Lineare Algebra I - Daniel Roggenkamp

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Lineare Algebra I
Daniel Roggenkamp
Universität Mannheim, HS 2016
Version vom 14. September 2016
Korrekturen/Anmerkungen an [email protected]
2
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Mengen und Abbildungen
1.1 Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Äquivalenzrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
3
6
10
2 Gruppen
2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Untergruppen und Gruppenhomomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Die Symmetrische Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
12
13
16
3 Körper
3.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Unterkörper und Körperhomomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Die komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
18
21
22
4 Vektorräume
4.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Untervektorräume . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Erzeugenden Systeme, lineare Unabhängigkeit,
4.4 Lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Der Dualraum . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
25
26
27
33
37
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Basen
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5 Matrizen und Lineare Gleichungssysteme
39
6 Determinanten
39
7 Eigenvektoren und Eigenwerte
7.1 Polynomringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
39
8 Euklidische Vektorräume
39
Anhang A Notationen und Symbole
39
1 Mengen und Abbildungen
1
3
Mengen und Abbildungen
1.1
Mengen
In diesem Kapitel werden zunächst einige Grundbegriffe der Mengenlehre diskutiert, die für
die lineare Algebra relevant sind. Dabei wird auf eine axiomatische und formale Einführung
verzichtet.
• Eine Menge ist eine Zusammenfassung von unterscheidbaren Objekten zu einem neuen
Objekt. Man kann sie z.B. durch Aufzählung definieren: null
M = {1, 5, 7} ,
M = {1, 2, 3, . . . , 10} ,
M = {1, 7, {2, 3}} .
• Eine Menge kann auch aus unendlich vielen Objekten bestehen. Wichtige unendliche Mengen sind z.B. die Menge der natürlichen Zahlen
N = {1, 2, 3, . . .} ,
die Menge der natürlichen Zahlen mit 0
N0 = {0, 1, 2, 3, . . .} ,
oder die Menge der ganzen Zahlen
Z = {0, 1, −1, 2, −2, 3, −3, . . .} .
• Die Anzahl der Elemente einer Menge M wird Ordnung genannt und als |M | geschrieben.
• Gehört ein Objekt x zu einer Menge M , so sagen wir auch ‘x ist in M enthalten’, oder
auch ‘x ist Element von M ’, und schreiben x ∈ M . Anderenfalls schreiben wir x ∈
/ M.
So gilt z.B.
−1 ∈ Z , aber − 1 ∈
/ N.
• Zwei Mengen sind gleich, M = N genau dann wenn die Aussagen x ∈ M und x ∈ N
äquivalent sind (x ∈ M ⇔ x ∈ N ), anderenfalls sind sie ungleich, M 6= N .
• Die leere Menge ∅ = {} ist die Menge zu der kein Objekt gehört, d.h. x ∈
/ ∅ für alle
Objekte x.
• Es ist auch möglich, Mengen durch Charakterisierung ihrer Elemente zu definieren. So
kann man häufig die Menge all derjeniger Objekte bilden, die eine Eigenschaft E besitzen:
M = {x | x hat die Eigenschaft E} ,
d.h. x ist genau dann Element von M , wenn x die Eigenschaft E besitzt. Zum Beispiel
M = {x | x ist eine gerade natürliche Zahl} = {2, 4, 6, . . .} .
4
1.1 Mengen
Abbildung 1: Mengenoperationen am Beispiel von Teilmengen des R2 .
Achtung - das geht nicht immer: betrachte z.B.
M = {x | x ist eine Menge und x ∈
/ x} .
Würde M existieren, so würde dies zu einem Widerspruch führen, denn für eine Menge x
würde nach der Definition von M gelten
x∈M ⇔x∈
/ x.
Angewendet auf x = M würde das bedeuten
M ∈M ⇔M ∈
/M,
.
Das nennt man die Russelsche Antinomie.
Definition 1.1.
(1) Eine Menge M ist Teilmenge (oder auch Untermenge) einer Menge N , falls für alle
x ∈ M auch gilt x ∈ N . Dann schreiben wir M ⊆ N oder N ⊇ M . N nennt man dann
auch Obermenge von M .
(2) Ist darüberhinaus außerdem M 6= N , so nennt man M echte Teilmenge von N und
schreibt M ⊂ N , bzw. N ⊃ M .
Bemerkung 1.2.
(1) Aus A ⊆ B und B ⊆ C folgt A ⊆ C.
(2) Aus A ⊆ B und B ⊆ A folgt A = B.
Beweis. (1) Sei A ⊆ B und B ⊆ C. Dann folgt aus x ∈ A auch x ∈ B und daraus wiederum
x ∈ C. Also ist A ⊆ C.
(2) Sei A ⊆ B und B ⊆ A. Dann folgt aus x ∈ A auch x ∈ B, und umgekehrt folgt aus
x ∈ B auch x ∈ A. Die Aussagen x ∈ A und x ∈ B sind somit äquivalent, x ∈ A ⇔ x ∈ B,
und daher A = B.
Definition 1.3. Für zwei Mengen M und N definieren wir die folgenden Mengen:
(1) den Durchschnitt M ∩ N := {x | x ∈ M ∧ x ∈ N },
(2) die Vereinigung M ∪ N := {x | x ∈ M ∨ x ∈ N } und
(3) die Differenz M \ N := {x | x ∈ M ∧ x ∈
/ N }.
1 Mengen und Abbildungen
5
Die Differenz wird auch das Komplement von N in M genannt, und auch als M − N
geschrieben. (Vgl. Abbildung 1.)
Definition 1.4. Zwei Mengen M und N nennt man disjunkt, falls ihr Durchschnitt leer
ist, M ∩ N = ∅.
Bemerkung 1.5. Für Mengen M und N gilt:
(1) M ∩ N ⊆ M ⊆ M ∪ N und genauso M ∩ N ⊆ N ⊆ M ∪ N
(2) M \ N ⊆ M
(3) (M \ N ) ∩ N = ∅
(4) M \ N = ∅ ⇔ M ⊆ N
(5) M ∪ N = ∅ ⇔ (M = ∅ ∧ N = ∅)
Beweis. (1) Aus x ∈ M ∩ N folgt x ∈ M ∧ x ∈ N . Daraus folgt insbesondere x ∈ M .
Damit ist die erste Gleichung in (1) gezeigt. Für die zweite Gleichung bemerkt man, dass
aus x ∈ M auch folgt x ∈ M ∨ x ∈ N . Den zweiten Teil beweist man analog.
(2) Sei x ∈ M \ N . Das bedeutet x ∈ M ∧ x ∈
/ N , woraus aber insbesondere folgt x ∈ M .
(3) Nehme an, es gibt ein x ∈ (M \ N ) ∩ N . Dann gilt x ∈ M \ N und x ∈ N . Aber aus
x ∈ M \ N folgt insbesondere x ∈
/ N . Aber x ∈ N ∧ x ∈
/ N ist ein Widerspruch, . Es kann
ein solches x also nicht geben, daher ist (M \ N ) ∩ N = ∅.
(4) Sei M \ N = ∅. Daraus folgt, dass es kein x ∈ M gibt mit x ∈
/ N . Daher folgt aus x ∈ M
auch x ∈ N , und M ⊆ N . Sei umgekehrt M ⊆ N , d.h. aus x ∈ M folgt x ∈ N . Es gibt also
kein x ∈ M mit x ∈
/ N , und daher ist M \ N = ∅.
(5) Falls M ∪ N = ∅ folgt aus (1) sofort, dass M ⊂ ∅ ist. Daher M = ∅. Gleiches gilt für die
Menge N . Daraus folgt die Richtung “⇒”der Aussage. Für die andere Richung nehme an,
dass M ∪ N 6= ∅. Das bedeutet, dass es ein x ∈ M oder ein x ∈ N geben muss. Es können
also nicht beide Mengen M und N leer sein. Das ist die Negation von M = ∅ ∧ N = ∅.
Bemerkung 1.6. Für Mengen M, N und O gilt:
(1) M ∩ N = N ∩ M und M ∪ N = N ∪ M
(2) (M ∩ N ) ∩ O = M ∩ (N ∩ O) und (M ∪ N ) ∪ O = M ∪ (N ∪ O)
(3) (M ∪ N ) ∩ O = (M ∩ O) ∪ (N ∩ O) und (M ∩ N ) ∪ O = (M ∪ O) ∩ (N ∪ O)
(4) (M \ N ) ∩ O = (M ∩ O) \ N = (M ∩ O) \ (N ∩ O)
(5) O \ (M ∩ N ) = (O \ M ) ∪ (O \ N ) und O \ (M ∪ N ) = (O \ M ) ∩ (O \ N )
Beweis. Exemplarisch wird die erste Gleichung von (5) gezeigt. Sei x ∈ O \ (M ∩ N ). Dann
gilt x ∈ O und x ∈
/ M ∩ N , d.h. x ∈
/ M oder x ∈
/ N . Also x ∈ O \ M oder x ∈ O \ N . Daher
x ∈ (O \ M ) ∪ (O \ N ). Es folgt O \ (M ∩ N ) ⊆ (O \ M ) ∪ (O \ N ).
Sei andererseits x ∈ (O \ M ) ∪ (O \ N ). Dann gilt x ∈ (O \ M ) oder x ∈ (O \ N ), also (x ∈
O∧x∈
/ M ) ∨ (x ∈ O ∧ x ∈
/ N ). Das ist gleichbedeutend mit (x ∈ O) ∧ (x ∈
/M ∨x∈
/ N ),
was wiederum gleichbedeutend ist mit (x ∈ O) ∧ (x ∈
/ (M ∩ N )). Es folgt x ∈ O \ (M ∩ N ).
Also (O \ M ) ∪ (O \ N ) ⊆ O \ (M ∩ N ). Mit Hilfe von Bemerkung 1.2(2) folgt (5)
6
1.2 Abbildungen
Definition 1.7. Das Produkt zweier Mengen M und N ist definiert als die Menge
M × N = {(x, y) | x ∈ M ∧ y ∈ N }
der geordneten Paare (x, y), x ∈ M , y ∈ N .
Beispiel 1.8. Sei I = [0, 1] = {x ∈ R | 0 ≤ x ≤ 1} ⊂ R das
Intervall zwischen 0 und 1. Dann ist das Produkt I × I gerade
das Quadrat mit Eckpunkten (0, 0), (0, 1), (1, 1), (1, 0) in der
Ebene.
Bemerkung 1.9. Seien M, N and O Mengen. Dann gilt
(1) (M ∩ N ) × O = (M × O) ∩ (N × O)
(2) (M ∪ N ) × O = (M × O) ∪ (N × O)
(3) (M \ N ) × O = (M × O) \ (N × O)
Beweis. Zeige (1). (2) und (3) folgen analog. Sei x ∈ (M ∩N )×O. Das ist äquivalent zu x =
(a, b) mit a ∈ M ∩ N und b ∈ O. Das wiederum ist äquivalent zu x ∈ (M × O) ∩ (N × O).
Definition 1.10. Das Produkt von Mengen M1 , . . . , Mn ist definiert als die Menge
M1 × . . . × Mn = {(x1 , . . . , xn ) | x1 ∈ M1 , . . . , xn ∈ Mn }
der geordneten n-Tupel (x1 , . . . , xn ), x1 ∈ M1 , . . . , xn ∈ Mn .
Im Fall Mi = M für alle 1 ≤ i ≤ n schreiben wir
Mn = M
. . × M} .
| × .{z
n Faktoren
1.2
Abbildungen
Um Beziehungen zwischen Mengen zu beschreiben verwendet man Abbildungen.
Definition 1.11. Eine Abbildung f von einer Menge M in eine Menge N ist eine Vorschrift,
die jedem Element m ∈ M ein eindeutiges Element n = f (m) ∈ N zuordnet. Man schreibt1
f : M −→ N ,
m 7−→ f (m) .
Die Menge M nennt man den Definitionsbereich, die Menge N den Wertebereich der
Abbildung.
Beispiel 1.12.
1
Manchmal wird der Name der Abbildung auch über den Pfeil gesetzt:
f
M −→ N .
1 Mengen und Abbildungen
7
(1) Für jede nicht-leere Menge M gibt es die identische Abbildung idM : M −→ M ,
m 7−→ m.
(2) Seien M und N zwei nicht-leere Mengen, und n0 ∈ N ein beliebiges Element in N .
Dann ist f : M −→ N , m 7−→ n0 eine konstante Abbildung.
(3) Seien M1 und M2 zwei nicht-leere Mengen. Dann nennt man die Abbildungen
pr1 : M1 × M2 −→ M1 ,
pr2 : M1 × M2 −→ M1 ,
(m1 , m2 ) 7−→ m1
(m1 , m2 ) 7−→ m2
und
die Projektionen auf die beiden Faktoren des Mengenprodukts M1 × M2 .
Beispiel 1.13. Abbildungen f : R −→ R, x 7−→ f (x) werden auch Funktionen genannt.
(1) Zum Beispiel definieren die Vorschriften f (x) = x2 , oder f (x) = ex sin(x) Funktionen.
(2) Man kann auch andere Funktionen definieren:
2
1, x ≥ 0
x , x∈Q⊂R
f (x) =
, oder f (x) =
.
