweier vegetativer
Zellen (Somatogamie)
• zuerst nur Verschmelzung der Protoplasten (Pasmogamie)
• aus Fusionszelle Mycelentstehung mit zweikernigen Hyphen →
daraus Heranwachsen hochorganisierter, plektenchymatischer
Fruchtköroer
• an Unterseiten der Pilzhüte Differenzierung der Basidien
• viele gehören zur Ordnung der Agaricales: Speisepilze wie Steinpilz
oder Giftpilze wie Fliegenpilz
87
• Deuteromycetes:
•
•
•
•
unvollkommenen Pilze („perfektes“ Stadium fehlt)
Pilze, deren sexuelle Fortpflanzung unbekannt ist
asexulle Vermehrung durch Konidien
Genaustausch
durch
parasexuelle
Vorgänge
(Ablauf
von
Plasmogamie, Karyogamie und Meiose, aber nicht an bestimmten
Stellen des Vegetationskörpers)
Bildung heterokaryontischer Hefen, durch Vereinigung von
Protoplasten, di verschiedene Kerntypen enthalten
Vervielfachung des in das Mycel eingeführten fremden Kerns
Ausbreitung der Tochterkerne im Mycel
gelegentlich Karyogamie oder Meiose
wichtige pathogene Arten: Dermatophyten (obligate Parasiten):
Enzyme lösen Hornhaut auf und siedeln sich in abgestorbenen
Schichten der Epidermis an Nägeln und Haaren an
Formen mit wirtschaftlicher Bedeutung: Penicillium, Aspergillus
•
•
•
•
•
•
• Trichoderma: gr. triches=Haar, derma=Haut
•
•
•
•
imperfekte Bodenhefen
starke Zellulosezersetzer
Antagonisten zu parasit. Pilzen
in Biotechnologie Abbau von cellulose- und pentosehaltigen Rohund Abfallstoffen, Gewinnung von Cellulosen
• T. polysporium bildet Cyclosporin (Polypeptid-Antibiotikum)
• Hansenula:
• echte Hefen
• rundliche oder flache Zellen, Vermehrung durch Sprossung,wachsen mit
Mycel oder Pseudomycel
• Gärungsstoffwechsel
• Vorkommen auf Früchten
• in südlichen Weinen Sherry oder Portwein wachsen auf der Oberfläche
(=Kahmhefen), sind für Spätgärung bedeutsam
• in Biotechnologie zur Citronensäure-, Aminosäure- oder Fettproduktion
• als Oberflächenfilme auf gesäuertem Gemüse oder als Kreideschimmel
auf dunklem Brot
88
Viren, Virionen und Phagen
Viren
sind
ursprünglich
als
submikroskopische
Erreger
von
Infektionskrankheiten charakterisiert worden. Sie sind die kleinsten
Einheiten, die die Fähigkeit zur identischen Reduplikation aufweisen. Viren
zählen zu den dissipativen Strukturen.
Viren werden unter verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt.
Bei einem teil der Viren werden von der Wirtszelle einzelne Komponenten
der Zellmembran zum Bau einer Hülle übernommen. Nach der Natur der
Nucleinsäuren unterscheidet man in DNA- und in RNA-Viren (Viriode),
wobei sowohl die DNA als auch die RNA entweder als Einzelstrang- oder
als Doppelstrangmolekül vorliegen können.
Die Nucleinsäure ist alleinig das infektiöse Agens. Sie verleiht den Viren die
Fähigkeit zur identischen Reduplikation.
Sie trägt ferner die Information für Virusproteine, darunter auch für Enzyme,
vor allem DNA- und RNA-Polymerasen, die für die Virusvermehrung von
größter Bedeutung sind.
Die Größe des Genoms ist dabei sehr unterschiedlich, es reicht von einer
einfachenSandwhich-Struktur aus wenigen Nucleotiden, z.B. das Genom
einer Bakteriophage bis hin zu Genomen mit 150 Genen bei den T4Phagen von E. coli und 240 Genen wie beim Pockenvirus.
Unter den tierischen Viren sind Infektionserreger wie das Grippe-Virus,
onkogene Erreger wie Leukämie-Erreger.
Soweit Viren RNA enthalten, werden sie Retroviren genannt.
Viroide nennt man Viren, die pflanzenpathogen sind. Sie bestehen lediglich
aus einem RNA-Molekül unterschiedlicher Länge, das zu einem Ring
geschlossen ist.
Viriod bedingte Krankheiten sind bisher nur für Pflanzen bekannt.
Aktuell wird über die Möglichkeit der Viriodinfektion im Zusammenhang mit
der Creutzfeld-Jacob-Krankheit (vgl. Rinderwahn und BSE) diskutiert.
Obwohl die Viren sehr gut untersuchte Strukturen sind, sind im Einzelfall
noch sehr große Wissenslücken zu beklagen, was nicht zuletzt daran liegt,
das Viren aufgrund ihres geringen Differenziertheitsgrades und der
Fähigkeit der Autoreduplikation sich ständig verändern können bzw. neu
entstehen. Das Genpotential ist ungeheuerlich groß.
Telegramm
Als infektiöse Viren sind die Influenenza-Viren, die sich periodisch
verändern und periodisch die Grippe-Erkrankung mit zum Teil
dramatisch veränderten Symptomen hervorrufen. Das InfluenezaVirus, das Ende des Ersten Weltkrieges die sogenannte
Spanische Gruppe hervorrief, forderte mehr Todesopfer als der
ganze Krieg.
Grippe-Viren tragen eine Neuroamidase (Enzym), die das
Eindringen der DNA in die Zelle möglich macht. Grippe-Viren
haben neben der DNA noch zusätzlich acht helicale
Ribonucleoproteine.
Das Pocken-Virus hat insbesondere im 18. und 19.Jahrhundert
eine große Anzahl von Leben zerstört. Hier erfolgte die Infektion
89
über ein Tier, die Kuh.
