AutomatenMARKT | Mai 2003 | Praxis Beschwerdeinstanz So zeigen Sie Ihrer Bank die Zähne Dass Geldinstitute ihre Kunden rücksichtslos schröpfen, ist leider keine Seltenheit. Doch ist man dagegen nicht so wehrlos, wie es häufig scheint. Automatenkaufmann Christian K. fühlte sich von seiner Hausbank stets zuvorkommend bedient. Jedenfalls solange er kein besonderes Entgegenkommen nötig hatte. Als dies doch mal eintrat, war augenblicklich Schluss damit. K. war vorübergehend in Schwierigkeiten geraten. Ein finanzieller Engpass, den auszugleichen er jedoch selbst imstande war. Nur ein auf sieben Jahre festgelegter Sparbrief mit einem Bonus von 14 Prozent hätte dazu ein Jahr vor Fälligkeit ausgezahlt werden müssen. Doch die Bank stellte sich quer. Das selbst angesparte Geld bekäme er nur, wenn er auf die 14 Prozent verzichte und obendrein noch eine Vorfälligkeitsentschädigung zahle. So eine schnöde Abzocke wollte K. nicht hinnehmen. Das musste er auch nicht. Dazu genügte ein formloser Brief an die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken in Berlin. Die betraute den Ombudsmann der privaten Banken mit dem Fall. Obwohl das Geldinstitut dem Buchstaben nach im Recht war, brachte der immerhin einen annehmbaren Kompromiss zustande. Mit einem leicht gekürzten Bonus, 12 statt 14 Prozent, erhielt K. sein Geld sofort ausgezahlt. Mit der Bestellung von neutralen Ombudsmännern greift die deutsche Finanzwirtschaft auf eine Idee zurück, die in Skandinavien entwickelt wurde und sich hervorragend bewährt. Dort sind Ombudsleute offizielle Treuhänder der Bürgerrechte. Sie schauen Regierungen und Verwaltungen ebenso auf die Finger wie den Parlamentariern als eigentlichen Bürgervertretern. Viele Länder, auch die EU, haben diese Institution übernommen. Unter verschiedenen Bezeichnungen, womit Bedeutung und Kraft auch verwässert werden. In Deutschland ist „Bürgerbeauftragter“ eine vorgezogene Übersetzung. Beim „Ombudsmann“ handelt es sich um neutrale Schlichter mit echter Kompetenz. Deren Aufgabe ist es, die Kunden vor Willkür und Benachteiligungen zu bewahren. Die Bestellung eines Ombudsmannes oder einer Ombudsfrau erfolgt durch den Vorstand des Bankenverbandes. Doch hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen dabei ein gewichtiges Wort mitzureden. Erst wenn von dieser Seite keine Einwände kommen, gilt die Berufung als perfekt. Sie gilt für drei Jahre und kann verlängert werden. Vorausgesetzt wird die Befähigung zum Richteramt. In den letzten drei Jahren vor Amtsantritt dürfen Ombudsleute weder bei einem Kreditinstitut noch für den Bundesverband tätig gewesen sein. Ombudsleute und Mitarbeiter der Bundesbeschwerdestelle sind zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet. Kunden, die sich von ihrer Bank übervorteilt fühlen, wenden sich zunächst an die Beschwerdestelle (siehe Kasten). Über die Zulässigkeit einer Behandlung durch den Ombudsmann entscheidet dieser selbst und setzt den Kunden direkt davon in Kenntnis. Unzulässigkeitsgründe wären zum Beispiel, wenn andere Schlichtungsstellen oder gar ein Gericht in der Angelegenheit bereits tätig waren. Ebenfalls muss der Ombudsmann passen, wenn zur Klärung der Streitfrage umständliche Zeugenvernehmungen nötig sind. Schließlich können bereits verjährte Fälle durch ihn nicht erneut aufgenommen werden. Andererseits ruht die Verjährung während das Verfahren beim Ombudsmann läuft. Dabei wird zunächst versucht, eine gütliche Einigung herbeizuführen. Die Bank hat einen Monat Zeit, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Führt das nicht zu einer gütlichen Einigung, trifft der Ombudsmann unabhängig seinen Schlichtungsspruch. Bis zu einem Streitwert von 5 000 Euro ist die Bank verpflichtet, diese Entscheidung zu befolgen. Dem Kunden dagegen steht es frei, weitere Rechtswege zu nutzen, wenn er mit dem Spruch nicht einverstanden ist. Somit ist es für Bankkunden risikolos, bei Verstimmungen zunächst den Ombudsmann anzurufen. Dieses Verfahren kostet nichts. Lediglich eigene Ausgaben für Porto, Telefon und so weiter müssen selbst getragen werden. Die meisten Beschwerdeführer verzichten im Ombudsverfahren auf einen Rechtsbeistand. „Nach meinen Erfahrungen kann ich sagen, dass es den Kunden nicht schadet, sich keinen Anwalt zu nehmen“, meint Horst-Dieter Hensen dazu. Er ist Ombudsmann beim Bundesverband deutscher Banken. Überwiegend, so Hensen, seien es Wertpapiergeschäfte, wo er als Ombudsmann angerufen wird: „41 Prozent aller zulässigen Beschwerden betrafen bisher dieses Sachgebiet. Beschwerden richteten sich unter anderem gegen jene Institute, bei denen die Kunden im Wege des Online- oder Phone Broking Wertpapiere kaufen und verkaufen können, dies mit allen Variationen wie Intra Day Handel, Live Trading und Sekundenhandel. Zeitweilige Zusammenbrüche der Ordersysteme von einigen Banken wegen Überlastung führten naturgemäß zu zahlreichen Kundenbeschwerden. Hier ging es regelmäßig um verzögerte Ausführung der Aufträge und somit um Schadenersatzansprüche in Höhe der zwischenzeitlichen Kursveränderungen.“ Ironie der wirtschaftlichen Realitäten: Die Banken haben, wie es heißt, inzwischen ihre Kapazitäten so erweitert, dass sie größten Anstürmen gewachsen sind. Aber jetzt fehlen die massenhaften Kundenaufträge. So ändern sich die Zeiten! Aber auch bei tolldreistem Verhalten von Banken musste Hensen bereits ein Machtwort sprechen: „Eine nicht berufstätige Mutter von zwei Kindern hatte für einen Kredit ihres Ehemannes gebürgt. Der Kredit wurde prolongiert, der Ehemann zahlungsunfähig. Die Bank nahm die inzwischen berufstätige Ehefrau aus der Bürgschaft in Anspruch. Auf Beschwerde der Frau habe ich den Bürgschaftsvertrag für sittenwidrig erklärt.“ So wehrlos wie es manchmal scheint, ist der Bankenkunde also gar nicht. Er hat viele Möglichkeiten, die Zähne zu zeigen. Wichtige Adressen Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbandes deutscher Banken Postfach 04 03 07 10062 Berlin Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken Postfach 30 92 63 10760 Berlin Kundenbeschwerdestelle beim Verband deutscher Hypothekenbanken Postfach 64 01 36 10047 Berlin Anders als die Banken verfügen Sparkassen nicht über eine zentrale Beschwerdestelle. Dort sind die Landesverbände für Schlichtungsverfahren zuständig. Anfragen jeweils dorthin richten.