RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik Prof. Dr.-Ing. M. Grünewald Absorption von CO2 in wässriger Aminlösung in einem Gas/Flüssig-Batchreaktor Fachlabor UTRM SS 2009 Betreuer: Dipl.-Ing. Jasmin Kemper Raum: IB 5/47 Telefon: 32-25908 E-Mail: [email protected] Ort: ICFW 02/300 Zeit: Mi. bzw. Fr. um 09:00 Uhr Die Gruppen mit den Terminen 29.05.09 und 03.07.09 werden gebeten, sich zwecks Terminabsprache/Verschiebung zu melden! Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Symbolverzeichnis 1 Einleitung 4 2 Aufbau der Anlage 5 3 Messmethodik 7 4 Theoretische Grundlagen und Auswertung 8 4.1 Allgemeine Modellvorstellungen zum Stoffübergang nach Baerns 8 4.2 Versuchsauswertung im Fall Chemisorption 13 5 19 Literatur 2 Symbolverzeichnis Symbolverzeichnis Symbol SI-Einheit physikalische Größe A [m²] Phasengrenzfläche c1 [kmol/m³] CO2-Konzentration in der Flüssigkeit c2 [kmol/m³] Aminkonzentration in der Flüssigkeit D [m²/s] Diffusionskoeffizient dpr [m] Durchmesser des Propellers dR [m] Durchmesser des Reaktors E [-] Verstärkungsfaktor He [Pa m³/mol] Henry-Konstante Ha [-] Hatta- Zahl J [mol/m² s] Stromdichte k [s-1] Reaktionsgeschwindigkeitskonstante -1 n [s ] Umdrehungszahl R [J/mol K] allgemeine Gaskonstante Re [-] Reynolds-Zahl Sc [-] Schmidt-Zahl T [K] Temperatur der Lösung [K] Gastemperatur [m³] Gasvolumen [m³] Flüssigkeitsvolumen Tg V g Vl Griechische Buchstaben ßch [m/s] Stoffübergangskoeffizient bei chemischer Absorption ßph [m/s] Stoffübergangskoeffizient bei physikalischer Absorption η [Pa s] dynamische Viskosität der Lösung ρ [kg/m³] Dichte der Lösung 3 Einleitung 1 Einleitung In der Industrie ist die Absorption ein bekannter und wichtiger Prozess für die Trennung von Gaskomponenten und für die Reinigung von Abgasen bzw. verschiedener Prozessgasströme. Zur Auslegung entsprechender Absorptionsanlagen braucht man Informationen sowohl über die Reaktionskinetik der Prozesse als auch zu den Stoffaustauschprozessen bzw. Transportwiderständen. Ziel des Versuches im Fachlabor sind grundlegende Untersuchungen der chemischen Absorption von reinem CO2 in Abhängigkeit von betrieblichen Parametern, wie Temperatur, Konzentration des Amins, CO2-Partialdruck, Art der Lösung u.a.m. einschließlich der Messwerterfassung und Auswertung. Die Ermittlung kinetischer Zielgrößen zum Stoffaustausch, wie beispielweise der effektiven Reaktionsgeschwindigkeit, des Stoffübergangskoeffizienten und des Verstärkungsfaktors sind wichtige integrierte Aufgabenstellungen. Der Gas-Flüssig-Reaktor mit einem Inhalt von ca. 6 l (Mini-Plant) dient diesbezüglich zur Realisierung erster Untersuchungen zum Stoffaustausch und zur Reaktionskinetik zwischen der Gasphase (CO2) und dem Lösungsmittel (z.B. Monoethanolamin, kurz MEA) unter zunächst konstanten Temperaturbedingungen. Experimentell werden hierbei die Temperatur und der Druck messtechnisch erfasst und über die Anwendung mathematischer Modelle entsprechend ausgewertet. 