Das Entstehen von Tumoren geht ebenfalls häufig auf virösen
Befall zurück. Von diesen Tumor-Viren ist bereits eine große
Anzahl bekannt. Der das menschliche Immunsystem
schwächende HIV-Virus, der die Immunschwäche AIDS hervorruft
hat in seinem Genom sieben codierende Abschnitte. Diese
Abschnitte sind so konfiguriert, daß eine Vielzahl an Möglichkeiten
der Reduplikation realisiert werden können. Das ist unter anderem
auch die Schwierigkeit der medikamentösen Behandlung und
Heilung. Die Zahl der Wahrscheinlichkeiten ist zu groß.
Zelluläre Onkogene sind dadurch gekennzeichnet, daß sie eine
ähnliche Wirkung wie die viralen Onkogene haben.
Diese Proteine kontrollieren direkt die Genexpression der Zellen,
d.h. auch an der malignen Entartung von Wachstums- und
Differenzierungsprozessen sind sie beteiligt.
Zum anderen wirken Virusproteine als Antigene, d.h. es werden
spezifische Antikörper gebildet.
Man bezeichnet diesen Vorgang als Immunitätserwerb. Der Körper
ist dann gegen eine nochmalige Infektion mit den entsprechenden
Erreger immun. Beispiele hierfür sind das Maser- und das
Windpocken-Virus. Nach eine Infektion mit Viren kann der Körper
Proteine abgeben, welche die Zellen befähigen, sich gegen die
Virus-Infektion zu schützen. Diese Substanzen, die mit der
Virusinfektion interferieren, werden als Interferone bezeichnet.
Viren haben einen grundsätzlich anderen Aufbau und eine grundsätzlich
andere Vermehrung als andere Mikroorganismen. Ihre grundlegenden
Eigenschaften sind:
• enthalten nur einen Typ von Nukleinsäure: DNA oder RNA →
Unterscheidung von DNA- und RNA-Viren
• sind Partikel aus Nukleoproteinen; einige kristallisierbar; besitzen
weder Organelle wie Mitochondrien, Ribosomen noch verfügen sie
über Enzymsysteme zur Energiegewinnung → sind zur
Energiegewinnung und Vermehrung auf Stoffwechselapparat einer
Wirtszelle angewiesen → obligate Parasiten, die sich nur in
lebenden Zellen vermehren können
• Vermehrung nicht durch Wachstum und anschließende Teilung;
unter Ausnutzung des Stoffwechselapparates der Wirtszelle
getrennte Synthese von der einzelnen Virusbestandteile
Nukleinsäure und Proteine; danach Zusammenlagerung zum
fertigen Viruspartikel, zum Virion
• Begriff „Virus“ hat Doppelbedeutung: 1. Partikel aus Nukleinsäure,
Proteinen und eventuell aus Lipiden, 2. infektiöses Agens, das nur aus
der Nukleinsäure bestehen kann
• Beschreibung des kompletten Viruspartikel als Virion
• Studium der Viren hat zum Fortschritt der Biochemie und
Molekularbiologie beigetragen: Entdeckung der messenger-RNA
90
• Viren auch aus anderen Gründen interessant:
• Die Virenvermehrung dient als Modell für die zelluläre
Entwicklung, da aufeinanderfolgende Expression von Genen und
Vereinigung von Makromolekülen zu hoch geordneten Strukturen
erforderlich, Wert der Viren als Modelle auch aufgrund der
geringen Anzahl von Genen, der großen Geschwindigkeit der
Vermehrung und der guten Durchführbarkeit genetischer Analysen
• Untersuchung liefert Einblick in Evolutionsprozesse und WirtParasit Beziehungen
• können in empfänglichen Tieren Krebs verursachen
Größe und Geometrie
• Größe zwischen 300 und 30 nm
• wesentlich kleiner als Bakterien
• Pockenviren am größten (300 * 240 nm), die kleinsten sind die
Picornaviren 20-3 nm (Gruppe kleiner pico RNA rna Viren, RNA von
ikosaedrischer Proteinhülle umgeben, Bsp.: Poliovirus, Rhinovirus
(Schnupfen), Virus der Maul- und Klauenseuche)
• verfügen über erstaunliche strukturelle Vielfalt
Stoffliche Zusammensetzung
• bestehen aus Nukleinsäure, Proteinen und in manchen Fällen aus
Lipiden und Glykoproteinen
• Nukleinsäure:
• DNA oder RNA sind Träger der genetischen Information
• nach Typ der Nukleinsäure Unterscheidung von DNA- und RNA-Viren
• niemals gemeinsames Vorkommen beider Nukleinsäuretypen in einem
Viruspartikel
• DNA der DNA-Viren i.d.R. aus doppelsträngigen, linearen DNAMolekülen, nicht segmentiert; Bsp.: Pockenviren, Herpesviren
• bei Papovaviren doppelsträngige DNA ringförmiges Molekül, wird als
Vektor bei gentechnologischen Experimenten an tierischen und
menschlichen Zellen genutzt
• Parvoviren: einzige vermehrungsfähige Partikel, die einsträngige DNA
besitzen
• RNA der RNA-Viren in der Regel einsträngig
• in vielen Fällen segmentiert, d.h. im Virion in mehreren Einzelsträngen
• z.B. Grippeviren: 8 Einzelstränge → biolog. Besonderheiten dieser
Viren: genetische Instabilität: Folge: ständige Modifikation der
Impfstoffe erforderlich
• doppelsträngige RNA: Reoviren
• Folge des unterschiedlichen Baus: unterschiedliche Strategien bei der
Vermehrung
• Nukleinsäuren können infektiös wirken, mitunter aber nur wenn sie
gemeinsam mit viruseigenen Polymerasen in die Wirtszelle gelangen
• eigene Polymerasen: Pockenviren
91
