BVMW: Interview Markus Weishaupt

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BVMW: Interview Markus Weishaupt
22.09.16 10:13
Interview
"Es gibt eine geheime DNA, die allen erfolgreichen
Familienunternehmen gemein ist"
Es gibt eine geheime DNA, die allen erfolgreichen Familienunternehmen gemein
ist. Das enthüllt Markus Weishaupt in seinem Buch "Radikal anders. Die DNA
erfolgreicher Familienunternehmen". Genau zehn Eigenschaften unterscheiden
demnach die herausragenden Familienunternehmen von den soliden, die besten
von den guten. Markus Weishaupt, Experte für Familienunternehmen, beschreibt
diese zehn besonderen familiären und unternehmerischen entscheidenden
Eigenheiten in seinem Buch. Und er liefert das praktisch anwendbare Handwerkszeug für Familienunternehmen, die noch
nicht in der ersten Reihe stehen, dort aber hinwollen. Wir haben uns mit dem Autor unterhalten.
Zu den erfolgreichsten Unternehmen gehören die guten alten Familienbetriebe. Das sei kein Zufall, sagen Sie.
Gibt es tatsächlich eine DNA, die allen erfolgreichen Familienunternehmen gemein ist?
Markus Weishaupt: Ich darf unterstreichen: Familienunternehmen ist nicht ein Synonym für Erfolg. Das wäre zu einfach.
Es gibt mindestens ebenso viele schlecht geführte Familienunternehmen wie es gut geführte gibt. Die besten von ihnen
haben aber von innen heraus systemische Charakteristika, die wir in anderen Unternehmen nicht finden. Und wenn diese
sich positiv entfalten, sind Familienunternehmen wohl jeder anderen Unternehmensform überlegen. Wir sind ja als
Menschen sehr stark genetisch geprägt, aber zum Teil eben auch durch unsere Erfahrungen, Erkenntnisse und
Entwicklungen. Ähnlich ist es bei den Familienunternehmen. Sie haben bestimmte genetische Vorprägungen und die
besten unter ihnen haben diese genetischen Vorprägungen mit vielen Erfahrungen, umfangreichem Wissen, großem
Einsatz und natürlich auch viel Glück zu außergewöhnlichen Erfolgsfaktoren entwickelt.
Es gibt also solide Familienunternehmen und herausragende. Was unterscheidet beide Gruppen voneinander?
Aus persönlichen Erfahrungen mit hunderten von Unternehmen und Unternehmerfamilien und durch eine Umfrage, an
welcher über 200 Unternehmerinnen und Unternehmer aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien mitgemacht
haben konnte ich die Erfolgsfaktoren auf höchster Ebene herausfiltern. Das Ergebnis ist ein Geschäftsmodell, das die
erfolgreichsten Familienunternehmen leben und das ich als „Radikal anders“ in meinem Buch bezeichne und beschrieben
habe. Es besteht aus zehn Eigenheiten, die in den herausragenden Familienunternehmen konsequent gelebt werden. Sie
orientieren sich nicht nur in ihrem täglichen Unternehmensleben, sondern auch in den strategisch relevantesten
Entscheidungen an diesen zehn Charakteristika. Bei allen länderspezifischen und kulturellen Unterschieden, diese „radikal
andere“ Geschäftsmodell findet Anwendung in Süditalien ebenso wie Norddeutschland, in Wien so wie in Zürich. Und das
ist für mich eine bemerkenswerte Erkenntnis. Nicht die nationalen und geografischen Unterschiede machen den Erfolg
aus, sondern die Gemeinsamkeiten.
Sie nennen Ihr Buch "Radikal anders". Warum radikal?
Das Wort „radikal“ ist hier sehr wörtlich zu nehmen! Es leitet sich aus dem lateinischen Wort „radix“, das „Wurzel“
bedeutet. „Radikal Anders“ zeigt auf, dass Familienunternehmen andere Wurzeln haben als Nicht-Familienunternehmen.
Ihr Ursprung, der Gründergedanke ist ein anderer und dieser Unterschied bleibt auf Dauer bestehen, weil er sich immer
wieder als Erfolgsfaktor bestätigt. Aber „radikal“ hat auch die Bedeutung des alltäglichen Sprachgebrauches, und zwar
„kompromisslos, absolut, extrem“. Familienunternehmen sind nicht ein bisschen anders als andere, und die
erfolgreichsten unter ihnen schon gar nicht. Sie sind völlig, total und gründlich anders in ihrem Tun und in ihrem Sein.