0, x < 0
0, x ∈
/Q
(3) Beachten Sie, dass f auf dem gesamten Definitionsbereich definiert sein muss. So definiert die Vorschrift f (x) = x1 keine Abbildung f : R −→ R, da sie in 0 ∈ R nicht
wohldefiniert ist. Sie definiert aber sehr wohl eine Abbildung f : R \ {0} −→ R.
(4) Allgemeiner werden auch Abbildungen von Rn −→ R Funktionen genannt. Ein Beispiel
einer solchen Funktion ist die Additition
R2 −→ R , (x, y) 7−→ x + y .
Definition 1.14. Zwei Abbildungen f : M −→ N und g : M −→ N sind gleich, geschrieben
als f = g, falls f (m) = g(m) für alle m ∈ M . Die Menge aller Abbildungen f : M −→ N
wird mit Abb(M, N ) bezeichnet.
Abbildungen können auf Teilmengen des Definitionsbereiches eingeschränkt werden:
Definition 1.15. Seien M und N Mengen, f : M −→ N eine Abbildung, und M 0 ⊂ M eine
Teilmenge. Die Einschränkung von f auf M 0 ist definiert durch2
f M 0 : M 0 −→ N , m 7−→ f (m) .
Genauso kann man den Bildbereich einer Funktion ausdehnen: für f : M −→ N und
e , so ist die Ausdehnung von f auf N
e die Abbildung M −→ N
e , m 7−→ f (m). Man
N ⊂N
gibt dieser Abbildung typischerweise keinen neuen Namen, sondern bezeichnet sie einfach
e.
als f : M −→ N
2
In der Tat kann man die Einschränkung auf M 0 auch als eine Abbildung
0 : Abb(M, N ) −→ Abb(M 0 , N ) , f 7−→ f 0
M
M
zwischen Mengen von Abbildungen auffassen.
8
1.2 Abbildungen
Definition 1.16. Sei f : M −→ N eine Abbildung zwischen den Mengen M und N , und
seien M 0 ⊆ M und N 0 ⊆ N Teilmengen von M und N . Dann definiert man
(1) das Bild von M 0 als f (M 0 ) := {f (m) | m ∈ M 0 } ⊆ N , und
(2) das Urbild von N 0 als f −1 (N 0 ) := {m ∈ M | f (m) ∈ N 0 } ⊆ M .
Das Urbild eines Elements n ∈ N definiert man als f −1 (n) := f −1 ({n}).
Das Bild f (M ) des gesamten Definitionsbereichs wird auch als Bild von f bezeichnet.
Bemerkung 1.17.
(1) Es gilt f −1 (N ) = M , aber im allgemeinen nicht f (M ) = N .
(2) Es gilt ferner f (M 0 ) ⊆ N 0 ⇔ M 0 ⊆ f −1 (N 0 ), und damit insbesondere auch
(3) M 0 ⊆ f −1 (f (M 0 )) und f (f −1 (N 0 )) ⊆ N 0 .
Beweis. (2) Sei f (M 0 ) ⊆ N 0 . Daraus folgt, dass f (m) ∈ N 0 für alle m ∈ M 0 , also M 0 ⊆
f −1 (N 0 ). Sei andererseits M 0 ⊆ f −1 (N 0 ). Dann folgt, dass f (m) ∈ N 0 für alle m ∈ M 0 , und
damit f (M 0 ) ⊆ N 0 . Damit ist die Äquivalenz gezeigt. Für (3) setzt man nun in (2) einfach
N 0 = f (M 0 ), bzw. M 0 = f −1 (N 0 ) ein.
Wichtige Eigenschaften von Abbildungen sind:
Definition 1.18. Eine Abbildung f : M −→ N heißt
(1) injektiv, falls für alle n ∈ N f −1 (n) höchstens ein Element enthält,
(2) surjektiv, falls f (M ) = N und
(3) bijketiv, falls f sowohl injektiv als auch surjektiv ist.
Bemerkung 1.19.
(1) f ist injektiv, genau dann wenn aus f (m) = f (m0 ) für m, m0 ∈ M folgt m = m0 .
(2) f ist surjektiv, genau dann wenn es zu jedem n ∈ N ein m ∈ M gibt mit f (m) = n.
(3) f ist bijektiv, genau dann wenn es zu jedem n ∈ N genau ein m ∈ M gibt mit
f (m) = n. D.h. f −1 (n) besteht für alle n ∈ N genau aus einem Element. In diesem
Fall kann man die Umkehrabbildung f −1 : N −→ M definieren als die Abbildung
n 7−→ m, die n das eindeutige m ∈ M zuordnet, für das gilt f (m) = n. (Hierbei ist
zu beachten, dass das Symbol f −1 in zwei verschiedenen Weisen verwendet wird, zum
einen als Urbild, zum anderen als Umkehrfunktion.)
Beweis. Der Beweis folgt direkt aus den Definitionen.
Definition 1.20. Seien f : M −→ N und g : N −→ O zwei Abbildungen. Die Abbildung
g ◦ f : M −→ O , m 7−→ g(f (m))
heißt Komposition oder auch Hintereinanderschaltung von f und g. Als Diagramm:
g◦f
M
/
g
f
N
>O
.
1 Mengen und Abbildungen
9
Bemerkung 1.21. Die Komposition zweier injektiver (bzw. surjektiver oder bijektiver)
Abbildung ist wieder injektiv (bzw. surjektiv oder bijektiv).
Beweis. Seien f : M −→ N und g : N −→ O Abbildungen. Nehme an, beide sind injektiv.
Falls nun (g ◦ f )(m) = (g ◦ f )(m0 ) für m, m0 ∈ M gilt. Dann folgt g(f (m)) = g(f (m0 )). Nun
ist g injektiv, nach Bemerkung 1.19 bedeutet dies f (m) = f (m0 ). Da aber auch f injektiv
ist, folgt m = m0 . Also ist auch g ◦ f injektiv.
Betrachte nun den Fall, dass sowohl f als auch g surjektiv sind. Aus der Surjektivität von
g folgt, dass es für alle o ∈ O ein n ∈ N gibt mit g(n) = o. Da auch f surjektiv ist, gibt es
wiederum ein m ∈ M mit f (m) = n, also (g ◦ f )(m) = o. Also ist auch g ◦ f surjektiv.
Der Fall der Bijektivität folgt aus den beiden anderen.
Bemerkung 1.22. Die Komposition von Abbildung ist assoziativ, d.h. für Abbildungen
f : M −→ N , g : N −→ O und h : O −→ P gilt
(h ◦ g) ◦ f = h ◦ (g ◦ f ) .
Beweis. Das ist einfach zu sehen: für m ∈ M gilt
((h ◦ g) ◦ f )(m) = (h ◦ g)(f (m)) = h(g(f (m))) = h((g ◦ f )(m)) = (h ◦ (g ◦ f ))(m) .
Man kann also die Klammern beim Komponieren von Abbildungen weglassen, und schreibt,
z.B. für Abbildungen f : M −→ M auch f n := f ◦ . . . ◦ f .
| {z }
n mal
Bemerkung 1.23. Sei f : M −→ N . Dann gilt
(1) f ◦ idM = f = idN ◦ f .
(2) Ist f bijektiv, so gilt f −1 ◦ f = idM und f ◦ f −1 = idN .
Beweis. Der Beweis ist eine direkte Konsequenz aus den Definitionen.
Lemma 1.24. Sei f : M −→ N eine Abbildung zwischen nicht-leeren Mengen M und N .
Dann gilt
(1) f ist genau dann injektiv, falls es eine Abbildung g : N −→ M gibt, so dass g◦f = idM .
(g ist linksinvers zu f .)
(2) f ist genau dann surjektiv, falls es eine Abbildung g : N −→ M gibt, so dass f ◦g = idN .
(g ist rechtsinvers zu f .)
(3) f ist genau dann bijektiv, falls es eine Abbildung g : N −→ M gibt, so dass g ◦f = idM
und f ◦ g = idN . In diesem Fall ist g = f −1 . (g ist die Umkehrfunktion von f .)
Beweis. (1) Sei f injektiv. Dann gibt es zu jedem n ∈ f (M ) genau ein m ∈ M mit f (m) = n.
Definiere g(n) := m. Für alle n ∈ N \ f (M ) definiere g(n) := m0 , wobei m0 ∈ M ein beliebig
gewähltes Element ist. Auf diese Weise erhält man eine Abbildung g mit g ◦ f = idM .
10
1.3 Äquivalenzrelationen
Sei umgekehrt eine Abbildung g : N −→ M gegeben, mit g ◦ f = idM . Falls dann f (m) =
f (m0 ) für m, m0 ∈ M , so folgt m = (g ◦ f )(m) = g(f (m)) = g(f (m0 )) = (g ◦ f )(m0 ) = m0 .
Nach Bemerkung 1.19 ist daher f injektiv.
(2) Sei f surjektiv. Dann ist für alle n ∈ N das Urbild f −1 (n) 6= ∅. Wähle nun für jedes n
ein m ∈ f −1 (n) aus3 , und definiere die Abbildung g : N −→ M durch g(n) := m. Dann gilt
f ◦ g = idN .
Gibt es umgekehrt eine Abbildung g : N −→ M mit f ◦ g = idN , dann gilt für alle n ∈ N
(f ◦ g)(n) = f (g(n)) = n, und f ist surjektiv.
(3) Falls f bijektiv ist, so erfüllt die Umkehrabbildung f −1 =: g die beiden Relationen. Gibt
es umgekehrt ein g : N −→ M , so dass die beiden Relationen erfüllt sind, so ist f nach (1)
und (2) bijektiv.
1.3
Äquivalenzrelationen
Eine Relation setzt Elemente einer gegebenen Menge M in Beziehung zueinander. Man
schreibt m ∼ n, falls m, n ∈ M in dieser Beziehung stehen.
Beispiel 1.25.
(1) Für M = R kann man die Relation x ∼ y :⇔ x < y definieren.
(2) Für M = Z kann man die Relation x ∼ y :⇔ (x − y) ist gerade definieren.
Definition 1.26. Eine Relation auf einer Menge M ist eine Teilmenge R ⊂ M × M :
m ∼ n :⇔ (m, n) ∈ R .
Definition 1.27. Eine Relation ∼ auf einer Menge M nennt man Äquivalenzrelation,
wenn für alle m, n, o ∈ M gilt
(1) m ∼ m
(reflexiv)
(2) m ∼ n ⇒ n ∼ m
(symmetrisch)
(3) m ∼ n und n ∼ o ⇒ m ∼ o
(transitiv)
Elemente m ∼ n in M nennt man dann äquivalent.
Definition 1.28. Sei M eine Menge mit einer Äquivalenzrelation ∼. Für m ∈ M definiere
die Äquivalenzklasse
[m] := {n ∈ M | n ∼ m} ⊆ M .
Bemerkung 1.29. Äquivalenzklassen sind entweder disjunkt, oder identisch.
Beweis. Gegeben m, n ∈ M . Falls o ∈ ([m] ∩ [n]), so gilt o ∼ m und o ∼ n. Sei jetzt
p ∈ [n] beliebig. Dann gilt auch p ∼ n. Aus Reflexivität von ∼ folgt nun n ∼ o und wegen
Transitivität auch p ∼ o und damit auch p ∼ m. Daher ist p ∈ [m]. Es folgt [n] ⊆ [m]. Unter
Vertauschung der Rollen von m und n erhält man auf gleiche Art und Weise [m] ⊆ [n], und
daher [m] = [n].
3
Dazu benötigt man das Auswahlaxiom.
1 Mengen und Abbildungen
11
Jedes m ∈ M ist also in genau einer Äquivalenzklasse enthalten, und M zerfällt in eine
disjunkte Vereinigung von Äquivalenzklassen:
[
M=
[a] ,
[a]∈M/∼
wobei mit M/ ∼ die Menge der Äquivalenzklassen, die sogenannte Quotientenmenge bezeichnet ist. Es gibt eine kanonische Abbildung
M −→ M/∼ , m 7−→ [m] .
Das Urbild einer Äquivalenzklasse unter dieser Abbildung ist gerade die Äquivalenzklasse
selber, aber aufgefaßt als Teilmenge von M .
Beispiel 1.30. Sei M = Z, und wähle außerdem eine natürliche Zahl p ∈ N. Definiere die
Relation auf Z
x ∼ y :⇔ (x − y) ist durch p teilbar .
Man überprüft leicht, dass dies eine Äquivalenzrelation ist. Die Äquivalenzklassen sind gegeben durch
[x] = {x + np | n ∈ Z} .
In der Tat gilt [x] = [x + np] für alle n ∈ Z, und daher gibt es genau p verschiedene
Äquivalenzklassen: [0], [1], . . . , [p − 1], d.h.
Z/ ∼= {[0], [1], . . . , [p − 1]} .
Das kann man sich leicht wie in Abbildung 2 veranschaulichen. Diese Quotientenmenge, die
auch Z/pZ genannt wird, wird uns im nächsten Kapitel wieder begegnen. Die Äquivalenzklassen [n] werden auch Restklassen modulo p genannt.
..
.