4 Aufbau der Anlage 2 Aufbau der Anlage Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die zur Absorptionsgeschwindigkeitsmessung konzipierte Versuchsanlage mit ihren Hauptkomponenten. Im thermostatisierbaren Mini-Plant-Reaktor mit einem Volumen von ca. 6 l werden 1 l Flüssigkeit vorgelegt. Sowohl die Flüssigkeit als auch die darüber befindliche Gasphase können jeweils mit zwei Propellerrührern mit konstanter Rührgeschwindigkeit bewegt werden. Die Thermoelemente Tl und Tg dienen zur Bestimmung der Flüssigkeits- und der Gastemperatur. Ein integrierter Drucksensor P registriert den Druck im Reaktor. Sowohl die Schlauchpumpe als auch die Vakuumpumpe, eine Wärmeisolierung, ein Gasvorwärmer Messwerterfassung komplettieren die Chemisorptionsanlage. Technische Daten der Anlage: Kenngröße Wert Einheit Reaktordurchmesser dR 0.15 [m] Propellerdurchmesser dPr 0.10 [m] Flüssigkeitsvolumen Vl 0.001 [m³] Gasvolumen Vg 0.005 [m³] Rührerdrehzahl Rz 100 [1/min] -2 Phasengrenzfläche A 1.766·10 [m²] Werkstoff Borsilikatglas [-] Betriebsdruck P 0 – 1.5 [bar] Betriebstemperatur T 0 – 60 [°C] 5 und eine Aufbau der Anlage Rz P Cg Tg T l Austritt Kühlwasser Vakuumpumpe Gasvorwärmer TA Eintritt Kühlwasser TE CO2 Isolierung Schlauchpumpe P (t), Tl (t), Tg(t), TA (t), TE (t), Rz (t), Cg Vorlagebehälter Arbeitsstation Abb. 1: Aufbau der Chemisorptionsanlage 6 N2 Messmethodik 3 Messmethodik Prinzipiell werden bei diesem Versuch die Physi- oder Chemisorptions- geschwindigkeiten einer Übergangskomponente aus der Gas- in die Flüssigphase über die zeitliche Druckänderung unter ansonsten konstanten Bedingungen im geschlossenen System ermittelt. Zu Beginn der Untersuchung wird 1 l der gewählten Lösung mit der Schlauchpumpe in den Reaktor eingefüllt. Diese Lösung wird anschließend mittels der Vakuumpumpe einige Minuten evakuiert, um den Gasraum zu leeren und die Entfernung gelöster Luftanteile aus der Flüssigphase zu gewährleisten. Nach der Entgasung beträgt der Reaktorinnendruck ca. 50 – 80 mbar. Danach wird das gewählte Gas (CO2) bis zu einem Anfangsdruck von etwa 1 bar in den Reaktor eingefüllt. Die aufgrund der Gas/Flüssig-Reaktion resultierende Druckverringerung wird in Abhängigkeit von der Zeit registriert und dient als Grundlage für die Bestimmung der Reaktionskinetik des jeweiligen chemisorptiven Stoffsystems. Die einzelnen Messwerte P, Tl, Tg, TA, TE und Rz werden mit dem Messdatenprogramm LabView erfasst, visualisiert und danach einer entsprechenden Auswertung zugeführt. 7 Theoretische Grundlagen und Auswertung 4 Theoretische Grundlagen und Auswertung 4.1 Allgemeine Modellvorstellungen zum Stoffübergang nach Baerns [9] In bewegten fluiden Medien erfolgt der Konzentrationsausgleich durch erzwungene Konvektion, die beispielweise durch turbulente Strömung oder durch Rühren verursacht sein kann. Liegen zwei Phasen vor, so kann unter diesen Umständen meist davon ausgegangen Konzentrationsgradienten Stoffaustausch, dann werden, vorliegen. stellen sich dass im Inneren Erfolgt zwischen jedoch in den jeder Phase den Phasen keine ein Phasengrenzschichten Konzentrationsgradienten ein, die die Stoffaustauschgeschwindigkeit bestimmen. Für die Erfassung der Geschwindigkeit des Stoffaustausches zwischen zwei fluiden Medien bestehen verschiedene Modellvorstellungen. Besonders