• Proteine:
• Bestandteil aller Virionen
• umhüllen Nukleinsäure als Mantel (Kapsid)
• spezielle Anordnung der Bausteine des Kapsids, der Kapsomeren →
Form der Virionen
• Proteine des Kapsids besitzen antigene Eigenschaften
• Lipide:
• bei Viren der Nukleokapsid von Lipidhülle (Envelope) umgeben ist,
nicht bei allen Viren
• stammen aus der Kern- bzw. Cytoplasmamembran der Wirtstzelle
• Lipidhülle enthält virusspezifische Glykoproteine, die Antigenstrukturen
der umhüllten Viren tragen
• Lipidhülle bei Influenza-, Mumps- und Herpesviren
Bau
• Grundbausteine der Virionen nach unterschiedlichen Bauprinzipien
organisiert
• Unterscheidung von Viren mit kubischer Symmetrie, mit helikaler
Symmetrie und Viren mit komplexem Aufbau
• prinzipiell: Nukleinsäure umgeben von Proteinmantel, dem Kapsid
• Zusammensetzung des Kapsids aus Untereinheiten, den Kapsomeren
• Kapsomere aus einem oder mehreren Polypeptiden
• je nach Anordnung der Kapsomeren hat Kapsid Ikosaederform, d.h. folgt
kubischer Symmetrie oder Form eines schraubig gewundenen
Stäbchens (helikale Symmetrie) Folie Bau der Viren
• Nukleinsäure und Proteine bilden Kapsid, das bei einigen Virusarten von
Außenhülle umgeben sein kann
• Außenhülle aus Lipiden und Glykoproteinen
• umhüllte Viren weisen auch kubische oder helikale Symmetrie auf
• manche Viren (Pockenviren) komplexere Struktur: Nukleinsäure von
mehreren Hüllen umgeben, eigentliches Kapsid nicht klar erkennbar
• Bau und Organisation von Viren Bsp.: Retrovirus (kubisch gebautes
RNA-Virus mit Lipidhülle (Folie Retrovirus)
• RNA aus ca. 8000 Nukleotiden, an deren Enden sich
Erkennungssequenzen befinden (E)
• RNA trägt außerdem noch drei Gene: gag, pol, env
• gag: wird als Polyprotein translatiert und anschließend in 4 Proteine
zerschnitten, die Bestandteil der inneren Virusstruktur sind
• pol: Gen für RNA abhängige DNA-Polymerase, Polymerase ist
Bestandteil des Ribonucleotidkomplexes im Innern des Virions
• env: codiert für zwei in die Lipidhülle des Virions eingelagerte Proteine
• im Innern des Virions 2 RNA-Moleküle mit t-RNA der Wirtszelle
assoziiert und Proteinen als Ribonukleotidkomplex, außerdem noch
weitere 40 Polymerase-Moleküle
92
• Ribonukleotidkomplex von Kapsid umgeben, das von Proteinen
gebildet werden, die das gag-Gen codiert
• zum Ausschleusen aus der Zelle legt sich Virus an die Innenseite der
Cytoplasmamembran, die sich nach außen stülpt und als Hülle das
Virus umschließt
• an Stelle der Cytoplasmamembran, an der die Ausschleusung erfolgt,
werden vorher zelleigenen Proteine ausgebaut und durch viruseigene
Proteine des env-Gens ersetzt (Glykoproteine, die äußere
Antigenstrukturen des Virions beinhalten)
Vermehrung von Viren
• Vermehrung nur in lebenden Zellen möglich, da auf deren Stoffwechsel
angewiesen
• besitzen zwar z.T. sehr spezifische eigene Enzyme, die zur Vermehrung
unbedingt erforderlich, aber Energiestoffwechsel und Strukturen und
Enzyme für Proteinbiosynthese fehlen
• fehlende Strukturen werden von der Wirtszelle geborgt
• Einteilung der Virusvermehrung in folgende Stadien:
− Adsorption
− Penetration
− Freisetzung von Nukleinsäure
− Synthese von Virusproteinen und Replikation der Virusproteinsäure
− Zusammenbau der neusynthetisierten Virusbausteine, „Reifung“ der
Viren
− Ausschleusung der neugebildeten Viren
• Adsorption:
Infektion einer Zelle mit einem Virus beginnt mit Bindung des Virions an
Rezeptoren der Cytoplasmamembran.
• sehr spezifischer Vorgang, nicht alle Viren infizieren alle Zellen
• An- und Abwesenheit spezifischer Rezeptoren entscheiden über
Zellspezifität des Virus
• Rezeptoren an der Oberfläche des Virions müssen spezifische
Wechselwirkungen mit Rezeptoren an der Oberfläche der Wirtszelle
eingehen
• Rezeptorstrukturen in den Glykoproteinen der Lipidhülle oder den
Proteinen des Kapsids lokalisiert
• Wirtsspektrum isolierter Virusnukleinsäure wesentlich breiter als des
Virions (Poliovirus kann nicht in Hühnervibrioblasten eindringen und
sich darin vermehren, da spezifische Rezeptoren fehlen; isolierte
Poliovirus-RNA wird dagegen von Hühnervibrioblasten aufgenommen
und daraus komplette Polioviren gebildet)
• Penetration
§ adsorbiertes Virus muß in die Zelle aufgenommen werden
• Aufnahme aktive energieverbrauchende Leistung der Zelle
93
• zwei Möglichkeiten der Aufnahme: Phagocytose (Viropexis) und
Membranfusion (Folie Penetration und Endocytose)
• Viren mit Lipidhülle gelangen nach Fusion ihrer Lipidhülle mit der
Cytoplasmamembran in die Wirtszelle
• Nukleoproteid durch die Membranfusion in das Cytoplasma der
Wirtszelle geschleust
• Aufnahme von Viren ohne Lipidhülle in der Regel durch Phagocytose
• Freisetzung der Nukleinsäure
• erfolgt nach oder im Laufe der Penetration