2p
p
0
p
2p
..
.
..
.
2p + 1
p+1
1
p+1
2p + 1
..
.
..
.
2p + 2
p+2
2
p+2
2p + 2
..
.
..
.
...
...
...
...
...
3p 1
2p 1
p 1
1
p 1
..
.
[0]
[1]
[2]
...
[p
1]
Abbildung 2: Z/pZ: rot umrandet sind jeweils die Äquivalenzklassen.
12
2
2.1
Gruppen
Definition
Interessante mathematische Objekte können gewonnen werden, in dem man Mengen mit
zusätzlichen Strukturen versieht.
Definition 2.1. Eine Gruppe ist ein Paar (G, ·) bestehend aus einer Menge G zusammen
mit einer Abbildung · : G × G −→ G, (g, h) 7−→ g · h, so dass die folgenden Bedingungen
erfüllt sind:
(G1) (g · h) · i = g · (h · i) für alle g, h, i ∈ G
(Assoziativität)
(G2) es gibt ein e ∈ G, so dass g · e = g für alle g ∈ G
(rechts-neutrales Element)
(G3) für alle g ∈ G gibt es ein g 0 ∈ G, so dass gg 0 = e
(rechts-Inverses)
Eine Gruppe heißt abelsch oder kommutativ, falls zusätzlich gilt
(G4) g · h = h · g, für alle g, h ∈ G
(Kommutativität)
(Manchmal schreibt man auch gh für g · h.)
Beispiel 2.2.
(1) die reellen Zahlen mit der Addition (R, +) sind eine abelsche Gruppe:
die Addition ist assoziativ, (x + y) + z = x + (y + z), e = 0, und x−1 = −x
(2) die reellen Zahlen ohne Null mit der Multiplikation (R \ {0}, ·) bilden eine abelsche
Gruppe: auch die Multiplikation ist assoziativ (xy)z = x(yz), e = 1, x−1 = x1
(3) genauso bilden die positiven reellen Zahlen mit der Multiplikation (R>0 , ·) eine abelsche
Gruppe
Satz
(1)
(2)
(3)
(4)
2.3.
Sei g 0 rechts-invers zu g ∈ G. Dann gilt auch g 0 g = e, d.h. g 0 ist auch links-invers zu g.
Das rechts-neutrale Element e ∈ G ist auch links-neutral, d.h. e · g = g für alle g ∈ G.
Das neutrale Element ist eindeutig, d.h. falls gh = g so ist h = e.
Das Inverse g 0 zu g ∈ G ist eindeutig, wir nennen es g 0 =: g −1 .
Beweis. (1) Nach (G3) gibt es ein rechts-Inverses g 00 von g 0 . Dann gilt das folgende:
(G3)
(G2)
(G3)
(G1)
(G3)
(G2)
e = g 0 g 00 = (g 0 e)g 00 = (g 0 (gg 0 ))g 00 = (g 0 g)(g 0 g 00 ) = (g 0 g)e = g 0 g .
(2) Dazu benutzt man (1), also dass g 0 sowohl rechts- als auch links-invers zu g ist.
(G3)
(G1)
(1)
(G2)
eg = (gg 0 )g = g(g 0 g) = ge = g .
(3) Sei h ∈ G mit gh = g. Dann gilt
(2)
(1)
(G1)
(1)
h = eh = (g 0 g)h = g 0 (gh) = g 0 g = e .
(4) Sei h ∈ G ein anderes rechts-inverses zu g, d.h. gh = e. Dann gilt
(2)
(1)
(G1)
h = eh = (g 0 g)h = g 0 (gh) = g 0 .
2 Gruppen
13
Beispiel 2.4. Betrachte die Quotientenmenge Z/pZ aus Beispiel 1.30. Zu zwei Äquivalenzklassen [m], [n] ∈ Z/pZ definiere die Menge
[m] + [n] := {a + b | a ∈ [m] , b ∈ [n]} .
(2.1)
In der Tat ist dies wieder eine Äquivalenzklasse:
[m] + [n] = {m + kp + n + lp | k, l ∈ Z} = {(m + n) + (k + l)p | k, l ∈ Z}
= {(m + n) + rp | r ∈ Z} = [m + n] .
Gleichung (2.1) definiert also eine Verknüfpung + : Z/pZ × Z/pZ → Z/pZ, [m] + [n] 7→
[m + n] auf Z/pZ. Diese Verknüpfung ist assoziativ und kommutativ, e = [0] ist ein neutrales
Element, und [m]−1 = [−m] ist invers zu [m]. (Z/pZ, +) ist daher eine abelsche Gruppe.
Bemerkung 2.5. Die Menge Bij(X, X) der bijektiven Abbildungen X −→ X einer nicht
leeren Menge X in sich selber zusammen mit der Komposition · = ◦ ist eine Gruppe. (Auf
diese Art kann man leicht interessante Gruppen konstruieren. Insbesondere werden wir in
Kapitel 2.3 auf diese Art die wichtigen symmetrischen Gruppen erhalten.)
Beweis. Zunächst stellt man fest, dass nach Bemerkung 1.19 die Komposition zweier bijektiver Abbildungen wieder bijektiv ist. ◦ ist daher wirklich eine Verknüpfung auf Bij(X, X).
Die Assoziativität der Komposition haben wir in Bemerkung 1.22 gezeigt. Das neutrale Element ist e = idX , und das Inverse einer bijektiven Abbildung f ist ihre Umkehrabbildung
f 0 = f −1 , vgl. Bemerkung 1.23.
2.2
Untergruppen und Gruppenhomomorphismen
In den Kapitel 1.1 und 1.2 wurden Untermengen und Abbildungen eingeführt, um Beziehungen zwischen Mengen beschreiben zu können. Für die Untersuchung von Relationen zwischen
Gruppen paßt man diese Begriffe dahingehend an, dass sie mit der zusätzlichen Struktur der
Gruppen, d.h. der Gruppenverknüpfung · : G × G → G kompatibel sind.
Definition 2.6. Eine Untergruppe ist eine nicht-leere Teilmenge H von G, so dass für alle
a, b ∈ H folgt ab−1 ∈ H. Man schreibt H ⊆ G.
Bemerkung 2.7. In der Tat ist unter diesen Bedingungen H mit der von G geerbten
Verknüpfung selber eine Gruppe. Wählt man a = b so folgt direkt, dass e ∈ H ist. Wählt
man nun a = e, so folgt, dass für alle b ∈ H auch b−1 in H ist. Die Gruppenverknüpfung
bildet H × H nach H ab. Assoziativität folgt aus der Assoziativität der Verknüpfung auf G.
Beispiel 2.8.
(1) (Z, +) ⊂ (Q, +) ⊂ (R, +)
(2) Für p ∈ N sei pZ = {pn | n ∈ Z} die Menge der durch p teilbaren ganzen Zahlen. Dann
sieht man leicht, dass (pZ, +) ⊂ (Z, +) eine Untergruppe ist.
14
2.2 Untergruppen und Gruppenhomomorphismen
Satz 2.9. Alle Untergruppen H ⊆ Z sind von der Form pZ, p ∈ N0 .
Beweis. Sei H ⊂ Z eine Untergruppe. Es gilt 0 ∈ H. Falls H = {0}, so ist H = pZ mit
p = 0. Falls andererseits H ⊃ {0}, so enthält sie mindestens eine positive ganze Zahl, denn
für alle q ∈ H ist auch −q ∈ H. Sei p die kleinste positive ganze Zahl in H. Aus der Gruppeneigenschaft folgt weiter, dass auch alle np, mit n ∈ Z in H enthalten sein müssen, also
pZ ⊆ H. In der Tat ist H = pZ. Denn gäbe es ein q ∈ H \ pZ, so wären auch alle q − np ∈ H.
Die kleinste positive solche Zahl ist aber kleiner als p, . Das ist ein Widerspruch, da p ja
die kleinste positive ganze Zahl in H ist.
Um Gruppen zu vergleichen betrachtet man Abbildungen zwischen Gruppen, die mit der
Verknüpfung kompatibel sind:
Definition 2.10. Seien (G, ·G ) und (H, ·H ) zwei Gruppen. Ein Gruppenhomomorphismus von G nach H ist eine Abbildung ϕ : G → H, so dass für alle g, h ∈ G gilt:
ϕ(g ·G h) = ϕ(g) ·H ϕ(h) .
(GH)
Ist ϕ ferner bijektiv, so nennt man es einen Gruppenisomorphismus, und die beiden
Gruppen isomorph. Man schreibt dann G ∼
= H.
(Da meist klar ist, welche Verknüpfung gemeint ist, werden die Verknüpfungen in der Notation normalerweise nicht unterschieden, sondern man schreibt ‘·’ sowohl für die Verknüpfung
in G als auch für die in H.)
Beispiel 2.11.
(1) Für p ∈ N ist die Inklusionsabbildung
i : pZ −→ Z
pn 7−→ pn
ein Gruppenhomomorphismus.
(2) Darüberhinaus ist die Abbildung
Z −→ pZ
n 7−→ pn
ein Gruppenisomorphismus. Z und pZ sind also isomorph.
(3) Außerdem ist die Quotientenabbildung
mod − p : Z −→ Z/pZ
n 7−→ [n]
die n auf die Äquivalenzklasse [n] abbildet ein Gruppenhomomorphismus.
2 Gruppen
15
(4) ({±1}, ·), die Menge bestehend aus ±1 zusammen mit der Multiplikation bildet eine
Gruppe, wobei hier e = 1 ist. Vermöge des Gruppenisomorphismus
({±1}, ·) −→ (Z/2Z, +)
+1 7−→ [0]
−1 7−→ [1]
ist ({±1}, ·) isomorph zu (Z/2Z, +).
(5) Die Abbildung
exp : R −→ R>0
x 7−→ ex
ist ein Isomorphismus zwischen den beiden Gruppen (R, +) und (R>0 , ·).
Proposition 2.12. Seien G und H zwei Gruppen und ϕ : G −→ H ein Gruppenhomomorphismus.
(1) Dann gilt ϕ(eG ) = eH und ϕ(g −1 ) = (ϕ(g))−1 für alle g ∈ G.
(2) Sei G0 ⊆ G eine Untergruppe von G, dann ist ϕ(G0 ) eine Untergruppe von H. Insbesondere ist ϕ(G) Untergruppe von H.
(3) Ist H 0 ⊆ H eine Untergruppe von H, so ist auch ϕ−1 (H 0 ) eine Untergruppe von G.
Insbesondere ist der Kern ker(ϕ) := ϕ−1 ({eH }) ⊂ G eine Untergruppe.4
(4) Ist ϕ ein Gruppenisomorphismus, so gilt das auch für die Umkehrabbildung ϕ−1 .
Beweis. (1) Es gilt ϕ(g) = ϕ(eG · g) = ϕ(eG ) · ϕ(g). Mit Satz 2.3 folgt ϕ(eG ) = eH .
Daraus folgt weiter eH = ϕ(eG ) = ϕ(g · g −1 ) = ϕ(g) · ϕ(g −1 ). Nach Satz 2.3 gilt daher
(ϕ(g))−1 = ϕ(g −1 ).
(2) Seien a, b ∈ ϕ(G0 ), d.h. a = ϕ(g), b = ϕ(h) für g, h ∈ G0 . Dann gilt aber a · b−1 =
ϕ(g) · (ϕ(h))−1 = ϕ(g) · ϕ(h−1 ) = ϕ(g · h−1 ). Dies ist aber in ϕ(G0 ), da G0 eine Untergruppe
ist, vgl. Definition 2.6.
(3) Seien a, b ∈ ϕ−1 (H 0 ). Dann gilt ϕ(a), ϕ(b) ∈ H 0 . Da dies eine Untergruppe ist folgt, dass
H 0 3 ϕ(a) · (ϕ(b))−1 = ϕ(a) · ϕ(b−1 ) = ϕ(a · b−1 ), und daher ist auch a · b−1 in ϕ−1 (H 0 ). Es
ist also eine Untergruppe.
(4) Die Umkehrabbildung ist bijektiv. Zu zeigen ist lediglich, dass sie ein Gruppenhomomorphismus ist. Seien a, b ∈ H mit ϕ(a0 ) = a und ϕ(b0 ) = b. Dann gilt ϕ−1 (a) · ϕ−1 (b) = a0 · b0 =
ϕ−1 (ϕ(a0 · b0 )) = ϕ−1 (ϕ(a0 ) · ϕ(b0 )) = ϕ−1 (a · b).
Beispiel 2.13.
(1) Das Bild i(pZ) = pZ ⊂ Z der Inklusionsabbildung in Beispiel 2.11(1) ist eine Untergruppe.
(2) Der Kern ker(mod − p) = pZ der Quotientenabbildung mod − p in Beispiel 2.11(3) ist
eine Untergruppe.
4
Der Kern ist in der Tat sogar eine sogenannte normale Untergruppe. Dies sind sehr wichtige spezielle
Untergruppen, die hier jedoch nicht diskutiert werden.
16
2.3
2.3 Die Symmetrische Gruppe
Die Symmetrische Gruppe
Wählt man in Bemerkung 2.5 die Menge X = {1, . . . , n} für n ∈ N so erhält man die
sogenannte symmetrische Gruppe
Sn := (Bij(X, X), ◦) .
