www.pwc.de Aktuelle Informationen für das Personalwesen Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 Inhalt Internationales Steuerrecht ................................................................................................. 2 Aus einzelnen Ländern ........................................................................................................ 2 Lohnsteuer ........................................................................................................................... 3 Geldwerter Vorteil im Fall der Gestellung eines Kraftfahrzeugs mit Fahrer...................... 3 Arbeitsrecht ...........................................................................................................................5 Unterrichtungspflicht bei Betriebsübergang – die Anforderungen werden wieder strenger .................................................................................................................................5 Haftung des Vorgesetzten gegenüber Leiharbeitnehmern für unzureichende Sicherung des Arbeitsplatzes bei offensichtlicher Unfallgefahr .......................................... 7 Sozialversicherung ............................................................................................................... 8 Deutscher Bundestag beschließt GKV-Finanzstruktur- und QualitätsWeiterentwicklungsgesetz (FQWG) .................................................................................... 8 Verschärfung der Regeln für den Bezug von Kindergeld für im Ausland lebende Kinder ................................................................................................................................... 9 Global Social Security Newsletter ....................................................................................... 10 HR-Management ................................................................................................................ 11 Vergütung im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen.............................................. 11 Veranstaltungen .................................................................................................................. 14 Über uns .............................................................................................................................. 17 Ihre Ansprechpartner ......................................................................................................... 17 Ihre Fachansprechpartner .................................................................................................. 17 Redaktion ............................................................................................................................ 17 Bestellung und Abbestellung .............................................................................................. 18 Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 2 Internationales Steuerrecht Aus einzelnen Ländern Großbritannien Die britische Steuerbehörde (HMRC) hat Neuerungen in Bezug auf das ''Short Term Business Visitor Agreement (STBVA)" veröffentlicht. Neu ist unter anderem, dass als „Arbeitgeber“ im Kontext eines Doppelbesteuerungsabkommens nun der „wirtschaftliche Arbeitgeber“ angesehen wird. Dies hat zur Folge, dass beschränkt Steuerpflichtige, die zwar einen zivilrechtlichen Arbeitgeber in Großbritannien haben, jedoch im wirtschaftlichen Interesse eines wirtschaftlichen Arbeitgebers im DBAAusland arbeiten, unter das STBVA fallen. Sofern der Arbeitnehmer im Rahmen seines Auslandsaufenthalts wieder Arbeitstage in Großbritannien verbringt, können diese unter bestimmten Voraussetzungen einkommen- und insbesondere UK-lohnsteuerpflichtig werden. Neu ist, dass der Arbeitgeber nunmehr verpflichtet wird, periodisch Meldungen über die verbrachten Arbeitstage in Großbritannien zu sammeln, um umgehend seiner Verpflichtung zum Lohnsteuereinbehalt nachkommen zu können. Darüber hinaus hat HMRC die Ansicht in Bezug auf die Dienstvorschrift (RDRM33170) aus dem Jahr 2010 mit Wirkung zum 4. August 2014 revidiert. Nun können nicht nur Verkaufserlöse von Anleihen, die durch ausländisches Einkommen gesichert sind, als nach Großbritannien überwiesen und u. U. als steuerpflichtig angesehen werden, sondern bereits die durch das ausländische Kapital gesicherten Anleihen an sich. Arbeitnehmer mit Darlehensvereinbarungen, die unter die bisherige Dienstvorschrift fallen, wird eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung empfohlen. Indien Das indische Finanzministerium hat die Finanzplanung für das Steuerjahr 2014/15 veröffentlicht. Danach steigt der Grundfreibetrag von 200.000,00 INR (ca. 2.438,00 Euro) auf 250.000,00 INR (ca. 3.047,00 Euro). Die Einkünfte von Spitzenverdienern mit einem steuerpflichtigen Einkommen von mehr als 10 Millionen NR (ca. 121.896,00 Euro) werden unverändert mit einem Höchststeuersatz von 33 Prozent besteuert. Kreditzinsen im Zusammenhang mit dem Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum können künftig bis zu einem Betrag von 200.000,00 INR (ca. 2.438,00 Euro) pro Jahr steuermindernd berücksichtigt werden. Um einen Gewinn aus der Veräußerung von Wertpapieren künftig mit dem günstigen Kapitalsteuersatz in Höhe von 20 Prozent besteuern zu können, müssen Aktien und andere Wertpapiere, die nicht an der indischen Börse gehandelt werden, nunmehr länger als 36 Monate - und nicht wie bisher nur 12 Monate - vor dem Verkauf gehalten werden. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Haltefrist von im Rahmen von Optionsprogrammen erworbenen Wertpapieren an einer im Ausland ansässigen Gesellschaft. Sofern der Mitarbeiter einen Ausgleich für "Mehr-Steuer" vereinbart hat und somit der "Tax Equalization" unterliegt, verteuert ein Verkauf der Wertpapiere innerhalb von 36 Monaten die Entsendekosten aufgrund des höheren Steuersatzes. Tschechien Die Regierung plant eine Gesetzesänderung des Einkommensteuerrechtes, die bereits zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll. Steuerfreies Naturaleinkommen von Angestellten im Bereich von Erholungs-, Gesundheits-, (Weiter-) Bildungs- und Sporteinrichtungen wird auf einen Höchstbetrag Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 3 von 10.000,00 CZK (ca. 364,00 Euro) pro Jahr begrenzt werden. Ferner kann der Bezug dem Mitarbeiter nur steuerfrei gewährt werden, wenn der Arbeitgeber das Naturaleinkommen des Mitarbeiters nicht als Aufwendungen steuerlich geltend gemacht hat. Erhöhung des Kinderfreibetrages ab dem zweiten Kind um 100,00 CZK (ca. 3,64 Euro) pro Monat auf 1.217,00 CZK (ca. 44,32 Euro). Für das erste Kind bleibt der monatliche Freibetrag in Höhe von 1.117,00 CZK (ca. 40,69 Euro) unverändert. Es ist ebenfalls angedacht, dass bereits für den Veranlagungszeitraum 2014 die automatische Abgabepflicht der Steuererklärung für Angestellte entfallen soll, wenn diese bereits Steuervorauszahlungen für den Solidaritätszuschlag geleistet und ein Jahresgesamteinkommen haben, das unterhalb der Jahresgrenze für die Sozialversicherung liegt. Die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung 2014 gilt jedoch jedenfalls weiterhin für Arbeitnehmer ab einem Jahreseinkommen von mehr als 1.245.216 CZK (ca. 45.361,00 Euro). Ferner soll steuerbefreites Einkommen von mehr als 5.000.000,00 CZK (ca. 182.143,00 Euro) im Rahmen der Einkommensteuererklärung verpflichtend offengelegt werden. In der Praxis kann es sich um Geschenke, Gewinne, Einnahmen aus dem Verkauf von Immobilien oder dem direkten Verkauf von Anteilen und Aktien handeln. Von Anne-Inger Bergerhoff, Tel.: +49 30 2636-4804, [email protected] Lohnsteuer Geldwerter Vorteil im Fall der Gestellung eines Kraftfahrzeugs mit Fahrer Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Mai 2013 (VI R 44/11) entschieden, dass im Fall einer arbeitgeberseitigen Gestellung eines Fahrers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein zusätzlicher geldwerter Vorteil vorliege. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat die Urteilsgrundsätze nunmehr mit Schreiben vom 15 Juli 2014 (IV C 5 - S 2334/13/10003) auch für den Bereich der Privatund Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung für allgemein anwendbar erklärt, lässt die bisherigen Vereinfachungsmethoden zur Ermittlung des geldwerten Vorteils aber weiterhin zu. Hintergrund Nach der o. g. BFH-Entscheidung sei die Fahrergestellung grundsätzlich gem. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit dem Wert einer von einem fremden Dritten bezogenen vergleichbaren Dienstleistung zu bemessen, wobei dieser Wert den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen könne aber nicht müsse. BMF Anwendungsschreiben Das BMF erklärt die Grundsätze des o. g. BFH-Urteils in seinem Anwendungsschreiben sowohl für das Lohnsteuerabzugs- sowie das Veranlagungsverfahren in allen noch offenen Fällen für allgemein anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob der geldwerte Vorteil aus der Firmenwagengestellung durch Fahrtenbuch- oder Bruttolistenpreismethode ermittelt wird. Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 4 Grundsatz: Zeitanteilige Personalkosten Maßstab zur Bewertung des geldwerten Vorteils aus der arbeitgeberseitigen Gestellung eines Fahrers ist grundsätzlich der Preis, den ein fremder Dritter für die Gestellung des Fahrers für die bezogene vergleichbare Dienstleistung hätte aufwenden müssen, also der übliche Endpreis am Abgabeort gem. § 8 Absatz 2 Satz 1 EStG. Aus Vereinfachungsgründen können jedoch alternativ die zeitanteiligen tatsächlichen Lohnund Lohnnebenkosten des Fahrers angesetzt werden, d. h. insbesondere Personalkosten in Form von Bruttoarbeitslohn, Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung, Verpflegungszuschüssen sowie Kosten beruflicher Fort- und Weiterbildung für den Fahrer, die der Einsatzdauer des Fahrers im Verhältnis zu dessen Gesamtarbeitszeit entsprechen. Zur Einsatzdauer des Fahrers gehören nach Verwaltungsmeinung auch etwaige Stand- und Wartezeiten des Fahrers, nicht hingegen die bei der Überlassung eines Kraftfahrzeugs mit Fahrer durch die An- und Abfahrten des Fahrers durchgeführten Leerfahrten und die anfallenden Rüstzeiten; diese seien den dienstlichen Fahrten zuzurechnen. Vereinfachungsregelungen: Pauschale Zuschläge Anstelle der Ermittlung der zeitanteiligen Personalkosten kann der Vorteil für die Fahrergestellung aus Vereinfachungsgründen auch weiterhin mit pauschalen Zuschlagssätzen ermittelt werden. Je nach Fallgruppe ergeben sich folgende Zuschlagssätze: • Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Familienheimfahrten: Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (einschließlich der Fälle, in denen zwar der Tätigkeitsort keine erste Tätigkeitsstätte darstellt, die Regelung jedoch für entsprechend anwendbar erklärt wird) ein Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung, ist der für diese Fahrten ermittelte Nutzungswert des Kraftfahrzeugs um 50 Prozent zu erhöhen. Für die zweite und jede weitere Familienheimfahrt anlässlich einer doppelten Haushaltsführung erhöht sich der auf die einzelne Familienheimfahrt entfallende Nutzungswert nur dann um 50 Prozent, wenn für diese Fahrt ein Fahrer in Anspruch genommen worden ist. • Privatfahrten Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für andere Privatfahrten ein Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung, ist der entsprechende private Nutzungswert des Kraftfahrzeugs wie folgt zu erhöhen: a) um 50 Prozent, wenn der Fahrer überwiegend in Anspruch genommen wird, b) um 40 Prozent, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug häufig selbst steuert, c) um 25 Prozent, wenn der Arbeitnehmer das Kraftfahrzeug weit überwiegend selbst steuert. • Begrenzung auf Gesamtkosten Wird der pauschal anzusetzende Nutzungswert auf die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs begrenzt (sog. Kostendeckelung), ist der anzusetzende Nutzungswert um 50 Prozent zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung gestellt worden ist. Einheitlicher Bewertungsansatz im Lohnsteuerabzugsverfahren Der Arbeitgeber kann sich nach Auffassung der Finanzverwaltung im jeweiligen Kalenderjahr nur einheitlich für eine der beiden Bewertungsmethoden entscheiden. Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 5 Einkommensteuerveranlagung: Abweichender Ansatz zulässig Der Arbeitnehmer kann hingegen bei einer persönlichen Einkommensteuerveranlagung – bei Vorlage entsprechender Nachweise – einheitlich für die verschiedenen Fahrten einen vom Lohnsteuerverfahren abweichenden Ansatz geltend machen. Dies setzt jedoch voraus, dass der im Lohnsteuerabzugsverfahren angesetzte Vorteil sowie die Grundlagen für die neue Berechnung des geldwerten Vorteils nachgewiesen werden. Fazit Die klarstellenden Ausführungen des BMF-Schreibens zur Fahrergestellung sind zu begrüßen, denn damit wird den Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet, von den starren und letztlich vom Bruttolistenpreis abhängigen Zuschlagssätzen eine abweichende Bewertung der Fahrergestellung vorzunehmen. Dabei sollte jedoch nicht verkannt werden, dass dies im Einzelfall mit erhöhtem Ermittlungsaufwand einhergehen kann. Daher ist fraglich, ob die Bewertung nach den zeitanteiligen Personalkosten in der Arbeitgeberpraxis eine große Rolle spielen wird. Von Can Tüzel, Tel.: +49 30 2636-4412, [email protected] Arbeitsrecht Unterrichtungspflicht bei Betriebsübergang – die Anforderungen werden wieder strenger Bekanntlich sind Arbeitnehmer vor Betriebsübergängen umfassend über deren Voraussetzungen und Wirkungen schriftlich zu unterrichten (§ 613a Abs. 5 BGB). Der Arbeitnehmer hat dann Gelegenheit, dem Betriebsübergang binnen eines Monats zu widersprechen (§ 613a Abs. 6 BGB). Kommen Veräußerer und/oder Erwerber ihrer Unterrichtungspflicht nicht oder nur unzureichend nach, beginnt die Monatsfrist nicht zu laufen, und der Mitarbeiter kann – vorbehaltlich einer etwaigen Verwirkung – dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auch noch zu einem späteren Zeitpunkt widersprechen. Dies führt in der Praxis zu erheblicher Rechtsunsicherheit für alle am Unternehmenskauf Beteiligten. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur ordnungsgemäßen Unterrichtung ist Legion und seit vielen Jahren vor allem dadurch geprägt, dass die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung stetig verschärft wurden. Während jüngere BAG-Entscheidungen zuletzt Anlass zur Hoffnung gaben, dass auch die Bedürfnisse der Arbeitgeberseite nach Praktikabilität und Rechtssicherheit angemessen Berücksichtigung finden (so BAG vom 10. November 2011 – 8 AZR 430/10; 10. November 2011 – 8 AZR 277/10), hat das BAG die Anforderungen an das Unterrichtungsschreiben nunmehr erneut verschärft (BAG vom 14. November 2013 8 AZR 824/12). Sachverhalt (vereinfachte Darstellung) Die Beklagte betreibt ein Callcenter. Im Frühjahr 2008 überträgt sie den Geschäftsbetrieb des Callcenters auf eine wenige Monate zuvor gegründete Tochtergesellschaft, nachdem sie bereits im Januar 2008 sämtliche im Callcenter beschäftigten Arbeitnehmer über den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse unterrichtet hatte. Sämtliche Arbeitnehmer setzen ihre Tätigkeit bei der neu gegründeten Gesellschaft fort, ohne dem Betriebsübergang zu widersprechen. Über zwei Jahre später, im Sommer 2010, werden der Geschäftsbetrieb des Callcenters stillgelegt und die Arbeitsverhältnisse, darunter auch das des übergegangenen Klägers, betriebsbedingt Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 6 beendet. Der Kläger widerspricht dem im Frühjahr 2008 erfolgten Betriebsübergang im Sommer 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB und macht den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten geltend. Hiergegen wehrt sich die Beklagte. Sie macht insbesondere geltend, dass der Widerspruch auf die mehr als zwei Jahre zuvor erfolgte Unterrichtung über den Betriebsübergang verspätet sei. Jedenfalls habe der Kläger ein etwaig fortbestehendes Widerspruchsrecht durch seine zweijährige widerspruchslose Tätigkeit bei der Tochtergesellschaft verwirkt. Entscheidung Das BAG ist dieser Ansicht nicht gefolgt, sondern hält – anders als zuvor noch das Landesarbeitsgericht (LAG) – die Klage für begründet. Der Widerspruch des Arbeitnehmers sei weder verspätet noch verwirkt. Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB sei durch die Unterrichtung unter anderem deshalb nicht in Gang gesetzt worden, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen habe, dass es sich (i) bei der Erwerberin um eine Neugründung handelte und (ii) Unternehmen in den ersten vier Jahren nach der Neugründung von der Sozialplanpflicht bei Personalabbau nach § 112a Abs. 4 BetrVG befreit sind. Diese Informationspflicht bestehe unabhängig davon, ob das neu gegründete Unternehmen tatsächlich eine Betriebsänderung in Aussicht genommen habe. Es handele sich hierbei um eine Folge des Betriebsübergangs, welche die wirtschaftliche Absicherung des übergehenden Arbeitnehmers gefährde und damit ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch darstelle. Im Übrigen habe der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt, da – über das Zeitmoment hinaus – kein zusätzliches Umstandsmoment erkennbar sei, aus dem sich ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers ergebe. Praktische Auswirkungen Die Entscheidung des BAG zeigt erneut, mit welch besonderer Sorgfalt der Inhalt von Unterrichtungsschreiben formuliert werden muss. In der langen Historie von Entscheidungen zu § 613a Abs. 6 BGB gab es bislang nur wenige Fälle, in denen die Unterrichtungsschreiben den Anforderungen des BAG genügten. Das Gericht stellt nunmehr klar, dass in den – durchaus nicht seltenen Fällen – des Betriebsübergangs auf neu gegründete Gesellschaften auch über die gesetzliche Folge der fehlenden Sozialplanpflicht bei Betriebsänderungen informiert werden muss. Dies gilt selbst dann, wenn eine solche Betriebsänderung zu keinem Zeitpunkt geplant war. Versäumen es Erwerber und/oder Veräußerer, auf die fehlende Sozialplanpflicht hinzuweisen, laufen sie Gefahr, dass ein Mitarbeiter ggf. auch noch Jahre später dem Betriebsübergang widersprechen kann, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Arbeitgeber fortbesteht. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in diesen Fällen allein dadurch begrenzt, dass dieser sein Recht auf Widerspruch verwirken kann. Hierfür müssen jedoch besondere Umstände vorliegen. Neben dem sogenannten Zeitmoment verlangt das BAG bereits seit Jahren hierfür weitere Hinweise auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers (sog. Umstandsmoment). Dieses ist regelmäßig nur dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses selbst disponiert (z. B. durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit dem Erwerber, vgl. hierzu BAG vom 20. März 2008 – 8 AZR 1016/06). Die widerspruchslose Weiterarbeit beim Erwerber über einen längeren Zeitraum allein (hier immerhin über zwei Jahre), genügt für eine Verwirkung jedenfalls nicht. Von RA Dr. Frank Degenhardt, +49 69 9585-6457, [email protected] Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 7 Haftung des Vorgesetzten gegenüber Leiharbeitnehmern für unzureichende Sicherung des Arbeitsplatzes bei offensichtlicher Unfallgefahr Die Klägerin, eine Berufsgenossenschaft, klagt auf Ersatz ihrer Aufwendungen, die ihr durch einen Arbeitsunfall des bei ihr versicherten Geschädigten entstanden sind. Sachverhalt Für den Neubau eines Kantinengebäudes überließ der Arbeitgeber den Geschädigten der die Bauarbeiten ausführenden Firma als Arbeitnehmer. Der Geschädigte führte am Tage des Unfalls als Zimmermann Dacharbeiten in einer Absturzhöhe von 5,50 m aus. Verantwortlicher auf der Baustelle für die zuständige Firma war der ebenfalls auf der Baustelle tätige Beklagte. Die Baustelle war unzureichend mit Sicherheitsnetzen gesichert und entsprach nicht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften, die ab einer Absturzhöhe von 3 m zwingend eine Absturzsicherung vorschreiben. Der Beklagte war von einem Sicherheitskoordinator kurz vor dem Unfallzeitpunkt auf die unzureichende Sicherung aufmerksam gemacht worden mit dem Hinweis, unter anderem auch den Geschädigten sofort vom Dach zu beordern. Zudem hielt der Beklagte auch selbst nach eigenen Angaben die Absturzgefahr für offensichtlich. Er unternahm jedoch keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen, stellte die Dacharbeiten nicht ein und machte keine Angaben, wie gearbeitet werden solle. Der Geschädigte verlor beim Heranziehen einer Platte das Gleichgewicht und stürzte über fünf Meter in die Tiefe und schlug auf einem Betonboden auf. Dabei zog er sich schwerste Schädel- und Wirbelsäulenverletzungen zu, ist seitdem querschnittsgelähmt und erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Klägerin hat den Unfall als Arbeitsunfall anerkannt. Entscheidung Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte hafte als Vorgesetzter gegenüber der Berufsgenossenschaft im Wege des Rückgriffs nach § 110 Abs. 1 SGB VII, da er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe. Das Gericht hat hierzu festgestellt, dass der Geschädigte, obwohl er bei einer anderen Firma angestellt war, zum Unfallzeitpunkt die für die Arbeiten zuständige Firma bei der Erfüllung des Auftrags unterstützte und dabei der konkreten Weisungsgebundenheit des Beklagten genauso wie eigene Arbeitnehmer unterlag. Laut Auffassung des Gerichts ist nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der direkte Vorgesetzte verpflichtet, allen ihm unterstellten Arbeitnehmern keine Tätigkeiten zuzuweisen, die aufgrund von fehlender Sicherheitsmaßnahmen des Arbeitgebers gesundheitsgefährdend sind. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte verstoßen, indem er trotz Hinweises auf gravierende Sicherheitsmängel die Arbeiten des Geschädigten nicht beendete. Einen Grund, die Haftung des Beklagten aufgrund der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Arbeitnehmerhaftung im Hinblick auf ein mögliches Missverhältnis zwischen dem Verdienst des Beklagten und dem ihm drohenden Schadensrisiko einzuschränken, sah das Gericht nicht. Fazit Das OLG Koblenz hat in seiner Entscheidung aufgezeigt, dass nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Vorgesetzte haftet, wenn Arbeitnehmer aufgrund von fehlenden oder unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen verunglücken. Diese Haftung besteht nicht nur gegenüber den eigenen Arbeitnehmern, sondern auch gegenüber Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 8 Leiharbeitnehmern, die im Rahmen einer vorübergehenden Tätigkeit im Betrieb tätig sind. Von RA Christian Berg, +49 69 9585-5192, [email protected] Sozialversicherung Deutscher Bundestag beschließt GKV-Finanzstrukturund Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (FQWG) Der Bundestag hat am 5. Juni 2014 das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKVFQWG) beschlossen. Hintergrund Im Zuge des demografischen Wandels steigen langfristig auch die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für die Gesundheitsversorgung. Um gesetzlich Krankenversicherten weiterhin ein hochwertiges Leistungsspektrum zu bieten, ist es notwendig, die Finanzstruktur der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig zu festigen und dabei die Krankenkassenmitglieder nicht durch zusätzliche Beiträge zu belasten. Mithin soll der Wettbewerb zwischen den Kassen gesichert und die Versorgungsqualität gestärkt werden. Ebenso wird dadurch die Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches (regelt u. a. alters-, geschlechts- und risikoabhängige Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen) verbessert, indem die entsprechenden Zuwendungen zielgenauer an die einzelnen Krankenkassen erfolgen. Inhalt des Gesetzes Das Gesetz sieht unter anderem vor, den allgemeinen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von derzeit 15,5 Prozent ab dem 1. Januar 2015 auf 14,6 Prozent zu senken. Dieser wird hälftig sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Arbeitnehmer mit jeweils 7,3 Prozentpunkten getragen. Der bislang ausschließlich arbeitnehmerbezogene Beitragsanteil von 0,9 Prozentpunkten entfällt. Zur Stärkung der Beitragsautonomie der Krankenkassen kann dann jede Krankenkasse selbst einen Zusatzbeitrag kalkulieren. Bei Erhebung eines Zusatzbeitrages wird den Mitgliedern ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Die Krankenkassen informieren ihre Mitglieder mit einem gesonderten Schreiben über eine erstmalige Erhebung oder Erhöhung eines Zusatzbeitrages und weisen auf ein Informationsangebot des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen über die Zusatzbeiträge der verschiedenen Krankenkassen hin. Fazit Gesetzlich Krankenversicherten ist im Falle einer Erhebung eines Zusatzbeitrages zu empfehlen, ihr Sonderkündigungsrecht in Anspruch zu nehmen bzw. sich sowohl über das Informationsangebot, die Zusatzbeiträge der verschiedenen Krankenkassen als auch deren Leistungsspektrum (Zusatzleistungen) zu informieren. Das Sonderkündigungsrecht ermöglicht Mitgliedern ihre Mitgliedschaft bereits vor Ablauf der 18-monatigen Bindungsfrist zu kündigen. Die Kündigung an die Krankenkasse hat bis zur ersten Beitragsfälligkeit (bei Erhebung eines Zusatzbeitrages zum 1. Januar 2015 bis spätestens 15. Februar 2015) zu erfolgen. Dabei ist zwar die übliche 2-monatige Kündigungsfrist einzuhalten (bis zum 30. April 2015), während dieser Zeit entfällt jedoch der erhöhte Beitrag. Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 9 Gerne unterstützen wir bei Fragen zum Sonderkündigungsrecht. Von Beate Eschler de Barros, Tel.: +49 211 981-1067, [email protected] Verschärfung der Regeln für den Bezug von Kindergeld für im Ausland lebende Kinder Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat zum 1. Juli 2014 eine neue Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz (DAKG) erlassen. In dieser neuen Dienstanweisung sind eine Reihe von Dienstanweisungen und Einzelweisungen eingeflossen, die als einheitliche Lösung den Überblick und das Auffinden der maßgeblichen Regelungen erleichtern sollen. Im Zuge der Neuordnung ist auch der Regelungsgehalt zum Bezug von Kindergeld für in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz (nachfolgend EU-Staaten) lebende Kinder verschärft worden. Hintergrund Die Familienkassen haben bisher - analog der Auffassung des Bundesfinanzhofes häufig Anträge auf Kindergeld für in anderen EU-Staaten lebende Kinder abgelehnt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entgegen der von deutscher Seite angewandten Praxis entschieden, dass EU-Ausländer auch dann Anspruch auf Kindergeld in anderen Staaten der EU haben, wenn das Kind nicht in dem EU-Staat wohnt, in dem der Antragsteller beschäftigt ist. Neue Voraussetzungen für die (Weiter-) Gewährung von Kindergeld In Umsetzung des Urteils des EuGH haben die Familienkassen die bereits gültigen Prüfroutinen auch für die im Ausland wohnenden Kinder angewendet. In der neuen DAKG 2014 wurde den veränderten Rahmenbedingungen nun Rechnung getragen und die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld für im Ausland geborene Kinder mit Wohnsitz in einem EU-Staat angepasst. Inhalt der Dienstanweisung Zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen konnte bisher die Existenz eines im Ausland geborenen Kindes durch eine „auf fotomechanischem Wege angefertigte, nicht beglaubigte (nicht bestätigte) Ablichtung einer Originalurkunde“ nachgewiesen werden. Seit Juli 2014 ist das nicht mehr ausreichend. Nunmehr ist es erforderlich, dass ein amtliches Dokumente (z. B. Geburtsurkunde) im Original vorliegen muss. Der Aufenthaltsstatus ist jetzt alle sechs Monate und - nicht wie bisher - nur einmal im Jahr zu überprüfen. Das Kindergeld ist für diesen Personenkreis daher nur noch für sechs Monate festzulegen und zum Ende der befristeten Festsetzung erneut zu überprüfen. Darüber hinaus können die Kindergeldkassen bei der Überprüfung eines Kindergeldanspruchs die Ausländerbehörden einbeziehen. In Zweifelsfällen ist dies zwingend vorgeschrieben. Bei Kindern von EU-Ausländern, die im Heimatland leben, müssen künftig die „EU-rechtlichen Koordinierungsvorschriften“ eingehalten werden. Danach muss Deutschland nur an solche EU-Ausländer Kindergeld zahlen, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind. Fazit Grundsätzlich empfiehlt es sich für nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer oder Saisonarbeiter bei der deutschen Familienkasse Kindergeld zu beantragen. Davon ausgehend, dass der nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer während der Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 10 Beschäftigung dem Sozialversicherungsrecht seines Heimatlandes unterliegt und dort einen Anspruch auf Kindergeld hat, kann in Deutschland ein Anspruch auf sogenanntes Differenzkindergeld bestehen. Dies kann dann der Fall sein, wenn das Kindergeld im Heimatland geringer als der Kindergeldanspruch in Deutschland ist. Gerne unterstützen wir Sie bei der Antragstellung von Kindergeld für Ihre Beschäftigten. Von Daniel Concellón, Tel.: +49 211 981-4699, [email protected] Global Social Security Newsletter Weitere interessante Informationen können Sie auch unserem Global Social Security Newsletter entnehmen. Bitte verwenden Sie dafür folgenden Link: http://www.pwc.com/gx/en/hr-management-services/social-security.jhtml In der aktuellen Ausgabe Juni 2014 sind aktuelle Informationen zu einzelnen Ländern enthalten, u. a.: Australia Belgium China Czech Republic Denmark Germany Greece Irland The Netherlands • Updated instruction on taxability of foreign social security contributions • Extension Certificates of Coverage from Japan Nigeria Norway • New Nordic social security convention • Regulation of the basic amount Peru Turkey The United States EU/EEA updates • The Court of Justice of the European Union gives judgment on residence (Case C-255/13) • New directive on the enforcement of the Posting of Workers Directive • New