• Trennung der Virusnukleinsäuren von den Proteinen des Kapsids
→ „uncoating“
• Abbau der Kapsidproteine in der Zelle durch lysosomale Enzyme
• nach diesem Vorgang im Elektronenmikroskop keine Viruspartikel
mehr sichtbar
• alle
folgenden
Prozesse
der
Virusvermehrung
bis
zur
elektronemikroskopisch sichtbaren Viruspartikel auch als Eklipse
bezeichnet
• während Eklipse entscheidende Synthesen von Virusnukleinsäure und
Virusproteinen in der Zelle
• Synthese von Virusproteinen und Replikation der Virusnukleinsäure
• in diesem Stadium Unterschiede zwischen DNA- und RNA-Viren
• Viren mit doppelsträngiger DNA folgen dem allgemeinen Weg der
Übertragung genetischer Informationen (Folie Vermehrung eines
DNA-Virus mit doppelsträngiger DNA)
• freigesetzte Virus-DNA dient als Matrize zur Synthese der m-RNA
• virale m-RNA assoziiert sich mit Ribosomen der Wirtszelle, dadurch
Bildung von virusspezifischen Proteinen, sogenannten Frühproteinen
(Enzyme, die zur Reduplikation der Virus-DNA benötigt werden, DNAPolymerasen)
• Frühproteine mitunter auch Proteine, die den wirtszelleigenen
Stoffwechsel blockieren oder auch andere virusspezifische Enzyme
(Herpesvirus: Thymidinkinase, die wesentlich ist für die Wirkung von
Virustatika)
• mit Synthese der Frühproteine einsetzen der Replikation der VirusDNA
• gleichzeitig Bildung von Spätproteinen unter erneuter Transkription der
m-RNA (Spätproteine: Strukturproteine des Kapsids)
• bei RNA-Viren sehr unterschiedliche Strategien der Virusvermehrung
• abhängig, ob RNA selbst als m-RNA fungieren kann, ob erst
komplementäre m-RNA transkribiert werden muß oder ob wie bei
Retroviren DNA-Stufe zwischengeschaltet ist
• Polioviren:
• einsträngige virale RNA besitzt selbst Botenfunktion, d.h. ⊕-Polarität
94
• eingedrungene RNA kann unmittelbar an Ribosomen der Wirtszelle
assoziieren
• zunächst Translation eines großen Proteins, das enzymatisch in
Virusproteine geschnitten wird
• zur Replikation der Virus-RNA zunächst Bildung eines RNA-Stranges
mit - -Polarität, an dem RNA-Moleküle mit ⊕-Polarität transkribiert
werden
• wesentlich: mit der Bildung des komplementären RNA-Stranges liegt
virale RNA als doppelsträngiges RNA-Molekül vor
• dieses Molekül induziert in der Wirtszelle Interferonbildung
• in Zellen mit Interferonschutz löst doppelsträngige RNA Vorgänge aus,
die weitere Virusvermehrung blockieren
• Rhabdoviren: (z.B. Tollwuterreger)
• eingedrungene Virus-RNA hat - -Polarität → kann nicht als m-RNA
fungieren
• bleibt auch nach dem Uncoating mit einem Teil der viralen Proteine
verbunden, da vermutlich Information nur aus helikal gewundener
Struktur des Nukleokapsids ablesbar
• Transkription der RNA mit ⊕-Polarität durch viruseigene Polymerase
→ m-RNA
• Replikation der --RNA, die in Virionen eingebaut wird,
doppelsträngiges Stadium von ⊕- und --RNA
• auch hier Doppelstrang Signal für die Bildung von Abwehrreaktionen
der Wirtszelle
• Retroviren: (Leukämieviren, AIDS-Viren, Viren, die Tumorbildung
auslösen)
• RNA der Retroviren durch viruseigene, mit in die Wirtszelle
eingebrachte
DNA-Polymerase,
reverse
Transkriptase
zu
doppelsträngiger ringförmiger DNA transkribiert
• diese im Cytoplasma gebildeten ringförmigen DNA-Moleküle gelangen
in den Zellkern, wo sie in die DNA des Wirtsgenoms eingebaut wird →
wesentlicher Vorgang zur Transformation einer Zelle, kann zu
Tumorwachstum führen
• Entdeckung der reversen Transkriptase eröffnete Möglichkeit beliebige
RNA in DNA zu transkribieren → Gensynthese in der Gentechnologie
• Kenntnis der unterschiedlichen Vermehrungsstrategien von Viren ist
Voraussetzung für Suche nach spezifisch wirkenden Virustatika sowie
das Verstehen von zellulären Abwehrmechanismen
• außerdem
Aufschluß
über
molekulare
Grundlage
der
Zelltransformation und schließlich wichtige Werkzeuge (reverse
Transkriptase) für die Gentechnologie
• Entdeckung der reversen Transkriptase klärte auf, daß der
Informationsfluß auch von RNA zu DNA und nicht nur umgekehrt
möglich
95
• Zusammenbau der neusynthetisierten Virusbausteine, „Reifung“
der Viren
• unabhängig von der Vermehrungsstrategie werden getrennt gebildete
Nukleinsäuremoleküle und Kapsidproteine durch Selbstaggregation zu
fertigem Virion zusammengefügt
• Viren mit kubischer Symmetrie: Bildung leerer Kapside, in die
Nukleinsäure eingebaut wird
• Zusammenbau der Virusproteine zu Kapsomeren und deren
Zusammenlagerung zu Kapsiden unter Zuhilfenahme ordnender
Hilfsstrukturen und energiereicher Bindungen
• neugebildete Viren in der Zelle mit dem Elektronenmikroskop sichtbar
→ Phase der Eklipse beendet
• aus
einem
Molekül
Virusnukleinsäure
könne
in
einem
Vermehrungsvorgang Hunderte bis Tausende neuer Viren entstehen
• Vermehrung von Polioviren, Pocken: im Cytoplasma; Herpesviren u.a.