(2.2)
Elemente π ∈ Sn sind Bijektionen von {1, . . . , n}, d.h. Abbildungen die die Zahlen von
1 bis n miteinander permutieren. Man nennt sie daher auch Permutationen und Sn die
Permutationsgruppe. Man benutzt die Schreibweise
1
2
...
n
Sn 3 π =
.
π(1) π(2) . . . π(n)
Die Gruppe S1 besteht nur aus dem neutralen Element e. Die Gruppe S2 besteht aus zwei
Elementen, der Identitätsabbildung e, und der Transposition τ , die 1 und 2 vertauscht:
1 2
1 2
e=
, τ=
.
1 2
2 1
Es gilt τ 2 = e, und daher ist S2 isomorph zu der abelschen Gruppe Z/2Z
∼
=
S2 −→ Z/2Z .
e 7−→ [0]
τ 7−→ [1]
Für n > 2 ist Sn nicht abelsch, denn seien π und σ die Permutationen, die die Elemente 1
und 2, bzw. 2 und 3 vertauschen:
1 2 3 ... n
1 2 3 4 ... n
π=
, σ=
,
2 1 3 ... n
1 3 2 4 ... n
so gilt
π◦σ =
1 2 3 4 ... n
2 3 1 4 ... n
6=
1 2 3 4 ... n
3 1 2 4 ... n
= σ◦π.
Man sieht leicht, dass Sn die Ordnung |Sn | = n! hat. Denn um π zu spezifizieren, muß man
die Bilder π(i) für alle 1 ≤ i ≤ n festlegen. Das kann man sukzessive tun. Bei π(1) hat
man n verschiedene Möglichkeiten, nämlich alle Elemente von {1, . . . , n}. Da π injektiv ist,
muß π(1) 6= π(2) gelten. Bei π(2) hat man daher nur noch (n − 1) Möglichkeiten, nämlich
{1, . . . , n}\{π(1)}. Bei der Wahl von π(3) gibt es nur noch (n−2) Möglichkeiten, und bei π(i)
(n + 1 − i) viele. Insgesamt hat man also n(n − 1) . . . 1 = n! unterschiedliche Permutationen.
Bemerkung 2.14. Die Teilmenge
{π ∈ Sn | π(n) = n} ⊂ Sn
aller Elemente in Sn , die n ∈ X auf n abbilden ist eine Untergruppe von Sn , die isomorph
ist zu Sn−1 .
2 Gruppen
17
Permutationen, die zwei Elemente i 6= j ∈ X vertauschen, und alle anderen invariant
lassen werden Transpositionen genannt:

/ {i, j}
 x, x ∈
j, x=i
Sn 3 (i j) : x 7−→
.

i, x = j
Für diese gilt (i j) = (j i), und außerdem (i j)2 = e. Die Transpositionen erzeugen die gesamte
Permutationsgruppe. Genauer gilt
Proposition 2.15. Jede Permutation π ∈ Sn kann als Produkt von höchstens (n − 1)
Transpositionen dargestellt werden.
Beweis. Das beweist man leicht induktiv nach n. Es ist klar für n = 1. Sei nun π ∈ Sn . Falls
π(n) = n, so liegt π in der in Bemerkung 2.14 beschriebenen Untergruppe Sn−1 ⊂ Sn , und ist
daher nach Induktionsvorraussetzung darstellbar als Produkt von höchstens (n−2) < (n−1)
Transpositionen. Falls andererseits π(n) = p 6= n, so bildet die Komposition ((n p) ◦ π) n auf
n ab: ((n p)◦π)(n) = n. Also ist (n p)◦π ∈ Sn−1 und kann nach Induktionsvorraussetzung als
Produkt von höchstens (n−2) Transpositionen geschrieben werden. Mit (n p)2 = e folgt nun,
dass π als Transposition aus höchstens (n − 1) Transpositionen dargestellt werden kann.
Definition 2.16. Für π ∈ Sn definiere die Menge der Fehlstände
Fπ := {(i, j) | i < j , und , π(i) > π(j)}
von π.
l(π) := |Fπ |
nennt man die Länge von π, und
sign(π) := (−1)l(π)
das Signum von π. Ferner nennt man π gerade (ungerade) falls sign(π) = +1(−1).
Satz 2.17.
(1) sign(e)=1
(2) Für σ ∈ Sn gilt
sign(σ) =
σ(i) − σ(j)
=
i−j
1≤i<j≤n
Y
Y
{a,b}⊂{1,...,n}, a6=b
(3) sign(π ◦ σ) = sign(π) sign(σ) .
(4) Falls τ ∈ Sn eine Transposition ist so gilt sign(τ ) = −1.
σ(a) − σ(b)
.
a−b
18
Beweis. (1) e hat keine Fehlstände.
(2) Der Unterschied der beiden Produktformeln liegt lediglich in dem Umstand, dass die
Reihenfolge der beiden Elemente in der ersten Formel vorgegeben ist, und in der zweiten
nicht. Die Formel hängt von der Reihenfolge jedoch nicht ab. Daher ist die zweite Formel
wohldefiniert, und gleich der ersten. Wenn nun {a, b} alle Teilmengen von {1, . . . , n} mit
zwei Elementen durchlaufen, so gilt das auch für {σ(a), σ(b)}. Daher sind die Beträge des
Nenners und des Zählers in der Gleichung identisch. Der Quotient muß also ±1 sein. Wie
man an der ersten Formel sieht, muß das Vorzeichen aber gerade (−1)|Fσ | = sign(σ) sein.
(3) Nach (2) gilt
(π ◦ σ)(a) − (π ◦ σ)(b)
a−b
{a,b}⊂{1,...,n}, a6=b
Y
(π ◦ σ)(a) − (π ◦ σ)(b)
σ(a) − σ(b)
=
σ(a) − σ(b)
a−b
{a,b}⊂{1,...,n}, a6=b



Y
Y
σ(a) − σ(b) 
π(a) − π(b)  
= 
a−b
a−b
sign(π ◦ σ) =
Y
{a,b}⊂{1,...,n}, a6=b
{a,b}⊂{1,...,n}, a6=b
= sign(π) sign(σ) .
Dabei wurde verwendet, dass {σ(a), σ(b)} alle zwei-Elemente Teilmengen von {1, . . . , n}
durchläuft, wenn {a, b} alle solche Teilmengen durchläuft.
(4) Sei τ = (i j) mit oBdA i < j. Dann sind die Fehlstände gegeben durch die disjunkte
Vereinigung
Fτ = {(i, l) | i < l < j} ∪˙ {(l, j) | i < l < j} ∪˙ {(i, j)} ,
und da die ersten beiden Teilmengen die gleiche Ordnung haben folgt die Behauptung.
Bemerkung 2.18. Satz 2.17(3) besagt insbesondere, dass die Abbildung sign : Sn → {±1}
ein Gruppenhomomorphismus ist, vgl. Beispiel 2.11(4). Nach Proposition 2.12 ist der Kern
ker(sign) = {π ∈ Sn | π ist gerade} eine Untergruppe von Sn . Diese wird alternierende
Gruppe genannt und mit An bezeichnet.
3
3.1
Körper
Definition
Im vorherigen Kapitel wurden Gruppen als Mengen mit einer Verknüpfung eingeführt. In der
Linearen Algebra benötigt man Objekte, die wie z.B. die reellen Zahlen zwei Verknüpfungen
haben, Addition und Multiplikation.
3 Körper
19
Definition 3.1. Ein Körper ist ein Tripel (K, +, ·) bestehend aus einer nicht-leeren Menge
K und zwei Verknüpfungen
+ : K × K −→ K
(x, y) 7−→ x + y
und
· : K × K −→ K ,
(x, y) 7−→ x · y
so dass die folgenden Axiome erfüllt sind
(K1) (K, +) ist eine abelsche Gruppe. Das neutrale Element bezeichnen wir mit 0.
(K2) (K ∗ = K \ {0}, ·) ist eine abelsche Gruppe.
(K3) Distributivgesetz: für alle x, y, z ∈ K gilt
(x + y) · z = (x · z) + (y · z) und z · (x + y) = (z · x) + (z · y) .
Schwächt man die Körperaxiome (K1-3) dahingehend ab, dass man statt (K2) lediglich
die Assoziativität der Verknüpfung · fordert, erhält man die Definition eines Rings:
Definition 3.2. Ein Ring ist ein Tripel (K, +, ·) wie in Definition 3.1, das (K1) und (K3)
erfüllt, und dessen Multiplikation · assoziativ ist.
Notation 3.2.1. Sei (K, +, ·) ein Körper, dann verwenden wir die folgenden Notationen:
• das Inverse von x in der Gruppe (K, +) bezeichnen wir mit −x
• wir schreiben x − y für x + (−y)
• das neutrale Element von (K ∗ , ·) bezeichnen wir mit 1
• x−1 oder auch x1 ist das Inverse von x in der Gruppe (K ∗ , ·)
• wir schreiben xy für x · y und xy für xy −1 bzw. y −1 x
• für x ∈ K ∗ , i ∈ Z verwenden wir die Potenzschreibweise

1,
i=0


,
i
>0
x
·
x
·
.
.
.
·
x
{z
}
|
xi =

 −ii mal
(x )−1 ,
i<0
• wir benutzen die ‘Punkt-vor-Strich-Regel’ und schreiben x + yz für x + (yz)
Beispiel 3.3.
• (R, +, ·) und (Q, +, ·) sind Körper.
• Auch
√
√
Q( 2) := {r + s 2 | r, s ∈ Q}
ist ein Körper. (Siehe Übungsaufgabe.)
• (Z, +, ·) ist kein Körper, sondern nur ein Ring, denn es gibt nicht für jede ganze Zahl
ein multiplikatives Inverses.
Bemerkung 3.4. In einem Körper gelten die folgenden Regeln (x, y, z ∈ K):
(1) 1 6= 0
(2) 0 · x = 0 = 0 · x für alle x ∈ K
(3) x · y = 0 ⇒ (x = 0 ∨ y = 0)
20
3.1 Definition
(4) x · (−y) = −x · y, (−x) · (−y) = x · y
(5) (x · z = y · z ∧ z 6= 0) ⇒ x = y
Beweis. (1) 1 ∈ K ∗ = K \ {0}.
(2) Aus dem Distributivgesetz (K3) folgt 0x = (0 + 0)x = 0x + 0x. Mit Satz 2.3(3) folgt
daher 0x = 0. Analog zeigt man x0 = 0.
(3) Wegen der Gruppeneigenschaft von (K ∗ , ·) ist xy 6= 0 falls x, y ∈ K ∗ .
(4) xy + x(−y) = x(y + (−y)) = x0 = 0 ⇒ x(−y) = −xy. Ferner (−x)(−y) = −(−x)y =
−(−xy) = xy.
(5) Die Behauptung gilt wegen der Gruppeneigenschaft für x, y ∈ K ∗ . Falls nun x = 0, so
muß nach (3) auch y = 0 sein. Es folgt also auch in diesem Fall x = y.
Satz 3.5. Definiere das Produkt zweier Äquivalenzklassen [m], [n] ∈ Z/pZ als
[m] · [n] := {M N + kp | M ∈ [m] , N ∈ [n] , k ∈ Z} .
Dann gilt [m] · [n] = [mn]. Neben der Addition (vgl. Gleichung (2.1)) ist · also eine weitere
Verknüpfung auf Z/pZ. Falls p ∈ N eine Primzahl ist, so ist (Z/pZ \ {[0]}, ·) eine abelsche
Gruppe und (Z/pZ, +, ·) ein Körper, der auch Fp genannt wird.
Beweis. Es gilt
[m] · [n] = {(m + ap)(n + bp) + kn | a, b, k ∈ Z}
= {mn + p(k + mb + na + abp) | a, b, k ∈ Z} = {mn + pl | l ∈ Z}
= [mn]
Dass (Z/pZ, +) eine abelsche Gruppe ist, ist bekannt. Kommutativität und Assoziativität
von · und das Distributivgesetz folgen aus den entsprechenden Eigenschaften von Z. Das
neutrale Element von (Z/pZ \ {[0]}, ·) ist [1]. Für die Existenz von Inversen benötigt man
dass p eine Primzahl ist. In diesem Fall ist die Multiplikation mit [n] 6= [0] eine injektive
Abbildung auf Z/pZ. Denn aus [n][a] = [n][b] folgt, dass n(a − b) durch p teilbar. Da p prim
ist, und n nicht durch p teilbar, muß (a − b) durch p teilbar sein, also [a] = [b]. Da Z/pZ
eine endliche Menge ist, folgt aus der Injektivität auch die Surjektivität. Insbesondere gibt
es also ein [n0 ] mit [n] · [n0 ] = [1].
Bemerkung 3.6. Falls p keine Primzahl ist, so gibt es in Z/pZ sogenannte Nullteiler, d.h.
es gibt [n], [m] ∈ Z/pZ \ {[0]} mit [m] · [n] = [0]. Falls nämlich p = ab mit a, b ∈ N>1 , so
gilt [a], [b] 6= [0] aber [a] · [b] = [0]. Insbesondere ist (Z/pZ \ {[0]}, ·) keine Gruppe. Da die
Multiplikation assoziativ ist, ist Z/pZ aber trotzdem noch ein Ring.