interessant ist die Theorie, die den Stoffübergang mit chemischer Reaktion beschreibt. Bei der quantitativen Behandlung dieses Problems, das wiederum beispielhaft am System Gas/Flüssigkeit erläutert wird, kann zwischen zwei Grenzfällen unterschieden werden. a) Die chemische Reaktion läuft überwiegend im Inneren der Flüssigkeit ab, so dass die Umsetzung in der Grenzschicht vernachlässigt werden kann. Diese Situation kann vereinfachend so betrachtet werden, als ob dem Ablauf der chemischen Reaktion in der Kernflüssigkeit ein Stoffübergangswiderstand in der flüssigkeitsseitigen Grenzschicht vorgelagert ist. b) Die aus der Gasphase absorbierte Komponente reagiert praktisch vollständig in der Grenzschicht ab. Die beiden Fälle a) und b) werden im Folgenden am Beispiel der Reaktion ν1A1 + ν 2 A 2 → ν 3 A 3 die hinsichtlich A1 und A2 nach erster Ordnung verlaufen soll, erläutert. Hierbei ist A1 die Komponente, die zunächst aus der Gasphase in die flüssige Phase übergehen muss, um dort mit A2 zu dem gleichfalls in der flüssigen Phase gelösten Produkt A3 abreagieren zu können. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass die Absolutwerte der stöchiometrischen Koeffizienten νi gleich 1 sind, dass kein Transportwiderstand auf der Gasseite liegt und dass die Partialdrücke an A2 und A3 vernachlässigbar klein sind. 8 Theoretische Grundlagen und Auswertung Fall (a) Der auf die Volumeneinheit der Flüssigkeit bezogene Stoffmengenstrom J 1 ⋅ a = β1,l ⋅ a ⋅ (c1* − c1,l ) (1) ist im stationären Zustand gleich der Geschwindigkeit der Abreaktion in der Flüssigkeit, die durch folgende Kinetik beschreibbar sein soll r = k ' ⋅ c1,l ⋅ c 2,l (2) Liegt die Komponente A2 in großem Überschuss vor, kann c2,l vereinfachend als konstant angesehen werden ( k = k ' ⋅ c 2,l ); es wird dann erhalten r = k ⋅ c1,l Durch (3) Gleichsetzen der beiden Beziehungen lässt sich die unbekannte Konzentration c1,l eliminieren, so dass sich ergibt J 1 ⋅ a = reff = 1 1 1 + β1,l ⋅ a k c1* (4) Die Konzentration c1* ist durch den Partialdruck der Komponente A1 in der Gasphase gegeben. Fall (b) Um die Abreaktion der Komponenten A1 und A2 in der Grenzschicht zu erfassen, müssen für ein differentielles Element dieser Schicht für A1 und A2 die Stoffbilanzen aufgestellt werden (siehe Abb. 2); diese lauten im stationären Zustand D1,l d 2 c1 − k ' c1 c 2 = 0 2 dy (5) D 2,l d 2c2 − k ' c1 c 2 = 0 2 dy (6) Die durch diese beiden Differentialgleichungen beschriebene Situation ist dem Problem der Wechselwirkung zwischen Porendiffusion und chemischer Reaktion in der heterogenen Katalyse völlig analog. 9 Theoretische Grundlagen und Auswertung Abb. 2: Veranschaulichung eines differentiellen Volumenelements in der flüssigkeitsseitigen Grenzschicht für die Aufstellung der Stoffbilanz entsprechend Gleichungen (5) und (6) Durch Integration dieser Konzentrationsprofile für beiden A1 und Differentialgleichungen lassen sich die A2 in der flüssigkeitsseitigen Grenzschicht ermitteln. Die hierfür erforderlichen Randbedingungen sind y = 0 : c1 = c1* , c 2 = c 2,l y = δ1 : c1 = c1,l , c 2 = c 2,l Bei Anwendung der gleichen