im Zellkern
• Ausschleusung der neugebildeten Viren
• Ausschleusung von Viren ohne Lipidhülle durch Exocytose oder
Akkumulation in der Wirtszelle bis zu deren Lyse
• Viren mit Lipidhülle: Lipidhülle: virusspezifisch veränderte Biomembran
der
Zelle,
entweder
Kernmembran
(Herpesviren)
oder
Cytoplasmamembran (Influenzaviren)
• Lipide der Hülle stammen von Biomembran der Wirtszelle, Proteine
virusspezifisch und werden in die Membran neu eingebaut
• an den Stellen an den reifes Virus aus der Zelle ausgeschleust wird
werden die wirtszelleigenen Proteine aus der Membran ausgebaut und
durch viruseigene ersetzt
• Nukleokapsid verbindet sich mit der an der Innenseite veränderten
Membran und bewirkt deren Ausstülpung
• schließlich löst sich ausgestülpter Membranteil ab und schließt sich als
Hülle um das Nukleokapsid
Zusammenfassung
• Viren sind Partikel aus Nukleoproteinen
• besitzen keine zelluläre Organisation und verfügen nicht über eigene
Enzymsysteme zur Energiegewinnung
• zur Vermehrung auf den Stoffwechsel von Wirtszellen angewiesen
• obligate Zellparasiten
• Größe zwischen 30 und 300 nm
• nur ein Typ von Nukleinsäuren, entweder DNA oder RNA
• in vielen Fällen wirkt Nukleinsäure allein infektiös
• manche Viren von Hülle aus Lipiden umgeben (Influenza- und
Herpesviren)
96
• nach Aufbau Unterscheidung von kubisch und helikal gebauten Viren
• Pockenviren haben komplexere Struktur
• Vermehrung nur in lebenden Zellen möglich
• Absorption des Virus an der Zelloberfläche durch spezifische
Erkennungsprozesse
• Einschleusung erfolgt über unterschiedliche Mechanismen
• in der Zelle Freisetzung der Nukleinsäure, die schließlich ihre eigene
Vermehrung und die Bildung von Enzymen und Kapsidproteinen steuert
• neugebildete Moleküle von Virusnukleinsäure und Kapsidproteinen zu
neuen Viren assoziiert
• Freisetzung der neuen Viren durch Lyse der Wirtszelle oder durch
Endocytosevorgänge
3.2
Mikroorganismen als Leistungsorganismen
Mikroorganismen finden als Leistungsorganismen vor allem in der
Biotechnologie Verwendung.
Die Biotechnologie hat mit Beginn der 60er Jahre eine weltweite
Entwicklung erfahren. Sie hat sich als eine umfassende Nutzung
biologischer Prinzipien für weitgefächerte Produktionszweige etabliert. Im
Vergleich zu anderen, herkömmlichen, Industrietechnologien ist sie eine
sehr junge Technologie, die erst 1989 von der Europäischen Förderation
definiert worden ist. Derzeit stellt sie den in der Wirtschaft am stärksten
expandierenden Sektor dar. In ihren Entwicklungsraten liegt sie deutlich
noch vor der Medienindustrie.
Die Biotechnologie ist ein Fachgebiet, das sich mit der Nutzung biologischer
Prozesse im Rahmen technischer Verfahren für industrielle Produktionen
und Dienstleistungen befaßt. Sie schließt die Nutzung biologischer
Techniken, insbesondere molekular-biologischer Methoden, für die
medizinische Diagnose und Therapie ein.
Biotechnologische Verfahren beruhen gegenwärtig vor allem auf der
Nutzung von Mikroorganismen (MO).
Die Biotechnologie ist ein interdisziplinäres Fach, das durch die integrative
Nutzung der Erkenntnisse der Biowissenschaften ( Mikrobiologie,
Biochemie, Zellphysiologie, Genetik etc.), der Verfahrenstechnik
(mechanische VT, thermische VT, chemische VT), der Technischen
Chemie und weiteren Wissenschaftsdisziplinen gekennzeichnet ist.
Immanenter Bestandteil von biotechnologischen Verfahren sind Meß-,
Steuer- und Regeltechnik. Biotechnologie ist heute ohne computergestützte
Prozessführung nicht mehr denkbar. Als Basistechniken der Biotechnologie
gelten Zellkulturtechnik, Enzymtechnik, Gentechnik, Proteintechnik und
Immuntechnik. Diese Techniken werden in die technischen Verfahren
integriert bzw. für deren Entwicklung genutzt.
Biotechnologische Verfahren lassen sich klassifizieren nach der Art des
Sytems, dessen katalytische Aktivität, die Grundlage der Stoffumwandlung
ist, und nach dem Ziel, das das jeweilige Verfahren erreichen will.
97
Biotechnologische Verfahren werden seit der Menschheitsgeschichte von
Menschen genutzt. Sie haben eine weitzurückreichende Historienentwicklung.
Technisch nutzbare MO werden aufgrund ihrer biotechnologisch relevanten
Eigenschaften und Merkmale ausgesucht und ihr Leistungsvermögen
genutzt. Das Leistungsvermögen eines MO ergibt sich aus den spezifischen
cytologisch-morphologischen
und
physiologisch-biochemischen
Eigenschaften.
Diese Eigenschaften haben sowohl Vorteile als auch Nachteile in Hinblick
auf die Prozessführung.
Vorteile sind u.a. hohe Vermehrungsgeschwindigkeiten und Bildung großer
Mengen an Biomasse, vielfältige Synthese und Abbauleistungen bei
intensivem Substratumsatz, Normalbedingungen für die Prozessführung,
hohe Spezifikation von Stoffwechselprodukten. Nachteile sind äußerste
Empfindlichkeit gegenüber von Milieubedingungen, genetische Instabilität,
Hemmung des Stoffwechsels durch Stoffwechselendprodukte, hoher
Aufwand an Meß-, Steuer- und Regelungstechnik.
Technisch eingesetzte MO sind derzeit vor allem Bakterien, vegetative
Zellen mit Endosporen, Hefezellen, Viren und Phagen. Darüber hinaus
kommen zunehmend Enzyme, Design-Proteine und selektierte zellulare
Strukturen mit spezifischen Eigenschaften zum Einsatz.
Von großer Bedeutung für den biotechnologischen Prozess sind Wachstum
und Vermehrung. Entscheidend sind dabei für das biotechnologische
Verfahren die Fähigkeit zur Kolonie- bzw. zur Populationsbildung.
Die stoffwechselphysiologische Aktivität der MO wird maßgeblich durch das
Oberflächen-Volumen-Verhältnis bestimmt.
Die für das Wachstum der MO bereitzustellenden Substrate müssen die
Elemente vorrätig halten, die der MO für seine Proteinbiosynthese braucht.
Elementare Zusammensetzung der MO und Substratzusammensetzung
stehen in einem unbedingten Zusammenhang. Während die Bakterien sich
durch einfachen Zellteilung, in der Regel Querteilung, vermehren,
unterscheidet man bei den Pilze in sexuelle und in asexuelle Vermehrung.
