Aktuelle Dermatologie

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Aktuelle Dermatologie
Häufig schwere Verläufe bei Kindern
und Jugendlichen mit Psoriasis
Die Psoriasis zählt mit einer Prävalenz von 2–3 % zu den häufigsten Hauterkrankungen. Bei rund einem Drittel der Patienten
beginnt die Erkrankung bereits in der 1. oder 2. Lebensdekade,
was gehäuft mit einem schweren Verlauf korreliert [1, 2]. Frühzeitige Diagnose der Erkrankung und früher Therapiebeginn
tragen zur Verbesserung von Prognose und Lebensqualität der
Betroffenen bei. Die Therapie ist bei Kindern und Jugendlichen
mit Psoriasis eine besondere Herausforderung, weil nur wenige
topische und systemische Therapeutika in dieser Altersgruppe
zugelassen sind und Leitlinien weitgehend fehlen [3].
Die Psoriasis-Prävalenz wird bei Kindern
und Jugendlichen auf 0,4–0,8 % geschätzt
und nimmt mit zunehmendem Alter
­stetig zu [1, 4, 5]. Auch in dieser Altersgruppe ist die Psoriasis vom Plaquetyp
die häufigste Form, allerdings sind die
Plaques oft kleiner und Schuppung und
Infiltration weniger ausgeprägt als bei
Erwachsenen [4]. Vor allem der Juckreiz
stellt eine Belastung für die Patienten
dar. Besonders häufig finden sich bei
Kindern Psoriasis-Herde an der Kopfhaut und im Gesicht, in den großen Körperfalten einschließlich Axillarregion
sowie an den Streckseiten von Ellen­
bogen und Knien.
Hohes Risiko für Komorbiditäten
Psoriasis ist eine genetisch deter­minierte
Erkrankung, die durch externe Trigger
(z. B. physikalische oder chemische Reize,
Arzneimittel, Alkohol, Nikotin) oder interne Trigger (Stress, Infektionen, hormonelle Veränderungen) ausgelöst wird [2].
Pathophysiologisch kommt es zu einer
immunologisch vermittelten Entzündung
in der Haut in Verbindung mit einer
Aktivie­
rung von Keratinozyten, die zur
Schuppenbildung führt.
Kinder und Jugendliche mit Psoriasis leiden nicht nur unter den Symptomen der
Erkrankung, sondern sind in der Regel
auch erheblich sozial stigmatisiert und
emotional belastet [2]. Ähnlich wie bei
erwachsenen Patienten liegen gehäuft
Begleiterkrankungen vor. Komorbiditäten
treten bei Kindern und Jugendlichen mit
Psoriasis in allen Altersgruppen doppelt
so häufig auf wie bei Personen ohne Psoriasis. Assoziiert ist die Erkrankung bspw.
mit Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, Hypertonie, Diabetes, rheumatoider Arthritis und Morbus Crohn [1]. Zudem ist auch das Risiko für psychiatrische
Erkrankungen erhöht, insbesondere für
Depressionen und Angsterkrankungen
[6]. Die Lebensqualität von pädiatrischen
Psoriasis-Patienten ist durch die Erkrankung nicht nur in der jeweils gegenwärtigen Lebenssituation deutlich eingeschränkt [7], das Leiden besteht häufig
lebenslang und die Belastungen kumulieren mit zunehmender Krankheitsdauer
[8]. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass sich irreversible Schäden und
Versäumnisse über die gesamte Dauer
der Erkrankung aufsummieren können.
Dieses im Englischen als „Cumulative Life
Course Impairment“ (CLCI) bezeichnete
Phänomen bedeutet insbesondere für
junge Patienten häufig auch geringere
oder verpasste Chancen im Leben, sei es
beruflich oder im Privatleben [2]. Das
Ausmaß an kontinuierlicher Belastung ist
besonders groß, wenn keine adäquate Behandlung erfolgt. Auch deshalb brauchen
die betroffenen Kinder und Jugendliche
eine besondere Unterstützung sowie eine
an den Schweregrad der Erkrankung angepasste Therapie.
Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) und der Bundesverband der
Deutschen Dermatologen (BVDD) haben
in einer gemeinsamen Konferenz nationale Versorgungsziele 2010–2015 für
Psoriasis-Patienten formuliert [9]. Dazu
zählen:
• Psoriasis bei Kindern frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, damit sie eine
gute Lebensqualität erreichen, sowie
• Psoriasis-Arthritis und Komorbiditäten
frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Zwar hat sich die therapeutische Versorgung von Psoriasis-Patienten in den letz-
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Häufige Komorbiditäten von Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis; mod. nach [2].
ten Jahren verbessert, aber noch immer
gibt es erheblichen Optimierungsbedarf,
ganz besonders bei Kindern und Jugendlichen.
Aufgrund der unzureichenden Studienlage und der geringen Zahl klinischer
Studien bei Kindern gibt es bisher keine
S3-Leitlinie für die Behandlung der Psoriasis im K
­ indesalter. Threapiealgorithmen für Erwachsene können nicht auf
Kinder übertragen werden, weil viele
Medikamente in dieser Altersgruppe
nicht zugelassen sind und im Kindesalter
anatomische und physiologische Besonderheiten berücksichtigt werden müssen [3]. Eine Auswertung bundesweiter
Krankenkassendaten zeigte dementsprechend, dass Kinder und Jugendliche
gleichermaßen von Allgemeinmedizinern, Dermatologen und Pädiatern behandelt werden und sich die jeweiligen
Therapiegewohnheiten bei diesen Gruppen deutlich unterscheiden–ein deutliches Zeichen für das Fehlen einheitlicher
Empfehlungen [11].