Vereinfachungen wie im Fall (a) ist, da c2 unabhängig von y ist, nur die erste Differentialgleichung zu lösen, die dann wie folgt lautet d 2 c1 D1,l − kc1 = 0 dy 2 (7 ) Die Integration zwischen y = 0 und y = δl führt zu y y c1 = K 1cosh Ha + K 2 sinh Ha δ1 δ1 (8) 10 Theoretische Grundlagen und Auswertung Hierin ist Ha die dimensionslose Hatta-Zahl: Ha ≡ δ1 δ k = 1 D1,l D1,l kD1,l = 1 β1,l kD1,l (9) Mit Hilfe der angegebenen Randbedingungen lassen sich die Integrationskonstanten K1 und K2 bestimmen, so dass sich schließlich ergibt: c1 = c1* sinh[Ha (1 − y δ1 )] + c1,l sinh[Ha y δ1 ] Die (10) sinh Ha effektive, auf das Gesamtflüssigkeitsvolumen bezogene Reaktions- geschwindigkeit reff ist gleich dem ebenfalls auf das gesamte Flüssigkeitsvolumen bezogenen Diffusionsstrom unmittelbar an der Phasengrenzfläche. dc reff = (J 1 ⋅ a )y =0 = −D1,l ⋅ a 1 dy y =0 (11) Nach Einführung des aus der vorigen Gleichung hergeleiteten Wertes für den Differentialquotienten wird erhalten reff = J 1 ⋅ a = D1,l δ1 ⋅ a ⋅ Ha c1* ⋅ cosh Ha − c1,l sinh Ha (12) bzw. nach Umformen mit dem Stoffübergangskoeffizienten β1l reff = Ha c1,l 1 1 − * β1,l ⋅ a ⋅ c1* tanh Ha c1 cosh Ha (13) Für den allgemeinen Fall, dass auch ein Konzentrationsgradient auf der Gasseite vorliegt, lässt sich anstelle von obiger Gleichung folgende Beziehung ableiten reff = a p1,g − He1 ⋅ c1,l Ha coshHa tanhHa RT H 1 tanhHa + . β1,g β1,l Ha (14) Geht die Geschwindigkeitskonstante der chemischen Reaktion gegen null und damit auch Ha gegen null, liegt der Fall der physikalischen Absorption vor. Ist hingegen die chemische Reaktionsgeschwindigkeitskonstante sehr groß, so dass die Hatta-Zahl gleichfalls groß wird, ergibt die obere Gleichung für Ha ≥ 3 folgende Beziehung reff ≈ a ⋅ Ha p1,g H1 RT + β1,g β1,l Ha (15) Dieser Ansatz zeigt, dass die treibende Kraft durch p1, g gegeben ist. Dies ist gleichbedeutend mit der Aussage, dass die Konzentration an A1 im Kern der 11 Theoretische Grundlagen und Auswertung Flüssigkeit auf null abgesunken ist. Formal erhöht sich darüber hinaus der flüssigkeitsseitige Stoffübergang um einen Faktor, der gleich Ha ist ( β1e,l = β1,l Ha ); hierauf wird weiter unten noch näher eingegangen. Verstärkung des flüssigkeitsseitigen Stoffübergangs Es soll die Stoffaustauschgeschwindigkeit zwischen den beiden Phasen bei Ablauf einer chemischen Reaktion mit derjenigen für rein physikalische Absorption verglichen werden. Das Verhältnis der beiden Geschwindigkeiten wird als Verstärkungs- oder Enhancementfaktor E für den Stoffübergang durch chemische Reaktion auf der Flüssigkeitsseite bezeichnet. E= J 1 (mit Reaktion ) = J 1 (ohne Reaktion ) Ha c1,l 1 * 1 − * β1,l c1 tanh Ha c1 cosh Ha ( β1,l c1* − c1,l ) (16) Vereinfachend kann bei einer schnell verlaufenden Reaktion davon ausgegangen werden, dass c1,l ≈ 0 ist (diese Annahme bedeutet, dass die Umsetzung lediglich in der Grenzschicht erfolgt). Für die Stoffaustauschgeschwindigkeit mit Reaktion gilt in diesem Fall: J 1 = E ⋅ β1,l c1* (17) und der Verstärkungsfaktor ergibt sich zu E= Ha tanh Ha bzw. E= β chemisch β physikalisch (18) Bei der Betrachtung von Fluid/Fluid-Systemen