Pilze können dimorph sein. Der Dimorphismus kann ontogenetisch aber
auch umweltbedingt sein.
Die sexuelle Vermehrung von Pilzen erfolgt über Plasmogamie,
Karyogamie und Meiose.
Pilze können monözisch und diözisch sein. Man unterscheidet in
homothallische und heterothallische Pilze.
Biotechnolgisch relevante Bakterien sind u.a. Lactobacillus, Leuconostoc,
Streptococcus, Acetobacter, Escherichia, Pseudomonas, Zymomonas
Clostridium, Thiobacillus, Cyanobakterium, Streptomyces, Nocardia,
Methanobacterium, Methanosarcina, Sulfolobus.
Biotechnologische relevante Pilze sind u.a. Rhizomucor, Rhizopus,
Saccharomyces, Hansenula, Claviceps, Gibberella, Aspergillus, Penicillium,
Trichoderma, Candida, Torula.
Als Viren seien genannt Kern-Polyederviren (Baculovirus), Picorna-Viren,
Polio-Viren.
98
Weiterfpührende Informationen zu technisch relevanten MO sind der
Arbeitsblattsammlung zu entnehmen
Die physiologische Aktivität der MO ist maßgeblich abhängig von den
Millieufaktoren Wasseraktivität, pH-Wert, Redoxpotential, Temperatur und
Druck. Die Wasseraktivität ist über den sogenannten aw _-Wert definiert, der
die tatsächliche Menge an Wasser statiert, die ein MO für seine
physiologische Aktivität braucht. Jeder MO hat einen minimalen aw -Wert,
bei dem gerade noch eine Entwicklung des MO möglich ist. Eine
Erniedrigung des Wertes bedeutet Wachstumshemmung.
Die Empfindlichkeit der MO gegenüber niedrigen aw -Werten ist sehr
unterschiedlich.
Jede Zelle muß den intrazellulären pH-Bereich aufrecht erhalten. Der
Toleranzbereich der Bakterien und der Pilze gegenüber dem pH-Wert ist
dabei sehr weit gesteckt.
Einer Erniedrigung des pH-Wertes des Mediums wird z.B. durch
Ausscheiden und Bildung sauer reagierender Metabolite sowie durch
Abgabe von Protonen entgegengewirkt. Auch N-Quellen können infolge
einer Verwerfung des Stoffwechsels in der Zelle den pH-Wert drastisch
verändern.
Eine indirekte Wirkung besteht auch auf die Permeabilität der Zellwand/membran, die pH-abhängig ist in Hinblick auf Säuren. In Abhängigkeit vom
pH-Wert bewirken undissoziierte und schwach dissoziierte Säuren eine
stärkere Wachstumshemmung als dissoziierte.
Die Toxizität von Stoffen ist ebenfalls pH-Wert abhängig. Unter dem Einfluß
von pH-Wert Änderungen können große Mengen an toxischen
Verbindungen entstehen. Häufig verändern die vom MO ausgeschiedenen
Stoffwechselprodukte den pH-Wert des Millieus. Die Statierung des pHWertes spielt bei biotechnologichen Prozessen eine zentrale Rolle.
Redoxpotentiale sind Summenpotentiale, die sich aus den in inem System
ablaufenden Reduktions- und Oxidationsreaktionen ergeben. Das
Redoxpotential
genügt
der
Nernstschen-Gleichung
und
ist
aktivitätsabhängig. Der aus der Nernstschen-Gleichung abgeleitete rH2Wert charakterisiert alle möglichen Redoxbedingungen für wäßrige
Lösungen aller möglichen Sättigungsgrade mit Wasserstoff und Sauerstoff
bzw. die Richtung der Elektronenverschiebung.
Durch Redoxpotentialstatierung können hohe Stoffwechselaktivitäten in
biotechnologischen Verfahren gewährleistet werden. Andereseits dient die
Erfassung der Kontrolle des Prozesses.
Der Temperaturbereich, in dem MO ohne Schädigung wachsen, wird als
biokinetischer
Temperaturbereich
bezeichnet.
Er
umfaßt
drei
Kardinalpunkte: T min, Topt und Tmax.
Für den suboptialen Bereich gilt eine auf die Bedingungen zugeschnittene
modifizierte Arrhenius-Gleichung.
Im Bereich superoptimaler Temperaturen wird bereits Wachstumshemmung
durch Desaktivierung oder ggf. Denaturierung bewirkt. Bei thermotoleranten
MO liegt Topt im oberen mesophilen Bereich.
Die Temperaturempfindlichkeit ist auch vom Substrat abhängig.
Thermostabilität kann durch Zusatz von Agenzien erreicht werden.
99
Der Temperaturstatierung kommt eine zentrale Rolle in der Biotechnologie
zu.
Viren und Phagen können als biotechnologisch nutzbare MO zum Einsatz
kommen. Häufig treten sie aber als Störkomponenten in biotechnologischen
Prozessen auf. Die Vermehrung von virulenten Viren und Phagen führt zur
Lyse einer Wirtszelle. Dieser cytopathogene Effekt bewirkt die Ausbildung
sogenannter Plaques auf den MO-Kulturen.
Bei Hefen tritt häufig das sogenannte Killerphänomen auf. Hefen (vor allem
Saccharomyces, Candida, Picha, Hansenula, u.a.) bilden Killertoxine.
Killerstämme enthalten virusähnliche Partikel (Genome) , die in der Lage
sind in Folge eine RNA-Replikation, Killertoxine zu bilden. Killertoxine sind
Polypeptide bzw. Glucoproteine, die vorwiegend extrazellulär wirksam sind.
Sie sind relativ instabil.
Sie wirken vorwiegend gegen eukaryotische Zellen.
Ein bedeutende Rolle bei der Findung geeigneter MO für biotechnologische
Prozesse und Verfahren spielt die Gentypoptimierung. Ziel dieser
Optimierung ist die Leistungserweiterung des MO. Man unterscheidet dabei
in Erzeugung von Mutationen und Rekombinationen, in Protoplastenfusion,
in Plasmid- und Troposomentechnik und in Gentechnik. Darüber hinaus
werden Stammselektion und Stammoptimierung genutzt, neue
leistungsfähige MO zu finden und zu nutzen.