Beispiel 3.7. Der Körper F2 hat zwei Elemente: das neutrale Element der Addition 0
und das neutrale Element der Multiplikation 1. Multiplikation und Addition sind durch die
folgenden Tabellen beschrieben:
+ 0 1
0 0 1
1 1 0
· 0 1
0 0 0
1 0 1
3 Körper
21
Wenn man 0 und 1 als die logischen Werte ‘falsch’ und ‘wahr’ interpretiert, entsprechen die
Operationen + und · gerade den logischen Operationen ∨˙ (‘xor’) und ∧ (‘und’).
3.2
Unterkörper und Körperhomomorphismen
Genau wie bei Gruppen adaptiert man die Begriffe Untermenge und Abbildung derart, dass
sie mit der zusätzlichen Körper-Struktur kompatibel sind, um damit Beziehungen zwischen
Körpern formulieren zu können.
Definition 3.8. Sei L ⊂ K eine Teilmenge eines Körpers (K, +, ·), so dass (L, +) ⊂ (K, +)
und (L \ {0}, ·) ⊂ (K \ {0}, ·) Untergruppen sind, so ist (L, +, ·) selber ein Körper, man
nennt ihn einen Unterkörper von K.
Definition 3.9. Seien (K, +K , ·K ) und (L, +L , ·L ) Körper, und f : K → L eine Abbildung,
die mit der Addition und Multiplikation kompatibel ist, d.h.
f (x +K y) = f (x) +L f (y) ; und f (x ·K y) = f (x) ·L f (y) ,
dann nennt man f einen Körperhomomorphismus5 .
Ist f bijektiv, so nennt man f Körperisomorphismus, und die beiden Körper isomorph.
Man schreibt (K, +K , ·K ) ∼
= (L, +L , ·L ).
(Handelt es sich bei (K, +K , ·K ) und (L, +L , ·L ) um Ringe, nennt man f einen Ringhomomorphismus.)
√
Beispiel 3.10. Q ⊂ Q( 2) ⊂ R sind Unterkörper und die jeweiligen Inklusionen sind
Körperhomomorphismen.
Lemma 3.11. Sei K ein Körper. Dann ist
ϕ : Z −→ K
n 7−→ n · 1K := 1K + . . . + 1K
{z
}
|
n mal
ein Ringhomomorphismus.
Beweis. Übungsaufgabe.
Definition 3.12. Die Characteristik eines Körpers K ist definiert als
0,
n · 1K 6= 0 ∀ n ∈ N
char(K) :=
.
min{n ∈ N | n · 1K = 0} , sonst
Proposition 3.13.
Anders ausgedrückt müssen f : (K, +K ) → (L, +L ) und f |K ∗ : (K ∗ , ·K ) → (L∗ , ·L ) Gruppenhomomorphismen sein.
5
22
3.3 Die komplexen Zahlen
(1) Die Charakteristik eines
√ Körpers ist entweder 0 oder eine Primzahl.
(2) char(Q) = char(Q( 2)) = char(R) = 0
(3) Sei p eine Primzahl. Dann ist char(Fp ) = p.
Beweis. (1) Nehme an, dass char(K) = ab mit a, b ∈ N>1 . Da die Abbildung ϕ ein
Ringhomomorphismus ist, folgt 0 = ϕ(ab) = ϕ(a) ·K ϕ(b). Nach Bemerkung 3.4(3) folgt,
ϕ(a) = 0 oder ϕ(b) = 0. Das ist ein Widerspruch zur Definition der Charakteristik, denn
a, b < char(K).
√
(2) In Q, Q( 2), R gilt n · 1 = n 6= 0 für alle n ∈ N.
(3) In Fp gilt n · [1] = [n]. Das ist gleich 0 = [0] in Fp genau dann wenn n ∈ pZ.
3.3
Die komplexen Zahlen
Satz 3.14. Die Menge R × R = {(x, y) | x, y ∈ R} zusammen mit den Verknüpfungen
(a, b) + (x, y) = (a + x, b + y) und (a, b) · (x, y) = (ax − by, ay + bx)
ist ein Körper, mit 0 = (0, 0) und 1 = (1, 0). Die Inversen sind gegeben durch
x
−y
−1
,
,
− (x, y) = (−x, −y) und (x, y) =
x2 + y 2 x2 + y 2
wobei bei dem multiplikativen Inversen (x, y) 6= (0, 0) vorrausgesetzt ist. Man nennt den
Körper auch Körper der komplexen Zahlen, und bezeichnet ihn als C.
Beweis. Übungsaufgabe.
Die Abbildung R −→ C, x 7−→ (x, 0) ist ein injektiver Körperhomomorphismus. (Das
liest man leicht aus der Definition der Verknüpfungen von C ab.) Er identifiziert R als
Unterkörper von C: R = {(x, 0) | x ∈ R} ⊂ C. Wenn man die imaginäre Einheit i := (0, 1)
definiert, so läßt sich damit jede komplexe Zahl z schreiben als
z = (x, y) = x + iy .
Dabei nennt man x = <(z) den Realteil von z, und y = =(z) den Imaginärteil. Die
imaginäre Einheit hat die Eigenschaft6
i2 = −1 .
Man kann sich die komplexen Zahlen als Punkte in der Gauß’schen Zahlenebene veranschaulichen.
6
Das ist auch der Grund, warum die komplexen Zahlen so nützlich sind. Über ihnen sind alle quadratischen
Gleichungen lösbar, insbesondere x2 = −1.
3 Körper
23
Abbildung 3: Gaußsche Zahlenebene: (a) Real- und Imaginärteil, (b) komplexe Konjugation,
(c) Absolutbetrag und Argument
Definition 3.15. Die Abbildung
C −→ C
z = x + iy 7−→ z = x − iy
(3.1)
nennt man die komplexe Konjugation.
Proposition 3.16. Die komplexe Konjugation ist ein Körperisomorphismus C → C. Insbesondere gilt
z + w = z + w , und z w = z w .
Desweiteren gilt
• z=z
• z=z ⇒ z∈R⊂C
• <(z) = 12 (z + z), =(z) = 2i1 (z − z)
• z z = x2 + y 2 ∈ R≥0 für z = x + iy
Beweis. Das rechnet man leicht nach.
Definition 3.17. Der Absolutbetrag einer komplexen Zahl z = x + iy ist definiert durch
p
√
|z| = |x + iy| = zz = x2 + y 2 .
Bemerkung 3.18. Es gilt
• |zw| = |z| |w|
• |z| = |z|
• |z + w| ≤ |z| + |w| (Dreiecksungleichung)
24
3.3 Die komplexen Zahlen
Abbildung 4: Addition und Multiplikation in der Gaußschen Zahlenebene
Beweis. Auch dies rechnet man leicht nach.
Bemerkung 3.19.
(1) Sei z = x + iy ∈ C \ {0}. Es gilt
x
|z|
2
+
y
|z|
2
= 1,
und wie in der Analysis diskutiert wird, gibt es daher ein eindeutiges α ∈ [0, 2π), so
dass
x
y
z
= |z|
+i
z = |z|
= |z| (cos(α) + i sin(α)) .
|z|
|z|
|z|
Man nennt α auch das Argument von z und schreibt α = arg(z). Das Argument
bezeichnet den Winkel zwischen der x-Achse und dem Vektor z in der Gauß’schen
Zahlenebene.
(2) In der Analysis wird ferner die Eulersche Formel bewiesen
eiα = cos(α) + i sin(α) ,
Man kann also jede komplexe Zahl z 6= 0 eindeutig schreiben als
z = |z|ei arg(z) .
(3) Aus den Additionstheoremen der trigonometrischen Funktionen folgt
eiα eiβ = (cos(α) + i sin(α)) (cos(β) + i sin(β))
= (cos(α) cos(β) − sin(α) sin(β)) + i (cos(α) sin(β) + sin(α) cos(β))
= cos(α + β) + i sin(α + β) = ei(α+β) .
4 Vektorräume
25
Unter Multiplikation verhalten sich die Argumente also additiv, während sich die Beträge multiplizieren (vgl. Bemerkung 3.18):
z w = |z| ei arg(z) |w| ei arg(w) = |z| |w| ei(arg(z)+arg(w)) .
Addition und Multiplikation von komplexen Zahlen lassen sich in der Gaußschen Zahlenebene
veranschaulichen (siehe Abbildung 4).
4
4.1
Vektorräume
Definition
Definition 4.1. Sei K ein Köper. Ein Vektorraum über K (oder auch K-Vektorraum) ist
eine abelsche Gruppe (V, +) zusammen mit einer Verknüpfung
· : K × V −→ V
(k, v) 7−→ k · v
so dass die folgenden Axiome erfüllt sind:
(V1) k · (l · v) = (k l) · v für alle k, l ∈ K, v ∈ V .
(V2) Das 1-Element aus K operiert trivial auf V , d.h. 1 · v = v für alle v ∈ V .
(V3) Für alle k, l ∈ K, v, w ∈ V gilt
(k + l) · v = k · v + l · v ,
k · (v + w) = k · v + k · w .
+ wird auch die Vektorraum-Addition genannt, und · die skalare Multiplikation.
(Achtung: die Symbole ‘+’ und ‘·’ werden hier jeweils für zwei unterschiedliche Operationen
verwendet: zum einen für die Addition und Multiplikation im Körper K und zum anderen für
die Vektorraum-Addition und die skalare Multiplikation auf V . Welche Operationen gemeint
sind erschließt sich daraus, auf welche Objekte sie angewendet werden.)
Beispiel 4.2.
(1) Sei K ein Körper, dann ist die Menge K n aller n-Tupel mit der folgenden Addition
und skalaren Multiplikation ein Vektorraum:
(x1 , . . . , xn ) + (y1 , . . . , yn ) := (x1 + y1 , . . . , xn + yn )
k · (x1 , . . . , xn ) = (k x1 , . . . , k xn ) ,
wobei hier x1 , . . . , xn , y1 , . . . , yn , k ∈ K.
(2) Für n = 0 ist der Nullvektorraum K 0 := {0} auch ein Vektorraum.
(3) Sei K ein Körper und X eine beliebige Menge. Die Menge der Abbildungen Abb(X, K)
von X nach K zusammen mit der Addition
+ : Abb(X, K) × Abb(X, K) −→ Abb(X, K)
(f, g) 7−→ f + g ,
(f + g)(x) := f (x) + g(x) ,
26
4.2 Untervektorräume
und der skalaren Multiplikation
· : K × Abb(X, K) −→ Abb(X, K)
(k, f ) 7−→ k · f ,
(k · f )(x) := k f (x) ,
ist ein Vektorraum.
(4) Die komplexen Zahlen C sind ein Vektorraum über R.
(5) Sei allgemeiner K ein Körper, V ein K-Vektorraum und L ⊂ K ein Teilkörper, so ist
V auch ein L-Vektorraum.
Bemerkung 4.3. In einem K-Vektorraum V gelten die folgenden Regeln:
(1) 0K · v = 0 , für alle v ∈ V
(2) k · 0 = 0 , für alle k ∈ K
(3) für k ∈ K, v ∈ V hat man k · v = 0 ⇒ (k = 0 ∨ v = 0)
(4) (−k) · v = −(k · v)
Beweis. (1) 0K · v = (0K + 0K ) · v = 0K · v + 0K · v. Aus der Gruppeneigenschaft von (V, +)
folgt 0K · v = 0.
(2) Analog stellt man fest k · 0 = k · (0 + 0) = k · 0 + k · 0, und daraus folgt k · 0 = 0.
(3) Sei k · v = 0 aber k 6= 0. Dann folgt v = (k −1 k) · v = k −1 (k · v) = k −1 · 0 = 0.
(4) (k · v) + (−k) · v = (k + (−k)) · v = (k − k) · v = 0 · v = 0. Es folgt (−k) · v = −(k · v).
4.2
Untervektorräume
Definition 4.4. Sei V ein K-Vektorraum. Eine Teilmenge W ⊆ V heißt Untervektorraum
von V falls gilt
(1) W 6= ∅
(2) v, w ∈ W ⇒ v + w ∈ W
(Abgeschlossenheit unter der Addition)
(3) v ∈ W, k ∈ K ⇒ k · v ∈ W
(Abgeschlossenheit unter der skalaren Multiplikation)
Bemerkung 4.5. Sei W ⊆ V ein Untervektorraum.
(1) Dann ist W mit der Einschränkung von + und · selber Vektorraum,
(2) und (W, +) ist Untergruppe von (V, +).
Beispiel 4.6.
(1) {0} ist Untervektorraum eines jeden Vektorraums.
(2) Wie bereits gesehen kann man C als R-Vektorraum ansehen. Dann ist R ⊂ C ein
R-Untervektorraum.
(3) Sei V ein K-Vektorraum und 0 6= v ∈ V . Dann ist K · v := {k · v | k ∈ K} ⊆ V ein
Untervektorraum.
(4) W := {(x, y) ∈ R2 | ax + by = 0} ist für alle a, b ∈ R ein Untervektorraum von R2 .