werden zweckmäßigerweise drei durch unterschiedliche Größen der Hatta-Zahl charakterisierte Bereiche der Reaktionsgeschwindigkeit unterschieden: 1. Langsame Reaktion mit Ha < 0.3 Die Stoffaustauschgeschwindigkeit wird praktisch nicht durch die chemische Reaktion erhöht; d.h. E ≈ 1 2. Reaktion mittlerer Geschwindigkeit mit 0.3 < Ha < 3 Unter diesen Bedingungen wird E größer als 1; d.h. die chemische Reaktion führt zu einer Zunahme der Stoffaustauschgeschwindigkeit. 3. Schnelle Reaktion mit Ha > 3 Für diesen Fall wird E = Ha; die Reaktion läuft nur in der Grenzschicht ab. 12 Theoretische Grundlagen und Auswertung 4.2 Versuchsauswertung im Fall Chemisorption Die Auswertung der experimentellen Daten erfolgt mit Hilfe der im Kapitel 4.1 beschriebenen Theorie. Dieses Kapitel präsentiert in Kürze den Weg zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit als auch des Verstärkungsfaktors E. Es wird die folgende Reaktion betrachtet, wobei sich CO2 in beiden Phasen (Gas und Flüssigkeit) befindet: → HOCH 2 CH 2 NHCOO − + HOCH 2 CH 2 NH 3+ CO 2 + 2HOCH 2 CH 2 NH 2 ← (1) MEA (2) Carbamat protoniertes Amin Abb. 3: Chemische Reaktion an der Gas-Flüssigkeitsgrenze. Die Randbedingungen lauten (y = 0 ist die Phasengrenze, y = δl ist die Dicke der Grenzschicht): c1 (0) = c1* ⋅ c1 (δ1 ) = c1,0 Die Gleichung, die einen stationären Prozess beschreibt, ist: d 2 c1 D1 − k' c 2 c1 = 0 dy 2 k = k' c 2 oder (19) (20) d 2 c1 (y ) k − c1 (y ) = 0 D1 dy 2 An dieser Stelle wird die Vereinfachung gemacht, dass die Konzentration c2 eine Konstante ist. 13 Theoretische Grundlagen und Auswertung Die Lösung der Gleichung (19) ergibt: c1 (y ) = A ⋅ e k y D + B⋅e − k y D c1 (0 ) = c1* = A + B c1 (δ l ) = c1, 0 = A ⋅ e k δl D + B⋅e − k δl D Schließlich wird erhalten: c1 (y ) = c1, 0 − c1* e − Ha e Ha − e − Ha e k y D + c1* e Ha − c1, 0 e Ha − e − Ha − e k y D hierbei ist Ha die so genannte Hatta-Zahl: Ha = δ l k D Die Stromdichte von CO2 ist proportional zum Gradienten an der Phasengrenze: J1 = dc (y ) 1 dn 1 k 2c 1, 0 * Ha − = − D1 1 = −D1 c 1 A dt dy y = 0 D 1 e − e − Ha [mol/m2s] Im System CO2/MEA/H2O wird die Konzentration c1,0 als null angenommen, so dass gilt: J 1 = k ⋅ D1 ⋅ c1* Die Abhängigkeit zwischen c1* und p wird durch die Beziehung: c* = p/He beschrieben, hierin ist He die Henry-Konstante in [Pa m3/mol]. Die oben genannten Gleichungen implizieren, dass die Änderung der CO2-Gesamtmolmenge (in der Flüssigphase) beschrieben werden kann durch: dn 1 p = A kD1 , dt He dn 1 steht in Verbindung mit der Änderung des CO2-Partialdruckes. dt dn 1 V g dp , =− dt RT dt die Ableitung dp dp ist negativ. Als Ausdruck für wird erhalten dt dt dp RT p = −A g kD1 dt He V (21) 14 Theoretische Grundlagen und Auswertung Mit Hilfe dieser Gleichung und experimentellen Daten für p(t) kann sowohl die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante durch Daten-Regression als auch der Verstärkungsfaktor E bestimmt werden. Die Lösung der Gleichung (21) ist eine exponentielle Funktion des Druckes in Abhängigkeit von der Zeit: p(t ) = p(0 ) ⋅ e Es wird − ART g V g He kD ⋅t (22) ART g kD = b zusammengefasst, V