Spezielle Stoffwechselprozesse, die von MO in Hinblick auf in
gewünschtes Produkt ausgeführt werden, sind der weiterführenden
Fachliteratur bzw. dem Praktikumsscript entnehmen.
Im Praktikumsskript sind enthalten:
§
§
§
§
§
§
§
§
die Gewinnung von Streptomycin mit Hilfe von MO
die Gewinnung von Penicillin mit Hilfe von MO
die Gewinnung von Ethanol mit Hilfe von MO
die Gewinnung von Milchsäure mit Hilfe von MO
die Konservierung von Lebensmitteln mit Hilfe von MO
die Ausnutzung der Stoffwechselaktivität von MO beim
vorbereitenden Backprozeß
die Gewinnung von Proteasen über MO
Gewinnung von Biomasse (Basidiomyceten)
100
Begriffsdefinitionen
1. Biosphäre: Gesamtheit der lebenden Materie auf und in der Erde, in der
See und der Atmosphäre:
2. Konfiguration: Anordnung der Substiuenten um ein asymmetrisches CAtom herum.
3. Konformation: dreidimensionale
Makromoleküls
Anordnung
und
Form
eines
4. Denaturierung: Partielle oder vollständige Entfaltung der spezifischen
nativen Konfiguration der Polypeptidkette eines Proteins.
5. Renaturierung: Wiederauffaltung eines entfalteten globulären Proteins.
6. Amphiphatische Verbindungen: Verbindung, die sowohl polare als auch
unpolare Regionen enthält.
7. Chirale Verbindungen: Verbindungen mit einem asymmetrischen
Zentrum, die in Form zweier spiegelbildlicher , nicht deckungsgleicher
Isomeren vorkommen können.
8. Enantiomere, Spiegelbildisomere, optische Antipoden: Isomere, die sich
spiegelbildlich gleichen, aber nicht miteinander in Deckung gebracht
werden können.
9. Diastereoisomere: Paar von Stereoisomeren, die in Bezug auf ein
zweites asymmetrisches Zentrum isomer angeordnet sind. Für jedes
der beiden Isomeren hinsichtlich des ersten asymmetrischen Zentrums
existiert ein solches Paar von Diastereoisomeren.
10. Anomere: zwei Stereoisomere eines gegebenen Zuckers, die sich nur
in der Konfiguration um das Carbonyl- (anomerische) Kohlenstoffatom
unterscheiden.
11. Links- (rechts-)drehendes Isomeres: Isomeres,
polarisierten Lichts nach links (rechts) dreht
das
die
Ebene
12.Grundzustand: stabile Form eines Atoms oder Moleküls
101
13.Angeregter Zustand: Energiereicher Zustand eines Atoms oder
Moleküls, der auftritt wenn ein Elektron aus seinem stabilen Orbital auf
ein Orbital höherer Energie angehoben wird; z.B. infolge von
Strahlungsabsorption
14.hydrophil: wasseranziehend; bezieht sich auf Moleküle oder Gruppen,
die mit Wasser chemisch reagieren oder sich mit physikalisch
assoziieren können.
15.hydrophob: wasserabstoßend; bezieht sich auf unpolare Moleküle oder
Gruppen, die nicht in Wasser löslich sind
16.Biomolekül: organische Verbindung, die als essentielle Verbindung in
lebenden Organismen vorkommt.
17.Bausteinmolekül: Molekül, das strukturelle Einheit eines biologischen
Makromoleküls darstellt. z.B. Aminosäure, Zucker, Fettsäure
18.Metabolit: chemisches Zwischenprodukt, das bei enzymkatalysierten
Reaktionen im Stoffwechsel entsteht.
19.Antibiotikum: von lebenden Zellen gebildete oder aus ihnen oder ihren
Stoffwechselprodukten isolierte, reproduzierbare Substanz oder ihre
Derivate, die hemmende, statische, degenerative, lytische, abtötende
Wirkung gegen pflanzliche oder tierische Mikroorganismen haben. Sie
besitzen keinen Enzymcharakter und wirken in geringer Konzentration.
Auf die erzeugende Mikroorganismenart üben sie keine Wirkung aus.
Insgesamt handelt es sich um eine außerordentlich heterogene Gruppe
von Naturstoffen. Die unsachgemäße Anwendung von Naturstoffen kann
zur Entwicklung resistenter Stämme führen.
20.Antigene: Molekül, das die Fähigkeit besitzt, bei Vertebraten die
Synthese eines spezifischen Antikörpers zu induzieren.
21.Antikörper: Abwehrproteine, die der Körper höherer Organismen nach
dem Kontakt mit Antigenen bildet. Sie besitzen spezifische
Bindungseigenschaften für das Antigen, das die Bildung ausgelöst hat.
Ihre biologische Bedeutung besteht in der Neutralisierung schädlich
wirkender Antigene.
22.Alkaloide: Gruppe sekundärer Naturstoffe in Pflanzen, Tieren und
Mikroorganismen;
enthalte
Stickstoff
in
Ringbindung;
starke
physiologische
Wirkungen;
Name
aufgrund
der
alkalischen
Eigenschaften; Biogenese aus Aminosäuren
23.Endokrine Drüsen: Zellgruppen, die auf die Synthese von Hormonen und
deren Exkretion ins Blut spezialisiert sind, wodurch andere Arten von
Zellen reguliert werden.
102
24.Endergonische Reaktion: chemische Reaktion mit positiver Änderung
der freien Energie; eine „Aufwärts“-Reaktion, bei der freie Energie
verbraucht wird.
25.Exergonische Reaktion: chemische Reaktion, mit negativer Änderung
der freien Energie; eine „Abwärts“-Reaktion, bei der freie Energie
abgegeben wird.
26.Gekoppelte Reaktionen: zwei chemische Reaktionen mit einem
gemeinsamen Zwischenprodukt, die dadurch die Möglichkeit bieten
Energie von einer Reaktion zur anderen zu übertragen.
27.Gemeinsames Zwischenprodukt: chemische Verbindung, die an zwei
chemischen Reaktionen teilnimmt; entweder als Produkt oder als
Substrat.