(5) Sei K ein Körper und X eine nicht-leere Menge. Wir hatten bereits gesehen, dass
V := Abb(X, K) ein K-Vektorraum ist. Sei nun Y ⊆ X eine nicht-leere Teilmenge, und
W := {f ∈ Abb(X, K) | f (y) = 0 ∀ y ∈ Y } die Teilmenge derjenigen Abbildungen von
X nach K, die alle y ∈ Y auf 0 ∈ K abbilden. Dann ist W ⊆ V ein Untervektorraum.
4 Vektorräume
27
Beispiel 4.7. Kein Untervektorraum sind z.B. die folgenden Teilmengen von R2 :
• {(x, x2 ) | x ∈ R}
• {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = 1}
Beide sind nicht abgeschlossen unter Addition und skalarer Multiplikation.
Proposition 4.8. Sei V ein K-Vektorraum, I eine Indexmenge und seien Wi ⊆ V Untervektorräume für alle i ∈ I. Dann ist auch
\
W :=
Wi = {w | w ∈ Wi ∀ i ∈ I}
i∈I
ein Untervektorraum von V .
Beweis. Da die Wi alle Untervektorräume von V sind gilt 0 ∈ Wi für alle i. Damit ist auch
0 ∈ W . Seien ferner v, w ∈ W . Daraus folgt, dass v, w ∈ Wi für alle i ∈ I. Da die Wi
Untervektorräume sind, folgt, dass v + w ∈ Wi für alle i. Es folgt, v + w ∈ W . Ferner gilt
für v ∈ W , dass v ∈ Wi für alle i. Da die Wi Untervektorräume sind, folgt, dass k · v ∈ Wi
für alle k ∈ K und alle i. Daher ist auch k · v ∈ W .
Vorsicht – Vereinigungen von Untervektorräumen sind im allgemeinen keine Untervektorräume:
Bemerkung 4.9. Seien W1 , W2 ⊆ V Untervektorräume, so dass W1 ∪ W2 ⊆ V auch ein
Untervektorraum ist. Dann gilt W1 ⊆ W2 oder W2 ⊆ W1 .
Beweis. Angenommen W1 6⊆ W2 . Sei v2 ∈ W2 und v1 ∈ W1 \ W2 . Dann sind auf jeden Fall
v1 , v2 ∈ W1 ∪ W2 , damit auch v1 + v2 . Aber v1 + v2 kann nicht in W2 sein, denn sonst wäre
auch v1 = (v1 +v2 )−v2 ∈ W2 . Also muß v1 +v2 in W1 sein, und damit auch v2 = (v1 +v2 )−v1 .
Also W2 ⊆ W1 .
4.3
Erzeugenden Systeme, lineare Unabhängigkeit, Basen
Im folgenden sei V ein Vektorraum über einem Körper K.
Definition 4.10. Seien v1 , . . . , vn ∈ V . Ein Vektor w ∈ V ist eine Linearkombination von
v1 , . . . , vn falls es k1 , . . . , kn ∈ K gibt, so dass
w = k1 v1 + . . . + kn vn .
Definition 4.11. Für eine Teilmenge S ⊆ V sei
L(S) := {v ∈ V | v ist Linearkombination von Vektoren in S} ,
L(∅) := {0} .
L(S) ist offensichtlich ein Untervektorraum von V und wird der von S erzeugte Unterraum,
oder auch die lineare Hülle von S genannt.7
7
Häufig wird die lineare Hülle auch der Spann genannt und span(S) geschrieben.
28
4.3 Erzeugenden Systeme, lineare Unabhängigkeit, Basen
L(S) ist der kleinste Unterraum, der S enthält:
Proposition 4.12. Sei S ⊆ V Teilmenge, und WS := {U | U Unterraum von V , der S enthält},
dann gilt
\
L(S) =
U.
U ∈WS
T
Beweis. Auf der einen Seite ist L(S) ∈ WS , daher L(S) T
⊇ U ∈WS U . Sei andererseits
v ∈ L(S), dann gilt v ∈ U für alle U ∈ WS , also L(S) ⊆ U ∈WS U . Daher also L(S) =
T
U ∈WS U .
Insbesondere gilt L(U ) = U für alle Untervektorräume U ⊆ V .
Bemerkung 4.13. Die lineare Hülle besitzt die folgenden Eigenschaften:
(1) S ⊆ L(S)
(2) S ⊆ T ⇒ L(S) ⊆ L(T )
(3) S = L(S) ⇒ S ist Untervektorraum
(4) L(L(S)) = L(S)
Beweis. Einfach.
Definition 4.14. S nennt man Erzeugendensystem von V , falls L(S) = V . V ist endlich
erzeugt, falls es eine endliche Teilmenge T ⊆ V gibt, mit V = L(T ).
Definition 4.15. Sei S ⊆ V eine Teilmenge. Ein Vektor v ∈ V ist linear abhängig von
S, falls v ∈ L(S). Anderenfalls ist v linear unabhängig von S. Die Menge S heißt linear
unabhängig, falls für alle v ∈ S gilt: v ist linear unabhängig von S \ {v}.
Beispiel 4.16.
(1) Für v ∈ V ist {v} linear unabhängig genau dann wenn v 6= 0.
(2) Für v ∈ V ist k v linear abhängig von {v}.
(3) Betrachte die Vektoren e1 = (1, 0) und e2 = (0, 1) in R2 . Dann ist S = {e1 , e2 } linear
unabhängig. Aber e1 − e2 = (1, −1) ist linear abhängig von S.
Lemma 4.17. Sei S ⊆ V eine Teilmenge. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
(1) S ist linear unabhängig.
(2) Für alle n ∈ N, alle paarweise verschiedene v1 , . . . , vn ∈ S, und alle k1 , . . . , kn ∈ K gilt
n
X
i=1
ki vi = k1 v1 + . . . + kn vn = 0 ⇒ k1 = . . . = kn = 0 .
P
(3) Für jedes 0 6= w ∈ L(S) ist die Darstellung w = ni=1P
ki vi , vi ∈ S, ki ∈ K bis auf
0 0
0
0
Vertauschung der Reihenfolge eindeutig. D.h. falls w = m
i=1 ki vi für vi ∈ S, ki ∈ K,
0
0
so gilt m = n und vi = vσ(i) , ki = kσ(i) für ein σ ∈ Sn .
4 Vektorräume
29
Pn
∗
Beweis.
(2)
gilt
nicht
⇒
es
gibt
n
∈
N,
0
=
6
v
∈
S
und
k
∈
K
mit
i
i
i=1 ki vi = 0. Also
Pn k i
v1 = i=2 k1 vi . Daraus folgt, dass S nicht linear unabhängig ist, also gilt (1) nicht. Gelte
umgekehrt (1) nicht, so gibt es ein v1 ∈ S, das linear abhängig von S \ {v1 } ist. Es gibt
also ein
∈ S die ungleich v1 sind, und k2 , . . . , kn ∈ K, so dass
Pnn ∈ N, Vektoren v2 , . . . , vn P
v1 = i=2 ki vi . Mit k1 := 1 gilt also ni=1 ki vi = 0, wobei nicht alle ki null sind. (2) gilt also
nicht. Damit ist gezeigt (1)⇔(2).
Gilt (3) nicht, so gibt es ein 0 6= w ∈ L(S) mit zwei solchen Darstellungen, d.h.
m
X
kj0
vj0
=w=
j=1
n
X
ki vi ,
i=1
die nicht Permutationen voneinander sind. Definiere paarweise disjunkte v̂i ∈ S, so dass
0
{v1 , . . . , vn } ∪ {v10 , . . . , vm
} = {v̂1 , . . . , v̂k }. Dann gilt
0=
m
X
j=1
kj0
vj0
−
n
X
ki vi =
k
X
i=1
k̂l v̂l .
l=1
Da die beiden Darstellungen keine Permutationen voneinander sind, gilt dass zumindest
einige der Summanden von Null verschieden sind. Also gilt (2) nicht. Gilt andererseits
(2)
P
nicht, so gibt es n > 1 paarweise verschiedene vi ∈ S und ki ∈ K, so dass ni=1 ki vi = 0,
wobei mindesten ein ki von Null verschieden sein muß. Wähle oBdA k1 6= 0. Dann gilt
0 6= w := k1 v1 = −
n
X
ki vi .
i=2
w hat also zwei unterschiedliche (d.h. nicht durch Permutationen ineinander überführbare)
Darstellungen als Linearkombinationen der vi . Also gilt (3) nicht. Dies zeigt (2)⇔(3).
Proposition 4.18. Sei S ⊆ V linear unabhängig, und 0 6= v 6∈ L(S). Dann ist S 0 := S ∪ {v}
auch linear unabhängig.
Beweis. Anderenfalls P
gäbe es k, ki ∈ K, die nicht alle Null sind, und vi ∈ S (paarweise
verschieden) mit k v + ni=1 ki vi = 0. Falls k = 0, so folgt
Pnauskider linearen Unabhängigkeit
von S, dass ki = 0 für alle i. Also k 6= 0, und daher v = i=1 k vi . Das bedeutet aber, dass
v ∈ L(S), .
Definition 4.19. Eine Teilmenge S ⊆ V nennt man Basis von V , wenn S ein linear
unabhängiges Erzeugendensystem von V ist.
Proposition 4.20. S ⊆ V ist Basis genau dann
Pn wenn sich jedes Element v ∈ V eindeutig
(bis auf Permutationen) schreiben läßt als v = i=1 ki vi , wobei vi ∈ V paarweise verschieden
sind, und ki ∈ K.
30
4.3 Erzeugenden Systeme, lineare Unabhängigkeit, Basen
Beweis. Sei S eine
PnBasis. Da es ein Erzeugendensystem ist, folgt dass sich v ∈ V schreiben läßt als v = i=1 ki vi . Da S linear unbhängig ist, folgt nach Lemma 4.17, dass diese
Darstellung bis auf Permutationen eindeutig ist. Hat umgekehrt jedes v ∈ V eine solche
Darstellung, so ist S ein Erzeugendensystem. Aus der Eindeutigkeit folgt nach Lemma 4.17
auch die lineare Unabhängigkeit von S.
Beispiel 4.21. Für n ∈ N betrachte K n . Definiere die Vektoren ei := (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0)
1 ≤ i ≤ n, deren Einträge alle Null sind, außer an der i-ten Stelle, wo der Eintrag 1 ist. Dann
ist die Menge B := {e1 , . . . , en } eine Basis von K n , die auch die Standardbasis genannt
wird.
P
Beweis. Die Menge B erzeugt K n , denn (k1 , . . . , kn ) = ni=1 ki ei . Außerdem ist B linear
unabhängig, denn
n
X
L(B \ {ej }) = {
ki ei | ki ∈ K} = {(k1 , . . . , kn ) | ki ∈ K , kj = 0} 63 ej .
i=1
i6=j
Lemma 4.22. Sei S eine endliche Teilmenge eines Vektorraumes V , die V erzeugt. Dann
gibt es eine Teilmenge B ⊆ S, die eine Basis von V ist.
Beweis. Sei M die Menge aller Teilmengen von S, die V erzeugen:
M := {U ⊆ S | L(U ) = V } .
M besteht aus endlichen Mengen und ist nicht leer (S ∈ M ). Sei B ∈ M die Teilmenge,
mit der kleinsten Anzahl von Elementen, d.h. |B| ≤ |U | für alle U ∈ M . Dann ist B linear
unabhängig und insbesondere eine Basis von V . Wäre dem nicht so, gäbe es ein b ∈ B mit
b ∈ L(B \ {b}), und B 0 := B \ {b} ∈ M , denn
L(B 0 ) = L(L(B 0 ))
= L(L(B 0 ) ∪ {b})
⊇ L(B) = V
(Bemerkung 4.13)
(b ∈ L(B 0 ))
(L(B 0 ) ∪ {b} ⊇ B)
Also erzeugt B 0 auch V und ist damit Element von M , , da |B 0 | < |B|.
Bemerkung 4.23. Mit Hilfe des Auswahlaxioms kann man Lemma 4.22 auch für nichtendliche S führen. Insbesondere hat jeder Vektorraum eine Basis.
Korollar 4.24. Jeder Vektorraum der ein endliches Erzeugendensystem besitzt hat auch
eine endliche Basis.
4 Vektorräume
31
Definition 4.25. Man nennt einen Vektorraum endlich-dimensional, wenn er eine endliche Basis besitzt.
Satz 4.26 (Austauschsatz von Steinitz). Sei V ein Vektorraum über einem Körper K. T ⊆ V
eine endliche Teilmenge, die V erzeugt, und S ⊆ V eine linear unabhängige Menge. Dann
gilt
(1) |S| ≤ |T |
(2) S kann durch |T | − |S| Elemente von T zu einem Erzeugendensystem von V ergänzt
werden.
Beweis. Beweis durch vollständige Induktion nach |S|. Für |S| = 0, d.h. S = ∅ ist die
Behauptung trivial. Angenommen die Behauptung gilt für alle Mengen mit weniger als |S|
Elementen. Sei b ∈ S, und S 0 := S \ {b}. S 0 ist linear unabhängig. Sei n := |T | − |S 0 |. Dann
ist nach (1) n ≥ 0 und es gibt nach (2) t1 , . . . , tn ∈ T , sodass S 0 ∪ {t1P
, . . . , tn } V erzeugt.