recommendation on sickness benefits received in a non-EU country Bilateral agreement updates Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 11 HR-Management Vergütung im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen Vergütung ist ein hoch sensibles Thema. Ihre Gestaltung ist immer auch das Resultat eines Kompromisses zwischen verschiedenen Interessengruppen, wie etwa Anteilseignern, Politik und Öffentlichkeit, die ihre Ansprüche bei der Gestaltung von Vergütungssystemen berücksichtigt wissen möchten. Der Fokus der Vergütungsgestaltung liegt daher oftmals auf der Befriedigung dieser Interessen, während den strategischen Zielen des Unternehmens und den Bedürfnissen der Teilnehmer von Vergütungsplänen dagegen wenig Beachtung geschenkt wird – mit der Folge, dass die Vergütung nicht den gewünschten Effekt erzielt. Die Politik kann die Berücksichtigung ihrer Interessen durch die Schaffung entsprechender Gesetze einfordern. Die meisten solcher Regularien sind darauf ausgerichtet, entweder die Vergütungshöhe zu beschränken oder bestimmte Gestaltungsmerkmale (z. B. Laufzeiten oder das Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung) vorzuschreiben. Dabei nimmt die Dichte der Regulierungen immer mehr zu, das heißt, immer mehr Gestaltungsmerkmale werden durch diese bestimmt oder eingeschränkt. Anteilseigner sehen in der Vergütung ein Instrument, um die Interessen des Vorstands mit ihren eigenen Zielen in Einklang zu bringen. Ihre Forderungen sind folglich darauf ausgerichtet, mithilfe von Vergütung den Unternehmenswert zu steigern. Doch welche Erwartungen haben Führungskräfte an die eigene Vergütung? Die von PwC im Jahr 2012 herausgegebene Studie Making Executive Pay Work: The Psychology of Incentives, bei der 1.106 Führungskräfte aus 43 Ländern befragt wurden, hat gezeigt, dass Führungskräfte sich klare und nachvollziehbare Vergütungspläne mit geringem Risiko und kurzen Laufzeiten wünschen. Zudem ist es wichtig, dass die Vergütung von den Führungskräften im relativen Vergleich als gerecht empfunden wird. Die Ergebnisse der Studie besitzen nach wie vor Gültigkeit – doch wie können die Unternehmen diese Erkenntnisse nutzen? Wie sehen Vergütungspakete in der Praxis aus und inwieweit reflektieren sie die Interessen der verschiedenen externen Stakeholder bzw. der Führungskräfte? Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, haben wir die Vergütungsberichte für die Vorstände der Dax-30-Unternehmen ausgewertet und analysiert. Ein typisches Vorstandsvergütungspaket setzt sich zu ungefähr gleichen Teilen aus fixer Vergütung sowie mindestens einem kurzfristig ausgerichteten variablen und einem langfristig ausgerichteten variablen Vergütungselement zusammen. Fix versus variabel Die Studie Making Executive Pay Work: The Psychology of Incentives hat gezeigt, dass Führungskräfte eine niedrigere fixe Zahlung (z. B. Gehalt) einer höheren unsicheren Zahlung (z. B. Bonus) vorziehen würden, das heißt, Manager sind risikoavers. Das Verhältnis zwischen fix und variabel unterscheidet sich je nach Branche. Grundsätzlich wäre zu erwarten, dass der variable Anteil an der Gesamtvergütung in volatilen Branchen höher ist als in weniger volatilen, da Vergütungen mithilfe variabler Modelle dem Geschäftserfolg direkt angepasst werden könnten. Tatsächlich hat aber der Bankensektor aufgrund spezifischer regulatorischer Vorschriften auf Vorstandsebene derzeit den höchsten Anteil an fixer Vergütung (über 50 Prozent), weit mehr als z. B. der Versicherungssektor (weniger als 25 Prozent). Es zeichnet sich ab, dass es für Anteilseigner künftig schwieriger wird, Erfolg und Misserfolg des Managements monetär Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 12 zu belohnen oder zu bestrafen und mit ihren Interessen in Einklang zu bringen, da der Hebel nun deutlich kleiner ist. Fairness ist essenziell Unsere Studie hat gezeigt, dass die meisten Führungskräfte eine absolut niedrigere Vergütung bevorzugen würden, solange diese im Vergleich zu ihrer Peergroup höher ist. Nur 25 Prozent würden eine absolut höhere – aber relativ niedrigere – Zahlung wählen. Doch vergleichen Führungskräfte in Deutschland ihre Vergütung mit internationalen Peers in anderen Unternehmen derselben Branche oder mit der Vergütung anderer Dax30-Unternehmen? Oder vergleichen sie in erster Linie innerhalb des Vorstands oder unter Mitarbeitern innerhalb des eigenen Unternehmens? Oft zwingen regulatorische Vorschriften die Unternehmen, sich bei der Festsetzung der Vergütungshöhe an bestimmten (etwa rein nationalen) Vergleichsgruppen zu orientieren, was insbesondere für international agierende Unternehmen mit Problemen verbunden ist. Dazu kommen gesellschaftspolitische Forderungen nach mehr Einkommensgerechtigkeit, die z. B. im Vergleich zwischen der Vergütung der am höchsten und der am niedrigsten bezahlten Mitarbeiter ihren Ausdruck finden. Zudem zeichnet sich ab, dass die durch eine zunehmende Zahl von Veröffentlichungsvorschriften erhöhte (und erwünschte) Transparenz zu einer (vom Gesetzgeber unerwünschten) höheren Vergütung geführt hat, da sowohl die Unternehmen als auch das Management „unterdurchschnittliche“ Vergütung als „unfair“ empfinden. Beim Vergleich der Vergütungshöhe der Dax-30Unternehmen zeichnet sich ein klares Bild ab: Die Vergütungsspanne der Vorstandsvorsitzenden ist sehr breit und reicht von 1,4 bis 15 Millionen Euro – also dem fast elffachen. Ein Vorstandsvorsitzender verdient im Schnitt 87 Prozent mehr als die ordentlichen Vorstandsmitglieder desselben Vorstandsgremiums. Die Vergütungshöhen der ordentlichen Mitglieder eines Vorstandsgremiums scheinen dagegen relativ homogen, die Differenzen belaufen sich auf durchschnittlich 0,8 Millionen Euro. Je länger man warten muss, desto geringer der empfundene Wert Nach unserer Studie haben aufgeschobene Bonuszahlungen und langfristige Vergütungselemente aus Sicht der Führungskräfte einen signifikant niedrigeren Wert als gleich hohe sofortige Bonuszahlungen. Bei einer dreijährigen Zurückstellung