Expertenkonsens zur Therapie
bei Kindern
Um dieser Uneinheitlichkeit sowie daraus
resultierender Fehlversorgung entgegenzuwirken, hat die DDG im Jahr 2011 e
­ inen
deutschen Expertenkonsens zur Therapie
der Psoriasis im Kindes- und Jugendalter
formuliert [10]. Wegen der Limitationen
systemischer Therapien im Kindesalter
(z. B. Nebenwirkungen systemischer Kortikosteroide) hat die topische Therapie
bei Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis einen höheren Stellenwert als bei Erwachsenen, auch bei mittelgradiger bis
schwerer Psoriasis, betonen die Autoren.
Zugelassen zur topischen Therapie bei Patienten unter 18 Jahren sind – neben der
Basishautpflege mit lipophilen, kerato­
lytischen und antipruritischen Wirkstoffen – nur Präparate mit Kortikosteroiden
und Anthralin. Für den Einsatz von
Cremes mit Vitamin D3 gibt es Alters­
beschränkungen. Hochpotente Kortiko­
steroide (Klasse III/IV) sollten bei Kinder
auf sensiblen Bereichen wie dem Gesicht
nicht eingesetzt werden, Anthralin hat
ein hohes Potenzial für Hautirritationen.
Zu berücksichtigen ist, dass die Resorption wegen der höheren Penetrations­
fähigkeit der kindlichen Haut und dem
höheren Quotienten von Körperober­
fläche und Körpergewicht erhöht ist, be­
tonen die Autoren. Der Einsatz nicht zugelassener Wirkstoffe sollte nur nach
sorgfältiger Abwägung und Rücksprache
mit den Eltern erfolgen.
Kortikoide zu häufig eingesetzt
Eine Phototherapie mit UV-Licht kann in
gut begründeten Fällen gerechtfertigt
sein, die Indikation für einen längerfristigen Einsatz ist aber wegen der potenziell
kanzerogenen Wirkung streng zu stellen.
In der systemischen Therapie werden am
häufigsten Kortikosteroide eingesetzt.
Der Anteil der Verordnungen liegt bei pädiatrischen Patienten in Deutschland
laut Daten der Gmündner Ersatzkasse
aus dem Jahr 2009 bei 4 % – dieser Anteil
wird von den Autoren als zu hoch bewertet [11]. Die Substanzen sollten nur bei
ausgewählten Patienten und kurzfristig
eingesetzt werden, heißt es im Expertenkonsens.
Zu den möglichen Nebenwirkungen von
Kortikosteroiden zählen Wachstumsund Mineralstoffstörungen sowie Gewichtszunahme. Daten zur Therapie mit
Immunmodulatoren wie Methotrexat
und Ciclosporin, mit Fumarsäureestern
und Retinoiden gibt es bei Kindern mit
Psoriasis kaum. Da die Therapiemöglichkeiten bei Kindern sehr eingeschränkt
sind, werden dringend neue Optionen benötigt. Auch Biologika kommen zur Behandlung in Frage. Um die Versorgung
von Kindern mit schwerer Psoriasis zu
verbessern, hat AbbVie deshalb die
Zulassungserwei­
terung des Antikörpers
Adalimumab (­Humira®) für die Indikation
schwere chronische Plaque-Psoriasis bei
Kindern ab 4 Jahren beantragt. Der vollständig humane, monoklonale Antikörper ist in dieser Altersgruppe bereits bei
polyartikulärer JIA zugelassen.
Literatur
1
Augustin M et al. Br J Dermatol 2010; 162;
633–636
2 Augustin M: Versorgung der Psoriasis in
Deutschland, Fakten 2014, 1. Auflage, Januar 2014
3 de Jager ME et al. J Am Acad Dermatol
2010; 62: 1013–1030
4 Benoit S, Hamm H. Hautarzt 2009; 60:
100–108
5 Matusiewicz D et al. Ped Dermatol 2014;
31: 8–13
6 Kimball A et al. J Am Acad Dermatol 2012;
67: 651–657.e2
7 Varni J et al. Eur J Pediatr 2012; 171: 485–
492
8 Kimball A et al. JEADV 2010; 24: 989–1004
9Psoriasis, Nationale Versorgungsziele
2010-2015, im Internet unter www.ver​
sorgungsziele.de
10 Sticherling M et al. JDDG 2011; 9: 815–824
11 Augustin M et al. JDDG 2013; 11: 751–755
Impressum
Blickpunkt Medizin zur Zeitschrift Aktuelle Dermato­
logie, 41. Jahrgang, Heft 3, März 2015
Der Blickpunkt Medizin erscheint außerhalb des Ver­ant­wortungsbereichs der Herausgeber der Zeitschrift
Aktuelle Dermatologie.
Berichterstattung: Roland Fath, Hamburg
Redaktion: Dr. Isabelle Berndt, Stuttgart
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