Sie schreiben, dass nachhaltig erfolgreiche Familienunternehmen ein Synonym für Werte sind. So existierten
https://www.bvmw.de/landesverband-bayern/geschaeftsstellen/nuern…-news/newsletter/impulse-2016-04/interview-markus-weishaupt.html
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zum Beispiel Familienunternehmen, die bewusst darauf verzichten in Märkte einzutreten, in denen mit
unethischen Geschäftsgebaren zu rechnen ist. Welche Rolle spielen Werte für den Unternehmenserfolg?
Eine der zentralsten Rolle überhaupt. In der Umfrage, die diesem Buch auch zugrunde liegt, habe ich die Teilnehmer nach
deren individuellen, subjektiven Erfolgsfaktoren gefragt. Dabei haben die Unternehmerinnen und Unternehmer immer
wieder Werte und Prinzipien genannt, die ihnen im Lauf der z.T. jahrhundertealten Geschichte so wie heute Orientierung
geben und wichtig sind. Das Kapitel zum Ehrbaren Kaufmann erklärt dieses DNA-Charakteristikum. Erfolgreiche
Familienunternehmen leben das Wertegerüst und die Prinzipien des Ehrbaren Kaufmanns. Wertschätzung,
Handschlagqualität, Ehrlichkeit, Leistung, Langfristigkeit, Loyalität, Familie: Das sind die zeit-und situationsunabhängigen
Tugenden, die die Erfolgskultur ausmacht. Das heißt dann vor allem auch zu definieren was „nicht“ getan wird, was
ausgeschlossen wir, was nicht in diese Kultur passt, wie vielleicht bestimmte Märkte in bestimmten Branchen, aber
vielleicht auch bestimmte Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten.
Als einen Erfolgsfaktor haben Sie "Spitz statt breit" identifiziert: Erfolg durch Konzentration auf
Kernkompetenzen. Warum ist das so wichtig?
Wenn man sich die Managementliteratur anschaut, dann ist oft die Rede von Diversifikation als Erfolgsfaktor im Sinne von
„nicht alle Eier in ein Körbchen“. Hermann Simon hat mit seinem Buch zu den „Hidden Champions“ bereits in den 90er
Jahren klargestellt, dass Konzentration wichtiger ist als Diversifikation. Ich glaube erkannt zu haben, dass sich
Konzentration und Diversifikation gar nicht ausschließen, sondern gerade bei nachweislich erfolgreichen
Familienunternehmen intelligent integrieren. Denn die Frage ist: Worauf muss man sich eigentlich konzentrieren? Die
Antwort darauf heißt: Auf wenige wichtige Kernkompetenzen. Nun ist diese Konstrukt der Kernkompetenzen nicht ganz
leicht zu verstehen und noch schwieriger ist es, diese in den Unternehmen auf die Bewusstseinsoberfläche zu heben. Ich
vergleiche Kernkompetenzen gerne mit einem Motor, der mehr oder weniger Zylinder hat, mehr oder weniger PS und
mehr oder weniger alt ist. Fakt ist, ohne hervorragenden Motor gibt es keine hervorragende Leistung. Dieser
Kernkompetenzmotor produziert nichts anderes als Wettbewerbsvorteile und wer mehr Wettbewerbsvorteile hat, hat
Erfolg.
Das ist eines unserer Prinzipien, nach denen wir bei der Weissman Gruppe seit 30 Jahren Strategieberatung machen. Die
Fokussierung, die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen ist eindeutig ein wesentliches Erfolgsgeheimnis der
besten Familienunternehmen. Viele schaffen es gerade dadurch sogar zur Weltmarktführerschaft. Diversifikation innerhalb
der erkannten Kernkompetenzen ist eine intelligent Art und Weise der Geschäftsentwicklung mit hohem Erfolgspotential.
Neue Kernkompetenzen zu schaffen kann natürlich ebenso eine strategische Option sein, allerdings sollte man sich dann
in den notwendigen Zeiten und im Ressourcenbedarf nicht verkalkulieren, was leider zu oft der Fall ist.
Wer stehen bleibt, fällt bekanntlich zurück. Inwieweit sind Innovationen essentiell für nachhaltige
Spitzenleistungen?
Innovation ist für erfolgreiche Familienunternehmen gar keine Option, sondern ein Muss. Sie sind spitz aufgestellt,
konzentriert auf ihre Kernkompetenzen und bedienen im Normalfall eine Nische, die mehr oder weniger groß ist, aber
immer eine Nische bleibt. Die Kundenanzahl ist somit begrenzt und die Kunden erwarten dann von ihrem Lieferanten stets
Neues und Innovatives, Leistungen und Produkte, die die Entwicklung der Kunden unterstützt. Daraus ergibt sich ein
Zwang für die besten Familienunternehmen auch Innovationschampions zu sein. Oft wird dies auf
Technologieführerschaft reduziert, aber es gibt viele Beispiele, die diese Innovationskultur nicht ausschließlich im
Technologiebereich sehen, sondern auch in der Kundenbeziehung, im Marketing und auch in der Unternehmenskultur
oder im Geschäftsmodell.