hat der Bonus nur noch einen empfundenen Wert von ca. 50 Prozent des tatsächlichen Wertes. Das bedeutet, dass bei langfristigen Vergütungselementen die Kosten für das Unternehmen den empfundenen Wert der Vergütung weit übersteigen. Andererseits fordern Aktionäre, Aufsichtsbehörden und diverse regulatorische Vorschriften, die sicherstellen wollen, dass die Vergütung nachhaltig ausgerichtet ist, lange Laufzeiten. Um diesen Konflikt zu entschärfen, haben einige Unternehmen kurzfristige Bonuspläne mit mehrjährigen rückwirkenden Bemessungszeiträumen eingeführt, das heißt, der Bonus wird zwar jährlich ausgezahlt, bemisst sich aber an der Performance der vergangenen Jahre. Ein typisches Vergütungspaket – also Grundgehalt und variable Vergütungselemente – eines Dax-30-Unternehmens wird nach einem Zeitraum von durchschnittlich 2,2 Jahren ausbezahlt. Die durchschnittliche Zeitspanne der Zielbemessung eines langfristigen variablen Vergütungselements beträgt 3,6 Jahre. Hinzu kommen in manchen Fällen noch Sperr- und Haltefristen. Komplexität und Ungewissheit zerstören empfundenen Wert Laut unserer Studie ziehen Führungskräfte ein einfaches und klares Vergütungspaket einem komplexen und mehrdeutigen Modell vor. Komplexität und Ungewissheit reduzieren also den wahrgenommenen Wert der Vergütung. Ein typisches Dax-30-Vorstandsvergütungspaket besteht im Durchschnitt aus mindestens drei Elementen, die mit unterschiedlichen Planparametern hinterlegt sind. Die Auszahlungshöhe der variablen Vergütungselemente ist fast ausnahmslos an Performancekriterien geknüpft und ein typisches Vergütungspaket enthält fünf – in manchen Fällen sogar bis zu neun – Performancekriterien für die variablen Elemente des Vergütungspakets. Dabei weisen kurzfristig ausgerichtete variable Vergütungselemente meistens mehr Performancekriterien auf (durchschnittlich 2,7) als langfristig ausgerichtete Vergütungselemente (durchschnittlich 1,7). Je höher die Anzahl Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 13 der Performancekriterien ist, desto komplexer ist der variable Anteil des Vergütungssystems und das Vergütungspaket wird dementsprechend als sehr komplex empfunden. Unsere Studie hat gezeigt, dass Transparenz für Führungskräfte sehr wichtig ist. Die Teilnehmer bevorzugten Performancekriterien, die sie selbst beeinflussen können; folglich zogen zwei Drittel interne Performancekriterien externen Kriterien vor. Aktionäre bevorzugen dagegen oft externe quantitative Kriterien (z. B. Total Shareholder Return), während die Politik sich eine stärkere Einbeziehung qualitativer Faktoren wünscht. Neben quantitativen internen Zielen (z. B. Umsatz), die derzeit circa 50 Prozent der Performanceziele aller Vergütungspläne ausmachen, gibt es deshalb auch eine Vielzahl externer und qualitativer Ziele (z. B Mitarbeiter- oder Kundenzufriedenheit). Die hohe Anzahl verwendeter Performancekriterien und deren oft intransparente Verknüpfung erhöht die Komplexität und Ungewissheit für die Führungskräfte, was wiederum zu einem niedrigeren empfundenen Wert beiträgt. Manager sind risikoavers Ein Vergütungspaket ist umso risikoreicher für den Teilnehmer, • • • je variabler es ist (d. h. je niedriger der Anteil der fixen Vergütung an der Gesamtvergütung ist), je länger die Laufzeit der Pläne ist und je unwahrscheinlicher (d. h. schwieriger) die Erreichung der Performancekriterien ist. Aktionäre und andere Interessengruppen verlangen, dass die Auszahlung an den langfristigen Erfolg des Unternehmens gekoppelt und damit für die am Vergütungsplan teilnehmenden Führungskräfte mit einem höheren Risiko verbunden ist. Ein höheres Risiko für die Mitarbeiter bedeutet dabei nicht nur eine stärkere Korrelation zwischen Leistung und Vergütung, sondern ist unter Umständen auch mit einem geringeren Risiko für das Unternehmen verbunden. In Branchen, in denen der Anteil der variablen Vergütung relativ hoch ist und die Personalkosten einen großen Teil der Gesamtkosten ausmachen, kann eine höhere Fixvergütung gegebenenfalls zu Risiken für das Unternehmen führen, da dieses mit einer Umschichtung von variabler auf fixe Vergütung einen Teil seiner Kostenkontrolle verliert. Eine Erhöhung der Fixvergütung bedeutet also nicht unbedingt eine Reduzierung des Risikos für das Unternehmen. Vergütungsgestaltung funktioniert nicht ohne Kompromiss Unsere Analyse zeigt, dass psychologische Vergütungseffekte und die daraus erwachsenden Erwartungen des Managements an die Vergütung in der Vergütungspraxis der Dax-30- Unternehmen nur zum kleinen Teil widergespiegelt werden. Die praktische Umsetzung von Vergütungsstrukturen ist vielmehr stark von regulatorischen Vorschriften und – in kleinerem Ausmaß – von den Interessen der Aktionäre geprägt. In der Praxis stellt die Vergütungsgestaltung für Führungskräfte und Vorstände immer eine Kompromisslösung dar. Personen, die mit der Gestaltung der Vergütung beauftragt sind, stehen im Spannungsfeld verschiedener Interessen und können folglich keine Lösung finden, die für alle Parteien optimal ist. Hier bietet es sich vielmehr an, einen Mittelweg zu finden. Die regulatorischen Vorschriften sind unumgänglich und müssen im Gestaltungsprozess in jedem Fall berücksichtigt werden. Damit die Vergütungsstrategie für Führungskräfte und Vorstände funktioniert, sollten neben regulatorischen Vorgaben und Aktionärsinteressen jedoch auch die Erwartungen des Managements berücksichtigt werden. Von Barbara Seta, Tel.: +49 69 9585-6044, [email protected] Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 14 Veranstaltungen Seminar - Grundlagen befristeter Auslandsbeschäftigung jeweils Tagesveranstaltungen 16.09.2014 Stuttgart 11.11.2014 Frankfurt/Main (Referent: u. a. Hans-Peter Limbach (SV-Recht)) Mit diesem Seminar werden Ihnen grundlegende Kenntnisse zur Planung und Umsetzung von Auslandsbeschäftigungen kompetent vermittelt. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Themen: Betreuung der Entsandten, Einkommensteuer, Sozialversicherung sowie Vergütung und Vertragsgestaltung. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei Hans-Peter Limbach, Tel.: +49 211 981-7553, [email protected] Organisatorische Fragen sowie Anmeldungen: http://www.dgfp.de/Seminare Roadshow - Reisekosten 2014 - Erste Praxiserfahrungen und Gestaltungsmöglichkeiten 02.09.2014 Hamburg 04.09.2014 Berlin 16.09.2014 München 23.09.2014 Stuttgart 08.10.2014 Frankfurt/Main (Referenten : Anita Gerken, Frank Kaiser, Andreas Bode) Seit nunmehr einem dreiviertel Jahr sind die gesetzlichen Regelungen zum steuerlichen Reisekostenrecht in Kraft. Unternehmen haben die Regelungen zur Erstattung der durch Dienstreisen verursachten Aufwendungen sowie die Abrechnungssysteme angepasst. Dabei hat sich oft gezeigt, dass die mit der Reisekostenreform propagierten Vereinfachungen nicht in allen Fällen eingetreten sind. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei: Manfred Karges, Tel.: +49 211 981-7110, [email protected] Organisatorische Fragen sowie Anmeldungen: Jana Mielke, Tel.: +49 69 9585-6018, [email protected] Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 15 Roadshow - Reisekosten 2014 in Düsseldorf 30.09.2014 Allgemeine Praxiserfahrungen und Gestaltungsmöglichkeiten (Referent : Manfred Karges) Seit 1. Januar 2014 gelten die neuen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht und die Unternehmen konnten mittlerweile erste Erfahrungen bei der Umsetzung der Regelungen sammeln. Für Unternehmen mit internationalem Mitarbeitereinsatz sind die neuen Regelungen teilweise von besonderer Bedeutung, da in diesem Bereich hohe Reisekosten anfallen. Es lohnt sich daher über Gestaltungsmöglichkeiten nachzudenken, die wir Ihnen für Inbound-Entsendungen erläutern möchten. Um Ihnen einen Überblick über die neuen lohnsteuerlichen Regelungen des Reisekostenrechts zu geben, haben wir daher zwei Expertengespräche – für allgemeine Praxiserfahrungen sowie für den speziellen Bereich des internationalen Mitarbeitereinsatzes – konzipiert. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei: Manfred Karges, Tel.: +49 211 981-7110, [email protected] Organisatorische Fragen sowie Anmeldungen: Kristin Eickhoff, Tel.: +49 211 981-7858, [email protected] Seminar - Internationale Mobilität 12.11.-13.11.2014 München (Referenten: Agnieszka Stajkowska, Thomas Kausch, Hans-Peter Limbach, Nanette Ott, Daniel Riehle, Brigitte Steinhagen) Die internationale Mobilität von Fach- und Führungskräften wird für immer mehr Unternehmen zum Erfolgsfaktor im weltweiten Wettbewerb um Kunden und Märkte. Für das operative Management internationaler Entsendungen ist die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen – vom Steuerrecht über das Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht bis hin zum Aufenthaltsrecht – unerlässlich. Und auch die Grundlagen und Trends der Expatriate-Vergütung gehören hier zum unverzichtbaren Handwerkszeug. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei: Agnieszka Stajkowska, Tel.: +49 711 25034-1770, [email protected] Organisatorische Fragen sowie Anmeldungen: Claire Kiwus, Tel.: +49 89 5790-5767, [email protected] Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 16 Seminar - Mitarbeiter im Auslandseinsatz - Steuern und Sozialversicherung im Fokus 09.09.2014 Hamburg 24.09.2014 Hannover 09.10.2014 München 16.10.2014 Berlin 18.11.2014 Stuttgart 21.11.2014 Frankfurt/Main 02.12.2014 Düsseldorf (Referenten: Iris Brandes, Jörg Brüggen, Ulrich Buschermöhle, Olaf Heinrich, Christine Kraft, Simone Kriegel, Sylvie Pönitz, Brigitte Steinhagen, Manuela Vickermann, Birgit Wehner) Die Zahl der lang- und kurzfristigen internationalen Mitarbeitereinsätze steigt zunehmend. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, jeden Fall individuell zu beurteilen, für eine Standardisierung bei gleich gelagerten Sachverhalten zu sorgen und alle Voraussetzungen für die Entsendung aufseiten des Arbeitnehmers wie des Arbeitgebers sorgfältig zu prüfen. Weitere Informationen erfragen Sie bitte bei: Manuela Vickermann, Tel.: +49 40 6378-2396, [email protected] Organisatorische Fragen sowie Anmeldungen: Barbara Kunz, Tel.: +49 69 9585-2114, [email protected] 17 Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 Über uns Ihre Ansprechpartner Berlin Sabine Ziesecke Tel.: +49 30 2636-5363 [email protected] Frankfurt am Main Renate Höfer Tel.: +49 69 9585-6440 [email protected] Düsseldorf Petra Raspels Tel.: +49 211 981-7680 [email protected] Hamburg Renate Höfer Tel.: +49 69 9585-6440 [email protected] München Matthias Schmitt Tel.: +49 89 5790-6308 [email protected] Stuttgart Matthias Schmitt Tel.: +49 89 5790-6308 [email protected] Ihre Fachansprechpartner Arbeitsrecht Dr. Nicole Elert Tel.: +49 211 981-4196 [email protected] Betriebliche Altersversorgung Jürgen Helfen Tel.: +49 211 981-4362 [email protected] HR Management, Vergütung Barbara Seta Tel.: +49 69 9585-6044 [email protected] Redaktion Für Ihre Fragen, Hinweise und Anmerkungen zum Newsletter steht Ihnen unsere Ansprechpartnerin aus der Redaktion gern zur Verfügung. Wir freuen uns auf Ihr Feedback. Sabine Ziesecke Tel.: +49 30 2636-5363 [email protected] Human Resource News Ausgabe 9, September 2014 18 Bestellung und Abbestellung Wenn Sie Human Resource News bestellen möchten, senden Sie bitte eine leere E-Mail mit der Betreffzeile „Bestellung“ an: [email protected] Wenn Sie Human Resource News abbestellen möchten, senden Sie bitte eine leere E-Mail mit der Betreffzeile „Abbestellung“ an: [email protected] Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten bestimmt. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die angegebenen Quellen oder die Unterstützung unserer Büros zurück. Teile dieser Veröffentlichung/Information dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung durch den Herausgeber nachgedruckt und vervielfältigt werden. Meinungsbeiträge geben die Auffassung der einzelnen Autoren wieder. © September 2014 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. 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