Insbesondere gibt es ein w ∈ L(S 0 ) und k1 , . . . , kn ∈ K mit b = w + ni=1 ki ti . Falls nun
n = 0, so ist b ∈ L(S 0 ), zur linearen Unabhängigkeit von S. Also ist n ≥ 1, und es folgt
(1) für S. Aus dem gleichen Grund muß mindestens eines der ki ungleich Null sein, oBdA,
kn 6= 0. Es gilt
n−1
X
ki
1
ti ∈ L(S ∪ {t1 , . . . , tn−1 }) ,
tn = (b − w) −
kn
k
n
i=1
und V wird durch S ∪ {t1 , . . . , tn−1 } erzeugt. Damit ist (2) für S gezeigt.
Korollar 4.27. Zwei Basen eines endlich-dimensionalen Vektorraumes V haben die gleiche
Anzahl von Elementen.
Beweis. Da V endlich-dimensional ist, gibt es eine endliche Basis S ⊆ V . Sei B eine andere
Basis, so folgt aus Satz 4.26, dass |B| ≤ |S| gilt. Wenn man nun die Rollen von B und S in
dem Satz vertauscht folgt aber auch |B| ≥ |S|.
Definition 4.28. Die Anzahl der Elemente einer Basis eines endlich-dimensionalen Vektorraums V wird Dimension von V genannt. Man schreibt dim(V ).
Korollar 4.29. Sei V endlich-dimensionaler K-Vektorraum, S ⊆ V eine linear unabhängige
Teilmenge, und T ⊆ V ein endliches Erzeugendensystem von V . Dann gilt:
(1) |S| ≤ dim(V )
(2) S ist Basis genau dann wenn |S| = dim(V ).
(3) |T | ≥ dim(V )
(4) T ist Basis genau dann wenn |T | = dim(V ).
(5) Jede linear unabhängige Teilmenge S ⊆ V kann zu einer Basis ergänzt werden.
Beweis. (1) V ist endlich-dimensional hat also eine Basis B. Satz 4.26 impliziert |S| ≤
|B| = dim(V ).
(2) Nach Satz 4.26 kann S durch Ergänzung von |B| − |S| = 0 Elementen zu einer Basis
32
4.3 Erzeugenden Systeme, lineare Unabhängigkeit, Basen
ergänzt werden.
(3) Anwendung von Satz 4.26 auf B und T impliziert dim(V ) = |B| ≤ |T |.
(4) Nach Lemma 4.22 gibt es eine Teilmenge T 0 ⊆ T , die eine Basis von V ist. Falls aber
T 0 ( T , so wäre |T 0 | < |T | = dim(V ), .
(5) Nach Satz 4.26 kann S durch Ergänzung von |B| − |S| Elementen zu einem Erzeugendensystem S 0 ergänzt werden. Es gilt |S 0 | ≤ |S| + |B| − |S| = dim(V ). Nach (3) gilt die
Gleichheit, und aus (4) folgt, dass S 0 eine Basis ist.
Lemma 4.30. Sei V ein K-Vektorraum, und n ∈ N, so dass für jede linear unabhängige
Menge S ⊆ V gilt |S| ≤ n, dann ist V endlich-dimensional.
Beweis. Sei S ⊆ V eine linear unabhängige Menge mit |S| = n. Dann ist S auch ein Erzeugendensystem von V . Denn anderenfalls gäbe es ein V 3 v 6∈ L(S), und damit wäre
S 0 := S ∪ {v} auch linear unabhängig, aber |S 0 | > n, .
Proposition 4.31. Sei W ein Untervektorraum eines endlich-dimensionalen Vektorraums
V . Dann ist auch W endlich-dimensional und dim(W ) ≤ dim(V ) mit Gleichheit genau dann
wenn V = W .
Beweis. Jede linear unabhängige Menge S ⊂ W ist auch in V linear unabhängig. Daher gilt
|S| ≤ dim(V ). Nach Lemma 4.30 ist daher auch W endlich-dimensional. Sei B eine Basis von
W . Dann ist B auch linear unabhängig in V . Also gilt dim(W ) = |B| ≤ dim(V ). Bei Gleichheit gilt |B| = dim(V ), und damit ist B auch eine Basis von V . Also ist V = L(B) = W .
Beispiel 4.32. Seien V und W zwei Vektorräume über K. Dann ist
V × W := {(v, w) | v ∈ V, w ∈ W }
vermöge
k · (v, w) = (k · v, k · w) für k ∈ K und
(v, w) + (v 0 , w0 ) = (v + v 0 , w + w0 ) für v, v 0 ∈ V, w, w0 ∈ W
auch ein Vektorraum. Man nennt ihn auch die äußere direkte Summe V ⊕ W von V und
W . Das Null-Element ist 0V ⊕W (0V , 0W ).
Falls V und W endlich-dimensional sind, mit Basen {v1 , . . . , vn } bzw. {w1 , . . . , wm }, so
ist {(v1 , 0), . . . , (vn , 0), (0, w1 ), . . . , (0, wm )} eine Basis von V ⊕ W . Insbesondere gilt
dim(V ⊕ W ) = dim(V ) + dim(W ) .
Analog trägt auch
Vr =V
. . × V}
| × .{z
r mal
die Struktur eines K-Vektorraums, und
dim(V r ) = r dim(V ) .
4 Vektorräume
33
Beweis. Seien V und W endlich-dimensionale K-Vektorräume mit Basen {v1 , . . . , vn } und
{w1 , . . . , wm }. Dann ist {(v1 , 0), . . . , (vn , 0), (0, w1 ), . . . , (0, wm )} ein Erzeugendensystem von
V ⊕ W . Denn, sei (v, w) ∈ V × W . Da {v1 , . . . , vn } und {w1 , . . . , wm } Basen von V und W
sind, gilt
!
!
!
n
m
n
m
X
X
X
X
(v, w) =
xi v i ,
yj wj =
xi vi , 0 + 0,
yj wj
=
i=1
n
X
j=1
xi (vi , 0) +
i=1
i=1
m
X
j=1
yj (0, wj ) .
j=1
Es ist außerdem linear unabhängig, denn aus
0 = (0, 0) =
n
X
xi (vi , 0) +
i=1
m
X
j=1
yj (0, wj ) =
n
X
i=1
xi vi ,
m
X
!
yj wj
j=1
folgt wegen der linearen Unabhängigkeit von {v1 , . . . , vn } und {w1 , . . . , wn }
x1 = . . . = xn = 0 = y 1 . . . = y m .
4.4
Lineare Abbildungen
Um Vektorräume in Beziehung zueinander zu setzen betrachtet man Abbildungen zwischen
Ihnen, die mit der Vektorraum-Struktur kompatibel sind. Im folgenden bezeichnet K immer
einen Körper.
Definition 4.33. Seien V und W K-Vektorräume. Eine Abbildung f : V → W heißt
K-linear, oder einfach nur linear, falls
(1) f (v + w) = f (v) + f (w) für alle v, w ∈ V , (d.h. f : (V, +) → (W, +) ist ein Gruppenhomomorphismus), und
(2) f (k · v) = k · f (v), für alle k ∈ K und v ∈ V .
Lineare Abbildungen nennt man auch Vektorraumhomomorphismen.
Beispiel 4.34.
(1) Die Abbildung f : R → R, die gegeben ist durch x 7→ a x für ein a ∈ R ist linear.
(2) Das gilt auch für die Abbildung f : Rn → R, x 7→ a1 x1 + . . . + an xn , wobei ai ∈ R.
(3) C ist Vektorraum sowohl über R als auch über C. Die Abbildung f : C → C, z 7→ z
ist R-linear, nicht aber C-linear. (f (rz) = rz, aber r = r gilt genau dann wenn r ∈ R.)
(4) Sei X eine Menge, x ∈ X, und K ein Körper. Dann ist die Einsetzungsabbildung
Φx : Abb(X, K) → K, f 7→ f (x) linear.
(5) Die Ableitung (·)0 : C ∞ (R, R) → C ∞ (R, R), f 7→ f 0 , die glatte Funktionen f : R → R
auf ihre Ableitungen abbildet, ist eine lineare Abbildung.
34
4.4 Lineare Abbildungen
Definition 4.35. Es gibt noch einige weitere Spezialfälle linearer Abbildungen, die eigene
Namen haben: sei f : V → W linear.
• Monomorphismus: f ist injektiv,
• Epimorphismus: f ist surjektiv,
• Isomorphismus: f ist bijektiv, (Dann nennt man V und W isomorph: V ∼
= W .)
• Endomorphismus: V = W ,
• Automorphismus: f ist bijketiv und V = W .
Bemerkung 4.36. Ist f : V → W ein Isomorphismus, dann ist die Umkehrabbildung
f −1 : W → V auch linear, und damit ein Isomorphismus.
Proposition 4.37. Seien f, g : V → W lineare Abbildungen, k ∈ K. Dann sind die Abbildungen
• (f + g) : V → W , x 7→ f (x) + g(x) und
• (k · f ) : V → W , x 7→ k · f (x)
linear. Insbesondere ist die Menge der linearen Abbildungen V → W ein K-Vektorraum.
Wir nennen ihn Hom(V, W ).
Beweis. Einfaches Nachrechnen.
Proposition 4.38.
(1) Sei f : V → W eine lineare Abbildung. Dann gilt
!
n
n
X
X
f
ki f (xi ) , für alle ki ∈ K , xi ∈ V .
ki xi =
i=1
i=1
(2) Die identische Abbildung id : V → V , x 7→ x ist linear.
(3) Die Komposition zweier linearer Abbildungen ist linear.
(4) Die Einschränkung einer linearen Abbildung auf einen Untervektorraum ist linear.
Beweis. (1) Induktion nach n. Die Aussage gilt für n = 1, denn f (k1 x1 ) = k1 f (x1 ). Gilt
die Aussage für n, so folgt
!
!
!
n+1
n
n
X
X
X
f
= f
ki x i
ki xi + kn+1 xn+1 = f
ki xi + f (kn+1 xn+1 )
i=1
= f
i=1
n
X
!
ki xi
i=1
=
n+1
X
+ kn+1 f (xn+1 ) =
i=1
n
X
ki f (xi ) + kn+1 f (xn+1 )
i=1
ki f (xi ) .
i=1
(2) ist offensichtlich.
g
f
(3) Seien U −→ V −→ W lineare Abbildungen. Für x, y ∈ U gilt
(f ◦ g)(x + y) = f (g(x + y)) = f (g(x) + g(y)) = f (g(x)) + f (g(y)) = (f ◦ g)(x) + (f ◦ g)(y) .
4 Vektorräume
35
Sei weiter k ∈ K, so gilt
(f ◦ g)(k x) = f (g(k x)) = f (k g(x)) = k f (g(x)) = k (f ◦ g)(x) .
(4) ist auch offensichtlich.
Proposition 4.39. Seien V und W endlich-dimensionale K-Vektorräume mit Basen {v1 , . . . , vn }
bzw. {w1 , . . . , wm }. Dann ist eine lineare Abbildung f : V → W eindeutig bestimmt durch
die Bilder f (v1 ), . . . , f (vn ) ∈ W , und die linearen Abbildungen
fi,a : V −→ W ,
v=
n
X
i=1
xi vi 7−→ xi wa ,
1 ≤ i ≤ n, 1 ≤ a ≤ m
formen eine Basis von Hom(V, W ). Daher ist
dim Hom(V, W ) = dim(V ) dim(W ) .
Beweis. Es ist klar, dass f durch die Bilder f (vi ) der Basisvektoren festgelegt wird, denn
sei g eine andere lineare Abbildung mit g(vi ) = f (vi ), so folgt (g − f )(vi ) = 0 für alle i und
daher wegen der Linearität, und dem Umstand, dass die vi V erzeugen (g − f )(v) = 0 für
alle v ∈ V . Also g = f .
Um zu sehen, dass die fi,a ein Erzeugendensystem von Hom(V, W ) sind, muss man nun
zeigen, dass man für eine
P beliebige Wahl von u1 , . . . , un ∈ W , xi,a ∈ K findet, sodass die
. , wm } eine
lineare Abbildung f = i,a xi,a fi,a die vi gerade aufPdie ui abbildet. Da {w1 , . . P
Basis von W ist, kann man die ui schreiben als ui = b yi,a wa . Dann bildet f := i,a yi,a fi,a
die Basisvektoren vi auf die ui ab.
P
Ferner sind die fi,a linear unabhängig. Sei nämlich f = i,a yi,a fi,a = 0. Dann gilt
X
X
yj,a wa ,
0 = f (vj ) =
yi,a fi,a (vj ) =
i,a
a
für alle j. Da die wa linear unabhängig sind, folgt, yj,a = 0 für alle a und j. Die fi,a sind also
eine Basis, und daraus folgt sofort die Dimensionsformel.
Proposition 4.40. Sei f : V → W linear und seien X ⊆ V und Y ⊆ W Untervektorräume.