Dabei ist derzeit Digitalisierung, Economy 4.0 und all das was aus diesen neuen Möglichkeiten entstehen kann und muss
von unglaublicher Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Familienunternehmen. In keinem der besten
Familienunternehmen fehlt das strategische Projekt „Digitalisierung und was das für uns heißt“. Sollte es auf der
strategischen Agende eines Unternehmens heute noch fehlen, wird es höchste Zeit mit Vollgas daran zu arbeiten.
Innovationen und Digitalisierung sind nicht voneinander zu trennen.
Können sich deutsche Familienunternehmen in unserer globalisierten Welt überhaupt noch auf Deutschland
beschränken?
Nein! Nur weil jemand die Augen vor der Welt verschließen will heißt das nicht, dass die Welt da draußen nicht mehr da
wäre. Ich bin zwar nicht der Meinung, dass jedes Unternehmen per Definition international tätig sein muss, aber die
Besten sind es, früher oder später. Irgendwann gehen Unternehmen in neue Märkte und sie tun gut daran. Wer in der
Welt nicht tätig ist, wer diese „Neu-Gier“ nicht hat, verliert gerne den Überblick über mögliche neue Trends und neue
Wettbewerber, die auch im Heimmarkt gefährlich werden könnten. Denn, nur weil ein Unternehmen entscheidet nicht über
die Grenzen des Heimmarktes aktiv zu werden, heißt das noch lange nicht, dass andere Unternehmen vor dem
Heimmarkt des anderen stoppen.
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Auch die breitgetretene Diskussion der letzten Jahre zum Thema Nachhaltigkeit gekoppelt mit jenem der Regionalität geht
oft, wenn auch nicht immer, an der Realität vorbei. Wie viele Unternehmen geben sich den Stempel der nachhaltigen
Regionalität, weil Lieferanten und Waren zwar aus dem Umfeld kommen, aber die Kunden zu einem hohen Prozentsatz
aus dem nahen und fernen Ausland? Globalisierung und Internationalität sind ein Fakt in unserer heutigen Welt. Wir
sollten das Beste daraus machen, so wie es die erfolgreichsten Familienunternehmen mit Anstand und wert(e)vollen
Prinzipien tun.
Nun stehen noch nicht alle Familienunternehmen in der ersten Reihe. Wie schaffen es Unternehmen aus der
zweiten Reihe an die Spitze?
Viele sagen „Erfolg sei Glück“. Das ist selbstverständlich richtig, aber nicht die ganze Wahrheit. Erfolg ist nicht nur das
Ergebnis glücklicher Umstände, sondern ist in gewissem Ausmaß auch erlernbar und hat immer auch System. Die
Faktoren, die erfolgreiche Unternehmen ausmachen, kann man analysieren, erlernen, anwenden und für sich anpassen.
Die Erkenntnisse, die ich in meinem Buch „Radikal Anders“ zusammengetragen habe sind nichts anderes als das
Erfolgssystem erfolgreicher Unternehmen. Es ist das Geschäftsmodell von und für Unternehmerinnen und Unternehmer,
das nachhaltigen Erfolg sehr wahrscheinlich macht. Ich bin froh, dass wir dieses „Radikal andere Geschäftsmodell“ mit
sehr vielen Unternehmen überprüfen können und, dass wir daraus in kürzester Zeit die strategischen, organisatorischen,
kulturellen und auch Unternehmer-familiären Knackpunkte herauszuarbeiten imstande sind, um entsprechende Projekte
und Gegenmaßnahmen zu definieren und umzusetzen. Das ist eine große Genugtuung für mich und ich hoffe auch ein
kleiner Beitrag für eine intakte Welt der erfolgreichen Familienunternehmen von morgen.
Markus Weishaupt, herzlichen Dank für das Interview!
Markus Weishaupt
Markus Weishaupt, Experte für Familienunternehmen, ist geschäftsführender Gesellschafter
von Weissman Austria, Italia und Suisse. Er ist Unternehmensberater für größere, meist
international ausgerichtete Familienunternehmen in den Bereichen Strategie, Führung und
Organisationsentwicklung. Er begleitet Unternehmerfamilien in den Nachfolgeprozessen
und als Mitglied von Familien- und Beiräten. Weishaupt ist Autor von Sachbüchern und
Artikeln zur Welt der Familienunternehmen und Verantwortlicher für die Herausgabe der
Zeitschrift „Verwaltungsrat“. (www.radikalanders.com)
https://www.bvmw.de/landesverband-bayern/geschaeftsstellen/nuern…-news/newsletter/impulse-2016-04/interview-markus-weishaupt.html
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