Foto: Tierfotoagentur.de/M. Rohlf Jagdhunde Wenn Krankheiten auf Reisen gehen Bestand für unsere Hunde früher nur auf Reisen in andere Länder die Gefahr, sich mit einigen gefährlichen Blutparasiten zu infizieren, müssen wir uns heute auch hierzulande Sorgen machen. Denn Krankheiten wie Anaplasmose, Babesiose oder Ehrlichose sind mittlerweile auch bei uns heimisch geworden. Dr. Klaus Ottis vom Kreisjagdverband Erding stellt uns die einzelnen so genannten Reisekrankheiten beim Hund vor. Hundebesitzer und Tierärzte werden seit einigen Jahren immer häufiger mit den so genannten Reisekrankheiten konfrontiert. Ganz besonders sind hier unsere Jagdhunde betroffen. Es handelt sich um Krankheiten, die ursprünglich in Mittelmeerländern zuhause waren, nun aber auch in Deutschland heimisch geworden sind. Schuld daran ist die zunehmende Verbreitung von so genannten Vektoren wie Zecken und Mücken, die für diese Infektionen verantwort38 8/2015 lich sind (s. Tabelle 1). Damit werden sie immer häufiger zu einem gesundheitlichen Risiko. Ungeklärt bleibt die Frage, ob wir dies dem zunehmenden Reiseverkehr oder dem viel diskutierten Klimawandel zuschreiben müssen. Zutreffender sollten wir deshalb diese Erkrankungen, die in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, als Blutparasitosen bezeichnen. Die im folgenden beschriebenen Erkrankungen werden durch Bakterien, Protozoen, Nematoden oder Kokzidien hervorgerufen. Dabei kommt den verschiedenen Zecken- und Stechmückenarten die größte Bedeutung zu. Anaplasmose Viele der aufgeführten Erkrankungen (s. Tabelle 2, S. 40) haben wir in früheren Jahren so gut wie nie gesehen. Inzwischen gehört aber die Anaplasmose, die über den Gemeinen Holzbock übertragen wird, zu den häufigsten Blutparasitosen unserer Hunde. Im Vordergrund stehen die Anämie, also die Blutarmut, und die über lange Zeit andauernden Lahmheiten infolge Gelenks- und Muskelentzündungen. Die Therapie mit dem Antibiotikum Doxycyclin ist oftmals problematisch, weil das Medikament über den erforderlichen Zeitraum von 28 Tagen schlecht vertragen wird. Babesiose Bei der Babesiose, der so genannten Hundemalaria, beobachten wir neuerdings eine Änderung des Krankheitsverlaufs. In jüngster Zeit tritt die Erkrankung auch in der zeckenfreien Jahreszeit, sprich im Winter, auf. Möglicherweise hängt das mit der langen Überlebenszeit der Braunen Hundezecke in beheizten Räumen zusammen. Der typische Babesien-Patient ist ständig müde und neigt unter anderem zu Die Sandmücke, die in Baden-Württemberg und im Rheingraben vorkommt, überträgt die nicht heilbare Leishmaniose. Nasenbluten. Die Babesiose ist potentiell lebensbedrohlich, wenn nicht frühzeitig behandelt wird. Borreliose Auch die Borreliose, einstmals die einzige bekannte, durch Zecken übertragene Krankheit, hat ihr Bild verändert. Immer öfter verläuft die Krankheit ohne Symptome. Oftmals wird die Diagnose erst sehr viel später gestellt, wenn massive rheumatoide Gelenksbeschwerden auftreten. Seit mehreren Jahren sind für den Hund Impfstoffe verfügbar. Hepatozoonose Eine Krankheit mit großem Gefahrenpotential ist die Hepatozoonose. Der kokzidienähnliche Erreger durchläuft einen komplizierten Entwicklungszyklus, bei dem der Hund obligatorischer Zwischenwirt ist. Der Erreger ist gegen alle derzeit bekannten Medikamente resistent und selbst verschiedene Kombinationen von Therapien führen nicht zu seiner Eliminierung. Die Hunde verenden letztlich an Nekrosen in Leber und Milz. Filariose Der Erreger der Ehrlichose ist eine so genannte Rickettsie, eine besonders widerstandsfähige Bakterienart. Übertragung, Klinik und Therapie sind analog der Anaplasmose, allerdings scheint es häufiger zu Todesfällen zu kommen. Auch die Filariose oder Herzwurmkrankheit, ursprünglich in Mittelmeerländern und nördlich bis Ungarn zuhause, wurde in Deutschland gefunden. Bei der Übertragung durchläuft dieser Rundwurm, die Filarie, drei Larvenstadien, ehe er sich im Herzen festsetzt. Leichter Befall wird meistens Die Filariose entsteht duch Rundwürmer, die hier aus einem Fühler einer Kriebelmücke austreten. Die Filarien durchlaufen drei Larvenstadien und setzen sich schließlich im Herzen des Hundes fest. Ehrlichose Tabelle 1: Vektoren – Verbreitung und Übertragungspotential VEKTOR VERBREITUNG ÜBERTRÄGER VON Gemeiner Holzbock Ganz Deutschland, Europa: 40.