Schwerpunkt: Sale & Lease Back 40 Prof. Dr. Friedrich R. Then Bergh, Thomas Vinnen, Carl-Jan von der Goltz, Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels »Totes Kapital« in Cash wandeln Köln. Sale & Lease Back klingt wie eine Zauberformel: Unternehmen verkaufen ihre Wirtschaftsgüter, um sie trotzdem weiter zu nutzen – gegen Leasinggebühren. Das Geld aus dem Verkauf hilft z. B. bei Restrukturierungen sowie Sanierungen und ist gut für die Bilanz. Aber wo liegen die dunklen Seiten von Sale & Lease Back? INDat Report 06_2015 Text: Sascha Woltersdorf Bei manchen Kommunen war es die Kanalisation, andere wandelten die städtischen Kläranlagen in Geld- bzw. in Steuervorteile um, wieder andere das Schienennetz der Verkehrsbetriebe. Sale & Lease Back, in diesen Fällen das sogenannte Cross-Border-Leasing mit einem Partner in den USA, haben eine Finanzierungsform etwas in Verruf gebracht. Zu Unrecht, wie viele deutsche Anbieter dieser Geschäfte betonen. In Zeiten, in denen Basel III die Eigenmittelstandards der Banken verschärft, dürften Kredite teurer werden und sich die Kreditvergabe generell schwieriger gestalten. Viele Unternehmen nutzen Sale & Lease Back (SLB) bei Büround Gewerbeimmobilien. Das Verkaufen und Zurückmieten anderer Assets, beispielsweise von Produktionsmaschinen aus dem Metall verarbeitenden Gewerbe, aus der Automobilzuliefererindustrie oder dem Maschinen- und Anlagenbau, biete ähnliche Chancen – sagen die Anbieter. SLB mache ein Unternehmen unabhängiger von Banken, woraus u. a. eine höhere unternehmerische Freiheit resultiere. Man nehme keinerlei Einfluss auf die Geschäfte des Unternehmens, sagt Thomas Vinnen, Geschäftsführer der Nord Leasing GmbH. »Banken verlangen bei ihrer restriktiven Kreditvergabe oft zusätzliche Sicherheiten für die Gewährung weiterer Gelder. Da sie die gebrauchten, mobilen Anlagegüter in der Regel nicht bewerten können, können diese für eine Finanzierung nicht genutzt werden.« Auch Carl-Jan von der Goltz, Geschäftsführer der Maturus Finance GmbH, betont, dass die neuen, durch SLB generierten Mittel ohne Auflagen der Mittelverwendung, ohne Covenants, ohne Stellung zusätzlicher Sicherheiten zur Verfügung stünden. Das Prinzip ist grundsätzlich einfach: Bei einer Finanzierung kauft der Leasinggeber Wirtschaftsgüter des Leasingnehmers auf, der diese Güter – vom Fuhrpark bis zur kompletten Produktionslinie – unmittelbar wieder zurückmietet und ohne Unter- brechung im normalen Betrieb weiter nutzt. Zu den typischen Branchen, die davon Gebrauch machen, gelten Industrie und Logistik, aber auch der Einzelhandel. Mit Sale & Lease Back Insolvenzpläne finanzieren SLB wird in der Praxis auch dazu verwendet, TurnaroundBeraterkosten finanzieren zu können. Auch im Insolvenzverfahren kommt das Modell zum Einsatz. Hier sind zusätzliche Absprachen mit dem Insolvenzverwalter nötig sowie entsprechende Sicherheitenfreigaben durch absonderungsberechtigte Gläubiger etwa aus Raum- oder Einzelsicherungsübereignungsverträgen, Zubehörhaftung und Vermieterpfandrecht. Hausbanken würden sich bei der Finanzierung von Insolvenzplänen oftmals schwertun, denn sie seien meist einer der Hauptgläubiger und könnten kaum zusätzliche Mittel bereitstellen, heißt es von Maturus. Speziell Unternehmen des produzierenden Gewerbes könnten so die eigene Liquidität erhöhen und diese z. B. für die Finanzierung des Insolvenzplans nutzen. Das wirke sich unmittelbar positiv auf die Fortführungsprognose im Rahmen des Insolvenzplans aus und könne dazu beitragen, sowohl das Gericht als auch die Gläubiger zu überzeugen. Für SLB-Anbieter ist die Werthaltigkeit des Maschinenparks von besonderer Bedeutung, die Bonität des Unternehmens steht häufig nicht im Vordergrund. Sale & Lease Back spricht vor allem produktionslastige Unternehmen aus dem Maschinen-, Anlagenund Werkzeugbau, der Lebensmittelproduktion, der Metall- und Kunststoffbe- und -verarbeitung, der Baubranche sowie der Textilproduktion an. Da der aktuelle Zeitwert der gebrauchten SLB-Güter den Kaufpreis bestimmt, kommt dem Gutachten eine besondere Bedeutung zu. »Bewertet