Dann ist f (X) ein Untervektorraum von W , und f −1 (Y ) ein Untervektorraum von V .
Beweis. Seien w1 , w2 ∈ f (X), k ∈ K. Dann gibt es x1 , x2 ∈ X mit wi = f (xi ). Dann
gilt aber w1 + w2 = f (x1 ) + f (x2 ) = f (x1 + x2 ) ∈ f (X), denn x1 + x2 ∈ X. Außerdem
ist k w1 = k f (x1 ) = f (k x1 ) ∈ f (X), denn k x1 ∈ X. Also ist f (X) abgeschlossen unter
Addition und skalarer Multiplikation, damit also ein Untervektorraum.
Seien nun v1 , v2 ∈ f −1 (Y ). Dann gilt f (vi ) = yi ∈ Y . Da Y Untervektorraum, so ist auch
Y 3 y1 + y2 = f (v1 ) + f (v2 ) = f (v1 + v2 ). Also ist v1 + v2 ∈ f −1 (Y ). Für k ∈ K gilt
außerdem Y 3 k y1 = k f (v1 ) = f (k v1 ). Also ist k v1 ∈ f −1 (Y ). Damit ist auch f −1 (Y ) ein
Untervektorraum.
Zwei wichtige Spezialfälle davon sind:
36
4.4 Lineare Abbildungen
Definition 4.41. Sei f : V → W linear.
• Das Bild von f ist der Untervektorraum im(f ) := f (V ) ⊆ W .
• Der Kern von f ist der Untervektorraum ker(f ) := f −1 ({0}) ⊆ V .
Proposition 4.42. Sei f : V → W eine lineare Abbildung. Dann gilt
(1) f ist surjektiv genau dann wenn im(f ) = W .
(2) f ist injektiv genau dann wenn ker(f ) = {0}.
Beweis. (1) ist klar.
(2) Falls f injektiv ist, so gilt |f −1 ({0})| = 1. Da aber f (0) = 0 folgt, dass ker(f ) = {0}.
Sei andererseits ker(f ) = {0}, und x1 , x2 ∈ V mit f (x1 ) = f (x2 ). Wegen der Linearität von
f gilt 0 = f (x1 ) − f (x2 ) = f (x1 − x2 ). Also x1 − x2 ∈ ker(f ). Also x1 − x2 = 0, und damit
x1 = x2 . Also ist f injektiv.
Satz 4.43. Sei f : V → W lineare Abbildung, und V endlich-dimensional. Dann ist auch
f (V ) endlich-dimensional und es gilt
dim(V ) = dim(ker(f )) + dim(im(f )) .
Insbesonder ist f genau dann injektiv, wenn dim(V ) = dim(im(f )).
Beweis. Seien B eine Basis von V und B 0 eine Basis von ker(f ) ⊆ V . Nach Satz 4.26 und
Korollar 4.29 kann man B 0 durch hinzufügen von |B| − |B 0 | = dim(V ) − dim(ker(f )) =: d
Elementen zu einer Basis von V ergänzen. Sei S die Menge dieser d Elemente. Aus der
Behauptung, dass f (S) gerade eine Basis von im(f ) ist folgt der Satz. Im folgenden wird die
Behauptung gezeigt. Sei dazu B 0 = {x1 , . . . , xn−d }, S = {xn−d+1 , . . . , xn }. Als erstes wird
gezeigt,
Pn dass f (S) das Bild im(f ) erzeugt: Sei w ∈ im(f ). Dann gibt es ki ∈ K, so dass
f ( i=1 ki xi ) = w. Da aber x1 , . . . , xn−d ∈ ker(f ) folgt
!
n
n
n
X
X
X
w=f
ki x i =
ki f (xi ) =
ki f (xi ) ∈ L(f (S)) .
i=1
i=1
i=n−d+1
Als nächstes
wird gezeigt, dass
unabhängig ist.
Pn
Pn f (S) linear
Pn Sei kn−d+1 , . . . , kn ∈ K und
0 = i=n−d+1 ki f (xi ) = f
i=n−d+1 ki xi . Dann ist also
i=n−d+1 ki xi ∈ ker(f ). Nun ist
aber B 0 = {x1 , . . . , xn−d } eine Basis von ker(f ). Also gibt es k1 , . . . , kn−d ∈ K mit
n
X
i=n−d+1
k i xi = −
n−d
X
i=1
ki xi ⇔
n
X
ki xi = 0 .
i=1
Da aber B = {x1 , . . . , xn } eine Basis von V ist, also insbesondere linear unabhängig, folgt
ki = 0 für alle 1 ≤ i ≤ n, damit aber insbesondere auch für n − d + 1 ≤ i ≤ n. Damit ist
f (S) linear unabhängiges Erzeugendensystem von im(f ) und damit eine Basis.
4 Vektorräume
37
Korollar 4.44. Eine lineare Abbildung f : V → W zwischen endlich-dimensionalen Vektorräumen ist genau dann ein Isomorphismus wenn dim(V ) = dim(W ), und f ein Epimorphismus oder Monomorphismus ist.
Beweis. Sei dim(V ) = dim(W ) =: d. Ist f Monomorphismus, so gilt dim(ker(f )) = 0, und
damit nach Satz 4.43 dim(im(f )) = d. Nach Proposition 4.31 folgt im(f ) = W , und daher
ist f auch surjektiv. Ist f Epimorphismus so ist dim(im(f )) = d, und daher nach Satz 4.43
dim ker(f ) = 0. Also ist f nach Proposition 4.42 auch injektiv. In beiden Fällen ist f also
Isomorphismus.
Sei umgekehrt f ein Isomorphismus, dann ist nach Proposition 4.42 im(f ) = W und ker(f ) =
{0}. Nach Satz 4.43 ist ferner dim(V ) = dim(W ).
Definition 4.45. Sei f : V → W eine lineare Abbildung, und V endlich-dimensionaler
Vektorraum, dann nennt man die Dimension des Bildes von f auch den Rang von f und
schreibt
rang(f ) := dim(im(f )) .
Satz 4.46. Zwei endlich-dimensionale K Vektorräume sind genau dann isomorph wenn
ihre Dimensionen übereinstimmen. Insbesondere sind für n ∈ N0 alle K-Vektorräume der
Dimension n isomorph zu K n .
Beweis. Sei V ein n-dimensionaler K-Vektorraum. Wähle eine Basis {v1 , . . . , vn } von V ,
und definiere die lineare Abbildung
iB : K n −→ V .
n
X
(k1 , . . . , kn ) 7−→
ki vi
i=1
Dann ist ker(iB ) = {0} und dim(V ) = dim(K n ). Korollar 4.44 impliziert daher, dass iB ein
Isomorphismus ist. Ist dim(V ) 6= dim(W ) so folgt aus Korollar 4.44, dass es keinen Isomorphismus zwischen V und W gibt.
4.5
Der Dualraum
Wie wir in Proposition 4.37 gesehen haben bilden die Mengen von linearen Abbildungen zwischen zwei K-Vektorräumen wieder einen K-Vektorraum. Dies gilt insbesondere für lineare
Abbildungen zwischen einem K-Vektorraum und K.
Definition 4.47. Sei V ein K-Vektorraum. Dann definieren wir den K-Vektorraum der
linearen Funktionale auf V
V ∗ := Hom(V, K) .
V ∗ wird auch der Dualraum von V genannt.
38
4.5 Der Dualraum
Sei V ein endlich-dimensionaler K-Vektorraum mit Basis B = {v1 , . . . , vn }. Aus Proposition 4.39 erhalten wir sofort, dass dim(V ∗ ) = dim(V ), und dass die linearen Funktionale
ϕ1 , . . . , ϕn ∈ V ∗ , gegeben durch
1, i = j
ϕi (vj ) = δi,j :=
0, i 6= j
eine Basis von V ∗ bilden. Sie wird die zu B duale Basis genannt. (In der Notation von
Proposition 4.39: ϕi = fi1 , wobei hier als Basis von K gerade {w1 = 1} gewählt wurde.)
Bemerkung 4.48. Sei V endlich-dimensionaler K-Vektorraum. Betrachte den Dualraum
V ∗∗ := (V ∗ )∗ des Dualraums von V . Dann ist die Abbildung δV : V −→ V ∗∗ definiert durch
für ϕ ∈ V ∗
(δV (v))(ϕ) = ϕ(v) ,
ein Isomorphismus. V und V ∗∗ sind also kanonsich isomorph.
Beweis. Die Abbildung δV ist eine Einsetzungsabbildung, also linear (vgl. Beispiel 4.34).
Desweiteren gilt dim(V ) = dim(V ∗ ) = dim(V ∗∗ ). Die Abbildung δV ist nach Korollar 4.44
also ein Isomorphismus genau dann, wenn sie injektiv ist. Seien v, w ∈ V mit δV (v) = δV (w),
also δV (v) − δV (w) = δV (v − w) = 0. Daraus folgt, dass ϕ(v − w) = 0 für alle ϕ ∈ V ∗ . Falls
aber v − w 6= 0, so gibt es ein lineares Funktional ϕ, das alle k(v − w), k ∈ K, auf k abbildet, und alle anderen Vektoren in V auf 0. Also muss v = w gelten. Damit ist δV injektiv.
Definition 4.49. Sei f : V −→ W eine lineare Abbildung zwischen zwei K-Vektorräumen
V und W . Die zu f duale Abbildung f ∗ : W ∗ −→ V ∗ ist definiert durch
f ∗ (ϕ) = ϕ ◦ f , für ϕ ∈ W ∗ ,
f
V
/W
ϕ◦f
.
ϕ
K
Sie ist ebenfalls eine lineare Abbildung, d.h. f ∗ ∈ Hom(W ∗ , V ∗ ).
Bemerkung 4.50. Sei f ∈ Hom(V, W ). Dann entspricht das duale der dualen Abbildung
f ∗∗ := (f ∗ )∗ vermöge des Isomorphismus δV gerade der ursprünglichen Abbildung f , genauer
f ∗∗ ◦ δV = δW ◦ f ,
V O∗∗
f ∗∗
/
WO ∗∗ .
δV
V
δW
f
/
W
Beweis. Sei dazu v ∈ V und ϕ ∈ W ∗ . Dann gilt
(f ∗∗ ◦ δV (v))(ϕ) = δV (v)(f ∗ (ϕ)) = f ∗ (ϕ)(v) = ϕ(f (v)) = δW (f (v))(ϕ) = (δW ◦ f (v))(ϕ) .
A Notationen und Symbole
5
Matrizen und Lineare Gleichungssysteme
6
Determinanten
7
Eigenvektoren und Eigenwerte
7.1
8
Polynomringe
Euklidische Vektorräume
Anhang A
oBdA
∀
∃
@
∃!
∨
∧
⇒
;
⇔
<
:⇔
:=
∈
∈
/
∪
∩
\
×
∅
⊆
⊂
|·|
N
N0
Z
Notationen und Symbole
Ende eines Beweises
ohne Beschränkung der Allgemeinheit
für alle
es gibt
es gibt kein
es gibt genau ein
Widerspruch
oder
und
daraus folgt
daraus folgt nicht
ist äquivalent zu, bzw. genau dann wenn
nicht äquivalent zu
definiert als äquivalent zu
definiert als
ist enthalten in (S. 3)
ist nicht enthalten in (S. 3)
Vereinigung von Mengen (Definition 1.3)
Durchschnitt von Mengen (Definition 1.3)
Differenz von Mengen (Definition 1.3)
Produkt von Mengen (Definitionen 1.7, 1.10)
leere Menge (S. 3)
Teilmenge (Definition 1.1)
echte Teilmenge (Definition 1.1)
Untergruppen (Definition 2.6)
Ordnung einer Menge (S. 3)
natürliche Zahlen (S. 3)
natürliche Zahlen und Null (S. 3)
ganze Zahlen (S. 3)
39
40
Quotientengruppe (Beispiel 2.4)
rationale Zahlen
reelle Zahlen
komplexe Zahlen (Kapitel 3.3)
Imaginärteil einer komplexen Zahl (S. 22)
Realteil einer komplexen Zahl (S. 22)
Komposition von Abbildungen (Definition 1.20)
Summe
Q
Produkt
∗
K
Elemente eines Körpers K ungleich 0 (Definition 3.1)
K[x]
Polynomring über K
det
Determinante einer Matrix
im
Bild eines Vektorraumhomomorphismus (Definition 4.41)
ker
Kern eines Gruppenhomomorphismus (Satz 2.12)
Kern eines Vektorraumhomomorphismus (Definition 4.41)
dim
Dimension eines Vektorraums (Definition 4.28)
L
lineare Hülle einer Teilmenge eines Vektorraums (Definition 4.11)
span
aufgespannter Vektorraume (Fußnote 7, S. 27)
rang
Rang eines Vektorraumhomomorphismus (Definition 4.45)
Sn
Symmetrische Gruppe (Gleichung (2.2))
sign
Signum einer Permutation (Definition 2.16)
Mat(m, n; K) Ring der m × n-Matrizen über K
GL(n; K)
allgemeine lineare Gruppe
O(n)
orthogonale Gruppe
Z/pZ
Q
R
C
=
<
◦P
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