– 65. Breitengrad Borreliose, Anaplasmose Braune Hundezecke Inzwischen ganz Deutschland, alle Mittelmeerländer Babesiose canis v., Ehrlichose , Hepatozoonose Auwaldzecke Inzwischen ganz Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien Babesiose canis c. Sandmücken Deutschland: Baden-Württemberg und Rheingraben Alle Mittelmeerländer Leishmaniose Stechmücken der Arten Aedes, Anopheles, Culex Alle Mittelmeerländer, auch Ungarn, Rumänien Dirofilariose (Herzwurm) 8/2015 39 nicht bemerkt. Nach anfänglichem Konditionsverlust kommt es zu blutigem Husten und hochgradiger Herzinsuffizienz. Das heißt, das Herz ist nicht mehr in der Lage, die notwendige Pumpleistung zu erbringen, die Organe werden nur unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Ob und inwieweit die mit dem Erreger infizierten Stechmücken dauerhaft in Deutschland überleben können, vermag derzeit keiner zu sagen. ben und in Baden-Württemberg der Fall. Die Inkubation beträgt bis zu acht Jahre. Die Krankheit ist nicht heilbar, mit einer Therapie können nur die Symptome wie Hautveränderungen, Juckreiz und Lymphknotenschwellungen behandelt werden. Letztlich soll hier noch die Leishmaniose behandelt werden. Eine Leishmaniose-Infektion kann überall dort stattfinden, wo sich mit Leishmania infantum-infizierte Stechmücken finden. Dies ist zur Zeit im badischen Rheingra- Für alle oben genannten Erkrankungen gilt: Selbst wenn Medikamente zur Behandlung zur Verfügung stehen, sind die oft mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Viele Erkrankungen hinterlassen Langzeitschäden, zum Beispiel in Form von rheumatoiden Beschwerden. Und viele dieser Krankheiten sind gar nicht heilbar, es können nur die Symptome mit starken Medikamenten behandelt werden. Deshalb Rickettsien sind eine besonders widerstandsfähige Bakterianart, die unter anderem die Ehrlichose übertragen. Die Erreger der Babesiose, der Ehrlichose und der Hepatozoonose gelangen über die Braune Hundezecke in den Hund. Leishmaniose haben vorbeugende Maßnahmen wie Schutzimpfungen eine ebenso große Bedeutung wie solche gegen den Stich der Vektoren, vorzugsweise in Form von Spot-on Präparaten oder in Tablettenform. Von Parasitenhalsbändern wird wegen der Unfallgefahr für die Hunde sowie aus hygienischen Gesichtspunkten abgeraten. Eine Übersichtskarte über die Verbreitung der verschiedenen Erkrankungen finden Sie unter www.parasitenfrei.de, Menüpunkt „Service Tools“, „Verbreitungskarte“ Der Gemeine Holzbock ist unter anderem für die Übertragung der Borreliose und der Anaplasmose verantwortlich. Tabelle 2: Vektorenerkrankungen beim Hund ERKRANKUNG SYMPTOME THERAPIE ZOONOSE Anaplasmose Hohes Fieber, Anämie, Gelenksentzündungen Antibiotika (Doxycyclin) Ja (selten) Babesiose Hohes Fieber, Müdigkeit, Anämie, Lahmheiten Carbanilide * Ja (selten) Borreliose Fieber, Lahmheiten, auch als Spätfolge Antibiotika ** (Doxycyclin) Nein Ehrlichose Fieber, Erbrechen, Nasenbluten, Durchfall Antibiotika (Doxycyclin) Ja (selten) Filariose (Herzwurm) Nerven- und Venenentzündung, Herzschwäche, Bluthusten Problematisch! Schwerpunkt: Prophylaxe Ja Hepatozoonose Fieber, Durchfall, Lahmheit Häufig ohne Symptome Problematisch! Schwerpunkt: Prophylaxe Nein Leishmaniose Fieberschübe, Apathie, Ekzeme, Juckreiz Symptomatisch ** Nicht heilbar Ja * = Impfung möglich (Frankreich, Schweiz) ** Impfung verfügbar (Deutschland) 40 8/2015 8/2015 41