werden die Güter aufgrund des Zustands, der Marktsituation und eines möglichen Weiterverkaufs. Daher sind die angesetzten Werte realistisch und das Unternehmen hat eine fundierte Bestandsaufnahme«, sagt Thomas Vinnen. Als schwierig würden Spezialmaschinen gelten, die nur für das Unternehmen hergestellt wurden und deshalb kaum »zweitmarktfähig« sind. Die Kosten einer solchen, durch einen amtlich vereidigten Gutachter erstellten Analyse trägt das Unternehmen in der Regel zwar selbst, kann das Ergebnis auch selbst nutzen. Sie enthält neben dem Wert der einzelnen Maschine z. B. auch die Eigentumsverhältnisse. Diese Analyse hilft etwa für Verhandlungen mit einer Bank, wenn es um Sicherheiten für eine Kreditvergabe geht. »Die Bank kann die Werte der Maschinen und Anlagen in der Regel nicht einschätzen und setzt einen Bruchteil der Restbuchwerte an. Hiervon ist der Unternehmer regelmäßig enttäuscht, da er seine Maschinen meistens bestens einschätzen kann«, unterstreicht von der Goltz. Geradezu »hellauf begeistert« seien dagegen viele Unternehmer, wenn ein Finanzierer die Maschinen anders einschätzt: »Wir haben in den letzten Jahren rund 250 Finanzierungen durchgeführt und regelmäßig sind die Kunden erstaunt, welche stillen Reserven im Unternehmen vorhanden sind, weil wir auch vor der Finanzierung der alten Maschinen nicht zurückschrecken.« Die Unternehmensbilanz wird schlagartig schöner Solche stillen Reserven, möglicherweise in Millionenhöhe, zu heben, ist natürlich verlockend. Die Eigenkapitalbasis wird gestärkt, ohne die Fremdkapitalquote zu erhöhen. Das hilft bei Restrukturierung und Sanierung, die Kreditwürdigkeit steigt mit einem eventuell verbesserten Rating des Unternehmens. Frisches Geld überbrückt also nicht nur Liquiditätsengpässe, auch die Bi- lanz kann »schöner« werden: Positive Effekte entstehen überdies, wenn Unternehmen ihren (bilanziellen) Verschuldungsgrad senken, indem sie den Erlös aus dem Verkauf des Leasingobjekts dazu nutzen, um Kredite zu tilgen. Zu beachten sei dann allerdings, so Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, Leiter des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln, »dass das Unternehmen nun anstatt Zins- und Tilgungszahlungen Leasingraten bezahlen muss. An den künftigen Zahlungsverpflichtungen hat sich also nichts Grundsätzliches geändert. Ein niedriger Verschuldungsgrad hilft aber, den Finanzierungsspielraum zu erweitern.« Obendrein könnten Unternehmen, die sich in tiefster Krise befinden, Schwierigkeiten haben, überhaupt einen Leasinggeber zu finden. Schließlich tragen die SLB-Anbieter das Risiko, dass ihre Ansprüche auf Bezahlungen der Raten nicht erfüllt werden – und das ist ihnen durchaus bewusst. Je nach Einschätzung der Bonität des Verkäufers und zukünftigen Leasingnehmers – sofern sie eine mögliche Insolvenz des zukünftigen Leasingnehmers in Erwägung zieht – werde die Leasinggesellschaft »einen entsprechenden Abschlag bei der Wertermittlung des Leasingobjekts vornehmen«, sagt Prof. Dr. Friedrich R. Then Bergh, Leiter des Studiengangs BWL-Finanzdienstleistungen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg. Generell empfiehlt sich, SLB-Verträge vom Wirtschaftsprüfer des Unternehmens durchchecken zu lassen. Auch hier gilt wie so oft: Transparenz ist das oberste Gebot. Gibt es versteckte Kosten? Ist der Verlauf des Sale & Lease Back-Geschäfts für das Unternehmen langfristig planbar? Wo liegen die Risiken etwa bei einer Vertragskündigung? Und nicht zuletzt kosten die schönen Möglichkeiten der »alternativen Liquiditätsgenerierung« auch selbst ein wenig Geld, denn SLB ist üblicherweise teurer als ein Bankkredit. Dies sei jedoch nicht vergleichbar, argumentiert Maturus, da SLB regelmäßig als »ergänzende Finanzierung« für Unternehmen mit »konkretem Liquiditätsbedarf« diene. Von der Goltz: »Hat ein Unternehmen eine sehr gute Bonität und bekommt ausreichende finanzielle Mittel für alle Vorhaben bei der Hausbank, ist SLB sicher nicht interessant.« « INDat Report 06_2015 Fotos: Loges/Langen, Nord Leasing, Maturus Finance, Beller, Woltersdorf 41