g He p( t ) = p(0) ⋅ e − bt (23) Hierin sind A die Phasengrenzfläche, R die allgemeine Gaskonstante, Tg die Gastemperatur in [K], Vg das Gasvolumen, He die Henry-Konstante, k die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante pseudo-erster Ordnung und D der Diffusionskoeffizient von CO2 in der Flüssigkeit. Für die Versuchsanlage ergeben sich folgende Werte: A = 1.766 ⋅ 10 −2 m 2 R = 8.314 J/molK V g = 5.0 ⋅ 10 −3 m 3 Der Diffusionskoeffizient von CO2 in wässrigen Lösungen von Monoethanolamin (MEA) kann nach Jiun-Jie Ko [1] wie folgt bestimmt werden: MEA MEA D CO 2 = D CO D N 2O 2 D N 2 O in Wasser [m 2 / s] (24) Hierin ist DN2O der Diffusionskoeffizient von N2O in der Aminlösung. Er ergibt sich als eine Funktion von Temperatur und Konzentration des Amins nach folgender Gleichung: 2 D MEA N 2 O = (b 0 + b 1 c MEA + b 2 c MEA ) ⋅ exp[(b 3 + b 4 c MEA )/T] Für das Gemisch MEA +H2O sind folgende Werte gegeben: b 0 = 5.07 ⋅ 10 −6 b1 = 8.65 ⋅ 10 −7 b 2 = 2.78 ⋅ 10 −7 b 3 = −2371 b 4 = −9.34 ⋅ 101 15 (25) Theoretische Grundlagen und Auswertung Der Diffusionskoeffizient von CO2 bzw. N2O in Wasser ist nach folgenden Gleichungen zu bestimmen: D CO 2 = 2.35 ⋅ 10 −6 ⋅ exp(−2119/T) (26) (27) D N 2O = 5.07 ⋅ 10 −6 ⋅ exp(−2371/T) Die Henry-Konstante ergibt sich aus folgenden Gleichungen, die nach Tung-Chien Tsai [2] bestimmt werden: MEA MEA He CO 2 = He CO He N 2O 2 He N 2 O in Wasser [Pam 3 /mol] (28) Hierin ist HeMEA N2O die Henry-Konstante von N2O in der Aminlösung. Sie wird nach folgenden Gleichungen bestimmt: Für cMEA = 1 mol/l: − 1810 6 He MEA N 2 O = 1.835 ⋅ 10 exp T (29) Für cMEA = 2 mol/l: − 1870 6 He MEA N 2 O = 2.261 ⋅ 10 exp T (30) Für cMEA = 3 mol/l: − 1745 6 He MEA N 2 O = 1.513 ⋅ 10 exp T (31) Die Henry-Konstante von CO2 bzw. N2O in Wasser ist nach folgenden Gleichungen zu bestimmen: − 2044 He CO 2 = 2.8249 ⋅ 10 6 exp T − 2284 He N 2O = 8.5470 ⋅ 10 6 exp T (32) (33) Die dynamische Viskosität der Lösung kann als eine Funktion der AminKonzentration bei einer Temperatur von 20 C berechnen werden: η = 2.048 ⋅ 10 −4 ⋅ c MEA + 8.829 ⋅ 10 −4 [Pas] Die Dichte der Lösung bei 20°C beträgt näherungsweise 1000 kg/m3. Das Molekulargewicht von MEA ist: MMEA = 61.08 g/mol. 16 (34) Theoretische Grundlagen und Auswertung Der Stoffübergangskoeffizient bei chemischer Absorption βch ergibt sich nach folgender Gleichung: MEA V g ⋅ He CO ⋅b 2 β ch = [m/s] ART g (35) Der Stoffübergangskoeffizient bei rein physikalischer Absorption βph in einem Rührkesselreaktor ergibt sich nach folgender Gleichung: β ph = Re = Sc = 0.0193D ⋅ Re 0.845Sc 0.5 dR [m/s] (36) ρ ⋅ n ⋅ d 2pr (37) η η D⋅ρ (38) Hierin ist D der Diffusionskoeffizient, Re die Reynolds Zahl, Sc die Schmidt Zahl, dR der innere Durchmesser des Reaktors, dPr der Durchmesser des Propellers, ρ die Dichte der Lösung, n die Umdrehungszahl des Propellers und η die dynamische Viskosität der Lösung. Der Verstärkungsfaktor E wird nach folgender Definitionsgleichung bestimmt: E= β ch β ph (39) Druck [Pa] Ein typischer Versuch sieht so aus: 120000 MEA 1mol/l,20°C,100rpm 100000 Expon. (MEA 1mol/l,20°C,100rpm) 80000 p(t) = 101216e-0.0006x R2 = 0.996 60000 40000 20000 0 500 1000 Zeit [s] Abb. 4: Druckänderung in der Zeit bei der CO2-Absorption in MEA-Lösung 17 1500 Theoretische Grundlagen und Auswertung Um einen Versuch auszuwerten sind folgende Schritte zu befolgen: 1. Öffnen Sie die Excel-Vorlage für die Auswertung und importieren sie die mit LabView gespeicherte Textdatei in ein leeres Tabellenblatt. 