28.Anaplerotische Reaktion: enzymkatalysierte Reaktion, die das Angebot
an Intermediärprodukten im Tricarbonsäurecyclus ergänzt.
29.Stoffwechsel: enzymkatalysierte Transformation
Nährstoffmolekülen in lebenden Zellen
von
organischen
30.Intermediärstoffwechsel: enzymkatalysierte Reaktionen, die die in Zellen
chemische Energie von Nährstoffmolekülen verwerten und sie zum Bau
von Makromolekülen verwenden; Reaktionen sind zum Zellwachstum
nötig
31.Amphiboler Stoffwechsel: Stoffwechselweg, der sowohl für katabole als
auch für anabole Reaktionen genutzt werden kann.
32.Anabolismus: Phase des intermediären Stoffwechsels, in der
Zellkomponenten durch energieverbrauchende Reaktionen aus kleineren
Vorstufen synthetisiert werden.
33.Katabolismus: Gesamtheit aller Stoffwechselreaktionen, bei denen
Nährstoffmoleküle zur Energiegewinnung abgebaut werden.
34.Absorption = Resorption: Transport von Verdauungsprodukten aus dem
Darmtrakt in das Blut
35.Multienzymsystem: Sequenz von Enzymen, die am Stoffwechsel
teilnehmen.
103
36.Endprodukt-Hemmung: Hemmung eines Enzyms am Anfang einer
Multienzym-Sequenz durch das Endprodukt des Stoffwechselweges, das
als allosterischer Modulator wirkt.
37.Citratcyclus: cyclische Folge enzymatischer Reaktionen zur Oxidation
von Acetylresten zu CO2 , deren erster Schritt die Bildung von Citrat ist.;
ein zentraler Stoffwechselweg der Zellatmung.
38.Photosynthese: Enzymatische Umwandlung von Lichtenergie in
chemische Energie und ihre Verwendung zur Synthese von
Kohlenwasserstoffen und Sauerstoff aus Wasser und CO2 in grünen
Pflanzenzellen.
39.Lichtreaktion: Reaktionen der Photosynthese, die Licht benötigen, d.h.
im Dunkeln nicht ablaufen.
40.Dunkelreaktion: lichtunabhängige enzymatische Reaktionen in Zellen,
die zur Photosynthese befähigt sind; diese Reaktionen hängen mit der
Synthese von Glucose aus CO2, ATP und NADPH zusammen.
41.Atmungskette: Sequenz elektronentransportierender Proteine, die in
aeroben Zellen Elektronen vom Substrat auf molekularen Sauerstoff
übertragen.
42.Assimilation: Aufnahme von Nahrungsstoffen und deren Umwandlung in
körpereigene Stoffe.
43.Dissimilation: Bezeichnung der Gesamtheit der energieliefernden
Abbauprozesse des Stoffwechsels; notwendige organische Stoffe
werden durch Assimilation gewonnen; in Pflanzenphysiologie:
Gleichsetzung von Dissimilation und Atmung
44.Aerobier: Organismen, die zum Leben Sauerstoff benötigen.
45.Fakultative Anaerobier: Zellen, die sowohl mit als auch ohne Sauerstoff
existieren können.
46.Anaerobier: Organismen, die ohne Sauerstoff leben können.
47.Autotrophe Organismen: Organismen, die ihre eigenen Makromoleküle
aus sehr einfachen Stoffen z.B. CO2 und NH3 bilden können.
48.Heterotrophe
Organismen:
Organismen,
die
komplexe
Nährstoffmoleküle,
wie
Glucose,
Aminosäuren
u.a.
zur
Energieerzeugung und als Bausteinmoleküle für die Synthese von
Makromolekülen benötigen
104
49.Toxizität = Giftigkeit: Giftwirkung einer Substanz gemessen am Grad der
Schädigung des Organismus oder der Todesrate der Population;
Phytotoxizität → giftig gegenüber Pflanzen; Zytotoxizität → giftig
gegenüber Zellen
50.Pathogenität: Eigenschaft von Substanzen, psychischen Faktoren oder
Mikroorganismen Krankheiten hervorzurufen
51.Mutation: spontan entstehende oder durch Mutagene experimentell
induzierte qualitative oder quantitative Änderung des genetischen
Materials
52.Modifikation: durch spezielle Entwicklungsbedingungen hervorgerufene
Veränderung des Erscheinungsbildes; wird nicht auf Nachkommen
übertragen; ist Gestaltsänderung bei Änderung der äußeren
Bedingungen, die zu ihr geführt haben, beständig → Dauermodifikation
53.Totipotenz = Omnipotenz: Erscheinung, daß alle lebenden Zellen eines
Organismus in ihrem Bestand an Erbinformationen der Eizelle und sonst
auch untereinander gleich sind, Grund: bei mitotischer Teilung wird
gesamte DNS gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt; bei
differenzierten Zellen Potenzunterdrückung, nicht Verlust → aus
Pflanzenblatt bildet sich neue Pflanze
54.Vertebraten: Wirbeltiere
55.Parenchym: 1) pflanzliches Grundgewebe; 2) bei Plattwürmern zwischen
den Zellen liegendes Füllgewebe; 3) bei Wirbeltieren: Organgewebe der
eigentlichen Organe (Leber-, Nieren-, Pankreasparenchym), Gegensatz:
interstitielles Bindegewebe und Haut der Organe
56.Agar-Agar: gelierfähiges Polysaccharid, das aus verschiedenen
Meeresrotalgen gewonnen wird; Benutzung zur Herstellung von
Nährböden; Verflüssingung bei 100°C, Verfestigung bei 45°C; Vorteile
gegenüber Gelatine: bei 37°C noch fest, keine Stickstoffverbindungen →
wird nur von wenigen Mikroorganismen abgebaut und damit verflüssigt
57.in vitro: (Lat.: im Glas) bezieht sich auf Experimente die mit Zellen,
Geweben oder zellfreien Extrakten „in (Glas-) Reaktionsgefäßen“
durchgeführt werden.
58. in vivo: (Lat.: im Leben): bezieht sich auf Experimente im lebenden,
intakten Organismen
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