2. Rechnen Sie nun bitte den Partialdruck von CO2 in [Pa] aus. 3. Erzeugen Sie eine Kurve: der Partialdruck als Funktion von der Zeit, und fügen Sie eine exponentielle Trendlinie hinzu. So kann man die effektive Reaktionsgeschwindigkeit des Prozesses bestimmen, wichtige Prozessgrößen befinden sich dabei im Faktor „b“, den Sie aus der Gleichung für die Trendlinie erhalten. 4. Berechnen Sie den Stoffübergangskoeffizienten der Chemisorption βch nach Gleichung (35). He bestimmen Sie anhand der im Skript angegebenen Korrelationen, falls erforderlich interpolieren Sie bitte. 5. Bestimmen Sie auch den Stoffübergangskoeffizienten der physikalischen Absorption βph nach Gleichung (36) – (38). D, Re, Sc und η berechnen Sie mit den entsprechenden Gleichungen aus dem Skript. 6. Am Ende bestimmen Sie den Verstärkungsfaktor E als Verhältnis βch/βph. 7. Bereiten Sie eine Tabelle mit allen Prozessgrößen – Aminkonzentration, Umdrehungszahl, Temperatur, βch, βph und Verstärkungsfaktor E vor. Wovon hängt der Verstärkungsfaktor E ab? Vergleichen Sie hierzu Ihre gemessene Druckkurve mit der Referenzkurve im Skript und diskutieren Sie bitte über die Ursachen für eventuelle Abweichungen. 18 Literatur 5 Literatur [1] Ko, J.-J.; Tsai, T.-Ch.; Lin, Ch.-Y.; Wang, Hs.-M.; Li, M.-H., Diffusivity of Nitrous Oxide in Aqueous Alkanolamine Solutions, J. Chem. Eng. Data 2001, 46, 160-165 [2] Tsai, T.-Ch.; Ko, J.-J.; Wang, Hs.-M.; Lin, Ch.-Y; Li, M.-H., Solubility of Nitrous Oxide in Alkanolamine Aqueous Solutions, J. Chem. Eng. Data 2000, 45, 341347 [3] Hikita, H.; Ishikawa, H.; Uku, K.; Murakami, T. Diffusivities of Mono-, Di-, and Triethanolamines in Aqueous Solutions, J. Chem. Eng. Data 1980, 25, 324325. [4] Maham, Y.; Lebrette, L.; Mather, A.E. Viscosities and Excess Properties of Aqueous Solutions of Mono- and Diethylethanolamines at Temperatures between 298.15 and 353.15K, J. Chem. Eng. Data 2002, 47, 550-553. [5] Chenlo, F.; Moreira, R.; Pereira, G.; Vazquez, M.J.; Santiago, E. Viscosities of Single-Solute and Binary-Solute Aqueous Systems of Monoethanolamine, Diethanolamine, and 2-Amino-2-methyl-1-propanol, J. Chem. Eng. Data 2001, 46, 276-280. [6] Abu-Arabi, M.K.; Al-Jarrah, A.M.; El-Eideh, M.; Tamimi, A., Physical Solubility and Diffusivity of CO2 in Aqueous Diethanolamine Solutions, J. Chem. Eng. Data 2001, 46, 516-521. [7] Rinker, E.B.; Ashour, S.S.; Sandall, O.C., Absorption of Carbon Dioxide into Aqueous Blends of Diethanolamine and Methyldiethanolamine, Ind. Eng. Chem. Res. 2000, 39, 4346-4356. [8] Yeh, J.T.; Pennline, H.W., Study of CO2 Absorption and Desorption in a Packed Column, Energy & Fuels 2001 , 15, 274-278. [9] Baerns, M; Hofman, H.; Renken, A., Chemische Reaktionstechnik, Georg Thieme Verlag, Suttgart 1987 19